Spiel ohne Limit von Lady_of_D ================================================================================ Kapitel 19: ------------ Wie konnte ein Mantel nur ohne jegliche Windzufuhr so nach hinten wehen? Rin konnte nicht anders als den beiden Kaiba Brüdern kurz hinterher zu sehen und dabei festzustellen, dass dem Jüngeren einen ganzen Kopf fehlte bis er an den Firnemchef heranreichte. Bevor sie sich ihrer eigenen intensiven Blicke bewusst wurde, lenkte sie ihren Kopf mitsamt Gedanken in andere Richtungen. Nicht, dass sie noch jemand dabei erwischte und die Situation falsch deutete. Mit letzter Macht konzentrierte sie sich darauf, nicht rot zu werden und stattdessen über das Gesagte nachzudenken. Mit gemächligen Schritten lief sie zum Ausgang und musste feststellen, dass ihr Boss wieder einmal recht hatte: Sie musste sich etwas einfallen lassen. Nur wie? Sie hatte etwas über eine Woche Zeit, in die Topliste aufzusteigen. Die Zeit raste, schneller als sonst. Schon in den letzten Tagen war es schwieriger geworden, würdige Gegner aufzutreiben. Hobbyduellanten hatte sie von ihrer Liste gestrichen, mit ihnen hatte sie sich genug duelliert, dass es für die letzten zehn Tage reine Zeitverschwendung wäre, sich mit ihnen zu befassen. Zudem hatten sie bereits genug Jugendliche und Universitätsstudenten herausgefordert, dass nicht mehr viele übrig geblieben waren. Die Amateurliga war auch nicht mehr zu gebrauchen. Nach zahlreichen niederschmetternden Siegen war die Gegnerzahl stark gesunken. Die meisten von ihnen mieden so gut es ging die junge Frau, die sich nach Hanabi und Kims Niederlage einen gewissen Ruf in der Untergrundszene geschaffen hatte. Bei dem Gedanken durchfuhr sie eine leichte Gänsehaut. Sie dachte an die Nacht zurück, die unheimlich dreinblickenden Gestalten, die sich von ihr beleidigt gefühlt hatten, obwohl sie nur ihren Job getan hatte. Nun wusste sie auch, wer sie damals hinters Licht geführt hatte: Hii Yuta Dieser- "Na." Kaum war sie aus dem Gebäude getreten begegnete ihr das selbstgefällige Grinsen Yoshihiko Tabas. Dieser lehnte an der Hauswand und rauchte genüsslich seine Zigarette, während der Rauch direkt in ihr Gesicht wehte, dass sie sich augenblicklich versteifte und genervt in seine Augen blickte, die hinter zwei tiefen dunklen Gläsern verborgen waren, dass der Profiduellant um einiges arroganter und selbstverliebter wirkte. "Ich wusste gar nicht, dass du hier noch gebraucht wirst", sagte er schief grinsend und schmiss den Stummel auf den Boden. Rin verschränkte die Arme vor der Brust und entgegnete: "Noch ist das Turnier nicht vorbei. Und ich verspreche dir, dass wir uns noch oft genug sehen werden." "Ha", Yoshi fuhr sich durch sein gestyltes Haar, das wild in alle Richtungen zeigte, "die Ergebnisse stehen längst fest. Was willst du schon in ein paar Tagen ausrichten? Ich meine, sicher, du könntest mal im Themenpark vorbeischauen und ein paar Duellanten herausfordern. Aber Moment mal, das geht ja gar nicht. Du bist ja nur ein Amateur." "Meinst du", knirschte sie mit den Zähnen und ballte die freie Hand zur Faust. Zu gerne würde sie ihm zeigen, wer sie wirklich war und dass sie so jemanden wie ihn mit Leichtigkeit platt machen könnte. Yoshi legte den Kopf schief und schien dasselbe zu denken. Er deutete auf seine DuelDisc als wäre sie nicht das exakte Abbild ihrer eigenen. "Zu schade, dass ich nicht gegen Anfänger spiele. Es wäre viel zu einfach und unter meiner Würde." "Für deine mittelmäßige Spielerbilanz hast du eine ganz schön große Klappe", grinste sie ihn an, noch immer gewillt, ihre DuelDisc auszufahren. "Wenn ich gegen Kleinkinder und Looser antreten würde, hätte ich vielleicht auch so eine Quote. Ich duellier´ mich aber gegen richtige Gegner." Damit winkte er ab und lief zu der Drehtür, dass Rin ein paar tiefe