Spiel ohne Limit von Lady_of_D ================================================================================ Kapitel 13: ------------ Oh mein Gott Langsam öffnete sie die Tür zum Café, während sämtliche Muskeln ihres Körpers protestierten. Schwerlich bewegte sie sich vorwärts in Richtung Tresen als sie bereits breit angelächelt wurde. "Was ist denn mit dir passiert?", Makoto ließ den Blick über die junge Frau schweifen, die alle Mühe hatte, ihr Gesicht nicht zu verziehen. Rin wusste selbst, dass sie wie eine alte Frau mit Krückstock lief, konnte jedoch nichts daran ändern. "Ich habe mir einen falschen Ort zum Duellieren ausgesucht", entgegnete Rin zischend. Selbst Sprechen verschlimmerte das Stechen in ihren untersten Rippen. "Du hast dich duelliert?", Makoto schüttelte den Kopf und machte sich daran einen großen Becher Kaffee zu servieren, "dein Anblick erinnert mich eher an einen Langstreckenlauf." Erleichtert stützte sich Rin am Kassenbereich ab und atmete in tiefen Zügen. "Ich war in einer Rollschuhhalle", entgegnete sie und begann ihre Mähne von dem strengen Zopf zu befreien, der ihr leichte Kopfschmerzen bereitete. Sonst ignorierte sie diese Art von Schmerz, heute war sie dazu kaum mehr in der Lage. Als die Haare ihre Schultern berührten, schüttelte sie sich leicht und spürte die neu gewonnene Freiheit. Mit dem frischen Becher Kaffee besserte sich Rins Laune, dass ihre Lippen ein kleines Lächeln zustande brachten: "Dieser Duellant", stöhnte sie und pustete den heißen Dampf herunter, "er wollte sich nur mit Rollschuhen duellieren. Wäre er nicht unter den Top hundert gewesen, ich hätte mich niemals darauf eingelassen. Ich habe überall Muskelkater", sie drehte ihre Hüften, "sogar an Stellen, von denen ich keine Ahnung hatte, dass ich dort Muskeln besitze." Makoto fing an zu lachen: "Dabei siehst du immer so fit aus." Fit ist definitiv was anderes Rin schüttelte den Kopf und richtete mit den Fingern ihre Haare, dass sie nicht ganz so wild lagen. Makoto hingegen wandte sich von ihr ab und fummelte wie so oft an der Kaffeemaschine herum. "Das sind nur die guten Gene", entgegnete sie und lehnte sich etwas mehr nach vorne, dass ihr Rücken ins Hohlkreuz ging und ihr Hinterteil in den Vordergrund gerückt wurde. Da um diese Zeit kaum einer im Café saß, war es ihr egal wie sie sich präsentierte. "Der heutige Tag hat mir gezeigt, dass ich dringend wieder in Form kommen muss. Meine Kondition ist völlig im Eimer." "Sollte eine ehemalige Kendo- Juniorenmeisterin nicht bessere Konditionen haben?" Rin hielt inne, nur langsam drehte sich ihr Kopf zur Seite. Sie sah hinauf. Seto Kaiba. Wie immer pünktlich auf die Minute "Mit einem Shinai in einer dreißig Quadratmeter-Wohnung zu trainieren hat sich als ineffektiv erwiesen. " Habe ich das gerade tatsächlich gesagt? Seine eisblauen Augen sahen sie von oben herab an, dass sich Rin sogleich ihrer Körperhaltung bewusst wurde und sich aufrichtete. Der Größenunterschied blieb, trotz ihrer gefährlich hohen Stiefel, welche ihrem Muskelkater perfekt in die Karten spielten. Sie spürte, wie sie gegen den Drang zu schlucken ankämpfte. Ebenso die Hitze in ihrem Inneren zu bekämpfen, die seine unmittelbare Nähe zusammen mit diesem Blick verursachten. Die junge Frau war erleichtert als er mit einem leichten Lächeln auf den Lippen seinen Kaffee und sein Sandwich entgegennahm und wortlos an seinen Platz zurückkehrte. Rin blieb noch einige