Die drei Sonnen von Arlon von Lillithia-Symphonia ================================================================================ Kapitel 1: Kapitel 1 -------------------- In einem Spiel ist es erschreckend einfach eine Waffe zu erheben und damit auf Lebewesen, sei es Tier oder Mensch, zu zielen und sie damit zu verletzen, gar zu töten. Im richtigen Leben sähe das anders aus, doch online hinterfragt niemand die Moral solcher Kämpfe. Dort fällt es mir um einiges leichter, denn es benötigt nur das Drücken von ein paar Tasten und der Pfeil saust über den Bildschirm. Das Leben einem nicht realen Charakter zu nehmen ist etwas anderes, als es im Hier und Jetzt zu tun. Ich bin nicht so mutig, wie ich mich im Spiel und im Sprachchat gebe. Ich werde zu einer vollkommen anderen Person, wenn ich in die Welt von Arlon eintauche. Viele Freunde habe ich nicht, nur Sara, die keine richtige Freundin für mich ist. Hin und wieder verbringen wir die Pause zusammen und reden ein bisschen miteinander, aber außerhalb der Schule haben wir uns nie getroffen. Die Tage laufen alle fast gleich ab. Kaum bin ich nach der Schule zu Hause, landet meine Schultasche in der Ecke, ich fahre den Rechner hoch und lasse die Realität hinter mir. Sobald ich die Arlon betrete, fällt der ganze Kummer des Tages von mir ab und ich vergesse alles um mich herum. Ich leite eine Gilde, eine Gruppe die sich online zum gemeinsamen spielen trifft und über Chats im Onlinespiel miteinander kommuniziert, mit dreiundzwanzig Mitgliedern und wir alle verstehen uns ziemlich gut. Das liegt mit großer Sicherheit daran, dass wir uns nie außerhalb des World Wide Web begegnet sind und an unserer gemeinsamen Liebe zu Rollenspielen. Und so soll es bleiben. Ich starte das Spiel und logge mich mit meinem Charakter, eine Bogenschützin, ein. In Arlon hat man die Möglichkeit eine von vier Klassen zu wählen. Magier, die eine von den vier Elementen beherrschen und am besten für Distanzkämpfe geeignet sind, Heiler, die sich um die Wunden der anderen Charaktere kümmern, deren Angriff aber ziemlich gering ist, Zwerge, deren Aufgabe es ist zuerst in einen Kampf zu rennen, denn ihre Verteidigung ist die Größte. Mein Charakter gehört zu der vierten Klasse, den Dieben. Sie haben weder magische Fähigkeiten, noch können sie viele Angriffe aushalten, doch ihre Stärken liegen in der Tarnung und dem Umgang mit spitzen Waffen. Meine Figur erscheint an derselben Stelle, an der ich heute Morgen gespeichert und mich danach ausgeloggt habe. Zur Erinnerung klicke ich auf meine aktuelle Quest, eine dieser typischen und vor allem langweiligen Sammelaufgaben, die es in jedem Rollenspiel geben muss. Arlon erinnert stark an das Mittelalter, wie wir es aus Filmen kennen. Ich würde es mit Irland und Schottland vergleichen. Zwischen den Städten und Dörfern liegen manchmal große Weiten die nichts als weite Felder, Wiesen und Wälder offenbaren und manchmal ist es nur ein kurzer Weg durch ein kleines Waldgebiet oder an einer Klippe entlang. Ich schwenke mit der Maus nach links und mein Charakter passiert eine kleine, Steinbrücke, die über einen schmalen Fluss führt. Wie die Häuser des Dorfes, das ganz in der Nähe liegt, ist die Brücke ebenfalls aus rotem Stein gebaut. In einigen Fugen wächst Moos und ein paar gelbe und weiße Blüten drängen ihre kleinen Köpfe Richtung Wasser. In Arlon hat das Licht am Horizont einen leichten Schimmer von Lila. Nur ganz dezent, doch wenn die Sonne hoch am Himmel steht, ist es sehr gut zu sehen. Plötzlich glaube ich einen Schatten aus meinem Augenwinkel zu sehen, der mich vom Spielfluss ablenkt. Ruckartig schaue ich über die Schulter, reiße dadurch meine Hand nach rechts und meine Figur läuft in die komplett falsche Richtung, was mir nicht auffällt, denn mein Blick wandert durch mein Zimmer. Von der linken Ecke zur rechten und wieder zurück. Nichts. Nur mein dunkelgrüner Kleiderschrank, an dem ein Poster von Ezio aus Assasins Creed und das Filmposter zu World of Warcraft hängen. Sicher ist es nur eine Fliege oder eine Motte. Bei dem Wetter kommen diese kleinen Tiere gerne einmal ins Zimmer, um dann nie wieder nach draußen zu finden. Meine Bogenschützin läuft immer noch in die falsche Richtung. Es dauert ein wenig, bis ich sie wieder auf den richtigen Weg gebracht habe. Die kleine Brücke hat meine Bogenschützin bald darauf hinter sich gelassen und läuft jetzt auf einen Wald zu. Dieser Wald ist einer meiner liebsten Orte in dem Rollenspiel. Tagsüber ähnelt er unseren Wäldern. Laub- und Nadelbäume, Pilze und Moos am Boden und kleine Pfade die sich durch das Dickicht schlängeln. Doch in der Nacht zeigt der Ort seine wahre Schönheit, dann beginnt es magisch zu werden. Sobald der Mond am Himmel steht beginnen die Stämme in bunten Farben zu fluoreszieren und die Blätter umgibt ein goldenes Glitzern. Aktuell sieht er aber nur aus, wie ein gewöhnlicher Wald. In diesem Wald beginnt meine Sammelquest. Egal welches Rollenspiel man spielt, überall gibt es solche Quests. Manchmal sind es Felle oder Leder, die man von Tieren und Monster sammeln muss. Manchmal Edelsteine, Perlen und wertvolle Artefakte, die man mit einer Hacke in Steinen finden soll. Die Hacke muss man sich natürlich vorher schmieden lassen. Meine Aufgabe besteht darin, dass ich Geäst und Laub durchwühlen soll. Erst wenn ich fünfzig Zedernholzzweige und siebenundzwanzig Baumwollfäden gesammelt habe, kann ich meinen Bogen aufwerten. Dann steigt nicht nur der Angriffswert meines Bogens, sondern auch die Verteidigung. Meine Waffe kann dann viel mehr einstecken und noch mehr Kraft in die Pfeile legen. In Arlon können Waffen kaputtgehen und diese muss man dann für viel Gold bei einem Schmied wieder herstellen lassen. Je besser die Waffe also ist, desto seltener zerbricht sie. Zwei Stunden hat mich die Sammelquest am Ende gekostet. Zwei Stunden, in denen ich gerne etwas anderes im Rollenspiel gemacht hätte. Zum Beispiel einen oder zwei Bosskämpfe mit meiner Gilde. Oder ich hätte eine der schweren Quests erledigen können, bei der die Belohnungen noch besser gewesen wären. Eine davon steht sogar in der Liste der Quests, die ich noch erledigen muss. Die Aufgabe der Quest besteht darin, das Kind eines Soldaten aus den Fängen von Kobolden zu befreien. Dazu kommt, dass ich nicht weiß, wo die Kobolde sich aufhalten. Sie sind ein Wandervolk und jeden Tag woanders anzutreffen. Ich kann mir tausend andere Dinge vorstellen, anstatt Laubhaufen zu durchwühlen, sogar mein Zimmer würde ich in dieser Zeit freiwillig aufräumen. Trotzdem gibt es noch andere Aufgaben, denen ich nachkommen muss und die in der wirklichen Welt stattfindet. Aus diesem Grund fahre ich den PC runter, warte bis er sich vollkommen abgeschaltet hat und das blaue, Lämpchen nicht mehr leuchtet. Mit einem leichten Schwung mache ich mit meinem Bürostuhl, aus rotem Leder, eine einhundertachtzig Grad Drehung und lasse meinen Blick durch mein Zimmer schweifen. Betritt man mein Zimmer zum ersten Mal, hält man mich mit großer Wahrscheinlichkeit für einen Nerd. Nicht die Art von Nerd, die überall beliebt ist und Bücher, Filme und Games schmücken. Wir sind nicht sexy, gut gebaut und wohlgeformt, die meisten sind es zumindest nicht. Wir sind nicht kontaktfreudig und gehen nicht zuerst auf andere zu. Aber wir stinken auch nicht und sperren uns in dunkle Keller, wo wir jegliches Sonnenlicht meiden. Wir sind meistens introvertierte Menschen, die gerne ihre Ruhe haben. Ausnahmen bestätigen natürlich, wie immer, die Regel. Trotz dieses falschen Weltbildes, welches die Medien auf die Menschheit werfen, sehe ich das Wort nicht als Beleidigung. Ich bin eben ein Nerd. Ich sitze mit halb heruntergelassenen Rollladen vor meinem Computer, esse Chips und trinke Energydrinks, damit ich die Nacht durchmachen und meine Gilde in Kämpfen unterstützen kann. Dass ich dabei mein Oberteil vollkrümel, interessiert mich dabei herzlich wenig. Die meisten Nerds in Büchern oder Filmen sind also einfach nur Fantasien des Verfassers und in fast keiner Weise real, so wie die Art, die in den öffentlichen Fernsehsendern gezeigt werden. Mir gehen andere Beleidigungen ans Herz. Die, die sich unter die Haut brennen, oder in einem vergangenen Fall sogar in die Haut. Ich schaue auf eine kleine Narbe, in Form eines Punktes, zwischen meinem Daumen und dem Zeigefinger der linken Hand. Der Vorfall ist bereits über ein Jahr her, aber ich kann mich noch sehr gut daran erinnern. Es war an einem Donnerstag, kurz vor einer Matheklausur. Ich saß an einem Tisch, der ganz hinten im Raum stand. Meine Utensilien lagen nebeneinander auf diesem, darunter auch der Zirkel, der für die Narbe verantwortlich war. Dass sich Kirsten und ihre beiden Chihuahuas, Anne und Chantal, vor meinen Tisch gestellt hatten, versuchte ich einfach zu ignorieren, was aufgrund der hohen und schrillen Stimmen und des Kicherns fast gar nicht möglich war. An das, was sie zu mir sagten, kann ich mich nicht mehr erinnern, doch an das Gefühl des spitzen Endes des Zirkels umso besser. Ich erinnere mich noch an den Schmerz, als sich die Spitze des Zirkels in meine Haut drückt und das Blut aus der Wunde läuft. Ich weiß nicht, ob ich geschrien habe. Anscheinend kann ich mich doch nicht mehr so gut, an den Vorfall erinnern, wie ich zu Beginn angenommen habe. Ich darf mich nicht an die Vergangenheit klammern. Sie ist, wie der Name sagt, vergangen. Ich bleibe mit meinem Blick an dem kleinen, ovalen Spiegel hängen, den ich an die Wand gehängt habe. Mein Zimmer ist mit Postern aus verschiedenen Filmen und Computerspielen gepflastert. Meine Möbel wirr zusammengewürfelt. Ein grüner Kleiderschrank, davor ein orangefarbaner, runder Flusenteppich. Links neben meiner Tür steht ein breites Regal aus dunkler Eiche, in dem meine ganzen Filme und Konsolenspiele nach Genre und Alphabet aufgestellt sind, dazu kommen eine violette Schlafcouch mit Smileykissen und eine kleine Vitrine, in der Figuren ihren Platz finden. Farblich mochte das alles nicht zusammen passen, aber es passt zu mir und genau so soll es sein. Ich muss mich hier wohlfühlen. Jetzt werde ich mich erst einmal stärken, dann werde ich mich an die Hausaufgaben setzen. Käme es zu dem Vorfall, dass mich jemand fragt, was ich an meinem Körper mag, dann ist meine Antwort höchstwahrscheinlich alles. So komisch dass klingen mag und so eitel ich sicher auf einige wirke, ist das die Antwort, die mir über die Lippen kommen wird. Ich mag mich so, wie ich bin, meine grau-grünen Augen, die dunkelblonden Korkenzieherlocken, die mir bis über die Schultern reichen, meine Sommersprossen auf den Wangen und den Schultern, meinen Körper, der keine Preise auf dem Laufsteg gewinnen wird, denn ich habe etwas mehr Fleisch auf den Rippen. Ich bin bei Weitem keine laufende Sanduhr, was meine Körperform betrifft, doch bei meiner Vorliebe zu Pizza und Chips kann ich nicht erwarten wie ein Bademodenmodel auszusehen und darf mich auch über meine 60 Kilogramm nicht wundern. Das meiste davon auf meinen Hüften und meinen Oberschenkeln, doch welche Frau kennt diese Probleme nicht? Durch eine Chilli con Carne gestärkt, setze ich mich an den