Atemzüge tätigen musste, bevor sie sich halbwegs beruhigt hatte. Ihr Herzschlag ging schnell, das Blut kochte. Schon allein wegen Kerlen wie ihm musste sie es in die Top dreißig schaffen. Ihre Gesichter zu sehen, wie ihnen sämtliche Gesichtsfärbe entwich. Danach sehnte sich die junge Frau, die nun zielstrebig das Café ansteuerte und einen großen Becher Kaffee mitsamt Vollkornsandwich für unterwegs bestellte. Makoto grinste sie schief an als sie das hochgerötete Gesicht erblickte: "Wem bist du denn über den Weg gelaufen." "Nur einem Riesenidioten", zischte Rin und kramte aus ihrer Jackentasche das Kleingeld heraus. "Wirklich?", sie stellte den Becher auf den Tresen und sah zu dem Koffer hinunter, den Rin wie einen Reisekoffer trug. Was hatte ihr Mokuba da eigentlich alles mitgegeben? Nach dem Gewicht zu urteilen musste sich dort ein Rechner aus dem letzten Jahrhundert befinden. Mit diesem Ding konnte sie unmöglich den ganzen Tag herumlaufen. "Ärger`mit dem Boss?", grinste Makoto auf einmal, dass Rin kurz überlegen musste, bevor sie mit dem Kopf schüttelte. "Achso! Nein, mit dem Koffer hat das nichts zu tun. Ich bin nur gerade meinem >Kollegen< über den Weg gelaufen und musste mich zusammenreißen, mich nicht wie ein Straßenkind aufzuführen." "Du meinst Yoshi?", Makoto begann das Sandwich frisch zu belegen, "der Typ ist in den Top dreißig nicht wahr." "Erinnere mich bitte nicht daran", Rin fasste sich an die Schläfe und versuchte das Pochen darin einzustellen. "Aber bei dir sieht es doch auch nicht schlecht aus", meinte die Braunhaarige und zeigte auf die aufgestellte Anzeigetafel. Relativ weit unten fand sich die junge Frau. Trotz der wenigen Punkte, die sie von Platz dreißig trennte, fühlte sich die Spitzenplatzierung wie in weiter Ferne an. Wer ist überhaupt auf den letzten Topplätzen? Ihr Blick huschte zu drei Namen. Dinosaur Ryuzaki, Tobi Kirozu und Insector Haga. Wenn ich einen von ihnen herausfordern könnte. Ryuzaki ist in der Championsliga, genau wie Haga. Tobi spielt, wenn mich nicht alles täuscht für Noa Kaiba und ist in der ersten Profiliga. Also alles Spieler, deren Siege mir bis zu zehn Punkte bringen könnten. Ich muss sie nur dazu bringen, sich mit mir zu duellieren. "Rin?", stupste sie Makoto an, dass die junge Frau zusammenzuckte und sich zu ihr umdrehte, "dein Sandwich ist fertig." Ihre Gedanken sammelnd, nickte Rin und nahm ihre Bestellungen entgegen, während sie mit dem Koffer in ihrer Hand herumzuexperimentieren begann, wie sie alles tragen konnte, ohne eine Riesensauerei zu veranstalten. Mit akrobatischen Künsten, die weniger die Grazie eines Artisten aufwiesen, bekam sie es irgendwie hin, ihre Mahlzeiten sicher aus dem Café zu balancieren. Als nächstes galt es diesen Koffer aus dem Weg zu räumen. Nach Hause konnte sie nicht gehen, die Fahrt dorthin würde zu viel Zeit fressen. Sie musste noch ein paar Duelle bestreiten und pünktlich um siebzehn Uhr in der Innenstadt aufkreuzen. Gestern Abend hatte sie eine Mail erhalten, worin sie zu einem Fototermin eingeladen worden war. Sofern es Rin in die nächste Runde schaffen würde, hinge ihr Cover mitsamt ihrer Konkurrenten vor dem Kaiba-Land-Stadion; dort wo die finalen Spiele stattfanden. Sie hatte Gänsehaut bekommen als sie eine Einladung erhalten hatte, um gleich darauf wieder feststellen zu müssen, dass dies nur routinemäßig geschah und nicht wirklich bedeutete, dass jemand daran glaubte, dass sie es in die Top dreißig schaffte. Was hat Seto Kaiba noch einmal gesagt Er hielt sie für clever? Hatte er sie auf den Arm genommen oder meinte er es auch so? Sie konnte ihn nicht gut genug einschätzen, um aus seinen Sprechweisen Zynismus oder Ernsthaftigkeit unterscheiden zu können. Die wenigen Worte, die sie miteinander wechselten, brachten sie ohnehin schon aus der Fassung, dass sie