Candlelight von Morgi (Inu no Taishō / Kagome) ================================================================================ Kapitel 6: Kagome II -------------------- Candlelight - Kagome II - Autor: Beta: Fandom: Inu Yasha Genres: Romantik (Hetero), Humor, Alternatives Universum Disclaimer: Inu Yasha ist Eigentum von Rumiko Takahashi, ich verdiene hiermit kein Geld. Die Geschichte wird durch meine Rückkehr auf Animexx erneut hochgeladen. - - - - - - - 10 Ich musste mich zusammenreißen. Rot anzulaufen, war keine Option! Wofür auch? Es war nichts geschehen, was die Hitze in meinem Gesicht rechtfertigte. Und nur, weil ich gerade vor Verlegenheit meine Nägel in den Saum des Kleides trieb, brauchte sich dieser Hund nicht einzubilden, dass er Eindruck hinterlassen hatte. Nein! Nicht ein bisschen! Überhaupt nicht, denn sonst wäre es mir doch kaum gelungen, ihm hinterherzustarren, oder? Dafür, dass er sich mit der schlichten Eleganz eines Raubtiers wieder setzte und das Feuerzeug auf die andere Seite des Tisches legte, verwünschte ich ihn nämlich leidenschaftlich. Ja, genau! Ein gewöhnlicher Mann hätte sich durch mein Verhalten einschüchtern lassen und wäre peinlich berührt zu einer Belanglosigkeit übergewechselt, bis er Hals über Kopf die Flucht ergriff und das Rendezvous für gescheitert erklärte. Aber das hier war kein Date! Kein Date! Und was tat er? "Sie flirten mit mir", stellte ich völlig schockiert fest. "Wie bitte?" "Flirten." Ich widerstand der Versuchung, meine Hand anklagend in die Luft zu werfen und die Worte mit einer wilden, empörten Geste zu unterstreichen. Ich hatte mich sogar gut genug im Griff, um ihm nicht das Glas Wasser überzuhelfen - bei meinem untreuen Ex-Freund hatte ich das vor Jahren nämlich ruchlos getan, und dessen Reaktion als halber Hund war mir bis heute eine Lehre. Nie zuvor hatte ich mich so gestritten, doch der Weißhaarige musterte mich nur verstohlen. Alles an ihm schien ruhig, entspannt, bis er verschmitzt lächelte. "Tue ich das?" "Ja!" "Und es stört Sie?" Oh bitte! Wollte er mich jetzt auch noch mit seinen schamlosen Gegenfragen ärgern? "Warum auch nicht?!" Das schien ihn kurz aus dem Konzept zu bringen, allerdings hielt sich der verwirrte Zug in seinem Gesicht nicht lange. Kopfschüttelnd nahm er die große, dunkle Champagnerflasche an sich, während das Eis im goldverbrämten Kübel leise knackte und knirschte. Vielleicht lag es auch an der Berührung seiner Klauen, ich war mir nicht sicher. "Nun", brach er die angespannte Stille zwischen uns, "ich habe eine Vermutung, weshalb es Sie irritiert." Ach? "Ich bin ganz Ohr", erwiderte ich aufmüpfig, denn ich brauchte keinen Atemzug, um ihm mein Desinteresse zu buchstabieren. Ich würde ihm sogar kleine Pilze basteln, die er über einem Feuerchen braten und dann verkohlt neben den Serviettenringen drapieren könnte, wenn es das war, was fehlte! "Mein Alter befremdet Sie." Was? "Ich könnte Ihr Großvater sein. In schätzungsweise-", er schien um meinetwillen zu zählen und zog dabei die Stirn in Falten, "-einhundertundzwölfter Generation. Einhundertundvierzehnter, wenn es einige Ahnen eilig gehabt hätten. Ist es das?" Mein Mund stand offen, weiter als jemals zuvor. Hätte Sango mich so gesehen, wäre ihr mit Sicherheit der Vorschlag entschlüpft, Kirara in Zukunft zwischen meinen Zähnen schlafen zu lassen - und ich musste inbrünstig Luft holen, um nicht prompt im Kopf zu überschlagen, wie alt er war. Unfassbar! Unfair obendrein! Bis auf einige feine Fältchen, die sich in seinen Augen-und Mundwinkeln abzeichneten, stand er doch in der