In den Fängen des Mäusekönigs von KiraNear ================================================================================ Kapitel 5: Verletzte Stimmung ----------------------------- Ein paar wenige Minuten lang hatten wir noch gewartet und gehorcht, ob sich der mysteriöse Fremde im grünen Anzug wieder ihrem Versteck nähern würde. Doch wir konnten ihn weder sehen, noch hören, was wir als ein gutes Zeichen deuteten. Vorsichtig blickte Purple in den Flur hinein, erst in die eine Richtung, dann in die andere. Erst, als er nichts sehen konnte, gab er mit seinem hochgestreckten Daumen grünes Zeichen, dann winkte er uns zu sich heran. So schlichen wir, wie bereits zuvor, langsam und leise den Gang in Richtung Storage entlang. Wieder hallte der Boden, wieder waren vorsichtige und sachte Schritte angebracht. Als wir schließlich den Lagerraum erreicht hatten, atmete White auf. Skeptisch sahen sich die Vier im Raum um, schauten hinter Kisten und Kartons, behielten dabei immer wieder die drei Eingänge im Auge. Erst, als wir uns vergewissert hatten, dass sich niemand im Raum aufhielt, außer uns selbst, versammelten wir uns vor ihrer neuesten Fracht: Die versiegelte Box. Ich bemerkte erst jetzt, dass ich mir die Box seit dem Verladen nie einmal richtig angesehen hatte, zu sehr war ich mit den Gesprächen mit Green und seinen kleinen täglichen Aufgaben beschäftigt. Die Box war von der gleichen Höhe wie sie selbst, wenn nicht ein wenig höher; und ihr mausgrauer Farbton ließ sie nicht sonderlich verdächtig aussehen. Nur mit dem starken Spanngurt und dem Eingabefeld, welches gleichzeitig als Schloss fungierte, stach die Box aus den anderen um sie herum heraus. „Sie sieht aus wie die Kisten, die wir üblicherweise transportieren“, stellte Yellow fest und sah sich das Eingabefeld genauer an. „Was da wohl drin ist? Diamanten? Irgendwelche Geheimpläne? Oder vielleicht einfach etwas sehr Leckeres zu Essen, wie zum Beispiel Nudeln?“ Purple schüttelte den Kopf. „Nun, ich denke nicht, dass sich jemand die Mühe macht, ein Schiff zu kapern und so ein kompliziertes Entführungssystem aufzubauen, nur um ein paar Nudeln zu stehlen. Zumindest hoffe ich es nicht“, sagte er und räusperte sich sofort. „Kleiner Spaß beiseite, was auch immer hier drin ist, es ist muss etwas sehr Wertvolles sein, für das sich die ganze Mühe lohnt. Für das sich das Risiko lohnt, gefangen und ins Gefängnis gesteckt zu werden. Allerdings habe ich keine Ahnung, was dort drin sein könnte. Als ich die Mission auf mein Tablet bekommen habe, hieß es nur, wir sollen eine Kiste auf den Uranus bringen. Worum es sich handelt, wollte man mir nicht sagen, das sei Top-Secret, aber angeblich nicht, weil es etwas Besonderes ist, sondern weil es einfach dem Auftraggeber peinlich sei. Ja, ich habe nachgefragt, ihr etwa nicht?“, fragte Purple in die Runde. Dreifaches Kopfschütteln war die Antwort. „Wie dem auch sei, ich hab dann auch keine weiteren Fragen gestellt, solange ich mein Geld bekomme, ist es ja auch egal, was in der Kiste drin ist. Zumindest dachte ich das. Unsere Leute sind in keinen schmutzigen Geschäften drin, soviel ist sicher. Aber die Tatsache, dass wir nun von jemanden erpresst werden, weil er genau diese Kiste, genauer gesagt den Inhalt genau dieser Kiste möchte, spricht dafür, dass es doch nichts Harmloses sein kann.