Wie Hijikata Weihnachten stahl von rokugatsu-go ================================================================================ Kapitel 1: Die Vorweihnachtszeit ist ein wichtiger Bestandteil der Weihnachtszeit --------------------------------------------------------------------------------- 01. November   „Hä?“ Hijikata fiel fast die Zigarette aus dem Mundwinkel. Eigentlich hatte er sich vor dem Fernseher niedergelassen, um in Ruhe und für seinen Seelenfrieden die neuste Folge seiner aktuellen Lieblingsserie Heiratsschwindler machen Couponing zu sehen (es war nämlich nicht nur bemerkenswert auf was für dämliche Tricks die Leute hereinfielen, sondern auch wie viel Geld man mit den richtigen Rabattgutscheinen sparen konnte!), doch statt herauszufinden, ob die 28-fach verheiratete Kyoko aus Hyogo es tatsächlich schaffte, 120 Zahnbürsten für nur 148 Yen zu ergattern, kam ein billig aussehender Kitschfilm. Zwar hatte der Vizechef der Shinsengumi so einiges für herzerwärmende Filme übrig, aber die Geschichte von Jane Doe, die kurz vor Weihnachten sich in einen dahergelaufenen Typen, der sich als Prinz des fiktiven und nicht sonderlich kreativen Landes Hoipoi entpuppte, verliebte, ließ ihn mehr als kalt. Die offensichtlich kostengünstig produzierten Pappkulissen halfen da nicht unbedingt. „Oh, Prinz Dudeldei“, hörte er die weibliche Hauptrolle sagen, „eigentlich wollte ich mich ja gerade selbstständig machen, aber jetzt will ich dich erst mal heiraten.“ „Oh, Jane, für eine Frau bist du wirklich intelligent.“ „Was soll der Scheiß?!“ Hijikata war nun nicht unbedingt ein aktiver Feminist, aber das war jedem des Denken fähigen Menschen zu viel. Selbst wenn er zu der Shinsengumi gehörte. Zudem hatte er auch kein Verständnis dafür, dass Anfang November schon Weihnachtsfilme liefen. Was sollte das? Erbost machte er den Fernseher aus. „Hey!“, ertönte es nörgelnd hinter ihm. „Ich wollte wissen, ob sie die hohle Nuss von Prinz wirklich heiratet.“ Hijikata drehte sich zu dem Nörgler. „Wie lange liegst du da schon, Sogo?“ „Seit die Cupcake-Verkäuferin 'aus Versehen' gestolpert ist und den Prinzen mit Cupcakes vollgeschmiert hat. An der Stelle hatte ich noch gehofft, es wäre ein Porno.“ „Darfst du überhaupt schon Erwachsenenfilme sehen?“ „Eigentlich wollte ich auch nur wissen, ob der 32-fach verheiratete Hara aus Nara die 297 Shampooflaschen für insgesamt 198 Yen bekommt. Ich weiß nicht, ob ich ohne dieses Wissen meines Lebens je wieder froh werde.“ „Ich fürchte, da müssen Sie sich noch gedulden“, sagte plötzlich eine Stimme aus dem Off. Doch halt, es war keine Stimme aus dem Off! Es war Yamazaki, der auf einmal mit im Raum saß. „Wann bist du denn reingekommen, Yamazaki?“, fragte Hijikata. Der Angesprochene stutzte. „Ähm, also eigentlich saß ich schon hier, als Sie beide hereingekommen sind.“ „Moment, was soll das heißen, wir müssen uns gedulden?“, warf Okita ein. „Alle Fernsehsender haben ihr Programm auf Weihnachtsfilme umgestellt. Die normalen Serien kommen erst wieder im neuen Ja-“ „WAAAS?!!!111“ Hijikata packte Yamazaki erzürnt am Kragen und schüttelte ihn. „Wieso tun die mir das an??“ „I-ich ... weiß ... nicht. Ich ... mache … das … Programm … nicht … uuuuuh ...“ Hijikata ließ ihn wieder los und griff sich stattdessen sein Schwert. „Sogo, auf zum Sender!“ „Jetzt noch?“ Okita gähnte ausgiebig. „Es ist schon dunkel.“ „Toshi!“ Kondo stand plötzlich in der Tür. „Ich weiß, du vermisst deine Serie, aber du hast dich letztens erst mit dem Sender angelegt, weil sie diese französische Kinderserie in der falschen Reihenfolge ausgestrahlt haben-“ „Wonderful Wormgirl ist keine Kinderserie!“, unterbrachen Hijikata und Okita ihn in ungewohnter Eintracht. „Na ja, wie ihr meint. Auf jeden Fall habe ich dir damals schon erklärt, dass es Schlimmeres gibt als eine falsche Reihenfolg-“ „Oh ja“, diesmal war es Yamazaki, der ihn unterbrach, „schlimmer ist es, wenn eine Serie nicht weiter im Fernsehen ausgestrahlt wird, nur weil die DVD-Verkäufe angeblich hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind.