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~ Crazy Noizy Bizarre Love ~

~A Jojo's Bizarre Adventure Story~
von

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~Kazumi~

"Du willst also wirklich gehen?"

"Ja und ich weiß auch, dass das sehr plötzlich kommt."

"Mir gefällt das nicht. Gerade dort wolltest du doch nie wieder hin?!"

"Ich weiß aber du liest es ja! Mutter hatte mehr Geheimnisse als ich mir je ausmalen konnte und jetzt, zwei Jahre später, erhalte ich einen Brief mit einem Testament und einem Erbe, wo sie mich als Alleinerbin eingesetzt hat? Ich muss es wissen, Brad. Vielleicht erfahre ich so auch mehr über meine Herkunft."

"Auf einmal interessiert dich das? Es hat dich 22 Jahre nicht interessiert, nie wolltest du etwas mit deiner Familie oder den Medien, so wie deine Mutter eines war, zu tun haben. Warum auf einmal der Sinneswandel?"

"Ich tue das nicht für mich, meine Mutter oder für irgendjemand anderes! Ich mache das für mich! Um mehr über mich zu erfahren! Ich habe nicht vor in die Fußstapfen meiner Mutter zu treten aber...ich sollte mir ihr Vermächtnis zumindest einmal ansehen. Sie starb und hat mir nichts als Schmerz hinterlassen aber diese letzte Ehre würde ich ihr schon gerne erweisen."

"Und das gerade jetzt, wo ich mal Urlaub habe."

"Komm schon, die meiste Zeit verbringst du eh mit John!"

"Das ist aber was anderes, Kazumi. John ist mein Lebenspartner, du bist meine beste Freundin aus Kindheitstagen! Sowas wie die kleine Schwester, die ich nie hatte."

"Das ist süß von dir, Brad aber ich muss das jetzt tun. Und da ich eh noch keine Ahnung habe, was ich mit meinem Leben zurzeit anfangen soll kommt mir so eine kleine Reise ganz gelegen. Vielleicht finde ich ja auch ein wenig zu mir selbst."

"Nun gut, wie du meinst. Ich bin zwar immer noch der Meinung, dass das keine gute Idee ist aber ich vertraue dir. Komm aber bitte gesund und munter zurück und nicht so wie beim letzten Mal, dass ich dich wieder aufbauen muss!"

"Das tust du doch gerne!"

"Auch wieder wahr!"

"Ich komme wieder, Brad."

"Das hoffe ich. Wann geht dein Flug?"

"Heute Abend. Wenn alles glatt läuft bin ich in 12 Stunden in Tokyo und ab da geht es mit dem Zug weiter nach Morio."

"Melde dich bitte zwischendurch!"

"Jaha, werde ich!"

"Ich hab dich lieb, Kazu."

"Ich hab dich auch lieb, Brad. Pass auf dich auf!"
 

*~*
 

Mein Name ist Kazumi Kuraki, ich bin 22 Jahre alt, Japanerin...und ein Freak. Zumindest nennen mich die meisten Leute, die mich kennen oder nicht kennen. Eigentlich ist es egal, ich wurde bereits früh als "besonders" abgestempelt. Ich betone es mal so, damit es etwas netter klingt als die Wörter, die um weiten schlimmer wären.

Eigentlich ist es mir bis heute ein Rätsel, warum mich außer Brad alle Menschen meiden. Ich meine, ich bin nicht traurig drum. Menschen sind scheisse, sie schauen einem nur vor den Kopf als auf das, was sich dahinter verbirgt. Worauf ich hinaus will ist, dass ich eine Linie mächtiger Medien entstamme, die sich ausschließlich mit Heilkunde und Geisterbeschwörung beschäftigt haben. So wie meine Mutter, doch im Gegensatz zu dieser hatte ich von Anfang an andere Ziele in Sicht.

Nun, alles änderte sich nach den Vorfällen von vor zwei Jahren. Ich hatte eigentlich andere Pläne mit meinem Leben gehabt. Naja, so sicher war ich mir da ehrlich gesagt noch nie. Ich war in vielen Dingen nicht hundertprozentig gut aber auch nicht schlecht. Eher durchschnittlich und die Dinge, für die ich mich begeistere...nunja, in dieser Schiene ist es schwer sich ein Leben aufzubauen. Ich wollte nie werden wie meine Mutter, ein Medium werden. Ich wurde in eine Familie geboren, die von Anfang an zum Scheitern verurteilt war. Mein Vater, ein reicher Geschäftsmann aus Deutschland wollte von Anfang an nichts mit mir zu tun haben. Meine Mutter überließ mir die kleine...nennen wir sie mal bescheidene Wohnung in Deutschland, bevor sie sich entschloss wieder nach Japan zurückzugehen als ich gerade mal acht Jahre alt war. Zum Glück lernte ich Brad kennen, einen Außenseiter wie ich. Er verstand mich und wir wurden Freunde. Beinahe Geschwister für's Leben. Er war der Teil der Medaille, der mich vollkommen machte...doch das, was ich mir von ihm am meisten wünschte sollte ich nie bekommen.

Wie dem auch sei, warum nennen mich die Leute einen Freak? Ganz sicher nicht weil ich ein Medium bin. Sie wissen es nicht aber sie wissen, was ich getan habe als ich 18 Jahre alt war und meine Mutter mich von ein auf den anderen Tag zwingen wollte nach Japan zu kommen, damit ich in ihre Fußstapfen trete. Ich habe es nicht ertragen, wollte nicht denselben Weg gehen wie sie...und versuchte mir das Leben zu nehmen.

An jenem Tag hätte das warme Badewasser sowie mein Blut, das sich mit dem Wasser mischte nicht schöner sein können. Es war als würde mich eine warme Decke einhüllen, so wie ich sie vorher noch nie gefühlt hatte. Buddha sei Dank kam Brad rechtzeitig und zog mich aus dem Strudel meines Irrsinns und zum Glück hatte ich daran gedacht, horizontal und nicht vertikal in meine Handgelenke zu schneiden. Andernfalls hätte er mich sicher nicht so schnell retten können und ich wäre mir wohl nie bewusst geworden, wie dumm die ganze Aktion war. Wir behielten die Geschichte für uns und versuchte seitdem mein Leben in die Hand zu nehmen. Brad verurteilte mich nie für diese Aktion, er verstand mich und meine Angst. Nichtsdestotrotz und obwohl ich zu mir selbst stand begann ich meine Arme regelmäßig mit Armstulpen zu verdecken, damit man die Narben auf meinen Unterarmen nicht sah. Fünf an der Zahl zählte ich auf jeder Seite, doch manche Dinge blieben halt nicht verborgen, vor allem nicht wenn es um die Schule ging.

Was soll's, ich habe gelernt mit mir und meinem Narben zu leben und dass meine Mutter an Krebs erkrankt war und eigentlich noch viele Jahre hätte haben können, wäre da nicht dieser Fluch von vor zwei Jahren gewesen, der ihren Tod nur schneller vorangetrieben hatte und schließlich auf mich überging, die sie kurz nach ihrem Ableben lebslos aufgefunden hatte.

Ich sollte meine Mutter für all das hassen, was geschehen ist. Wäre sie nicht so besessen von diesem Künstler gewesen. Am Ende war es doch ihre eigene Schuld, dass sie gestorben ist...und doch war sie meine Mutter. Und nun, zwei Jahre später, nachdem ich ihren Tod sowie die ganzen Ereignisse hinter mir gelassen habe holt sie mich wieder ein, meine Vergangenheit.

Damit mein Vater seinen Erbanteil nicht einholen konnte hatte meine Mutter frühzeitig vor ihrem Tod ein Testament geschrieben, wo sie mich als Alleinerbin eingesetzt hat. Nicht nur, dass sie eine beachtliche Menge an Geld über Jahre für mich beiseite gelegt hatte, damit ich mir eine Zukunft aufbauen konnte. Auch hatte sie mir die dortige Wohnung hinterlassen, in der sie jahrelang gelebt hatte. Ich weiß nicht, warum sie all das über Jahre vor mir geheimgehalten hatte. Vielleicht war es das schlechte Gewissen, dass sie nie für mich da gewesen ist und dann vielleicht doch.

Jedenfalls hatte ich mich entschieden, in Deutschland hielt mich nichts mehr außer Brad, also beschloss ich nach Morio zu fliegen...in der Hoffnung mehr über mich selbst zu erfahren sowie über die Vergangenheit meiner Mutter sowie das Vermächtnis, welches sie mir hinterließ.

Ich weiß nicht, was mich erwartet. Obwohl ich gerade 22 Jahre alt geworden bin weiß ich so wenig über das Leben und die Menschen. Genauso, wie ich nichts über die Liebe weiß. Eigentlich...fühle ich mich sehr unreif und doch viel zu frühreif, doch ich weiß, dass es Mut braucht, um in den Spiegel zu sehen. Menschen sehen nur das, was sie sehen wollen aber ich habe gelernt über den Tellerrand zu schauen.

Ich weiß nicht, was mich in Morio erwartet. Ich sitze mit gemischten Gefühlen im Flugzeug auf dem Weg nach Tokyo, von wo aus es weiter mit dem Zug nach Morio geht aber ich hoffe, dass sich der Schleier vor meinen Augen danach endlich lichten und mir diese Reise neue Erkenntnisse über mich preisgeben wird. Vielleicht hilft es mir ja mehr über mich selbst zu lernen, was ich wirklich will und vom Leben erwarte.

Brad, verzeih dass ich dich zurücklasse. Eines Tages werde ich wieder nach Hause kommen, das verspreche ich.

~Spell 1~

"Rohan, möchtest du Frühstück? Ich wollte...oh!"

Sofort verfiel Nika in Schweigen als sie sah, wie konzentriert Rohan an dem momentanen Manuskript für seinen Manga arbeitete. Langsam schlich sie sich von hinten an und beobachtete, wie er in wenigen Sekunden ein wahres Kunstwerk von einer Seite auf das Papier brachte. Als diese nun so fertig vor ihm lag, schaute Nika ihm über die Schulter und lächelte. Vorsichtig hielt Rohan die Seite in der Hand und drehte sie von eine in die andere Richtung, um sie näher zu betrachten. Darauf flüsterte Nika dem Mangazeichner schon fast geheimnisvoll ins Ohr.

"Die ist wunderschön."

"Dank dir."

Ihr entging das Lächeln Rohan's nicht als er sich ihr zuwandt.

"Tut mir leid, ich wollte dich nicht bei der Arbeit stören."

"Ach, du störst mich doch nicht, das habe ich dir doch jetzt schon so oft gesagt."

"Schon aber ich weiß, wie tief du in deiner Arbeit versinkst wenn du einmal dabei ist und trotzdem schaffe ich es immer wieder dich abzulenken."

"Nika, du machst dir zu viele Gedanken. Ein wenig Ablenkung tut ab und an ganz gut, du bringst wenigstens ein wenig Farbe in mein Leben. Und außerdem..."

Damit streichelte er sanft durch Nika's Gesicht, welche hinter dem Stuhl stehend auf Rohan hinabschaute.

"...bist du nach wie vor mein schönstes Kunstwerk."

"Das hast du schön gesagt. Aber sag mir trotzdem besser in Zukunft Bescheid wenn du erst mal für dich sein möchtest. Ich weiß, wie sehr du deine Arbeit liebst und wie wichtig sie dir ist."

"Ist okay."

Nika's Blick fiel auf eine Mappe, die Rohan auf seinem Arbeitstisch liegen hatte und bemerkte die darinliegenden Skizzen.

"Das sind die Skizzen von mir, nicht wahr?"

"Ja. Sie sind von damals."

"Sie sind wunderschön, Rohan. Das hier am See..."

"Ich weiß, ich hätte dich fragen sollen, bevor ich dich nackt zeichne."

"Ach wo, vielleicht wollte ich das doch sogar. Auch das hier...im Kimono...aber das, was im Schlafzimmer hängt wird immer mein Lieblingsbild sein."

"Das erste Bild, das ich im Café von dir gezeichnet habe..."

"Ja. Du hast solch ein Talent, Rohan. Du siehst die Menschen, wie sie sind."

"Ich sehe dich."

Nika lächelte. Ihre Augen glänzten als Rohan zu ihr hochschaute und anlächelte. Kurz darauf senkte Nika das Gesicht und küsste ihren Liebsten sanft auf den Mund, doch Rohan entging nicht, wie ihre Zungenspitze zaghaft seine Lippe streichelte. Als sie von ihm abließ, schaute er erwartungsvoll zu ihr hoch.

"Nun, ich habe noch zwei Stunden Zeit bis der Tanzunterricht beginnt. Möchtest du vorher noch gerne frühstücken?"

Dabei wandte sie sich bereits wieder zum Gehen ab, doch gerade, als sie das Zimmer verlassen wollte, erhob sich Rohan und legte ruckartig seine Arme von hinten um sie, doch ließ er seine Hände nicht einfach auf ihrem Bauch sondern direkt auf ihrem Busen ruhen. Für einen Moment blieb Nika wie erstarrt stehen als sie den festen Griff Rohan's an ihren Brüsten fühlte.

"Ich hätte gerade auf was ganz anderes Lust."

Dabei begann er vorsichtig ihre Brüste zu massieren und bekam eindeutig mit, wie Nika leise seufzte und genüsslich die Augen schloss.

"Hey, ich dachte, du müsstest arbeiten?"

"Du hast mich doch so abgelenkt! Du bist wirklich ein ungezogenes Mädchen, Nika. Wenn ich deinen Blick richtig analysiert habe, würde ich sagen, dass du sexuell erregt bist."

"Hmmm...wie kommst du da nur drauf?"

Vorsichtig fuhr Rohan mit einer seiner Hände in die Tiefe und griff ohne zu zögern Nika in den Schritt nachdem er ihre blaue Baggy Pants geöffnet hatte. Er spürte sofort durch die Unterwäsche, wie sie langsam feucht wurde und als er ihren empfindlichsten Punkt mit dem Zeigefinger stimulierte, lauschte er ihren Seufzern.

"Sieh an, wie hart dein Kitzler bereits ist. Ich sollte mich zuerst um dich kümmern bevor ich weiterzeichne."

"Hmmm...Rohan, ich liebe es wenn du so spontan bist. Ich liebe dich."

Darauf drehte Rohan ihr Gesicht in seine Richtung und küsste sie sanft auf den Mund bevor er sie mit dem Rücken zur Wand drehte. Während er auf die Knie ging zog er gleichzeitig ihren Slip sowie ihre Hose runter, aus denen sich Nika befreite. Erwartungsvoll lehnte sie sich gegen die Wand, wo Rohan ihre Beine speizte und seine Zunge sich an ihrem empfindlichsten Punkt verging. Sofort keuchte die Rothaarige laut auf, ihre Hände krallten sich in Rohan's Haare während dieser wild seine Zunge über ihren Kitzler gleiten ließ und anschließend tiefer zu ihrem Eingang. Halt fand er selbst an ihrem wohlgeformten Po während er Nika verwöhnte.

"Rohan, ja! Das fühlt sich so toll an!"

Irgendwann ließ er von ihr ab und kam zu ihr hoch bevor sich ihre Blicke trafen und Rohan seiner Liebsten einen intensiven Zungenkuss gab.

"Bitte, Rohan...ich kann nicht mehr warten! Ich will dich! Bitte steck ihn rein!"

Etwas wilder griff er Nika bei der Schulter und drehte sie mit dem Gesicht zur Wand wo sie sich direkt mit den Händen abstützte und spürte, wie er mit seinem Knie ihre Beine spreizte. Einen Moment lang lehnte Rohan sich keuchend gegen Nika's Rücken und spürte, wie ihre Hand gegen seinen Schritt rieb. Kurze Zeit später öffnete er selbst seine Hose und verschaffte sich Zugang in ihr Innerstes, was Nika erleichtert aufstöhnen ließ. Zärtlich wanderten seine Finger zu Nika's Hüften, wo er sie festhielt nachdem er ihr das Oberteil hochgerissen hatte, um ihre makellosen Brüste zu befreien. Sanft küsste er immer wieder ihren Rücken und ihren Nacken während er rhythmisch in sie stieß und die Rothaarige war wieder einmal froh, dass sie schon bevor sie mit Rohan zusammen kam mit der Pille vorsorglich angefangen hatte. Sie war schon immer ein sehr spontaner Mensch gewesen, was auch auf ihr Sexleben zugetroffen hätte, hätte sie vor Rohan einen Mann gehabt, außer dem Mistkerl, der sie damals so verletzt hatte. Seit Nika mit Rohan vor zwei Jahren zusammengezogen war war ihr Sexleben mit ihrem Liebsten intensiver denn je geworden und es kam nicht selten vor, dass Rohan spontan über sie herfiel. Nika genoss diese Momente wenn Rohan seine wilde Seite zeigte, meist war sie es allerdings, die ihm dann eindeutige Zeichen gab. In den zwei Jahren hatte sie mit Rohan bereits viel erlebt, hatte ihn bei seinen Reisen begleitet, auf denen er neue Eindrücke und Ideen für seinen Manga sammelte, stellte sich aber nie zwischen ihn und seine Arbeit. Sie wusste, wie wichtig ihm seine Arbeit war und meist ließ Nika ihn gewähren wenn er sich beim Zeichnen eines Kapitels teilweise stundenlang abschottete aber sie war sich sicher, dass auch er sich in den zwei Jahren in vielen Dingen zum Positiven gewandt hat.

Für beide war diese Beziehung ideal, denn sowohl Rohan als auch Nika konnten weiterhin ihre jeweiligen Interessen wahren und diesen nachgehen, ohne dass es sich auf ihre Beziehung auswirkte.

Rohan genoss es wenn Nika sich unter ihm wandt. Ihre Bewegung wenn sie erregt war machten ihn mehr an als alles andere. Wenn er gekonnt hätte, hätte er jeden Moment ihrer Extase aufgezeichnet. Ihr Gesichtsausdruck, die leicht geöffneten Lippen wenn sie stöhnte, die giftgrünen Augen, mit denen sie ihm hin und wieder erregte Blicke zuwarf und das Gefühl ihrer Hitze im Inneren...es fühlte sich alles wundervoll an. Er presste sich fester gegen ihren Rücken, küsste sanft von ihrem Nacken aufwärts zu ihrem Hals und stieß abrupt fester in sie als Rohan spürte, wie sie anfing zu zittern und zu vibrieren als sich ihr Höhepunkt ankündigte.

"Rohan, ja! Fester! Ich will es fester, bitte!"

"Nika, es ist so unglaublich heiß und feucht in dir! Du fühlst dich großartig an!"

"Rohan, ich komme! Ich...ich komme!"

"Nika, ich..."

"Ja, komm in mir!"

Ihre Stimme klang wie ein sinnlicher Schrei als sie zusammen den Gipfel der Lust erklommen. Zitternd krallte sich Nika mit einer Hand in Rohan's Haar während dieser ihr vor lauter Erregung in den Nacken biss. Als sie nur noch schwer atmend aneinandergedrückt an der Wand standen, drehte Nika ihr Gesicht in Rohan's Richtung mit einem glücklichen Lächeln.

"Gott, du bist so verdammt gut!"

"Ich muss mich doch schließlich auch um mein Meisterwerk kümmern!"

"Und ich liebe es wenn du so wild bist! Jetzt kann ich jedenfalls vor der Arbeit nochmal duschen gehen."

Beide mussten lachen und Rohan drückte seiner Liebsten einen weiteren Kuss auf die Lippen bevor er sich aus ihr zurückzog.

"Jetzt hätte ich allerdings doch Lust auf Frühstück."

"Mach ich dir gerne! Ich liebe dich, Rohan!"
 

*~*
 

"ROHAN? FRÜHSTÜCK IST FERTIG!"

Nach der wohltuenden Abkühlung der Dusche hatte sich Nika frische Kleidung übergeworfen und das Frühstück angerichtet. Im Haus duftete es nach frisch gekochtem Kaffee sowie knusprigem Bacon und Ei und aufgebackenen Brötchen als Rohan die Treppe runterkam und in die Küche trat.

"Herrlich, das kann ich jetzt sehr gut gebrauchen!"

"Oh ja, danach kann ich mir das wirklich denken!"

"Danke, Nika. Ich weiß es wirklich zu schätzen, dass du meine Art und meine Arbeit so respektierst."

"Ach, dafür musst du dich doch nicht bedanken!"

"Doch...denn es ist nicht selbstverständlich. Ich weiß schon, warum ich vorher mit niemandem zusammen sein wollte. Weil ich immer Bedenken hatte, dass jemand mit meinem Charakter nicht zurechtkommt. Allgemein hatte ich kein Interesse an den Menschen, sie waren mir egal. Du bist da ganz anders."

Ein Lächeln huschte Nika über die Lippen bevor sie Rohan einen Kuss auf die Wange drückte.

"Ich bin froh, dass du mich in deine Welt gelassen hast und ich akzeptiere und liebe dich so wie du bist. Ich möchte auch nicht, dass du dich für mich veränderst. Ich liebe deine Art, selbst deine kühle Seite. Das ist einfach das, was dich ausmacht. Und nun lass es dir schmecken! Ein wenig Zeit zum essen habe ich noch bevor ich zur Arbeit muss."

Der Mangazeichner setzte sich schmunzelnd hin und begann an seinem Grüntee zu nippen während Nika sich ihr Bröchten mit Ei und Bacon belegte und einen tiefen Schluck schwarzen Kaffee aus ihrer Tasse genoss. Im Hintergrund spielte leise das Radio und Rohan bewunderte, wie Nika die blaue Strickjacke leicht von ihren Schultern rutschen ließ und innig die Tasse festhielt. Einen Moment lang verlor er sich in ihrem Anblick, wurde aber aus seinen Gedanken gerissen als es plötzlich an der Türe klopfte.

"Huch, wer mag das denn sein?"

"Hoffentlich nicht Josuke..."

"Bleib sitzen, Rohan. Ich mache auf!"

Damit schwang sich Nika aus ihrem Stuhl und öffnete die Türe im Hausflur, doch mit der Person, die sich dort hinter befand, hätte sie nicht gerechnet.

"Guten Tag, hier bei Kishibe? Oh...oh Gott! Du bist..."

Einen Moment konnte Nika ihren Augen nicht trauen, doch dann erkannte sie den unerwarteten Besucher und ihre Augen weiteten sich.

"Du bist...Kazumi!"

~Spell 2~

"Es tut mir leid, dass ich so unangekündigt hier aufgetaucht bin."

"Ist schon in Ordnung, Kazumi. Ich muss eh erst in einer Stunde zur Arbeit."

"Trotzdem, ich wollte euch wirklich nicht beim Frühstück stören."

"Vergiss das doch jetzt mal, es ist ja nichts passiert. Nehm bitte noch eine Tasse Tee."

"Vielen Dank, Nika."

Der jungen Japanerin war es sichtlich unangenehm, dass sie so plötzlich in die Idylle des Paares eingedrungen ist aber Nika schien es lockerer hinzunehmen als Rohan. Er wirkte nicht so als ob er diesen Gast nicht begrüßen würde aber er war nach den Ereignissen von vor zwei Jahren anscheinend immer noch skeptisch.

"Jedenfalls...danke nochmal, dass ihr mich in euer Haus gelassen habt, ich weiß eure Gastfreundschaft sehr zu schätzen. Ich...wusste nur halt ehrlich gesagt nicht, wo ich zuerst hingehen sollte."

"Wieso bist du überhaupt zurück nach Morio gekommen, Kazumi? Ich dachte, du wärst damals, nachdem du aus dem Krankenhaus gekommen warst und du die Beerdigung deiner Mutter hinter dir hattest zurück nach Deutschland gegangen?"

"Das war ich auch. Ich brauchte lange, um die Ereignisse von vor zwei Jahren zu verarbeiten. Es...war nicht leicht."

"Glaub mir, ich verstehe, was du meinst."

"Ich weiß, dass man mir noch mit Skepsis gegenübertritt, das nehme ich auch nicht übel."

Dabei schaute Kazumi in Rohan's Richtung, der sie wachend mit zusammengekniffenen Augen musterte.

"Ich hoffe einfach nur inständig, dass ich dich nicht verletzt habe, Nika."

"Nein, hast du nicht. Ich weiß, der Fluch Nanase's hat dir übel mitgespielt und ich bin mir auch sicher, dass es nicht einfach für dich war aber hab keine Sorge, du hast mir nichts getan."

"Dann bin ich erleichtert. Ich den zwei Monaten, wo ich von Nanase besessen war, hatte ich keine Ahnung, was ich getan habe. Sie hatte stetig die Kontrolle über mich und ich weiß nicht, was sie in der Zeit teilweise angestellt hat. Ich hoffte die ganze Zeit über, dass sie keine Menschen verletzt hat."

"Uns hat sie jedenfalls nichts getan."

"Dann bin ich froh."

Rohan beobachtete Kazumi eingehend, die ganze Sache schien ihr eindeutig unangenehm zu sein aber er war erstaunt darüber, wie sie sich in den zwei Jahren verändert hatte. Sie hatte eindeutig wieder Farbe im Gesicht, ihre blauschwarzen Haare hatten einen sehr angenehmen Schimmer und auf ihren Lippen trug sie einen roten Lippenstift, der ihre kobaltblauen Augen noch mehr betonte. Ihre Hände hatte sie in ihren Schoß gekrallt, sie schien trotz allem durchaus nervös zu sein.

"Nun erzähl aber mal, Kazumi. Wieso bist du zurück nach Morio gekommen? Ich hatte in Erinnerung, dass du das alles hier hinter dir lassen wolltest, insbesondere den Tod deiner Mutter."

"Das wollte ich auch, Nika. Aber dann erhielt ich das hier vor circa einer Woche."

Vorsichtig reichte Kazumi Nika den Umschlag, den sie von ihrer Mutter erhalten hatte. Vorsichtig öffnete Nika ihn und sowohl Rohan als auch sie lasen sich aufmerksam Zeile für Zeile alles durch.

"Ach du meine Güte. Sie hat dir ein Testament vermacht kurz bevor sie gestorben ist."

"Ja, und zwar kurz bevor Nanase sie besessen hatte nachdem Mutter die Asche des Bildes aus Paris nach Japan holte."

"Hast du den Brief überprüfen lassen?"

"Das war nicht nötig. Niemand benutzt heute noch so abgegriffenes Pergament zum Schreiben sowie so einen alten Briefumschlag. Außerdem kenne ich die Handschrift meiner Mutter."

"Aber wieso erst jetzt? Wieso nicht schon früher? Und vor allem wer hat den Brief abgeschickt?"

"Ich glaube, dass sie es persönlich war."

"Deine Mutter ist tot, Kazumi. Wie soll sie das angestellt haben?"

