Eren von tears-girl (Geheimnisse der Turanos) ================================================================================ Kapitel 42: Einführung in die dunkle Seite ------------------------------------------ Dass an Halloween seltsame Dinge passieren, ist an sich nichts ungewöhnliches. Und dennoch hat keiner der Drei auch nur im Traum daran gedacht, wo der Abend hinführen würde. Nicht Max, der eigentlich nur eine Süßes oder Saures-Tour machen und seinem neuen Freund Halloween zeigen wollte, um am Schluss im Zuckerkoma zu landen. Nicht Dr. Ryu, die mit ihrer Freundin im Kino war und noch einen entspannten Abend Zuhause geplant hatte. Auch nicht Eren, der seine Mission erfüllen wollte und froh darüber war, es geschafft zu haben.   Tja, wie heißt es so schön? Erstens, es kommt immer anders und zweitens, wie man denkt. Das Sprichwort hat schon was Wahres an sich.   „Mom, was hast du getan?“, verlangt Max geschockt zu erfahren, sobald er seine Stimme wiedergefunden hat und entsetzt und verwirrt zwischen der Frau und dem am Boden liegenden Jungen hin und her sieht.   „Oh-h... Das ist gar nicht gut!“ Dr. Ryu überhört ihren Sohn komplett, sie ist zu sehr von der Situation überfahren, um sie zu verarbeiten oder gar zu verstehen. Sie beginnt damit zusammenhangloses Zeug vor sich hinzumurmeln während sie ein paar Schritte auf und ab marschiert. „Wie konnte das passieren? Was macht er hier? Kann es sein, dass … Nein, aber was sollte Eren sonst hier zu suchen haben? Aber wenn Benedikt weiß, dass … Oh, bitte nicht! Das wäre eine Katastrophe! Andererseits, wenn er es wüsste, wäre ich doch schon längst … Oder hat er einen größeren Plan? Ich wusste, es ist keine gute Idee mit Max und Elaine in Haikla City zu wohnen. Das war so naiv und leichtsinnig von mir! Sollten wir untertauchen? Fliehen? Oder ist es unauffälliger vorerst die Füße … Und wenn ...“   „MOM!“, unterbricht sie der Junge energisch und hält ihren rechten Arm fest, um sie am herumtigern zu hindern, was ihn nur noch nervöser macht. „Was ist los? Wer weiß was? Warum willst du fliehen? Warum hast du Eren einschlafen lassen? Woher kennt ihr euch? Kannst du mir bitte erklären was los ist? Du machst mir Angst.“   In den großen grünen Augen spiegelt sich deutlich die Panik wieder, auch seine Hände zittern. Und das nicht wegen dem Zuckerkonsum. Die Frau schließt die Augen, atmet tief durch und legt dann ihre linke Hand beruhigend auf Max´ Hände, die noch immer ihren Unterarm umklammern.   „Ich werde dir alles erklären, mein Schatz“, versichert sie und sieht ihn dann ernst an. „Aber zuerst: Weiß Eren von deinen Kräften?“   Max ist noch immer durcheinander und dass er jetzt beichten muss, dass er das große, große Geheimnis verraten hat, von dem er seiner Mutter hoch und heilig versprochen hat es niemals jemanden zu verraten, unter keinen Umständen, macht es nicht unbedingt einfacher. Aber er will wissen, weshalb Eren von seiner Mutter in Tiefschlaf versetzt wurde, deshalb nickt er langsam.   „Ja“, gibt er zu, ergänzt jedoch sofort: „Aber ich musste es tun! Wir wurden von ein paar Älteren gejagt, die unsere Süßigkeiten stehlen wollten. Ich hab uns ausversehen in eine Sackgasse geführt und musste doch etwas unternehmen. Also hab ich uns über einen Zaun geflogen. Und danach musste ich es ihm erklären. Ich wollte nicht, dass er mich für einen Freak hält und nicht mehr mein Freund sein will.“   Gerührt lächelt sie ihren Sohn an. Das ist typisch für ihn. Aber jetzt ist nicht die Zeit für Sentimentalität. Egal wie sehr sie sich auch für Eren freut, dass ihn jemand als Freund bezeichnet.   Die Ärztin zwingt sich dazu wieder ernst zu werden. „Hat Eren seit dem mit jemanden gesprochen oder kontaktiert?“   „Ähm, ich glaube nicht, nein“, antwortet Max unsicher und lässt ihren Arm los.   „Bist du dir sicher? Denk genau nach. Das ist wichtig.“   „Ähm.“ Grüblerisch fasst er sich ans Kinn. „Nein, ich war die ganze Zeit bei ihm. Außer … Ich hab vorhin heiße Schokolade gemacht, aber ich glaub nicht, dass er jemanden in der Zeit angerufen hat.“   „Okay.