Schreibtisch und hole meine Bücher aus der dunkelgrünen Umhängetasche, die ich für die Schule nutze. In Mathe müssen wir heute nur kleinere Aufgaben lösen, was in nur wenigen Minuten erledigt ist. Längere Zeit benötigt die Hausaufgabe in Geschichte, denn dort ist es unsere Aufgabe einen zwei Seiten langen Text abzuschreiben, Wort für Wort. Ich frage mich immer noch, wie man dadurch lernen soll. Weil sich geschriebene Wörter besser ins Gehirn brennen, als gelesene? Mitten im Satz schrecke ich hoch und sehe mich in meinem Zimmer um. Schon wieder habe ich einen Schatten aus meinen Augenwinkeln gesehen. Langsam glaube ich nicht, dass es ein Insekt ist, welches durch mein Zimmer schwirrt. Das muss ich doch längst gesehen haben. Meine Augen spielen mir anscheinend Streiche. Ich muss mich also geirrt haben und in Wahrheit ist nur ein Vogel an meinem Fenster vorbeigeflogen oder etwas wurde von der Schwerkraft angezogen oder etwas hat sich bei einem Luftzug bewegt. Zweimal. Als ich endlich fertig bin, dämmert es bereits. Ich habe noch Zeit für zwei Folgen meiner aktuellen Lieblingsserie. Danach schlüpfe ich in mein Schlafshirt und verschwende einen kurzen Gedanken darauf, dass ich morgen durch einen Zufall doch nicht zur Schule muss. Aber das wird nicht passieren. Bevor ich unter die Decke krieche, suche ich das Zimmer nach Möglichkeiten ab, die den Schatten erzeugt haben können. Da ich nichts finden kann, lege ich mich hin, drehe mich auf die Seite und schließe die Augen. Nach zwei Stunden liege ich immer noch wach. Einzig meine Schlafposition hat sich geändert. Anstatt auf der Seite, liege ich nun auf dem Bauch und habe meine Arme unter dem Kissen versteckt. Ich schaffe es einfach nicht einzuschlafen. Das Gefühl beobachtet zu werden wächst stetig. Langsam glaube ich nicht mehr, dass es ein Streich meiner Augen ist. Ein Insekt wird es auch nicht sein, denn ich habe mich noch nie von einer Mücke so beobachtet gefühlt. Mein Herzschlag beschleunigt sich, ich drehe mich auf den Rücken und lege meine linke Hand auf meine Brust, versuche es zu beruhigen, versuche das ungute Gefühl zu ignorieren, dass langsam meine Glieder emporsteigt. Dass es nur mäßig klappt, muss ich kaum erwähnen. Ich werde beobachtet, da bin ich mir sicher. Und es ist keine Motte, keine Fliege, keine Spinne. Jetzt oder nie schießt es mir durch den Kopf. Mit einer so schnellen Bewegung, dass mir etwas schwindelig setze ich mich auf, greife nach dem Schalter meiner Nachttischlampe und erstarre, als die kleine Birne einen Teil meines Zimmers erhellt. Der Aufschrei bleibt mir im Hals stecken. Kapitel 2: Kapitel 2 -------------------- Das kann nicht wahr sein. Ich muss träumen, denn anders kann ich mir nicht erklären, was ich hier gerade sehe. Ein junger Mann sitzt, nein er hockt, auf meinem Schreibtischstuhl und sieht mich direkt an. Nur seine braunen Augen sind sichtbar, den Rest des Gesichts hat er hinter einem schwarzen Halstuch versteckt. Sein schwarzes Haar trägt er zum Teil offen, nur das Deckhaar hat er zu einem kleinen Zopf gebunden. Bestimmt gibt es eine Bezeichnung für diese Frisur, aber diese will mir in diesem Moment nicht einfallen. Mit seinem Outfit aus schwarzem Stoff und Lederpartien in Anthrazit an seinen Schultern, Knien und Ellbogen, sieht er aus, als käme er gerade von einer Convention. Dass er in meinem Zimmer hockt, lässt mich erschaudern und meine Nackenhaare stellen sich auf. Noch mehr macht mir der Gedanke Angst, dass ich diesen Mann zu kennen glaube. „E-Emiras?“, keuche ich heiser, als ich meine Stimme endlich wieder gefunden habe. Es ist beängstigend, wie leicht mir sein Name über die Lippen kommt. Selbst mehrmaliges Blinzeln lässt ihn nicht verschwinden. Seine linke Augenbraue hebt sich langsam, während seine Augen sich minimal verengen. Sein Blick wirkt ziemlich amüsiert auf mich, ein bisschen verständnislos, da ich ihn schon eine ganze Weile ungläubig anstarre, doch hauptsächlich amüsiert. „Und? Sehe ich so aus, wie ich aussehe?“, fragt er mich mit einem frechen Grinsen, das über sein ganzen Gesicht zu gehen scheint. Er sieht fast exakt so aus, doch anstatt es ihm zu sagen, nicke ich nur zaghaft. Der Emiras im Spiel hat eine helle Hautfarbe, wie es in den meisten Spielen leider Gang und Gäbe ist. Der Emiras vor mir hat eine dunklere Hautfarbe. So oft habe ich ihn schon gesehen, bin mit ihm über die Felder gerannt, durch Gestrüpp geschlichen und habe Feinde mit ihm erledigt. Emiras ist mir seit Beginn ein guter Gefährte und unterstützt mich aus dem Hintergrund, wenn ich es verlange. Emiras ist der Sidekick meiner Bogenschützin. Ein sogenannter NSC, ein nicht spielbarer Charakter. Er unterstützt mich im Kampf oder gibt Tipps, wenn ich mal nicht weiter weiß. Und genau dieser Charakter, jemand, der exakt so aussieht, hockt jetzt auf meinem Stuhl. Wie jemand, der gerade eine Fährte liest, nur dass sein Blick nicht auf den Boden gerichtet ist, sondern auf mich. Mir, die aussehen muss, als habe sie gerade einen Geist gesehen. „Was tust du hier?“ Ich bin mitten in einen schlechten Witz geraten. Ich muss träumen, anders ist nicht zu erklären, was hier gerade passiert. Es ist sogar sehr wahrscheinlich, denn ich habe schon einen ähnlichen Traum gehabt. Der Unterschied besteht darin, dass ich in diesem allerdings selbst in Arlon war. „Ich wäre nicht hier, wenn es dafür keinen Grund gibt, Kimba.“ Woher kennt er meinen Namen? „Arlon ist in Gefahr. Die Sonnen wurden gestohlen und wenn nichts unternommen wird, werden Arlon und die anderen Inseln untergehen.“ Die Sonnen, drei an der Zahl, sorgen für das Gleichgewicht zwischen Arlon, Luxia und Moordal. Arlon, die größte der drei Inseln, hält sie sicher in einem hohen Turm versteckt. Wenn sie entwendet oder zerstört werden gehen die Inseln unter, so sagt man. Zuerst verwelkt das Gras und die Beeren an den Sträuchern werden bitter, bis überall nur noch karge Wüste übrig bleibt. Dann verhungern die Tiere und die Bewohner. So schlimm das klingt, es ist immer noch ein Spiel und in einem Spiel ist alles fiktiv. Niemand in der realen Welt wird zu Schaden kommen. Es ist nur eine Legende, die sich innerhalb der Spieler erzählt wird und die auf vielen Seiten, die über das Spiel berichten, erwähnt wird. Vielleicht wird es irgendwann mal in einem DLC, einem Zusatzpaket, das man kaufen kann, angeschnitten. „Und?“, zucke ich mit den Schultern, denn in meinen Augen gibt es keinen Grund zur Sorge. Jedes Spiel besteht aus Aufgaben, die in verschiedene Schwierigkeitsstufen geteilt sind. Das Verschwinden der Sonnen würde ich gefühlsmäßig in Stufe vier von fünf setzen. Vier, weil dann bestimmt ein Bosskampf folgen wird und dieser bekommt dann Stufe fünf von fünf. „Das ist kein Spiel“, höre ich seine raue Stimme, die ziemlich ernst klingt. „Wenn die Sonnen nicht zurückkommen, dann kannst du deine geliebte Freizeitbeschäftigung vergessen und wir unsere Heimat.“ Das kann er nicht ernst meinen. Arlon existiert nicht, genauso wenig, wie Luxia und Moordal. Und wenn es diese Inseln nicht gibt, gibt es Emiras ebensowenig. Die Logik dahinter ist also, dass ich in einem Traum versunken bin. „Ich möchte jetzt schlafen. Ich muss morgen früh raus.“ Mit diesen Worten werfe ich mich zur Seite, drehe Emiras den Rücken zu und kneife fest meine Augen zusammen. Ich spüre das leichte Zittern meines Körpers. Nur ein Traum, es ist nur ein Traum, er ist gleich verschwunden, gleich wird er verschwinden. Wie ein Mantra wiederhole ich die Worte immer und immer wieder in meinem Kopf. „Gut. Dann schlaf eben, aber ich komme wieder und dann nehme ich dich mit, Kimba.“ Ich höre, wie er aufsteht und etwas zu Boden fällt. Erschrocken drehe ich mich um und sehe wie ein paar Bleistifte auf dem Boden landen und in meine Richtung rollen. Von Emiras keine Spur mehr. Er ist verschwunden, wie er gekommen ist, plötzlich und lautlos, so wie es von einem Dieb erwartet wird. Meine Augen brennen, als ich sie öffne und direkt aus dem Fenster blicke. Die Sonne steht tief und scheint ihren Spaß zu haben mir das Öffnen der Augen zu erschweren, indem sie mitten in mein Gesicht scheint. Mit einem Grummeln ziehe ich die Decke über den Kopf und drehe mich zur anderen Seite. Der Traum von dieser Nacht steckt noch tief in meinen Gliedern. Die Bleistifte, die immer noch auf dem Boden liegen, sind einfach nur zufällig von meinem Schreibtisch gerollt. Es hat bestimmt eine kleine Erschütterung gegeben und ich habe unterbewusst gehört, wie sie in der Nacht vom Schreibtisch gerollt sind und es in meinen Traum eingebaut. Doch der Traum kommt mir viel zu wirklich vor, so als hätte ich dieses komische Gespräch über die verschwundenen Sonnen in Arlon wirklich geführt. Während ich aus dem Bett steige, denke ich über Emiras‘ Worte nach. Wenn die Sonnen wirklich verschwunden sind, wäre es mit Arlon und seinen Bewohnern zu Ende. Keiner weiß um was es sich bei den Sonnen handelt, wie sie aussehen oder wie man sie überhaupt erkennen kann. Erwiesen ist nur, dass sie hoch oben in einem Turm zu finden sind, der von Fallen und Monstern gesäumt ist. Es ist beinahe unmöglich diesen zu erklimmen. Beinahe, denn irgendjemand hat es anscheinend geschafft. Es kann kein Mensch gewesen sein. Vielleicht ein Draakin, denn sie waren bekannt für ihre exzellenten, magischen Fähigkeiten oder die Raba, die ganze Wunder in Tarnung vollbringen konnten. Wer hatte einen Grund, der Welt so einen großen Schaden zufügen zu wollen? Die richtige Antwort ist natürlich die Ersteller des Spiels. Sie wollen uns Spieler bei Laune halten, es ist also naheliegend, dass es sehr bald den Sonnen an den Kragen gehen wird. Dieser Gedanke beschäftigt mich den ganzen Morgen über. Immer wieder erwische ich mich dabei, wie ich mit meinen Gedanken wegdrifte. So dumm es klingt, aber je länger ich darüber nachdenke, glaube ein wenig daran, dass es kein Traum gewesen ist. Was passiert, wenn Emiras wirklich gestern Nacht in meinem Zimmer gewesen ist und mich bald holen kommt? Wohin er mich bringen möchte, kann ich mir denken und das ist absurd, denn die einzig, logische Antwort ist, dass er mich ins Spiel holen will. Wenn wir mal davon ausgehen, dass es möglich ist, bleibt immer noch die Frage, warum ich es bin, die mitgehen soll. „Seht sie euch an, wie sie so still da sitzt. Bist du eine Puppe?