Champ Stories 2 von Platan (Band 2: Ralia) ================================================================================ Kapitel 2: Darf ich dich mal flauschen? --------------------------------------- Hand in Hand folgten Delion und Raelene Glurak in einem gemütlichen Tempo. Erneut kamen sie an einigen anderen Weiden vorbei und betrachteten interessiert die fremden Pokémon, bis sie durch eine weitere Allee aus Beerenbäumen schritten. Dort war die Sicht etwas eingeschränkt, dafür konnten sie sich an den farbenfrohen Früchten erfreuen. Einige Vogel-Pokémon hockten in den Baumkronen und pickten gierig nach den Beeren. Schließlich schenkte Raelene ihre Aufmerksamkeit lieber wieder Delion. „Du hast doch bestimmt ganz viele Pokémon hier.“ „Ja, es sind einige“, bestätigte er. „Immerhin hatte ich lange genug Zeit dafür, mir ein paar zu fangen.“ Sicherlich erinnerte ihn das auch selbst gerade daran, dass er um einiges älter war als sie. Jedenfalls glaubte Raelene, andere würden acht Jahre Altersunterschied als groß betrachten. Daran störte sie sich allerdings nicht, was Delion offensichtlich auch nicht tat. Andernfalls wären sie nun nicht zusammen. „Eigentlich schade, dass ich jetzt nicht mehr viel Zeit dafür habe, mit ihnen allen zu trainieren.“ Statt bedrückt zu sein, ließ er zuversichtlich den Blick schweifen. „Aber wenigstens können sie hier Spaß haben.“ Raelene dagegen war schon eher betrübt, weil er sich aufgrund von Zeitmangel nicht mehr so intensiv mit seinen Pokémon beschäftigen konnte. „Dir fehlt eindeutig ein Assistent.“ Als Liga-Präsident hatte man wesentlich mehr zu tun, wie ihr inzwischen aufgefallen war. Erst recht ohne Assistent, der einem ein paar Aufgaben abnahm. Für den Champ wurde oft der Großteil der Arbeit bereits vorab von anderen organisiert und Raelene musste meistens nur noch entsprechend für Unterhaltung sorgen, was im Vergleich doch einfacher erschien. Gewiss hatte sie das aber auch nur Delions guter Führung und seinen eigenen Erfahrungen zu verdanken. Dessen war sie sich schon länger bewusst – und sie wollte das nicht so leicht in Vergessenheit geraten lassen. „Hey, falls ich mal meinen Champ-Titel verliere, darf ich dann deine Assistentin werden?“ Für sie klang das eigentlich nach einer tollen Idee, doch Delion runzelte kurz seine Stirn. Hoffentlich fragte er sich nur, welcher Pokémon-Trainer ihr wohl den Titel abnehmen können sollte, und empfand sie nicht schlicht als gänzlich ungeeignet. „Sicher, wenn du willst.“ Ein verschmitztes Grinsen formte sich auf seinen Lippen. „Aber ich weiß nicht, ob ich noch einen brauchen werde, wenn ich dann wieder Champ bin.“ Selbstsicher tippte Raelene mit dem Daumen ihre Kappe ein Stück nach oben. „Dafür müsstest du mich erst mal schlagen~.“ Natürlich wusste sie, dass sie nicht unbesiegbar war und auch nicht ewig Champ bleiben würde – bis dahin durfte es aber ruhig noch eine Weile dauern. Ihre Worte waren vielmehr anspornend gemeint. Das verstand Delion bestimmt auch. Sollte er jemals nochmal in Hochform gegen sie antreten, könnte er sich seinen alten Titel schnell zurückerobern, weshalb sie nicht nachlässig werden durfte. Auf einen ernsthaften Kampf mit ihm brannte sie trotzdem wie verrückt. „Sag mir aber ruhig einfach Bescheid, wenn ich dir mal so was abnehmen kann“, bat sie ihn. „Ich habe oft ruhigere Tage. Das habe ich der Tatsache zu verdanken, dass du so ein toller Liga-Präsident bist.“ „Okay, ich sage dir dann Bescheid.“ Delion schmunzelte ihr entgegen und zwinkerte ihr dabei zu. „Bislang hilft mir Azurill aber schon richtig gut aus~.“ Raelene lächelte zufrieden. „Das freut mich! Mach mir unbedingt mal ein paar Fotos davon.