Inkferno von Sas-_- (Vom Klecksen und Klotzen) ================================================================================ Kapitel 27: Kapitel 27 – Hosen runter (oder so)! ------------------------------------------------ ~~~   I watch your tendrils undulate A blue bouquet that twirls and sways, As central mass swells and deflates.   ~ Kamabo-Souvenir-Gedicht „Stamped-Up Station“ ~   ~~~   Tarja hatte Fragen, viele Fragen, während der Käpt'n den Elektrowels zu seinem Artgenossen sperrte und den Tank wieder im Boden verschwinden ließ. Ächzend griff sie sich an die Brust. Der Schuss des Oktorekruten hatte verdammt noch mal gesessen. Man hat mir geile Verpflegung versprochen! Verdammter Aal, wo bleibt die?!, dachte sie missgelaunt und funkelte Nr. 2 finster an. Die saß am Tisch und genoss ihre Tasse grünen Tee. Nach ein paar Minuten stand sie auf. »Keine Sorge, 3. Ich hab deine Schussverletzung natürlich nicht vergessen. Der Käpt'n hat bereits unseren Arzt, Doktor Jellyscent, benachrichtigt.« Tarja runzelte die Stirn. »Ist der eine Qualle?« »Ja. Warum? Ist das ein Problem?«, fragte Nr. 2 mit gereiztem Unterton nach. Eine blöde Qualle soll mich verarzten? Ja, das ist ein Problem! Jeder weiß doch, dass nur ein Inkling sich um einen Inkling kümmern kann! Aber das sagte Tarja lieber nicht laut. In den letzten zehn Jahren hatte sie gelernt, dass Kritik an der Umwelt zuweilen nicht auf Freude stieß. Es verging fast eine halbe Stunde, in der Nr. 2 sich wieder ihrem Tee widmete, Kuttelfisch mit einem Staubwedel durchs Quartier tanzte und Coby Tarja seine Lieblingssammelkarten zeigte, von denen er glaubte, dass sie Tarja von ihren Schmerzen ablenken würden. Jedoch machte sie ihm schon nach 15 Minuten klar, dass Coby sich seine Karten sonst wohin stecken konnte. Dann tauchte endlich der Arzt auf. Eine kleine blaue Qualle mit einem echten Arztkittel und einem Koffer, den er hinter sich herzog. »Wen soll ich dieses Mal zusammenflicken?«, fragte Jellyscent gut gelaunt und sah sich um. Nr. 2 deutete mit dem Daumen auf Tarja. »Sie. Ein Oktorekrut hat sie in die Brust getroffen.« Die Qualle wobbelte fröhlich auf Tarja zu. Sie hielt in der Zwischenzeit angespannt die Luft an. Tarja war noch nie von einer Qualle behandelt worden. Der Dorfarzt in den Korallenwäldern war nicht gerade günstig, aber wenigstens ein Inkling. Dummerweise war Tarja jetzt nicht mehr bei ihren Eltern mitversichert und um eine eigenen Krankenversicherung kümmerte sich ein echter Inkopoli erst, wenn das Bein schon ab ist und wenn man Kohle hatte. Hatte Tarja noch nicht. Sie hatte schließlich noch an keinem Revierkampf teilnehmen können. »Wie ich sehe, hast du eine Schutzweste an«, stellte Jellyscent guter Dinge fest. Tarja knirschte mit den Zähnen. »Ja. Sonst gäbe es von mir nicht mehr viel, dass Sie flicken könnten.« Jellyscent kicherte und zitterte dabei wie ein Wackelpudding. »Der war gut. Also schön, dann lass uns mal in einen abgetrennten Raum gehen.« »Wieso, muss ich mich nackig machen?«, fragte Tarja entsetzt und glotzte die Qualle unbegeistert an. Jellyscent wackelte mit seinen dünnen Tentakeln herum. »Nicht ganz, nur bis zum Unterhemd. Ich habe ein hübsches, kleines Röntgengerät.