Spiel ohne Limit von Lady_of_D ================================================================================ Kapitel 5: ----------- Kaum war sie zurück am Eingangsbereich, begann auch schon ihr Magen zu knurren. Es war bereits Mittagszeit und Rin hatte noch keine Gelegenheit für ein richtiges Frühstück gehabt. Wenn sie ihren Hunger noch weiter ingnorieren würde, wäre sie bald nur noch kriechend unterwegs. Also entschied sie sich in das nebenstehende Café zu gehen, das ebenfalls zu dem gewaltigen Komplex der Kaiba Corporation gehörte. Neben einer Cafeteria, zwei Restaurants und einem Schnellimbiss, die ebenfalls Teil davon waren, sah das Café in der Ecke wie ein farblich umgestalteter Starbucks aus. Silber, Weiß und Blau waren die Farben; die Wände waren in einem kühlen Ton bemalt, an denen nur ein einziges Bild hing - die Statue des weißen Drachen mit eiskaltem Blick, geschossen auf einem der Themenparks. Die Möbel waren ebenso clean und so aufgestellt worden, dass sie eine beabsichtigte Asymmetrie abbildeten. Lediglich die Kassenzone war mit allerhand Leckereien versehen, die Rin das Wasser im Mund zusammenlaufen ließen. Es gab Törtchen in den buntesten Farben, viele klassische und moderne Gebäcksorten, eine riesige Auswahl an Frühstücksbrötchen und belegten Baguettes, dass sich der Magen gierig zusammenzog und Rin sich an das Ende der Schlange stellte, die überraschend klein für diese Uhrzeit war. "Was kann ich für dich tun", eine junge Frau mit braunrotem Pferdeschwanz lächelte sie warmherzig an. Rin bestellte als erstes einen großen Kaffee, für den sie heute Morgen keine Zeit mehr gehabt hatte, nachdem sie von ihrem eigenen Spiegelbild angegesprungen worden war. "Und noch was Herzhaftes, dass du mir und meinem leeren Magen empfehlen kannst." Die Kassiererin musste nicht lange überlegen, sie nahm eine der größeren Baguettes mit allerlei bunten Saucen, Gemüse und geschnetzelten Hühnerstreifen, dass Rin begeistert nickte. "Das macht dann...ach halt, warte. Du trägst doch ein Armband der Kaiba Corporation." Ich würde es jetzt nicht als Armband bezeichnen, aber- "Ja", bestätigte Rin und drehte die Innenseite ihres Unterarms, dass die Kassiererin freie Sicht auf die Gravuren hatte. "Du bist neu, stimmt`s", damit tippte sie etwas in ihre Kasse ein, dass der Preis um fünfzig Prozent sank. Gar nicht mal so übel "Heute ist mein erster Tag", bestätigte Rin und zählte die Scheine, "ich muss mich noch an das System gewöhnen. Bisher kannte ich nur klebrige Esssensmarken, für die ich mir ein paar labbrige Nudeln bestellen konnte." "Hier und in den anderen Stores", sie deutete auf die benachbarten Geschäfte und Lokalitäten, "bezahlst du immer nur die Hälfte. Es lohnt sich auch, in der Innenstadt das Armband zu zeigen. Manche Läden bieten dir dann ein paar Prozente an. Besonders wenn sie dich aus dem Fernsehen wieder erkennen." Für Rin war es noch nicht greifbar, dass sie jemand wiedererkennen könnte. Weder hatte sie sich bisher einen Namen machen können, noch war sie an dem Punkt, an dem sie sich für jemand hielt, dessen Namen man kennen musste. Rin wusste, dass sie bald anders zu denken hatte, dass sie daran arbeiten musste, nach vorne zu kommen, damit sie aus der Amateur- in die Profliga aufstiege. Das war wirklich von Bedeutung. "Verrätst du mir noch deinen Namen?", fragte die Kassiererin und überreichte Rin das Wechselgeld, "vielleicht werde ich bald mehr von dir hören." "Rin Yamamori." Während sie sich einen Platz aussuchte, musste Rin feststellen, dass das Innere doch nicht so kühl wirkte wie es auf den ersten Blick den Anschein erweckte. Die Stühle hatten eine angenehme Form - nicht zu kantig