“ Azurill war doppelt so niedlich, wenn sie Delion bei der Arbeit half. Das sollten sie unbedingt festhalten. Zumal Fotos nie verkehrt waren, sofern man Roy in dem Fall Glauben schenkte. Langfristig gesehen könnte ein fester Assistent trotz Azurills Hilfe dennoch nicht schaden, um Delion richtig zu entlasten. Letztendlich musste sie diese Angelegenheit aber ihm überlassen. Da sie nun schon eine Weile unterwegs waren, sah Raelene sich suchend um, in der Hoffnung, sie könnte Delions Pokémon auf den ersten Blick erkennen. Im Endeffekt waren sie wahrscheinlich auch nur ganz normale Pokémon für die meisten, doch Raelene wusste schon jetzt, dass sie besonders sein mussten. Schon weil sie zu Delion gehörten. Anscheinend erspähte Delion seine Pokémon kurze Zeit später als erster, ohne dass Glurak ihn darauf hinweisen musste oder Raelene es vorher erahnen konnte. Er tippte ihr nämlich auf die Schulter und deutete in eine bestimmte Richtung. Dort stand ein Pampross gerade am Zaun einer Weide und war schon auf Delion aufmerksam geworden. Es schnaubte aufgeregt, was direkt ein Arkani auf den Plan rief, das blitzschnell angerannt kam. Kaum stand das Feuer-Pokémon neben Pampross am Zaun, sah es sich neugierig um und als es Delion entdeckte, sprintete es abermals los. Zurück in die Richtung, aus der es gekommen war. Ob es wohl die anderen Pokémon holen wollte? Raelenes Augen leuchteten. Delion hatte also auch noch ein Arkani und ein Pampross! Letzterer sah schon mal richtig stark aus, aber das traf im Prinzip auf alle Pokémon von Delion zu. Er war eben ein meisterhafter Trainer. Pampross nutzte die Gelegenheit und sonnte sich in Delions alleiniger Aufmerksamkeit, als er endlich bei ihm ankam. Sofort tätschelte Delion den Kopf von Pampross. „Na? Habt ihr mich vermisst?“ Geduldig ließ Raelene den beiden ihren Augenblick zu zweit, bevor sie vorsichtig näher kam, um sich vorzustellen. „Hallo~! Ich bin Raelene.“ Für einen Moment betrachtete Pampross sie nur, ehe er mit dem Huf kraftvoll auf den Boden stampfte und dabei interessiert den Kopf ein wenig neigte. Konnte Raelene das schon mal als gutes Zeichen werten? Plötzlich kehrte Arkani bellend zurück, dicht gefolgt von zahlreichen anderen Pokémon. Darunter befand sich Pantifrost, den Raelene noch aus dem Finalkampf gegen Delion kannte. Aber auch Branawarz und Rihornior hatte sie schon mal gesehen, da Delion sie gerne einsetzte, falls es seine Strategie verlangte. Unbekannt waren ihr dagegen sein Barrikadax, Voltenso, Mamutel und Pelipper. Alle vier bewegten sich eher etwas behäbig, wobei es bei Voltenso weniger an seiner Körpermasse und mehr an seinem Misstrauen gegenüber der für ihn fremden Person zu liegen schien. Ein weibliches Psiaugon, erkennbar an der überwiegend weißen Fellfärbung, zeigte sich schon ein wenig neugieriger, denn es schlüpfte durch die Abstände im Zaun hindurch und näherte sich Raelene direkt, um an ihr zu schnüffeln. Zu guter Letzt stolzierte auch noch ein Lauchzelot mit ausgestreckter Brust auf seinen Trainer zu und gab ihm zu verstehen, dass er die Pokémon alle geleitet und vor Schaden bewahrt hatte, wofür Delion sich lächelnd bedankte. Am liebsten hätte Raelene begeistert drauflos geplappert und mehrere Fragen auf einmal gestellt. Es waren sooo viele Pokémon! Ihr Gesicht strahlte derart hell, dass sicher jeder ohne jedes Wort erkennen könnte, wie sehr sie sich freute. Wie zuvor hielt sie sich aber noch etwas zurück. Zuerst sollte Delion seine Pokémon in Ruhe begrüßen können, was er auch sogleich ausgiebig tat. „Es tut gut, euch alle wiederzusehen~.“ Delion breitete seine Arme aus. „Also, Leute, hört mal her! Ich wollte euch Raelene vorstellen. Sie ist meine Freundin. Bitte kommt gut mit ihr aus.“ Lebhaft winkte sie Delions Pokémon zu. „Hallo, ihr alle~! Es ist schön, euch kennenzulernen. Keine Angst, ich werde Delion nie davon abhalten, euch Aufmerksamkeit zu schenken, versprochen!