Das Leben ist wie ein Garten am Bahndamm von DieLadi ================================================================================ Kapitel 7: Ungeduld ------------------- Der Zug kam quietschend am Bahnsteig zu stehen. Da haben wir die modernste Technik, auch im Bahnverkehr, dachte Jako, aber Züge quietschen immer noch. Dann grinste er. Schon komisch, womit sich das Hirn so beschäftigt, wenn man doch eigentlich an etwas ganz anderes denkt. Gemeinsam gingen er und der Helfer zum Zug. Die Tür öffnete sich, der junge Mann klappte die Rampe herunter und half Marti aus dem Zug. Jako, der seinen Schatz schnell geküsst hatte, holte Martis Gepäck und bedankte sich bei dem Mann, der daraufhin in Richtung Bahnhofshalle davon stapfte. Nun nahm Jako seinen Marti richtig fest in die Arme. „Schön, dass du wieder da bist, Kleiner.“ Marti strahlte. „Ich bin auch froh. War schön bei meinen Leuten, aber du hast echt gefehlt. Mama sagt, ich soll dich in ihrem Namen ausschimpfen, weil du nicht mitgekommen bist.“ Jako grinste. „Kannste später machen, jetzt lass uns erst mal nach Hause.“ „Weißt du, Jako, ich bin ziemlich erledigt. Können wir erst mal im Bahnhof einen Kaffee trinken?“ Mmpf. Darauf hatte Jako eigentlich überhaupt keine Lust. Viel lieber wollte er schnell nach Hause, er wollte so gern sehen, wie Marti reagierte. Aber Martis Augen sahen ihn bittend an, und er konnte Marti einfach nichts abschlagen. Und außerdem gab es ja auch keinen wirklichen Grund dafür. „Klar“, sagte er daher. Dann schulterte er Martis Tasche und stiefelte neben seinem Schatz her, der zielsicher zu einem der Backshops im Bahnhofsgebäude steuerte. Marti bestellte für sie beide einen Kaffee und sie machten es sich an einem der kleinen Tische gemütlich, nachdem Jako einen Stuhl an die Seite geschoben und somit Platz geschaffen hatte. Der Kaffee tat gut. Jako spürte, dass auch er ganz schön geschafft war. Das Wochenende war ziemlich anstrengend gewesen. Klar, das alles hatte Spaß gemacht, aber wirklich erholsam war es nicht gewesen. Egal, Marti war ihm das wert. Jako war unruhig. Marti plapperte in einer Tour, erzählte von der Feier, von den Verwandten, von dem Klops, den sich Onkel Helmut mal wieder geleistet hatte, von seinen Eltern und den Geschwistern. Irgendwann jedoch merkte er, dass Jako ihm nicht zuhörte. „Ähm... Jako?“ Nichts. „Herr Jannik Konstantin Joiko??!!“ Jako schreckte aus den Gedanken hoch. Es kam selten vor, dass Marti seinen vollen Namen nannte. „Sorry, ich war in Gedanken...“ „Ja, hab ich bemerkt. Ist irgendwas nicht in Ordnung?“ „Nein“, sagte Jako schnell, „alles okay.“ Marti schaute in abschätzend an. „Na hör mal, mein Lieber. Ich kenne dich zu gut, um nicht zu bemerken, dass irgendwas in dir vorgeht. Also was ist los?“ „Nichts, ich ... möchte nur gern nach Hause.“ Marti trank seine Tasse leer. „Von mir aus können wir“, sagte er und schüttelte leicht besorgt den Kopf. Irgendetwas hatte Jako auf dem Herzen. Na ja, er würde es schon herausfinden. Auf dem Weg zur U-Bahn merkte Marti, dass Jako von all dem, was er eben erzählt hatte, genau nichts mitbekommen hatte. Also erzählte er noch einmal von vorn, und diesmal hörte Jako ihm zu. Er lachte mit ihm über die kleinen Anekdoten, schmunzelte über Onkel Helmut und seine Eskapaden, lächelte über seine Freude, all die Cousins und Cousinen wiedergesehen zu haben. Schließlich sagte Marti: „Und wie war dein Wochenende? Hast du geschafft, was du dir vorgenommen hattest?