Eine Weile saß Kazumi angespannt da und sagte kein Wort, doch dann öffnete sie sich.

"Naja, ich denke, nach allem, was damals passiert ist kann ich es euch ruhig sagen. Meine Mutter war keine gewöhnliche Heilpriesterin, die Menschen nur half, damit sie wieder gesund wurden. Ich entstamme einer Linie mächtiger Medien, die sich auch mit Geisterbeschwörungen beschäftigt haben. Laut der Geschichten meiner Mutter geht unsere Geschichte bereits auf Urzeiten zurück, in denen wir mit den Toten in Kontakt getreten sind und diese durch unsere Körper zu ihren Hinterbliebenden sprachen. Auch ich bin ein Medium aber im Gegensatz zu meiner Mutter hatte ich nie vorgehabt in die Fußstapfen meiner Mutter zu treten."

Es war durchaus nicht zu übersehen, dass die beiden nicht sicher waren, ob sie Kazumi die Story abnehmen sollten. Wahrscheinlich glaubten sie ihr aber traten ihr ein bisschen mit Misstrauen gegenüber.

"Ich weiß, es klingt verrückt und ich kann verstehen, dass ihr skeptisch seid aber gerade weil ihr so viel mit...Geistern zu tun hattet, dachte ich, es wäre am besten wenn ich euch zuerst aufsuche. Ich dachte, mit euch könnte ich darüber sprechen."

Rohan ergriff den Brief und musterte ihn nochmals eingehend.

"Nun, ich habe in meinen Jahren als Mangazeichner bereits so einige Dinge gesehen, die mit dem Übernatürlichen zu tun haben. Auf meinen Reisen bin ich immer wieder Geistern und Dämonen begegnet, deswegen könnte ich mir gut vorstellen, dass es sowas wie Medien gibt. Vielleicht war deine Mutter gerade auch deswegen so anfällig für Nanase's Geist."

"Meine Mutter hatte sich verändert nachdem diese Person von ihr Besitz ergriffen hatte aber dennoch viel mir auf, dass Mutter oft noch sie selbst war. Meine Mutter war ein sehr mächtiges und starkes Medium, ich bin mir sicher, dass sie Nanase hin und wieder kontrollieren konnte. Ich konnte es nicht...weil ich nie eine richtige Ausbildung zum Medium genossen hatte und es nie wollte. Deswegen war ich für Nanase ein leichtes Opfer."

"Aber um nochmal auf den Brief zurückzukommen...wieso glaubst du, dass es deine Mutter war, die ihn dir brachte?"

"Weil ich es gespürt habe. An jenem Tag war ich meinen besten Freund Brad besuchen und auf einmal...wir hatten alle Türen im Anwesen geschlossen sowie alle Fenster und doch...fühlte ich einen starken Windstoß, der in jenem Moment durch mich durchging und...der vertraute Geruch meiner Mutter lag in der Luft. Sie war da. Sie hat mir ein Zeichen gegeben."

"Aber das kann vielen Menschen passieren, Kazumi. Ich hatte so eine ähnliche Erfahrung als ich endlich mit meiner Mutter nach ihrem Tod durch den Autounfall abschließen konnte."

"Ja...aber sie begleitete mich an jenem Tag bis nach Hause. Bis ich den Brief aus meinem Briefkasten gezogen hatte. Danach...verschwand der Duft von einer auf die andere Sekunde sowie dieser Windstoß, der konstant durch mich durchging. Ich war mir sicher, sie hatte ihn dort reingeworfen und sie wollte, dass ich ihn finde. Ich kann verstehen, wenn ihr mir nicht glaubt aber ich habe auch keinen Grund zu lügen."

"Das hat ja auch keiner gesagt, Kazumi. Es ist nur verwunderlich warum sie gerade jetzt dir von ihrem Vermächtnis erzählt. Zwei Jahre nach all den Vorkommnissen und noch länger nach ihrem Tod."

"Vielleicht hat sie auf den richtigen Zeitpunkt gewartet. Der Zeitpunkt, an dem ich bereit war mich meiner Vergangenheit zu stellen."

Als Nika und Rohan in jenem Moment aufschauten, ging ein Schauer durch sie beide durch und auf einmal spürten sie eine unglaubliche Ruhe von Kazumi ausgehen aber auch eine mächtige Energie, die kurze Zeit später wieder verflog. Rohan reichte Kazumi den Brief wieder, die die Zeilen ebenfalls nochmals las.

"Also meinst du, sie hat gewartet, bis du all den Schmerz hinter dir gelassen hattest?"

"Ich denke schon. Aber...dass sie mir diesen Brief hinterlässt, obwohl ich all diese schlimmen Dinge über sie gesagt habe..."

"Was meinst du?"

"Tsuki Kuraki war meine Mutter aber dennoch hatte ich sie dafür gehasst, dass sie mich zwingen wollte ebenfalls ein Medium zu werden. Als sie tot war...war ich einerseits sehr traurig und schockiert aber...auch irgendwie erleichtert weil ich endlich frei war. Versteht mich nicht falsch, ich habe meine Mutter geliebt und wäre Nanase nicht gewesen, hätte meine Mutter trotz des Krebs' noch länger leben können, alleine schon durch ihre Kräfte aber sie hat immer wieder versucht ihr Schicksal auf mich zu übertragen, Dinge gesagt wie dass es meine Bestimmung sei den Ruf der Medien zu folgen. Ich wollte das nicht. Ich wollte mein eigenes Leben führen und nicht wie ein Vogel im Käfig gefangen gehalten werden. Als die Beerdigung seinerzeit vorbei war, konnte ich mir nichts schöneres vorstellen als wieder nach Hause nach Deutschland zu fliegen. Dort vergaß ich sie und alles, was hier passiert war bis dieser Brief kam."

"Wieso bist du dann wieder nach Morio zurückgekommen obwohl du sie so gehasst hast?"

"Ich habe nie viel Zeit mit meiner Mutter verbracht. Sie war da aber sie hatte immer mehr Zeit für ihren Schrein als für mich aufgebracht. Manchmal hatte ich mich schon gefragt, ob ich überhaupt eine Mutter habe als sie noch lebte. Aber...als ich den Brief bekam und las, was dort drin stand...es tat mir nicht leid, was ich über sie gesagt habe und ich denke, das wusste sie auch. Dennoch...wollte ich ihr ihren letzten Wunsch erfüllen und mir ihr Vermächtnis wenigtens anschauen."

Nochmals schaute sich Nika den Brief an und wurde etwas wehmütig.

"Vielleicht war sie nie oft für dich da gewesen und ich kann deine Einstellung ihr gegenüber gut verstehen aber...wenn ich mir die Zeilen so durchlese, muss sie dich trotz allem sehr geliebt haben, Kazumi. Ich meine, sie hat jahrelang Geld beiseite getan, damit du nach ihrem Ableben ein schönes Leben haben oder es dir zumindest aufbauen kannst. 216.634.000 Yen, das sind umgerechnet in Dollar...circa zwei Millionen Dollar, das ist eine Menge Geld als Erbe und sie hat dir ihre Wohnung hier in Morio überlassen. Welche Mutter würde das tun trotz dass ihre Tochter nichts mit ihr zu tun haben möchte?"

"Vielleicht hat sie sich schlecht gefühlt und Schuldgefühle gehabt weil sie mich dauernd alleine gelassen hat. Glaubt mir, ich mache das hier nicht weil ich mich schuldig fühle für die Dinge, die zwischen uns standen aber ich denke, dass ich es ihr wenigstens schuldig bin. Vor allem...frage ich mich halt, was es mit diesem Vermächtnis auf sich hat. Ich bin durchaus nicht wegen des Geldes oder der Wohnung nach Morio gekommen, allerdings werde ich, so lange ich hierbleibe, die Wohnung beziehen aber warum ich wirklich hier bin ist das genannte Vermächtnis, was sie mir vermacht hat."

"Sie hat es hier nur wie ein Rätsel aufgeschrieben. Gehe in die Straße, wo sich die Lebenden den Toten zuwenden. Dort wirst du die Antwort mit Händen greifen können."

Sofort wurde Rohan hellhörig.

"Warte, wo sich die Lebenden den Toten zuwenden? Die Antwort mit Händen greifen können? Ich glaube, ich weiß, welche Straße sie meint aber..."

"Hm? Was ist, Rohan?"

"Wenn es wirklich die Straße ist, die deine Mutter meint, dann existiert diese schon lange nicht mehr oder zumindest nicht so, wie sie sie hier beschrieben hat. Ich kann dir eine Beschreibung geben aber den Rest musst du selbst herausfinden."

Tatsächlich schrieb Rohan ihr den Weg zur genannten Straße auf, doch obwohl Rohan so aufgebracht war hinterfragte Kazumi nicht. Sie schien auf alles gefasst zu sein und mit Toten hatte sie nun schon oft genug zu tun gehabt.

"Ich danke dir, Rohan."

"Nun, ich hoffe, dass sich deine Antwort dort finden wird, Kazumi."

"Danke, ich weiß eure Mühen sehr zu schätzen. Vielen Dank auf jeden Fall für den Tee. Ich denke, ich sollte nun die neue Wohnung beziehen und mich dann auf die Suche nach genannter Straße machen."

Sie verbeugte sich, stellte die leere Tasse ab und griff ihre Koffer bevor Nika sie zur Türe begleitete.

"Kazumi! Egal, was damals passiert ist, hab keine Sorge, ich vertraue dir."

"Danke. Ich hatte ehrlich gesagt Sorge, dass gerade du Angst vor mir haben könntest."

"Ich denke, wir beide haben viel gemeinsam, Kazumi. Wenn du Fragen hast oder nicht mehr weiter weißt, du weißt, wo du mich finden kannst."

"Danke, Nika. Das weiß ich sehr zu schätzen."

Noch ein letztes Mal verbeugte sie sich bevor sie hinter den Wohnhäusern der Straße verschwand. Irritiert kam Nika in die Küche zurück.

"Glaubst du ihr, Nika?"

"Du, Rohan?"

"Ich denke, wir glauben ihr beide."

"Was hat es mit dieser Straße auf sich, Rohan? Du hast mir nie davon erzählt."

"Das ist lange her, Nika. Diese Straße war eine Art Gasse, in der der Geist eines Mädchens lebte, das vor Jahren durch die Hände des gefürchteten Serienkillers Kira Yoshikage ums Leben kam. Dieses Mädchen hieß Reimi Sugimoto. Ihre Seele wurde befreit nachdem Kira endgültig gestorben war, also nachdem wir ihn besiegt hatten. Dieses Mädchen...Reimi..."

"Was ist mit ihr?"

"Sie war meine Nachbarin und Babysitterin als ich noch ein kleiner Junge im Alter von vier Jahren war. Bevor meine Eltern und ich nach Tokyo gezogen waren lebten wir hier in einem Anwesen in Morio, da meine Eltern aber beide dauernd geschäftlich unterwegs waren, organisierten sie mir jemanden, der auf mich aufpasste wenn sie nicht da waren. Reimi...wurde eines Nachts von Kira ermordet, sie starb an einer Messerwunde in ihrem Rücken, der sie leider erlag, doch...bevor sie starb half sie mir durch das Fenster zu fliehen...so überlebte ich."

Er bemerkte den geschockten Gesichtsausdruck auf Nika's Gesicht sowie die giftgrünen Augen, die ihn anstarrten.

"Rohan..."

"Es ist okay, ich habe es lange verdrängt. Diese Straße, in der Reimi lebte, war wie eine Art Teufelskreis. Egal, wo man lang rannte, es gab keinen Ausweg. Es war als ob man im Kreis laufen würde...doch das wichtigste war...du durftest dich unter keinen Umständen umdrehen."

"W-wieso das nicht?"

"Weil die Seelen der Toten auftauchten und jeden verschlangen, den sie zu fassen bekamen. Wer sich umdrehte, wurde von ihren toten Händen gepackt und an einen unbekannten Ort verschleppt. Aber nachdem Reimi's Seele endlich Ruhe finden konnte und sie zum Himmel aufstieg...verschwand diese Gasse. Jedenfalls...wenn Kazumi's Mutter von dieser Gasse und ihrem Geheimnis wusste...muss ihr Vermächtnis irgendwo da sein. Vielleicht...vielleicht hat sie sogar mit den Seelen der Toten dort gesprochen."

Nika zuckte unwissend mit den Schultern und legte die Stirn in Falten.

"Was auch immer das zu bedeuten hat, ich werde Kazumi so lange sie hier ist im Auge behalten."

"Nika, ich habe bereits während des Gesprächs gemerkt, dass dir Kazumi's Geschichte sehr nahe ging aber ich möchte nicht, dass du in etwas reingezogen wirst, was dir am Ende noch schaden könnte. Halt dich bitte da raus, okay? Du bist wegen einer Geschichte mit Geistern schon einmal verletzt worden, ich will nicht, dass das nochmal passiert!"

"Aber wer soll es dann tun? Sie ist ganz alleine. Vielleicht..."

"Was?"

"Rohan, erinnerst du dich noch daran, wer sich damals um sie gekümmert hat als sie ins Krankenhaus gekommen ist nach dem Vorfall im Schrein? Ich glaube, ich habe eine Idee."

~Spell 3~

Eine Sache musste Kazumi ihrer Mutter lassen, sie hatte Stil gehabt. Die Wohnung, die sie ihrer Tochter überlassen hatte, war eher in einem traditionell altem japanischen Stil eingerichtet und Kazumi war sich ziemlich sicher, dass die Vase im Wohnzimmer eine originale Ming Vase war. Sie wusste nicht, ob es sich bei einigen der diversen Kunstobjekten, die sich in der Wohnung befanden, um käuflich erworbene Gegenstände oder eher um Geschenke ihres Vaters handelte aber Kazumi machte es deutlich, dass ihre Mutter alles andere als schlecht gelebt hatte. Für Kazumi war es eher ein Wunder, dass in den Jahren, in denen ihre Mutter nicht mehr hier gelebt hatte kein Fremder eingebrochen und einige Antiquitäten entwendet hatte. Vielleicht lag es aber auch daran, dass das gesamte Haus schon seit einigen Jahren keiner Renovierung mehr unterzogen wurde. An der Hausfassade bröckelte die grüne Farbe ab und die Haustüre hätte sie beinahe auch nicht mehr aufbekommen so verrostet wie das Schloß war. Der untere Bereich des Hauses war komplett unbewohnt, alleine dass dort einige Fenster bereits Risse hatten zeigte Kazumi, dass die erste Etage schon länger nicht mehr benutzt worden war.

Die Fenster in der zweiten Etage, wo auch ihre Mutter ihre Wohnung gehabt hatte, waren alle Fenster in Takt. Die Wände waren auch noch soweit in allen Räumen in Schuss gehalten worden, nur beim Betrachten der alten Holzmöbel musste Kazumi schlucken, denn diese hatten schon einige Zeit keine Reinigung mehr erhalten, so dick wie sich der Staub auf ihnen abgelagert hatte aber das war für Kazumi kein Problem. Sie nahm sich vor die Wohnung gründlich zu putzen und aufzuräumen sobald sie das Grab ihrer Mutter besucht hatte, was sie auch kurz nach der Besichtigung der Wohnung und einem schnellen Klamottenwechsel in Angriff nahm.

Der Friedhof von Morio war nicht weit von der Wohnung entfernt, dennoch genoss Kazumi das kurze Stück durch die Straßen, wo sie Zeit hatte einige Läden zu begutachten sowie das angenehme Wetter zu genießen. Ihr entging nicht, wie einige Ladenbesitzer oder Anwohner der Stadt sie musterten als sie die Straße entlangging, schließlich war sie neu und wohl unbekannt für viele Gesichter. Als sie den Friedhof endlich erreichte, machte sich ein unangenehmes Gefühl in ihrer Magengegend breit, doch steuerte sie mit zielsicheren Schritten auf das Grab ihrer Mutter zu. Als sie nun so davor stand, wusste sie zuerst nicht, was sie sagen sollte. Sie betrachtete den Grabstein, den Kazumi vor seinerzeit ausgesucht hatte mit den eingravierten Lilien, die den Rand des Steines zierten. Unten drunter war der Name ihrer Mutter in japanischen Lettern eingraviert. Ein leichter Wind kam auf und fuhr Kazumi durch die langen Haare.

"Nun...da bin ich also. Dort, wo du mich haben wolltest. Ich hoffe, du verzeihst mir, dass ich nach all den Jahren dir keine Blumen mitgebracht habe aber ich sah auch keine Veranlassung dazu. Schließlich...schließlich bin ich jetzt hier. Das ist es doch, was du wolltest, oder? Am Ende hast du sogar nach deinem Tod noch bekommen, was du wolltest. Ich hoffe inständig, dass du mich hören kannst, denn das, was ich dir sage, werde ich nur einmal sagen und dann nie wieder. Ich habe dich geliebt, du warst schließlich meine Mutter aber du hast nie etwas dafür getan, eine richtige Mutter für mich zu sein. Wärst du einfach da gewesen...ich hätte dich in vielen Momenten wirklich an meiner Seite gebraucht. Das, was eine Mutter sein sollte aber das hast du nie getan. Ich werde mich auch jetzt nicht hinstellen und eine Träne für dich vergießen. Dass du am Ende doch so schnell von hier gegangen bist hast du dir allein selbst zuzuschreiben und mich hast du dazu auch noch in Gefahr gebracht. Wer mit dem Feuer spielt verbrennt sich schnell, Mutter. Und glaub du nicht, dass all das hier es einfacher für mich macht, nur weil du mir eine Menge Geld und eine Wohnung hinterlassen hast. Nur, damit du Bescheid weißt...ich werde nach wie vor nicht in deine Fußstapfen treten und den gleichen Fehler machen wie du. Ich wollte nie wie du sein, Mutter. Weil ich einfach nicht die Tochter bin, die du gerne gesehen hättest. Ich bin anders als du. Ich gehe meinen Weg so wie ich das möchte und nicht, wie ihn mir jemand ebnet. Ich habe kein schlechtes Gewissen für all die Dinge, die ich dir jetzt gesagt habe, obwohl sie schon lange überfällig waren und ich dir diese schon längst hätte sagen sollen...ich fühle mich dir gegenüber auch nicht verpflichtet deine Taten weiterzuführen nur weil du mir ein Erbe hinterlassen hast...aber...du warst immer noch meine Mutter und deswegen werde ich dir diesen letzten Wunsch erfüllen und mir dein Vermächtnis anschauen. Ich werde nicht hierbleiben, Mutter. Ich werde eines Tages wieder nach Deutschland zurückgehen und dann werde ich dich vergessen haben und mein eigenes Leben leben."

Sie bemerkte zu spät, wie sie ihre Fäuste ballte und doch heiße Tränen ihre Wangen hinunterliefen.

"Verdammt, wieso hättest du nicht einfach das tun sollen, was eine Mutter tut und einfach meine Mutter sein können? Jedes Kind wünscht sich eine Mutter! Eine Mutter ist Gott in den Augen eines Kindes, warum warst du es nicht für mich? Warum warst du nie da wenn ich dich gebraucht habe? Ich hätte dich...so sehr gebraucht. Ich liebe dich aber mein Hass und meine Wut sind stärker. Das kannst du...das darfst du mir nicht verübeln! Wieso...wieso warst du nie da...Mama?"

Gebrochen sank Kazumi auf die Knie und weinte. Für einen Moment verharrte sie in dieser Position. Als sie wieder aufschaute, fuhr ein warmer Wind durch ihr Haar und über ihre Wange, als ob sie jemand dort streicheln würde.

"Mist, jetzt habe ich doch geweint. Aber das sind die einzigen Tränen, die ich für dich vergießen werde."

Damit richtete sie sich auf, das blaue Blusenkleid wehte um ihre Beine als der Wind sich drehte.

"Ich werde dir deinen letzten Wunsch erfüllen, Mutter. Das verspreche ich dir. Ich bin wütend auf dich aber ich bin kein Unmensch. Ich bin...einfach nur gespannt, was du für mich vorbereitet hast. Es wird wohl Zeit, dass ich es herausfinde."
 

*~*
 

"Hey, wollen wir nach dem Grabbesuch meines Bruders was essen gehen, Josuke? Ich sterbe vor Hunger."

"Sehr gerne!"

"Verdammt, kannst du es dir nicht nochmal überlegen und hier in Morio bleiben? Ohne dich wird mir die Stadt so leer vorkommen."

"Ach Okuyasu, irgendwann ist es für mich auch soweit und außerdem ist ja noch nichts entschieden. Tokyo ist halt die beste Anlaufstelle um einen guten Job zu finden und außerdem bin ich mittlerweile 28 Jahre, ich kann mir nicht mehr so lange Zeit lassen. Die Zeit bleibt schließlich nicht stehen und ich werde nicht jünger."

Seine geliebte Frisur zurechtkämmend lief Josuke neben Okuyasu her, die an jenem Tag verabredet waren. Viele Jahre sind durch das Land gegangen und mit der Schule waren sie längst fertig, dennoch konnte sich keiner so richtig von Morio trennen. Während sie auf dem Weg zum Friedhof waren seufzte Okuyasu niedergeschlagen.

"Diese Stadt lässt einenn aber auch einfach nicht los, findest du nicht? Wir sind irgendwie schon unser halbes Leben hier."

"Du hast recht. Wir haben diese Stadt jahrelang beschützt."

"Ich für meinen Teil werde es nicht ertragen können solltest du irgendwann gehen."

"Noch bin ich ja nicht weg, Okuyasu! Was ist eigentlich mit dir?"

"Ach ich...ich hatte ehrlich gesagt schon überlegt, ob ich bei Tonio als Koch in die Lehre gehen soll."

"Du als Koch?"

"Hast du eine bessere Idee?"

"Ich wollte mich nicht über dich lustig machen, alter Freund!"

"Naja, wahrscheinlich hast du recht und ich würde eh alles schlimmer machen. Womöglich irgendetwas kaputtmachen."

"Du zweifelst viel zu viel an dir selbst, Okuyasu. Auch du wirst irgendwann was finden, was dir liegt."

"Naja, in diesem Laden zu arbeiten, wo noch CD's und Vinyl verkauft werden ist eigentlich ganz gut um sich noch ein wenig Geld für nebenbei zu verdienen aber auch keine Dauerlösung. Irgendwann werde ich einen guten Job finden. Vielleicht auch einen, wo ich nicht so viel denken muss."

"Ist das Denken immer noch nicht besser geworden?"

"Hey, da scheint jemand auf Streit aus zu sein!"

Die beiden Freunde lachten bevor sie sich dem Friedhof näherten.

"Alles in allem hat sich an sich nie etwas verändert. Wir sind immer noch dieselben, nicht wahr, Josuke?"

"Ja, der Meinung bin ich auch und das ist gut so."

"Warum bleibst du nicht einfach hier? Ich meine, dir laufen die Mädels in Scharren seit Jahren hinterher und doch hast du dich immer noch für keine entschieden! Selbst Rohan Sensei hat sein Glück mit Nika gefunden, warum du nicht?"

"Ach, ich weiß es nicht! Vielleicht bin ich auch einfach zu dumm eine Beziehung zu führen oder ich habe einfach noch nicht die Richtige gefunden."

"Ich wünschte mir manchmal, dass dich so der Schlag von einer treffen würde, dass du Morio nie wieder verlassen würdest!"

"Jetzt hör auf, Okuyasu! Wahrscheinlich glaubst du noch, dass sie mir jeden Moment über den Weg laufen wird."

"Möglich ist alles, Josuke! Ich würde dir eine liebe Freundin gönnen, du hast es verdient mit deinem Herz aus Gold."

Josuke ließ es sich nicht anmerken, wie ihn die Bemerkung rührte, als sie jedoch den Friedhof betraten wurde seine Miene wieder ernst. Josuke ließ Okuyasu für einen Moment alleine als dieser zum Grab seines Bruders ging. Mit Abstand lehnte der Japaner mit der Pompadour Frisur an einem Baum und wartete, bis sein Kumpel wieder zu ihm trat, doch dann bemerkte er jemanden oder besser gesagt eine bestimmte Person, mit der er nicht gerechnet hatte.

"Moment...das ist doch..."

Sie wirkte etwas verweint aber trotz des niegerschlagenen Blicks war Josuke sich sicher, es war Kazumi. Er beobachtete, wie sie ihres Weges ging und schaute ihr noch lange nach. Einen Moment lang blieb sie allerdings stehen und er war sich sicher, dass sie für einen kurzen Moment in seine Richtung geschaut hatte, ihn aber entweder nicht erkannt hatte oder gar nicht ansprechen wollte. Sie verließ den Friedhof so schnell, wie sie aufgetaucht war und nahm den angenehmen Duft von Kirschblüten mit sich, der an ihr haftete.

"Sorry Josuke, dass es so lange gedauert hat. Josuke? Hey, hörst du mir zu?"

"Oh, Okuyasu! Entschuldige, ich war gerade mit den Gedanken woanders."

"Durchaus, der heiße Feger ist mir nicht entgangen. Wer sie wohl war? Irgendwie kam sie mir bekannt vor aber ich konnte sie nicht richtig zuordnen. Mann, von zu viel Denken tut mir der Kopf weh!"

"Ich habe so ein Gefühl, Okuyasu. Ich glaube, ich weiß, wer sie war."

"Und? An wen denkst du dabei?"

"Das war Kazumi. Das Mädchen von damals im Schrein. Welches so wie Nika besessen war."

"WAS? DIE KAZUMI? Wie denn das? Die ist doch danach wieder nach Deutschland zurückgeflogen! Wieso ist sie nach Morio zurückgekehrt?"

"Nun, ihre Mutter liegt hier begraben aber die beiden hatten nun auch nicht gerade das beste Verhältnis. Es muss also noch einen anderen Grund geben, warum sie hier ist. Ich denke nicht, dass sie nur hergekommen ist, um das Grab ihrer Mutter zu besuchen."

"Was schlägst du vor, Josuke?"

"Ich weiß es nicht. Lassen wir sie erst einmal, sie wird ihre Gründe haben."

"Mann, und ich dachte damals schon, dass sie es dir irgendwie angetan hatte!"

"Bitte was? Nimm das zurück!"

"Gib es zu, du mochtest sie und am liebsten würdest du sofort zu ihr gehen und ihr sagen, dass du dich freust, dass sie wieder da ist!"

"Halt den Mund, Okuyasu!"