“ Erleichtert schließt sie für einen Moment die Augen. Auch wenn Max nicht mit absoluter Sicherheit sagen kann, ob Eren in dieser kurzen Zeit nicht doch seine Familie benachrichtigt hat, ist sie sich sicher, dass es niemand sonst weiß. Vermutlich. Andernfalls würde Ajax sicher schon die Wohnung auseinandernehmen, Max entführen und sie selbst vermutlich wegen Verrat sofort hinrichten.   „Mom, kannst du mir jetzt sagen was los ist? Woher kennt ihr euch? Du tust ja so, als wäre Eren ein Schwerverbrecher, oder so.“ Max lacht gekünstelt und schief, was ihm kurz darauf auch schon vergeht als er den ernsten, traurigen Gesichtsausdruck seiner Mutter bemerkt.   Die Ärztin geht neben Eren in die Hocke und mustert ihn. Ein Schwerverbrecher, hat Max gesagt. Es war nur als Scherz gemeint, aber er weiß ja nicht, wie recht er damit hat. Eren hat schon etliche Verbrechen und Morde begangen. In dieser Welt würde er sicher Lebenslänglich kriegen, wenn das jemand wüsste, obwohl er noch ein Kind ist. Und trotzdem fühlt die Frau nicht das kleinste negative Gefühl ihm gegenüber. Immerhin kennt sie den Experimentjungen seit er in den Bunker gekommen ist. Sie weiß, dass er nicht böse ist. Das liegt nur an Ajax und Benedikt, wie sie ihn erzogen und belogen haben.   „Hilf mir bitte ihn auf´s Bett zu legen“, weist Dr. Ryu den Blonden an.   Max kniet sich neben Erens Kopf und richtet dessen Oberkörper auf, um ihn sicher unter den Achseln nehmen zu können. Gemeinsam heben sie den bewusstlosen Turano ins Bett, damit er nicht länger am Boden liegen muss. Auch wenn er davon eh nichts mitbekommt. Sobald der Junge auf der Halloween-Bettwäsche liegt, fällt Max´ Blick auf dessen Kopf. Genauer auf die Haare, die an der Seite dunkler und verklebt sind.   „Oh, mein Gummibärchen, er blutet ja! Dabei hab ich seinem Bruder doch versprochen, ich pass auf ihn auf! Schnell, wir müssen ihn ins Krankenhaus bringen!“ Erneut wird der Blonde von Panik erfasst und will bereits aufspringen, doch seine Mutter hält ihn zurück. „Beruhige dich, Max.“   Unbegreiflich huschen seine Augen zwischen Eren und seiner Mutter hin und her. „Mich beruhigen? Eren ist verletzt! Hilf ihm, bitte!“   „Das ist nicht nötig“, behauptet sie ruhig und streicht die blutigen Haare auseinander, bevor sich Max noch mehr selbst in Panik versetzen kann. „Siehst du? Ihm geht’s gut.“   „Gut? Aber ...“ Komplett irritiert lässt er sich zurück auf die Matratze sinken. „Wie geht das? All das Blut, wo kommt das her, ohne Wunde?“ Er fasst sich an die Stirn als hätte er Kopfschmerzen. „Ich glaub mein Kopf explodiert gleich.“   „Kann ich gut verstehen, dass das alles ziemlich überfordernd ist. Mir geht es auch so“, gibt die Ärztin ehrlich zu und setzt sich ebenfalls an die Bettkante. „Also, was weißt du alles über Eren?“   „Nichts außergewöhnliches. Nichts was mir erklären würde, weshalb es keine Verletzung gibt, du ihn kennst oder einschläferst“, antwortet er.   „Bitte, Max, es ist wichtig, damit ich weiß, wo ich anfangen soll.“   Für Max wird die ganze Situation immer skurriler. „Ähm, er heißt Eren Turano, ist 12 Jahre alt und hat einen großen Bruder, Ajax. Das erste Mal getroffen hab ich ihn letzte Woche im Park, wo er ziemlich deprimiert auf einer Bank gehockt hat und letzten Freitag dann noch einmal im Krankenhaus, wo ich auch seinem Bruder das erste Mal begegnet bin. Damals wusste ich aber noch nicht, dass die beiden Turanos sind oder Eren in meine Klasse kommen soll. Davor wurde er Zuhause unterrichtet und ist in so ziemlich allem Klassenbester, was Timo tierisch eifersüchtig macht. Er hat noch nie Halloween oder einen anderen Feiertag oder gar Geburtstag gefeiert, ist das nicht schräg? Ich hab ihn deshalb auf Süßes oder Saures eingeladen, auch weil Elaine und Papa ja bei Oma und Opa sind. Und sonst … Naja … Das war´s im Großen und Ganzen.“   „Okay“, sagt Dr. Ryu gedehnt und überlegt bereits, was sie ihm erzählen soll. „Du weißt ja, dass ich Ärztin bin, ja? Allerdings nicht in einem Krankenhaus. Ich bin die persönliche Ärztin im Turano-Anwesen, daher kenne ich Eren auch.