“ „Möglicherweise ist auch Medizin dort drin“, spekulierte Green vor sich hin. „Oder ein Impfstoff. Es könnte sich aber auch um ein Spenderorgan handeln, das jemand auf dem Uranus dringend benötigt; und der Mäusekönig will es entweder für sich oder jemand anderen klauen, der es genauso nötig hat. Das wäre zumindest das, was mir dabei einfallen würde.“ Purple verschränkte wieder seine Arme. „Egal, wie nobel die Gedanken dahinter auch wären, so etwas tut man nicht. Wenn man jemanden sein Spenderorgan braucht, der es dringend braucht, hat meiner Meinung nach keinen Anstand und keine Ehre im Leib. Aber genug davon, es ist egal, wie sehr wir uns den Kopf zerbrechen, wir können niemals herausfinden, was der Inhalt nun genau ist. Und nachsehen können wir ja nicht, oder kennt jemand von euch den Code? Ich kenne nur den Auftrag“, sagte Purple und zuckte mit den Schultern. „Nein, ich kenne ich nicht, ihr beiden?“, gab ich den Stab weiter. „Nein, ich auch nicht“, sagten Yellow und Green fast zeitgleich. „Gut, dann beende ich das Thema hiermit, immerhin haben wir etwas Wichtigeres zu tun. Wer weiß, wie viel Zeit uns bleibt, bis uns jemand entdeckt. Es ist überhaupt schon ein Wunder, dass uns bisher noch niemand gefunden hat. Wir sollten lieber hier nicht trödeln, wer weiß, wann Fortegreen von seiner Tour zurückkommt. Oder wann uns sein Komplize findet, wenn nicht sogar der Mäusekönig selbst. Lasst uns weitergehen, Communications ist nicht mehr sehr weit weg von hier.“   So verließen wir Storage wieder, mittlerweile hatten wir eine kleine Routine darin, wie wir auf dem Gang so leise Schritte wie möglich machen konnten. Schließlich kam Yellow ein Gedanke. „Sagt mal“, flüsterte sie leise, so leise, dass man sie gerade noch hören konnte. „Habt ihr eine Idee, wer dieser Mäusekönig sein soll? Und ob der wirklich so heißt oder ob das nur ein Spitzname ist? „Ich gehe davon aus, dass es ein Spitzname ist. Zumindest habe ich noch nie jemanden getroffen, dessen Name so lautet“, flüsterte Purple zurück, ließ jedoch nicht den Flur vor sich aus den Augen. „Und ihr, kennt ihr ihn?“, fragte Yellow leise und blickte hinter sich, doch wir beiden anderen schüttelten nur den Kopf. Yellow nickte nur, dann wand sie ihren Blick wieder nach vorne und folgte zusammen mit Green und mir Purple in den Kommunikationsraum. Doch sie wurden dort bereits erwartet.   „Sieh an, sieh an, ich hätte mir ja denken können, dass ihr hierherkommt“, konnten wir eine verschmitzte Stimme hören. Wir blickten zur Seite, dort, wo sich der Computer befand, welcher eher seltener benutzt wurde und sahen dort jemanden stehen, in einem Raumanzug mit unbekannter, hellbrauner Farbe. „Aber gut, ihr konntet ja nicht wissen, dass ich ausgerechnet hier mein Lager errichtet hatte. War doch ein strategisch guter Punkt, ich hatte zuerst zu Admin oder Security tendiert, habe es mir jedoch anders überlegt, da es hier ja eher ruhiger ist, in die Ecke des Schiffes kommt kaum jemand her, wenn er es nicht unbedingt muss. War nun doch eine richtige Entscheidung von mir. Lass mich raten, ihr wolltet Mira HQ einen Hilferuf senden, damit sie euch helfen, nicht wahr?