Sein Kumpel warf ihm nach wie vor ein verschmitztes Grinsen zu und doch musste Josuke zugeben, dass Okuyasu gar nicht mal so Unrecht hatte. Kazumi war durchaus ein interessanter Charakter gewesen und es war verwunderlich warum sie wieder in Morio war. Vielleicht wussten Nika und Rohan etwas von der Sache und konnten ihm weiterhelfen. Er hatte sowieso schon seit längerer Zeit vorgehabt die gute Nika mal wieder zu besuchen, dabei könnte es auch nichts schaden wenn er sich bei ihr mal wegen Kazumi erkundigen würde sollte sie was wissen. Den Plan hielt er sich für den kommen Tag im Kopf und er war gespannt, was er dabei herausfinden würde. Kazumi hatte einiges hinter sich, vielleicht war es gar nicht so schlecht ein wenig über sie zu wachen so lange sie sich in Morio befand.

~Spell 4~

Das Handtuch eng um den feuchten Körper geschlungen wagte sich Nika am Folgemorgen nach der Dusche zu Rohan ins Arbeitszimmer. Vorsichtig schaute sie um die Ecke und bemerkte, wie konzentriert er auf sein jetziges Kapitel war und fragte sich, ob sie in auch diesen Morgen erneut von seiner Arbeit ablenken sollte, doch dann fiel ihr Blick auf Heaven's Door, der hinter seinem Meister aufgetaucht war und diesem nun zusah, wie er gerade eine Verfolgungsjagd durch die Stadt mit Bleistift und Füller aufs Papier brachte. Es dauerte nicht lange, da bemerkte Heaven's Door die Rothaarige und blickte sie irritiert an. Mit großen grünen Augen blickte sie ihn an und als sie nicht mehr an sich halten konnte, rannte sie geradewegs auf den Stand zu und knuddelte ihn durch.

"Gott! Heaven's Door, bist du nicht einfach mal der süßeste Stand auf dieser Welt?"

In jenem Moment sog Rohan stark die Luft ein als er spürte, wie ihm auf der Brust und im Schritt ziemlich warm wurde. Sofort wandte er sich um und erblickte Nika, die den Stand immer noch fest im Arm hielt und gegen ihre prallen Brüste drückte.

"Oi oi oi oi oi, Nika! Stopp! Oh Gott, bitte hör auf!"

Als Nika's Blick auf Rohan fiel, der mittlerweile mit geröteten Wangen auf seinem Stuhl saß, dann wieder zu Heaven's Door blickte und dann wieder zum Mangazeichner, wurde ihr erst einmal wieder bewusst, dass es mit Berührungen ja dasselbe war wie im Kampf. Der Standuser spürte alles, was seinem Stand wiederfuhr und so ließ Nika den Stand auf der Stelle los, konnte sich aber ein verschmitztes Grinsen nicht verkneifen.

"Tut mir leid, ich vergesse das immer wieder!"

"Puh, mach das nicht andauernd. Das...wow...eh, bitte zieh dein Handtuch hoch!"

"Ups, muss wohl aufgegangen sein."

"Ich frage mich nach wie vor, wie es sein kann, dass du Heaven's Door als auch andere Stands nach wie vor sehen kannst, obwohl du nicht mehr unter dem Einfluss des Fluches stehst. Dabei bist du selbst kein Standuser."

Nika zuckte unwissend mit den Schultern.

"Keine Ahnung, das habe ich mich auch schon gefragt. Vielleicht hast du mich ja im Nachhinein beeinflusst. Naja, ist ja auch egal. Tut mir leid wenn ich dich unterbrochen habe, ich geh mir besser mal was..."

Doch Rohan packte Nika an den Hüften und zog sie zu sich auf den Schoß, wo ihr einige der nassen Haarsträhnen über das Gesicht so wie ihre Brüste fielen. Mit dem Zeigefinger zupfte Rohan auch den Rest des Handtuchs auf und fuhr sanft mit diesem über die nasse Haut bis er ihre straffen Schenkel erreichte.

"Du bist unersättlich, weißt du das? Du verdirbst mich total!"

Doch Nika legte vorsichtig ihre Arme um Rohan und küsste seine Stirn.

"Ich bin...einfach so glücklich mit dir. Es...es tut mir leid wenn ich dir so oft zu nahe kommen sollte aber...ich bin einfach so gerne in deiner Nähe. Ich möchte nie wieder ohne dich sein. Du bist mein Leben. Ich liebe dich."

"Nika..."

Nun gab auch Rohan ihr einen zarten Kuss auf die Lippen. Dann hob er sie an den Hüften hoch und legte sie unter sich zu Boden, wo er sofort einer ihrer Brüste ergriff und sanft massierte.

"Du bist so wunderschön, Nika. Wenn ich es könnte, würde ich jede Regung, jede Miene deines Gesichts aufzeichnen wenn du erregt bist."

"Warum...tust du es nicht einfach?"

"Eigentlich gar keine schlechte Idee. Ich könnte durchaus wieder mehr Aktzeichnungen üben. Warum nicht gleich an dir?"

Doch das Klopfen der Haustüre unterbrach die beiden Liebenden in jenem Moment und ließ sie seufzend verteinern.

"Wer kann das denn jetzt sein? Wer stört jetzt?"

"Keine Ahnung aber ich mach die Türe auf."

"Gut, ich muss mich sowieso wieder an die Arbeit machen."

Doch Nika gab Rohan noch einen flüchtigen Kuss auf die Wange bevor sie das Handtuch feste um ihren Körper band und runter zur Haustüre ging. Als sie so die Türe öffnete, erblickte sie einen erschrockenen Josuke, der direkt mit hochrotem Kopf in eine andere Richtung schaute.

"Ach Josuke, du bist es!"

"Heeeeeyyyyy, Nika...gut siehst du aus! Darf ich...darf ich reinkommen oder...störe ich euch gerade?"

"Nein, du störst nicht! Komm rein, ich zieh mir nur eben was drüber."

"Ist es wirklich okay? Ich wollte da mit dir über etwas reden."

"Das passt mir ehrlich gesagt sehr gut, denn ich wollte auch mit dir sprechen. Warte kurz, ich bin gleich wieder da."

Verlegen schaute Josuke zur Seite als Nika die Treppe hochlief, die Frau hatte wirklich kein Schamgefühl aber damit passte sie einfach perfekt zu Rohan. Als er die Treppe hinaufschaute, erblickte er den Mangazeichner, der ihn wütend anstarrte und wieder einmal war sich Josuke sicher, dass Rohan ihn ein weiteres Mal gerne mit seinen Blicken töten wollte.
 

*~*
 

"Danke, dass du dir so kurzfristig Zeit für mich nimmst, Nika."

"Ach, jetzt mach dir doch nicht so einen Kopf. Ich freue mich ehrlich gesagt sehr über deinen Besuch, Josuke! Obwohl wir nicht weit voneinander entfernt wohnen habe ich dich schon lange nicht mehr gesehen."

"Ich bin momentan auch sehr eingespannt. Arbeitssuche in Tokyo aber das ist nicht der Grund, warum ich hergekommen bin."

Doch Nika war hellhörig geworden und blickte den jungen Japaner verdutzt an.

"Du willst weg? Aus Morio? Nach Tokyo? Da wird dieser Stadt hier aber einiges fehlen wenn du gehst."

"Ich weiß und eigentlich will ich auch gar nicht weg aber irgendwann muss ich auch mal meinen Weg finden, oder? Die Stadt wird von vielen guten Standusern bewohnt sowie bewacht, sie wird auch ohne mich zurechtkommen, meinst du nicht?"

Doch Nika setzte nur die Kaffeetasse mit zusammengekniffenen Augen an die Lippen ohne ein Wort zu sagen.

"Kann ich mir nicht vorstellen, Josuke. Lass mich ehrlich sein, du...bist das Herz dieser Stadt."

"Ach Nika...ich bin ein ganz normaler Mensch wie jeder andere hier..."

"Mit einem großen Herz."

"Schön, dass du das so siehst."

"Es ist nur die Wahrheit. Du bestrafst zwar die Bösen aber du verschonst sie. Das ist sehr gütig und dir sehr hoch anzurechnen. Nicht jeder Mensch würde so handeln. Aber gut, warum bist du wirklich hergekommen?"

"Nun, ich glaube, dass ich gestern eine Person in Morio wiedersehen habe, mit der ich wohl am wenigsten gerechnet habe."

"Kazumi?"

"Woher weißt du das?"

"Weil sie uns gestern Morgen aufgesucht hatte und ich war ebenfalls so überrascht wie du, Josuke. Und um ehrlich zu sein ist sie auch der Grund warum ich auch mit dir reden wollte."

Nika erklärte Josuke Kazumi's Beweggründe wieder nach Morio zurückgekommen zu sein, dieser wiederrum nickte manchmal mehr, manchmal weniger nachdenklich sowie besorgt mit dem Kopf.

"Warum sollte ihre Mutter ihr das antun? Ich habe lange mit ihr gesprochen als sie nach der Sache mit Nanase im Krankenhaus war. Einerseits wirkte sie schon betroffen über den Tod ihrer Mutter, andererseits auch irgendwie erleichtert...als ob eine Last, die sie schon eine Ewigkeit mit sich rumgetragen hatte endlich von ihren Schultern gefallen wäre."

"Ich kann dir leider auch nichts genaueres sagen aber das ist der momentane Stand, über den sie uns in Kenntnis gesetzt hat. Warum ich allerdings mit dir darüber sprechen wollte war ein anderer Grund."

"Und dieser wäre?"

"Ich habe eine Bitte, Josuke."

Verwirrt blickte der Japaner die Jamaikanerin an.

"Ich würde mich der Sache ja selbst annehmen aber...Rohan...er scheint eindeutig ein Problem mit der Sache zu haben. Diese Straße, die ich erwähnt habe..."

"Ich weiß, das war die Straße, in der der Geist des Mädchens Reimi Sugimoto hauste bevor wir Kira getötet hatten. Rohan kannte sie."

"Und das ist der Punkt. Die Straße scheint wohl nicht mehr dort zu sein, so wie sie einst war aber..."

"Er macht sich Sorgen um dich."

"Er will nicht, dass ich in die Sache mit reingezogen werde und vielleicht in etwas gerate, was ich am Ende bereuen könnte, sonst hätte ich so lange wie Kazumi in Morio ist ein Auge auf sie geworfen. Deswegen...wollte ich dich fragen, ob du auf sie aufpassen könntest?"

"Ich? Aber...wie kommst du darauf, Nika?"

"Nun ja, du hast ein gutes Herz und kennst sie seit sie wieder sie selbst geworden ist. Außerdem braucht sie jemanden, der ihr hier in Morio ein bisschen unter die Arme greift. Sie ist ganz alleine, Josuke. Vielleicht wirkt sie gerade nach außen hin sehr gelassen aber ich habe es gesehen...die Trauer und den Schmerz in ihren Augen. Wenn ich könnte würde ich wie gesagt mich ihrer annehmen aber..."

"Ich habe es auch gesehen, Nika. Auf dem Friedhof. Ihr Blick voller Trauer, die Augen voller Tränen. Sie hat es einmal zugelassen zu weinen."

"Wie kam es dazu, dass ihr euch gesehen habt?"

"Ich denke nicht, dass sie mich gesehen hat. Na gut, vielleicht kurz aber sie ging sofort weiter. Ich war mit Okuyasu dort weil wir das Grab seines Bruders besuchen wollten, da hab ich gesehen, wie sie gerade auf dem Weg zurück in die Stadt war."

"Also...würdest du...auf sie aufpassen? Zumindest eine Weile..."

Zuerst wirkte es so als ob Josuke kein Interesse hatte aber dann hellte sich seine Miene auf und da war es wieder, seine Aufopferung und Liebe zu anderen Menschen sowie dieses Lächeln, was nicht ehrlicher hätte sein können.

"Gerne tu ich dir den Gefallen. Mach dir keine Sorgen, du kannst dich auf mich verlassen!"

"Josuke...ich danke dir! Ich danke dir von ganzem Herzen!"

"Das brauchst du nicht, Nika. Ich verstehe deine Sorge aber ich verstehe auch Rohan. Ich kann dir nicht viel zu dieser Straße sagen aber glaub mir...laut Rohan kommt niemand mehr zurück wenn derjenige einmal in die Fängen der Toten geraten ist. Es ist besser so. Außerdem bist du kein Standuser, du könntest nichts gegen diese Macht, die dort herrscht, etwas ausrichten. Wenn sie noch da wäre...ich denke nicht aber sicher ist sicher. Ich passe ein wenig auf sie aus dem Hintergrund auf, ich will sie auch nicht verschrecken, so dass sie denken könnte, sie würde verfolgt werden."

"Trotzdem danke, Josuke. Ich nehme das nicht als selbstverständlich hin. Ich werde zwar diese Straße nicht aufsuchen aber wenn ich es schaffe, werde ich neben der Arbeit auch ein Auge auf sie werfen. Ich werde mich auch gerne für deine Hilfe erkenntlich zeigen, was hättest du gerne dafür?"

Darauf nahm Josuke nur Nika's Hand und lächelte.

"Nur ein Lächeln und dass du mir sagst, dass du glücklich bist."

Wie ins Herz getroffen schaute Nika Josuke an, dann lächelte sie sanft.

"Sehr glücklich sogar, Josuke. Ich bin unendlich glücklich."

Darauf lehnte der Japaner sich zufrieden zurück und schaute zu dem oberen Fenster, von dem aus Rohan die beiden durch die Rolladen beobachtet hatte.

"Das weiß ich doch. Ich wollte es nur nochmal aus deinem Mund hören. Es ist schön, dass du hier bist."

"Bist du es denn auch? Glücklich meine ich?"

Josuke wusste instinktiv, was Nika meinte aber er versuchte es zu überspielen, denn es war genau das, worauf Okuyasu ihn auch schon angesprochen hatte.

"Ich? Ich bin glücklich, Nika. Ich habe doch alles."

Eine Weile blickte Nika Josuke eingehend an. Dann schaute sie mit einem Lächeln auf die Oberfläche ihrer Kaffeetasse.

"Auch ein ungeschliffener Diamant wird irgendwann mal sein Glück finden und wenn diese Zeit gekommen ist...werden sie zusammen schöner als alle andere Steine glänzen."

Als sich ihre Blicke trafen, sahen sie sich schweigend an, dann wich Josuke jedoch ihrem Blick aus.

"Niemand in dieser Stadt hat mehr Glück verdient als du, Josuke. Obwohl...Okuyasu auch. Es ist schade, dass ihr beide schon so lange alleine seid."

"Irgendwann, Nika...irgendwann."

"Hm? Du gehst schon?"

"Ich erfülle eine Bitte. Wir sehen uns, Rotschopf."

"Danke, Schmalzlocke."

Mit einem Zwinkern verabschiedete sich der junge Japaner und während Nika ihm so hinterher schaute, war sie sich fast sicher ein helles Glänzen voller Reinheit zu erkennen, was den jungen Mann umgab.

~Spell 5~

Etwas ratlos starrte Kazumi auf die Wegbeschreibung, die Rohan ihr gegeben hatte. Nachdem sie die Wohnung noch am selben Abend, nachdem sie vom Friedhof gekommen war komplett aufgeräumt, geputzt und auf Fordermann gebracht hatte, entschloss sie sich den Abend auszuruhen und erst am Folgetag den genannten Ort aufzusuchen. Als sie nun vor genannter Gasse stand, fand sie weder etwas, was in irgendeiner Form auf ihre Mutter hätte zutreffen können, noch das, was sie in ihrem Rätsel im Testament beschrieben hatte.

"Hier sollte es sein aber wonach suche ich überhaupt? Hier ist nichts, Mutter. Was also sollte ich hier finden? Du hättest ruhig etwas detaillierter vorgehen können mit deiner Beschreibung anstatt in Rätseln."

Links von ihr befand sich ein kleiner Einkaufsladen während rechts von genannter ein leer stehendes Gebäude stand. Verwirrt hob Kazumi die Schultern und legte die Stirn in Falten.

"Nun gut, es bleibt mir wohl nichts anderes übrig. Ich werde wohl mal einen Blick auf diese Gasse werfen."

Sie hatte nicht mal einen bestimmten Punkt in dieser Gasse erreicht, da spürte sie schon eine merkwürdige Kälte in ihrem Rücken. Ihre Augen waren weit aufgerissen aber sie traute sich nicht sich umzudrehen. Einen Moment lang blieb sie wie versteinert stehen, es fühlte sich beinahe so an als ob sie jemand greifen wollte.

"Keine Sorge, Kazumi. Rohan meinte, dass diese Gasse nicht mehr die wäre, die hier einst war, ich habe also nichts mehr zu befürchten. Wobei ich mich frage, ob diese Kälte von den Toten herrührt, die Mutter in ihrem Testament beschrieben hatte. Ich fühle ihre Anwesenheit, sie sind hier."

Vorsichtig griff die junge Japanerin in ihre Brusttasche und bekam ein Stück Papier zu fassen, auf dem einige japanische Zeichen geschrieben standen. Sie flüsterte etwas vor sich hin und belegte das Ofuda mit einem Zauber, dass ihr kein Schaden zugefügt werden könne.

"Vielleicht habe ich mich nie für die Heilkunde interessiert aber Okultismus ist eh viel interessanter. Die Ofuda's werden mir auf meiner Reise hier in Morio sicher noch oft zugute kommen."

Sie steckte das Ofuda wieder in ihre Brusttasche und schaute einen Moment lang auf die Gasse bis sie sich in Bewegung setzte. Dabei bemerkte sie nicht, wie sie jemand aus der Ferne beobachtete.

"Oi Josuke, hälst du das für eine gute Idee?"

"Ich habe es Nika versprochen, Okuyasu. Ich lasse sie ganz bestimmt jetzt nicht hängen. Aber ich frage mich, was Kazumi vorhat. In der Gasse ist doch nichts mehr, oder?"

"Willst du ihr nachgehen?"

"Ich werde ihr jedenfalls auf sicherem Abstand folgen. Sollte was passieren, geb Rohan und Nika Bescheid!"

"Alles klar! Sei vorsichtig!"

Kazumi war schon etwas weiter und bemerkte nicht als Josuke sich an ihre Fersen heftete. Im Gegensatz zu Josuke, für den die Gasse ganz normal auszusehen schien, hatte Kazumi die ganze Zeit über das Gefühl von Nebel verfolgt zu werden. Immer wieder schaute sie nervös auf das Papier, konnte aber nach wie vor keinen Anhaltspunkt auf ihre Mutter finden.

"Mutter, du gibst dir ja noch nicht mal Mühe! Es ist als ob man eine Nadel im Heuhaufen suchen würde."

Doch dann blieb sie erneut stehen, denn sie spürte, wie etwas an ihrem Bein zerrte. Vorsichtig versuchte sie sich zu beruhigen als sie auf einmal von mehreren Händen gepackt und festgehalten wurde.

"Die Toten...ich kann sie fühlen aber warum sind sie noch hier? Ich bin nicht euer Feind!"

Im Gegensatz zu denen, die sich zu Zeiten von Kira Yoshikage in der Gasse umgedreht und somit ihr Leben den Toten überlassen hatten, musste Kazumi sich nicht erst umdrehen um die Toten zu sehen. Der Fluch der Toten war schon lange weg, mit Reimi waren sie in den Himmel nach Kira's Tod aufgestiegen aber womöglich fühlten sie sich durch die Anwesenheit eines starken Mediums gestört. Kazumi sah keine andere Möglichkeit, als die Hände bereits an ihrem schwarzen Haar rissen und sich ihren Weg in die Innenseiten ihrer Mundwinkel bahnten, riss sie sich los und begann zu rennen.

"Verdammt! Wenn selbst das Ofuda nicht hilft dann bleibt mir im Moment keine andere Möglichkeit! Verdammt, Mutter! Worauf habe ich mich hier nur eingelassen? Das Letzte, was ich wollte, war die Toten zu erzürnen!"

Geschwind rannte sie um die nächste Ecke, bis sie sich in Sicherheit wiegte und der Nebel nachließ, doch dann fiel ihr auf, dass sie sich wieder auf der Hauptstraße befand.

"Das ergibt doch alles keinen Sinn! Was zur Hölle..."

Doch diesmal war etwas anders. Der Laden, von dem sie dachte er wäre leer, schien auf einmal voller Regung zu sein oder zumindest eine magische Aura auszustrahlen.

"Könnte es sein, dass..."

Vorsichtig schaute Kazumi nach links, dann nach rechts. Als sie niemand beobachtete, riss sie an der Holzsfassade, mit der notgedrungen de Eingang versperrt wurde. Mit leicht zittrigen Fingern griff sie die verstaubte Türklinke und drückte sie nach unten, bevor sich die Türe knarrend öffnete und sie einen Blick in das Innere warf. Als sich ihre Augen langsam an die Dunkelheit im Inneren des Raumes gewöhnt hatten und sie ihre Umgebung besser wahrnahm, stieß sie ein durchaus hörbares, sogar fast entsetztes Seufzen aus.

"Um Himmels Willen! Ich habe ja mit allem gerechnet aber nicht damit! Mutter...ich dachte, du hättest dich der Heilkunde verschrieben! Warum um alles in der Welt sind hier überall Pentagramme?"

Ihr Blick glitt über die verstaubten Schränke und Kazumi versuchte sich erst einmal zu vergewissern, ob es sich bei dem Laden wirklich um einen Laden ihrer Mutter hätte handeln können, doch spätestens als sie einen alten Ordner fand, in dem Bestellungen handschriftlich dokumentiert waren, wusste Kazumi Bescheid und ihr fiel fast alles aus dem Gesicht.

"Okay, nur die Ruhe, gib mir eine Sekunde zum Nachdenken! Ich gehe mal davon aus, dass das Umrunden dieses Gebäudes sowie die Konfrontation mit den Toten ein Test war, um zu sehen, ob ich würdig bin dein Erbe anzutreten. Die Toten, die hier einst ruhten, sind eigentlich gar nicht mehr hier aber du extra eine Barrikade für mich errichtet, um zu schauen, ob ich die Kraft habe. Erst danach...erschloss sich mir die Kraft und die dunkle Aura, die von diesem Gebäude herrührte. Das Ofuda hat mir also von Anfang an nichts genutzt. Ich habe bewiesen, dass ich keine Angst vor den Toten habe. Wie auch, als ob ich nicht selbst schon beinahe eine Nahtoterfahrung gemacht hätte. Aber wieso, Mutter? Nach allem, was du mir immer erzählt hast...war das am Ende alles nur um den Schein zu wahren vor der eigentlichen Wahrheit? Wer oder was warst du wirklich?"

Die verstaubten Regale waren vollgestopft mit Büchern, die von Flüchen und Okulten sowie Dämonenbeschwörungen handelten. Als Kazumi ein ganz besonders altes Buch, welches mit einer Kette in Form eines Pentragrammes versehen war ergriff, spürte sie die dunkle Kraft regelrecht durch sich durchfahren. Etwas aufgeregt öffnete sie die Kette und warf einen Blick auf die vergilbten Pergamentseiten.

"Das sind...Flüche...Beschwörungen, um Dämonen oder mächtige Teufel in diese Welt zu holen! Aber...hier stehen auch...was zum Teufel ist das? Das sind auch...Heilzauber aber jene, die auf dunkle Okulte zurückgreifen! Blutopferungen...Zeromonien, in denen man Blut opfert, um ein Leben zu retten!"

Erstarrt ließ Kazumi das Buch auf den Tresen rutschen bevor sie sich einen Moment lang sammelte. Mit vorgehaltener Hand schaute sie sich ein weiteres Mal im Raum um.

"Ich verstehe das nicht. Ich hatte immer gedacht, dass meine Mutter sich der Heilkunde, allgemein der Heilung von Menschen verschrieben hatte und nun finde ich mitten in Morio einen Laden voller Bücher über Okultismus! Ich meine, nicht das es mich stört aber...ich habe langsam das Gefühl, dass alles, was ich von meiner Mutter dachte, eine Lüge war."

Orientierungslos schaute Kazumi sich die verstaubten Regale an. Erneut ergriff sie das Buch, welches sie soeben auf dem Tresen abgelegt hatte und steckte es in ihre Tasche.

"Das werde ich erst einmal mitnehmen. Den Laden selbst werde ich nochmal in aller Ruhe erkunden. Wenn ich noch länger hierbleibe, verliere ich sicher noch den Verstand!"

Sie verließ den Laden und zog die Türe hinter sich zu, ohne noch einmal einen Blick hineinzuwerfen, doch in jenem Moment als sie mit dem Rücken zum Gebäude stand und die unheimliche Aura auf einmal von ihr abfiel, drehte sie sich reflexartig um und schaute auf die soeben verschlossene Türe. Es war als ob sie den Laden nie betreten hätte, so verändert hatte sich die Stimmung in den wenigen Sekunden und als sie gerade den Weg zurück antreten wollte, bemerkte sie die Person nicht, die urplötzlich vor ihr stand und sie mit dieser unsanft zusammenprallte bevor Kazumi durch den Aufprall beinahe zu Boden ging, hätte die Person sie nicht gerade eben so noch am Handgelenk festgehalten.

"Sei vorsichtig! Du musst ein bisschen besser auf dich aufpassen."

Es dauerte einen Moment bis Kazumi realisierte, wer gerade zu ihr gesprochen hatte und wem die sanfte Stimme gehörte, doch in jenem Moment, wo sie hochschaute und die kobaltblauen Augen sowie den sanften Blick von Josuke Higashikata erkannte, vergaß sie einen Moment lang alles um sich herum.

"Jo-Josuke..."

Seine Augen hielten sie für einen Moment gefangen und sie war nicht in der Lage sich zu bewegen als sie spürte, wie ihr Herz einen Hüpfer machte. Erst als sie seine Hand an ihrem Handgelenk registrierte und vor Schreck sich grob aus seinem Griff befreite wurde sie wieder in die Realität zurückgeworfen.

"Entschuldige, ich hatte nicht vor dich so grob anzufassen. Du wärst nur sonst..."

"Nein nein, mir tut es leid! Ich...ich habe mich nur kurz erschrocken, das war alles."

Beinahe zu auffällig umklammerte sie mit ihrer rechten Hand ihr linkes Handgelenk, was Josuke sofort auffiel aber er hinterfragte nicht. Kazumi war gewissermaßen erleichtert, dass er erst aufgetaucht war, nachdem sie den Laden verlassen hatte, so ersparrte er ihr unangenehme Fragen, warum sie gerade aus dem brüchigen Gebäude gekommen war.

"Tut mir leid, ich bin manchmal doch sehr ungeschickt."

"Alles in Ordnung, es ist ja nichts passiert."

Kazumi gewann sich ein Lächeln ab.

"Kazumi, es ist lange her."

"Danke...ich freue mich auch dich wiederzusehen, Josuke."