Sekunden lang stehen, bevor sie sich ebenfalls an ihren Stammtisch setzte und die Beine ausstreckte. Sie nahm ihre DuelDisc vom Arm und ließ die Finger über das Armband streichen. Obwohl seine Gegenwart ihr nicht mehr das Herz in die Hose rutschen ließ, machte es Rin nervös, wenn er sie direkt ansprach. Noch dazu fiel es ihr immerzu schwerer, ihren Duell-Modus abzuschalten, dass ihr bei jeder Gelegenheit ein Gegenargument über die Lippen kommen wollte. Wenn ich einmal einen schlechten Tag bei ihm erwische, wird es mich den Job kosten Sie brauchte jetzt dringend etwas Ablenkung. Also zückte sie ihr Smartphone aus der Tasche ihrer Lederjacke und sah ihr Postfach durch. Zwanzig ungelesene Nachrichten blinkten auf. Dazu gesellten sich drei Mails, die sie von ihrer Arbeit erhalten hatte und bestimmt wieder nur Termine für Meetings und Besprechungen waren. Vorsichtig nahm sie einen Schluck Kaffee, bevor sie die Nachrichtenliste abarbeitete. "Also wirklich, Rin", rief Makoto, dass die junge Frau ihren Kopf hob und zu der Braunhaarigen herübersah, welche auf ihre Kasse starrte und die Hände in die Hüften stemmte, "du könntest ruhig etwas sagen." "Was denn?" Statt einer Antwort beugte sich Makoto zu dem Kühlschrank herunter und holte ein Stück Schokotorte heraus - eine der besten Kreationen, die ihr Verlobter gezaubert hatte . Anschließend dekorierte sie den Teller mit ein paar bunten Streuseln, die aus Rins Entfernung wie Konfetti aussahen. Nun verstand auch Rin, dass sie sich etwas tiefer in den Stuhl zurücklehnte. Ihr Armband musste sie verraten haben. "Das ist wirklich nicht nötig", murmelte Rin und beobachtete wie Makoto breit grinsend auf sie zukam, dabei das größte Stück Torte vor sich, dass sich Rins Magen sofort meldete. Ach ja, stimmt. Ich habe heute noch gar nichts gegessen Sofort spürte Rin wie ihr Bauch versuchte einen Knoten um die Gedärme zu drehen. Mit einem beschämten Lächeln nahm sie den Teller entgegen. "Heute geht alles aufs Haus", versicherte Makoto, "wenn du willst, kannst du dir noch einen Songtitel aussuchen", zwinkerte sie ihr zu, bevor sie sich mit einem Schwung zurück zu ihrem Platz bewegte. "Nicht nötig", schmunzelte Rin und schüttelte den Kopf, "ich glaube auch nicht, dass du meine Musik auf deiner Playliste hast." "Ich habe fast zweitausend Titel auf dem Stick. Da musst du schon mit was Exotischem kommen." "Nun ja", Rin nahm die Gabel zur Hand und blickte auf das verheißungsvolle Dessert, "wenn ich dir das jetzt sage, verrate ich dir ja ein Geheimnis, dass außer meiner Mitbewohnerin niemand kennt." Ihre Zunge fand die mit Schokolade überzogene Sahne, dass sie das ganze Stück am liebsten in einem Zug in den Mund geschoben hätte. Aber sie riss sich zusammen - schließlich war sie nicht allein. "Ist es etwa so peinlich?", wollte Makoto einfach nicht nachgeben und lächelte noch breiter. "Ich denke nicht", erwiderte Rin und versuchte jede Geschmacksknospe zu spüren. "Spuck`s schon aus", Makoto krallte sich einen Teller und hielt ihn über das fließende Wasser. Dabei begannen ihre Augen zu funkeln, dass Rin diesen Moment auskostete und genüsslich ihre Torte aß. "Es ist wirklich nichts Besonderes", entgegnete sie schließlich als der letzte Bissen durch ihre Speiseröhre gewandert war, "die Musik ist von keiner bestimmten Band, sondern aus einer Serie, die ich als Kind geschaut habe." "Und weiter? Welche ist es?" Rin kratzte sich an den Kopf: "Baburugamu Kuraishisu." Makoto blinzelte zu ihr herüber. "Ist das nicht eine Cyperpunk-Serie aus den achtzigern?" Rin nickte. "So´n Zeug haben doch die Jungs immer geguckt. Hätte nicht gedacht, dass du auf so was stehst." Rin legte die Gabel auf den Teller: "Lass`mich raten: Du dachtest, ich bin eher dieser Magical Girl Typ." "So was ähnliches ja. Nimm´s mir nicht übel." "Schon gut", winkte Rin ab und legte ebenfalls ihr Smartphone von der Hand, "ich weiß, wie ich auf andere wirke. Hat auch manchmal seine Vorteile, unterschätzt zu werden. So bleibt mir immer der Überraschungseffekt", dabei bekam ihr Lächeln etwas Diabolisches. "Aber ich versteh`nicht, warum du so ein Geheimnis drum machst. Bei den Kerlen kommt sowas doch super an. Die lieben es, wenn man sich für ihren Kram interessiert." "Nur solange man nicht mehr davon versteht. Ist bei DuelMonsters dasselbe", erwiderte Rin und verschränkte die Arme vor der Brust, "klar, am Anfang findet es jeder super, dass man dieselben Interessen hat. Sobald man sich aber mal ernsthaft darüber unterhalten will, kriege ich nur blöde Gesichter zu sehen." "Lass mich raten", Makoto stellte den Teller zum Trocknen und fuhr mit dem nächsten fort, "die Kerle wollen eigentlich nur angeben und nicht wirklich darüber reden." "Zumindest haben sie nicht viel zu reden." Rin hatte anfangs immer geglaubt, dass ihre Interessen gut ankämen, doch nachdem sie eines besseren belehrt worden war, hatte sie es einfach sein lassen, irgendjemandem von ihren echten Vorlieben zu erzählen. Lumina war die einzige mit der sie über all ihre verquirlten und verrückten Leidenschaften reden konnte. Vor ihr hatte sie keine Geheimnisse, ebenso wenig die Scheu ihr wahres Ich zu zeigen. Die letzten Wochen hatten ihr in dieser Hinsicht gut getan. Auch wenn ihr ganzer Körper von Muskelschmerzen übersät und keine Minute für Freizeit geblieben war, konnte sie ganz ihren Leidenschaften freien Lauf lassen und zumindest einen Teil ihres Wesenszuges offenbaren. "Ich kann mit diesem Genre überhaupt nichts anfangen", seufzte Rin, "Kaito liebt auch diese ganzen Mecha-Animes, da bin ich voll raus. Keine Ahnung, warum Roboter und Menschen in Roboterkostümen so begeistern." "Was?!", setzte Rin eine fassungslose Miene auf, die in ein breites Grinsen überging, "machst du Witze? Das ist High-Tech und Science Fiction wie sie in dieser Zeit nur zu träumen war. All diese Technologien und Möglichkeiten. So viel Macht und Power in Wissenschaft und Technik, dass sämtliche Möglichkeiten des menschlichen Bewusstseins gesprengt werden-" "Okay, okay. Ich verstehe ja schon", lachte Makoto, "deine Augen funkeln als würdest du nicht über eine Serie sondern einen Typen reden." "Doch nicht wegen der Serie", murmelte Rin, die selbst gemerkt hatte, dass ihre Stimme an Volumen zugenommen hatte. Ohne ihren Blick herüber auf den einzig besetzten Platz zu werfen, legte sie sich die DuelDisc um und erhob sich von ihrem Platz. Dabei kämpfte sie gegen die Schmerzen in ihren Waden und Oberschenkeln. So schlimmen Muskelkater hatte sie noch nicht einmal zu ihrer ersten Kendo-Stunde gehabt - und die war mehr als Kräfte raubend gewesen. Wie sollte es ihr morgen ergehen, wenn sie jetzt schon kaum laufen konnte? Ihre Hand wanderte zu ihrer anderen Jackentasche, in der sich ihr Portemonnaie mit sämtlichen Einlasskarten befand. In den letzten Wochen hatte sie so viele Sondergenehmigungen und Zutritte