Blüte seines Lebens, oder? Wenn ich früh morgens aus dem Bett kroch und meinem Wecker versprach, ihn beim nächsten Klingeln an einen Baum zu nageln, besaß ich tiefere Augenringe als er! Entsetzt schloss ich meine Lippen wieder, dann gewann der Trotz. "Sie sind aber nicht mein Großvater." "In der Tat", stimmte er mir hocherfreut zu, "deshalb ... wie nannten Sie es? ... flirte ich wohl mit Ihnen." "Lassen Sie das. Sind Sie nicht verheiratet?" Das fehlte mir noch: Ein vergebener Dämon, der sich an meinen Tisch setzte, obwohl ich meiner besten Freundin und Mitbewohnerin geschworen hatte, aufmerksam zu bleiben. Bei meinem Glück tauchte demnächst seine Frau auf und wusste, dass ihre Klauen nicht nur zu einer schicken Maniküre zu gebrauchen waren. Oh Gott. Allein bei der Vorstellung, sie könnte nur halb so giftig sein wie meine erste Arbeitgeberin - die Fürstin! -, wurde mir ganz flau im Magen. "Ich halte das hier für eine ganz schlechte Idee", presste ich hervor. "Wir sollten diesen Champagner vergessen und-" "Machen Sie sich keine Umstände, ich bitte Sie. Unter Menschen gelte ich längst als geschieden." Wirklich? "Was bedeutet das?" "Nun, dass meine Frau und ich getrennte Wege und Betten bevorzugen, nehme ich an." Ich zog eine Grimasse, während er die Flasche unter einem vielsagenden Zischen entkorkte. "Nein, was es als Dämon bedeutet, will ich wissen." "Oh." Seine bernsteinfarbenen Augen funkelten warm und entschuldigend, bevor er sich zu meiner Überraschung kehlig räusperte. "Verzeihen Sie, derlei Fragen begegnen mir nur selten. Eine Ehe ist unauslöschlich unter meinesgleichen, sobald ein Welpe geboren wird. Die Traditionen erlauben es jedoch, nach einem halben Jahrtausend anderweitige Bekanntschaften zu machen, solange dem Vertrag beide Seiten zustimmen." Ich blinzelte erstaunt, während ich mir seine Antwort auf der Zunge zergehen ließ. Mir waren bereits die abenteuerlichsten Ausreden aufgetischt worden, die eine zerstörte Ehe und Beziehung untermauern sollten, um mich für eine Nacht weichzukochen. Ich musste nur an den Erfindungsreichtum von Sangos erster, großer Liebe denken: Naraku. Der hätte sogar behauptet, in einem anderen Leben schwersten Verbrennungen erlegen zu sein, wenn es ihm etwas Unterhaltung einbringen konnte. Doch Koga hatte mir vor seiner Hochzeit etwas Ähnliches berichtet, sodass ich die Erklärung wohl notgedrungen akzeptieren musste. Überrascht blieb ich dennoch. "Sie haben Kinder?" "Zwei Söhne, ja." Er griff an den kostbaren Blumengestecken vorbei, ohne den Chrysanthemen, Wildrosen und Kirschblüten mehr Aufmerksamkeit zu schenken als mir. Dann hatte er mein Glas in der Hand und gestattete sich einen schalkhaften Ausdruck. "Auch diese könnten ihre Großväter sein, falls Sie das wissen wollten." Wie witzig. Aber den Fangzahn konnte ich ihm ziehen: "Ich will keine Kinder, falls Sie das wissen wollten", erwiderte ich spitz, bevor ich mir mein sündhaft teures Wasser dichter zog und schwungvoll daraus nippte. Bei dem Preis war es ohnehin ein Wunder, dass es einem nicht direkt im Halse stecken blieb, aber wahrscheinlich spekulierten sie in diesem Restaurant auch nur darauf, dass tote Gäste eine schlechte Zahlungsmoral besaßen. "Sie möchten keine Welpen?" "Nicht einmal einen halben", bekräftigte ich. "Weder heute noch morgen." "Sehr bedauerlich, wenn Sie mich fragen. Hanyous sind außerordentlich pflegeleicht." Ich gluckste über meinem Glas, bis meine Zähne ein unangenehmes Klirren auf der Kante erzeugten. "Das würden Sie nicht wiederholen, wenn Sie den kennen, der mir begegnet