"Was hat dich denn zurück nach Morio getrieben? Ich dachte, du wolltest nicht mehr hierher zurückkommen...nach allem, was mit deiner Mutter passiert ist."

"Ja, eigentlich schon. Es...sind ein paar Dinge dazwischen gekommen, die ich erledigen musste. Deswegen bin ich hier."

"Ist denn alles in Ordnung? Geht es dir gut?"

"Ja, danke der Nachfrage. Aber...wieso bist du überhaupt hier?"

"Ehm..."

"Ach, sag nichts. Ich glaube, ich kann es mir denken. Nika hat dich geschickt, oder?"

"J-ja. Du hast mich ertappt. Nimm es ihr bitte nicht übel, sie hat sich Sorgen um dich gemacht und ich...ehrlich gesagt auch."

"Wieso? Eigentlich...kennst du mich doch gar nicht."

"Aber gut genug um zu wissen, was in dir vorgeht. Schließlich...war ich es, dem du dich vor zwei Jahren geöffnet hast und nicht Nika."

Ertappt schaute Kazumi zu Josuke hoch und bemerkte, wie ihr die Hitze ins Gesicht stieg.

"Das...ist wirklich sehr nett von dir...aber ich brauche keinen Beschützer, Josuke. Ich kann gut auf mich selbst aufpassen."

"Hör zu, es war nicht meine Absicht, dass du dich unwohl oder von mir beobachtet fühlst...wenn du, was auch immer dich hergeführt hat, mit dir selbst ausmachen möchtest habe ich dafür vollstes Verständnis. Aber du sollst auch wissen, dass du nicht alleine bist, okay?"

Tatsächlich brachte Josuke sie zum lächeln und irgendwie fühlte Kazumi sich erleichtert.

"Danke, Josuke. Das weiß ich sehr zu schätzen aber...ich glaube nicht, dass weder du, noch Nika, noch jemand anderes mir helfen kann."

"Wieso denkst du das?"

"Das hier ist etwas anderes als eure Art mit Geistern umzugehen. Ich kämpfe gerade gegen meine eigenen Geister und damit kann mir keiner helfen."

Sie wollte sich umdrehen und gehen.

"Du bist aber nicht so alleine wie du vielleicht denkst! Denk immer daran, dass du Freunde in Morio hast."

Noch einmal blieb Kazumi stehen und schaute Josuke unsicher an. Sein Blick allerdings blieb ernst.

"Du vertraust mir obwohl ich noch vor zwei Jahren versucht habe euch zu schaden?"

"Das warst nicht du, Kazumi."

"Und doch bin ich eine Fremde für dich."

"So fremd bist du gar nicht. Sonst wärst du nicht zurückgekommen."

Es war als ob Josuke direkt in ihr Herz sehen würde und erneut spürte sie dieses Stechen in der Brust. Sie hatte es vor zwei Jahren das erste Mal gemerkt als sie nach ihrer Besessenheit durch Nanase endlich wieder zu sich kam und als erstes die blauen Augen Josuke's sah, die sie seitdem nicht mehr vergessen konnte. In jenem Moment erinnerte sie sich, es war nicht nur der Wunsch ihrer Mutter gewesen, der sie zurück nach Morio gehen ließ. Es war auch dieser Mann gewesen, den sie seit damals nicht mehr vergessen konnte und sein reines Herz, das er ihr damals geöffnet hatte und in jenem Augenblick brachte dieser Mann ihre Welt, so wie Kazumi sie kannte, ins Wanken. Sie fühlte sich ihm nahe und doch war sie sich bewusst, dass sie ihn niemals haben könnte. Dieses reine Herz...sollte nicht durch einen Freak wie sie verunreinigt werden. So lächelte sie nur, bedankte sich erneut und ging ihres Weges während Josuke ihr noch lange nachschaute, bevor Kazumi zwischen den Häusern wie die Sonne am Horizont hinter den Bergen verschwand.

~Summoning 6~

Eine ganze Weile starrte Kazumi gedankenverloren gegen die Decke als sie nach ihrer Rückkehr am Abend im Bett lag. Zu viele Dinge schwirrten ihr durch den Kopf, ihre Mutter, dann wieder Josuke und dazwischen drängte sich immer wieder ihr bester Freund Brad, der in ihrem Kopf sie immer wieder anflehte doch nach Hause zu kommen. Am liebsten hätte sie das auch getan aber nun hatte sie den Schritt getan, sie konnte erst einmal nicht mehr zurück. Dennoch konnte sie nicht leugnen, dass sie furchtbare Sehnsucht nach Zuhause hatte und es sie sehr verlangte mit ihrem besten Kumpel zu sprechen.

Sie raffte sich auf und wollte sodann ihr Handy greifen als das Buch über Okulte, welches sie aus dem Laden mitgehen ließ von ihrem Schoß rutschte und zu Boden ging. Die Kette war aufgesprungen und gab den Blick auf eine Seite für eine Dämonenbeschwörung frei, die Kazumi direkt ins Auge fiel. So ignorierte sie erst einmal das Verlangen Brad anzurufen und schaute sich in Ruhe das vergilbte Pergament an.

"Wenn ich mehr über meine Mutter herausfinden möchte, dann sollte ich mich auch mit diesen Werken auseinandersetzen. Es kann jedenfalls nicht schaden mal einen Blick zu riskieren, schließlich möchte ich ja keinen unheilvollen Dämon beschwören. Aber...so ein kleiner Begleiter...das wäre doch für den Anfang nicht schlecht."

Ihre Augen huschten interessiert über die Seite von Zeile zu Zeile. Dort stand tatsächlich geschrieben, wie man sich einen Dämon beschwören kann, der einen auf Schritt und Tritt begleiten und beschützen würde. Wenn man es richtig anstellt, könnte dieser Dämon sogar die Form annehmen, die man sich wünscht. Kazumi dachte einen Moment lang darüber nach.

"Eigentlich habe ich mich bisher immer nur einfachen Zaubersprüchen und Flüchen im Okultismus bedient. Wenn ich das wirklich durchziehen möchte, muss ich auch das Risiko eingehen, dass ich einen bösartigen Dämon beschwöre. Auf der anderen Seite wäre es sicher gar nicht so schlecht jemanden an meiner Seite zu haben, der mich durch diese irrwitzige Stadt begleitet und mit Rat zur Seite steht. Wenn ich es richtig mache...vielleicht klappt es ja! Gott, ich kann nicht glauben, dass ich das wirklich durchziehe! Ich bin wirklich von allen guten Geistern verlassen!"

Gemäß Anleitung zeichnete Kazumi ein Pentagramm mit Kreide auf den Boden, stellte die nötige Anzahl an Kerzen um die Zeichnung herum und opferte einen Tropfen Jungfrauenblut, indem sie sich in den Finger schnitt, wobei sie bei Letzterem zuerst genervt die Augen verdrehte und dann doch wieder vor Erleichterung seufzte, da sie trotz häufiger Selbstbefriedigung immer noch Jungfrau war.

Nachdem sie ihre Vorbereitungen für die anstehende Beschwörung abgeschlossen hatte, kniete sie nunmehr etwas unsicer vor dem Kreis mit einen zerknirschten Grinsen.

"So...das wäre geschafft und was beschwöre ich jetzt? Im Buch steht dass Dämonen in Form von Dingen oder Wesen beschwören kann, die man gerne hat."

Kazumi dachte einen Moment lang nach. Was sie sehr gerne hatte waren schwarze Katzen, da sie so mysteriös wie sie selbst waren und noch mehr mochte sie die Darstellung der Katzen zum Dios de los Muertos, dem Tag der Toten, der in Mexiko gefeiert wurde.

"Ich habs! Ich beschwöre einen Dämon in Form einer Sugar Skull Cat! Das wäre genau der perfekte Begleiter für mich! Ich hoffe, das klappt alles, wie ich mir das vorstelle..."
 

*~*
 

Kazumi kam sich dumm vor als sie die im Buch aufgeschriebene Formel rückwärts vorlas aber es erfüllte seinen Zweck. Eine gewisse ziemlich düstere sowie kühle Aura hatte sich im Zimmer breit gemacht, doch Kazumi blieb ruhig oder versuchte es zumindest. Als sie die Beschwörung beendet hatte, passierte einen Moment lang erst einmal gar nichts. Dann hob sich der Wind im Zimmer, der die Kerzen auswehte und wenige Sekunden später blendete ein grelles Lied Kazumi's Augen, welches wie ein Blitz in die Mitte des Pentagrammes knallte, genau auf die Stelle, wo ihr Blut lag. Es brauchte eine Weile bis Kazumi wieder sehen konnte und Gott sei Dank hatte sie sich noch schnell die Hand vor die Augen halten können, doch als sie wieder auf die Mitte des Kreises schaute, wollte sie ihren Augen zuerst gar nicht trauen.

"Oh...mein Gott..."

Das Wesen, was in der Mitte des Kreises erschienen und zu einer Kugel zusammengerollt war, schien einfach so ein Nickerchen zu machen. Als es die Stimme von Kazumi wahrnahm, zuckten die Ohren, in denen sich allen Anschein nach orangene Blumen befanden.

"Hmmm...so ein angenehmes Nickerchen. Ich habe richtig gut geschlafen! Bist du der Mensch, der mich aus meinem Schlaf geholt hat?"

Kazumi war so perplex dass sie erst mal keine Antwort über ihre Lippen brachte. Fasziniert schaute sie das katzenartige Wesen an, das tatsächlich wie eine Sugar Skull Cat aussah und durch den herzartigen Mund zu ihr sprach. Nachdem sie sich ausgiebig gestreckt hatte und einen langezogenes, zufriendes Schnurren von sich gab setzte sie sich hin und schaute Kazumi direkt in die Augen.

"Hat es dir wohl die Sprache verschlagen? Keine Sorge, das passiert den meisten, die das erste Mal einen Dämon beschwören."

"Eh...oh! Tu-tut mir leid, ich wollte nicht unhöflich sein! Ja, ich habe dich gerufen."

Das Wesen musterte die junge Japanerin einen Moment.

"Für deine erste Beschwörung gar nicht mal so schlecht. Ein etwas ungewöhnliche Form wie ich finde aber ich bin keinesfalls abgeneigt. Es ist jedenfalls das erste Mal, dass mich jemand in so einer Form mit angenehm weichem und geschmeidigem Fell sowie Blumen beschwört."

"Soll das heißen, du wurdest schon öfters beschwört?"

"Natürlich! Viele Medien vor dir sowie deine Mutter haben mich bereits zum Hilfe gebeten! Denkst du, es war Zufall, dass du gerade mich beschwört hast und nicht irgendeinen anderen Dämon?"

"Mo-moment! Soll das etwa heißen, dass..."

Erneut griff Kazumi nach dem Buch und schaute auf die Seite, die beim Fall auf den Boden aufgeschlagen wurde. An der unteren Ecke war eine Notiz zu erkennen sowie ein Knick, der darauf hindeutete, dass diese Seite schon öfters benutzt worden war. Des Weiteren hatte jemand dort mit Tinte den Buchstaben K vermerkt.

"Das...das ist die Handschrift meiner Mutter..."

"Siehst du? Sie wusste, dass du irgendwann ihr mal auf die Spur kommen würdest und du vielleicht Hilfe brauchen könntest und damit du nicht direkt beim ersten Versuch einen schrecklichen Dämon beschwört..."

"...hat sie mir diesen Hinweis auf der Seite hinterlassen..."

"Sie kannte dich anscheinend doch sehr gut. Sie wusste, dass du nicht widerstehen könntest einer dieser Formeln auszuprobieren. Es ist eindeutig, du bist definitiv Tsuki Kuraki's Tochter."

Kopfschüttelnd legte Kazumi das Buch zur Seite und kniete sich wieder zu dem Dämon hinunter.

"Kleiner Dämon, du kanntest also meine Mutter?"

"Durchaus! Sie beschwor mich einst als sie begann den Weg der Okulten zu gehen."

"Dann weißt du mehr über meine Mutter als ich je gewusst habe."

Damit erhob sich Kazumi und ging zum Fenster, aus dem sie traurig auf die Straße schaute. Mittlerweile hatte es angefangen zu regnen.

"In den wenigen Stunden, in denen ich mich in dieser Stadt befinde, habe ich das Gefühl so viel über meine Mutter herausgefunden zu haben als in meinem ganzen bisherigen Leben und doch weiß ich gar nichts über sie."

Der Dämon erhob sich und sprang zu ihr auf das Fensterbrett, wo er ebenfalls nach draußen blickte.

"Aber deine Mutter hat dies alles aus gutem Grund getan. Und zwar um dich zu beschützen."

"Mich zu beschützen? Gerade durch diese ganze Geheimnistuerei hat sie mich doch schon indirekt auf den Weg des Okulten gedrängt weil ich kein Interesse an ihren Heilkräften hatte...moment..."

"Ah, du hast es also erkannt..."

"Soll das heißen...soll das heißen, dass meine Mutter...sie war nie...eine Heilpriesterin?"

"Doch, Kazumi, das war sie...aber auf dem Pfad der Hölle."

"Aber was war mit dem Schrein? Dort, wo ich meine Mutter nach ihrem Tod gefunden habe?"

"Alles nur um den Schein zu wahren. Der wahre Tempel befand sich unterhalb dieses Schreins über einen verborgenen Pfad, den nur die Medien sehen konnten."

"Ich kann das nicht glauben. Ich möchte das nicht glauben!"

"Hör zu, Kazumi, ich kann deinen Unmut verstehen, gerade jetzt, wo du auf diesem Wege die Wahrheit über deine Mutter herausfindest aber glaub mir bitte, wenn ich dir sage, dass sie das alles nur getan hat um dich zu schützen."

"Mich zu schützen? Einerseits hat sich mich regelrecht angefleht ebenfalls ein Medium zu werden, dass sie mich in den Selbstmord getrieben hat und am Ende finde ich heraus, dass es wahrscheinlich noch genau das war, was sie wollte. Sie hat mich regelrecht in die Arme des Okultismus getrieben."

"Kazumi, deine Mutter war ein Medium, wenn auch vielleicht deiner Meinung nach auf einem Weg, von dem sie womöglich abgekommen ist aber sie wusste, worauf sie sich eingelassen hatte. Deine Mutter erkannte früh, dass sie ihrem Schicksal als Medium nicht entgehen konnte und wurde bereits im frühen Kindesalter gezwungen Zermomonien durchzuführen, um Geister der Toten zu rufen, was sie am Ende beinahe ihr Leben gekostet hatte. Glaubst du, die Ausbildung eines Mediums geschieht aus freien Stücken? Deine Mutter grähmte sich so sehr dass sie irgendwann an Krebs erkrankte, so schlimm erging es ihr. Sie suchte Zuflucht in den Okulten, um sich aus diesen Zeromonien zu befreien."

"Warum hat sie mir das nie erzählt?"

"Ich denke, sie wird ihre Gründe gehabt haben...aber mehr kann ich dir auch nicht sagen. Die Wahrheit und wie das alles mit dir zusammenhängt...hat sie mit ins Grab genommen..."

"Tja, sie musste sich ja auf diesen Fluch einlassen, der ihre Krankheit nur schneller vorangetrieben hat. Ich verstehe bis heute nicht, was sie dazu getrieben hat. Vielleicht etwas, was ihr Hoffnung gab. Sie hat diesen Künstler vergöttert, dennoch...sie hat sich ihr eigenes Grab geschauffelt und mich am Ende alleine zurückgelassen und heute bin ich kein bisschen schlauer. Nur ohne eine Mutter und einen Vater, der mich nie geliebt hat. Das einzige, was sie mir hinterlassen hat sind Lügen und Schmerz und trotzdem soll ich ihr dankbar sein für das, was sie mir hinterlassen hat?"

"Wie gesagt, ich vermute, dass sie ihre Gründe gehabt hat. Gründe, die sie dir verschwiegen hat, um dich möglicherweise zu schützen. Du warst schließlich ihre einzige Tochter!"

"Und?"

"Du solltest wenigstens versuchen ihr zu vertrauen."

"Woher soll ich wissen, dass ich dir vertrauen kann, Dämon?"

"Du hast recht, woher willst du das wissen? Du kannst es nicht wissen wenn du es nicht ausprobiert hast."

"Kannst du mir helfen...zu mir selbst zu finden? Herauszufinden, wer ich wirklich bin und was es mit alldem auf sich hat?"

"Ich kann an deiner Seite bleiben, dich beschützen und dein treuer Begleiter sein, der dir Ratschläge gibt...aber den Rest musst du selbst herausfinden. Es ist dein Schicksal, du bestimmst, wie die Geschichte ausgeht."

Kazumi seufzte bevor sie den katzenartigen Dämon wieder anschaute, dessen knochen- und blumenartige Motive am Körper leuchteten.

"Ich will herausfinden, wer ich bin...aber dafür brauche ich deine Hilfe. Ich möchte dir gerne vertrauen."

"Dann gebe mir einen Namen."

"Einen Namen?"

"Sobald mir einen Namen gibst sind unsere Schicksale verbunden und der Vertrag besiegelt. Erst wenn du mir einen Namen gibst, ist unser Bündnis besiegelt."

Kazumi dachte einen Moment lang mit geschlossenen Augen nach. Dann lächelte sie.

"Nun denn...wenn das so ist...dann soll dein Name...Kagerou sein."

Darauf hob das katzenartige Wesen seine Pfote und reichte sie Kazumi, die die kleine Pfote vorsichtig mit dem Zeigefinger anstupste.

"Kazumi Kuraki, von heute an soll mein Name Kagerou sein. Ich werde an deiner Seite bleiben bis zu jenem Tag, an dem unser Vertrag endet."

"Und wann wird das sein?"

"Das bestimmst alleine du. Ich werde so lange an deiner Seite bleiben bis du mich nicht mehr brauchst."

"Das klingt furchtbar."

"So lautet der Vertrag, an den ich gebunden bin."

"Kannst du nicht selbst über dein Leben entscheiden?"

"Dann wäre es kein Vertrag. Eigentlich sehr passend, dieser Name. Kagerou...in der japanischen Sprache wird Kagerou gerne als Eintagsfliege bezeichnet. Vielleicht existiere ich länger als einen Tag aber jeder neue Vertrag kommt mir wie ein neues Leben vor, denn sie sind meist nie von langer Dauer. Die Verbindung endet immer so schnell aber ich erinnere mich an jedes Leben, was ich einst vor dieser Gestalt geführt habe."

"Kannst du mir sagen, in welcher Form du meiner Mutter erschienen bist?"

"Sie beschwor mich in Form eines blauen Morpho...denn sie war fest davon überzeugt, dass der Flügelschlag eines Schmetterlings ein ganzes Leben verändern könnte sie wie den Anfang und das Ende eines Lebens symbolisierte. Deine Mutter glaubte sehr stark an die Wiedergeburt aber sie hatte auch einen anderen Grund..."

"Und welcher war das?"

"Weil sie seinerzeit mit dir schwanger war...und hoffte, dass sie ein gesundes und sorgenloses Kind auf die Welt bringen würde."

Langsam setzte sich Kazumi auf das Bett, Kagerou legte sich vorsichtig auf ihren Schloß und schmiegte sich an sich mit seinem weichen Fell.

"Ich weiß, dass du deiner Mutter in vielen Dingen nicht verzeihen kannst aber wenn ich dir helfen soll, dann versuche zumindest ihre Beweggründe zu verstehen. Es ist alles sehr viel, was du erfahren hast aber zusammen schaffen wir das schon. Ich bleibe bei dir, passe auf dich auf, werde dich gerne die Kunst des Okultismus lehren aber vor allem werde ich dir helfen, deinen Weg zu finden."

Den Blick wieder aus dem Fenster gerichtet streichelte Kazumi teilnahmungslos Kagerou's schimmerndes Fell.

"Meinen Weg finden. Ich hoffe, dass es am Ende der richtige Weg ist...meinem mir anscheinend vorbestimmten Schicksal kann ich am Ende vielleicht doch nicht so einfach entkommen...aber es ist immer noch mein Leben...und das...nehme ich selbst in die Hand!"

"Vielleicht magst du das jetzt nicht gerne hören aber du hast dasselbe Feuer in den Augen und strahlst dieselbe starke Aura aus wie deine Mutter einst. Dennoch bist du dein eigener Herr. Sie hat dir den Weg geebnet, nun finde du selbst deinen Weg zur Wahrheit. Du bist mächtiger als du denkst, Kazumi."

"Danke...Kagerou. Ich habe nur eine Bitte."

"Und die wäre?"

"Auch wenn uns der Vertrag bindet und du mir so gesehen untertan bist...überlasse ich dir über die Dauer des Vertrages deine Freiheit und...ich möchte, dass wir Freunde sind. Wäre das okay für dich?"

Trotz der dunklen Augen war sich Kazumi sicher dass der Dämon gerührt war als er ihre Worte hörte.

"Kazumi Kuraki, du bist wirklich anders als meine Vertragspartner vorher aber ich würde gerne deiner Bitte nachkommen."

"Dann lass uns ab heute Freunde sein!"

"Sehr gerne!"

"Ich habe mir schon immer einen Freund gewünscht, den ich knuddeln und flauschen kann! Dein Fell ist wunderbar weich!"

"Hey, nicht hinter den Ohren, da bin ich...obwohl...mach weiter, das ist doch sehr angenehm!"

Und während die beiden so lachten und das letzte Eis zwischen ihnen brach waren sie sich an jenem Abend noch nicht bewusst, wie stark diese Freundschaft werden würde. Für Kazumi sollte Kagerou nicht nur der tägliche Begleiter sein, sondern so wie Brad ein Freund für's Leben und den würde sie auf dem Weg zur Wahrheit und um sich selbst zu finden gut gebrauchen können.

~Summoning 7~

"Wer ist das?"

"Keine Ahnung, kennst du sie?"

"Nein, überhaupt nicht."

"Sie scheint neu in der Stadt zu sein..."

"Komisch sieht sie aus."

Kazumi entgingen die Blicke nicht, die auf sie fielen als sie am nächsten Tag durch die Stadt ging. Nicht nur, dass ihre Aura seit der letzten Nacht durchaus etwas stärker durch Kagerou und seine Lehren über die Okulte, die sie zusammen angefangen hatten zu lernen geworden war. Im Gegensatz zu den Tagen davor, wo sie immer artig in Kleidern rumgelaufen ist trug sie heute schwarz weiß gestreifte Armstulpen sowie die passenden Strümpfe, Buffalos, einen kurzen blauen Rock und ein schwarzes Top mit Rüschen. Kagerou, der locker seine Vorderpfoten auf Kazumi's rechter Schulter gelegt hatte begutachtete sie ebenfalls eingehend.

"Bist du dir sicher, dass es richtig ist in solchen Kleidern in einer fremden Stadt rumzulaufen? Du ziehst alle Blicke auf dich."

"Na und? Das ist halt mein Stil, ich stehe nunmal auf Gothic. Sollen sie doch ruhig glotzen. Ist nicht das erste Mal, dass ich wieder die Hauptdarstellerin in dem Stück Die Neue bin."

"Und was hast du nun vor?"

"Wenn ich mehr über meine Mutter erfahren möchte, muss ich mich mit der Stadt vertraut machen."

"Ich sage mal so, im großen und ganzen kennst du die Wahrheit. Jetzt ist es eigentlich nur wichtig, dass du deinen Weg findest und herausfindest, was du möchtest."

"Das stimmt aber nichtsdestotrotz konntest du mir diverse Fragen auch nicht beantworten. Ich habe nach wie vor nicht vor in die Fußstapfen meiner Mutter zu treten aber wenn, dann möchte ich schon die ganze Wahrheit wissen. Vor allem...was mich interessieren würde ist, ob mein ach so toller Vater eventuell auch etwas mit der ganzen Sache zu tun hat."

"Was meinst du?"

"Meine Mutter hat mir erzählt als ich noch ein Kind war, dass Vater uns verlassen hätte, weil er kein Interesse an mir gehabt habe. Sein Job wäre ihm wichtiger gewesen und ich habe ihn dafür gehasst. Aber was wäre wenn sie sich das alles ausgedacht hat, um ihn von mir fernzuhalten oder ihn vielleicht ebenfalls zu schützen? Vielleicht wollte er Kontakt zu mir und sie hat es nicht zugelassen."

"Warum denkst du hätte sie ihn schützen sollen?"

"Vielleicht...weil die ganze Sache mit dem Okulten einfach zu gefährlich ist. Vielleicht war es auch nicht er, der meine Mutter verlassen hat sondern genau andersrum. Aber...wenn es wirklich so war...warum das alles?"

"Die Ausbildung eines Mediums ist sehr anstrengend, unzüchtiges Verhalten geziemt sich für diese Frauen nicht. Vielleicht hatte deine Mutter diesen Mann eines Tages kennengelernt, sah in ihm eine Chance ein neues Leben anzufangen, wurde schwanger und kehrte ihm den Rücken zu als man sie fand. Wahrscheinlich sah sie sein Leben in Gefahr und aus Angst kehrte sie zum Schrein zurück, lernte insgeheim die dunklen Künste, damit sie sich und dich schützen konnte und brachte dich in Deutschland zur Welt, wo du ohne jeglichen Hinweis auf den Schrein aufwachsen solltest."

"Dann muss sie aber annonym entbunden haben, schließlich blieb sie bis ich acht Jahre alt war an meiner Seite, bevor sie nach Japan zurückkehrte und wahrscheinlich gefunden wurde. So muss es sein, sie kam danach nämlich nie mehr zurück. Vielleicht weiß dieser...nennen wir es jetzt einfach mal Kult der Medien gar nicht, dass ich überhaupt existiere."

"Siehst du? Immerhin hat sie dich nicht ganz alleine gelassen und ist wenigstens bis dahin ihren Pflichten als Mutter nachgekommen. Am Ende wollte sie nur das Beste für dich."

"Egal, wieso sie es getan hat. Auch wenn sie versucht hat unser beider Leben zu schützen, ich wäre zumindest gerne mit einem Vater an meiner Seite aufgewachsen."

"Kazumi, denk bitte an ihre Lage, wie hättest du dich gefühlt oder gehandelt?"

"Kagerou, es geht die ganze Zeit um sie! Ich wurde ja nicht gefragt, ob ich geboren werden und in diese ganze Kultsache mit reingezogen werden wollte! Ich wollte eine Familie und ein normales Leben! Dann hätte sie mich auch abtreiben können!"

"Kazumi, sag das nicht! Auch jetzt nach ihrem Tod versucht Tsuki dich nur zu beschützen!"

"Ja klar, in dem sie mir den Weg zu einem Laden voller okulter Bücher zeigt, den sie für mich persönlich mit einem Zauber belegt hat, damit nur ich ihn finde und niemand sonst. Danke."