« Nr. 2 öffnete eine Tür an der Seite des Raumes, die man gar nicht als Tür erkannt hätte. Tarja kannte sie schon, Coby hatte ihr diesen Raum gezeigt, als sie sich das erste Mal umziehen musste. Zusammen mit Jellyscent ging sie hinein und entledigte sich der Rüstung und des Heldenanzugs. Der Quallendoc kramte aus seinem Koffer ein Gerät in der Größe eines Tintlabs, das er einschaltete und dann auf Tarjas Brust richtete. Eine Weile studierte die Qualle, was sie sah, ehe sie eine Diagnose abgab. »Wie gut für dich, junges Fräulein. Die Rippen sind nur gestaucht, nichts gebrochen. Wird noch eine Weile weh tun. Lass es ruhig angehen und dann vergeht das wieder.« »Ich bin im fucking Außeneinsatz. Wie soll ich das bitte ruhig angehen lassen?!«, fragte Tarja gereizt und zog sich ihren Marine-King-Kurzmantel als auch ihren Rilax-Mundschutz wieder über. Jellyscent kratzte sich an seinem weichen Kopf. »Lass dich einfach nicht erschießen? Bei eurer Kriegstreiberei halte ich mich raus. Ich mach euch nur wieder ganz, das ist mein Job. Und weil ich nicht möchte, dass Oktario das Sagen in Inkopolis hat. Der behandelt Quallen so schlecht, musst du wissen.« Mir doch Qualle … Ich meine, egal!, dachte Tarja und verließ die Umkleide. »Komm bloß nicht auf die Idee, dich bei mir zu bedanken, Inkling!«, rief Jellyscent ihr empört hinterher, während er sein Gerät wieder wegpackte. Coby verschränkte die Arme vor der Brust und sah verärgert aus. »Genau, Tarja. Quallen sind toll!« »Quallen FTW«, murmelte Kuttelfisch und staubte Tarja ab. »Schon gut, schon gut! Danke, Doc«, murmelte sie und scheuchte den Käpt'n weg. Jellyscent wünschte allen noch einen fröhlichen Kampf und machte sich dann wieder davon. »Jellyscent ist ein guter Kerl. Er hat uns schon oft geholfen. Er ist ein guter Arzt, Nr. 3. Du solltest lernen, andere zu schätzen«, erklärte Nr. 2 kühl und kochte sich und Kuttelfisch die nächste Tasse Tee. Der Käpt'n setzte sich an den Tisch und fastelte irgendwas von: »Pfefferminztee!« »Wir haben nur grünen Tee, Opa.« »Ich will meinen Pfefferminztee!« »Ja, Opa …« Jetzt, wo Tarja wusste, dass sie nicht eines qualvollen Todes sterben musste, konnte sie sich gedanklich wieder mit dem auseinandersetzen, was in der letzten Mission passiert war. Nr. 2 erriet, dass Tarja sich viele unbeantwortete Fragen stellte und bedeutete ihrer jüngeren Kollegin sich ebenfalls zu setzen. »Auch etwas Tee?« Tarja schüttelte den Kopf. »So was trinken nur alte Leute.« Kuttelfisch räusperte sich und schob seine Tasse ein Stück von sich fort. »Du hast bestimmt vieles nicht verstanden, was da im Seenland passiert ist, oder?«, fragte Nr. 2 geduldig nach. »Ich hab auch nichts verstanden!«, meldete Coby sich aufgeregt zu Wort und setzte sich neben Tarja. Tarja knurrte nur: »Als ob das bei dir was Neues wäre!« »Nicht streiten jetzt. Nr. 3, was Benji dort unten getan hat, war sehr riskant für ihn. Es bedeutet vermutlich das Ende für seine Karriere.« »Was hat er denn getan?«, hakte Tarja verwirrt nach. »Er hat entschieden, uns den Wels zu überlassen. Sein Entschluss basierte darauf, dass er Opfer auf seiner Seite vermeiden wollte«, erklärte Nr. 2 und schlürfte etwas Tee. Tarja runzelte verwirrt die Stirn, Coby kam ihr allerdings zuvor. »Aber die Oktarianer waren doch in der Überzahl!« »Ja, das hat mich ganz schön ins Schwitzen gebracht. Auch die Elite-Oktoling, die mit den Algen auf dem Kopf, war der Meinung, 3 und mich zu töten sei der bessere Weg. Egal, wen wir mit in den Tod genommen hätten.