“ Einen Moment war Jako wie erstarrt. Sollte Marti etwa was geahnt haben?! Dann fiel ihm ein, dass Marti das Uni-Projekt meinen musste. „Ja“, sagte er und atmete erleichtert aus. „Ja, ich habe alles geschafft.“ Er wurde ein bisschen rot, denn es war nicht seine Art, Marti Dinge zu verschweigen. Und Marti spürte es. Es war irgendwas im Busche. Also holte er tief Luft und sagte: „Komm schon, Jako. Was ist los mit dir?“ „Nichts Schatz. Wirklich. Lass uns einfach nach Hause, ja?“ „Okay ...“ Jako war ganz dankbar, dass in diesem Moment die U-Bahn kam. Sie hielt, pfeifend öffneten sich die Türen, und die Menschen strömten hinein. Jako wartete, bis die Menschentraube sich aufgelöst hatte und half dann Marti in die Bahn. Der Sitzplatz für Begleitpersonen von Rollstuhlfahren und Kinderwagen war wieder einmal besetzt, aber Jako hatte nicht den Nerv, sich mit dem etwas finsteren Kerl, der sich dort breit machte, auseinanderzusetzen. Also blieb er einfach bei Marti stehen. Die Bahn fuhr ihm einfach zu langsam. Natürlich war das Blödsinn, die Bahn fuhr genau so schnell wie immer. Aber er konnte es einfach nicht mehr erwarten, Marti zu zeigen, wie die Terrasse nun aussah. Er war aufgeregt und hibbelig und musste sich richtig anstrengen ruhig zu bleiben. Marti hatte es erst einmal aufgegeben, in ihn zu dringen. Was solls, dachte er. Früher oder später würde er schon herausfinden, was los war. Jako war eben manchmal auf seine ganz eigene Weise speziell. Er konnte stur sein wie ein Ziegenbock. Daher passten sie beide wahrscheinlich so gut zusammen, dachte er und musste grinsen. Schließlich waren sie an ihrer Haltestelle angekommen. Sie stiegen aus, benutzen den Aufzug und waren nun nur noch wenige Meter von ihrer Wohnung entfernt. „Zu Hause,“ dachte Marti. Er mochte das Gefühl. Zu Hause war nun nicht mehr in Salzgitter, bei seinen Eltern, sondern hier, in ihrer Wohnung, bei seinem Jako. Sein Jako. Ob er es wohl mögen würde, wenn ich ihn irgendwann Jannik Konstantin Fischer nenne, wenn ich mit ihm schimpfe? Vielleicht sollte ich ihn fragen ... Er lächelte versonnen und errötete ein wenig. Jako versuchte, die Wohnungstür aufzuschließen. Zuerst fiel ihm der Schlüsselbund aus der Hand. Herrgott noch mal! Aber dann schaffte er es, und sie betraten die Wohnung. Felix, der gute Felix, hatte tatsächlich aufgeräumt. Man sah nichts mehr. Marti rollte erst einmal in die Küche und nahm ein Mate aus dem Kühlschrank. „Ich habe Durst, wie ne Ziege nach nem Sandsturm“, sagte er, als er mit einem Zisch die halbe Flasche geleert hatte. Jako stellte Martis Tasche ins Schlafzimmer. „Lass uns die Morgen auspacken, okay?“ Marti nickte. „Ich geh mich ebne frisch machen“, sagte er, „und dann, wenn du nichts dagegen hast, lass uns den Abend ein bisschen auf der Terrasse genießen, okay?“ „Gerne“, sagte Jako und grinste breit. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)