"Ich weiß, dass du es im Moment noch nicht wahrhaben willst aber irgendwann wirst du sie sicher verstehen."

"Nein, denn ich werde meinen Weg gehen und nicht ihren und dieser Kult kann mir gar nichts!"

"Kazumi, bist du das? Mit wem redest du da?"

Erschrocken über die plötzliche Stimme Nika's in ihrem Rücken drehte Kazumi sich langsam zu ihr um und versuchte sich nichts anmerken zu lassen.

"Hey, Nika!"

"Ist alles in Ordnung? Du wirkst aufgebracht."

"Mir geht es gut, danke. Du...bist mir nicht zufällig gefolgt, oder?"

"Nein, wie kommst du darauf?"

"Weil du Josuke auf mich angesetzt hattest."

"Okay, du hast mich. Tut mir leid, ich hatte mir nur Sorgen um dich gemacht. Rohan wollte nicht, dass ich auf dich Acht gebe, deswegen habe ich Josuke gefragt. Schließlich...hattet ihr vor zwei Jahren miteinander gesprochen und du...hattest dich ihm anvertraut."

"Mag sein. Das gibt dir aber trotzdem noch nicht das Recht ihn mit in meine Angelegenheiten reinzuziehen."

"Du hast ja recht. Es tut mir leid."

Einen Moment lang sagte keiner was, dann rieb sich Kazumi die Schulter.

"Nein, mir tut es leid. Ich weiß ja, dass du es nur gut gemeint hast. Mir schwirrt nur ein bisschen der Kopf seit gestern, das ist alles."

"Keine Sorge, um mich zu verärgern braucht es seine Zeit. Hast du denn etwas über deine Mutter herausfinden können? In dieser Straße meine ich?"

"Durchaus, ja! Aber ich kann mit alldem noch nichts so richtig anfangen. Es ist...alles sehr verwirrend."

Darauf legte Nika Kazumi lächelnd eine Hand auf die Schulter.

"Wie wäre das? Ich lade dich auf einen leckeren Eisbecher ein und wir reden ein wenig? Ich glaube, du kannst ein wenig Gesellschaft gut gebrauchen."

"Nika, ich..."

"Keine Wiederrede! Ich glaube, das würde dir allgemein mal ganz gut tun. Du hast hier niemanden in der Stadt, Kazumi. Warum nimmst du es nicht einfach an? Wir sind nicht deine Feinde sondern deine Freunde."

Kazumi zögerte einen Moment und spürte, wie die Narben auf den Innenseiten ihrer Handgelenke wieder anfingen zu jucken, wie immer wenn sie nervös wurde und Nika entging nicht als sie sich unbewusst anfing an den Armstulpen, die die Narben verdeckten zu kratzen.

"Wenn es keine Umstände macht...ich könnte etwas Süßes tatsächlich gut gebrauchen."

"Na bitte, wer sagt es denn? Komm mit, wir gehen zu meinem Lieblingscafé in der Stadt."

Und als Kazumi Nika's ehrliches und warmes Lächeln sah, wurde ihr bewusst, dass nicht jeder Mensch ihr böse gesinnt ist.
 

*~*
 

Nika schaute nur fasziniert dabei zu wie die junge Japanerin den riesigen Becher Schokoladeneis verputzte. Entweder hatte sie tatsächlich in den letzten Tagen kaum etwas gegessen oder es waren ihre Nerven. Als sie voller Zufriedenheit seufzte und dankend die Hände faltete, lächelte Nika.

"Das war ausgezeichnet."

"Freut mich, dass es dir geschmeckt hat."

"Vielen Dank, Nika. Was kriegst du dafür?"

"Ich hoffe sehr, dass ich mich gerade verhört habe. Den bezahle ich dir natürlich."

"Oh...danke, das ist sehr freundlich. Aber...wieso tust du das alles für mich?"

"Weil ich genau weiß, wie du dich fühlst. Verlust eines Familienmitglieds, in einer fremden Stadt ohne Freunde. Du und ich, wir sind uns schon sehr ähnlich."

"Du hast...auch jemanden verloren?"

"Ja...meine Mutter starb bei einem Autounfall als ich noch klein war. Ich habe noch meinen Vater auf Jamaika, den ich über alles liebe aber...natürlich wünsche ich mir manchmal meine Mutter wieder zurück."

"Dann hast du sicher ein besseres Verhältnis zu deiner Mutter gehabt als ich. Ich kann nicht behaupten, dass sie mir fehlt."

"Du hast einiges durchgemacht seit der Sache von vor zwei Jahren, woran sie anscheinend nicht gerade unbeteiligt war aber...eine Mutter ist eine Mutter, selbst wenn man sich vielleicht nicht so gut verstanden hat."

"So leicht ist das für mich aber leider nicht, Nika."

Beschwichtigend hob die Rothaarige die Hände.

"Ich wollte damit jetzt auch kein Feuer schürren. Wann und ob du darüber reden möchtest ist dir überlassen, ich dränge dich zu nichts."

"Nein, mir tut es leid, dass ich mich so verhalte. Ich habe nie viel Freunde gehabt. Eigentlich...nur einen einzigen guten Freund, den ich in Deutschland zurücklassen musste. Er war meine Familie...schon von Kindheitstagen an. Alle anderen...haben mich bisher gemieden. Nicht wegen der Sache mit den Medien, das wussten sie gar nicht."

"Woran, wenn ich fragen darf, liegt es denn dann?"

Erneut kratzte Kazumi die Innenseite ihrer Handgelenke, diesmal etwas kräftiger.

"Ich bin ein Freak, Nika. Die Leute meiden mich weil ich anders bin als sie. Ich lege halt gerne Tarotkarten und beschäftige mich in meiner Freizeit mit Okultismus."

"Aber das ist doch nichts Schlimmes. Es ist doch nur ein Hobby."

Kazumi bemerkte, wie Nika's Blick auf ihren Handgelenken ruhte.

"Gibt es...vielleicht noch einen anderen Grund, über den du nicht reden willst?"

In dem Moment schlung Kazumi ihre Arme um sich selbst, als ob sie sich selbst vor der Außenwelt schützen wollte.

"Es ist nicht eure Schuld. Ich weiß, dass ihr mir nur helfen möchtet. Ich habe nur...sehr große Vertrauensprobleme. Ich habe meine Erfahrungen mit Menschen gemacht, Nika. Und Menschen...können sehr grausam sein und furchtbare Dinge sagen."

Nika bemerkte, dass Kazumi sich nicht wohlfühlte und versuchte das Thema zu wechseln.

"Wie ist dein Freund Brad so?"

"Brad? Ich wünschte, er wäre mein..."

"...fester Freund?"

"Das habe ich mir vor langer Zeit mal gewünscht...nur leider...naja, was heißt leider? Ich freue mich, dass er seinen Partner fürs Leben hat. Einen sehr lieben jungen Mann aus Amerika. Aber...wenn Brad mir nur die Chance gegeben hätte...ich hätte sie sofort ergriffen. Und ich kann nicht leugnen, dass..."

Tränen bahnten sich ihren Weg in Kazumi's Augen.

"Er war immer für mich da und...hat mir im wahrsten Sinne des Wortes das Leben gerettet. Für Brad...würde ich alles tun. Wir kennen uns seit wir zusammen im Sandkasten gespielt haben. Wir waren immer zusammen. Aber...als ich ihm sagte, was ich fühle und...ich wollte, dass er mein erster ist...heute weiß ich, dass es das Richtige war, was er getan hat. Damals...war ich verletzt und wollte es nicht wahrhaben. Er wollte nicht derjenige sein, der mir die Unschuld nimmt. Es sollte jemand sein, der mich eines Tages vom ganzen Herzen lieben wird."

"Dann hat er wirklich aufrichtig gehandelt. Sei froh, ich habe meine Unschuld durch einen Typen verloren, der danach mit meinem Höschen von besagter Nacht bei seinen Kumpels prahlen gegangen ist."

"Oh Gott...Nika..."

"Der Sex war mir egal, das erste Mal ist immer scheisse, Kazumi, lass dir das gesagt sein. Aber danach hatte ich furchtbare Probleme einem Mann wieder zu vertrauen...bis ich Rohan von vor zwei Jahren kennenlernte. Obwohl er doch noch so speziell, egoistisch und selbstsüchtig war, war er es, dem am Ende mein Herz gehörte. Und ich tat den Fehler und ging zurück nach Amerika. Zwei verschendete Jahre voller Trauer. Ich bin froh, dass ich diesen Weg hier gegangen bin. Obwohl auch ich meine zwei besten Freunde und ebenfalls Lieblingsschwuppen Billy und Jared zurücklassen musste."

"Fehlen sie dir manchmal?"

Darauf lächelte Nika etwas gequält.

"Jeden Tag, Kazumi. Sie waren meine Familie, so wie Brad für dich. Vor allem Billy...er ist mein bester Freund, mit ihm konnte und kann ich bis heute noch über alles reden. Die Gespräche mit ihm...die vermisse ich manchmal sehr. Er hat mich oft auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Aber ich weiß auch, egal wie weit weg sie auch leben mögen, sie sind nicht aus der Welt und nicht unerreichbar. Morio ist meine neue Heimat geworden, genauso wie Rohan, Josuke, Okuyasu und all die anderen meine Familie. Was ich damit sagen will, ein Neuanfang ist immer schwer aber irgendwann gewöhnt man sich dran."

"Es...soll für mich ja kein Neuanfang sein. Wenn das alles hier vorbei ist möchte ich zurück nach Deutschland. Es gibt nichts, was mich hier halten würde."

Ein Grinsen huschte über Nika's Lippen, worauf Kazumi sie irritiert anblickte.

"Auch nicht wenn es um eine ganz spezielle Person hinge?"

"Wie meinst du das?"

"Ich meine jemanden, der dir ans Herz gewachsen ist. Jemand, der dir alles bedeutet. So wie Rohan mir alles bedeutet."

"So einen Jemand gibt es nicht. Für mich jedenfalls nicht."

"Das glaube ich dir nicht."

"Ich würde eh nur auf ihn abstoßend wirken."

"Denkst du? Ich finde, dass du eine außergewöhnlich hübsche, junge Frau bist und vor allem besonders. Es gibt nicht viele japanische Frauen mit blauen Augen. Und wenn ich mich so hier umschaue, bin ich der Meinung, dass bereits viele Männer ihre Köpfe nach dir umgedreht haben."

Ohne dass Nika es bemerkte flüsterte Kagerou aus Kazumi's Tasche zu ihr, der sich nach Nika's Auftauchen blitzschnell zurückgezogen hatte.

"Sie hat durchaus recht, Kazumi. Mir ist es bei unserem Gang durch die Stadt aber auch aufgefallen, dass die meisten Männer sich nach dir umgedreht haben. Ich bin mir nicht ganz sicher aber ich glaube, es ist auch die magische Aura, die du ausstrahlst. Auf Männer wirkt diese sehr anziehend, das traf auch auf deine Mutter zu. Aber ich verstehe nicht, wie diese Frau mich sehen kann. Eigentlich...sollte ich für andere Unsichtbar sein. Sie hat mich aber eben sprechen hören."

"Wenn du weiterredest, wird sich dich noch hören..."

"Hm? Hast du was gesagt, Kazumi?"

"Eh...nein nein, alles gut! Aber um auf das Thema zurückzukommen...ich glaube eher, dass die Männer vor mir abhauen als dass sie mich ansehen."

"WER SAGT DENN SOWAS?"

Bei der lauten Stimme Okuyasu's erschraken beide Frauen so sehr, dass Nika sogar beinahe ihre Kaffeetasse fallengelassen hätte.

"Hey Okuyasu! Hallo Josuke! Schön euch zu sehen!"

"Nika, mein Rotschopf! Hallo Kazumi!"

"H-hey...Josuke. Hi Okuyasu, ist lange her!"

"Meine Fresse, Kazumi! Als ich dich das letzte Mal gesehen habe, hast du diesen scharfen Kimono getragen und jetzt...bist du ein richtiges Rockluder! Passt zu dir!"

"Eh...danke."

"Was treibt euch beiden Jungs in die Stadt?"

"Gut, dass du fragst, Nika! Nun, Okuyasu und ich wollten eigentlich nur ein paar Sachen, Einkäufe erledigen aber als wir die Damen hier sitzen sahen, kam uns die Idee, ob wir nicht am Freitag alle zusammen bei Tonio essen gehen sollten. Ich denke, gerade für dich, Kazumi, wäre das sicher sehr schön mal mit einigen Leuten wegzugehen. Rohan ist natürlich auch eingeladen!"

Euphorisch drehte sich Nika zu der unsicheren Japanerin um, die nervös von einem zum anderen schaute.

"Oh ja, Kazumi, Tonio's italienisches Restaurant ist der Wahnsinn! Du solltest mitkommen, das wird ein Spaß!"

"Naja, ich...weiß nicht so recht."

"Ein Nein akzeptieren wir leider nicht, dir wird also nichts anderes übrig bleiben."

"Komm, Kazumi. Gib dir einen Ruck. Es wird dir sicher gut tun unter Menschen zu kommen. Hab keine Angst."

Doch im nächsten Moment bemerkte Nika, wie Kazumi's Blick an Josuke hängen blieb.

"Ich...ich habe doch gar keine Angst..."

Eine leichte Röte legte sich auf ihre Wangen als sie Josuke ansah, doch dann wich sie seinem Blick aus und rieb sie erneut die Innenseiten ihrer Handgelenke. Kurz darauf erhob sie sich.

"Nun, vielen Dank für das Eis, Nika. Es war sehr köstlich aber ich muss noch etwas erledigen."

"Kazumi, soll ich dich...am Freitag von Zuhause abholen?"

"Eh...das brauchst du eigentlich nicht, Josuke, ich..."

"Du weißt doch gar nicht, wo Tonio's Restaurant ist. Mach dir keinen Kopf, ich hole dich ab und bringe dich hin."

Nika entging nicht, wie Kazumi ins Wanken geriet und ihre Augen glänzten.

"Wisst ihr, Jungs? Ich hole sie ab! Ihr geht mit Rohan schon mal vor, Kazumi und ich kommen dann nach!"

"Nun gut, dann sehen wir uns am Freitag! Bis dann, Kazumi, Nika!"

Als die Jungs sich entfernt hatten, schaute Kazumi fast ängstlich zu Nika.

"Du kannst mir nichts vormachen, ich kenne diesen sehnsüchtigen Blick! Damals schon, nicht wahr? Du hast dich in Josuke verliebt!"

"Das stimmt doch gar nicht!"

"Ich bitte dich, Kazumi! Deine blauen Augen sagen mehr als tausend Worte."

"Und selbst wenn es so wäre würde es nicht gehen!"

"Warum nicht?"

"Weil es einfach nicht geht! Josuke...er hat jemand besseres verdient! Nicht jemanden wie mich!"

"Wieso machst du dich so fertig, Kazumi? Hast du etwa Angst, dass er was falsches denken könnte weil du ein Medium bist? Glaub mir, Josuke ist der letzte Mensch auf dieser Erde, der Vorurteile gegen Menschen und deren Vergangenheit hat. Er hat ein reines Herz. Und ich will ehrlich sein, dieser Mann verdient eine besondere Frau wie dich!"

"Ich bin weder besonders, noch einzigartig! Ich bin ich und ich habe Seiten an mir, die Josuke besser niemals kennenlernen sollte. Er ist...zu gutmütig. In seine Welt...da passe ich einfach nicht hinein."

"Kazumi...ich merke, dass etwas nicht stimmt. Mir ist aufgefallen, dass du andauernd deine Handgelenke kratzt wenn du nervös bist. Stimmt etwas nicht?"

"...wir sehen uns am Freitag, Nika. Hier ist meine Adresse."

Nachdem Kazumi Nika ihre Adresse in die Hand gedrückt hatte verschwand diese ohne ein weiteres Wort um den nächsten Häuserblock. Eine Weile sah Nika ihr noch besorgt nach und hoffte inständig, dass es wirklich nur eine dumme Angewohnheit und nichts schlimmeres wäre.

~Summoning 8~

"So, das war genug Arbeit für heute. Jetzt schaue ich mir noch das Spiel zu Ende an."

Den Skizzenblock vor sich ausgebreitet bestellte Rohan nach seiner soeben beendeten Arbeit eine Tasse Kaffee während er das momentane Spiel seines Lieblingsbaseballteams auf dem Handy verfolgte. An jenem Donnerstag war es mal angenehm ruhig in der Stadt, so konnte Rohan in Ruhe neue Eindrücke sammeln und das Spiel zu Ende schauen. Irgendwann jedoch fühlte er einen sanften Druck auf der Stirn und er schaute irritiert auf bis er Nika erkannte, die lächelnd über ihm gebeugt stand.

"Hallo, Rohan!"

"Hey, Nika! Schon Feierabend für heute?"

"Gott sei Dank! Die Tanzstunden waren sehr anstrengend heute aber morgen und Samstag habe ich frei! Aber keine Sorge, ich weiß ja, dass du eine Deadline hinsichtlich des neuen Kapitels einzuhalten hast, deswegen werde ich dich die nächsten zwei Tage nicht stören."

"Danke für dein Verständnis. Aber irgendetwas ist doch los?"

"Gehen wir ein bisschen spazieren oder wolltest du noch das Spiel zu Ende schauen? Ich kann auch später nochmal wiederkommen."

"Ach komm, raus mit der Sprache! Ich seh doch, dass dir was auf den Nägeln brennt."

"Nun, ich habe gestern Josuke und Okuyasu in der Stadt getroffen als ich mit Kazumi unterwegs war. Sie haben gefragt, ob wir morgen Abend alle zusammen bei Tonio essen gehen wollen."

"Wirklich jetzt? Mit den beiden Volldeppen?"

"Ach komm schon, Rohan! Jetzt sei nicht so!"

"Du weißt, dass ich Josuke nicht leiden kann und vor allem nicht solche Gesellschaften!"

"Es ist aber nicht für Josuke sondern für Kazumi! Josuke hat den Vorschlag extra gemacht, damit sie uns alle etwas besser kennenlernen kann. Und um ehrlich zu sein...würde ich dich gerne dabei haben. Zumindest würdest du mir eine Freude machen."

"Ich denke darüber nach."

"Komm, du isst gerne bei Tonio! Das wird sicher lustig! Wann war es das letzte Mal, dass wir alle zusammen essen waren?"

"Lange her und das ist auch gut so!"

"Ich brauche aber vielleicht deine Hilfe!"

"Wofür denn?"

"Wegen Kazumi! Ich glaube, sie verbirgt etwas."

Rohan's Augen weiteten sich.

"Nika...das glaube ich doch jetzt nicht! Ich habe in den Jahren, seit ich dich kenne, nie Heaven's Door gegen deinen Willen an dir ausprobiert! Na gut, vielleicht damals, wo ich wieder einen Rückzieher gemacht habe und...als du beinahe in meinen Armen gestorben bist aber ich hätte nie gedacht, dass du mich darum bitten würdest! Gerade du!"

"Ich weiß und glaube mir, dass ich mich wirklich elend dabei fühle. Ich habe dabei wirklich keine Hintergedanken, es ist nur...ich glaube, dass mit Kazumi etwas nicht stimmt. Sie verbirgt etwas und ich glaube, es liegt tief in ihr begraben. Sie macht sich dauernd selbst fertig, als ob sie der schlimmste Mensch auf der Welt wäre, dabei hat sie das überhaupt nicht nötig!"

"Wieso ist dir das so wichtig? Sie hat dich zwei Jahre lang nicht interessiert, warum auf einmal der Sinneswandel?"

"Weil ich glaube, dass sie verliebt ist."

"Verliebt? In wen denn bitte?"

"In Josuke."

Beinahe hätte Rohan seinen Kaffee verschluckt und anschließend auf dem Tisch verschüttet.

"Dein Ernst?"

"Du hättest ihren Blick sehen sollen, Rohan. Sie war ganz hin und weg von ihm. Ich dachte zuerst, dass sie nur wegen ihrer Mutter zurück nach Morio gekommen sei aber nachdem ich ihren Blick gestern gesehen habe als Josuke bei uns stand, da wusste ich Bescheid. Sie hat ihn in den zwei Jahren nicht vergessen aber sie hat Angst sich ihm zu öffnen, dabei habe ich ihr schon gesagt, dass Josuke niemand ist, der andere verurteilt."

"Und wieso brauchst du dann mich? Frag sie doch einfach was ihr Problem ist."

"Das habe ich ja, Rohan aber sie öffnet sich mir nicht. Mir ist aufgefallen, dass sie sich sehr oft an den Innenseiten ihrer Handgelenke kratzt. Vielleicht...vielleicht lehne ich mich damit auch ein bisschen zu weit aus dem Fenster aber...ich habe das Gefühl, dass hinter dem bloßen Kratzen sich mehr verbirgt als sie preisgibt."

"Willst du die beiden verkuppeln?"

"Das nicht aber ich würde Kazumi gerne helfen aus sich herauszukommen. Ihr Blick war so voller Sehnsucht als sie Josuke angesehen hat, du hättest sie sehen müssen. Es war...der gleiche Blick, mit dem ich dich damals immer angeschaut habe...deswegen kann ich sie so gut verstehen."

"Du brauchst mir das nicht zu sagen um mich zu überreden, Nika. Ich werde dir gerne helfen wenn es nötig ist aber sehe es bitte auch aus der Sicht, Kazumi wird irgendwann zurück nach Deutschland gehen und dann sieht sie Josuke nicht so schnell wieder, sollte bis dahin was zwischen den beiden laufen. Erinnere dich zurück als du zurück nach New York geflogen bist."

"Wie könnte ich das vergessen? Und gerade deswegen...will ich ihr helfen. Sie soll nicht den gleichen Fehler wie ich machen...und ehrlich zu sich selbst sein. Etwas, was ich damals nicht konnte weil ich zu schwach war."

"Du warst nicht schwach, Nika. Du hast mehr Mut bewiesen als ich je für möglich gehalten habe. Das haben nicht viele Menschen."

"Ja, ich bin mutig, war es aber nicht in dem Moment als es drauf ankam. Erst zwei Jahre später."

"Aber du warst es. YES! MEIN TEAM HAT GEWONNEN!"

Und so wurde das dramatische Gespräch mit einem lauten Gelächter Nika's unterbrochen als Rohan sich des Lebens über das Ergebnis freute.

"Nun denn, sollen wir nach Hause gehen?"

"Gerne. Soll ich heute für dich kochen?"

"Du hast meine Frage noch nicht beantwortet, Rohan."

"Nika, ich habe doch gesagt, ich..."

"Ich weiß aber...auch allgemein hätte ich dich gerne an meiner Seite wenn wir..."

Doch als Nika gerade Arm in Arm mit Rohan den Rückweg antreten wollte, durchschnitt ein schriller Schrei die abendliche Stille

"AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAHHHHHHH!"

"Was war das? Es kam von da vorne!"

"Sollen wir nachschauen gehen?"

"Besser wäre das! Nicht, dass jemand in Gefahr ist!"

Sofort rannte das Paar los, bis sie um eine Ecke bogen und ein erschreckendes Szenario sie in Atem hielt. Auf einem kleineren Platz, wo unter anderem ein Brunnen zu sehen war, war ein Mann zu sehen, der eine Frau mit einem Messer bedrohte aber statt dass ihr geholfen wurde schauten die meisten Anwohner weg. Nur ein paar Schaulustige hielten es für nötig, die wehrlose Frau mit ihrem Peiniger mit ihren Handys zu fotografieren. Etwas weiter entfernt konnte Nika Josuke und Okuyasu ausmachen, die anscheinend auch gerade in der Stadt unterwegs waren.

"Rohan, wir müssen was tun! Die Frau..."

"Warte, sieh mal! Ist das nicht...Kazumi?"

"Ja! Scheisse, was macht sie da?"

"Sie...sie sieht irgendwie anders aus als sonst. Ihre Aura...ich kann eine sehr starke Präsenz an ihr fühlen durch Heaven's Door."

Gespannt beobachteten sie, was Kazumi vorhatte, den Blick ernst auf den Kerl gerichtet, der immer noch die Frau bedrohte. Josuke, der Kazumi direkt erkannte, wurde das Gefühl nicht los, dieses Szenario selbst vor Jahren einmal erlebt zu haben.

"DU, KLEINE! WAS STEHST DU DARUM? HAST DU MICH NICHT VERSTANDEN? WENN DU NÄHER KOMMST, SCHLITZ ICH DIE ALTE HIER AUF!"

"Das wirst du ganz sicher nicht tun. Davor werde ich dich aufhalten."

"WILLST DU MICH ZUM LACHEN BRINGEN? ICH HAB DIE KLINGE! WAS KANNST DU SCHON AUSRICHTEN?"

"So einiges, du solltest mich nicht unterschätzen."

"HÖR ZU, GOTHICSCHLAMPE, ICH GEBE DIR NUR NOCH EINE CHANCE! VERSCHWINDE ODER ICH WERDE DICH ANSTELLE DIESER HURE AUFSCHLITZEN!"

"Versuche es doch!"

Aufgeregt wollte sich Nika schon ins Geschehen einmischen, doch dann passierte alles ganz schnell. Der Typ ließ tatsächlich von der Frau ab, die panisch in die Menge lief. Nika und Josuke bemerkten sich, doch keiner reagierte auf das, was im nächsten Moment passierte. Der Mistkerl ging auf Kazumi zu, ergriff sie und hielt ihr stattdessen die Klinge an die Kehle.

"Das war ein Fehler, kleines Mädchen."

"So...und was hast du jetzt davon? Die Frau ist gerettet, mir kannst du nichts anhaben."

"WAS LABERST DU DA? ICH WERDE DICH TÖTEN, DU MISTSTÜCK UND DANN WERDE ICH DICH VOR ALLEN LEUTEN AUSWEIDEN!"

Dabei bemerkte der Kerl nicht, dass er genau in Kazumi's Falle getappt ist, denn in jenem Moment flüsterte sie einen Fluch auf das Ofuda, welches sie bereits in ihrer Hand hielt und entflammte dies. Kurze Zeit später stand der Kerl regungslos da, als ob er in der Bewegung erstarrt wäre und rührte sich nicht mehr. Langsam, ganz langsam entglitt Kazumi ihm und schaute ihm schon fast irre in die Augen. Dabei fiel Nika auf, dass die Menschen um sie herum einfach ihrer Wege gingen und das Szenario urplötzlich ignorierten.

"Was ist hier los? Nur noch du, Josuke, Okuyasu und ich sind hier! Alle anderen...gehen weiter! Ob das an dem Papier lag, was Kazumi festgehalten hatte?"