“ Genau das würde zu einer ihrer größten Sorgen zählen, so als Pokémon. Ohne die Bindung zum Trainer fehlte auch die Motivation und vor allem der Spaß zu kämpfen. Das wollte Raelene keinem von ihnen nehmen, solange es sich irgendwie vermeiden ließe. Psiaugon stieß ein hohes Piepen aus, das Delion als Freude zu identifizieren glaubte, wie er Raelene mitteilte. Zumindest wirkte die Kleine in der Tat glücklich dabei. Der Einschätzung von Psiaugon schloss sich auch Pampross an, der noch einmal mit dem Huf scharrte. Von dieser Begeisterung angetan, schienen auch die anderen Pokémon vorerst keine Probleme mit Raelene zu haben – außer Voltenso, der sie weiterhin misstrauisch beäugte. Delion neigte sich ein wenig zu Raelene, um etwas leiser sprechen zu können: „Voltenso war schon immer ein wenig angespannt, was Fremde angeht. Das ist nichts Persönliches.“ Darauf nickte Raelene verstehend und lächelte Voltenso zu, ehe sie sich hinkniete, um mit Psiaugon zu sprechen. Zwar hatte sie schon öfter welche gesehen, in der Wildnis und bei Kämpfen, aber es gab bislang leider nie eine richtige Gelegenheit sich näher mit dieser Art Pokémon befassen zu können. „Du bist so süß“, jauchzte Raelene. Delions Schmunzeln nach hatte er schon vermutet, dass Raelene in dieser oder ähnlicher Weise auf mindestens eines seiner Pokémon reagieren würde. Statt etwas zu sagen, ließ er sie und Psiaugon sich aber einfach gegenseitig weiter beschnuppern. „Und bestimmt auch stark~!“, fügte sie noch hinzu. „Darf ich dich mal flauschen?“ Als Raelene mit ihrer Arena-Challenge damals angefangen hatte, war ein großes Problem gewesen, dass sie viele Pokémon immer ohne Vorwarnung umarmen wollte. Die meisten mochten so etwas aber nicht wirklich, vor allem nicht die Pokémon aus der Wildnis, was sie teilweise auf die harte Tour lernen musste. Darum fragte sie inzwischen vorher – meistens – nach, womit sie mögliche Grenzen der Pokémon respektieren wollte. Psiaugon blinzelte, während sie die Worte verarbeitete, dann fiepste sie bereits und streckte die Arme aus. „Das heißt wohl Ja“, übersetzte Delion, der die Szene lächelnd beobachtete. „Psiaugon war schon immer sehr kuschelbedürftig, also tu dir keinen Zwang an.“ „Juhu~!“ Vorsichtig hob Raelene Psiaugon auf ihre Arme und drückte sie an sich. Wie unglaublich seidig ihr Fell sich anfühlte! Und sie war so klein! Deshalb war Raelene umso gespannter darauf, wie viel Energie wohl in ihr steckte. „Sie ist echt zu süß“, quietschte Raelene leise, bevor sie Delion mit glitzernden Augen ansah. „Ich will unbedingt mal gegen all deine Pokémon kämpfen! Also, nur wenn sie mögen, natürlich.“ „Bestimmt wollen sie das.“ Sein Lächeln war noch eine Spur sanfter geworden, während er ihren Blick erwiderte. Raelenes Begeisterung für seine Pokémon schien ihm zu gefallen. Oder ihm ging etwas anderes durch den Kopf, was ihn so gelöst und glücklich wirken ließ. „Ich hab mal versucht, ein wildes Psiau zu fangen“, erzählte Raelene, „aber am Ende hat es mich mit seinen Psycho-Kräften ausgeknockt und ist abgehauen. Das war keine sehr glorreiche Erfahrung.“ Auf ihre Geschichte folgte von Delion ein amüsiertes Lachen. „Ja, das klingt ganz nach ihnen. Ich hatte vor vielen Jahren selbst mal das Vergnügen mit zwei Psiaus, die versucht haben, mich zu verwirren. Sie hatten ziemlich viel Spaß dabei. Ich fand es selbst ganz lustig, wenn auch etwas anstrengend.“ Damals war er garantiert noch nicht so durchtrainiert wie heute, daher konnte Raelene sich gut vorstellen wie ermüdend das für ihn gewesen sein musste. „Oha, gleich zwei! Wenigstens hattet ihr alle eine Menge Spaß~. Liberlo hat sich bei mir damals ja ziemlich geärgert, weil ich die Sache nicht ernst genug nehme. Da war er noch ein Hopplo.“ Raelene konzentrierte sich wieder auf Delions Psiaugon. „Hey, nächstes Mal bringe ich alles mit, um euch etwas Curry zu kochen! Solange ich es nicht vergesse. Manchmal passiert mir das schon mal, dann dürft ihr mit mir schimpfen.“ Ihr Blick wanderte zu den restlichen Pokémon, die noch hinter dem Zaun standen und alles aufmerksam beobachteten. „Meine Pokémon würden euch sicher auch gerne kennenlernen.“ „Wir sollten unsere Pokémon auf jeden Fall mit der Zeit mal alle zusammenbringen. Gerade hier auf der Weide wäre es schön, wenn sie sich gut vertragen.