ist", versicherte ich, bevor ich das gute Stück wieder zurückstellte und ihn dabei beobachtete, wie er ein weiteres Mal die Champagnerflasche senkte. Für mich sah das Ungetüm unheimlich schwer aus, doch ich bekam ja auch bereits Probleme, wenn es darum ging, ein kleines Sakefläschchen nicht zu verschütten. Tze. Ehe mir das gelang, sah ich längst dreiäugige Kühe am Himmel fliegen. Gott sei Dank kannte er diese Geschichte nicht, und es war auch kein Schulfreund namens Shippou in der Nähe, der sie für ihn wieder aufwärmen konnte. Schnaubend stützte ich meinen Ellenbogen auf den Tischrand, zupfte mit der zweiten Hand einige Falten aus der Tischdecke und schob stoisch eine weitere Frage hinterher. Eine nur. Ich wollte lediglich die Zeit totschlagen, bis er einsah, dass ich die denkbar schlechteste Abendgesellschaft darstellte, die sich ein nüchterner Dämon nach Einbruch der Dämmerung vorstellen konnte. Außerdem war es gar nicht so unwahrscheinlich, dass mich dabei der Geistesblitz traf, wie ich aus der Misere wieder herauskam. In die Vergangenheit konnte ich nämlich schlecht reisen und es erschien mir zu pathetisch, mich in den plätschernden Zierspringbrunnen zu stürzen, der hinter mir stand. Was hätte ich auch davon? Meine Neugierde begrüßte die Gelegenheit jedoch begeistert, dieser miese Verräter: "Ihre Söhne sind also Hanyous?" "Nur der Jüngere. Mein Erstgeborener stammt aus einer vollblütigen Ehe." "Sie sind zweimal verheiratet?", schnappte ich. "Gleichzeitig?!" "Nein." "Aber Sie sagten doch-" "Meine menschliche Lebensgefährtin starb, als unser gemeinsamer Sohn fünf Jahre alt war. Ihr Leibwächter legte einen Brand im Haus, nachdem sie ihn wohl zurückwies und ich im Westen des Landes von Drachendämonen aufgehalten wurde. Ich ... ich hoffe, Sie verzeihen mir, wenn mir nicht der Sinn danach steht, diese Ereignisse mit Ihnen zu vertiefen. Es sind unangenehme Erinnerungen und ich kenne Sie nicht einmal beim Namen." Er sah mich an, ohne dass ihm mein vollkommen entblätterter, fassungsloser Gesichtsausdruck viel auszumachen schien. Wahrscheinlich kannte er diese Reaktion, aber mir hatte der Schmerz und das stille Bedauern in seiner Stimme unverhofft den Boden unter den Füßen weggezogen. "Kagome", flüsterte ich heiser, weil mir alles andere fürchterlich unangebracht erschien. "Ich ... ich heiße Kagome." "Ein schöner Name. Möchten Sie den unangenehmen Moment vielleicht herunterspülen?", erwiderte er, offenbar darum bemüht, mir ein unverfänglicheres Thema und mein Glas anzubieten, aber meine Schultern sackten bloß tiefer. Gott. Ich hatte nie die Haltung einer Fürstin besessen, doch so fehl am Platz hatte ich mich bisher nicht gefühlt. Dabei war das in diesem pikfeinen Restaurant eigentlich von Anfang an als Eindruck mitgeschwommen. Überall glänzten und knisterten die teuren Brokat-Abendroben, und die Gespräche um uns herum klangen wie das Summen hunderter Bienen oder das Flügelschlagen von Motten. Die Frauen benahmen sich unglaublich vornehm, und ich hatte in der ersten halben Stunde Sango so oft hinter vorgehaltener Hand kichern sehen, dass ich sie kaum wiedererkannte. Und ich? Ich saß dem Inhaber gegenüber, der mich erst erzürnte, dann verwirrte und nun ... ich wusste nicht einmal, wie ich das Gefühl in meiner Brust bezeichnen sollte, das sich ungebeten hinter meinen Rippenbögen verschanzt hatte und mir heimtückisch ins Herz stach. "Warum haben Sie mir das erzählt?" "Sie haben gefragt und ich kann nicht behaupten, dass ich Lügen schätze oder auch nur annehmbar darin wäre. Ich bevorzuge es daher, um meinetwillen