“ Kirsten blickt mich herausfordernd an und neben ihr stehen natürlich ihre Chihuahuas und grinsen mit dümmlich Gesichtern. Mit einem hohen IQ sind Anne und Chantal nicht gesegnet und das sieht man beiden sehr gut an. Mehr als Ausschnitt zeigen und ihre Haare flattern zu lassen, haben sie nicht auf dem Kasten. Kirsten selbst ist schlau und raffiniert. In einer Schlacht würde sie Reiter anführen und mit erhobenen Schwert vorne weggaloppieren. Ich stelle sie mir immer in einer silbernen Rüstung vor, den Helm im rechten Arm, während ihre kurzen, schwarzen Haare streng ihr spitzes Gesicht einrahmen. Wir stehen uns gegenüber hinter ihr berittene Soldaten in glänzenden Rüstungen. Hinter mir steht meine Gilde, wild zusammen gewürfelt in allen Größen, Farben und Formen. Vom Magier, über Drache bis hin zu Mischwesen ist alles dabei. Der Kampf beginnt, Schreie hallen durch die Nacht und dann passiert es. Ich hebe meinen Bogen, setze an und der Pfeil fliegt. Er rotiert in der Luft und durchschlägt surrend ihren Hals, ein glatter Durchschuss. Durch die Wucht fliegt sie im hohen Bogen aus dem Sattel und landet mitten im Matsch. Wie sehr ich mir doch wünsche, ihr das wirklich antun zu können. Sie weiß, wie sie sich kleiden muss, um sexy aber nicht billig aus zu sehen. Die Männer liegen ihr zu Füßen und scheinen ihr jeden Wunsch von den Augen zu lesen, aber ich erkenne die Hässlichkeit in ihrem schönen Körper. Wäre Kirstin eine Figur in einem Buch, dann wäre sie das Mädchen, mit dem die naive Protagonistin unbedingt und um jeden Preis befreundet sein will. Doch ich wäre anders, ich würde meinen eigenen Weg gehen und mir Freunde suchen, die mich mögen, wie ich bin. „Ich rede mit dir.“ Wieder stupst mich Kirsten mit ihrer Nagelfeile von der Seite an, so wie es zuvor getan hat. Das spitze Ende bohrt sich in meinen Oberarm, wo es sicher sine Spuren hinterlassen wird. „Was willst du?“, versuche ich meine Stimme desinteressiert und kühl klingen zu lassen und glaube, dass es mir sogar ziemlich gut gelingt. „Lass mich deine Hausaufgaben abschreiben, Streber. Oder du gibst sie mir einfach sofort, was noch besser ist.“ Wie klug ihre Ideen doch manchmal sind. Dumm nur, dass sie eine totale Niete in Mathematik ist. Schlimmer noch als ich. „Und was ist, wenn es rauskommt?“ Was es natürlich wird, denn die Lehrer wohnen nicht hinter dem Mond. „Du Dummerchen, du hast sie mir doch freiwillig gegeben. Wolltest mir halt helfen.“ Wieder spüre ich die Spitze der Feile, sie bohrt sich ein Stück fester in meinen Oberarm und morgen wird ein blauer Fleck an der Stelle sein. Langsam schiebe ich ihr mein Heft zu, in dem die Hausaufgaben stehen. Gerne hätte ich gesagt, dass ich ein Ass im Ärmel habe, dass ich gewusst habe, dass es so kommt und zweimal die Aufgaben gelöst habe. Einmal so wie ich sie wirklich gemacht habe und einmal nur vor Fehlern triefend. Kirstin wäre es sowieso nicht aufgefallen. Ich reibe mir den Arm, als Kirsten sich entfernt. Emiras Worte gehen mir nicht aus dem Kopf. Der Traum wirkte so real, so echt und greifbar, dass ich mir mit jeder Sekunde unsicherer werde. Sind die Stifte nicht Grund genug? Noch bevor ich diesen Gedanken überhaupt beende, verwerfe ich ihn wieder. Es war ein Zufall, mehr kann nicht dahinter stecken. Als ob sich Charaktere aus Computerspielen plötzlich selbstständig machen, wie in dem Film Toy Story. Was kam als nächstes? Ein riesiger Roboter, der von einem Alien gesteuert wird und die Welt vernichten will? Gerade so schaffe ich es nicht selbst über mich zu lachen. Die anderen halten mich sowieso schon für verrückt. Das war doch lächerlich. Kirsten klaut mir die Hausaufgaben und ich denke über einen bescheuerten Traum nach. Und das alles regt mich mehr auf, als es sollte. Ich soll Arlon retten und die Sonnen zurück an ihren Platz bringen. Noch nicht einmal im Spiel sind die Sonnen in Gefahr, das habe ich heute Morgen noch gecheckt, außerdem weiß keiner, wer oder was genau diese Sonnen sind, geschweige denn, wie sie überhaupt aussehen. Das halten die Entwickler des Spiels geheim. Es gibt Mutmaßungen und verschiedene Theorien, die eine absurder als die andere, doch ob eine davon richtig ist, wurde bisher noch nicht bestätigt. Viele glauben, dass die Entwickler selbst noch nicht einmal wissen, wie sie sich die Sonnen vorstellen und bis heute daran gearbeitet wird. Erst ein Räuspern zieht mich aus meinen Gedanken zurück ins Hier und Jetzt. Vor mir steht mein Lehrer und sieht nicht gerade erfreut aus. Die Arme vor der Brust verschränkt, hebt er seine rechte Augenbraue. „Würden wir dann wieder dem Unterricht beiwohnen oder lieber an unseren Trommelkünsten arbeiten?“ Jetzt erst fällt mir auf, dass ich die ganze Zeit über mit meinen Fingern auf dem Tisch getrommelt habe. Leise, aber wohl laut genug, dass der Rest der Klasse sich davon gestört fühlt. Ich murmle eine Entschuldigung und verstecke meine Hände hektisch unter der Holzplatte, wo ich nervös mit dem Saum meines Pullovers spiele. Ich habe absolut keine Ahnung, wie ich beim nächsten Mal reagieren will, wenn er wieder auftaucht. Fest steht, dass ich Emiras beim nächsten Mal nicht so einfach entkommen lassen kann. Meine Hände ballen sich zu Fäusten, die auf meinen Knien liegen. Beim nächsten Mal. Das klingt, als würde ich darauf hoffen, oder wissen, dass es ein nächstes Mal gibt. Purer Schwachsinn! Niemand krabbelt so einfach aus einem Monitor und steht plötzlich in fremden Zimmern. Unsere Welt war technisch zwar sehr weit fortgeschritten, aber so etwas hätte man in allen Nachrichten publik gemacht. Ich muss also geträumt haben, ohne jeglichen Zweifel. Kapitel 3: Kapitel 3 -------------------- „Was soll das heißen? Du hattest keine Zeit?“ Ich habe nicht vergessen, was vor rund zwei Wochen in meinem Zimmer passiert ist und jetzt steht er plötzlich vor mir. Hockt wieder einfach so auf meinem Stuhl und blickt ungeniert an mir herunter. Schützend ziehe ich das Handtuch etwas höher und halte es mit beiden Händen fest. Ich bin gerade aus der Dusche gekommen und habe ihn in meinem Zimmer entdeckt. Meine Haare hängen nass über meine Schultern, dass sie im trockenen Zustand voller Locken sind und voluminös abstehen, kann man jetzt nicht erkennen. Das Wasser läuft über meine Brust nach unten, wo es eine kleine Pfütze bildet. „Noch nie eine Frau gesehen, die gerade aus der Dusche gekommen ist?“, frage ich schnippisch. „Doch. Ich habe schon Frauen gesehen, die viel weniger am Leibe tragen als du.“ Wie soll ich mich denn bitte jetzt anziehen? Suchend blicke ich mich in meinem Zimmer um. Ich kenne Emiras nicht, also weiß ich nicht, ob ich einfach verlangen kann, dass er sich umdreht. Er könnte heimlich gucken und mich dabei beobachten, wie ich mich anziehe. Ihn aus meinem Zimmer lassen will ich auch nicht, da ich nicht weiß, was er dann macht, wenn ich ihn aus den Augen lasse. Es ist eine wahre Zwickmühle, in der ich mich befinde. „Gut und was willst du?“, versuche ich meine Situation zu überspielen. „Arlon wird zugrunde gehen, wenn wir nichts dagegen tun. Noch ist es nicht zu spät.“ Emiras scheint es nicht zu stören, dass ich halb nackt vor ihm stehe. Er sieht mir direkt ins Gesicht, wie es sich für einen Gentleman gehört. Und doch muss ich zugeben, dass es mich ein bisschen stört, dass er so gut erzogen ist. Ich habe keine Wespentaille und keine große Oberweite. Mein Körper ist normal, hat hier und da ein Fettpölsterchen und die Sonnensprossen auf meinen Schultern darf man nicht vergessen. Zur gleichen Zeit, erleichtert es mich, dass er mir in die Augen sieht, während er mit mir spricht. Seine haselnussbraunen Augen haben die leichte Form von Mandeln und blicken wissend und gierig. Durch das Tuch, welches er über seinen Mund trägt, kommen die Augen noch besser zum Vorschein. Ob er wohl etwas zu verbergen hat? „So? Das sagtest du bereits beim letzten Mal, aber warum soll gerade ich dir helfen? Und dazu ist Arlon fiktiv. Es existiert nicht. Es ist nur ein Spiel.“ Was, wenn er mich entführen will? In mir steigt leichte Panik auf und ich trete einen Schritt zurück. Er ist bestimmt ein Irrer, der nach naiven Mädchen sucht und sie entführen und missbrauchen will. Damit er weiß, auf was sein Opfer anspringt, spioniert er sie aus und dann verkleidet er sich, um Vertrauen zu gewinnen. Aber nicht mit mir. Ich lasse so etwas nicht mit mir machen. „Wenn du mir nicht sofort sagst, was du willst, dann schrei‘ ich!“ Sein Lachen bringt mich für einen Sekundenbruchteil aus dem Konzept. Meine Augen weiten sich ein Bisschen und ich presse meine Lippen fest aufeinander. Er macht sich eindeutig über mich lustig. Meine Hände zittern. Um dies verbergen zu können kralle ich mich fest an den weichen Stoff des hellblauen Handtuchs. „Ich habe dir doch bereits gesagt, warum ich hier bin. Arlon ist in Gefahr. Alle drei Sonnen wurden entwendet und wenn wir sie nicht zurückbringen, wird Arlon untergehen“, zählt er genervt auf. Es sind die gleichen Worte, die ich schon vor zwei Wochen gehört habe. Dann geht Arlon eben unter, es ist nur ein Spiel. Die Entwickler haben bestimmt eine Idee oder eine Erweiterung, in der Arlon gerettet wird. Selbst wenn ich diese Quest dann nicht annehme, wird das keine Konsequenzen haben. Nicht für mich, die Entwickler oder die Figuren im Spiel. Denn alles rund um Arlon besteht nur aus Einsen und Nullen. „Du glaubst immer noch, dass ich ein Irrer bin, der dich entführen will? Guck nicht so. Man kann es dir vom Gesicht ablesen.“ Emiras‘ Worte klingen, als macht er sich über mich lustig, als zieht er meine Sorgen in den Dreck. Ich tue das, was ich immer tue, wenn ich vorerst nicht weiter weiß. Ich wechsel das Thema. „Ich würde mich gerne anziehen.“ Ich stehe immer noch im Handtuch vor ihm. Mit einem Schulterzucken dreht sich Emiras um und mir seinen Rücken zu. Immerhin darin hat er ein wenig Mitgefühl, oder Courage, oder wie immer man Rücksicht nennen kann. Während er mit dem Rücken zu mir sitzt, nehme ich mir willkürlich ein Outfit aus meinem Schrank und schlüpfe hinein, wobei ich ab und an über die Schulter schaue, um zu gucken, dass er auch nicht spinkt. „Jetzt noch einmal von vorne, bitte. Das Arlon in Gefahr ist, habe ich verstanden. Doch warum gerade ich? Es gibt tausend andere Spieler, die besser geeignet sind.“ Ich habe mich, nachdem ich mir eine Leggins und ein Oversize Pullover angezogen habe, auf mein Bett gesetzt und sitze nun mit überschlagenen Beinen vor Emiras. Die Geschickte glaube ich immer noch nicht, aber ich habe mich vorerst dazu entschieden so zu tun. „Die gibt es. Wenn wir uns daran orientieren, wer in dieser, in deiner Welt, an Potenzial verfügt, dann wärst du ziemlich weit unten auf dieser Liste.“ Das ist hart. So genau muss er sich nicht ausdrücken. Selbst ein Irrer, der angeblich aus einem Onlinerollenspiel stammt, hält mich für eine Verliererin. „Ich wurde geschickt, um dich zu holen. Warum, ist mir egal.“ Mit einem Ruck steht Emiras auf seinen Beinen und steht nach nur zwei Schritten vor mir. Ich muss meinen Kopf heben, um seinen Blick erwidern zu können. „Kommst du mit und erlebst Abenteuer, von denen du nicht einmal zu träumen gewagt hast oder bleibst du hier und wirst dich bis an dein Lebensende fragen: Was wäre wenn? Bin ich schuld? Hätte ich doch lieber?