“ Purple ballte die Fäuste, worauf hin der Fremde nur zu lachen begann. „Wer bist du und was willst du hier? Was ist dein Plan, was ist in dieser Kiste drin?“, fragte Purple und ignorierte die Frage des Fremden dagegen vollkommen. Er näherte sich ihm dabei „Langsam, Cowboy, langsam. Ich werde euch schon noch alles wissen lassen, warum auch nicht, immerhin habe ich jetzt das Crewmitglied, das ich haben wollte. Los, schnappt euch Yellow und White, ich weiß, dass ihr mittlerweile wieder zurückseid“, sagte der Fremde in die Richtung der Tür, als zwei weitere Personen den Raum betraten: Fortegreen und Black. Diese schnappten sich wie befohlen Yellow und mich, hielten mit einem festen Griff unsere Hände hinter unseren Rücken. „Wie ihr euch denken könnt, ich bin der Mäusekönig und das hier sind meine beiden getreuen Untertanen, Fortegreen und Black. Verzeiht mir den kleinen Spaß“, sagte er amüsiert, faltete seine Hände und lief im Raum auf und ab. „Wie ihr euch auch denken könnt, die beiden sind Imposter, also eine falsche Bewegung oder eine falsche Bemerkung und die beiden, die sie gerade so herrlich gefangen halten, sind Geschichte. Ihr wollt doch keine unnötigen Toten, ich will keine unnötigen Toten, also lasst uns reden. Wie erwachsene Personen, nichts weiter. Danach lasse ich euch gehen, und ihr werdet nie wieder mit mir zu tun haben.“ Dabei wanderte er immer noch hin und her, machte aber einen entspannten, keinen ruhelosen Eindruck. Seine Schritte waren langsam und fest. „Diesen Anzug, den hast du doch gestohlen, nicht wahr?“, wollte Purple von ihm wissen. Der Mäusekönig sah an sich hinunter, dann nickte er, so, als wäre er ein Schüler, der wollte, dass ein Lehrer stolz auf seine Antwort wäre. „Ja, diesen Anzug habe ich mir … dauerhaft ausgeborgt, wenn du es so formulieren möchtest. Diese Farbe nennt man Tan, wusstest du das? Ist eigentlich recht schade, dass sie keiner verwendet und sie passt so gut zu meinem Namen, da musste ich sie mir einfach nehmen. Und da war auch direkt gleich die von Fortegreen, da habe ich eben doppelt zugegriffen. Die Farben werden doch sowieso so gut wie nie benutzt, also warum ihnen hinterherweinen, wenn sie nun sinnvoll benutzt werden?“, sagte er und zuckte mit den Schultern. Doch das schien Purple nicht zu beeindrucken. „Zu deinem Namen? Möchtest du mir ernsthaft sagen, Mäusekönig ist dein richtiger Name? Oder wie darf man das verstehen?“ Der Mäusekönig verstummte, für einen kurzen Zeitraum sah er Purple einfach nur schweigend an, als würde er gerade über etwas nachdenken. Dann begann er erst leise, dann laut zu lachen und hielt sich anschließend den Bauch fest. Verwirrt blickten wir vier uns an, die Imposter dagegen schienen sich nichts anmerken zu lassen. Vermutlich waren sie es von ihm gewohnt oder es war ihnen schlicht zu egal, um sich darüber irgendwelche Gedanken zu machen. „Das hätte ich mir ja denken können, dass du nicht darauf kommst. Bist doch nicht so schlau, wie wir dich alle gehalten haben, inklusive mir selbst. Da ist es ja noch eine viel größere Schande, gegen dich verloren zu haben. Nun denn, was will man auch von einem Verräter anderes erwarten, machen was sie wollen und vergessen alles andere. Oder tu weißt es längst und tust nur so, um mich dumm dastehen zu lassen“, sagte er und klang nun nicht mehr so locker. „Sei ehrlich, du weißt es doch, nicht wahr? Du weißt, wer ich bin, also hör auf mit dem Theater.