erhalten, dass ihr Kartenfach so voll war, wie das jener Frauen, vor denen Rin sich am liebsten die Hand vor die Stirn geschlagen hätte. Im Gegensatz zu ihnen war Rins Portemonnaie voll von Karten der Kaiba Corporation. Neben diversen Vergünstigungen, hatte sie Zutritt zu verschiedenen Bereichen des Buildings erhalten, zu dem seit Neustem die Schwimmhalle im ersten Untergeschoss zählte, von der Rin vor Wochen nicht einmal eine Ahnung hatte, dass die Firma solch eine besaß. Sie beschloss, ihrem Körper etwas Ruhe zu gönnen, bevor sie sich auf dem Heimweg noch ein paar Duellanten vorknöpfte, die sie bald aus den Top hundert in die besten fünfzig bringen sollten Gestern hatte sie sich auf Platz neunundneunzig vorgearbeitet, dass sie nun mit ihren zwei Mitbewerbern gleich auf lag. Sie hatte den Gedanken an Yoshi erst einmal beiseite geworfen, da er noch weit von ihrem Ziel entfernt war und womöglich in Kürze seinen Platz für die nächste Runde sichern konnte. Bei dem Gedanken stieg Wut in der jungen Frau auf. Dieser elende Kotzbrocken. Seine überhebliche Art machte sie rasend. Jedes Mal, wenn sie aufeinander trafen, würde sie ihm am liebsten mit ihrer DuelDisc eins überbraten oder ihn zumindest zu einem Duell herausfordern. Yoshi schien es regelrecht darauf abzuzielen, mit seinen dummen Sprüchen Rin bis aufs Äußerste ihrer Geduld zu drängen. Irgendwann würde der Tag kommen, an dem sie ihm zeigen würde, dass arrogantes Auftreten und ein goldener Löffel im Mund nichts mit wahrer Stärke zu tun hatten. Aber darauf müsste sie wohl noch warten. Eine falsche Niederlage von ihr und sie würde sich zum Gespött aller machen. Diesen Triumph gönnte sie ihm nicht. "Du gehst schon?", Makoto beugte sich nach vorne, nachdem sie zwei Kunden abkassiert hatte. Die Kundschaft des Cafés bestand hauptsächlich aus Mitarbeitern der Kaiba Corporation. Anzugträger in den Dreißigern und Vierzigern, die scheinbar keine Zeit für ausschweifende Pausen hatten und ihre Mahlzeiten mit auf Arbeit nahmen, statt sie entspannt im Café zu verzehren. Umso erstaunlicher war es für Rin, dass ausgerechnet Seto Kaiba sich die Zeit nahm, statt sich die Mahlzeiten in sein Büro schicken zu lassen. Beim Vorbeigehen war ihr Blick flüchtig auf seine Statur gefallen. Ihr Boss trug zum ersten Mal nicht seinen weißen Mantel, der für Rin irgendwie dazu gehörte. Stattdessen ließen ihn der schwarze Rollkragenpullover mit den Schnallen an den Ober- und den Metallmanschetten an den Unterarmen schlanker als sonst erscheinen. Und irgendwie jünger Rin vergas oft, dass der junge Firmenchef bloß zwei Jahre älter als sie und damit der Altersunterschied nicht so groß war, wie sie manchmal das Gefühl hatte. Es war viel mehr seine Art und das Wissen, dass er das größte Spieleunternehmen der Welt leitete, dass ihn so viel erwachsener wirken ließ, wo hingegen Rin sich klein und unbedeutend vorkam. So jemand geht nur mit Models und Schauspielerinnen aus...Was denk`ich denn da! Als ob das eine Rolle spielt. Ohne es zu wollen, beschleunigte sich ihr Schritt. "Ich hab noch ein paar Dinge zu erledigen", murrte Rin und steckte eine lose Strähne hinter ihr Ohr, "außerdem bin ich für heute noch nicht fertig." "Übertreib´es aber nicht", entgegnete Makoto und klang dabei wie ihre beste Freundin, "schließlich ist heute dein Geburtstag." Rin wusste, dass sie ihr nichts dergleichen versprechen konnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)