“ Da konnte sie ihm nicht widersprechen. So kämen ihre Pokémon insgesamt viel besser miteinander klar, sobald Delion und Raelene mal ihre Teamaufstellung änderten. „Aber du solltest lieber nicht meine Wadribie-Sammlung sehen, wenn du jetzt wirklich für all meine Pokémon kochen willst“, riet er, sichtlich erheitert von der Vorstellung. Allerdings machte er Raelene damit nur neugierig. „Wadribie-Sammlung?“ Wadribies hatte sie schon oft gesehen. Vor allem auf der Rüstungsinsel. Laut Iva gab es dort einen Ort, wo sich besonders viele davon aufhielten, weshalb sie in der Gegend weit verbreitet waren. Außerdem war Raelene bekannt, wie speziell die Entwicklung dieser Pokémon war, aber mehr wusste sie leider nicht. Außer vielleicht noch, dass Wadribies immerzu ziemlich fröhlich aussahen. „Ich wusste gar nicht, dass du eine bestimmte Pokémon-Art sammelst. Wie kam es dazu? Hast du viele davon? Wo sind sie denn?“ Über ihre neugierigen Folgefragen musste Delion herzlich lachen. „Ich sammle sie auch nicht wirklich. Aber aus irgendeinem Grund scheinen Wadribies mich absolut zu lieben.“ Ein wenig unbeholfen deutete er an sich herab. „Sie können mir wohl einfach nicht widerstehen~.“ Das konnte Raelene gut nachvollziehen, denn ihr ging es mit ihm ganz genauso. Bedeutete das etwa, sie war insgeheim ein Wadribie? Eine witzige Vorstellung. „Jedenfalls habe ich knapp 50 davon ... glaube ich. Ich schicke jedes Jahr ein paar mehr auf die Wadribie-Farm, wo sie mit ihresgleichen in einem Wald leben können. Das erschien mir sinnvoller, weil sie da eher in ihrem natürlichen Lebensraum sind. Sie wirken jedenfalls immer sehr glücklich, wenn ich sie mal besuche oder Fotos von ihnen geschickt bekomme.“ Ein weiteres Mal an diesem Tag glitzerten Raelenes Augen vor Begeisterung. „Wooow~!“ Wie erwartet hatte Delion also tatsächlich eine ganze Menge Pokémon. Als Wadribie würde sie ihm auch sofort freiwillig folgen, wenn sie eines wäre. Wirklich schade, dass man nicht alle seine Pokémon jederzeit bei sich haben konnte. Aber das wäre schon allein wegen Platzmangel ein Problem. „Die will ich mir unbedingt auch mal anschauen“, beschloss Raelene kurzerhand. „Das ist bestimmt lustig, wenn sie alle so an dir hängen. Ich mogel mich da einfach irgendwo bei ihnen rein und mach mit.“ „Klar, die sehen wir uns dann auch noch an. Wird eh mal wieder Zeit, dass ich auch bei ihnen vorbeischaue. Ich kümmere mich darum, dass ich das die nächste Zeit noch organisiert bekomme.“ „Ich freue mich darauf~.“ Raelene lächelte sein Psiaugon an und setzte es wieder vorsichtig ab. Aus vergangenen Erfahrungen wusste sie, dass Pokémon nicht gerne die ganze Zeit festgehalten wurden, egal wie kuschelbedürftig sie sein mochten. Hopplo hatte deshalb damals ganz schön mit ihr zu kämpfen gehabt, bis er ihr mal sehr deutlich zu verstehen gab, dass er selber laufen wollte. „Gehen wir dann mal rum und begrüßen weiter deine Pokémon~.“ „Klar~.“ Zügig öffnete Delion das Gatter, damit sie endlich auf die Weide gehen konnten und bedeutete Raelene, einfach vorzugehen. Seine Pokémon betrachteten sie weiterhin eingehend. Anscheinend hatte es ihnen aber gefallen, wie gut sie mit Psiaugon umgegangen war, weshalb sich nun erst recht keiner von ihnen auch nur im Ansatz an ihr zu stören schien. Einzig Voltenso lief noch misstrauisch und unschlüssig hin und her, so dass er Raelene von verschiedenen Positionen im Auge behalten konnte. Dafür kam das Arkani sofort auf Raelene zu, um sie ausgiebig beschnuppern zu können, bevor sie überhaupt die Gelegenheit hatte durch das Gatter zu treten. „Arkani ist sehr neugierig“, entschuldigte Delion sich direkt. „Genau wie ich! Wir haben also schon mal etwas gemeinsam~.“ Andere wären aufgrund von Arkanis Größe sicher eingeschüchtert gewesen, aber Raelene war begeistert. Zu gerne hätte sie auch ihn auf der Stelle geknuddelt, weil sein Fell so flauschig aussah. Allerdings beherrschte sie sich, so gut es ihr möglich war. „Hallo, Arkani~“, begrüßte Raelene ihn herzlich. „Mein Liberlo würde mit dir bestimmt um die Wette rennen wollen.