“ Purple sah erst zu Yellow, dann zu mir und Green hinüber, bevor er mit den Schultern zuckte. Aufgebracht ballte der Mäusekönig die Faust, bevor er sie wieder sinken ließ. Mit hängenden Schultern ließ er ein kurzes, schauriges Lachen von sich, sowohl traurig, als auch eine Spur manisch. Purple zuckte erschrocken zusammen. „Was ist los, Purple, was hast du, kennst du den etwa?“, fragte Green, doch Purple trat nur erschrocken zurück. „Nein, das kann doch nicht sein, du bist … es doch nicht, oder? Nach all der Zeit …“ Das Lachen starb ab, nur ein empörtes Stöhnen war zu hören. „Wow, wer hätte gedacht, dass du so langsam geworden bist. Aber es wird Zeit, dass ich dir alles zurückzahle, was du mir angetan hast. Es ist der Tag der Abrechnung gekommen, Purple. Oder nein, sollten wir lieber sagen, Nutcracker? Wenn wir schon bei alten Zeiten sind.“ Purple sah kurz auf den Boden, dann entschlossen zu dem Mäusekönig. „Mice. Du bist du es wirklich. Kein Wunder, dass du dich als den König der Mäuse bezeichnest, der Name und die Farbe des Raumanzugs passen wirklich zu dir.“ Er schüttelte mit dem Kopf. „Aber das alles ist so lange her, du hast doch wirklich nicht erwartet, dass ich mich wieder an dich erinnere, beziehungsweise sofort erkenne, dass du es bist. Dabei bist du doch schon lange kein Teil meines Lebens mehr. Und jetzt sag, Mice, warum bist du hier? Wenn es wirklich mit uns beiden zu tun hat, warum das alles hier? Warum die Entführung? Warum bedrohst du die anderen, was haben die Crewmitglieder damit zu tun?“ Mice drehte sich um, betrachtete die halb verstaubte Tastatur, die vor ihm auf dem Tisch lag. Strich sachte darüber, als wäre es eine Katze, die ein paar Streicheleinheiten nötig hätte. „Ich bin es also nicht wert, dass man sich sofort daran erinnert, so ist das also. Dann war meine Entscheidung, dich zusammen mit dem Schiff untergehen zu lassen, ja vollkommen richtig. Nach dem, was du mir damals angetan hast, es hat mich zerstört. Zerstört, hörst du?!“, rief er mit stockender Stimme und schlug mit der Faust auf den Tisch. „Du hast sie mir genommen und nun werde ich dir etwas nehmen!“ Purple sah kurz zu uns hinüber, doch lauschten gespannt dem Verlauf des Gesprächs. Auch die Imposter machten den Eindruck, als wären Mices Worte interessanter als ihr eigener Auftrag, sich um mich oder Yellow zu kümmern. „Was … nein, wen hat sie dir genommen?“, fragte Yellow zögernd. Black, welcher sie festgehalten hatte, ließ sie los, woraufhin sie einen Schritt auf ihn zu ging. Sofort drehte sich dieser in ihre Richtung. „Meine Freundin!“, sagte er und man konnte ihn deutlich schniefen hören. „Meine Freundin hat mir dieser Dreckskerl ausgespannt. Gut, wir hatten die einen oder anderen Probleme, aber welches Pärchen hat die nicht? Dann hat sie sich mit ihm angefreundet und ein halbes Jahr später gingen die beiden. Sie hat sich von mir getrennt, mir Lügen an den Kopf geworfen und mich alleine gelassen. Ich bin daran fast zugrunde gegangen und du hast sie mir weggenommen…“ Schluchzend schlug er immer wieder mit der Faust auf den Tisch, doch Purple reagierte nicht. Yellow sah zwischen den beiden hin und her, unsicher, was