Krieg der Götter von Clio1208 (Verlorene Krieger) ================================================================================ Prolog: Ein Göttergeschlecht ward geboren ----------------------------------------- „Check“, murmelte Akamaru und betrachtete mit einem zufriedenen Grinsen den Bildschirm seines Laptops. Dort war ein Ladebalken zu sehen, der sich Minute für Minute mehr ausfüllen würde. Wenn er voll und die Installation zu hundert Prozent abgeschlossen war, hatte er sein vorerstes Ziel erreicht. Er stieß ein euphorisches Lachen aus und sprang von seinem Bürostuhl auf. Seine Kollegen, ebenfalls allesamt vor ihren Laptops, sahen ihn verdutzt an. „Meine Freunde, es ist soweit“, verkündete Akamaru und blickte feierlich von einem zum anderen. „Du hast es geschafft?“, hakte Naoto ungläubig nach und rückte seine Brille zurecht. „Ja, habe ich“, meinte er, was mindestens zu fünfzig Prozent eine Lüge war. Sie alle hatten mitgeholfen, insbesondere dieses Miststück. Ohne deren Vorarbeit und Lösungswege hätte er Yggdrasil nicht hochfahren können, doch das brauchten seine Rekruten nicht zu wissen. Die Tatsache war für ihn ärgerlich genug, denn er wollte den Platz als Kopf der Bande behalten, bestenfalls berechtigt. So musste auch er die besten Leistungen erbringen, um sich den Respekt der anderen zu sichern. Dahingehend hatte ihm das Miststück einen Strich durch die Rechnung gezogen und er war dankbar für ihre Abwesenheit. Sie würde ihn auf ewig daran erinnern, dass sie ihm mindestens ebenwürdig war. „Prima, dann kann die Party ja steigen“, meinte Raku grinsend und verschränkte entspannt seine Arme hinter dem Kopf. „Was hat er geschafft?“, kam es von Nomi, welche als einzige nicht vor einem Bildschirm saß, sondern in der hinteren Ecke des Raumes. Gelangweilt drehte sie ihren Stuhl hin und her und begutachtete dabei ihre Nägel. Erst, als ihr niemand antwortete, schaute sie zu den Männern auf. „Was hat er geschafft?“, wiederholte sie sich lauter und letztendlich erbarmte sich ihr Bruder zu einer Antwort. „Er hat Yggdrasil wieder hochgefahren.“ „Aha und was bedeutet das?“ In Akamaru regte sich der Wunsch, das verblödete Mädchen als ein solches zu titulieren. Wie lang war sie nun mit ihnen hier? Vier Wochen? Und da hatte sie immer noch keinen blassen Schimmer, woran sie Tag und Nacht arbeiten? Nicht zu glauben, wie dumm ein Mensch sein konnte. Doch seinen Ärger würgte er herunter und schwieg. Zusammen mit dem Miststück, was Gott sei Dank fehlte, war Naoto das wertvollste Mitglied seiner Gruppe und er wollte seine Loyalität und sein Engagement nicht trüben, indem er seine bescheuerte Schwester beleidigte. Später, wenn sich sein Traum verwirklicht und er uneingeschränkte Macht hatte, konnte er das immer noch tun. Pff, beleidigen. Ich werde diese Nervensäge aus der neuen Welt entfernen, dachte Akamaru bei sich, immer noch darum bemüht, sich jeden hasserfüllten Blick zu verkneifen. „Schätzchen, davon verstehst du nichts. Mach dir lieber ein paar Zöpfe oder so“, kam es letztendlich von Raku, woraufhin sie ungehalten schnauzte: „Rede nicht so mit mir! Arschloch!“ Niemand schenkte ihr Gehör, auch nicht ihr Bruder. Alle waren zu sehr von der großen Neuigkeit gebannt. Dass die zweite Hürde nun bewältigt war, löste in allen ein Gefühl der Zuversicht aus. Insbesondere in Raku und Teruki, die sich in Sachen Ungeduld und Gereiztheit nicht viel schenkten. Die erste Hürde hatten sie schon vor Wochen hinter sich gebracht, indem sie sich in die Digiwelt gehackt und niedergelassen hatten. Geschützt wurde ihr Hauptquartier durch eine bombensichere Firewall, die Naoto errichtet hatte. „Wir sollten anstoßen“, bemerkte Raku und grinste in die Runde. Akamaru hätte ihm liebend gerne gesagt, dass er nach Nomi am allerwenigsten zu ihrem Erfolg beigetragen hatte und er ihm beinahe den Hals für seine ewigen Nörgeleien herumgedreht hätte, doch auch das schluckte er herunter. Er brauchte den Kerl noch, auch wenn er faul und undiszipliniert war. Akamaru hätte ihn nicht rekrutiert, wenn er in dem jungen Mann kein Potential gesehen hätte. Ein brillanter Hacker war er allemal. „Ja, das sollten wir“, grinste Akamaru also und von dem grimmigen Teruki kam ein zustimmendes Brummen. „Wenn ich noch länger auf diesen Bildschirm starre, trocknen mir die Augen aus.