“ Mit einem kurzen Zögern, greife ich nach seiner Hand, die er mir ausgestreckt entgegenhält. Ohne zu wissen, was mich erwartet, lasse ich mich von meinem Bett auf meine Beine ziehen. Und plötzlich ist es, als beschleunigt sich mein Körper auf Überschallgeschwindigkeit. An mir rasen bunte Punkte vorbei, die zu langen Fäden werden. Die Farben vermischen sich zu einem hellem weiß und dann ist es plötzlich vorbei und mir ist für ein paar Sekunden schwarz vor Augen. Es dauert einen Moment, bis die Welt wieder Form annimmt und ich erkennen kann, dass ich nicht mehr zu Hause bin. Kapitel 4: Kapitel 4 -------------------- Ich stehe mit Emiras auf einer Art Feldweg. Besser kann man ihn als breiten Trampelpfad bezeichnen. Links und rechts von uns sind Felder mit bunten Gräsern, die uns bis zu den Kniekehlen reichen. Einige scheinen im Sonnenlicht zu glänzen oder kleine Funken zu werfen. Vor mir erstreckt sich eine Weite über mehrere Kilometer und nur vereinzelt sind Bäume zu sehen. Diese schaffen es nicht die Rauchschwaden zu verdecken, die am Horizont zu erkennen sind. Hier sieht es aus wie im Anfangsgebiet des Spiels. Wenn man sich angemeldet und die ersten Monster getötet hat, kommt man früher oder später in ein Dorf, das von solchen Gräsern umgeben ist. „Dort vorne liegt Taisteal. Dort werden wir Halt machen und dich vernünftig einkleiden. In diesen Klamotten bist du leichte Beute“, höre ich Emiras neben mir. Nur bedingt höre ich ihm zu. Ich bin tatsächlich im Spiel. Das muss ein Scherz sein. Ich träume. Hatte ich einen Unfall und lag nun im Koma? Diese Erklärung ist immerhin logischer, als zu glauben, dass ich wahrhaftig mit beiden Füßen auf Arlons Boden stehe. Ich drehe mich einmal um meine eigene Achse, um die Umgebung in mich aufzunehmen. Es ist der Wahnsinn, wie die Gräser im Sonnenlicht leuchten und aussehen, als würden sie goldenen Funken sprühen. „Nach Taisteal, dem Steindorf“, flüstere ich zu mir selbst und sehe wieder dorthin, wo der Rauch gen Himmel steigt. Wir setzen uns in Bewegung und ich komme aus dem Staunen nicht mehr raus. So viele Male habe ich diesen Ort auf dem Bildschirm meines Computers schon gesehen, doch kein einziges Mal ist vergleichbar mit diesem Moment. Es in Wirklichkeit zu sehen, mit den eigenen Augen, war viel extremer. Extrem groß, extrem weit und extrem beeindruckend, so würde ich dieses Dorf in Worten zusammenfassen. In der Nähe von Taisteal wachsen ebenfalls solche Gräser. Es scheint, als würden die Gräser auf den näheren Feldern nicht nur in verschiedenen Farben schimmern, sondern diese auch wechseln. Bewege ich mich nur ein paar Schritte weiter, werden sie von pastellblau zu einem pastellgelb. Im Spiel selbst war es genauso, aber nie habe ich so darauf geachtet, wie ich es jetzt tat. Dieses Farbenspiel zu sehen war einfach nur extrem magisch. „Kommst du nun endlich, Kimba? Wir haben nicht viel Zeit. Zudem musst du noch lernen mit einer Waffe umzugehen.“ Ich muss ein wenig joggen, um zu Emiras aufzuschließen, da dieser das Dorf bereits passiert hat. „Wie meinst du das, mit einer Waffe umgehen? Das kann ich doch schon längst.“ Stolz strecke ich meinen Körper nach oben und mein Gang beginnt etwas zu federn, als ich mich selbst daran erinnere, wie gut ich den Bogen im Spiel beherrsche. Ich bin die beste Bogenschützin in ganz Arlon, laut Aussage meiner Gilde. Eigentlich war es mein Charakter, aber ich spiele und steuere sie, also ging ein großer Teil der Bewunderung auf mich über. Überzeugt von meinen Gedanken und meinem Können bin ich um so verwirrter, als Emiras zu glucksen beginnt. „Was glaubst du denn? Nur weil du ein paar Tasten drücken kannst, bist du perfekt? Ein Buch über Kriege zu lesen macht dich nicht zum Soldaten. Du musst selbst die Waffe führen, ihr Gewicht in den Händen halten, die Beschaffenheit in den Fingern fühlen. Erst wenn du das kannst, dann…“ „Dann bin ich eine Kriegerin“, unterbreche ich ihn mit euphorischem Unterton. Mehr als einen komischen Blick, bei dem er beide Augenbrauen in die Höhe zieht und ein kurzes Schnalzen mit seiner Zunge, bekomme ich nicht von ihm. Habe ich nun recht, oder nicht? Ist es nicht überall so? In Büchern oder Filmen, zum Beispiel. Die Heldin oder der Held, zu Beginn meist schwach und vielleicht sogar unbrauchbar, entwickelt sich zum Überflieger, weil er, oder sie, eine Macht, eine Kraft in sich trägt und vielleicht sogar ein Nachfahre von etwas Mächtigem ist. Vielleicht bin ich eine solche Auserwählte und Emiras weiß es einfach nicht. Aber ich werde es ihm schon zeigen. Es muss einen Grund geben, dass ich diejenige bin, die hier steht und die Sonnen retten muss. Wenn es ein Traum ist, dann ist es meiner und dann kann ich träumen, was ich will. Ich bin es, die ihn steuert. „Gut. Wollen wir die Fakten besprechen“, beginne ich und stecke meine Hände in die vordere Tasche meines Kapuzenpullis. „Arlon hat drei Sonnen, das ist bekannt. Aber diese besagten drei Sonnen sind nun verschwunden?“ Emiras nickt. „Niemand weiß, wer sie sich unter den Nagel gerissen hat oder wo sie sind?“ Emiras nickt erneut. „Und es weiß wirklich niemand, wie diese Sonnen aussehen?“ Erneutes Nicken seitens Emiras. „Aber du weißt, wie sie aussehen?“ Dieses Mal schüttelt Emiras den Kopf. „Das weiß niemand und genau darin liegt das Problem. Wir müssen etwas finden, dass eigentlich im Geheimen agiert.“ Das klingt immer besser. Nicht einmal im Internet steht etwas über die drei Sonnen. Das Einzige, was die Entwickler preisgegeben haben ist, dass sie die Inseln im Gleichgewicht halten. Wir stehen vor einer meterhohen Mauer, wo noch nicht mal ein Guckloch zu finden ist. „Was genau wollen wir in Taisteal?“, frage ich nach einer konkreteren Aussage. Taisteal, das Steindorf, liefert gute Rüstungen aus Leder, Eisen oder anderem kanpferprobten Stoffen. Egal welche Waffe man zu seiner wählt, die Taisteler liefern die passende Bekleidung dazu. „Ein Krieger ist nichts ohne sein Schwert, aber ein nackter Krieger ist auch mit seinem Schwert nichts.“ Wir kommen dem Dorf schnell näher und ich kann erkennen, dass die Rauchwolke aus einem riesigen Schornstein kommt. Wie der Name bereits sagt, ist Taisteal ein Dorf, dessen Häuser aus Stein bestehen. Selbst die Möbel sind aus Stein gehauen und nur mit Fellen belegt, damit etwas Komfort herrscht. Wir nähern uns dem bekannten Gasthaus ‚Zum Grog‘, welches direkt am Eingangstor erbaut wurde. Die Betreiber des Gasthauses sind, laut den Informationsseiten des Spiels, die besten Ansprechpartner, wenn es um Insiderwissen innerhalb des Dorfes geht. „Wir werden uns ein Zimmer nehmen besprechen, wie es weiter geht und den Plan durchgehen. Sofern wir einen haben, den man durchgehen kann, aber es ist immer noch besser so, als wenn wir ohne in die Schlacht ziehen.“ Es scheint, als müsste Emiras etwas Kraft aufwenden, um die schwere Tür zu öffnen. Ich bin schon viele Male in diesem Raum gewesen und doch kommt es mir vor, als hätte er sich von den Grundsteinen auf geändert. Hinten links in einer Ecke steht eine zwei Meter lange Theke dahinter, direkt an der Wand, hängt ein Regal mit einigen Krügen und Fässern. Vor der Theke stehen Hocker aus hellem Stein. Aus dem gleichen Stein ist der lange Tisch, an dem zwölf Leute sitzen können, mitten im Raum gefertigt. Trotz der kalten Steine, wirkt es gemütlich und einladend, was an dem Feuer im Kamin liegt. „Guten Tag, die Herrschaften. Wie kann ich behilflich sein?“, begrüßt uns eine Dame mittleren Alters, die ungefähr einen Kopf größer ist als ich und ein wenig stämmiger. Nicht dick, vielmehr so, dass ihre weiblichen Rundungen schön zur Geltung kommen. Ihre Haut hat die Farbe von Porzellan und ihre Augen blicken mich aus pastellgrünen Iriden an. Ihre Pupillen waren ein wenig dunkler und hob sich dadurch nur minimal ab. Eine Naîrih, eine leibhaftige Naîrih steht gerade vor mir. Diese Wesen unterscheidet beim ersten Blick nichts von uns Menschen. Nur die Augen und ihre unnatürlich helle Haut zeigt, dass es Wesen eines Fantasyspiels sein müssen. „Der Mond geht bald unter.“ Emiras Stimme klingt ruhig und rau, woraufhin sich die Augen der Wirtin verengen und sie macht auf ihrem Absatz kehrt und bedeutet uns ihr zu folgen. Kapitel 5: Kapitel 5 -------------------- Ich sitze auf einem Hocker, der mit zwei Fellen belegt und dadurch ziemlich bequem ist. Emiras und die Wirtin sitzen so, dass wir zusammen ein Dreieck bilden, Emiras links von mir, die Wirtin mittig vor uns. „Ich habe davon gehört. Die Geschichte breitet sich aus, wie ein Lauffeuer und bald werden auch Luxia und Moordal davon hören, wenn sie es nicht schon getan haben.“ Mir fällt auf, dass ihre Stimme melodisch klingt, als würde sie gleich anfangen zu singen. Bestimmt können sie und die anderen Naîrih wunderbar Geschichten und Märchen erzählen. „Was geschieht denn, wenn die anderen Inseln davon erfahren?“, frage ich. Eigentlich herrscht Frieden zwischen Arlon und den beiden Nachbarinseln. Würde sich das ändern, wenn diese vom Verschwinden der Sonnen Wind bekommen? Die Wirtin sieht zu mir rüber und mustert mich einen kurzen Moment mit leicht zusammen gezogenen Augenbrauen. Von Emiras hat sie vor wenigen Minuten erfahren, welche Rolle ich in dieser Geschichte spielen soll. Das Mädchen, das sich auf den Inseln auskennt und die anderen über die Inseln führen soll. „Sollte nur einer der Inseln einen Krieg anzetteln, schwebt Arlon in großer Gefahr. Unsere Waffen sind unschlagbar, aber führen können wir sie nicht. Es ist wie eine Art Fluch, der auf uns lastet.“ Das Seufzen der Wirtin klingt schwer. Emiras führt ihre Erzählung fort: „Deswegen gibt es die drei Sonnen. Sie sind wie eine Art Friedensangebot und halten alles im Gleichgewicht, wie eine Waage. Sobald nur eine der Sonnen fehlt, kippt die Konstruktion und alles stürzt ins Chaos. Jetzt, wo alle drei nicht mehr an ihrem Ort sind, wird dieses Chaos ganz sicher über unsere Welt brechen.“ „Wie lange wird es dauern?“, frage ich. „Das wissen wir nicht. Aber wir schätzen in weniger als 6 Monde.“ Wir haben also gerade einmal ein halbes Jahr Zeit, um einen Krieg zu verhindern, der drei Inseln in den Abgrund stürzen und alle Bewohner mitziehen wird. In meiner eigenen Welt ist es schon unmöglich, einen Krieg binnen von so wenigen Monaten zu beenden. Wie kann es also in einer Welt, in der es hauptsächlich darum geht zu kämpfen, möglich sein? Habe ich wirklich keine Besonderheit? Eine Fähigkeit, die mich von Anderen abhebt? Meine Gedanken schweifen langsam ab, in eine Richtung, die mich selbst nur runterzieht. Es muss doch einen Grund geben, dass man mich hier hergeholt hat. Ich kann doch nicht hier sein, nur um die Navigatorin zu spielen. Sicher, kenne ich mich hier aus, auch wenn es aktuell ein ganz anderer Blickwinkel ist. Zu Hause gucke ich in der Vogelperspektive, also von oben, auf das Geschehen. Hier stehe ich unmittelbar davor. Trotzdem erkenne ich vieles auf Anhieb wieder und weiß, wohin es geht. „Was soll ich dann tun?“, kommt es flüsternd von mir und ich drehe den Kopf leicht in Emiras Richtung. „Es ist von Vorteil, jemanden an der Seite zu haben, der sich gut auf den einzelnen Inseln auskennt. Kimba gehört in ihrer Welt zu den besten Spielern. Wir gehen davon aus, dass viele Gefahren auf uns zukommen, deswegen muss sie zuerst lernen mit einer Waffe umzugehen.“ Überrascht hebe ich den Kopf und sehe Emiras mit leicht geweiteten Augen an. Soll das meine Stärke sein? Mich auf den Inseln und in den einzelnen Orten auszukennen? Doch er hat gar nicht so Unrecht. Wenn man sich nicht auskennt, kann man den ersten Schritt nicht machen. Sollte man es doch tun, läuft man Gefahr sich zu verlaufen und wenn das passiert, kann man eine Menge Zeit verlieren, die wir sicher nicht haben. „Ich schlage vor, ihr Zwei bleibt über Nacht und morgen geht ihr zum Waffenhändler. Danach wird Sanatras euch das Kämpfen lehren.