gemocht oder gemieden zu werden." Höflich hielt er mir das Champagnerglas entgegen, doch meine Fingerspitzen weigerten sich, auch nur zu zittern. Sie schienen wie eingefroren, obwohl mein Verstand gar nichts mehr gegen das milde Vergessen des Alkohols einzuwenden hatte. Verbrannt, vom eigenen Leibwächter. Wie musste man sich da fühlen, wenn man heimkehrte oder auf einer Polizeiwache saß? Und sein kleiner Sohn erst? Unwillkürlich dachte ich an Inuyasha, der sich oft genug die Innenseite der Wangen blutig gebissen hatte, während er an seine verstorbene Mutter dachte und eine schlicht verzierte Papierlaterne in den Fluss setzte. Einmal im Jahr, stets um dieselbe Zeit, wenn der kalte Wind durch die Uferböschung und Rohrbinsen strich, reiste er an die Uji Bashi. Obwohl wir solange zusammen gewesen waren, hatte er kaum über die vielleicht wichtigste Frau im Leben eines Kindes gesprochen, mir nie ein Foto gezeigt. Eines fiel mir jedoch auf: Er und dieser Mann an meinem Tisch trugen denselben, in sich gekehrten Ausdruck auf den Zügen. Für einen Moment war die Ähnlichkeit so frappierend, dass sie- Nein. Unmöglich. "Sie ... Sie sind einsam", flüsterte ich, bevor ich begriff, was ich da sagte. Himmel! Aber es war zu spät, um mir noch die Hand auf die Lippen zu schlagen und den Fauxpas zu ersticken. Er hatte ihn längst gehört und seine goldenen Augen weiteten sich in stummer Überraschung, bis er den Kopf neigte und sie forschend schmälerte, um mich eine Weile zu betrachten. "Sie sind sehr aufmerksam, aber ich muss Sie enttäuschen, Kagome. Ich bin aus freien Stücken allein, und das ist nicht das gleiche wie einsam zu sein. Nun, ich wäre es wohl, hätten sich meine Söhne dagegen entschieden, für mich zu arbeiten. Sie müssen wissen-", er lehnte sich zu meiner Überraschung vor und stützte den Ellenbogen ab, "-beide befinden sich in einem für Dämonen und Hanyous schwierigen Alter. Die erste Tochter, geheime Verabredungen mit der ersten Liebe, da bleibt wenig Zeit übrig, um mit mir nach Feierabend noch eine Tasse Tee zu trinken." "Aber Sie sind gern ihr Vater?" "In der Tat", lächelte er mich an, "und es ist nett, dass Sie das bemerken. Darf ich fragen, warum eine junge Frau wie Sie nicht verheiratet ist?" Sein Blick streifte bedächtig meinen Ringfinger, doch die zurückliegenden Sommer hatten den Abdruck des letzten Schmuckstücks gebräunt und die Winter ihn wieder verblassen lassen. Ich nahm ihm das Glas ab, und war froh, dass ich einen Grund fand, um spöttisch zu schnauben. "Mein Ex-Freund", begann ich, "ein Hanyou übrigens, sagte einmal im Scherz, dass man schon sehr verrückt sein müsste, um mich zur Frau zu wollen." "Finden Sie?" "Ein wenig", gab ich zu, während er sein eigenes Glas hob und fast behutsam mit mir anstieß. Es überraschte mich, wie leger er das Handgelenk danach drehte, während sich das leise, einträchtige Klingen über unserem Tisch ausbreitete und sogar das Plätschern des Ziersprungbrunnens übertünchte. "Diese Einschätzung spricht nicht gerade für Sie", erwiderte er und bewies mir erneut seine Manieren, indem er höflich abwartete, bis ich als Frau das erste Mal am Champagner genippt hatte. Einen Augenblick später verzog ich jedoch das Gesicht, als hätte ich auf eine Zitrone gebissen: Der Geschmack, der sich auf meiner Zunge ausbreitete, war schlimmer als verkalktes Wasser, in das jemand Seifenlauge geschüttet hatte! Im Ernst? Das tranken die Reichen und Schönen, während meine Kreditkarte schon beim Einkaufspreis nach einer Schere suchte, um sich selbst in Stücke zu schneiden und den Bankrott zu