“ Die vier Mitglieder der Shinsengumi warfen einen vielsagenden Blick durch die vierte Wand (anders ausgedrückt: sie sahen in die Kamera), ehe sie sich wieder dem aktuellen Problem widmeten. „Was ich sagen wollte, war“, fuhr Kondo fort, „dass du dir nicht schon wieder Ärger einhandeln sollst, da ich sonst wieder Ärger kriege. Matsudaira hat leider so gar kein Verständnis für deine Fernsehvorlieben.“ Mit einem tiefen Grummeln legte Hijikata das Schwert wieder hin. „Außerdem“, ergänzte Kondo aufmunternd, „heißt das doch, dass bald bestimmt dieser Weihnachtsfilm kommt, den du so magst. Wie heißt der noch? Das Wunder von Männerhappen oder so?“ „Das klingt wirklich nach einem Porno“, sagte Okita und zog damit Hijikatas ungeteilten Zorn auf sich. „Wage es nicht, diesen wundervollen Film in den Schmutz zu ziehen!!“ Wider besseren Wissens ergriff Yamazaki erneut das Wort: „Äh, Chef, ich will jetzt wirklich nicht der Überbringer weiterer schlechterer Nachrichten sein, aber … Das Wunder von Manhattan läuft dieses Jahr nicht.“ Schneller als überhaupt jemand gucken konnte, hatte Hijikata Yamazaki wieder am Kragen gepackt. „Woher willst du das wissen?!“ „Da ich aufgrund des Verkehrsunfalls, bei dem Sakata-san mir über den Fuß gefahren ist, die letzten Wochen mit dem Badminton aussetzen musste, habe ich mehr gelesen“, antwortete Yamazaki verängstigt. „Wo hast du das gelesen?!!!222“, hakte Hijikata lautstark nach. „Heißt es nicht 111?“, warf Okita ein, ohne vom Vizekommandanten, der Yamazaki durchrüttelte, weiter beachtet zu werden. „Im Super Extra TV-Programm“, sagte Yamazaki, als Hijikata ihn nicht mehr schüttelte. „Darin steht das Programm für die nächsten zwei Monate. Es kommen ausschließlich diese kostengünstigen Neuproduktionen ….“ Hijikata ließ ihn fallen und wollte wieder nach seinem Schwert greifen, als Kondo ihn stoppte. „Nein, Toshi, es tut mir leid, aber da musst du jetzt durch. Sieh es als Prüfung deines Geistes.“ Zähneknirschend und Flüche grummelnd legte Hijikata das Schwert zurück. „In was für einer Welt leben wir eigentlich, in der einem Mann sein Lieblingsweihnachtsfilm weggenommen wird?“   29. November   Das konnten sie nicht machen. Nein. Nein. Nein. Fassungslos starrte Hijikata zu dem riesigen Weihnachtsbaum hinauf, der wie auch schon die Jahre zuvor vor dem Terminal aufgestellt worden war. Dieses Jahr allerdings waren findige Geschäftsleute auf die Idee gekommen, statt des üblichen Baumschmucks Werbebanner an der Tanne anzubringen. Von Anti-Ageing-Produkten über Hostessenbars bis hin zu Kreditinstituten war alles an den Ästen vertreten. Nicht zu vergessen die neue Weihnachts-CD dieses Teenager-Idols … wie hieß sie doch gleich? Dieses Yamazaki-Equvivalent mit Brille aus der Alles Agentur schrie doch manchmal ihren Namen. Schulterzuckend drehte sich Hijikata um. Es konnte ihm auch egal sein; diese CD würde er sich bestimmt nie anhöre- „DIE NEUE CD VON TSU TERADA! HOLT SIE EUCH NOCH HEUTE, SONST WERDET IHR KEINE SCHÖNEN WEIHNACHTEN HABEN!!“ Ein Werbetruck hielt direkt neben Hijikata und brüllte ihm über die riesigen am Bus angebrachten Lautsprecher direkt in sein Ohr. Es folgte das Anspielen eines Titels der CD und noch vor dem Refrain hatte der Vizechef seine Hand an seinem Schwertgriff. Aber er hatte es Kondo versprochen. Für den Rest des Jahres zumindest wollte er keinen zusätzlichen Ärger mehr bereiten, sonst säße ihnen Matsudaira wieder im Nacken. Und der faselte die ganze Zeit bereits davon, jeden zu töten, der seinen ausgedehnten Winterurlaub stören würde. Dass Kondo zusätzlich noch davon geredet hatte, ob er nicht wüsste, dass man sich vor Weihnachten besonders gut benehmen sollte, da man ansonsten nichts vom Weihnachtsmann bekam, wollte Hijikata an dieser Stelle lieber ignorieren. Vielleicht wirkte er manchmal ein bisschen hartherzig, aber als er gesehen hatte, dass Kondo wirklich und wahrhaftig und voller kindlichem Glanz in den Augen einen Brief an