“ Die letzte Aussage richtet die Naîrih hauptsächlich an mich. „Aber hieß es nicht, dass ihr keine Kämpfer seid?“ unterbreche ich die Wirtin vorsichtig. Sie erzählt mir, dass Sanatras der Einzige auf Arlon ist der kämpfen kann, denn er hat es sich von Kindesbeinen an selbst beigebracht. Und es liege auch daran, dass er kein Naîrih ist. „Er ist ein Ausgesetzter“, kommt es seitlich von Emiras, zu dem ich mich neugierig umdrehe. Diesen Begriff höre ich zum ersten Mal. Ein Ausgesetzter, so erfahre ich kurz darauf, ist jemand, der keine Gedanken an seine Vergangenheit hat und nicht weiß woher er stammt. Vom Aussehen unterscheiden sie sich zudem von allen Rassen. Während Emiras mir von Ausgesetzten erzählt, frage ich mich, zu welcher Rasse er überhaupt gehört. Zu den Einwohnern von Arlon kann es nicht sein. Seine braunen Augen sprechen gegen diese These. Bevor ich hier gelandet bin, war er einfach nur mein Begleiter, der mir geholfen hat. Nie habe ich mir Gedanken um seine Rasse gemacht, sobald ich aber genauer darüber nachdenke, fällt mir auf, dass er zu keiner Bekannten Rasse gehören kann. Ich spüre immer mehr Fragen aufsteigen, die Emiras Herkunft betreffen und stelle zum wiederholten Male fest, dass ich ziemlich wenig über ihn zu wissen scheine. Dafür kam die Nacht hier in diesem Wirtshaus wie gerufen. Die Wirtin lässt uns allein und weist mir vorher das Zimmer zu, in dem wir uns befinden, Emiras bekommt das Zimmer gegenüber. „Können wir uns unterhalten? Ich möchte nicht mit einem Fremden unterwegs sein. Auch wenn du im Spiel mein Begleiter warst, kenne ich dich nicht.“ Kapitel 6: Kapitel 6 -------------------- „Wo..bin ich?“ Mein Hals fühlt sich kratzig an und ich schmecke einen komische Art Flaum auf meiner Zunge. Mein Kopf pocht und ich verspüre extreme Kopfschmerzen. Mein Rücken lehnt gegen eine raue Oberfläche. Nicht nur, dass ich mich überhaupt nicht bewegen kann, sehen kann ich genauso wenig. Voller Panik werfe ich meinen Kopf hin und her. „Emiras? Emiras, wo bist du?“ Ich spüre einen weichen Stoff über meine Augen. Ich bin nicht blind, sondern habe nur eine Augenbinde an. Doch das beantwortet nicht die Frage, wo wir sind. „Sei still. Ich muss nachdenken.“ Emiras‘ Stimme klingt gereizt. Aber er scheint nicht so weit weg zu sein, denn seine Stimme klingt sehr nah. Etwas bewegt sich. Ich spüre es genau, denn es ich höre es ganz nah bei mir rascheln. Es kommt näher und es berührt mich. Oh mein Gott, etwas angefasst. “Verdammt. Habe ich nicht gerade gesagt, dass du still sein sollst? Warum musst du denn auf einmal wie am Spieß schreien?“ „Etwas hat mich berührt. Am Arm“, presse ich hervor. Flüchten ist eine Unmöglichkeit. Ich schaffe es noch nicht einmal meine Beine bewegen, die an den Fußgelenken zusammen gebunden sind. „Elende Feiglinge. Sie haben uns rücklings überfallen und uns hier fest gebunden.“ Er weiß wo wir sind, schießt es mir durch den Kopf. „Hat man dir nicht die Augen verbunden?“ Warum sonst sollte er wissen, wo wir gerade waren? „Nein, das mahct man bei Frauen. Diese sollen nicht in die Augen des Todes Blicken. So als ob sie damit alles rein wascen können.“ Genervt höre ich, wie Emiras mit der Zunge schnalzt. „Im Anblick des Todes? Heißt es nicht, Naîrih sind friedlich und vermeiden Kämpfe und so?“ Das steht zumindes in allen Informationsseiten zum Spiel. „Nur weil sie keine Waffen schwingen, bedeutet das nicht, dass sie wissen zu kämpfen. Naîrih lassen andere die chmutzige Arbeit erledigen. In unserem Fall sind es die Unai. Merkst du es denn nicht?“ Was soll ich merken? Ich kann noch nicht einmal etwas sehen. Auf meine Frage antwortet Emiras nicht und bleibt still. Still. Genau das war das Stichwort. Es war viel zu still. Keine Geräusche aus dem Hintergrund. Es war als hätte jemand den Muteknopf auf einer Fernbedienung gedrücht und alle Töne auf Null gesetzt. „Ich höre nichts. Es ist viel zu still.“ Es ist, als klettert mir die Angst meine Beine hoch und legt sich wie ein aggressive Schlange um meinen Hals. Immer schwieriger kann ich atmen und muss viel tiefer Luft holen. „Für Panik hast du jetzt keine Zeit, Kimba. Wir müssen hier weg. Die Sonne ist bereits untergegangen und jeden Moment wird sich der Wald in Bewegung setzen.“ Wie auf Stichwort höre ich einen grellen Schrei. Es klingt weder menschlich, noch nach einem Tier. Meine Ohren beginnen zu klingeln und ziehen einen pfeifenden Ton nach sich. Die gesamten Härchen in meinem Nacken stellen sich auf und lassen mich schaudern. „Was war das?“ „Ein Unai. Sie werden wach.“ Als Unai bezeichnet man die Wesen, die in der nahct auf jagd nach Fressen gehen. Ob sie nach dem Wald oder der Wald nach ihnen benannt ist, ist bisher nicht überliefert. Das ist genauso mit der Farbe orange. Ist die Frucht nach der Farbe benannt, oder die Farbe nach der Frucht? „Kann man sie besiegen?“, will ich sofort wissen. Jeder hat eine Schwachstelle. „Man muss ihnen ins rechte Auge stechen. Genau dahinter befindet sich das Herz dieser Wesen. Aber dafür brauche ich meine Dolche und die haben mir diese Idioten abgenommen.“ Selbst wenn ich meine Pfeile und mein Bogen in meiner Nähe hatte. Ich war lange nicht gut genug um ein so kleines Ziel zu treffen. Wenn sie so akribisch vorgegangen sind, haben sie auch daran gedacht, mir meine Waffen abzunehmen. Es war aussichtslos, wir waren verloren. „Ich will nicht sterben. Ich will hier nicht sterben.“ Dafür nehme ich die Reise nicht auf mich, damit ich direkt am ersten Tag von einem Waldmonster gefressen werde. Wir brauchen einen Plan. Einen Plan der uns aus dieser Patsche hilft. „Wir brauchen einen spitzen Gegenstand.“ Soweit hab ich bereits selbst gedacht. Doch woher? In meiner Handtasche trug ich immer ein Nagelset mit. Das habe ich jetzt natürlich nicht dabei. Koffer packen ist in dieser Reise nicht gerade ein Punkt, den man beachtet. Plötzlich ein Freudenschrei seitens Emiras. „Na endlich.“ Er scheint es geschafft zu haben. Die Antwort kommt prompt, als ich spüre wie etwas hartes an meinen Handgelenken entlang fährt. Wenige Minuten später kann ich mich frei bewegen und nehme mir die Augenbinde ab. Die Nacht überrollt mich mit ihr gesamten Pracht. Oben stehen, so wie bei uns, Sterne am Himmel. Millionen und Abermillionen kleine Kometen. Doch hier leuchten die Sterne in allen Farben des Regenbogens. Wären wir nicht gerade in höchster Gefahr, würde ich dieses Spektakel noch länger genießen. Ich erkenne einen Stein in Emiras Hand. Er ist spitz genug gewesen, um uns von den Fesseln zu befreien. Jetzt, wo ich mich wieder mit meinen eigenen Augen umsehen kann, sehe ich dass wir genau vor dem Unaiwald stehen. Emiras hatte Recht. Einfach nur die Nacht abzuwarten und auf Hilfe zu hoffen, hätte unser Todesurteil bedeutet. „Was machen mir jetzt? Wir haben eine Menge Zeit verloren.“ Wieder dröhnt ein monströser Schrei aus dem Wald und ließ mich erschaudern. Über Kopfhörer hatte es sich wesentlich weniger beängstigend angehört. „Uns bleibt nichts anderes übrig, als unseren Weg fortzusetzen. Doch zuerst suchen wir unsere Waffen. Sie werden sie nicht bei sich tragen.“ Wenn das so war, dann mussten unsere Angreifer die Waffen irendwo versteckt haben. Sie haben nicht daren geadcht, dass Emiras zwischen den vielen Steinen einen finden würde, der uns entfesseln konnte. Sehr schlau waren sie anscheinend nicht gewesen. „Glaubst du es waren Hohe? Ihre Rüstungen sahen danach aus.“ Unter der Hochwohlgebornen standen die Hohen, die sich um ihre Sicherheut kümmern. Doch warum sollen sie uns angreifen, die wir doch dafür auserkoren waren Arlon zu retten. „Es kann gut möglich sein. Nicht alle wünschen sich den Frieden. Ein Untergang bietet vollkommen neue Möglichkeiten. Eine neue Regierung kann gewählt werden, die Länder können sich neu zusammensetzen.“ Wir suchen das ganze Areal vor dem Wald ab. Immer wieder dringt Gebrüll zu uns herüber. Es kommt näher. „Verlassen die Unai den Wald?“ Mir ist noch nie so ein Tier begegnet. Im Spiel habe ich nur eine kurze Zeit hier verbracht und bin dann gar nicht mehr zurückgekommen. Ich weiß nicht wie diese Wesen aussehen, da sie jede Nacht eine andere Form haben können. Es gibt zwar Bilder und Screenshots im Internet, doch wer sagte uns, dass sie heute genau so aussehen wie auf einem der vielen Bilder? „Ich hab sie“, rief ich aus und zeigte nach oben in die Spitze eines Baumes. Hoch oben bewegten sich beide Dolche in der Luft. Sie scheinen an etwas zu hängen. Einem dünnen Seil, das um den höchsten Ast geschlungen ist. Mit hilfe einer Räuberleiter schaffte ich es mich nach oben zu ziehen. Beim Knobeln wer versuchen soll die Dolche dort runter zu holen, habe ich haushoch verloren. Sein Argument: “Ich habe wesentlich mehr Kraft dich nach oben zu heben und du kannst dann auf meine Schulter steigen.“ Jetzt stehe ich auf seinen Schultern und habe wahnsinnige Angst runter zu fallen. Seine Hände liegen fest um meine Beine die nicht aufhören wollen zu zittern. Mit einer Hand stütze ich mich am Stamm des Baumes und versuche mit der anderen nach den Dolchen zu greifen. „Ich komm nicht ran. Sie hängen zu weit oben.“ Noch einmal strecke ich mich und versche mit aller macht an die verdammten Dolche zu kommen. Sie hängen zu weit oben. „Gut dann komm runter. Wir suchen einen anderen Weg.“ Vorsichtig und mit Emiras Hilfe bekomme ich wieder festen Boden unter den Füßen. An dem Baum nach oben zu klettern haben wir bereits versucht, doch wir werden immer wieder nch unten gezogen. Seine Wurzeln umschlangen unsere Beine und zogen uns nicht gerade sanf zu Boden. Wir haben uns schon den ein oder anderen blauen Fleck zugezogen. „Was ist denn wenn wir es mit dem Bogen versuchen?“ gefunden haben wir ihn noch nicht, aber er muss in der Nähe sein. „Weißt du wie viel Zeit uns das kostet, wenn wir jetzt noch nach deinem Bogen suchen?“ Ich weiß, dass er noch etwas sagen will, aber dazu kommt es nicht. Aus dem Augenwinkel sehe ich wie etwas aus dem Wald geschssen kommt, Emiras packt und zwischen die Bäume zieht. Von wegen, man merkt nicht das man selbst wie am Spieß schrie. Ich bin allein folglich bin ich diejenige, die schreit. Was soll ich jetzt machen? Emiras wurde gerade vor meinen Augen von einem Monster in den Wald gezogen. Ich habe absolut keine Ahnung was ich machen soll, aber ich weiß, dass ich hier alles andere als gut aufgehoben bin. Ich muss ihm helfen. Hilfe zu holen war nicht drin. Das kostet zu viel Zeit und die habe ich nicht. Genauso wenig habe ich sie um nach meinen Bogen zu suchen. Eine Waffe brauche ich trotzdem. Anders kann ich mich nicht gegen die Unai verteidigen. Voller Panik beginne ich nach meinem Bogen zu suchen. Bete dabei, dass Emiras sich lange genug verteidigen kann und überlebt. Ich laufe bereits das dritte Mal am Rand des Waldes entlang, dann erst fällt es mir auf. Mein Bogen. Er liegt so offen, dass er schon fast wieder unsichtbar ist. Ob es einfache Dummheit von uns war oder Genialität von denen wollte ich jetzt nicht überdenken. Ich werfe mir die Tasche mit den Pfeilen über die Schulter und den Bogen in die Hand. Dann renne ich auf den Wald zu. Ich muss wahnsinnig sein. Ich renne einfach nach vorne, meinen Blick starr auf den Boden gerichtet. Ich habe Angst nach oben zu sehen, doch irgendwann muss ich genau das tun. Mitten auf einem Weg blieb ich stehen und sah mir meine Umgebung an. Der Wald strahlte eine mysteriöse Aura aus. Mystisch und beängstigend. Die Bäume sahen meterhoch aus und es war als würden sich ihre Kronen leicht nach innen biegen. So als sahen sie direkt auf mich runter. Ich musste nicht viel über die Nacht hier erfahren, um zu wissen, dass ich in hlchster Gefahr schwebte, umso länger ich mich hier aufhielt. Mit festen Griff umgreife ich meinen Bogen und renne weiter. So weit, bis ich an einer Kreuzung stehen bleibe. Dieses Mal schließe ich meien Augen um in die Nacht zu lauschen. Dann höre ich ihn. Höre den Schrei des Monsters. Sicher bin ich mir nicht, aber dieses Monster kann es gewesen sein, das Emiras entführt hat. Mein Weg führt nach links und ich beginne wieder zu rennen. Spüre die Blicke auf mir, höre Geraschel von überall her, obwohl es windstill sist. Selbst der Wind traut sich anscheinend nicht hier rein. Genau so wenig wie Tiere und Blumen. Dieser Wald beinhaltet keine Farben. Selbst die Nacht ist einfach nur dunkel und grau. Kapitel 7: Kapitel 7 -------------------- „Wo..bin ich?