Doch sie wandte sich wieder Kazumi zu.

"Du...kleines...Dreckstück! Was hast du...mit mir gemacht?"

"Das hat dich nicht zu interessieren! Die Menschen sind in Sicherheit, ihnen kann nichts mehr passieren und bald wird die Polizei hier sein."

"NEIN! ICH GEHE NICHT MEHR IN DEN KNAST! ICH WERDE DICH...IN STÜCKE REISSEN!"

"Versuch es nur. Ich lasse nicht zu, dass du noch jemandem schadest."

"Kazumi, pass auf, der Fluch wird nicht lange halten, dafür bist du noch nicht stark genug!"

"Ich weiß, Kagerou."

Rohan blickte zu Boden als ihm das kleine Wesen neben Kazumi nunmehr auffiel.

"Hey Nika, kannst du...das da auch sehen?"

"Die Katze? Durchaus aber...wieso sieht sie so bunt aus?"

"Ob das ein Stand ist? Ich habe vorher keinen an Kazumi gesehen!"

"Dann...ist es doch auch eigentlich unmöglich, oder?"

"KAZUMI, PASS AUF!"

Sofort blickten beide zu Josuke, der den Ausruf von sich gab, denn es dauerte keine Sekunde, da sauste die Klinge auf Kazumi herab. Der Fluch hatte sich gelöst, doch der Kerl schaffte es nur ein Stück ihrer Haare zu treffen, worauf ein Büschel zu Boden ging.

"Du kleine Schlampe! Ich werde dich töten!"

Doch in jenem Moment schien für Kazumi die Welt still zu stehen und als ihre Stimme erklang, war sie so voller Kälte, dass alle vier Anwesenden drumherum erzitterten.

"Hey...Mistkerl...was hast du gerade mit meinen Haaren gemacht?"

Ein beinahe irres Grinsen lag auf ihren Lippen bevor sie ein weiteres Ofuda ergriff und schnellstens einen Fluch sprach, mit dem sie es diesmal wirklich entflammte und dem Kerl anheftete. Als dieser bemerkte, wie langsam sich kleine Flammen durch seine Haare fraßen, warf er sich panisch und schreiend zu Boden.

"Niemand...ich wiederhole NIEMAND...packt meine Haare an! Auch nicht du, du Wichser!"

"WAS? VERDAMMT, ICH HABE SIE ÜBERHAUPT NICHT ANGEPA..."

Doch da trat Kazumi mit ihrem Buffalostiefel dem Kerl mit voller Wucht auf den Hinterkopf.

"ICH WEISS, WAS DU GETAN HAST, VERDAMMT!"

Mit einem hasserfüllten Blick starrte Kazumi auf den Kerl hinab, der panisch winselnd und zitternd unter ihr lag während in der Ferne die Sirenen der Polizei zu hören waren.

"Kazumi, wir müssen hier weg!"

Dabei packte Nika die Japanerin grob am Arm, worauf diese sich erst einmal bewusst wurde, was gerade passiert war. Aufgeregt nickte sie, nahm es sich aber nicht dem Typen nochmal einen hasserfüllten Blick zuzuwerfen, worauf dieser sie angsterfüllt ansah. Kurz darauf rannten sie, Nika, Rohan, Josuke und Okuyasu fort, erst danach löste sich der Fluch vollständig und die Umstehenden wunderten sich warum auf einmal ein Mann am Boden lag, dessen Haare verbrannt waren. Aus sicherer Entfernung bemerkte Nika, wie die Polizei anrollte und den Kerl festnahm. Josuke schaute während ihres Laufs zu Kazumi rüber, auf deren Lippen ein unsicheres Lächeln lag, doch dann lachte er.

"Das ist witzig!"

"Was meinst du?"

"Wir haben definitiv etwas gemeinsam, Kazu-chan!"

"Kazu-chan?"

"Deine Haare sind dir genau so wichtig wie mir meine!"

"Das liegt daran, weil sie das einzig Gute sind, was ich von meiner Mutter geerbt habe! Deswegen dulde ich es auch nicht, wenn jemand an ihnen zerrt oder sie mir abschneidet!"

Josuke hob gespannt die Augenbrauen und auch den anderen entgingen die Blicke der beiden nicht und während sie so rannten, warf auch Nika Rohan einen vielsagenden Blick zu, worauf dieser geschlagen die Augen verdrehte.

"Okay, okay...ich komme morgen Abend mit zu Tonio. Aber trotzdem sollten wir sie mal fragen, womit es sich mit ihrem...Stand, falls es einer ist, auf sich hat."

"Ich danke dir, Rohan. Ich weiß allerdings nur eins, Kazumi scheint sehr mächtig zu sein, das hat sie uns gerade bewiesen. Anscheinend steckt mehr des Blutes eines angehenden Mediums in ihr als wie sie eigentlich möchte."

~Summoning 9~

Das Wohnzimmer Kazumi's reichte gerade so um die vier Anwesenden nach ihrem Sprint durch die Stadt unterzubringen. Nun saßen sie da, nachdem Kazumi ihnen alle kalte Getränke angeboten hatten und schauten die junge Japanerin mehr oder weniger skeptisch sowie erwartungsvoll an. Keiner hatte bisher ein Wort gesagt bis Josuke sich an Kazumi wandte.

"Also...nachdem, was wir dort eben in der Stadt gesehen haben, können wir davon ausgehen, dass du eine Standuserin bist?"

"Standuserin? Ich weiß leider nicht, was du meinst."

"Aber du hast doch sowas wie einen Geist bei dir, oder? Diese Katze!"

"Ach, du meinst Kagerou! Nein, Kagerou ist ein Dämon, den ich beschworen habe."

Erneutes Schweigen, doch Kazumi wusste auch nicht, wie sie auf die Fragen antworten sollte und fühlte sich gerade sehr unwohl als alle Blicke ungläubisch auf sie gerichtet waren.

"Ich denke, es wäre wohl besser wenn ich ab hier das Reden übernehme."

Die Anwesenden schauten gespannt auf die Katze, die soeben hinter Kazumi's Rücken aufgetaucht war und sich nun vor den vier anderen auf dem Boden gesetzt hatte.

"Das ist auch etwas, was man auch nicht alle Tage sieht."

"Was meinst du, Nika?"

"Diese Katze hat Musterungen wie die Sugar Skull Cats, die für den Dios de los Muertos in Mexiko stehen."

"Kazumi hat sich diese Form ausgesucht als sie mich beschworen hat. Ich habe bereits gemerkt, dass ihr alle außer der Rothaarigen besondere Fähigkeiten habt. Ihr könnt Geister beschwören und sie für euch kämpfen lassen, nicht wahr? Nun, ich bin kein sogenannter Stand, wie ihr es nennt."

Dabei richtete Kazumi den Blick auf Rohan und Nika, die soweit schon eingeweiht waren.

"Ich will es euch auch nicht länger vorenthalten. Ich habe das Vermächtnis meiner Mutter gefunden, es handelte sich um einen Laden, der Bücher über Okultismus beherbergte zu meinem Erstaunen, da ich ja jahrelang im Glauben war, meine Mutter wäre ein Medium im Bezug auf Heilmagie und Geisterbeschwörung gewesen. Darauf habe ich ein Buch und um genau zu sein dieses hier mitgehen lassen und mich an der etwas leicheren Beschwörung eines Dämons versucht. Einen Begleiterdämon, der die Form annimmt, die sich derjenige wünscht, der ihn beschwört."

Rohan musste hart schlucken.

"Dann muss ich mein Urteil dir gegenüber revidieren, du bist also tatsächlich ein Medium, was Beschwörungen vollziehen kann. Und ich habe zuerst geglaubt, dass das nur Hokuspokus war aber man lernt wohl nie aus."

Darauf knuffte Josuke Rohan mit einem verschmitzten Grinsen gegen die Schulter.

"Gerade du, Rohan Sensei, solltest doch mit dem Übernatürlichen sehr vertraut sein!"

"Halt einfach die Klappe, Josuke!"

"Könntet ihr mal aufhören euch mit Blicken zu ficken?"

"Oi Josuke, Nika hat recht! Hört auf euch zu zanken und hört dem Mädel lieber zu!"

Für einen Moment musste Kazumi sogar grinsen.

"Nun, wie ihr seht bin ich also kein Standuser, so wie ihr angenommen hattet. Ich bin ein Medium, welches sich für Okulte interessiert, das Geheimnis ihrer Mutter gelüftet hat und heute mit ihren neu gewonnen Kräften dank Kagerou diesen Kerl dingfest gemacht hat."

"Woher hast du überhaupt gewusst, dass er diese Frau angreifen wird?"

"Er hatte es bereits aber niemand hielt es für nötig sich einzumischen. Erst als ich ihn angesprochen hatte kamen die ganzen Schaulustigen hinzu, deswegen habe ich das erste Ofuda eingesetzt, damit sie weitergehen und das eigentliche Szenario nicht sehen."

"Nun, wir alle haben es gesehen. Wahrscheinlich weil wir Standuser sind. Okay, ich nicht aber Rohan, Josuke und Okuyasu hier."

"Wo wir gerade dabei sind, ich habe mich auch schon gefragt, wie du unsere Stands immer noch sehen kannst, Nika."

"Glaub mir, Josuke, diese Frage haben Rohan und ich uns nun schon allzu oft gestellt aber wissen tun wir es nicht. Ich habe jedenfalls keinerlei Kräfte mehr seit ich den Fluch losgeworden bin."

"Es ist allerdings wirklich merkwürdig, Nika."

Dann wandten sich alle wieder Kazumi zu, wobei Josuke das Sprechen übernahm.

"Was hast du jetzt vor, Kazumi? Ich meine, deine Mutter hat dir einen Laden, ne Menge Kohle, eine Wohnung und ein gebrochenes Herz hinterlassen. Willst du dein Leben wirklich so leben, wie deine Mutter es gewollt hat oder dein Leben so leben, wie du es willst? Ich meine, ich kann verstehen, dass du den Wunsch deiner Mutter erfüllen möchtest aber ist es nicht wichtiger, dass du glücklich wirst?"

Dabei schaute Kazumi Josuke lange intensiv an.

"Ja...eigentlich hast du recht."

"Und deswegen...sorgen wir dafür, dass du ab heute viel mehr Spaß hast! Lasst uns alle zusammen die nächsten Tage etwas schönes unternehmen neben dem Besuch in Tonio's Restaurant!"

"Aber...aber wollt ihr mich denn...überhaupt dabei haben? Ich denke nicht, dass ihr Spaß mit mir haben werdet..."

"So ein Blödsinn! Gerade du scheinst etwas Spaß dringend nötig zu haben! Du solltest mal rausgehen, mit uns zusammen! Das wird großartig!"

"Josuke..."

Ein paar Tränen spiegelten sich in Kazumi's Augen, doch dann lächelte sie.

"Ich...würde sehr gerne mit euch Zeit verbringen...und wissen, wie es ist Spaß zu haben."

"Dann ist es geklärt! Ab morgen unternehmen wir nur schöne Dinge zusammen! Das wird dich sicher auf andere Gedanken bringen!"

Alle schauten Josuke irritiert an, inklusive Kazumi's Katze Kagerou aber sowohl Nika und insbesondere Kazumi lächelten erfreut und Nika hatte ein besonders breites Grinsen auf den roten Lippen, denn so langsam bekam sie das Gefühl, dass der gute Josuke ein reges Interesse an der jungen Japanerin hatte. Vielleicht bisher nur auf freundschaftlicher Ebene aber was ja nicht war konnte ja noch werden.
 

*~*
 

Kazumi's Herz schlug bis zum Hals als sie sich ihr schönstes blaues Kleid anzog für den Besuch im Restaurant. Kagerou beobachtete, wie Kazumi etwas aufgeregt die Ärmel bis zu den Fingern hochzog damit man bloß die Narben auf ihren Handgelenken nicht sah.

"Bist du sicher, dass du wirklich mitgehen willst? Du wirkst sehr aufgeregt und nervös."

"Das bin ich auch, Kagerou. Das bin ich sehr aber Josuke hat recht. Ich habe in meinem Leben bereits zu viel Zeit und Gedanken an meine Mutter so wie mein zukünftiges Schicksal verschwendet, ich muss endlich anfangen an mich selbst zu denken und ein bisschen mehr zu lächeln. Vielleicht tut mir das auch ganz gut."

"Du scheinst diesen Josuke sehr zu mögen, oder? Du weißt, was mit deiner Mutter passiert ist als sie mit deinem Vater zusammen kam. Sie hat ihn verlassen als sie in Gefahr geriet."

"Schön, Kagerou. Aber ich bin nicht meine Mutter! Ich habe immer noch die Chance mein eigenes Leben zu führen und meinen eigenen Weg zu gehen."

"Es ist nur ein gut gemeinter Rat, Kazumi aber bitte denk an meine Worte. Auch wenn du kein vollständiges Medium bist, pass auf dass du den jungen Mann nicht in Gefahr bringst. Je stärker diese Kräfte werden, desto mehr ziehst du ihn in deinen Bann. Du hast großartige Kräfte, Kazumi, du weißt es nur noch nicht, wie du sie richtig einsetzt.

"Das letzte, was ich will, ist Josuke in Gefahr bringen. Ich mag ihn...und...ich möchte ihn gerne besser kennenlernen."

Kagerou wollte noch etwas sagen, doch da klopfte es bereits an Kazumi's Haustüre. Sie betrachtete sich noch einmal fix im Spiegel, verabschiedete sich von Kagerou und lief hinunter zur Haustüre, wo Nika sie strahlend begrüßte.

"Wow, Kazumi...du siehst wunderschön aus!"

"Wirklich, findest du? Das ist ein ganz normales Sommerkleid."

"Es untermalt deine blauen Augen und die glänzenden Haare perfekt!"

"Danke...das freut mich, dass du das sagst."

"Nun denn, wollen wir?"

Der Weg zum Restaurant fühlte sich für Kazumi wie ein endloser Weg an. Sie musste die ganze Zeit an Josuke und sein Lächeln denken und hoffte nur, dass sie nichts tat, was den anderen unangenehm aufstoßen könnte.

"Ist alles in Ordnung? Du wirkst so in Gedanken."

"Das...bin ich ehrlich gesagt auch."

"Ist es wegen Josuke?"

"Woher..."

"Schätzchen, ich kenne diesen sehnsüchtigen Blick! Ich habe zwar nie selbst daran geglaubt aber bei dir schien es ja damals wirklich Liebe auf den ersten Blick zu sein."

Doch Kazumi schwieg. Sie schaute verlegen zur Seite weg.

"Kazumi, bevor ich mit meinem ersten Freund zusammen kam, der sich als das totale Arschloch herausstellte, war ich lange Zeit in meinen besten Freund verliebt."

"Was? Wirklich?"

"Ja und das vertraue ich dir jetzt an. Ich habe das sonst noch nie jemandem erzählt, auch nicht Rohan und auch nicht Josuke. Ich bin froh, dass er damals seinen Partner kennengelernt hatte, ansonsten wäre ich an diesen Gefühlen wohl kaputt gegangen. Was ich dir damit eigentlich sagen möchte ist, wenn du dich wirklich in ihn verliebt hast, dann zögere nicht und tu, was dein Herz dir sagt bevor es zu spät ist. Du brauchst auch keine Sorgen haben, dass wir denken könnten, du seiest merkwürdig. Wir sind alle hier ein bisschen verrückt, das kannst du mir glauben. Diese Stadt...sie zieht die Ruhelosen und Fremden an, die nach Antworten suchen oder nicht wissen, wo sie hingehören. Ich habe meine Antworten gefunden, was ist mit dir?"

Bevor Kazumi allerdings antworten konnte hatten sie Tonio's Restaurant bereits erreicht und als sie eintraten und Rohan, Okuyasu und Josuke die junge Japanerin sahen, konnten sie ihren Blick kaum von ihr abwenden.

"Wow, sie sieht vielleicht scharf in dem Kleid aus!"

Doch Josuke ingnorierte den Ausruf seines Freundes, denn in jenem Moment war er wie geblendet.

"Kazumi...du siehst...atemberaubend aus. Ich freue mich, dass du gekommen bist."

"Danke...Josuke. Ich freue mich auch sehr hier zu sein. Danke für die Einladung."

Sie nahm Platz, nachdem Josuke ihr höflich den Stuhl zurückgezogen hatte. Die Runde war durchaus gesprächig und adrett gekleidet, jedoch konnte Kazumi nicht aufhören Josuke anzuschauen.

Es dauerte nicht lange, da servierte Tonio Getränke sowie den ersten Gang.

"Ah, meine Lieblingsrunde! Guten Abend zusammen! Ich freue mich, dass ihr alle gekommen seid!"

"Guten Abend, Tonio! Wirst du uns heute mit deinen Kochkünsten wieder bereichern?"

"OI, ICH KANN ES KAUM ABWARTEN!"

"Aber natürlich werde ich das! Josuke, einen Cappuchino für dich?"

"Sehr gerne!"

"Oh capito! Ah, ich sehe, wir haben heute einen weiteren Gast! Herzlich willkommen, signora! Es freut mich sehr Sie in meinem Restaurant begrüßen zu dürfen! Ich hoffe, sie genießen ihr Mahl!"

"Eh...vielen Dank, ich freue mich auch sehr heute hier zu sein."

"Oi Kazumi, du musst unbedingt Tomate Mozarella probieren, das ist das Beste, was du je gegessen hast!"

Tatsächlich kostete Kazumi die erfrischende Köstlichkeit, die Tonio dieses Mal in Balsamico Dressing eingelegt hatte. Als sie ein Bissen nahm, fuhr sie sich gerührt mit der Hand über die Wange.

"Das ist...wirklich köstlich!"

Für weiteres fehlten ihr die Worte aber Tonio war durchaus gerührt und Okuyasu freute sich des Lebens, dass Kazumi die Kochkunst Tonio's ebenfalls so wie er zu schätzen wusste.

"Entschuldigen Sie, signora, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf...dürfte ich Ihre Hände sehen?"

Irritiert schaute Kazumi zu Tonio, dem sie nur zögerlich ihre Hände entgegenstreckte. Sie wusste nicht, was er vorhatte aber als sie bemerkte, wie seine Finger zu ihren Handgelenken wanderten, entriss sie ihm grob ihre Hände.

"NICHT!"

Niemand entging es, wie sie auf einmal vollkommen aufgelöst und beinahe panisch auf ihrem Stuhl saß, dabei zitterte ihr ganzer Körper.

"Verzeihen Sie, ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten."

"Kazumi, was hast du?"

Doch diese antwortete auf Nika's Frage nicht, stattdessen bahnten sich Tränen in ihre Augen.

"Kazumi?"

"Es...es tut mir leid. Bitte...es tut mir leid, das wollte ich nicht!"

"Kazumi, ist alles in Ordnung?"

"Bitte...entschuldigt mich!"

Sie sprang regelrecht auf und rannte auf die Toilette und Nika entging nicht, wie auch Josuke der jungen Frau besorgt hinterher sah.

"Soll ich ihr nach, Nika?"

"Nein, das mache ich!"

"Habe ich etwas falsch gemacht? Ich wollte mir nur ihre Handflächen ansehen, sie wirkte so erschöpft und übermüdet."

"Keine Sorge, Tonio, du hast nichts falsch gemacht. Ich gehe ihr nach, bitte entschuldigt mich."

Zusammengekauert saß Kazumi auf der Gästetoilette, die Hände eng um ihren Körper geschlungen und am weinen. Nur vorsichtig näherte sich Nika der jungen Frau.

"Kazumi?"

"Nein..."

"Kazumi, bitte..."

"Nein! Bitte geh, Nika! Lass mich in Ruhe!"

Doch Nika ließ nicht locker. Sie bemerkte, wie Kazumi die Hände über dem Kopf zusammenwarf, in dem Moment ergriff Nika ihre beiden Handgelenke und hielt sie feste.

"NEIN! NEIN, BITTE..."

"Pssst, beruhige dich, es ist alles in Ordnung. Ich tue dir nichts."

"Nein...bitte nicht. Ich habe...solche Angst!"

"Du brauchst keine Angst zu haben. Nie mehr."

"Nika, bitte...nicht..."

Doch Nika fuhr bereits mit den Daumen sanft über die Stellen ihrer Handgelenke und als sich ihre Vermutung bewahrheitete, zog sie auch vorsichtig die Ärmel ihres Kleides herunter bis sie die vielen Narben erkennen konnte.

"Ich wusste es..."

"Bitte...bitte sag es ihnen nicht! Ich hab solche Angst! Sie werden mich hassen!"

"Warum sollten sie das tun?"

"Weil...es jeder bisher getan hat. Ich bin ein Freak!"

"Nein...du bist kein Freak und ich brauche keine Hintergründe, um zu wissen, warum du das getan hast. Du hattest sicher deine Gründe."

"N-Nika..."

Die Rothaarige lächelte und das erste Mal in Kazumi's Leben verurteilte sie jemand nicht für ihre Narben.

"Der Freund meines besten Freundes...sein Name ist Jared...er hat sich seinerzeit auch diese Schnitte zugefügt. Seine Arme sind übersäht von Narben, die bis heute nie vollkommen abgeheilt sind. Mittlerweile hat er gelernt mit ihnen zu leben, die Musik, die liebe zu seiner Violine sowie die Liebe zu Billy, meinem besten Freund haben ihm das Leben gerettet aber...die Erinnerungen, warum er das getan hat bleiben für immer. Was ich damit sagen will ist, dass du dich für diese Schnitte nicht schämen solltest, Kazumi. Wer dich als Freak abstempelt, weiß einfach nicht, warum du es getan hast. Sie verstehen es nicht weil sie den Menschen nur vor den Kopf gucken."

Und während sie sprach merkte Nika, wie Kazumi sich langsam beruhigte. Ein mitfühlendes Lächeln lag auf den Lippen der Rothaarigen.

"Du...du bist die erste, die das so sieht neben Brad. Aber..woher...woher hast du es gewusst?"

"Das Kratzen an deinen Handgelenken...wenn Jared nervös war oder Angst hatte, hat er sich auch hin und wieder die Narben auf seinem Armen gekratzt. Und alleine die Tatsache, dass du regelmäßig versuchst diese Narben mit Stulpen oder Ärmeln zu verdecken."

"Ich habe solche Angst, Nika. Du hast recht, ich mag Josuke, ich mag ihn sehr und...ich möchte, dass er mich auch mag. Aber...ich habe solche Angst ihm mein wahres Ich zu zeigen! Ich tue immer so stark, dabei bin ich eigentlich so schwach! Ich habe mir versucht das Leben zu nehmen weil ich nicht denselben Weg wie meine Mutter gehen wollte als sie mich zwingen wollte nach Japan zu kommen, um ihr Werk fortzusetzen und heute weiß ich, wie dumm es war. Ich...habe rot gesehen! Ich wollte nicht mehr, Nika, ich habe es nicht ertragen! Ich weiß, dass es falsch war und ich weiß, dass ich mit diesen Narben leben muss aber...Menschen sind so grausam...sie sagen...solch grausame Dinge wenn sie die Wahrheit zu fassen kriegen...und ich will nicht...ich will nicht, dass Josuke mich hasst!"

Weinend fiel Kazumi Nika in die Arme, dabei legte Nika ihre Hände sanft auf Kazumi's Rücken.

"Ganz ruhig, Kazumi. Es ist alles gut. Niemand hasst dich und ganz besonders wir nicht. Wir möchten dir helfen und deine Freunde werden, niemand wird dich jemals verurteilen. Ich werde es niemandem sagen, das musst du schon selbst tun aber ich verspreche dir, dass niemand dich wegen deiner Vergangenheit hier verurteilen wird. Irgendwo...sind wir alle Freaks und du gehörst dazu. Und ich kann dir versichern, dass Josuke der letzte Mensch wäre, der dich wegen deiner Narben verurteilen würde."

Zögerlich nickte Kazumi und rang sich ein zuversichtliches Lächeln ab.

"Nun, sollen wir wieder reingehen? Tonio hat sich schon Sorgen gemacht, ob er was falsch gemacht hat."

Bevor sie die Damentoilette verließen bedankte sich Kazumi noch einmal für Nika's Verständnis, entschuldigte sich danach bei Tonio für ihr Verhalten als auch bei den anderen und verbrachte daraufhin einen angenehmen Abend in netter Gesellschaft und für Nika war es besonders schön, da sie die junge Japanerin entspannt lächeln sah.
 

*~*
 

"Soll ich dich nach Hause bringen?"

"Nein, Nika, das würde ich gerne übernehmen."

Nika entging nicht, wie Kazumi rot anlief als Josuke sich anbot sie nach Hause zu begleiten.

"Wenn es dir nichts ausmacht natürlich."

"N-nein...nein, das tut es nicht."

"Keine Sorge, Nika. Ich passe gut auf sie auf."

"Das weiß ich, Josuke. Dank dir."

Eine Weile sah Nika den beiden noch hinterher bevor sie sich Rohan zuwandt und sah, wie Nika zufrieden lächelte.

"Es war gar nicht nötig Heaven's Door einzusetzen, oder?"

"Durchaus nicht. Sie wird sich ihm öffnen, da bin ich mir sicher, Rohan. Trotzdem finde ich es schön, dass du mitgekommen warst. Das war ein sehr schöner Abend. Danke."

"Nicht dafür, Nika. Sollen wir nach Hause?"
 

*~*
 

Kazumi schlug das Herz bis zum Hals als Josuke so neben ihr herging. Er war durchaus gut gebaut, hoch gewachsen und bildschön. Seine blauen Augen schienen sogar im Dunkeln zu leuchten.

"Danke...dass du mich begleitest. Ich weiß das sehr zu schätzen."

"Ach, das war doch selbstverständlich! Alleine hätte ich dich jetzt auch nicht gehen lassen, es ist schließlich schon spät."

Eine Weile gingen sie schweigend nebeneinander her.

"Ich fand die Sache mit deinen Haaren sehr interessant, Kazumi."

"Eh...wie kommst du da jetzt drauf?"

"Weil es mir nicht anders geht. Meine Haare sind mein ganzer Stolz. Als Kind hatte ich einst hohes Fieber und musste von meiner Mutter ins Krankenhaus gebracht werden, allerdings war seinerzeit so ein schlimmer Schneesturm, dass wir im Schnee stecken blieben. Doch dann tauchte wie aus dem Nichts ein Mann hinter unserem Auto auf, der meiner Mutter half das Auto wieder in Bewegung zu bringen. Im Rückspiegel sah ich seine Frisur. Kurz darauf ließ ich sie mir selbst schneiden...um meinen Retter für immer in Ehren zu halten."

"Jo-Josuke, das...das ist eine wundervolle Geschichte."