“ So erhoben sich die Hacker, streckten sich ausgiebig und schlurften dann zu der Wohnlandschaft, die neben dem langgezogenen Schreibtisch, an dem sie arbeiteten, den mit Akten und Büchern vollgestopften Regalen und einem wärmenden Kamin das einzige Mobiliar dieses Raumes war. Eine Küche und Schlafräume gab es ein Stockwerk über ihnen. Teruki, Naoto, Nomi und Akaramu setzen sich auf die bequeme, rote Couch. Raku lief die Wendeltreppe hinauf und kam wenig später mit einem Kasten Bier zurück, welchen er bei ihrem letzten, kurzen Ausflug in die ihnen verhasste, reale Welt gekauft hatte. Er reichte jedem ein Bier, Nomi allerdings erst, nachdem sie quengelte und nahm dann neben Teruki Platz. Die fünf stießen an. „Auf Yggdrasil“, meinte Naoto, doch Akamaru schüttelte seinen Kopf. „Nein, auf uns. Yggdrasil wird hier schon bald keine Rolle mehr spielen.“ Sein finsteres Grinsen wurde von den anderen Männern gleichermaßen erwidert. Nomi war nach wie vor ahnungslos, doch hatte augenscheinlich schon ihr Interesse an dem Thema verloren. Mit einem stumpfen Blick trank sie aus ihrer Bierflasche, in Gedanken wahrscheinlich schon bei der nächsten Pille, die sie sich bald einwerfen würde. „In unseren Reihen fehlt eigentlich noch dieses Mädchen“, bemerkte Teruki und traf damit einen Nerv von Akamaru. Es kostete ihn Mühe, sein glorreiches Lächeln beizubehalten. „Stimmt. Die war ja auch ganz gut. Schien mir aber nicht, als ob sie gerne mit uns abhängt“, meinte Raku und sein Kumpel zuckte mit den Schultern. „Ich häng auch nicht gerne mit euch ab und trink jetzt mit euch ein Bier. Wir sollten sie herholen.“ „Nein“, entwich es Akamaru etwas zu schnell und verdutzte Blicke trafen ihnen. Der von Teruki war regelrecht misstrauisch. Rasch ergänzte der selbsternannte Anführer: „Sie meinte, dass sie in der realen Welt zu tun hätte.“ „Na schön. Schreib ihr aber wenigstens, dass Yggdrasil wieder aktiviert ist“, meinte Teruki, nachdem er seinen Gegenüber für einen Augenblick bloß skeptisch gemustert hatte. In Akamaru regte sich Nervosität und eine tiefgehende Antipathie für den scharfsinnigen, skeptischen Burschen. Sein Instinkt sagte ihm, dass es mit ihm noch Probleme geben würde. Sowie sein ehemaliger Chef in der IT-Firma schon mit ihm und seinem aufsässigen, rebellischen Charakter Probleme gehabt hatte. Dabei hatte Akamaru nicht einmal damit gelogen, dass das Miststück sich abgemeldet hatte. Die Übernahme der digitalen Welt hatten sie nicht gerade mit Eifer, Stolz und Freude erfüllt. Es schien, als würde sie es eher als recht passable Freizeitaktivität ansehen. Auch das hatte Akamaru an ihr verabscheut – es schien, als würde sie ihn und seine Ziele nicht ernst nehmen. Wie er es hasste, nicht ernst genommen zu werden! „Leute, ich finde, wer solche Heldentaten vollbringt, verdient einen anständigen Namen“, riss ihn der eingebildet grinsende Raku schließlich aus seinen finsteren Gedanken und sah in die Runde. „Na klar, die fünf heldenhaften Teletubbies“, schnaubte Teruki spöttisch, woraufhin von Nomi ein geknurrtes: „Sechs.“ kam. Wieder wurde sie ignoriert. Raku holte gerade Luft, um seinen missmutigen Freund anzublaffen, da sagte Akaramu: „Er hat Recht. Wir brauchen einen Namen. Einen Namen, bei dessen Klang jeder das Bedürfnis hat, sich zu verneigen.