den Weihnachtsmann geschrieben hatte (in dem er schrieb, dass er sich ausschließlich Otae-sans Liebe wünschte … und vielleicht eine Spielzeugeisenbahn), konnte er nichts gegen seinen Chef sagen. Manchmal musste man Kondo einfach Kondo sein lassen. Auch wenn dieser gerade im Quartier saß und sich einen Otae-Adventskalender mit Schnappschüssen von besagter Frau bastelte. „Oh kommt herbei und kauft mein Merchandise“, sang Tsu Terada derweil über die Lautsprecher und es kostete Hijikata all seine Willenskraft das Gedudel zu überhören, nicht den Werbetruck zu zerteilen, kein Blutbad anzurichten und einfach weiterzugehen.   06. Dezember   So langsam war seine Geduld am Ende. Überall in der Stadt wimmelte es von offensichtlich verwöhnten Kindern und ihren offensichtlichen Versagern von Eltern. Am Schlimmsten war es bei dem Kaufhaus, das nahe beim Terminal war. „Ich will aber noch die Bitendo-Konsole haben!“, schrie da ein Kind. „Aber du hast doch letztes Jahr schon eine gekriegt“, erwiderte der Vater. „Die ist aber schon ein Jahr alt!“, quäkte das Kind zurück. „Das ist wahr, das ist alt“, sagte der Vater zu Hijikatas Unglauben. „Gut, dann bekommst du eine neue und wir werfen die alte weg. Ist ja schließlich Weihnachten.“ Was hatte diese Verschwendung von Rohstoffen und dieser fragwürdige Umgang mit Dingen mit Weihnachten zu tun? „Letztes Jahr habe ich zwei Puppenhäuser bekommen!“, monierte ein anderes Kind. „Dann müssen es dieses Jahr mindestens genauso viele sein!“ „Vielleicht werden es ja drei“, sagte die Mutter, „wenn du aufhörst, den Weihnachtsmann zu schlagen.“ Hijikata sah zu, dass er schnell weiterging (nicht zuletzt weil der Weihnachtsmann, auf dessen Schoß die Kinder Platz nahmen, vor Schmerzen jaulte). Nichts gegen Geschenke. Hijikata konnte sich da an ein Jahr erinnern, in dem Kondo ihm eine feine Delikatessmayonaise aus Kyoto besorgt hatte. Das hatte ihn gefreut, auch wenn er sie ziemlich schnell verputzt hatte. Was allerdings den Rest der Welt, oder zumindest Edo betraf, hatte er zunehmend das Gefühl, dass die Menschen sich einfach mit Dingen zuschmissen, ohne das es ihnen irgendetwas bedeutete. Wahrscheinlich konnte man den Kindern auch keinen Vorwurf machen, wenn die Erwachsenen zu dumm waren, ihnen Dankbarkeit und Bescheidenheit beizubringen. Als er am Ende eines langen Tages endlich zurück ins Quartier kam, riss sein sehr, sehr dünn gewordener Geduldsfaden jedoch endgültig. „Machen Sie nicht mit beim Wichteln, Vizechef?“, fragte Yamazaki mit aufrichtiger Unschuld. „Hm? Was ist los? Wichteln?“ „Ja, wir haben schon angefangen. Es hieß, wir müssten nicht auf Sie warten.“ „Ich weiß nichts von einem Wi- …. Moment, wer sagte, ihr müsst nicht auf mich warten?“ „Upps“, ertönte es da mitten aus der Menge der Shinsengumi. „Hab ich Sie doch glatt vergessen, Hijikata-san.“ Sich mit seiner gespielten Unschuld nicht einmal sonderlich viel Mühe gebend, zuckte Okita mit den Schultern. „Wie konnte mir bei der Organisation nur so ein Fehler unterlaufen ….“ Man konnte hören, wie Hijikata wütend seine eigenen Zähne zermalmte. „Das … reicht ...“, presste er hervor. „Oh nein! Er wird uns alle töten!“ Yamazaki machte einen Hechtsprung hinter Kondo, wo er sich am sichersten wähnte. „Toshi, du kannst mein Geschenk haben. Es ist ein Gutschein für den Hostessen-Club“, wandte Kondo schnell ein, um die Situation zu retten. Er erhielt als Antwort einen eiskalten Blick und Kondo befürchtete, dass dies ihr aller Ende war. „Das … reicht … jetzt. Ich werde … mir das nicht mehr … bieten lassen!“ Zur Überraschung aller blieben sie am Leben, während Hijikata an ihnen vorbei stapfte und den Raum verließ. „Sogo“, sagte Kondo mahnend, „du hast es übertrieben. Normalerweise rastet Toshi immer sofort aus. Diese Reaktion gerade war nicht normal. Wir werden nun vermutlich alle im Schlaf abgemurkst.“ „Ich muss zugeben“, stimmte Okita fast so etwas wie besorgt zu, „das da gerade macht selbst mir Angst.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)