und spitz, eher geschwungen, dass es sich gut ihrem Rücken anpasste. Nach einem ersten Schluck der dunklen Flüssigkeit, die sie sich mit einem winzigen Schuss Milch aufgehellt hatte, und einem kräftigen Bissen in das Baguette, war sie vollends von dem Laden überzeugt. Genüsslich kauend griff sie in ihre Hosentasche und zückte ihr Handy hervor. Sie schrieb eine kurze Nachricht an Lumina, dass sie sich für Mittwochabend nichts vornehmen sollte. Zwei Eintrittskarten für das Eröffnungsduell hatte sie von dem jüngeren der Kaiba Brüder erhalten. Rin war bereits in Richtung Fahrstühle spaziert als sie Mokuba kurzfristig angehalten und ihr die Tickets ausgehändigt hatte. Rin bekam ein breites Grinsen als sie die Nachricht abtipppte: Ich sag`nur Geflügelter Drache trifft auf Dunkle Todesfurcht Rin wusste, dass ihre beste Freundin darauf anspringen würde, auch wenn sie kein besonders großer Fan von Ryu Bakura war, der bei ihr mit seinen Zombie- und Geistermonstern immer einen leichten Schauer verursachte. Dafür war der amtierende Champion des Orients umso überzeugender. Nicht, weil die Schwarzhaarige von Marik Ishtar so begeistert war, sondern der geflügelte Drache des Ra zu einem ihrer Lieblingsmonster gehörte. Die Götterkarten waren die am schwierigsten zu erstandenen Karten, die es bei Duel Monsters gab. Anders als beim weißen Drachen oder dem schwarzen Magier - Luminas favorisierte Monsterkarte - waren die drei ägyptischen Götter eine Rarität, die es nur in einmaliger limitierter Auflage gab. Soweit Rin sich entsinnte, gab es insgesamt zwanzig Stück - zehnmal Obelisk und jeweils fünfmal Ra und Slifer. Marik besaß zwei dieser ultimativen Götterkarten, von denen er meist nur Ra aufs Spielfeld setzte. Im Grunde genügte auch die Beschwörung eines einzigen Gottes -besonders dem stärksten von ihnen, Ra - um das Spiel für sich zu entscheiden. Neben dieser starken Karten bedarf es aber auch einer gut gespielten Hand und einem passenden Deck, von dem der Aschblonde beides besaß. Es dauerte nicht lange, dass ihre Freundin mit einem aufrechten Daumen antwortete und Rin ihr Baguette gemütlich zu Ende aß. Während noch die letzten Bissen durch ihren Mund gingen, entschied sie sich Yamato zu schreiben. Dieser hatte ihr gestern Abend noch eine Nachricht zukommen lassen, in der er noch einmal betonte, wie sehr ihm der Tag gefallen hatte. Mit diesem Gedanken lud sie ihn spontan ins Café ein. Rin wusste nicht, ob der Schwarzhaarige ihre Nachricht überhaupt lesen konnte. Zwar kannte sie seine Arbeitszeiten, aber nicht die genauen Pausenabschnitte, dass es sogar sein konnte, dass sie diese bereits verpasst hatte. Aber sie musste es versuchen. Schließlich könnte dies vorerst die letzte Möglichkeit sein, sich zu sehen. Wer weiß, wann sie das nächste Mal in der Nähe wäre, wenn sie einmal mitten im Battle-City-Turnier steckte. Wie lange konnte sie seine Geduld auf die Probe stellen, bevor er das Interesse an ihr verlöre? Bei seinem Aussehen und seinem Auftreten war sie sich sicher, dass er keine Schwierigkeiten hatte, jemand Neues kennen zu lernen, der ihm mehr Aufmerksamkeit schenken konnte. Innerlich musste Rin seufzen. Sie musste schnellstmöglich an etwas anderes denken. Nach einem weiteren kräftigen Schluck ihres Kaffees kramte sie aus ihrer Umhängetasche eine Blechbox hervor, in dem sie ihre potenziellen Karten für ihr neues Deck aufbewahrte. Ihr Blick fiel auf den weißen Nachtdrachen. Der hellblaue, wie Diamanten funkelnde Drache war ihre erste Wahl gewesen, nachdem sie ihren weißen Drachen mit eiskaltem Blick abschwören musste. Für Rin stand fest, dass sie ihr Deck in seinen Grundfesten nicht ändern wollte. Sie