“ Mein Hals fühlt sich kratzig an und ich schmecke einen komische Art Flaum auf meiner Zunge. Mein Kopf pocht und ich verspüre extreme Kopfschmerzen. Mein Rücken lehnt gegen eine raue Oberfläche. Nicht nur, dass ich mich überhaupt nicht bewegen kann, sehen kann ich genauso wenig. Voller Panik werfe ich meinen Kopf hin und her. „Emiras? Emiras, wo bist du?“ Ich spüre einen weichen Stoff über meine Augen. Ich bin nicht blind, sondern habe nur eine Augenbinde an. Doch das beantwortet nicht die Frage, wo wir sind. „Sei still. Ich muss nachdenken.“ Emiras‘ Stimme klingt gereizt. Aber er scheint nicht so weit weg zu sein, denn seine Stimme klingt sehr nah. Etwas bewegt sich. Ich spüre es genau, denn es ich höre es ganz nah bei mir rascheln. Es kommt näher und es berührt mich. Oh mein Gott, etwas angefasst. “Verdammt. Habe ich nicht gerade gesagt, dass du still sein sollst? Warum musst du denn auf einmal wie am Spieß schreien?“ „Etwas hat mich berührt. Am Arm“, presse ich hervor. Flüchten ist eine Unmöglichkeit. Ich schaffe es noch nicht einmal meine Beine bewegen, die an den Fußgelenken zusammen gebunden sind. „Elende Feiglinge. Sie haben uns rücklings überfallen und uns hier fest gebunden.“ Er weiß wo wir sind, schießt es mir durch den Kopf. „Hat man dir nicht die Augen verbunden?“ Warum sonst sollte er wissen, wo wir gerade waren? „Nein, das mahct man bei Frauen. Diese sollen nicht in die Augen des Todes Blicken. So als ob sie damit alles rein wascen können.“ Genervt höre ich, wie Emiras mit der Zunge schnalzt. „Im Anblick des Todes? Heißt es nicht, Naîrih sind friedlich und vermeiden Kämpfe und so?“ Das steht zumindes in allen Informationsseiten zum Spiel. „Nur weil sie keine Waffen schwingen, bedeutet das nicht, dass sie wissen zu kämpfen. Naîrih lassen andere die chmutzige Arbeit erledigen. In unserem Fall sind es die Unai. Merkst du es denn nicht?“ Was soll ich merken? Ich kann noch nicht einmal etwas sehen. Auf meine Frage antwortet Emiras nicht und bleibt still. Still. Genau das war das Stichwort. Es war viel zu still. Keine Geräusche aus dem Hintergrund. Es war als hätte jemand den Muteknopf auf einer Fernbedienung gedrücht und alle Töne auf Null gesetzt. „Ich höre nichts. Es ist viel zu still.“ Es ist, als klettert mir die Angst meine Beine hoch und legt sich wie ein aggressive Schlange um meinen Hals. Immer schwieriger kann ich atmen und muss viel tiefer Luft holen. „Für Panik hast du jetzt keine Zeit, Kimba. Wir müssen hier weg. Die Sonne ist bereits untergegangen und jeden Moment wird sich der Wald in Bewegung setzen.“ Wie auf Stichwort höre ich einen grellen Schrei. Es klingt weder menschlich, noch nach einem Tier. Meine Ohren beginnen zu klingeln und ziehen einen pfeifenden Ton nach sich. Die gesamten Härchen in meinem Nacken stellen sich auf und lassen mich schaudern. „Was war das?“ „Ein Unai. Sie werden wach.“ Als Unai bezeichnet man die Wesen, die in der nahct auf jagd nach Fressen gehen. Ob sie nach dem Wald oder der Wald nach ihnen benannt ist, ist bisher nicht überliefert. Das ist genauso mit der Farbe orange. Ist die Frucht nach der Farbe benannt, oder die Farbe nach der Frucht? „Kann man sie besiegen?“, will ich sofort wissen. Jeder hat eine Schwachstelle. „Man muss ihnen ins rechte Auge stechen. Genau dahinter befindet sich das Herz dieser Wesen. Aber dafür brauche ich meine Dolche und die haben mir diese Idioten abgenommen.“ Selbst wenn ich meine Pfeile und mein Bogen in meiner Nähe hatte. Ich war lange nicht gut genug um ein so kleines Ziel zu treffen. Wenn sie so akribisch vorgegangen sind, haben sie auch daran gedacht, mir meine Waffen abzunehmen. Es war aussichtslos, wir waren verloren. „Ich will nicht sterben. Ich will hier nicht sterben.“ Dafür nehme ich die Reise nicht auf mich, damit ich direkt am ersten Tag von einem Waldmonster gefressen werde. Wir brauchen einen Plan. Einen Plan der uns aus dieser Patsche hilft. „Wir brauchen einen spitzen Gegenstand.“ Soweit hab ich bereits selbst gedacht. Doch woher? In meiner Handtasche trug ich immer ein Nagelset mit. Das habe ich jetzt natürlich nicht dabei. Koffer packen ist in dieser Reise nicht gerade ein Punkt, den man beachtet. Plötzlich ein Freudenschrei seitens Emiras. „Na endlich.“ Er scheint es geschafft zu haben. Die Antwort kommt prompt, als ich spüre wie etwas hartes an meinen Handgelenken entlang fährt. Wenige Minuten später kann ich mich frei bewegen und nehme mir die Augenbinde ab. Die Nacht überrollt mich mit ihr gesamten Pracht. Oben stehen, so wie bei uns, Sterne am Himmel. Millionen und Abermillionen kleine Kometen. Doch hier leuchten die Sterne in allen Farben des Regenbogens. Wären wir nicht gerade in höchster Gefahr, würde ich dieses Spektakel noch länger genießen. Ich erkenne einen Stein in Emiras Hand. Er ist spitz genug gewesen, um uns von den Fesseln zu befreien. Jetzt, wo ich mich wieder mit meinen eigenen Augen umsehen kann, sehe ich dass wir genau vor dem Unaiwald stehen. Emiras hatte Recht. Einfach nur die Nacht abzuwarten und auf Hilfe zu hoffen, hätte unser Todesurteil bedeutet. „Was machen mir jetzt? Wir haben eine Menge Zeit verloren.“ Wieder dröhnt ein monströser Schrei aus dem Wald und ließ mich erschaudern. Über Kopfhörer hatte es sich wesentlich weniger beängstigend angehört. „Uns bleibt nichts anderes übrig, als unseren Weg fortzusetzen. Doch zuerst suchen wir unsere Waffen. Sie werden sie nicht bei sich tragen.“ Wenn das so war, dann mussten unsere Angreifer die Waffen irendwo versteckt haben. Sie haben nicht daren geadcht, dass Emiras zwischen den vielen Steinen einen finden würde, der uns entfesseln konnte. Sehr schlau waren sie anscheinend nicht gewesen. „Glaubst du es waren Hohe? Ihre Rüstungen sahen danach aus.“ Unter der Hochwohlgebornen standen die Hohen, die sich um ihre Sicherheut kümmern. Doch warum sollen sie uns angreifen, die wir doch dafür auserkoren waren Arlon zu retten. „Es kann gut möglich sein. Nicht alle wünschen sich den Frieden. Ein Untergang bietet vollkommen neue Möglichkeiten. Eine neue Regierung kann gewählt werden, die Länder können sich neu zusammensetzen.“ Wir suchen das ganze Areal vor dem Wald ab. Immer wieder dringt Gebrüll zu uns herüber. Es kommt näher. „Verlassen die Unai den Wald?“ Mir ist noch nie so ein Tier begegnet. Im Spiel habe ich nur eine kurze Zeit hier verbracht und bin dann gar nicht mehr zurückgekommen. Ich weiß nicht wie diese Wesen aussehen, da sie jede Nacht eine andere Form haben können. Es gibt zwar Bilder und Screenshots im Internet, doch wer sagte uns, dass sie heute genau so aussehen wie auf einem der vielen Bilder? „Ich hab sie“, rief ich aus und zeigte nach oben in die Spitze eines Baumes. Hoch oben bewegten sich beide Dolche in der Luft. Sie scheinen an etwas zu hängen. Einem dünnen Seil, das um den höchsten Ast geschlungen ist. Mit hilfe einer Räuberleiter schaffte ich es mich nach oben zu ziehen. Beim Knobeln wer versuchen soll die Dolche dort runter zu holen, habe ich haushoch verloren. Sein Argument: “Ich habe wesentlich mehr Kraft dich nach oben zu heben und du kannst dann auf meine Schulter steigen.“ Jetzt stehe ich auf seinen Schultern und habe wahnsinnige Angst runter zu fallen. Seine Hände liegen fest um meine Beine die nicht aufhören wollen zu zittern. Mit einer Hand stütze ich mich am Stamm des Baumes und versuche mit der anderen nach den Dolchen zu greifen. „Ich komm nicht ran. Sie hängen zu weit oben.“ Noch einmal strecke ich mich und versche mit aller macht an die verdammten Dolche zu kommen. Sie hängen zu weit oben. „Gut dann komm runter. Wir suchen einen anderen Weg.“ Vorsichtig und mit Emiras Hilfe bekomme ich wieder festen Boden unter den Füßen. An dem Baum nach oben zu klettern haben wir bereits versucht, doch wir werden immer wieder nch unten gezogen. Seine Wurzeln umschlangen unsere Beine und zogen uns nicht gerade sanf zu Boden. Wir haben uns schon den ein oder anderen blauen Fleck zugezogen. „Was ist denn wenn wir es mit dem Bogen versuchen?“ gefunden haben wir ihn noch nicht, aber er muss in der Nähe sein. „Weißt du wie viel Zeit uns das kostet, wenn wir jetzt noch nach deinem Bogen suchen?“ Ich weiß, dass er noch etwas sagen will, aber dazu kommt es nicht. Aus dem Augenwinkel sehe ich wie etwas aus dem Wald geschssen kommt, Emiras packt und zwischen die Bäume zieht. Von wegen, man merkt nicht das man selbst wie am Spieß schrie. Ich bin allein folglich bin ich diejenige, die schreit. Was soll ich jetzt machen? Emiras wurde gerade vor meinen Augen von einem Monster in den Wald gezogen. Ich habe absolut keine Ahnung was ich machen soll, aber ich weiß, dass ich hier alles andere als gut aufgehoben bin. Ich muss ihm helfen. Hilfe zu holen war nicht drin. Das kostet zu viel Zeit und die habe ich nicht. Genauso wenig habe ich sie um nach meinen Bogen zu suchen. Eine Waffe brauche ich trotzdem. Anders kann ich mich nicht gegen die Unai verteidigen. Voller Panik beginne ich nach meinem Bogen zu suchen. Bete dabei, dass Emiras sich lange genug verteidigen kann und überlebt. Ich laufe bereits das dritte Mal am Rand des Waldes entlang, dann erst fällt es mir auf. Mein Bogen. Er liegt so offen, dass er schon fast wieder unsichtbar ist. Ob es einfache Dummheit von uns war oder Genialität von denen wollte ich jetzt nicht überdenken. Ich werfe mir die Tasche mit den Pfeilen über die Schulter und den Bogen in die Hand. Dann renne ich auf den Wald zu. Ich muss wahnsinnig sein. Ich renne einfach nach vorne, meinen Blick starr auf den Boden gerichtet. Ich habe Angst nach oben zu sehen, doch irgendwann muss ich genau das tun. Mitten auf einem Weg blieb ich stehen und sah mir meine Umgebung an. Der Wald strahlte eine mysteriöse Aura aus. Mystisch und beängstigend. Die Bäume sahen meterhoch aus und es war als würden sich ihre Kronen leicht nach innen biegen. So als sahen sie direkt auf mich runter. Ich musste nicht viel über die Nacht hier erfahren, um zu wissen, dass ich in hlchster Gefahr schwebte, umso länger ich mich hier aufhielt. Mit festen Griff umgreife ich meinen Bogen und renne weiter. So weit, bis ich an einer Kreuzung stehen bleibe. Dieses Mal schließe ich meien Augen um in die Nacht zu lauschen. Dann höre ich ihn. Höre den Schrei des Monsters. Sicher bin ich mir nicht, aber dieses Monster kann es gewesen sein, das Emiras entführt hat. Mein Weg führt nach links und ich beginne wieder zu rennen. Spüre die Blicke auf mir, höre Geraschel von überall her, obwohl es windstill sist. Selbst der Wind traut sich anscheinend nicht hier rein. Genau so wenig wie Tiere und Blumen. Dieser Wald beinhaltet keine Farben. Selbst die Nacht ist einfach nur dunkel und grau. Kapitel 8: Kapitel 8 -------------------- „Wo..bin ich?