“   „Du arbeitest für die Turanos? Und wieso hast du das nie erwähnt? Ist doch cool für die reichste Familie der Stadt zu arbeiten. Du hättest mich dann auch ruhig mal mit ins Anwesen nehmen können“, wirft ihr Max mit verschränkten Armen vor.   „Das wär keine gute Idee.“ Die Frau schüttelt den Kopf. „Die Turanos haben viele Geheimnisse. Sie sind die mächtigste Familie, die es vermutlich auf der Welt gibt. Da ist es für dich sicherer, nicht so viel über sie zu wissen oder mit ihnen zu tun zu haben.“   „Heißt das, die Turanos sind wirklich gefährlich?“ Max schluckt bei dem Gedanken und fügt nach dem bestätigenden Nicken seiner Mutter hinzu: „Auch Eren?“   „Ja.“   „Aber mir kommt er gar nicht so gefährlich böse vor“, gesteht Max und mustert Eren noch einmal kritisch.   „Eren ist auch nicht böse“, bestätigt sie mit Bedauern in der Stimme. „Er ist nur bei den falschen Leuten aufgewachsen. Was leider auch bedeutet, unter gewissen Umständen, ist er der gefährlichste von allen.“   Mit gerunzelter Stirn sieht der Blonde zu seiner Mutter. „Was soll das heißen?“   Dr. Ryu ist sich nicht sicher, was sie ihrem Sohn alles erzählen soll. Sie will ihn in die ganze Turano-Geschichte eigentlich nicht mit hineinziehen. Doch dass Eren hier zwischen ihnen liegt, zeigt doch, dass Max schon mittendrin steckt. Ohne Hintergedanken wird der Turano ohne Begleitung sicher nicht hier sein. „Das soll heißen, Eren besitzt auch besondere Kräfte, allerdings um einiges kompliziertere, unberechenbarere als deine oder meine.“   Die Augen von Max weiten sich ungläubig. „Eren hat auch Superkräfte? Warum hat er das nicht erwähnt, als ich ihm von meinen erzählt hab? Das würde allerdings erklären, weshalb er so gar nicht überrascht war zu hören, dass ich die Elemente kontrollieren kann.“   „Ja, so was ist Alltag für ihn“, nickt sie und verzieht traurig das Gesicht. „Genauso wie der Grund, weshalb er tatsächlich in deine Klasse gekommen ist. Wie ich zumindest vermute.“   Max gefällt der Unterton in ihrer Stimme nicht. „Du meinst, es ist kein Zufall? Er hat gesagt, sein Vater hätte entschieden, ihn auf die Schule zu schicken.“   „Nein, das war sicher kein Zufall. Erst recht nicht, wenn Ajax dich kurz davor gesehen hat und Eren gleich am nächsten Schultag in deiner Klasse auftaucht.“ Jetzt versteht die Ärztin auch endlich, weshalb die Termine des Jungen so kurzfristig so umgekrempelt wurden. Das kam ihr schon verdächtig vor, allerdings hat sie nicht im Traum daran gedacht, dass ihr eigener Sohn der Grund dafür sein könnte. „Ich will dir keine Angst machen, aber, um ehrlich zu sein, ich glaube, Eren wurde auf dich angesetzt.“   „Auf mich angesetzt?“, wiederholt der Blonde zweifelnd. In seinen Ohren klingt das zu surreal. „So wie ein Attentäter?“   „Eher wie ein Kidnapper. In dem Fall“, berichtigt die Frau. Wohl wissend, dass es die Sache auch nicht besser macht.   „Ach, komm. Das glaubst du doch selbst nicht. Ein reicher 12-Jähriger mit furchteinflößenden Kräften soll als Kidnapper auf mich angesetzt sein? So langsam glaub ich, dass ihr beide euch mit mir einen Halloweenstreich erlaubt. Bestimmt ist Eren gar nicht wirklich bewusstlos. Sicher hatte er auch Schauspielunterricht.“ Überzeugt rüttelt er an den Schultern des Braunhaarigen. „Komm schon, Eren, es reicht. Du kannst mit dem Streich aufhören. Das war schon echt gut, für dein erstes Halloween, aber jetzt lass uns lieber den Süßkram vernichten, ja?“   Dr. Ryu nimmt Max` Hände in ihre. „Ich wünschte, es wäre ein Streich, aber leider ist es ernst.“   „Kein Streich?“ Während das Blut aus seinem Gesicht weicht, gerät sein Puls ins Straucheln. „A-Aber wieso ich? Ich hab doch nichts gemacht.“   Tröstend legt die Frau eine Hand an seine Wange. „Es ist nicht deine Schuld. Das ist eines der dunklen Geheimnisse der Turanos. Sie sammeln Leute um sich, die besondere Fähigkeiten besitzen. Vermutlich hat Ajax im Krankenhaus irgendwas geahnt und deshalb Eren darauf angesetzt, sich mit dir anzufreunden. Es tut mir leid.“ Auch für Eren. Immerhin ist Max der erste, der ihn einen Freund nennt und es ehrlich meint. „Deshalb müssen wir jetzt überlegen, wie wir damit umgehen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)