« »Ach, darüber haben die zwei gestritten«, kombinierte Tarja zufrieden. Nr. 2 nickte. »Benji ist merkwürdig … Irgendwas sagt mir, dass er nicht ganz loyal zu Oktario steht. Er wollte etwas sagen, das weiß ich. Aber es ging nicht, weil die anderen Oktolinge da waren.« »Er hat mich nicht erschossen, als er die Chance dazu hatte«, erzählte Tarja und erinnerte sich mit Schrecken und Faszination daran, wie sie Benji zum ersten Mal gegenüber gestanden war. »Ich sagte ja, er ist merkwürdig. Was heute geschehen ist, wird schwere Folgen für ihn haben.« Schweigend saßen die vier eine Weile am Tisch. Nr. 2 trank ihren Tee aus, Kuttelfisch tat so, als stünde sein Tee nur zufällig bei ihm und hätte nichts mit ihm zu tun, und Coby musste nach einer Minute losplappern und erzählen, dass ihm alle drei Herzen* stehen geblieben waren, als Tarja in den See fiel. Tarja beschrieb ihm dieses Erlebnis als ziemlich kacke, nicht wiederholungswürdig und viel zu nass. »Na gut, ihr kleinen Schnorrer! Feierabend! Macht euch nach Hause, ruht euch aus! Morgen geht es wieder unter die Oktarianer!«, sagte Kuttelfisch schließlich und stand auf. Nach einer halben Minute haute er mit der Faust auf den Tisch, was viel zu spät kam und dadurch äußerst deplatziert wirkte. Alle seufzten leise. Nr. 2 streckte sich. »Ach, 3. Fast vergessen. Willst du denn jetzt ein Autogramm?« Tarja, die sich gerade beim Aufstehen strecken wollte, sah sie an wie ein Auto. »Wozu das denn? In Inkopolis kennt dich doch keine Qualle.« Nr. 2 erstarrte mitten in ihrer Bewegung und schaute Tarja fassungslos an. Coby räusperte sich verlegen. Nr. 2 nahm ihn ins Visier. »Du hast jemanden angeheuert, der die Sea Sirens nicht kennt?!« Er kicherte und rieb sich den Nacken. »Äh, also das hab ich doch nicht wissen können!« »Sea Sirens?«, fragte Tarja blöde. »Jaah, Nr. 2 heißt eigentlich Limone Kuttelfisch. Sie und ihre Cousine Aioli, das ist Nr. 1, sind sehr berühmt in Inkopolis. Sie sind Popstars«, erklärte Coby und wirkte sehr stolz, weil er berühmte Leute kannte. Tarja blieb ausdruckslos. »Noch nie gehört.« Limone verdrehte die Augen. »Oh Mann. Ich bring dir das nächste Mal unsere Alben mit. In dem Kaff, aus dem du kommst, scheint es ja gar keine Kultur zu geben!« Tarja zuckte grinsend mit den Schultern. »Nö, nur Seeschäfchen. Das einzig sehenswerte in den Korallenwäldern.« Limone summte zustimmend. »Das ist wahr. Deswegen war ich auch einmal dort. Da kommst du also her. Nun, zugegebenermaßen, da liegt echt die Seepocke begraben, absolut nichts los da.« »Nee, darum wollte ich ja nach Inkopolis. Na ja, so hab ich's mir dann aber auch nicht vorgestellt«, murmelte Tarja und strich sich murmelnd über ihre schmerzende Brust. »Haut ihr jetzt endlich mal ab?!« Kuttelfisch fuchtelte mit seinem Klotzer herum. Tarja brachte den Heldenkleckser an seinen Platz. Wie Coby einst erklärte, kontrollierte sie davor das Magazon. Dabei fiel ihr auf, dass das Magazin, welches sie herausholte, komplett leer war. Sie hatte also keine einzige Kugel mehr gehabt, als Limone und sie in den Untergrund gegangen waren, um den Elektrowels zu holen … Wusste Benji das? Wusste er, dass ich keinen einzigen Schuss mehr über hatte?, fragte Tarja sich im Stillen. »Kommst du?«, fragte Coby sie irritiert und stupste sie an. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)