“ Es folgte ein grüblerisches Schweigen, während dem Akamaru verstohlen die drei nachdenklichen Männer betrachtete. Seine Rekruten, allesamt geächtete, schwarze Schafe der Japanischen Gesellschaft. Genau wie er selbst. „Wie wäre es mit ‚die Asen‘?“, meinte schließlich Naoto. „Die Asen?“, wiederholte Raku seinen Kollegen mit zusammen gezogenen Brauen und dieser zuckte mit den Schultern. „Der Begriff Yggdrasil entspringt immerhin auch der nordischen Mythologie. Es ist der Lebensbaum.“ „Nordische was? Was für Asen?“, fragte Nomi und ehe sie aufgrund ihrer mangelnden Bildung wieder mit einem spöttischen Kommentar bedacht wurde, sprach ihr Bruder: „Die Asen sind ein Göttergeschlecht der nordischen Mythologie.“ „Ah ja“, brummte sie und kassierte mehr als einen finsteren Blick. Das bemerkte sie jedoch nicht, denn ihre Aufmerksamkeit lag schon wieder auf ihren Fingernägeln. Die Augen der Männer wanderten allmählich zu Akamaru. „Du bist der Boss. Du hast uns alle zusammen getrommelt. Du hast Yggdrasil wiederbelebt. Du entscheidest“, meinte Raku, woraufhin der sogenannte Boss mit falscher Bescheidenheit den Kopf schüttelte. „Wir sind ein Team. Wer ist für die Asen?“ Raku und Naoto gaben zustimmende Laute von sich und nach einem Seufzer kam auch von Teruki ein: „Na schön, warum nicht?“ Auch wenn das Miststück anwesend wäre und zusammen mit ihm gegen den Namen gestimmt hätte, wären sie in der Unterzahl gewesen. Nomis Meinung zählte in der Hackergruppe nicht. Akamaru grinste und hob erneut seine Bierflasche. „Na dann, auf die Asen.“ Die anderen prosteten ihm zu, in ihren Gesichtern glühender Stolz auf die sogenannten Heldentaten. Heldentaten, die schon bald die gesamte Digiwelt verändern würden. Selbst Terukis finsterer Blick hatte sich etwas aufgehellt. Akamaru gab ihm das, was er in der ausbeuterischen IT-Firma, in der er zuvor angestellt war, nicht gehabt hatte – ein höheres Ziel, einen Wert und Gleichgesinnte. Alles lief nach Plan, seine Lakaien waren augenscheinlich zufrieden. Und schon bald würde er auch Yggdrasil für sich und seine Ideen gewonnen haben. „Wollen wir uns auch Usernames geben?“, schlug der sichtlich begeisterte Raku vor. Er war so gut gelaunt, wie er noch wenige Minuten zuvor schlecht gelaunt über ihre mangelnden Fortschritte war. Akamaru kam eine Idee, die er sich nicht verkneifen konnte. „Wenn ich euer Anführer sein soll, dann heiße ich Odin und ihr Geri, Freki, Hugin und Munin.“ „Einverstanden“, kommentierte Raku und Naoto nickte. Nur Teruki zögerte, denn es widerstrebte ihm, den Namen eines Haustiers zu tragen. „Ich dachte, wir sind ein Team“, murrte er, seinen prüfenden Blick auf Akamaru gerichtet. Dieser verbarg seine Verärgerung hinter einem diplomatischen Lächeln. „Natürlich. Es ist doch nur ein Name.“ „Am besten nennen wir dich den Erbsenzähler“, meinte Raku an Teruki gewandt und grinste breit, als dieser ein übellauniges Knurren von sich gab. „Dann bin ich aber einer der Wölfe. Freki“, gab er sich letztendlich geschlagen. „Und ich Geri“, sagte Ruki prompt. „Ich bin der Rabe Hugin und für das Mädchen bleibt dann noch Munin“, stellte Naoto fest. Die jungen Männer sahen sich untereinander an und nickten einverstanden. „Wer bin ich?“, kam es von Nomi. Das nichtsnutzige Dummchen, brannte es Akamaru auf der Zunge, doch Raku übernahm die Antwort: „Freya, würde ich sagen.“ „Wer ist Freya?“ „Die nordische Göttin der Liebe.“ Er zwinkerte ihr anzüglich zu, woraufhin sich ihre Rosa geschminkten Lippen gefällig verzogen. Naoto senkte seinen Blick, damit niemand die Finsternis auf seinem Gesicht sehen konnte. Es war rührend, wie sehr er sich um seine missratene Schwester sorgte. So rührend, dass Akamaru beinahe übel wurde. Er ignorierte die Gefühlsduseleien der drei und verkündete: „Ein Göttergeschlecht ward geboren. Ein Göttergeschlecht, dem schon bald die Digiwelt gehören wird.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)