sie nun glauben sollte. „Wenn du hier schon die Vergangenheit wieder aufblühen lässt, mein Lieber, dann solltest du auch bei der Wahrheit bleiben. Probleme nennst du das, was ihr hattet? Wow, das nenne ich mal Euphemismus. Geschlagen hast du sie, behandelt wie das letzte Stück Dreck und kontrolliert, das war schlimmer als schlimm. Die ständigen Anrufe, die SMS, die Anschuldigungen. Wie oft hat sie mir erzählt, wie knapp berechnet das Haushaltsgeld war, dass du ihr gegeben hast. Wie oft sie blaue Flecken mit Abdeckpuder behandeln musste, damit keiner dazu Fragen stellt. Wie oft ihr die Lügen ausgegangen sind. Wie oft sie sich bei mir oder ihrer besten Freundin heimlich die Augen ausgeweint und diese dann behandelt hat, damit du nicht siehst, dass sie geweint hat.“ Er schüttelte mit dem Kopf, auch ihn schien es viel zu nahe zu gehen. „Viel zu oft, wenn du mich fragst. Es war ihre Entscheidung, ja, ich habe sie dazu ermutigt, aber sie hat sich von alleine entschieden, dich zu verlassen. Akzeptiere das, es ist jetzt sieben Jahre her. Und selbst wenn du dein Verhalten geändert hättest, sie will dich nicht zurück, auch, wenn du das nie verstehen wirst.“ „Nein, nein, das waren alles nur … Ausrutscher! Ich habe ihr beschworen, dass ich mich ändern werde, nur für sie, aber da hat sie schon mit mir Schluss gemacht. Und das alles nur wegen dir!“ Wieder schüttelte Nutcracker mit dem Kopf, doch dieses Mal langsam, sehr langsam. „Du willst es nicht verstehen, nicht wahr? Mary hatte genug von dir, ich hatte genug von dir und du solltest langsam deine Lektion gelernt haben, findest du nicht?“ Ein weiteres Mal wandte sich Mice dem Tisch zu, blickte auf die Tastatur, als könnte er dort Trost und Zuneigung finden. „Sag mir, beantworte mir noch diese letzte Frage, Nutcracker. Ist sie glücklich? Machst du sie glücklich?“ Nutcracker blickte zu Boden, dann zu Mice hinüber. „Ja, sehr. Ich freue mich darauf, nach der Mission auf unseren Planeten zurück zu kehren und die Feiertage mit ihr und der Kleinen zu verbringen.“ Mice lachte kurz auf, ein verzweifelter Versuch eines Lachens. Sämtliche Kraft verließ seinen Körper, und wie es aussah, auch jeglicher Mut zu Leben. Es dauerte eine kurze Weile, dann kehrte es zurück. Zusammen mit seinem manischen Lachen. „Schön, schön, das ist gut zu hören. Dann gibt es nichts weiter, was ich von dir wissen möchte, nur noch eine Sache, die ich von dir hören möchte. Da du doch so eine gute Person bist, die sich um andere Leute kümmert, willst du doch sicher, dass deine Leute sicher nach Hause kommen, nicht wahr? Dann nenn mir einfach den Zugangscode zu der einen Box in Storage und ihr seid frei. Sobald wir uns mit dem Rettungsschiff aus dem Staub gemacht haben.“ Nutcracker hob die Schultern. „Tut mir leid, doch so sehr mir das Leben meiner Crewmitglieder am Herzen liegt, ich kann dir den Code nicht sagen. Ich kann dir auch nicht sagen, was dort drin ist oder warum es unbedingt auf den Uranus muss. Ich weiß nur, es muss dorthin transportiert werden. Und jetzt hör endlich auf, du kannst es immer noch beenden. Jetzt, hier, sofort. Mary wirst du damit nicht zurückbekommen, aber wenn du uns einfach unsere Arbeit machen lässt, dann werden wir dem Hauptquartier auch nichts melden. Sag uns doch einfach, warum du überhaupt diese Ladung haben möchtest, was ist in der Box?