unterstreichen? "Sie scheinen nicht sonderlich angetan von Ihrem Wunsch", unterbrach er mich amüsiert, ehe seine Heiterkeit in ein leises, raues Lachen mündete. Mein Nacken begann unweigerlich zu kribbeln, doch mein Versuch, dass mit Empörung schönzureden, scheiterte an meinen glühenden Wangen. Als er die Lippen wieder warm aufeinander legte, wurde es noch schlimmer. "Ich dachte mir bereits, dass es Ihnen nicht gefallen wird. Sie sehen nicht aus wie jemand, der Champagner schätzt, aber ich wollte Ihnen meine Meinung über den Dom Perignon nicht weiter aufdrängen. Lassen Sie ihr Glas stehen; es wird mich nicht beleidigen." "Nein." "Nein?" Ich genoss sein Erstaunen, nachdem mein Blick schon wirkungslos geblieben war, der mühelos jeden Kappa aus seinem Teich vertrieben hätte. Wenigstens etwas Gerechtigkeit hatte ich verdient, doch das war erst der Anfang: "Ich habe Sie darum gebeten, mit mir zu trinken", erinnerte ich ihn ruchlos, und deutete mit dem kleinen Finger auf sein unberührtes Glas. "Sie sind dran." Einen gedehnten Atemzug lang tat er gar nichts, dann weichte seine Miene wie unter prasselndem Sommerregen auf und ich erntete ein offenes, ehrliches Lächeln. Anschließend zwinkerte er mir zu und hob das teuflische Champagnerglas. "Sie stecken voller Überraschungen", raunte er anerkennend, bevor er den Blick von meinen Lippen nahm und sich einen bedächtigen Schluck genehmigte. Ein Zucken seines Mundwinkels darauf, stellte er das Glas umso entschiedener zurück und sah mich wieder an. "Unter uns gesagt ..." "Ja?" "Es ist fürchterlicher, als ich es in Erinnerung habe. Sie muten einem Mann Einiges zu, sobald sie beschlossen haben, ihn nicht mehr vertreiben zu wollen." Was? Er wusste, dass ich-? Oh nein! Nichts da! Wahrscheinlich riet er ins Blaue und hoffte, mich aus der Fassung zu bringen, als ob er drei Schwerter an seinem Körper tragen würde und ich einen Floh auf seiner Schulter husten hören konnte. Aber nicht mit mir! Während ich meinen Stolz wie ein flauschiges Fell an mich raffte, sicherte ich mich mit einem Blick an den Grünpflanzen vorbei ab: Sango und Miroku saßen unverändert an ihrem Tisch, was mir nur in die Karten spielte. Solange meine Mitbewohnerin völlig gebannt ihre Handfläche musterte, aus der ihr Miroku die Zukunft zu lesen schien, konnte ich mich um meine eigene kümmern. Schön! "Ich will nicht unhöflich sein." Oh doch! "Aber ich suche an diesem Ort nicht den Mann, der freiwillig vor mir das Knie beugt. Ich bin von Beziehungen zu Dämonen geheilt und ich habe einen Chef, der mich jeden Tag daran erinnert, warum ich weder einen heiraten, noch Hanyous bekommen werde." Meine Augen funkelten vielsagend und schossen kleine Pfeile ab, die sogar ein Juwel in hunderte Splitter hätten zerplatzen lassen. "Er ... er muss ein sehr unangenehmer Zeitgenosse sein." "Eiskalt", bestätigte ich und schwenkte in einem eleganten Handschwung mein Champagnerglas, sodass ich dabei fast das bestickte Apfelblütenmuster meines Kleides streifte. "Stellen Sie es sich so vor: Wenn es nur noch ihn, Sie und mich auf einer Insel gäbe..." "Ja?" "Dann hoffe ich, dass Sie etwas für Männer übrig haben." "Zu dritt?" Er klang so erschüttert wie er für mich aussah, und bevor mir klar wurde, was er gerade aus meinem Korb gemacht hatte: "Das ... nun ... das sind doch sehr ungewöhnliche Vorlieben. Verzeihen Sie. Ich habe vergessen, dass Menschen diesbezüglich sehr offen geworden sind. Zumal in dieser Zeit." Er räusperte sich, aber die Röte auf meinen Wangen schlug jede Feuersbrunst, die das Dachgebälk über unseren Köpfen hätte