“ Mein Hals fühlt sich kratzig an und ich schmecke einen komische Art Flaum auf meiner Zunge. Mein Kopf pocht und ich verspüre extreme Kopfschmerzen. Mein Rücken lehnt gegen eine raue Oberfläche. Nicht nur, dass ich mich überhaupt nicht bewegen kann, sehen kann ich genauso wenig. Voller Panik werfe ich meinen Kopf hin und her. „Emiras? Emiras, wo bist du?“ Ich spüre einen weichen Stoff über meine Augen. Ich bin nicht blind, sondern habe nur eine Augenbinde an. Doch das beantwortet nicht die Frage, wo wir sind. „Sei still. Ich muss nachdenken.“ Emiras‘ Stimme klingt gereizt. Aber er scheint nicht so weit weg zu sein, denn seine Stimme klingt sehr nah. Etwas bewegt sich. Ich spüre es genau, denn es ich höre es ganz nah bei mir rascheln. Es kommt näher und es berührt mich. Oh mein Gott, etwas angefasst. “Verdammt. Habe ich nicht gerade gesagt, dass du still sein sollst? Warum musst du denn auf einmal wie am Spieß schreien?“ „Etwas hat mich berührt. Am Arm“, presse ich hervor. Flüchten ist eine Unmöglichkeit. Ich schaffe es noch nicht einmal meine Beine bewegen, die an den Fußgelenken zusammen gebunden sind. „Elende Feiglinge. Sie haben uns rücklings überfallen und uns hier fest gebunden.“ Er weiß wo wir sind, schießt es mir durch den Kopf. „Hat man dir nicht die Augen verbunden?“ Warum sonst sollte er wissen, wo wir gerade waren? „Nein, das mahct man bei Frauen. Diese sollen nicht in die Augen des Todes Blicken. So als ob sie damit alles rein wascen können.“ Genervt höre ich, wie Emiras mit der Zunge schnalzt. „Im Anblick des Todes? Heißt es nicht, Naîrih sind friedlich und vermeiden Kämpfe und so?“ Das steht zumindes in allen Informationsseiten zum Spiel. „Nur weil sie keine Waffen schwingen, bedeutet das nicht, dass sie wissen zu kämpfen. Naîrih lassen andere die chmutzige Arbeit erledigen. In unserem Fall sind es die Unai. Merkst du es denn nicht?“ Was soll ich merken? Ich kann noch nicht einmal etwas sehen. Auf meine Frage antwortet Emiras nicht und bleibt still. Still. Genau das war das Stichwort. Es war viel zu still. Keine Geräusche aus dem Hintergrund. Es war als hätte jemand den Muteknopf auf einer Fernbedienung gedrücht und alle Töne auf Null gesetzt. „Ich höre nichts. Es ist viel zu still.“ Es ist, als klettert mir die Angst meine Beine hoch und legt sich wie ein aggressive Schlange um meinen Hals. Immer schwieriger kann ich atmen und muss viel tiefer Luft holen. „Für Panik hast du jetzt keine Zeit, Kimba. Wir müssen hier weg. Die Sonne ist bereits untergegangen und jeden Moment wird sich der Wald in Bewegung setzen.“ Wie auf Stichwort höre ich einen grellen Schrei. Es klingt weder menschlich, noch nach einem Tier. Meine Ohren beginnen zu klingeln und ziehen einen pfeifenden Ton nach sich. Die gesamten Härchen in meinem Nacken stellen sich auf und lassen mich schaudern. „Was war das?“ „Ein Unai. Sie werden wach.“ Als Unai bezeichnet man die Wesen, die in der nahct auf jagd nach Fressen gehen. Ob sie nach dem Wald oder der Wald nach ihnen benannt ist, ist bisher nicht überliefert. Das ist genauso mit der Farbe orange. Ist die Frucht nach der Farbe benannt, oder die Farbe nach der Frucht? „Kann man sie besiegen?“, will ich sofort wissen. Jeder hat eine Schwachstelle. „Man muss ihnen ins rechte Auge stechen. Genau dahinter befindet sich das Herz dieser Wesen. Aber dafür brauche ich meine Dolche und die haben mir diese Idioten abgenommen.“ Selbst wenn ich meine Pfeile und mein Bogen in meiner Nähe hatte. Ich war lange nicht gut genug um ein so kleines Ziel zu treffen. Wenn sie so akribisch vorgegangen sind, haben sie auch daran gedacht, mir meine Waffen abzunehmen. Es war aussichtslos, wir waren verloren. „Ich will nicht sterben. Ich will hier nicht sterben.“ Dafür nehme ich die Reise nicht auf mich, damit ich direkt am ersten Tag von einem Waldmonster gefressen werde. Wir brauchen einen Plan. Einen Plan der uns aus dieser Patsche hilft. „Wir brauchen einen spitzen Gegenstand.“ Soweit hab ich bereits selbst gedacht. Doch woher? In meiner Handtasche trug ich immer ein Nagelset mit. Das habe ich jetzt natürlich nicht dabei. Koffer packen ist in dieser Reise nicht gerade ein Punkt, den man beachtet. Plötzlich ein Freudenschrei seitens Emiras. „Na endlich.“ Er scheint es geschafft zu haben. Die Antwort kommt prompt, als ich spüre wie etwas hartes an meinen Handgelenken entlang fährt. Wenige Minuten später kann ich mich frei bewegen und nehme mir die Augenbinde ab. Die Nacht überrollt mich mit ihr gesamten Pracht. Oben stehen, so wie bei uns, Sterne am Himmel. Millionen und Abermillionen kleine Kometen. Doch hier leuchten die Sterne in allen Farben des Regenbogens. Wären wir nicht gerade in höchster Gefahr, würde ich dieses Spektakel noch länger genießen. Ich erkenne einen Stein in Emiras Hand. Er ist spitz genug gewesen, um uns von den Fesseln zu befreien. Jetzt, wo ich mich wieder mit meinen eigenen Augen umsehen kann, sehe ich dass wir genau vor dem Unaiwald stehen. Emiras hatte Recht. Einfach nur die Nacht abzuwarten und auf Hilfe zu hoffen, hätte unser Todesurteil bedeutet. „Was machen mir jetzt? Wir haben eine Menge Zeit verloren.“ Wieder dröhnt ein monströser Schrei aus dem Wald und ließ mich erschaudern. Über Kopfhörer hatte es sich wesentlich weniger beängstigend angehört. „Uns bleibt nichts anderes übrig, als unseren Weg fortzusetzen. Doch zuerst suchen wir unsere Waffen. Sie werden sie nicht bei sich tragen.“ Wenn das so war, dann mussten unsere Angreifer die Waffen irendwo versteckt haben. Sie haben nicht daren geadcht, dass Emiras zwischen den vielen Steinen einen finden würde, der uns entfesseln konnte. Sehr schlau waren sie anscheinend nicht gewesen. „Glaubst du es waren Hohe? Ihre Rüstungen sahen danach aus.“ Unter der Hochwohlgebornen standen die Hohen, die sich um ihre Sicherheut kümmern. Doch warum sollen sie uns angreifen, die wir doch dafür auserkoren waren Arlon zu retten. „Es kann gut möglich sein. Nicht alle wünschen sich den Frieden. Ein Untergang bietet vollkommen neue Möglichkeiten. Eine neue Regierung kann gewählt werden, die Länder können sich neu zusammensetzen.“ Wir suchen das ganze Areal vor dem Wald ab. Immer wieder dringt Gebrüll zu uns herüber. Es kommt näher. „Verlassen die Unai den Wald?“ Mir ist noch nie so ein Tier begegnet. Im Spiel habe ich nur eine kurze Zeit hier verbracht und bin dann gar nicht mehr zurückgekommen. Ich weiß nicht wie diese Wesen aussehen, da sie jede Nacht eine andere Form haben können. Es gibt zwar Bilder und Screenshots im Internet, doch wer sagte uns, dass sie heute genau so aussehen wie auf einem der vielen Bilder? „Ich hab sie“, rief ich aus und zeigte nach oben in die Spitze eines Baumes. Hoch oben bewegten sich beide Dolche in der Luft. Sie scheinen an etwas zu hängen. Einem dünnen Seil, das um den höchsten Ast geschlungen ist. Mit hilfe einer Räuberleiter schaffte ich es mich nach oben zu ziehen. Beim Knobeln wer versuchen soll die Dolche dort runter zu holen, habe ich haushoch verloren. Sein Argument: “Ich habe wesentlich mehr Kraft dich nach oben zu heben und du kannst dann auf meine Schulter steigen.“ Jetzt stehe ich auf seinen Schultern und habe wahnsinnige Angst runter zu fallen. Seine Hände liegen fest um meine Beine die nicht aufhören wollen zu zittern. Mit einer Hand stütze ich mich am Stamm des Baumes und versuche mit der anderen nach den Dolchen zu greifen. „Ich komm nicht ran. Sie hängen zu weit oben.“ Noch einmal strecke ich mich und versche mit aller macht an die verdammten Dolche zu kommen. Sie hängen zu weit oben. „Gut dann komm runter. Wir suchen einen anderen Weg.“ Vorsichtig und mit Emiras Hilfe bekomme ich wieder festen Boden unter den Füßen. An dem Baum nach oben zu klettern haben wir bereits versucht, doch wir werden immer wieder nch unten gezogen. Seine Wurzeln umschlangen unsere Beine und zogen uns nicht gerade sanf zu Boden. Wir haben uns schon den ein oder anderen blauen Fleck zugezogen. „Was ist denn wenn wir es mit dem Bogen versuchen?“ gefunden haben wir ihn noch nicht, aber er muss in der Nähe sein. „Weißt du wie viel Zeit uns das kostet, wenn wir jetzt noch nach deinem Bogen suchen?“ Ich weiß, dass er noch etwas sagen will, aber dazu kommt es nicht. Aus dem Augenwinkel sehe ich wie etwas aus dem Wald geschssen kommt, Emiras packt und zwischen die Bäume zieht. Von wegen, man merkt nicht das man selbst wie am Spieß schrie. Ich bin allein folglich bin ich diejenige, die schreit. Was soll ich jetzt machen? Emiras wurde gerade vor meinen Augen von einem Monster in den Wald gezogen. Ich habe absolut keine Ahnung was ich machen soll, aber ich weiß, dass ich hier alles andere als gut aufgehoben bin. Ich muss ihm helfen. Hilfe zu holen war nicht drin. Das kostet zu viel Zeit und die habe ich nicht. Genauso wenig habe ich sie um nach meinen Bogen zu suchen. Eine Waffe brauche ich trotzdem. Anders kann ich mich nicht gegen die Unai verteidigen. Voller Panik beginne ich nach meinem Bogen zu suchen. Bete dabei, dass Emiras sich lange genug verteidigen kann und überlebt. Ich laufe bereits das dritte Mal am Rand des Waldes entlang, dann erst fällt es mir auf. Mein Bogen. Er liegt so offen, dass er schon fast wieder unsichtbar ist. Ob es einfache Dummheit von uns war oder Genialität von denen wollte ich jetzt nicht überdenken. Ich werfe mir die Tasche mit den Pfeilen über die Schulter und den Bogen in die Hand. Dann renne ich auf den Wald zu. Ich muss wahnsinnig sein. Ich renne einfach nach vorne, meinen Blick starr auf den Boden gerichtet. Ich habe Angst nach oben zu sehen, doch irgendwann muss ich genau das tun. Mitten auf einem Weg blieb ich stehen und sah mir meine Umgebung an. Der Wald strahlte eine mysteriöse Aura aus. Mystisch und beängstigend. Die Bäume sahen meterhoch aus und es war als würden sich ihre Kronen leicht nach innen biegen. So als sahen sie direkt auf mich runter. Ich musste nicht viel über die Nacht hier erfahren, um zu wissen, dass ich in hlchster Gefahr schwebte, umso länger ich mich hier aufhielt. Mit festen Griff umgreife ich meinen Bogen und renne weiter. So weit, bis ich an einer Kreuzung stehen bleibe. Dieses Mal schließe ich meien Augen um in die Nacht zu lauschen. Dann höre ich ihn. Höre den Schrei des Monsters. Sicher bin ich mir nicht, aber dieses Monster kann es gewesen sein, das Emiras entführt hat. Mein Weg führt nach links und ich beginne wieder zu rennen. Spüre die Blicke auf mir, höre Geraschel von überall her, obwohl es windstill sist. Selbst der Wind traut sich anscheinend nicht hier rein. Genau so wenig wie Tiere und Blumen. Dieser Wald beinhaltet keine Farben. Selbst die Nacht ist einfach nur dunkel und grau. Kapitel 9: Kapitel 9 -------------------- „Wo..bin ich?