nicht die Zeit hatte, auch noch darüber nachzudenken. Vorsichtig nahm sie einen Schluck Kaffee, während der Koffer zwischen Zeige- und Mittelfinger steckte und diese zu zerreißen drohte. Rin seufzte und stellte sich vor die Bushaltestelle. Die kürzeste Alternative wäre die Domino-City-Universität. Wenn sie sich richtig entsinnte, müsste Lumina heute zwei Vormittagsvorlesungen besuchen. Ihre Freundin war mit dem Moped unterwegs, das eine ziemlich nützliche Gepäckablage besaß. Rin musste grinsen. Lumina würde im Dreieck springen, wenn sie wüsste, was sich im Koffer befand. Die Schwarzhaarige wollte schon immer die grafischen Vorzüge eines VR-Helmes ausprobieren, bei dem nicht nur das Sehvermögen ausgetrickst wurde, sondern auch alle anderen Sinnesorgane. Als sie vor zwei Jahren in einer Spielhalle darauf gestoßen waren, hatte es sich für Rin wie ein Schlag ins Gesicht angefühlt als sie nach einer halben Stunde das Gerät von ihrem Kopf genommen hatte. Damals war ihr Körper nicht auf diese Vielzahl an vorgegaukelten Eindrücken gewöhnt. Jetzt kam es ihr beinahe lächerlich vor, wie begeistert sie gewesen war. Die Trainingseinheiten der Kaiba Corporation waren um ein Vielfaches anspruchsvoller und grafisch weit von dem entfernt, was zu dieser Zeit noch als fortschrittlich gegolten hatte. Die virtuellen Simulationen in der Trainingshalle verlangten viel mehr geistiges Denken und Konzentration ohne den Anwender all zu stark physisch zu belasten. Zwar fühlte sie sich nach dem Training etwas ausgelaugt und müde, doch nach einem starken Becher Kaffee war auch dieses Gefühl in den Griff zu bekommen. Der Bus hielt direkt vor ihr und Rin schlüpfte in den überfüllten Wagen. Na prima Mit einem kräftigen Zug leere sie ihren Becher, bevor der Bus ins Rollen kam. Von den Seiten spürte sie Blicke, die sie interessiert musterten. Manche begutachteten ihr Armband, andere ihre DuelDisc. Einige tauschten sich flüsternd aus und meinten, die junge Frau schon einmal gesehen zu haben. In letzter Zeit passierte es öfter, dass sie auf der Straße angestarrt wurde. Anfangs hatte sie es für einen blöden Scherz gehalten, bis sie jemand direkt angesprochen und gefragt hatte, ob sie Rin Yamamori, die Duellantin der Kaiba Corporation, wäre. So etwas war völlig neu für sie. Dabei fühlte sich die junge Frau noch nicht wie jemand, der erkannt werden musste. Sie versuchte das Gemurmel und die Blicke zu ignorieren und konzentrierte sich darauf, sich die Schmerzen im Arm nicht anmerken zu lassen. Ehrlich jetzt. Sind da Steine im Koffer? Der Bus hielt direkt vor dem Universitätsgelände. Rin sprang aus der Tür und lief in zügigen Schritten zu den zwei schweren Eingangspforten, die zu dem Auditorium führten. Ihre Augen wanderten hinauf zu der großen Turmuhr. In fünf Minuten musste die Vorlesung beendet sein. Flüchtig erkundete sie das Geländer, welches sie vor vier Jahren das letzte Mal betreten hatte. Sie klopfte sich gedanklich auf die Schulter, dass sie bei ihrem Orientierungssinn überhaupt noch wusste, wo sich der Vorlesungssaal befand. Hin und wieder lief ein Student an ihr vorbei und ließ aus dem Augenwinkel erkennen, dass Rin hier völlig fehl am Platz war. Trotzdem riss sie sich zusammen, um nicht in ihr altes Muster der Zurückhaltung zu fallen und nutzte ihr auffälliges Auftreten, dass sie als das erkannt wurde, was sie war. Das dröhnende Läuten, das sie stark an das ihrer Schule erinnerte, beendete die Vorlesung, dass Rin geradewegs auf die offene Tür zusteuerte, aus der die ersten Studenten hinaustraten. Wieder wurde sie angesehen, erneut fingen Leute von der Seite an zu tuscheln. Zum Glück erblickte sie ihre Freundin auf einem der hinteren Plätze. Sie hatte ein Buch aufgeschlagen, vermutlich ein Fantasy-Roman ihres Lieblingsautoren. Demonstrativ stellte sie sich vor Luminas Pult