entzwei brechen lassen. "S-so habe ich das nicht gemeint!" "Das respektiere ich." Oh Gott. Was hatte ich getan? Ich konnte drei Jahre mit einem Mann zusammen leben und bekam sofort ein schlechtes Gewissen, wenn ich etwas Neues in den Federn vorschlug - und einem völlig Fremden tischte ich eine Fantasie auf, für die mir ungefähr zwanzig Jahre an Mut und drei Flaschen Reiswein fehlten?! "M-Möchten Sie vielleicht etwas zu essen bestellen, Kagome?" "Nein", winkte ich seinen unglücklichen Versuch ab, die Peinlichkeit zu zerstreuen. Ich war gerade mit Sterben beschäftigt, sah er das nicht? Zur Hölle noch eins! Wo war das Loch, das sich unter meinen Füßen auftat und mich in einem Stück verschlingen konnte? Oder ein Plüschdrache, ein Frosch, ein Hund ... nein, kein Hund! Er war ein Hundedämon und die Assoziation, die mich bei der Phrase 'zum Fressen gernhaben' überfiel, zog mir alle Verlegenheit aus den Knochen. Aber es half alles nichts. "Sie sagten, Sie sind der Inhaber", klagte ich, obwohl das meine Blamage um keinen Funken erträglicher machte. "Können Sie mir nicht einfach Hausverbot erteilen und wir vergessen diese Sache mit den Glückskeksen und dem scheußlichen Champagner wieder?" "Nein." "Nein?" "Bedaure", raunte er mir zu und stützte sich mit dem Kinn auf das Handgelenk. "Ich bin nicht der Inhaber, auch wenn Toutousais Worte dies vorhin vielleicht nahelegten. Ihm gehört dieses Restaurant, allerdings führe ich die gesamte Kette neben meinem Herzstück und dem Umstand, dass ich eine ... nun, eine gewisse Bekanntheit unter meinesgleichen besitze. Mein Rat ist für viele Dämonen bindend. Sehen Sie es mir nach, dass ich Sie nicht sofort korrigierte, aber ich nahm an, Sie hätten mich längst erkannt. Viele der Gäste hier kennen mein Gesicht." Ich sah ihn an, als wäre ich die erste Frau auf Erden, die vor lauter Dummheit gleich in seinem Rachen enden würde. "Ihnen ... gehört das alles hier?", wiederholte ich vorsichtig und malte mit der Spitze meines Zeigefingers einen ungläubigen Kreis, der von der Panorama-Fensterfront bis hin zur Garderobe reichte. "Und noch mehr?" Er nickte, während mir mit einem Schlag heiß und kalt wurde. "Das geht doch nicht!", entfuhr es mir entsetzt. "Nun, natürlich geht-" "Nein, tut es nicht! Nehmen Sie das sofort zurück!" Genügte es denn nicht, dass ich mit einem gewöhnlichen Dämon an einem Tisch saß? Musste es auch noch einer sein, der Einfluss geltend machen konnte? Wenn das Sango mitbekam, war ich nicht nur geliefert und mausetot, sondern würde von der lokalen Presse auch als das Opfer beschrieben werden, das mit einem Streich in hundert Stücke gerissen worden war! Dann sprang mich ein anderer Gedanke an, der die Klauen wie ein rostiges Schwert in meine Brust trieb. "Wie heißen Sie?", platzte es aufgeregt aus mir hervor, und es war mir unerklärlich, wieso meine Haarsträhnen noch in harmlosen Wellen über meine Schultern fließen konnten. Zu Berge stehen, müssten sie! "Sie wissen es wirklich nicht?" "Nein?" "Isamu." "Oh, Himmel sei Dank!" Kein Ryukotsusei. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Das hätte mir auch noch gefehlt, dass ich mir von allen Dämonen in dieser Stadt ausgerechnet den anlachte, der Sangos Vater in den Ruin getrieben hatte. Meine beste Freundin und ich hatten stundenlang vor flimmernden Bildschirmen gesessen, um ein Foto dieses Scheusals zu erhaschen, denn er selbst war der ersten und einzigen Verhandlung ferngeblieben und hatte seiner Schar Aasgeier und Anwälten das Feld überlassen. Auch in den Klatschmagazinen war keine Spur von ihm zu finden