“ Arkani stieß ein zustimmendes Bellen aus. Offenbar sah er das als Herausforderung und konnte es kaum erwarten, dass es einmal zu diesem Wettrennen käme. Bei diesem Gegner müsste Liberlo sich wahrscheinlich sogar richtig anstrengen, falls er nicht alt aussehen wollte. Jedenfalls schien Arkani ein fähiger Sprinter zu sein, ausgehend von dem, was Raelene zu Beginn von ihm zu sehen bekommen hatte. Während Arkani und Raelene sich begrüßt hatten, war sie derweil unentwegt von Pelipper angestarrt worden, ohne dass dieser auch nur den kleinsten Muskel rührte oder gar blinzelte. Erst als sie nun durch das Gatter trat und einige Schritte auf der Weide machte, gab das Pelipper auf einmal einen Laut von sich. Darauf reagierte Delion, der Raelene gefolgt war, sogleich mit einem verstehenden Nicken. „Pelipper will wissen, ob du etwas zu essen für ihn hast.“ Um seine Zustimmung auszudrücken, flatterte Pelipper kurz mit den Flügeln, wofür er von einem aufgeschreckten Voltenso angebrummt wurde. Schmunzelnd griff Raelene in eine Seitentasche ihrer roten Jacke. „Ich hab immer etwas dabei, immerhin ist Dedenne in meinem Team.“ Dedenne konnte ziemlich laut werden, sobald er nichts zu essen bekam, indem er einfach nicht aufhörte zu weinen. Deshalb vermied Raelene das lieber. Zumal es auch schön war, seinen Pokémon jederzeit etwas geben zu können. Manchmal fragte sie sich nur, ob Dedenne in seinem Stammbaum ein Morpeko dazwischen hatte. Laut Mary wurden die vor Hunger aber eher richtig wütend. „Aha, da habe ich ja was~.“ Triumphierend zog Raelene eine Tüte mit Marmoria-Kräckern hervor, die sie in einem der Läden in Score City ergattert hatte, und hielt sie gut sichtbar nach oben. „Magst du sowas?“ Energisch schlug Pelipper mit den Flügeln und stieß einen zustimmenden Laut aus. „Gib ihm bitte nur einen“, warf Delion ein. „Zu viele wären nicht gut für ihn.“ Darüber empörte Pelipper sich sogleich lautstark, doch Delion tippte ihm locker gegen den Schnabel und lächelte ihn streng an. „Du kleiner Gierschlund, du weißt doch, dass du Magenschmerzen bekommst, wenn du zu viele Snacks isst.“ Darauf ließ Pelipper betrübt den Kopf sinken. Offenbar entsprach das also der Wahrheit. Wie schön, dass Delion sein Pokémon so gut kannte. „Owww, tut mir leid, Pelipper“, sagte Raelene mitfühlend. Vielleicht war ein Marmoria-Kräcker in dem Fall nicht gerade die beste Wahl, wenn Pelipper leicht Magenschmerzen bekam. Da Delion aber nichts dagegen sagte, dürfte es trotzdem in Ordnung sein. Wenigstens hätte Pelipper eine ganze Weile etwas von diesem speziellen Snack – Dedenne konnte sie damit jedenfalls lange beschäftigen und hinterher war er sogar meistens zu ermüdet von der ganzen Knabberei. „Hier, lass es dir schmecken~.“ Raelene warf den Mamoria-Kräcker in Pelippers Richtung und er streckte den Hals, um den Leckerbissen zu fangen, doch plötzlich sprang Voltenso vor ihm vorbei. Geschickt fing dieser den Snack in der Luft und landete kauend wieder auf dem Boden, wo er herausfordernd zu dem wütend demonstrierenden Pelipper sah. Mit so etwas hatte Raelene nicht gerechnet. Voltenso besaß erstaunlich gute Reflexe, aber für Pelipper war diese Aktion natürlich unschön. „Ah ja“, kommentierte Delion kopfschüttelnd, „ihr gegenüber misstrauisch sein, aber dann ihre Leckerli klauen wollen. Das war nicht in Ordnung, Voltenso.“ Sein Pokémon sah zu ihm, weiterhin noch kauend, wirkte nun jedoch zumindest ein wenig zerknirscht. Dass Voltenso direkt auf den Tadel seines Trainers reagierte, ohne dass Delion dabei wirklich ernst oder gar laut werden musste, konnte Raelene nur bewundern. Vielleicht könnte Delion ihr beibringen, wie er das machte – schon damit Ralia sie nicht mehr mit einem Flammenwurf einzuschüchtern versuchte. „Ich sehe, Voltenso hat seinen eigenen Kopf“, bemerkte Raelene, eher amüsiert. Sie zog einen weiteren Mamoria-Kräcker aus der Tüte und ging diesmal näher zu Pelipper, um ihm den Snack hinzuhalten. „Hier, diesmal gehört der nur dir~.