"Viele können es nicht nachvollziehen aber sobald jemand meine Haare beleidigt drehe ich durch! Dann kann mich nichts mehr halten. Wer meine Haare beleidigt, beleidigt im selben Zuge auch meinen Retter und das werde ich nicht zulassen! Seit damals...ist er mein Idol. Deswegen...fand ich es so großartig als du selbst wegen deinen Haaren so ausgerastet bist. Wir scheinen etwas gemeinsam zu haben."

Verlegen wischte sich Kazumi die Tränen aus dem Gesicht.

"Wie gesagt...meine Mutter hatte mir nicht viel hinterlassen als sie wegging aber auf die wunderschönen schwarzen, seidigglatten Haare mit dem Blauschimmer war ich von Anfang an stolz. Ich hege und pflege sie jeden Tag. Ich habe nicht das beste Verhältnis zu meiner Mutter gehabt aber...naja, es scheint das einzig Gute in meinem Leben zu sein, was sie mir hinterlassen hat."

"Sie sind wunderschön, Kazumi. Genauso wie du. Vergiss das nie."

"Hör auf. Bitte, du machst mich verlegen."

"Es ist aber wahr. Ich kenne dich zwar noch nicht so lange aber ich glaube, dass du sehr von Selbstzweifeln geplagt wirst, dabei hast du das gar nicht nötig. Du bist einzigartig auf deine Weise, Kazumi. Daran solltest du immer denken."

"Deine Worte freuen mich wirklich, Josuke...aber du weißt nicht, wer oder wie ich bin. Vielleicht magst du diese Person, die ich am Ende bin gar nicht."

"Aber ich möchte sie gerne kennenlernen. Ich möchte mehr über dieses Mädchen erfahren, dessen Blick immer so traurig und sorgenvoll scheint, damit es am Ende wieder lächeln kann."

Sie standen gerade unter einer Straßenlaterne als Josuke Kazumi voller Ehrlichkeit anlächelte und ihr Herz berührte mit seinen Worten. Darauf warf sie sich die Hände vor das Gesicht und weinte.

"Josuke, wenn jemand wunderschön ist, dann bist du das! Wie kannst du nur...mit solchen Worten..."

Doch da hatte er Kazumi schon vorsichtig in den Arm genommen. Kein Wort wurde mehr gesagt und Josuke hielt sie so lange, bis sie nicht mehr weinen musste und als Kazumi an jenem Abend im Bett lag und ihre Decke anschaute, blühte seit langem in ihr wieder die Hoffnung, dass nach so vielen Tiefschlägen auch ihr endlich ein bisschen Glück vergönnt war.

~Summoning 10~

Die Spielehalle war gut besucht an jenem Samstagabend und nachdem das Abendessen den Tag davor so gut verlaufen war beschloss Kazumi kurzfristig die Truppe erneut zu begleiten. Tatsächlich hatte sie Spaß wenn sie mit den anderen zusammen war, denn von ihnen wurde sie nicht als Freak, sondern als Mensch und somit Teil der Truppe angesehen.

In der Innenstadt herrschte reges Treiben, viele Menschen hatten an diesem Abend wohl dieselbe Idee gehabt. Kazumi war an Rohan's Haus zu Nika und Rohan gestoßen, die dort bereits auf die junge Japanerin gewartet hatten und als sie Innenstadt erreichten, spürte Kazumi wieder direkt diesen Stich im Herz als Josuke sah, der mit Okuyasu zusammen die Straße entlang kam. Mit der schwarzen Jacke, dem gelben Shirt und der Sonnenbrille auf der Nase sah Josuke noch attraktiver aus und Kazumi fragte sich, ob ihm überhaupt bewusst war, was dieser Mann für eine Ausstrahlung hatte. Sie hingegen fühlte sich eher unbehagen in den schwarzen Stiefeln und diesem hautengen schwarzen Kleid, das ihr bis knapp vor die Knie ging. Als Josuke sie allerdings wieder freudig anlächelte, war jegliche Furcht wieder verflogen.

"Hallo Kazumi. Schön, dass du mitgekommen bist."

"Danke, Josuke."

"Wollen wir?"

"Sehr gerne."

Sie hatten die Halle noch nicht ganz betreten, da war Kazumi's Persönlichkeit wie ausgewechselt.

"OH MEIN GOTT! WIE GEIL IST DAS DENN? WAHNSINN, SEHT EUCH NUR DIE GANZEN SPIELEKONSOLEN UND -AUTOMATEN AN! ABSOULT GENIAL!"

Aufgeregt schaute sich die junge Japanerin in der bunten Halle um. Technomusik dröhnte aus einigen Lautspechern, bunte Lichter fielen auf die Menge, die von diversen Scheinwerfern herrührten, die an der Decke und den Wänden befestigt waren während sich Besucher, unter anderem viele Schüler, sich vor den Spieleautomaten gegenseitig anfeuerten. Sogar eine Theke, an der man Getränke, süßes Popcorn und andere Leckereien kaufen konnte fiel Kazumi auf.

"Du begeisterst dich für Computerspiele?"

"Soll das ein Witz sein, Josuke? Ich bin die Meisterin des Zockens!"

"Ist das so? Nun, wie wäre es dann mit einer kleinen Herausforderung?"

"Angenommen! Ich schlage dich in jeder Art von Spiel!"

"Ach ja?"

"Ja, und ob!"

"Beweise es!"

"Und wofür entscheidest du dich?"

"Tekken?"

"Du hast bereits verloren!"

"Einfach großartig, das nenne ich Kampfgeist!"

Nika konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen als sie die beiden zusammen sah und knuffte Rohan in die Seite. Dann fiel ihr Blick allerdings auf Okuyasu, der etwas niedergeschlagen dreinblickte.

"Rohan, ich gehe mal eben zu Okuyasu, sollen wir danach an die Bar gehen?"

"Gerne, Spielehallen sind leider nicht so mein Ding. Vielleicht kann ich irgendwo Würfel organisieren, dann können wir eine Runde Cee-lo spielen."

"Das höre ich mich nicht nein sagen aber ich zieh dich eh wieder ab!"

"Werden wir ja sehen!"

Mit einem Grinsen wandte Rohan sich ab während Nika sich neben Okuyasu gesellte.

"Hey, kann ich dich auf einen Drink einladen?"

"Oi, eigentlich sollte ich dich das eher fragen."

"Du wirkst etwas niedergeschlagen, ist alles in Ordnung?"

"Schon...es ist nur...ich will nicht eifersüchtig wirken. Ich weiß, dass Josuke bei den Frauen sehr beliebt ist, das war schon immer so und...ich würde es ihm sehr gönnen wenn er eine liebe Frau finden würde. Ich sehe ja, wie er und Kazumi sich alleine schon in den ersten Tagen so gut verstehen. Aber...ich habe Angst ihn als Freund zu verlieren."

"Hast du mal mit ihm darüber geredet?"

"Nein, dafür bin ich zu feige!"

"Okuyasu, wenn du etwas nicht bist, dann ist es feige! Du magst manchmal rau sein, hast aber einen guten Kern und Josuke liegt dir halt am Herzen. Daran ist nichts verwerflich! Das ist vollkommen normal."

"Ich habe einfach Schiss, dass Josuke sauer werden könnte. Vielleicht klammere ich mich aber auch so sehr an ihn weil ich bisher noch nie Glück mit einer Frau hatte."

"Vielleicht solltest du es dann einfach mal wagen! Es gibt so viele nette Frauen, Okuyasu."

"Ich weiß aber ich bin wohl einfach zu feige."

"Hör schon auf. Auch für deinen Topf gibt es einen Deckel. Aber wichtig ist erst mal, dass du mit Josuke darüber redest. Keine Beziehung sollte zwischen einer guten Freundschaft stehen."

"Danke, Nika. Du bist so ein taffes Mädel! Ich wünschte, ich hätte so ein Selbstbewusstsein wie du."

"Glaub mir, dieses Selbstbewusstsein musste ich mir über viele Jahre hart erarbeiten."

"So ein Mädel wie du könnte wir gefallen."

"Du bist süß, Okuyasu. Ich wünsche dir, dass du eine Freundin findest, die dich genauso liebt wie du bist."

Damit gab sie dem jungen Mann einen Kuss auf die Wange.

"Oi, Nika! Pass auf, sonst könnte Rohan noch was falsches denken!"

"Ach, der ist Kummer gewöhnt von mir!"

"Ich bin froh, dass er so ein Mädel wie dich hat. Er sollte sich glücklich schätzen!"

"Glaub mir, er zeigt es mir oft genug auf seine Weise und das reicht mir."

"Na komm, ich gebe dir einen Drink aus!"

"Danke, Okuyasu!"
 

*~*
 

Josuke fielen beinahe die Augen aus. Er dachte immer, dass es niemanden gäbe, der ihn schlagen könne aber mittlerweile hatte Kazumi den jungen Japaner schon viermal in Tekken geschlagen. Wo sie allerdings eher Probleme hatte, war bei R-Type. Josuke war einfach zu gut wenn es um Science Fiction und Schlachten mit Raumschiffen im Weltall ging, allerdings schien Kazumi ihre Probleme mit den Massen an Gegnern und der Geschwindigkeit des Spiels zu haben.

"Okay, ich gebe mich geschlagen. Ich habe vielleicht ein wenig zu sehr mit meinen Spielerkünsten übertrieben, dafür entschuldige ich mich."

"Ach was, du bist wahrlich eine Gegnerin, die ich respektiere. Wenn du möchtest kann ich dir das Spiel beibringen."

"Ich denke nicht, dass es dabei viel zu verstehen gibt. Ich bin einfach nicht gut darin."

"Aber du kannst es lernen."

"Möchtest du auf irgendetwas Bestimmtes hinaus, Josuke?"

"Nun, ich dachte eigentlich, dass wir beide mal zusammen zocken könnten. Ich habe noch eine alte Spielekonsole bei mir Zuhause...also nur, wenn du möchtest."

Etwas verlegen fuhr sich Josuke mit der Hand über den Nacken.

"Josuke, du kennst mich doch gar nicht. Wieso möchtest du Zeit mit mir verbringen?"

"Das habe ich dir doch schon gesagt."

"Nein ernsthaft. Warum bist du so nett zu mir? Als ich unter dem Fluch stand hätte ich euch beinahe umgebracht, dann haben wir einmal kurz geredet im Krankenhaus und uns danach zwei Jahre lang nicht gesehen. Du...du tust so als ob wir uns seit Jahren kennen oder...ob du ernsthaft an mir interessiert wärst...also...freunschaftlich...denke ich. Wieso tust du das? Wieso...bist du so nett zu mir? Zu jemanden, den du eigentlich gar nicht kennst?"

"Gegenfrage, warum hast du solche Angst davor, dass ich Interesse daran habe dich kennenzulernen, Kazumi?"

Darauf schaute diese ertappt zur Seite.

"Weil...weil das bisher noch nie jemand getan hat."

"Dann wurde es vielleicht langsam mal Zeit."

"Und wenn du die Person, die ich wirklich bin gar nicht magst? Was ist wenn sie nicht deinen Erwartungen entspricht?"

"Glaub mir, ich habe in meinem Leben mittlerweile viele Menschen getroffen und feststellen können, wem ich vertraue und wem nicht. Dass der Fluch dir solche Schmerzen zugefügt hat war nicht deine Schuld, deswegen musst du nicht ängstlich uns gegenüber sein und dich davor fürchten, dass wir dich meiden könnten."

"Josuke, das...das ist es ja nicht mal."

"Ist es...wegen der Sache mit dem Medium?"

"Josuke, bitte...ich..."
 

"Ich habe solche Angst! Wenn du die Wahrheit kennst...wirst du mich dann hassen? Wirst du mich noch mögen wenn ich sie dir zeige? Meine Narben? Ich habe solche Angst! Solche...Angst! Du bist...so wunderschön, Josuke. Aber ich bin es nicht! Ich will dir vertrauen und habe solche Angst! Angst enttäuscht zu werden und...am Ende wieder alleine zu sein! Ich...will nicht alleine sein! Ich mag euch...ich mag dich! Ich...ich..."
 

"Ich...liebe dich."

"Kazumi, was hast du gesagt?"

Erschrocken über diese plötzliche Aussage, die ihr nur wie ein leises Flüstern über die Lippen kam sowie panisch und mit Tränen in den Augen schaute Kazumi zu Josuke hoch.
 

"Nein! Das...habe ich jetzt nicht wirklich laut gesagt, oder? Bitte sag mir, dass er es nicht gehört hat!"
 

"KAZUMI!"

Die Stimme Nika's riss sie aus ihrer kurzfristigen Trance, dennoch spürte sie immer noch Josuke's Blick auf sich ruhen.

"J-ja? Was ist los?"

"Dort drüben gibt es Dance Dance Revolution! Wollen wir tanzen?"

"Eh...sehr gerne!"

Doch während sie sich der Tanzfläche näherten, schaute Kazumi immer wieder in Josuke's Richtung, der ihr fragend hinterher schaute.
 

"Schau mich nicht so an! Es kann nicht sein, dass ich dich liebe! Wir kennen uns doch kaum und doch...tut mein Herz so weh wenn ich dich sehe. Ich habe versucht dich zu vergessen aber am Ende konnte ich es nie! Ich habe es verdrängt und doch warst du immer in meinem Herzen. Weil du es warst, der mich damals gerettet hat. Mein Hoffnungsschimmer, an den ich mich seitdem geklammert habe. Erst jetzt ist mir klar geworden, wie sehr ich dich brauche. Ich möchte bei dir sein! Dir all meine Fehler und meine Narben zeigen und keine Angst mehr haben! Du bist so wunderschön! Ich möchte...ein Teil von dir sein!"
 

Bevor sie weiterdenken konnte hatte Nika sie auf einer der Tanzflächen gezogen. Sie brauchte einen Moment um wieder klar denken zu können.

"Kazumi, los, such ein Lied aus! Ich hab richtig Bock!"

Ein wenig wie in Trance durchsuchte sie die Liste und blieb schließlich bei einem Lied stehen, das Kazumi sehr gut kannte.

"Dive. Das...das kenne ich irgendwo her. Das habe ich schon mal getanzt."

Und als die Melodie begann zu spielen, wusste Kazumi es wieder und so schloss sie die Augen und lauschte nur dem Klang der Musik, zu dem sie sich bewegte als hätte sie zu diesem Lied schon unzählige Male getanzt. Ihr Körper war eins und bewegte sich von selbst und es war ihr egal, wieviele Blicke in jenem Moment auf ihr ruhten. Das Vibrieren der Tanzfläche begleitete sie den ganzen Tanz über während ihre Beine den richtigen Beat auf der Tanzfläche anschlugen. Ihre Gedanken konzentrierten sich auf den Gesang, sie ließ den Text auf sich wirken und wie dieser ihre Gefühle für diesen einen Mann, der nicht reiner hätte sein können, ausdrückte während Tränen voller Sehnsucht über ihre Wangen liefen und sie zur selben Zeit dabei lächelte.
 

*~Every time I'm with you

I become sincere.

This feeling was special,

I finally realize now.
 

I can't hide,

this overflowing feeling,

I can't keep it a secret any longer!

I can't look away!
 

The tension of the feelings I hold

I reflect it to you.

Even the passion that shines on my skin

take it along with evoloution!
 

Even if the world stops

I won't stop!

I will dive into this night

DIVE TO THE NIGHT!
 

Just to you,

I wanted you to look my way.

I couldn't hold back my feelings,

I want to send my feelings to you now!
 

The emotion of this painful love

I reflect it towards myself.

The sensation of your usual voice,

today I will take a chance!
 

Piercing deeply through my heart,

this feeling is

changing my heart.

Starting a revolution!
 

Even if the world stops,

I won't stop!

I will dive into this night,

DIVE TO THE NIGHT!
 

Even if time stops,

I won't stop!

I will jump across this night,

DIVE TO THE NIGHT!
 

Even if time stops,

Love won't stop!

I will dive into this sea

deeply to you now!
 

KEEP ON LOVING,

STOP MY HEART!

I won't stop,

I will dive into this love,

DIVE TO THE NIGHT!
 

Stop the world,

I will dive into this love!

DIVE TO THE NIGHT!~*
 

Kazumi bemerkte die ganze Zeit über nicht, wie Josuke sie voller Erstaunen und überwältigt anschaute, die anderen jubelten und sogar Nika applaudierte als sie bemerkte, dass Kazumi soeben den Tanz mit einer perfekten Punktzahl gewonnen hatte. Erst als diese sie etwas rüttelte kam die junge Japanerin wieder zu sich.

"Wahnsinn, ich bin stolz auf dich! Ich dachte ja schon, dass ich gut tanzen kann aber das war der Wahnsinn, Kazumi!"

Dabei schaute sie sich um und bemerkte, wie Josuke sie anlächelte. Die Tränen auf den Wagen wusch sie sich mit dem Handrücken weg, als Nika diese jedoch bemerkte, nahm sie Kazumi sanft in den Arm und drückte sie. Sie sagte kein Wort, denn es war diesmal nicht der seelische Schmerz, der Kazumi zu schaffen machte, sondern die Erleichterung.
 

*~*
 

"Das war wirklich ein toller Abend!"

"Ja, das war es durchaus."

"Ich denke, dass ich ab hier alleine weitergehen kann."

"Bist du dir sicher? Ich würde dich noch bis zu deinem Haus begleiten."

"Danke, Josuke...das ist wirklich sehr freundlich aber das musst du nicht tun."

"Ist alles in Ordnung zwischen uns beiden?"

"Wa...ja, wieso sollte es nicht?"

"Weil...nunja...ich muss immer noch daran denken, was du gesagt hast bevor Nika dich auf die Tanzfläche gezogen hat."

Verlegen schaute Josuke mit gerröteten Wangen zur Seite.

"Übrigens...du...du sahst wunderschön aus...auf der Tanzfläche meine ich."

"Ehm...danke. Vielen Dank."

"Kazumi, ich..."

"Ja, Josuke?"

"Ich...ich..."

Erwartungsvoll blickte die kleine Japanerin den Größeren an während sie mitten auf einer unbefahrenen Straße standen.

"Ich wollte dich fragen, ob wir uns...vielleicht mal...alleine treffen könnten...also...ich meine..."

"Meinst du...wie ein Date?"

"Eh...nein, also ich...uff...ach verdammt, es tut mir leid, dass ich stottere und stottere und..."

"Josuke, bitte sei ehrlich, du machst das aber nicht nur weil Nika gebeten hat auf mich aufzupassen?"

"Eh...nein, wieso denkst du das?"

"Tut mir leid, ich dachte nur."

"Hör mal, ich weiß, ich wirke hier gerade wie der letzte Vollidiot, das liegt aber daran, dass...naja, ich habe sowas noch nie gemacht."

Darauf musste Kazumi lächeln.

"Weißt du, dass das echt süß ist?"

"Danke. Ich bin halt doch nicht immer so cool wie ich immer denke."

"Aber genau das ist es, was ich so liebenswert an dir finde. Weil du so bist wie du bist."

"Und genauso geht es mir bei dir. Wir scheinen uns sehr ähnlich zu sein."

"Ja, beide genauso unerfahren und doch..."

"Ich mag es, dass du genauso ausrastet wenn jemand deine Haare disst so wie bei mir!"

"Egal, was andere sagen, ich finde deine Haare großartig, Josuke. Und die Geschichte dahinter ist so rührend."

"Nun...wenn es also für dich okay ist...dürfte...also dürfte..."

"Ja?"

Kazumi bemerkte, wie Josuke einen Schmollmund zog und krampfhaft versuchte, die Worte über die Lippen zu bringen, die aber nicht so richtig kommen wollten.

"Würdest du...mit mir ausgehen wollen? Nur wir zwei?"

"...sehr gerne...Josuke-kun."

"Gut! Das ist großartig! Einfach klasse!"

"Ich freue mich...wirklich."

"Ich mich auch. Nun, dann komme ich die Tage vorbei und..."

"Morgen?"

"Gerne, wenn du möchtest, Kazu-chan."

"Okay."

"Wir könnten etwas essen und danach vielleicht bei mir noch ein paar Computerspiele spielen!"

"Das klingt fantastisch, Josuke!"

"Gut, okay! Dann...freue ich mich auf morgen!"

Der junge Japaner wollte sich bereits umdrehen und gehen als Kazumi ihn aber nochmal zurückrief.

"JOSUKE?"

"Ja?"

Doch dann schwieg sie. Stattdessen ging sie auf Josuke zu, hob den Kopf und drückte ihrem Gegenüber einen plötzlichen Kuss auf den Mund.
 

~"Ich will keine Angst mehr haben! Ich will mutig sein! Ich will...dir vertrauen."~
 

Dann löste sie sich, Josuke konnte immer noch den Geschmack ihrer sanften Lippen auf den seinen spüren und blickte die Japanerin verlegen an, wobei diese es ihm gleichtat.

"Bis morgen, Josuke. Ich freue mich auf dich."

"Bis morgen...Kazumi."
 

Am liebsten wollte sie gar nicht gehen, ihr Herz schlug ihr bis zum Hals und sie spürte, wie ihr Körper erhitzt war. Als sie um die nächste Ecke verschwunden war, bemerkte sie gar nicht, dass sie über beide Ohren lächelte.

~Innocence 11~

"Kazumi? Kazumi, jemand klopft an der Haustüre!"

"Hmmm...was ist los?"

Vollkommen verschlafen bemerkte Kazumi erst viel zu spät, dass Kagerou genau vor ihrem Gesicht saß und wild mit dem Schwanz wedelte.

"Es klopft, Kazumi! Vielleicht ist es für dich!"

"Hmmmm...ich geh ja schon."

Schlaftrunken torkelte die junge Japanerin die Treppe hinunter und öffnete die Haustüre. Sie bemerkte erst viel zu spät, wer da überhaupt vor ihrer Türe stand und sie gerade jetzt sehr irritiert anschaute.

"Guten Morgen, Kazumi."

"Morgen...eh...oh Gott, guten Morgen, Josuke!"

Mit unkoordinierten Handbewegungen fuhr sich Kazumi durch die Haare, die ungebändigt durch alle Richtungen flogen. Des Weiteren richtete sie das Top ihres Schlafanzugs und zog die passende Jogginghose erst mal richtig hoch. Sie war nur froh, dass Josuke in dem Moment ihre Handgelenke nicht sah, die komplett frei lagen.

"Gott, sieht sie süß aus!"

Eine Weile stand Josuke einfach nur da mit leicht gerröteten Wangen und blickte die junge Japanerin an.

"Tut mir leid, hab ich dich geweckt?"

"Nein, ich war schon wach, alles gut!"

"Sieht eigentlich nicht so aus."

"Okay ja, ich habe bis eben geschlafen. Aber ist es denn schon..."

"Es ist zwölf Uhr, Kazu-chan."

"Was echt? So spät schon? Hab ich so lange geschlafen?"

"Scheint so. Ich wollte dich...naja, eigentlich zu unserem Date abholen."

"Oh Gott, tut mir leid, wir waren ja verabredet gewesen! Sorry, ich wollte eigentlich nicht, dass du mich so siehst! Komm rein, ich mache mich schnell fertig!"

"Nun...eigentlich finde ich, dass du sehr süß aussiehst. Ich kann auch später nochmal wiederkommen?!"

"Nein, ist okay, setz dich oben irgendwo hin. Ich mache schnell! Ich beeil mich!"

"Kazumi?"

"Ja?"

"Alles in Ordnung. Mach ganz entspannt."

"O-okay...."

Die Aufregung legte sich und während Kazumi sich im Bad frisch machte, gesellte sich Josuke solange zu Kagerou, der den jungen Mann zufrieden angrinste.
 

*~*
 

Kazumi hätte sich keinen schöneren Tag vorstellen können. Nachdem sie sich einen ihrer schönsten Röcke nebst Top und dünner Jacke ausgesucht hatte waren sie und Josuke zusammen in die Innenstadt gegangen, wo Josuke sie auf ein leckeres Essen einlud mit anschließendem Drink, der sich dann als Bubble Tea herausstellte. Sie hatte Ewigkeiten nicht mehr so sehr gelacht und Spaß gehabt, sie sprachen über ihre Lieblingsinterpreten, Musik und Videospiele und es wurde nicht langweilig. Der Tag ging leider viel zu schnell um, viel schneller als Kazumi dachte und schon bald waren sie auf dem Heimweg während in der Ferne die Sonne unterging.

"Josuke, das war wirklich ein sehr schöner Tag! Vielen Dank für die Einladung, das leckere Essen und alles andere, ich hatte schon lange nicht mehr so viel Spaß!"

"Es freut mich sehr, dass es dir gefallen hat. Tut mir nur leid, dass es kein richtiges Dinner geworden ist, ich bin halt nicht so gut in sowas!"

"Nein, nein, es war perfekt und ich liebe Ramen! Du bist so nett zu mir, das hat sonst noch nie jemand für mich getan."

"Das ist sehr schade, dabei bist du doch vollkommen in Ordnung!"

"Naja, dann bist du mit den anderen hier der einzige, der das so sieht. Ich würde mich nicht als normal ansehen."

"Kazumi..."

"Ja?"

"Wolltest du schon nach Hause?"

"Eh...wieso? Hattest du noch was vor?"

"Nein, ich...wollte dich eigentlich fragen, ob du noch mit zu mir kommst."

Kazumi spürte, wie die Hitze sich auf ihre Wangen legte.

"Josuke, ich..."

"Also, nein! Versteh mich nicht falsch, ich...tut mir leid, das kam jetzt total falsch rüber. Ich sag doch, ich bin nicht gut in sowas."

"Bin ich wirklich dein erstes Date...Josuke-kun?"

Sie bemerkte, wie der junge Mann eine Schnute zog und verlegen zur Seite schaute.

"J-ja."

"Du bist süß, Josuke."

"Nein, ich stottere wie ein Idiot. Das ist gar nicht cool."

"Dann ist es umso besser, denn für mich ist das auch mein erstes richtiges Date und stelle mich so doof an."

"Nein, das tust du nicht. Aber...eigentlich...wollte ich dich fragen, ob du zu mir kommst, damit wir noch ein wenig zusammen Videospiele spielen können. Ich habe auch noch ein paar Knabbereien Zuhause und Cola."

"Sehr gerne!"

"Oh, das kam unerwartet!"

"Wieso? Damit können wir den Abend schön abrunden."

"Okay, gut. Ich freue mich. Das ist klasse!"

Schmunzelnd und verlegen gingen die beiden nebeneinander her.

"Kazumi?"

"Ja?"

"Doofe Frage aber hast du auch noch Hunger?"

"Ich wollte eigentlich nichts sagen, Josuke!"