gewesen, während mir zu Isamu ... Moment. Isamu. In meinem Verstand klingelte etwas, das wie das Flüstern des vermaledeiten Höllenschwertes klang, das über dem Schreibtisch meines Chefs hing. Dann befeuchtete ich mir mit meiner Zunge die trocken gewordenen Lippen, von denen der sanfte Hauch Gloss in Korallenoptik bereits verschwunden war - und dachte an die vielen Papiere, die ich nach dem Wischen der Böden sonst abheften musste. Auf den handgepressten Maulbeerblättern gab es neben den Prägungen und bewundernswerten Pinselstrichen stets zwei Gemeinsamkeiten. Nur zwei. Mein Herz machte vor Aufregung einen Satz, aber dennoch kam ich mir vor, als würde mir gerade Gift in die Adern sickern und der Boden schwanken. Die Worte, die auf diesen Verträgen standen, hatte ich bisher kaum entziffern können, doch die dazugehörigen Unterschriften ... die kannte ich. Sie bestanden aus kühlen, ruhigen Linien und gehörten den ersten beiden Geschäftsführern. Sesshoumaru. Isamu. Dicht gefolgt von einem Familiennamen, der in der Wirtschaft berühmt-berüchtigt war und meine Erinnerung an die erste, unmissverständliche Arbeitsanweisung meines Chefs beflügelte: 'Sollte mein Vater sich ankündigen, verschwinden Sie. Auf der Stelle. Ich dulde nicht, dass er weiß, dass eine Frau wie Sie für mich arbeitet.' Wie damals begannen meine Fingerspitzen heillos zu zittern, allerdings hatte es heute nichts mehr mit Fassungslosigkeit oder Ärger zu tun: Ganz im Gegenteil. "Ich ... ich habe einmal gehört", schluckte ich und dachte wie hypnotisiert an Kogas jungenhaftes Grinsen, "dass es unter Dämonen strikt verboten ist, zweimal denselben Namen zu vergeben. Verrückt, oder?" "Ja", stimmte er mir stirnrunzelnd zu, "aber es entspricht dennoch den Tatsachen. Es dämpft die Eitelkeit sich mit fremden Federn zu schmücken und ehrt die Eltern, sollten sie im Namen den Charakter ihres Welpen vorhersagen können. - Ist Ihnen nicht gut?" Der konnte Fragen stellen! "Gibt es keine Ausnahmen?", bettelte ich lieber statt entsetzt zu verraten, dass mich ein Gefühl heimsuchte, als würden einhundert Spinnenbeine über meine blanken Knöchel hinaufwandern und ihre Kieferklauen in meinen Magen graben. "Kaum. Ich muss gestehen, dass in der heutigen Zeit auch bei Dämonen Veränderungen auftreten. Sie geschehen langsam und schleichend wie das Meer, das den Sandstrand formt und die Klippen abträgt, aber sie sind da. Man müsste ein Narr sein, um es nicht zu bemerken. Denken Sie an die Ehe", forderte er mich ernst auf. "Es ist leicht, sie einer Frau vorzuschlagen, doch soll sie gut werden, muss man ein Leben lang darum kämpfen." "Ihr Name", flüsterte ich schockiert, besann mich dann aber eines Besseren, weil ich mich für die Wahrheit noch nicht ausreichend gewappnet fühlte. "Sie würden kämpfen?" "Ich bin ein Dämon", entgegnete er mir amüsiert. "Das liegt mir im Blut, solange ich atme." "Aber ... ihre Scheidung?" "Ich will Ihnen etwas anvertrauen", erwiderte er so ruhig wie der erste Regentropfen, der draußen an die goldbezogenen Fensterscheiben schlug und das Panorama meiner linken Seite verklärte. "Einer allein wird keine Schlacht gewinnen. Man muss die Schwächen des anderen kennen, um sie ausgleichen zu können und Verletzungen zu ertragen, die unwissend geschlagen werden. Geduld allein genügt nicht und die Liebe meiner ersten Frau gebührt seit Jahrhunderten einzig und allein unserem Sohn, Sesshoumaru." Nein. Nein! - - - - - - - Doch. Das bringt das Date, das keines ist, in Kapitel #7, "Inu no Taishou", in Schwung! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)