“ Zunächst warf Pelipper einen misstrauischen Blick in Voltensos Richtung, der immer noch an seinem Kräcker kaute und dabei schuldbewusst zu Boden sah. Erst danach fischte Pelipper vorsichtig den Snack aus Raelenes Hand und aß ihn zufrieden selbst. Vielmehr verschlang er den Marmoria-Kräcker in einem Stück, demnach war das für ihn doch nur ein kurzes Vergnügen. Dennoch wirkte Pelipper sehr zufrieden und darauf kam es an. „Na bitte, geht doch“, lobte Delion und tätschelte sowohl Pelipper als auch Voltenso. „So gibt es weniger Streit unter euch.“ „Ja, ist doch viel schöner so~.“ Raelene beobachtete die beiden Pokémon lächelnd. „Nächstes Mal bring ich etwas weniger harte Leckerli mit.“ Immerhin waren die nicht für jeden geeignet. Gorgasonn könnte sie so einen Marmoria-Kräcker nicht geben, weil sie daran verzweifeln würde. Zum Glück gab es aber mehr als genug Auswahl, da waren die Pokémon-Liebhaber sehr fleißig. Regelmäßig erschienen irgendwelche neuen Snacks auf dem Markt, aus den verschiedensten Regionen. Von den anderen Pokémon bestand sonst keiner ebenfalls auf einen Marmoria-Kräcker. Entweder mochten sie keine harten Snacks oder sie waren von Delion darauf trainiert worden. Nachdem Delion Pelipper und Voltenso noch etwas Aufmerksamkeit geschenkt hatte, stemmte er nickend die Hände in die Hüfte. „So, jetzt kennen meine Pokémon dich auch. Und der Großteil scheint dich gut zu finden. Aber alles andere hätte mich auch gewundert.“ In Delions Augen musste es verständlich sein, dass seine Pokémon Raelene mochten, allerdings hätte es durchaus anders kommen können. Deshalb war sie froh darüber, wie es bislang lief. Eventuell gewöhnte sich auch noch Voltenso mit der Zeit an sie, wenn sie sich ab nun öfter sahen. Genau wie Gaunux sich nach und nach sicher mit Delions Anwesenheit anfreunden würde. „Ich finde deine Pokémon auch großartig!“ Begeistert wanderte ihr Blick nochmal über sein gesamtes Team. „Sie sehen alle total stark aus.“ Zuletzt sah sie wieder Delion an. „Wirst du eigentlich auch wen von der Ranch mitnehmen?“ Eigentlich waren sie nur wegen Gorgasonn gekommen, möglicherweise wollte er jedoch spontan auch eine kleine Änderung vornehmen. Wäre eine gute Gelegenheit dafür. Bis jetzt schien er eher nicht darüber nachgedacht zu haben. An seinem konzentrierten Gesichtsausdruck erkannte Raelene aber, dass er es nun ernsthaft in Erwägung zog und bereits überlegte, wen er austauschen könnte. „Denkst du, Psiaugon würde sich freuen?“, stellte Delion eine Gegenfrage. Die Freude über diese Wahl war Raelene bestimmt deutlich anzusehen. Natürlich wäre sie bei jedem seiner Pokémon, das er mitnehmen wollte, positiv gestimmt. Trotzdem konnte sie nicht widersprechen, von dieser Entscheidung besonders angetan zu sein. Auch wenn der Gedanke traurig war, dafür eines seiner anderen Pokémon auf der Ranch lassen zu müssen. Aber etwas Abwechslung tat jedem von ihnen gut. So bekämen sie alle neue Eindrücke. „Also ich würde mich jedenfalls freuen~“, gestand Raelene. „Und ja, ich denke, Psiaugon freut sich sicher auch, wenn sie mal wieder etwas mehr von dir hat.“ Psiaugon schloss sich dieser Aussage mit einem leichten Nicken an. Pokémon waren generell intelligent und verstanden Menschen ziemlich gut, einige besser, andere schlechter. Offensichtlich gehörte Psiaugon eindeutig zu jenen, bei denen es sehr gut funktionierte – könnte an ihrem Psycho-Typ liegen. Delion gab sich den beiden direkt geschlagen und stimmte zu. „Dann wäre das ja schon geklärt, Psiaugon kommt mit uns. Intelleon bleibt dafür hier.“ Raelene müsste sich auch noch überlegen, wen sie anstelle von Ralia auf der Ranch lassen wollte. Leicht war das nicht, aber ihr würde schon noch jemand einfallen, den sie guten Gewissens austauschen könnte. Gut gelaunt wandte sie sich an Psiaugon. „Hey, dann kann ich dich ja noch öfter flauschen~.