“ Wieder begann Mice lauthals manisch zu lachen, sein Lachen hallte von den Wänden wider. Yellow fing zu zittern an. „Wow, in dieser Situation versuchst du zu bluffen? Du hast Mut, das muss man dir lassen. Oder ist es einfach nur Ahnungslosigkeit? Ja, das wird es wohl eher sein. Du hast absolut keine Ahnung, was dort drin ist, das lässt dich unvorsichtig werden. In dieser Box, mein Lieber, ist nicht einfach irgendeine bedeutungslose Fracht, wie dieser übliche Kram, den du und ich durch die Gegend fliegen. Nein, dort drin ist eine Bombe, so mächtig, so gefährlich, dass Mira HQ es an einem sicheren Ort wissen möchte. Nun, ganz richtig betrachtet ist es eine radioaktive Antriebskraft für eine größere Weltraummaschine, aber ein paar Kabel, die hier und da umgelegt werden, voila, schon hat man eine wunderbare Atombombe, mit der man einen halben Planeten wegsprengen kann. Ist das nicht herrlich?“ „Nein!“, schrie Yellow und sank zusammen, die Hände an ihren Kopf gepresst. Da ich nun mittlerweile auch nicht mehr festgehalten wurde, ging ich zu Yellow hinüber und nahm sie in meine Arme. „Du Schwein!“, rief Nutcracker in Mices Richtung. „Was hast du vor? Sag es schon, was hast du vor?!“ „Ist es nicht offensichtlich?“, sagte Mice und blickte zum nächstbesten Fenster hinaus in die unendlichen Weiten des Weltalls. „Ich möchte mit dieser Bombe Mira HQ in die Luft jagen. Es ist zwar um den halben Planeten ein wenig schade, aber ein paar Abstriche muss man ja machen, wenn man dafür etwas richtig erledigt haben möchte, nicht wahr? Habt ihr nicht gemerkt, dass das Schiff den Kurs geändert hat? Natürlich habt ihr es nicht bemerkt, dafür habe ich euch auch nie in die Nähe von Navigation kommen lassen. Nun, wenn ich es richtig sehe, sind wir bald da und dann werden wir den arroganten Mistkerlen von Mira HQ mal so ordentlich Feuer unterm Hintern machen. Sorry, Nutcracker, das wird wohl doch nichts mehr mit dem Weihnachtsgeld“, sagte er, bevor er über seinen eigenen Witz laut lachte. „Und wo sind die anderen? Wo sind unsere Crewmitglieder, was habt ihr mit ihnen gemacht?“ Es dauerte ein paar Minuten, bis sich Mice wieder soweit beruhigt hatte, dass er Nutcrackers Frage beantworten konnte. „Keine Angst, denen geht es gut. Sie sind alle wohlbehalten und sicher in Weapons, meine beiden Freunde hier haben sie gut verschnürt und dort gelagert. Wärt ihr nicht aus Cafeteria abgehauen, würden zwei von euch sich auch dort befinden, in guter Gesellschaft, würde ich sagen. Und nein, ich habe ihnen kein Haar krümmen lassen, sie sind wie Sammelobjekte. Willst mit ihnen einen hohen Preis aushandeln, so behandle sie wie ein rohes Ei und pass auf, dass ihnen nichts passiert.“ Nutcracker drehte sich um, sah erst zu Yellow, dann zu Green, am Ende zu White, der die ganze Zeit über kein Wort rausgebracht hatte und immer noch Yellow tröstete. Dann drehte er sich wieder um zu Mice. „Es tut mir leid, Leute. Ihr wart eine wunderbare Crew und es tut mir leid, was ich vorhin gesagt hatte. Es tut mir auch leid, was ich gegenüber Red gesagt hatte, das hat er nicht verdient, er ist ein gutes Crewmitglied, ich hätte ich nicht wegen der Farbe alleine verdächtigen sollen.