“ Mein Hals fühlt sich kratzig an und ich schmecke einen komische Art Flaum auf meiner Zunge. Mein Kopf pocht und ich verspüre extreme Kopfschmerzen. Mein Rücken lehnt gegen eine raue Oberfläche. Nicht nur, dass ich mich überhaupt nicht bewegen kann, sehen kann ich genauso wenig. Voller Panik werfe ich meinen Kopf hin und her. „Emiras? Emiras, wo bist du?“ Ich spüre einen weichen Stoff über meine Augen. Ich bin nicht blind, sondern habe nur eine Augenbinde an. Doch das beantwortet nicht die Frage, wo wir sind. „Sei still. Ich muss nachdenken.“ Emiras‘ Stimme klingt gereizt. Aber er scheint nicht so weit weg zu sein, denn seine Stimme klingt sehr nah. Etwas bewegt sich. Ich spüre es genau, denn es ich höre es ganz nah bei mir rascheln. Es kommt näher und es berührt mich. Oh mein Gott, etwas angefasst. “Verdammt. Habe ich nicht gerade gesagt, dass du still sein sollst? Warum musst du denn auf einmal wie am Spieß schreien?“ „Etwas hat mich berührt. Am Arm“, presse ich hervor. Flüchten ist eine Unmöglichkeit. Ich schaffe es noch nicht einmal meine Beine bewegen, die an den Fußgelenken zusammen gebunden sind. „Elende Feiglinge. Sie haben uns rücklings überfallen und uns hier fest gebunden.“ Er weiß wo wir sind, schießt es mir durch den Kopf. „Hat man dir nicht die Augen verbunden?“ Warum sonst sollte er wissen, wo wir gerade waren? „Nein, das mahct man bei Frauen. Diese sollen nicht in die Augen des Todes Blicken. So als ob sie damit alles rein wascen können.“ Genervt höre ich, wie Emiras mit der Zunge schnalzt. „Im Anblick des Todes? Heißt es nicht, Naîrih sind friedlich und vermeiden Kämpfe und so?“ Das steht zumindes in allen Informationsseiten zum Spiel. „Nur weil sie keine Waffen schwingen, bedeutet das nicht, dass sie wissen zu kämpfen. Naîrih lassen andere die chmutzige Arbeit erledigen. In unserem Fall sind es die Unai. Merkst du es denn nicht?“ Was soll ich merken? Ich kann noch nicht einmal etwas sehen. Auf meine Frage antwortet Emiras nicht und bleibt still. Still. Genau das war das Stichwort. Es war viel zu still. Keine Geräusche aus dem Hintergrund. Es war als hätte jemand den Muteknopf auf einer Fernbedienung gedrücht und alle Töne auf Null gesetzt. „Ich höre nichts. Es ist viel zu still.“ Es ist, als klettert mir die Angst meine Beine hoch und legt sich wie ein aggressive Schlange um meinen Hals. Immer schwieriger kann ich atmen und muss viel tiefer Luft holen. „Für Panik hast du jetzt keine Zeit, Kimba. Wir müssen hier weg. Die Sonne ist bereits untergegangen und jeden Moment wird sich der Wald in Bewegung setzen.“ Wie auf Stichwort höre ich einen grellen Schrei. Es klingt weder menschlich, noch nach einem Tier. Meine Ohren beginnen zu klingeln und ziehen einen pfeifenden Ton nach sich. Die gesamten Härchen in meinem Nacken stellen sich auf und lassen mich schaudern. „Was war das?“ „Ein Unai. Sie werden wach.“ Als Unai bezeichnet man die Wesen, die in der nahct auf jagd nach Fressen gehen. Ob sie nach dem Wald oder der Wald nach ihnen benannt ist, ist bisher nicht überliefert. Das ist genauso mit der Farbe orange. Ist die Frucht nach der Farbe benannt, oder die Farbe nach der Frucht? „Kann man sie besiegen?“, will ich sofort wissen. Jeder hat eine Schwachstelle. „Man muss ihnen ins rechte Auge stechen. Genau dahinter befindet sich das Herz dieser Wesen. Aber dafür brauche ich meine Dolche und die haben mir diese Idioten abgenommen.“ Selbst wenn ich meine Pfeile und mein Bogen in meiner Nähe hatte. Ich war lange nicht gut genug um ein so kleines Ziel zu treffen. Wenn sie so akribisch vorgegangen sind, haben sie auch daran gedacht, mir meine Waffen abzunehmen. Es war aussichtslos, wir waren verloren. „Ich will nicht sterben. Ich will hier nicht sterben.“ Dafür nehme ich die Reise nicht auf mich, damit ich direkt am ersten Tag von einem Waldmonster gefressen werde. Wir brauchen einen Plan. Einen Plan der uns aus dieser Patsche hilft. „Wir brauchen einen spitzen Gegenstand.“ Soweit hab ich bereits selbst gedacht. Doch woher? In meiner Handtasche trug ich immer ein Nagelset mit. Das habe ich jetzt natürlich nicht dabei. Koffer packen ist in dieser Reise nicht gerade ein Punkt, den man beachtet. Plötzlich ein Freudenschrei seitens Emiras. „Na endlich.“ Er scheint es geschafft zu haben. Die Antwort kommt prompt, als ich spüre wie etwas hartes an meinen Handgelenken entlang fährt. Wenige Minuten später kann ich mich frei bewegen und nehme mir die Augenbinde ab. Die Nacht überrollt mich mit ihr gesamten Pracht. Oben stehen, so wie bei uns, Sterne am Himmel. Millionen und Abermillionen kleine Kometen. Doch hier leuchten die Sterne in allen Farben des Regenbogens. Wären wir nicht gerade in höchster Gefahr, würde ich dieses Spektakel noch länger genießen. Ich erkenne einen Stein in Emiras Hand. Er ist spitz genug gewesen, um uns von den Fesseln zu befreien. Jetzt, wo ich mich wieder mit meinen eigenen Augen umsehen kann, sehe ich dass wir genau vor dem Unaiwald stehen. Emiras hatte Recht. Einfach nur die Nacht abzuwarten und auf Hilfe zu hoffen, hätte unser Todesurteil bedeutet. „Was machen mir jetzt? Wir haben eine Menge Zeit verloren.“ Wieder dröhnt ein monströser Schrei aus dem Wald und ließ mich erschaudern. Über Kopfhörer hatte es sich wesentlich weniger beängstigend angehört. „Uns bleibt nichts anderes übrig, als unseren Weg fortzusetzen. Doch zuerst suchen wir unsere Waffen. Sie werden sie nicht bei sich tragen.“ Wenn das so war, dann mussten unsere Angreifer die Waffen irendwo versteckt haben. Sie haben nicht daren geadcht, dass Emiras zwischen den vielen Steinen einen finden würde, der uns entfesseln konnte. Sehr schlau waren sie anscheinend nicht gewesen. „Glaubst du es waren Hohe? Ihre Rüstungen sahen danach aus.“ Unter der Hochwohlgebornen standen die Hohen, die sich um ihre Sicherheut kümmern. Doch warum sollen sie uns angreifen, die wir doch dafür auserkoren waren Arlon zu retten. „Es kann gut möglich sein. Nicht alle wünschen sich den Frieden. Ein Untergang bietet vollkommen neue Möglichkeiten. Eine neue Regierung kann gewählt werden, die Länder können sich neu zusammensetzen.“ Wir suchen das ganze Areal vor dem Wald ab. Immer wieder dringt Gebrüll zu uns herüber. Es kommt näher. „Verlassen die Unai den Wald?“ Mir ist noch nie so ein Tier begegnet. Im Spiel habe ich nur eine kurze Zeit hier verbracht und bin dann gar nicht mehr zurückgekommen. Ich weiß nicht wie diese Wesen aussehen, da sie jede Nacht eine andere Form haben können. Es gibt zwar Bilder und Screenshots im Internet, doch wer sagte uns, dass sie heute genau so aussehen wie auf einem der vielen Bilder? „Ich hab sie“, rief ich aus und zeigte nach oben in die Spitze eines Baumes. Hoch oben bewegten sich beide Dolche in der Luft. Sie scheinen an etwas zu hängen. Einem dünnen Seil, das um den höchsten Ast geschlungen ist. Mit hilfe einer Räuberleiter schaffte ich es mich nach oben zu ziehen. Beim Knobeln wer versuchen soll die Dolche dort runter zu holen, habe ich haushoch verloren. Sein Argument: “Ich habe wesentlich mehr Kraft dich nach oben zu heben und du kannst dann auf meine Schulter steigen.“ Jetzt stehe ich auf seinen Schultern und habe wahnsinnige Angst runter zu fallen. Seine Hände liegen fest um meine Beine die nicht aufhören wollen zu zittern. Mit einer Hand stütze ich mich am Stamm des Baumes und versuche mit der anderen nach den Dolchen zu greifen. „Ich komm nicht ran. Sie hängen zu weit oben.“ Noch einmal strecke ich mich und versche mit aller macht an die verdammten Dolche zu kommen. Sie hängen zu weit oben. „Gut dann komm runter. Wir suchen einen anderen Weg.“ Vorsichtig und mit Emiras Hilfe bekomme ich wieder festen Boden unter den Füßen. An dem Baum nach oben zu klettern haben wir bereits versucht, doch wir werden immer wieder nch unten gezogen. Seine Wurzeln umschlangen unsere Beine und zogen uns nicht gerade sanf zu Boden. Wir haben uns schon den ein oder anderen blauen Fleck zugezogen. „Was ist denn wenn wir es mit dem Bogen versuchen?“ gefunden haben wir ihn noch nicht, aber er muss in der Nähe sein. „Weißt du wie viel Zeit uns das kostet, wenn wir jetzt noch nach deinem Bogen suchen?“ Ich weiß, dass er noch etwas sagen will, aber dazu kommt es nicht. Aus dem Augenwinkel sehe ich wie etwas aus dem Wald geschssen kommt, Emiras packt und zwischen die Bäume zieht. Von wegen, man merkt nicht das man selbst wie am Spieß schrie. Ich bin allein folglich bin ich diejenige, die schreit. Was soll ich jetzt machen? Emiras wurde gerade vor meinen Augen von einem Monster in den Wald gezogen. Ich habe absolut keine Ahnung was ich machen soll, aber ich weiß, dass ich hier alles andere als gut aufgehoben bin. Ich muss ihm helfen. Hilfe zu holen war nicht drin. Das kostet zu viel Zeit und die habe ich nicht. Genauso wenig habe ich sie um nach meinen Bogen zu suchen. Eine Waffe brauche ich trotzdem. Anders kann ich mich nicht gegen die Unai verteidigen. Voller Panik beginne ich nach meinem Bogen zu suchen. Bete dabei, dass Emiras sich lange genug verteidigen kann und überlebt. Ich laufe bereits das dritte Mal am Rand des Waldes entlang, dann erst fällt es mir auf. Mein Bogen. Er liegt so offen, dass er schon fast wieder unsichtbar ist. Ob es einfache Dummheit von uns war oder Genialität von denen wollte ich jetzt nicht überdenken. Ich werfe mir die Tasche mit den Pfeilen über die Schulter und den Bogen in die Hand. Dann renne ich auf den Wald zu. Ich muss wahnsinnig sein. Ich renne einfach nach vorne, meinen Blick starr auf den Boden gerichtet. Ich habe Angst nach oben zu sehen, doch irgendwann muss ich genau das tun. Mitten auf einem Weg blieb ich stehen und sah mir meine Umgebung an. Der Wald strahlte eine mysteriöse Aura aus. Mystisch und beängstigend. Die Bäume sahen meterhoch aus und es war als würden sich ihre Kronen leicht nach innen biegen. So als sahen sie direkt auf mich runter. Ich musste nicht viel über die Nacht hier erfahren, um zu wissen, dass ich in hlchster Gefahr schwebte, umso länger ich mich hier aufhielt. Mit festen Griff umgreife ich meinen Bogen und renne weiter. So weit, bis ich an einer Kreuzung stehen bleibe. Dieses Mal schließe ich meien Augen um in die Nacht zu lauschen. Dann höre ich ihn. Höre den Schrei des Monsters. Sicher bin ich mir nicht, aber dieses Monster kann es gewesen sein, das Emiras entführt hat. Mein Weg führt nach links und ich beginne wieder zu rennen. Spüre die Blicke auf mir, höre Geraschel von überall her, obwohl es windstill sist. Selbst der Wind traut sich anscheinend nicht hier rein. Genau so wenig wie Tiere und Blumen. Dieser Wald beinhaltet keine Farben. Selbst die Nacht ist einfach nur dunkel und grau. 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