“ Diese Aussicht schien auch Psiaugon zu gefallen, denn sie stieß einen fröhlichen Laut aus und wedelte dabei mit den Ärmchen, was Delion zum Lächeln brachte. So ein liebenswertes Pokémon wie Psiaugon dürfte auch von Raelenes Team schnell ins Herz geschlossen werden. In dem Punkt waren ihre Pokémon Raelene nämlich ziemlich ähnlich. Bei süßen Pokémon konnte man einfach nur schwach werden. Hoffentlich nutzte das niemals jemand aus. „Wir müssen auf jeden Fall Bescheid sagen, wen wir genau mitnehmen und wer dafür bleibt, bevor wir wieder gehen“, fiel Delion ein. „Stimmt. Das dürfen wir nicht vergessen.“ Für die Mitarbeiter der Pokémon-Ranch war das äußerst wichtig. Nicht nur, um den Überblick zu behalten. Viele Pokémon benötigten eine individuelle Art der Pflege, besonders was den Essensplan anging. Praktischerweise genügte es meistens, irgendeinen Mitarbeiter zu informieren, den man unterwegs traf, sofern keine besonderen Änderungen anstanden. Sonst kämen sie sowieso nicht an die Pokébälle ihrer Pokémon heran. Sämtliche Angestellten waren ziemlich gut vernetzt, die Zusammenarbeit an diesem Ort konnte einen nur erstaunen. Erst recht, weil alles so riesig war. Vorsichtig nahm Raelene Psiaugon wieder auf den Arm – und bemerkte dabei erneut, wie seidig weich sie sich anfühlte. „Gehen wir dafür dann besser zum Empfang. Wir wollen ja auch noch unsere Pokémon auf eine Weide zusammenlegen lassen.“ „Richtig, so können wir das direkt verbinden.“ Psiaugon fing an in Raelenes Armen zufrieden zu schnurren, was Delion zum Grinsen brachte, so als könnte er sein Pokémon gut verstehen. „Ich glaube, euch beide könnte ich jetzt ohnehin nicht mehr guten Gewissens trennen.“   ***   Tatsächlich wollte Raelene sein Psiaugon die nächsten Stunden über kaum noch absetzen, aber nur, weil es auch Delions Pokémon zu gefallen schien. Sonst wäre sie etwas rücksichtsvoller, doch so konnte sie Psiaugon die ganze Zeit knuddeln. Zusammen mit Delion verbrachte Raelene einen Teil des Tages auf der Ranch und sie schenkten ihren Pokémon abwechselnd reichlich Aufmerksamkeit. Gaunux wich überhaupt nicht mehr von Raelenes Seite und hielt Delion sogar etwas auf Abstand, was sie ausnahmsweise durchgehen ließ. Schließlich müsste Gaunux sich bald schon wieder von ihr verabschieden. Leider fiel Raelene keine Möglichkeit ein, ihr Team zu seinen Gunsten weiter umzustrukturieren, weil sie bereits plante Ralia mitzunehmen. Nachdem später alles Nötige geklärt war und ein Mitarbeiter am Empfang ihnen versprach, dass man die Pokémon von Delion und Raelene spätestens morgen auf eine größere Weide zusammenlegen würde, fühlten sie sich erleichtert. Somit könnten sie beruhigt gehen. Raelene entließ gerade Dedenne und Feelinara, die sie beide für Gorgasonn und Ralia austauschen wollte, auf die Weide. Die Grolldras würden Feelinara bestimmt vermissen, aber auch Gorgasonn rasch liebgewinnen, weil sie als Geister-Pokémon sofort etwas gemeinsam hätten. Feelinara dagegen strahlte regelrecht, als sie sich an Folipurba schmiegte und die zwei daraufhin miteinander herumtollten. „Die beiden sind Geschwister“, erklärte sie Delion, während sie ihre Pokémon beobachtete. Psiaugon war immer noch auf ihrem Arm. „Folipurba ist eigentlich nur bei mir, weil Feelinara mal Sehnsucht nach ihrem Bruder bekam und mich bat, dorthin zurückzugehen, wo wir uns getroffen haben.“ „Ah, deswegen.“ Scheinbar hatte Delion sich schon darüber gewundert, warum Feelinara so erfreut darüber war, auf der Ranch bleiben zu können. „Wie hast du verstanden, dass sie dorthin zurückwollte?“, fragte Delion überrascht. „Sie hat ihre Fühler um mein Handgelenk gewickelt und mir ihren Wunsch so durch ihre Gefühle übertragen.“ Raelene löste den Blick von Feelinara und Folipurba, um stattdessen Delion ihre volle Aufmerksamkeit zu schenken. „Das war echt verrückt. Ich dachte sogar, dass ich ihre Stimme hören kann. Danach wusste ich dann einfach, wohin sie wollte.