war nun einmal ein Liebhaber von Drachen, daran würde sie nicht rütteln. Schließlich verdankte sie es den erhabenen Geschöpfen, dass sie die Leidenschaft zu Duell Monsters für sich entdeckt hatte. Neben ihren geliebten Kreaturen gab es nur wenige Monsterkarten, die in ihr dieselbe Leidenschaft entfachen konnten. So steckte sie all ihre Leidenschaft mit jahrelangem Wissen zusammen und baute an einem neuen Deck, dass sich auf den weißen Nachtdrachen fokussierte. Ein paar ihrer alt bewährten Karten behielt sie, besonders ihre Zauber- und Fallenkarten, die so manches Blatt zu ihren Gunsten gewendet hatten, würden sie auch im künftigen Battle-City-Turnier unterstützen. Sanft strich sie über die Innenseite der Karte. Matt funkelte sie und mit einem verschmitzten Lächeln wandte sie sich den anderen zu. Eingehend studierte sie die besten Karten ihrer Sammlung - immer und immer wieder. "Hier", die Kassiererin von vorhin hatte sich vor ihren Tisch gestellt und platzierte ein Mandarinentörtchen neben ihren Kartenstapel, "das geht aufs Haus." Schon allein der Gedanke an die Mascarpone in ihrem Mund, ließ sie auf Wolke sieben schweben. "Als könntest du meine Gedanken lesen", säuselte Rin und bestellte noch einen weiteren Pott Kaffee als sie einen flüchtigen Blick auf die Uhr warf. Es war bereits drei Uhr Nachmittag, sie hatte völlig die Zeit an sich vorbeiziehen lassen - nichts Ungewöhnliches, wenn sie einmal in ihre Karten vertieft war. "Kommt sofort", damit schwang die junge Frau ihren Pferdeschwanz nach hinten und eilte zurück an den Tresen, noch bevor Rin fragen konnte, ob sie ihn sich selbst holen sollte. Kurz darauf kehrte die Kassiererin mit einem frischen Pott Kaffee zurück, den sie bereits mit etwas Milch versehen hatte. Die Frau war wirklich aufmerksam. "Und wie ist dein Name?", fragte Rin als der alte Becher gegen den neuen ausgetauscht wurde. "Makoto", lächelte die Kassiererin und tänzelte zu ihrem Platz zurück. Ich glaube, so passt es. Damit legte Rin die Karten zurück in die Box. Sie hatte ihr Deck soweit verbessert, dass ihre Strategie Erfolgschancen versprach. Bald würde sie es testen können, vielleicht sogar noch heute Abend, wenn sie Lumina davon überzeugen konnte, mal wieder eine Partie mit ihr zu spielen. Sie sammelte ihre Sachen zusammen, nachdem sie sich sicher war, dass ihr Yamato vor Feierabend nicht mehr antworten würde. Zumindest sähe er ab achtzehn Uhr, dass sie sich gemeldet hatte und sich genauso auf ein Wiedersehen freute. Ihre Augen wanderten müde in Richtung Schaufenster als sie einen langen weißen Mantel vorbeihuschen sah, der sich trotz eiserner Windstille aufrecht stellte als könnte er der Schwerkraft trotzen. Es dauerte nicht lange, da wurde die Tür des Cafés aufgerissen und niemand geringeres als Seto Kaiba betrat den Kassierbereich. Erst jetzt viel der jungen Frau auf, dass sie mit einem Pärchen, dass sich direkt am Eingang niedergelassen hatte, die einzige im Café war. Ohne eine Anweisung zu geben, drehte sich Makoto zu der Kaffeemaschine, stellte etwas an dem kompliziert aussehenden Gerät um und ließ die Kaffeebohnen mahlen. Sein Blick war ruhig, wenn er auch nicht das Gefühl von Entspannt-sein vermittelte. Mit einer leichten Kopfbewegung, die sie kaum wahrnahm, ließ er den Blick in ihre Richtung schweifen. Seine Augen waren ausdruckslos, Rin war sich nicht sicher, ob er sie überhaupt erkannte. Darum wandte sie sich ab und verstaute die Box in ihre Tasche. Anschließend legte sie die Teller und Tassen zusammen auf einen Stapel und ließ den Blick über das Café wandern. Sie wusste nicht, ob sie das Geschirr selbst wegschaffen oder einfach stehen lassen sollte. Nach