und knallte den Koffer vor ihre Nase. Wie aus einer Trance erwachend hob Lumina ihren Kopf. Eine Augenbraue schoss in die Höhe: "Oh bitte", ihre Augen starrten auf den silbernen Koffer mit den zwei großen Buchstaben, "nimm`meine seltenste Karte, aber verschone meine Seele!" Dabei warf sie ihren Studentenausweis in ihre Richtung, dass Rin nur mit dem Kopf schüttelte. "Du würdest dich nicht mehr darüber lustig machen, wenn du wüsstest, was sich hier drin befindet." "Seto Kaibas Kopf?" "Nein", murrte Rin und klopfte auf das Metall, "Lust auf ein virtuelles Duell?" "Du meinst", Lumina riss die Augen auf und klappte ihr Buch zu. "Ganz genau. Gerade frisch eingetroffen. Und du hast die ehrenvolle Aufgabe, das Baby hier nach Hause zu bringen." "Konnte ich mir doch denken, dass es einen Grund gibt, warum du dich hierher bewegst", grinste Lumina schief und beäugte den Koffer als könnten ihre Augen durch das Metall blicken, "bei dir wird es doch heute wieder spät werden oder? Dann hast du bestimmt nichts dagegen, wenn ich das nette Ding für dich anschließe." "Tu' dir keinen Zwang an", murmelte Rin und spürte immer intensiver die Blicke der Studenten, "warum starren mich alle so an", fragte sie und beugte sich etwas näher zu Lumina herunter. Diese sah zur ihren Kommilitonen und entgegnete: "Sie erkennen dich wieder. Ich hab dir doch neulich erzählt, dass ich deine Duelle im Internet gefunden habe. Tja, damit scheine ich nicht die einzige zu sein. Letzte Woche lief auf der Leinwand ein Liveduell von dir und diesem Typen, der für Ryuji Otogi arbeitet." "Und davon erzählst du mir erst jetzt?", Rin hatte nicht gewusst, dass ihre Duelle live angesehen werden konnten. Sie war bereits davon fasziniert gewesen, dass man sie als Duellantin im Internet finden konnte. "War sehr...spannend anzusehen", schmunzelte Lumina, "wie du auf der Achterbahn dein Gleichgewicht gesucht hast-" "Jaja", wollte Rin nicht mehr an das letzte Duell zurück denken, bei dem sie gedacht hatte, jeden Moment abzustürzen. Trotz der Sicherheitsseile um ihre Hüften war ihr der Ritt nicht geheuer gewesen. "Hey, Lumi", hörte sie aus dem Ende des Saals eine männliche Stimme rufen, dass sich beide Frauen zu ihm umdrehten, "fragst du deine Freundin, ob sie mal mit mir ausgeht?" Jeder drehte sich zu der jungen Frau um, die sich aufrichtete und ein schiefes Lächeln aufsetzte, von dem nur Lumina wusste, dass es gespielt war: "Ich? Mit dir ausgehen? Ich wüsste kein Universum, in dem das im Bereich des Möglichen wäre." Daraufhin lachte eine Gruppe von angehenden Sprachwissenschaftlern, dass der junge Mann sein Gesicht verzog und sich zu seiner eigenen Gruppe umdrehte. Früher hätte sie nicht so reagiert, eher im Gegenteil: Ihren ersten festen Freund hatte sie auf eine ähnliche Weise kennengelernt als sie auf einem Kendoturnier unterwegs war und Lumina von einem aus der gegnerischen Mannschaftsklasse angesprochen worden war. Rin hatte ihren hochroten Kopf unter ihrem Helm verstecken können und ihrer Freundin die Erlaubnis gegeben, ihm ihre Nummer zu geben. Wie sich Dinge ändern können Sie musste schmunzeln. Diese Art passte so gar nicht zum Erwartungsbild, von dem sie im Laufe der Jahre geglaubt hatte, dass sie wirklich so war. Die Rolle der Profispielerin gefiel ihr da weitaus besser. Sie fuhr mit den Fingern über den wilden Zopf. "Ich denke, du musst mir bald einen Gefallen tun." Lumina spielte mit den Fingern an der Zigarette, die sie sich frisch aus der Tasche ihres Sweatshirts geholt hatte. "Wenn du so sprichst, kann es nur etwas total Verrücktes sein." "Das werden wir noch sehen. Es kann nur passieren, dass einer deiner Träume bald wahr wird", ihr Lächeln ließ die Augen gefährlich aufblitzen, "was hasst du noch mehr als die Kaiba Corporation?" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)