“ Etwas in seinen Augen verriet ihr, wie sehr er sie dafür bewunderte, so etwas erlebt zu haben. Für jemanden, der kein Feelinara trainierte, mussten ihre Fähigkeiten ziemlich faszinierend sein. „Aber du wusstest doch bestimmt auch schon oft ganz genau, was Glurak will, obwohl andere ratlos sind“, wandte Raelene ein, mit leuchtenden Augen. „Wenn man seine Pokémon so lieb hat, dann versteht man sie eben~.“ „Na ja.“ Nachdenklich kratzte Delion sich an der Wange. „Glurak und ich sind ja auch schon ewig Partner. Da versteht man sich natürlich irgendwann ohne Worte. Am Anfang hatten wir manchmal aber echt Probleme.“ „Du hattest mal Probleme mit Glurak?“, wiederholte sie ungläubig. Das konnte sie sich kaum vorstellen, so eng und harmonisch wie ihre Beziehung zueinander war. Manchmal bekam man sogar den Eindruck, Delion und Glurak teilten sich eine Seele. „Klar. Wir waren nicht auf Anhieb perfekt.“ Nostalgie lag in Delions Grinsen, als er zu Glurak sah, der seine Worte mit einem brummenden Nicken bestätigte. „Es hat sich aber alles geregelt, während wir zusammen trainiert haben.“ Nun, wenn Raelene an ihre Anfangszeit mit Hopplo zurückdachte ... damals hatten sie auch erst richtig zusammenwachsen müssen. „Dann muss Feelinara wirklich etwas Besonderes sein“, schloss Raelene aus dem Ganzen. „Ich hatte echt Glück mit ihr~.“ Dedenne war inzwischen schon an einem der Beerenbäume hochgeklettert, die vereinzelt innerhalb des Zauns auf der Weide standen. Wie erwartet schien der Nager also auch keine Probleme damit zu haben, wenn er vorerst auf der Ranch bleiben musste. Wegen ihm müsste sie sich also ebenfalls keine Sorgen machen. „Wir können jetzt auch wieder öfter auf die Ranch kommen, falls du Feelinara, Dedenne und die anderen vermisst.“ „Gerne~“, stimmte Raelene zu. „Irgendwann zeigen wir dann auch Endynalos mal die Ranch.“ „Unbedingt.“ Mittlerweile glaubte Raelene, dass ihm das sogar ganz gut gefallen könnte, denn vor allem für Galars Natur sowie die Städte zeigte er stets großes Interesse. Auch wie Menschen und Pokémon miteinander umgingen. Endynalos hatte sich in der kurzen Zeit, in der er bei ihnen war, wirklich außerordentlich positiv entwickelt. Delion hatte Intelleon zuvor schon auf seine Weide gebracht, also musste Raelene nun ihre Pokémon nur noch einsammeln. Gorgasonn schwebte bereits langsam mit einzelnen Hüpfern in ihre Richtung, deshalb kam Raelene ihr rasch entgegen und sprach noch kurz einige Worte mit ihr, bevor sie ihr Geister-Pokémon vorerst in den Ball schickte. Anschließend stand sie auf und warf aus der Entfernung einen Blick zu Ralia, was Delion auch tat. Scheinbar genervt von der ganzen Welt lag ihr Glurak auf dem Bauch und peitschte immer wieder mal mit ihrem Schweif auf den Boden. Mottineva hatte von Ralia abgelassen und kümmerte sich um die verbrannte Stelle, indem sie diese mit Pulverschnee etwas kühlte. Zwar war Raelene nicht sicher, wie genau das helfen sollte, doch sie wollte es ihr auch nicht ausreden. Raelene konnte ihre Unsicherheit nicht verbergen, als sie sich hilfesuchend an Delion wandte. „Also, ich weiß, ich sollte es eigentlich alleine machen, aber ... begleitest du mich? Vielleicht ist sie ruhiger, wenn du neben mir stehst.“ Was Ralia betraf, machte Delion sich wohl seine eigenen Gedanken. Jedenfalls hatte er diesen ernsten Gesichtsausdruck, während er sich vermutlich fragte, was Raelenes Glurak so unzufrieden gemacht hatte. Dabei galt seine Sorge anscheinend sowohl Ralia als auch ihr, denn allein mit seinen Augen hüllte er sie in eine warme Umarmung, als er Raelene entschlossen zunickte. „Klar, ich komme natürlich mit.“ Dankbar nickte Raelene ihm ebenfalls zu und atmete tief durch, ehe sie mit ihm zu Ralia hinüber ging. Egal, wie wütend ihr Glurak auf sie war, verletzen würde sie Raelene niemals. Ganz sicher nicht. Und doch fühlte Raelene sich dank Delions Nähe wesentlich sicherer. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)