vorne gehen und fragen konnte sie jetzt unmöglich! Ihr Boss bekam gerade seinen Kaffeebecher überreicht, sowie ein belegtes Sandwich, das Makoto frisch zubereitet hatte. Irgendwie beruhigte sie der Anblick, der so viel Normalität ausdrückte wie sie in dieser Welt, in welcher Seto Kaiba lebte, nicht erwartet hatte. Denn, zu ihrer Überraschung, setzte sich der Chef der Kaiba Corporation auf die mit Leder bezogene Bank in der hintersten Ecke des Cafés und widmete sich seines Heißgetränks. Ein Unwohlsein machte sich in ihr breit, dass sie am liebsten das Café verlassen hätte. Doch sie wusste nicht, wie sie sich entsprechend verhalten sollte. Sie konnte ja unmöglich hinausgehen, ohne ihren Chef begrüßt zu haben. Und wenn er mich nicht erkennt, stehe ich da wie der letzte Depp Aber hinauszugehen, ohne ein Wort zu sagen, erschien ihr ebenfalls als großer Fehler. Am Ende erkannte er sie doch und würde ihr Auftreten als unhöflich bewerten. Es konnte auch genauso gut sein, dass er nicht gestört werden wollte und ihn ansprechen genauso fatal war. Rin biss sich auf die Lippen. Sie war in einer ihr selbst geschaffenen Zwickmühle gefangen. Ihr war bewusst, dass ihr Verhalten dämlich war, nur konnte sie es nicht abstellen. Das einzige, dass ihr einfiel, war ein Blatt mitsamt Kugelschreiber aus ihrer Tasche hervor zu holen und die Einkaufsliste für diese Woche zusammenzustellen. Schreiben sieht immer wichtig aus![/I Dabei zog sie ihre Duellbox mit ihren aussortierten Karten heraus, die sie zunächst neben den Zettel ablegte. Mit ihrer rechten Hand fuhr sie sich durchs Haar, während sie sich mit der linken Notizen machte. Solange ihre Finger beschäftigt waren, hatte sie ihre Nervosität gut im Griff. Sie versuchte, nicht zu dem Chef der Kaiba Corporation herüber zu linsen, der noch immer mit seiner Präsens eine eisige Stimmung frei setzte. Du bist echt lächerlich, Rin. Sie knallte den Kugelschreiber auf den Tisch und starrte ins Leere. Du packst jetzt deine Sachen zusammen , und verschwindest von hier. Tu einfach so, als würdest du nicht bemerken, dass er noch immer da sitzt und sein Sandwich in aller Seelenruhe verputzt. Und was für schmale lange Finger er hat...Ach, was denkst du denn da. Sie stopfte sich das Papier in die Tasche und erhob sich. Rin wunderte sich selbst über ihren plötzlichen Entschluss, den sie auch noch in die Tat umsetzte. Ihre Beine bewegten sich in Richtung Ausgang. Ihr Herz begann in einer heftigen Tour zu rasen und stellte damit den gesamten Morgen in den Schatten. Leicht bog sie nach rechts und war schon fast an der Tür. "Mach`s gut, Rin, und beehre uns bald wieder", rief ihr Makoto hinterher, dass sich Rin zusammenreißen musste, ihr nicht einfach den Rücken zuzukehren. Stattdessen drehte sie sich in Richtung Kasse und lächelte zum Abschied, bevor sie ihre Weg fortsetzte. Sie öffnete die Tür. Ihr Atem setzte für einen Augenblick lang aus als eine Hand sich von hinten über ihre Schulter bewegte und die Tür scheppernd zuknallte. Ihre Augen starrten zu dem muskulösem Arm, der vollkommen in Schwarz eingekleidet war. Weiter wanderte ihre Blick hinauf als dieser zwei eisblauen Augen begegnete. "Haben Sie nicht etwas vergessen, Frau Yamamori", mit der freien Hand hielt er ihre Duellbox vor's Gesicht, dass Rin leicht den Mund öffnete. "Oh", hauchte sie und nahm wie hypnotisiert die Box entgegen, "danke", fest umklammerte sie ihr altes Deck, dass das Weiß ihrer Knöchel hervortrat. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, wandte er sich von ihr ab und schritt zurück an seinen Platz, während Rin bereits aus dem Café geflüchtet war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)