“ „Was … was meinst du damit?“, fragte Green verwirrt nach. „Nun, das bedeutet, ich habe absolut keine Ahnung, wie der Code zu der Box lauten könnte. Und ich habe keine Ahnung, was der Irre dort jetzt mit uns machen wird. Es tut mir leid.“ Niemand sagte etwas, Stille legte sich über den Raum. Schwere und dunkle Stille. Mice schritt zum Fenster, man konnte den Heimatplaneten sehen, den Planeten, auf welchem sie alle lebten, auf welchem Mira HQ ihr scheinbar unendlich hohes Gebäude erbaut hatten. „Ich verstehe. Selbst jetzt, angesichts der großen Gefahr und Not, kannst oder willst du mir das Passwort nicht sagen. Das ist ehrenhaft, ich kann das gut verstehen. Nun gut, damit hatte ich gerechnet. Deine Freunde werden mir vermutlich auch nichts sagen können, das kann ich mir schon denken. Von den Gefangenen wusste es auch keiner. Typisch Mira …“, sagte er und legte eine Hand auf das Fenster, aus welchem er hinaussah. „Dann wird es wohl doch Zeit für Plan B.“ „Plan B?“, konnte Nutcracker jemanden sagen hören, und als er sich umdrehte, sah er, wie Black zu seinem Komplizen sah, dieser hob ahnungslos die Schultern. Dann deutete Fortegreen auf Black, doch dieser hob nur die Hände. Nutcracker begriff, was auch immer Mice für einen Plan verfolgen würde, er hatte seine Handlanger nicht darin eingeweiht. „Was hat du vor? Was ist dein Plan B? Und warum wissen offensichtlich die zwei hier nichts davon?“, sagte er und deutete auf die Imposter. Mice strich über die Fensterscheibe. „Es war bisher nicht von Nöten, dass sie meinen Plan kennen. Und jetzt ist es unwichtig. Doch wenn du es wissen möchtest, gerne.“ Er nahm etwas aus seiner Tasche heraus, eine kleines Tablet mit einem roten Knopf drauf, welchen er drückte. Sofort aktivierte sich der Alarm, ein lautes Klingeln ertöten den Raum bevor es wieder verschwand. Doch auch dieses Mal bekamen die Crewmitglieder keine Benachrichtigung darüber, was nun genau betroffen war. Lediglich das Tempo des Raumschiffs schien schneller geworden zu sein. „Mice, du Wahnsinniger! Was … was hast du getan?“, sagte Nutcracker, während ihm die Beine versagten und er auf den Boden versank. Auch spürte er, dass sich die Geschwindigkeit des Raumschiffs beschleunigt hatte. „Nun, das hier wird ein Kamikaze-Angriff. Wir zusammen gegen Mira HQ. Das hier ist mein Plan B. Wenn ich schon nicht die Ladung selbst bekomme, um meine Rache zu bekommen, dann werde ich einfach das Raumschiff in das Gebäude rasen lassen. Komplett werde ich es nicht zerstören können, aber der Schaden wird groß genug sein, um ihnen einen Denkzettel zu verpassen, der sich gewaschen hat. Zeitgleich werden sich dann sowohl der Reaktor als auch die kleine atomare Waffe in die Luft sprengen … der Schaden wird immens werden!“ „Rache? Was haben sie dir getan, dass du dich unbedingt rächen muss?“, wollte Nutcracker wissen. Mice drehte sich zu ihm um. „Für all die Demütigung und die Schmach, die sie mir angetan haben. Die grundlose Kündigung, die sie mir verpasst haben. Dafür sollen sie bluten. Und nun schweig, sieh aus dem Fenster und genieße den schönen Ausblick. Es wird das letzte sein, was du zu sehen bekommst“, sagte er und lachte, lachte so laut, dass es den kompletten Raum erfüllte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)