"Wir haben so früh gegessen, sollen wir uns eine Pizza holen?"

"Gerne, die geht aber dann auf mich!"
 

*~*
 

Der leere Pizzakarton lag neben ihnen während Kazumi und Josuke sich bereits gegenseitig mehrmals in verschiedenen Spielen besiegt hatten. Der Abend hätte nicht schöner sein können, doch während sie so neben dem jungen Mann saß, konnte sie nicht leugnen, dass er durchaus attraktiv war und sein Lächeln sie immer mehr in seinen Bann zog.

"YEAH, SCHON WIEDER GEWONNEN!"

"Wahnsinn, du bist einfach unglaublich, Kazu-chan!"

"Hey, du hast mich auch ein paar Mal besiegt, du bist ein würdiger Gegner!"

"Es ist schon sehr spät, soll ich dich nach Hause bringen?"

"Nun...eigentlich..."

"Oder willst du noch eine Runde?"

"Oh ja, sehr gerne!"

"Sollen wir diesmal auf irgendetwas wetten?"

"Oh, du forderst mich zu einer Wette heraus?"

"Genau. Was wünscht du dir wenn ich dich in der nächsten Runde schlage?"

Einen Moment lang dachte Kazumi nach, die Antwort kam allerdings regelrecht aus ihr herausgesprudelt.

"Einen Kuss?"

Überrascht blickte der junge Mann Kazumi an. Erst dann bemerkte sie, wie dumm diese Frage war.

"V-vergiss es! Es kam so...so aus mir rausgesprudelt."

"Abgemacht!"

"WAS?"

"Eine Runde noch. Wenn du gewinnst erfülle ich dir deinen Wunsch."

"Jo-Josuke..."

Doch die Runde verlief ganz anders als Kazumi dachte, denn ihr Kopf war auf einmal ganz woanders, so dass sie sich gar nicht mehr auf das Spiel konzentrieren konnte und letzten Endes gegen Josuke verlor. Mit einem unsicheren Lächeln auf den Lippen legte sie den Controller beiseite. Josuke bemerkte, wie sie zitterte, sie hätte die Runde gewonnen, wäre Kazumi nicht so nervös gewesen.

"Ja, sieht so aus als ob du mich geschlagen hättest. Bestimmt auch besser so, dann musst du mich wenigstens nicht...ich geh jetzt wohl besser nach Hause, es ist schon spät."

Doch Josuke blickte sie einen Moment lang an. Er sog unhörbar die Luft tief ein und atmete wieder aus als Kazumi ihn nicht ansah.

"Komm schon, Josuke! Sei ein Mann, tu es! Stell dich nicht so an, du magst sie doch! Das ist nicht cool, ich bin so aufgeregt und sie...sie sieht so süß aus! Reiß dich zusammen, vermassel das jetzt nicht!"

Schon fast übervorsichtig fasste Josuke seiner Gegenüber an das Kinn und zog sie ganz zaghaft in seine Richtung, so dass Kazumi ihn direkt anblickte. Direkt spürte sie, wie ihr Herz verdammt schnell anfing zu rasen und ihr ganz anders wurde.

"Kazumi..."

"Jo-Josuke, was...was wird..."

Doch bevor sie überhaupt noch etwas sagen konnte, hatten sich Josuke's Lippen auf die ihre gelegt. Mit aufgerissenen Augen schaute Kazumi den jungen Mann an. Sie wollte sich von ihm lösen und schaffte es nicht. Sie spürte, wie ihr ganzer Körper zu beben begann und eine Träne sich in ihren Augenwinkel stahl während sie Josuke unregelmäßig gegen die Lippen atmete. Erst als sich seine Hände sanft auf ihre Wangen legten beruhigte sie sich etwas und erwiderte den Druck auf ihren Lippen. Sie spürte die Wärme, die von Josuke's Lippen ausging und langsam hob auf sie ihre Arme und legte ihre Hände auf seine Wangen. Dabei zog sie ihren Gegenüber näher an sich heran und spürte, wie der Kuss augenblicklich intensiver wurde. Kurz schauten sie sich gegenseitig in die Augen, ihre Wangen waren von Röte bedeckt, doch ihre Blicke sagten mehr als tausend Worte. Kurz darauf war das Videospiel, dessen Titelmelodie immer noch im Hintergrund lief total vergessen.
 

*~*
 

Das Herz schlug ihr bis zum Hals, ihre Beine hatte sie feste zusammengepresst als der junge Mann nackt über ihr kniete und sie einfach ansah. Vielleicht waren sie doch zu schnell gewesen aber sie konnten nicht leugnen, dass der Kuss sie neugierig gemacht hatte. Es hatte nicht lange gedauert, da hatten sie sich gegenseitig entkleidet und Josuke hatte die junge Frau, die konstant die Hände auf die Brust gepresst hatte, in sein Bett getragen und nun lagen sie da, unfähig etwas zu tun und schauten sich einfach nur unsicher an.

"Ist alles okay, Kazumi?"

"Ich...ich bin furchtbar nervös."

"Vielleicht...vielleicht war das doch etwas zu schnell."

"J-ja, vielleicht."

"Hilft es wenn ich dir sage, dass du wunderschön bist?"

"Das bist du auch, Josuke."

"Du siehst mich doch kaum an."

"Weil ich nervös bin! Das...das ist das erste Mal, dass mich ein Mann nackt sieht! Also...mein bester Freund hat mich als Kind bereits nackt gesehen wenn wir zusammen baden gegangen sind aber das war was ganz anderes!"

"Du brauchst dich aber nicht zu verstecken, das versichere ich dir. Du bist wunderschön, Kazumi."

"Hör auf, das macht mich nur noch verlegener."

"Möchtest du das hier überhaupt?"

"Eigentlich...eigentlich schon. Ich mag dich, Josuke. Sehr sogar. Ich hab nur..."

"Für mich ist es auch das erste Mal."

"Was ich gar nicht verstehen kann. Du bist wundervoll, Josuke."

"Jetzt hör doch auf."

"Es...ist nur die Wahrheit! Niemand war je so nett zu mir und so liebevoll und jetzt stammel ich mir hier einen zurecht, bin am zittern und..."

"Sollen wir vielleicht erst mal ganz langsam anfangen? Würde es dir helfen wenn ich dich in den Arm nehme?"

"Mich...in den Arm nehmen?"

"Oh Gott, wenn ich deine warme Haut auf meiner spüre, verliere ich noch jegliche Kontrolle! Dein Anblick macht mich doch schon total kirre und dann fragst du mich, ob du mich in den Arm nehmen möchtest? Natürlich möchte ich mich an deine Brust drücken, dich spüren, dir in die blauen Augen sehen und durch dein schönes Haar fahren, obwohl du dann sicher komplett ausrastest und deine Haut auf meiner und...hilfe, mein Kopf fährt Achterbahn! Ich liege hier und hab die totale Panik, dabei ist gerade der süßeste Typ über mich gebeugt, den ich je getroffen habe und ich kriege die Zähne nicht auseinander! Kazumi, mach was! Lieg nicht einfach so hier rum, tu was! Jetzt!"

Doch da hatte Josuke schon vorsichtig ihre Handgelenke ergriffen und wollte ihr die Last abnehmen, indem er sie von sich aus an sich zog als er jedoch etwas bemerkte.

"Kazumi...was ist das?"

Viel zu perplex um zu erkennen, was Josuke meinte, schaute sie fragend in den Raum hinein. Dann registrierte sie es...und Panik und Kälte machten sich von ein auf die andere Sekunde in ihrem Körper breit.

"Kazumi...was...hast du hier getan?"
 

"Nein...NEIN!"
 

Langsam drehte Josuke ihre Handgelenke um. Unfähig und wie in Stase konnte die junge Frau nur zusehen, wie der Japaner die Innenseiten ihrer beiden Handgelenke betrachtete und sie in ihrem eigenen Kopf zu schreien begann. Durch die ganze Aufregung hatte sie ganz vergessen, dass ihre Handgelenke frei lagen und hatte die Narben völlig vergessen. Sie bemerkte den Blick in Josuke's Augen und wollte am liebsten weglaufen.

"Kazumi...diese Narben...hast du..."

"NEIN!"

Sie entriss sich ihm und kauerte sich auf dem Bett zusammen. Erschrocken blickte Josuke auf die junge Frau herab, die die Beine angezogen hatte und ihren Kopf auf den Knien verbarg. Ihre Stimme bebte während ihr ganzer Körper zitterte.
 

"Er hat sie gesehen! Er hat meine Narben gesehen! Nein...nein! Er wird mich hassen! So wie jeder, der sie gesehen hat! Bitte hass mich nicht! Ich will nicht, dass du mich hasst! So wie alle anderen! Bitte...ich habe solche Angst!"
 

Einen Moment lang war es einfach nur still, keiner sagte ein Wort. Nur das leise Weinen, das von Kazumi herrührte war zu vernehmen.

"Kazumi..."

"Nein..."

"Es tut mir leid. Ich hatte nicht vor dich zu verletzen. Verzeih wenn ich dir zu nahe getreten bin."

Beinahe erschrocken über seine Worte schaute die junge Frau mit gerröteten Augen auf.

"Du...wieso entschuldigst du dich?"

"Ich habe sie gesehen, oder? Deswegen weinst du doch so schlimm."

"Nein...das ist es nicht. Warum entschuldigst du dich? Ich bin doch...der Freak! Die mit den Narben! Die, mit der keiner was zu tun habe möchte weil...weil...bitte, ich habe solche Angst! Ich wollte...ich wollte doch nur, dass du mich magst!"

"Kazumi, bitte sieh mich an."

Vorsichtig blickte Kazumi auf und sah dem jungen Mann tief in die blauen Augen, die nicht hätten sanfter auf sie schauen können.

"Ich verurteile dich nicht...und ich mag dich nach wie vor. Du musst mir nicht sagen, was geschehen ist. Du wirst deine Gründe dafür gehabt haben."

Seine Worte kamen Kazumi so unwirklich vor, die Welt, wie sie sie kannte, schien still zu stehen.

"Du brauchst keine Angst zu haben."

Dann nahm er erneut und so zärtlich er konnte ihre Handgelenke und blickte die breiten Narben an, die sich auf den Innenseiten ihrer Hangelenke erstreckten. Er spürte, wie das Beben ihres Körpers langsam abklung und sie ihn ansah.

"Du brauchst dich für nichts mehr zu schämen. Möchtest du...das alles hinter dir lassen?"

Zaghaft und mit leicht geöffnetem Mund nickte sie. Der leichte Druck, den Josuke mit seinen Daumen auf ihre Narben ausübte fühlte sich zum ersten Mal sehr angenehm und warm an. Dann spürte sie etwas warmes auf ihrer Haut, sah das Funkeln um den jungen Mann herum, der soeben seinen Stand Crazy Diamond beschworen hatte und den Goldschimmer, der sich auf ihre Handgelenke legte und...einen Moment später waren die Narben, so wie sie sie einst kannte, nicht mehr da. Sie waren weg als ob nie etwas geschehen war. Als ob ihre Vergangenheit und all die schlimmen Dinge, die sie versucht hatte sich anzutun einfach nie passiert wären. Ungläubig rieb sie sich die verheilten Stellen, dann blickte sie Josuke an, der verlegen und mit gerröteten Wangen sowie einem Schmollmund zur Seite schaute.

"Ich sehe doch, wie sehr dich das bedrückt. Wäre doch schade, wenn nur ich dich gerne ansehe."

"Jo-JOSUKE!"

Und dann sprang Kazumi ihm regelrecht in die Arme, presste sich an ihn und weinte so laut sie konnte. Ein Lächeln huschte über die Lippen Josuke's, denn er spürte die Erleichterung und wie jegliche Angst von der jungen Frau abfiel. Endlich konnte sie mit ihrer Vergangenheit brechen und in eine glänzende Zukunft schauen.

Den Abend verbrachten sie allerdings in dicken Decken eingekuschelt und wieder angezogen im Bett, wobei Josuke Kazumi ihr eines seiner viel zu großen Shirts leihen musste. Er war sich sicher, dass dieser Abend für sie beide aufregend genug gewesen war. Kazumi kuschelte sich eng an seine Brust während der junge Mann seinen Arm um sie geschlungen hatte und ihr lächelnd noch eine Weile beim schlafen zusah. Sie würde reden und sich ihm öffnen wenn sie soweit wäre aber das konnte warten. Sie hatten alle Zeit der Welt und gerade zählte doch nur der Moment und dass sie zusammen waren. Alles andere war nicht wichtig.

~Innocence 12~

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

~Innocence 13~

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

~Innocence 14~

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

~Innocence 15~

"Es ist alles deine Schuld!"
 

"Nein!"
 

"Okuyasu, lass sie in Ruhe!"
 

"Halt dich da raus, Nika!"
 

"Bitte, es war keine böse Absicht! Ich wollte das nicht!"
 

"Wenn du nicht gewesen wärst, dann wäre Josuke nicht verletzt worden! Deinetwegen wäre er fast gestorben! Deinetwegen...wenn du nicht hergekommen wärst...dann könnte alles immer noch so sein wie früher!"
 

Die Sirenen des Krankenwagens verhallten während Okuyasu sich wutentbrannt Kazumi zuwandt. Die Worte hallten in ihren Ohren wie ein Echo wider als Okuyasu sie ihr voller Zorn ins Gesicht spie. Sie verstand ihn und wehrte sich weiter gegen seine Worte und Vorwürfe obwohl Nika sie durchgehend versucht hat zu verteidigen. Natürlich war es ihre Schuld, dass Josuke nun ihretwegen schwer verwundet im Krankenhaus lag, denn es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis die Mitglieder des Schreins sie gefunden hatten. Für alle war es fragwürdig, wie die Mitglieder es überhaupt geschafft hatten Josuke zu überlisten, vor allem da sein Stand Crazy Diamond es verhindern hätte können aber sie überraschten ihn an jenem Abend in seiner Wohnung als Kazumi nach ihrem ersten Mal wieder nach Hause gegangen war und von allem, was folgte, nichts mehr mitbekommen hatte. Es dauerte nicht lange bis sie ihr konkrete Anweisungen gaben, wo sich die Mitglieder befanden und so begab sich Kazumi an jenem Ort, an dem auch einst ihre Mutter als spirituelles Medium diente. Sie drohten ihr, wenn sich Kazumi ihnen nicht anschließen würde, würden sie den jungen Mann töten. Zu diesem Zeitpunkt war Josuke bereits schwer verwundet und Kazumi verstand nicht, warum er sich die ganze Zeit über nicht heilte. Schuldgefühle machten sich breit aber auch Wut und Hass und so entfesselte Kazumi an jenem Tag ihre Macht als spirituelles Medium und wendete sich gegen jene, die einst ihre Mutter für ihre Mächte missbrauchten. Sie starben nicht, sie bekamen nur die volle Macht ihrer dunklen Kräfte zu spüren als Kazumi sich wehrte und so wurde der Schrein an jenem Tag von einer ungeheuren sowie düsteren Macht erschüttert, die von ihr ausging. Kagerou, der die junge Japanerin begleitet hatte, verbeugte sich ehrfürchtig und zitternd vor Kazumi, denn selbst ihre Mutter hatte nicht so eine starke Macht besessen. Kazumi sorgte dafür, dass die Mitglieder des Schreins unerträgliche Schmerzen hatten. Schmerzen, die sich wie das Höllenfeuer anfühlten und schlimmer als jegliche Qualen, die sie während ihrer Ausbildung ertragen mussten.

"Ich hatte nie vor ein Teil dieser...Sekte zu werden! Ich lebe mein eigenes Leben! Niemals...ich wiederhole, NIEMALS...werdet ihr mich dazu kriegen in die Fußstapfen meiner Mutter zu treten und das gleiche traurige Schicksal zu erleiden! Nie wieder soll ein Mensch oder jemand, der mir wichtig ist unter der Macht des Schreins leiden und wenn ich euch alle mit auf den Letzten auslöschen muss!"

Im Anschluss trug sie den schwer verwundeten Josuke nach draußen und informierte Nika kurzfristig per Handy über alles, was geschehen ist und während diese zusammen mit Rohan und Okuyasu sich auf den Weg in Kazumi's und Josuke's Richtung machte, rief Kazumi einen Krankenwagen, der die beiden auflas und Josuke ins Krankenhaus von Morio brachte. Lange bangte Kazumi um Josuke's Leben, nervös spielte sie sich an den Fingern während sie wartete. Dabei streichelte Nika ihr immer wieder beruhigend über den Rücken während sie warteten, dass ein Arzt zu ihnen kam und ihnen hoffentlich mitteilte, dass Josuke über dem Berg sei. Fast abwesend und wie in Trance schaute Kazumi auf ihre Knie. Ihre Stimme war schmerzerfüllt und voller Sorge.

"Okuyasu...hatte recht. Es ist alles meine Schuld."

"Nein, Kazumi. Das stimmt nicht."

"Doch...wenn ich nicht aufgetaucht wäre, dann wäre das alles nicht passiert."

"Er ist einfach nur wütend und traurig. Er meint es nicht so."

"Er hat es genauso gemeint, Nika und es ist die Wahrheit. Wenn ich nicht gewesen wäre, dann wäre Josuke niemals verletzt worden. Ich hätte niemals zurückkommen dürfen."

"Hör auf, das ist nicht wahr!"

Als Kazumi den Kopf hob, lag ein gequältes Lächeln auf ihren Lippen und ihre Augen waren voller Tränen.

"Ich wollte niemals, dass meinetwegen jemand verletzt werden würde und vor allem nicht derjenige, in den ich...in den ich mich verliebt habe. Sie müssen mich schon lange beobachtet haben, sonst hätten sie niemals gewusst, wo Josuke lebt und ich mich aufhalte."

Einen Moment lang schwiegen beide.

"Wieso...wieso hat Josuke sich nicht geheilt?"

"Was...was meinst du?"

"Wieso hat Josuke sich nicht selbst mit seinem Stand geheilt? Er hat...mir doch die Narben genommen. Warum hat er seine eigenen Wunden nicht geheilt?"

"Kazumi...wusstest du das nicht? Josuke kann sich ni..."

"Miss Zambrano? Miss Kuraki?"

Die Stimme des Arztes riss beide aus ihrem Gespräch.

"Doktor? Wie geht es ihm?"

"Er hat es geschafft. Der junge Mann hatte wirklich Glück gehabt. Die Wunden waren schlimm und er hat viel Blut verloren. Schienen Verletzungen zu sein, die auf rituelle Gewalt hindeuteten. Er wird es schaffen aber er braucht viel Ruhe. Sie können allerdings gerne für einen kurzen Moment zu ihm rein. Er ist momentan ansprechbar."

"Vielen Dank, Doktor."

Der Arzt entfernte sich und die beiden Frauen schauten sich erleichtert und doch noch voller Sorge an. Im nächsten Moment tauchten auch Okuyasu und Rohan auf, dieser hatte die letzte Stunde damit verbracht, den aufgebrachten Okuyasu etwas zu beruhigen. Als sie den Gang betraten, warf Okuyasu Kazumi einen vorwurfsvollen Blick zu, wandte sich aber direkt wieder ab.

"Okuyasu..."

"Hm?"

"Du hast recht. Du hast...mit allem recht. Es ist meine Schuld und...wenn ich nicht aufgetaucht wäre...wenn ich nicht gewesen wäre, dann...wäre Josuke nie verletzt worden. Ich verstehe deine Wut. Er ist dein bester Freund. Ich habe mich dazwischen gedrängt. Das habe ich nie gewollt. Es tut mir leid, Okuyasu. Ich hoffe, dass du mir eines Tages verzeihen kannst."

Der junge Mann antwortete nicht aber Nika war kurz davor diesen in die Seite zu knuffen als sie sah, wie er weinte.

"Er wird wieder aufwachen, Okuyasu. Er hat es geschafft."

"Gott...Gott sei Dank!"

Als Kazumi sah wie sich Okuyasu weinend in Nika's Arm warf, fasste sie einen Entschluss. Sie blickte zu der Gruppe und bemerkte das Lächeln auf Nika's Lippen.

"Geh schon. Geh zu ihm."

Nur schweren Herzens betrat die junge Frau das Zimmer, in dem Josuke lag und als sie ihn so da liegen sah, verkabelt und an dem EKG-Gerät angeschlossen, bemerkte sie, wie ihr Körper furchtbar anfing zu zittern.
 

*~*
 

"Ich wollte nicht...dass das passiert. Ich wollte nicht, dass du meinetwegen in Gefahr gerätst."

Zitternd griff Kazumi nach Josuke's freier Hand. Er schien zu schlafen, doch war er wach und bekam durchaus mit als Kazumi begann zu weinen.

"Es...es tut mir so leid! Es tut mir...so unendlich leid! Wenn ich nur früher da gewesen wäre!"

Ein sanfter Händedruck erwiderte ihren Griff und als sie überrascht aufblickte, schaute sie in die blauen Augen Josuke's, die sie müde anblickten, doch gewann er sich ein sanftes Lächeln ab. Er wirkte angestrengt als er versuchte zu sprechen.

"Nein...es war nicht...deine Schuld. Gib dir...nicht immer...die Schuld für alles, was passiert. Ich bin froh, dass du gekommen bist...um mich zu retten."

"Warum...warum hast du dich nicht geheilt? Wieso...hast du dich nicht selbst geheilt und deine Wunden versorgt?"

"Weil...ich mich nicht selbst heilen kann...Kazumi."

Beinahe fiel der jungen Frau alles aus dem Gesicht.

"Was?"

"Mein Stand erlaubt es mir andere zu heilen. Ich kann Wunden heilen, Zerbrochenes wieder zusammensetzen und Dinge reparieren wenn ich es möchte. Ich kann Narben heilen...so wie deine. Aber mich selbst...kann ich nicht heilen. Wenn ich es könnte...dann hätte ich es schon längst getan aber leider...ist es mir nicht vergönnt. Ich denke, es sollte so sein."

Doch als er sah, wie schlimm Kazumi begann zu weinen hätte er sie am liebsten in den Arm genommen. Ihr Gesicht verbarg sie auf seinem Schoss und weinte laut in die Bettdecke.

"JO-JOSUKE! DU...DU BIST SO EIN WUNDERVOLLER MENSCH! SO REIN...DU OPFERST DICH FÜR ANDERE, OBWOHL DU DICH SELBST NICHT HEILEN KANNST! DU BIST SO SELBSTLOS! UND ICH HABE DICH UND DEIN REINES HERZ BESCHMUTZT! WIESO HAST DU MIR DAS NICHT GESAGT? WIESO HAST DU ES MIR NICHT EINFACH GESAGT?"

"Kazumi...bitte hör auf zu weinen. Ich ertrage es nicht wenn ich dich so schlimm weinen sehe."

"Nein, du bist es, der meinetwegen leiden muss! Ich habe dich nicht verdient!"

"Sag...sag sowas nicht!"

Doch dann schaute Kazumi auf, die Wangen voller Tränen und die Augen gerötet.

"Ich habe einen Entschluss gefasst, Josuke. Ich habe mich entschieden."

Der junge Japaner blickte seine Gegenüber verwirrt an.

"Aber zuerst...werde ich dich retten. Das ist...das Mindeste, was ich tun kann."

"Was...was hast du vor?"

"Du hast jede Menge Blut verloren. Bitte...lass mich dir helfen."

Kazumi schloss die Augen, dann sprach sie einige Worte vor sich hin, die Josuke nicht verstand. Im nächsten Moment schnitt sie sich selbst mit einem Dolch in die Handfläche sowie Josuke in den Finger, doch statt das ihr Blut zu Boden sickerte, ging es direkt auf Josuke über und sie beobachtete, wie seine Hautfarbe wieder eine gesunde Farbe annahm und das Leben in seinen Körper zurückkehrte.

"Ka-Kazumi! Das...das hättest du nicht tun müssen!"

"Ich wollte es aber. Du...hast mich...aus der Dunkelheit gerettet und das Licht zurück in meine Welt gebracht. Nun rette ich dich."

"Kazumi..."

Sie schloss die Augen und erhob sich.

"Ich werde noch heute Abend zurück nach Deutschland fliegen. Ich denke, dass diese Entscheidung für alles am besten ist."

"Nein...Kazumi..."

"Ich habe mich entschieden. Es tut mir leid, Josuke."

Doch bevor Kazumi gehen konnte ergriff Josuke ihre Hand und zog sie zu sich. Dabei bemerkte sie, wie die Wunde in ihrer Handfläche abheilte.

"Bitte...geh nicht! Bitte...bleib bei mir!"

"Josuke..."

"Du bist...so ein wundervoller Mensch, Kazumi. Du bist nicht so schlecht, wie du immer glaubst. Du hast mich in deine Welt gelassen...bitte...geh nicht weg."

"Ich...ich liebe dich...Josuke. Ich liebe dich...so sehr. Aber ich kann nicht zulassen, dass du oder Nika oder die anderen meinetwegen in Gefahr geratet. Das gilt auch für meinen besten Freund Brad. Ich könnte es mir niemals verzeihen."

"Was hast du vor?"

"Ich werde mich wehren...und dem Schrein und seinen Mitgliedern ein Ende setzen."

"Kazumi...bitte geh nicht! Dass...unsere Beziehung zum Scheitern verurteilt ist...stimmt nicht! Bitte...bleib bei mir! Ich will nicht, dass du gehst!"

Ein schmerzerfülltes Lächeln lag auf Kazumi's Lippen als sie sich aus Josuke's Griff wand und erneut zu weinen begann.

"Ich danke dir...für alles. Für deine Güte und deine Liebe. Bitte...versprich mir, dass du dich niemals verändern wirst, Josuke. Bitte...bewahre dir dein reines Herz und lass es dir niemals nehmen...du verrückter Diamant!"

"KAZUMI!"

Doch da hatte Kazumi schon das Zimmer verlassen und rannte über den Flur. Mit tränenüberströmten Wangen rannte sie über den nicht enden wollenden Flur bis Nika sie am Eingang abfing und festhielt.

"KAZUMI, WO WILLST DU HIN?"

"Bitte...lass mich los, Nika!"

"Was hast du vor?"

"Ich habe mich entschieden, Nika! Ich fliege zurück nach Deutschland! Noch heute! Keiner soll meinetwegen mehr leiden!"

Geschockt riss Nika sie rum und blickte in das schmerzerfüllte Gesicht der jungen Japanerin.

"Nein, Kazumi! Tu das nicht! Mach dich nicht selbst unglücklich! Du liebst Josuke doch, oder? Bitte...mach nicht den gleichen Fehler wie ich! Ich bin auch weggegangen obwohl ich Rohan liebte und bis ich ihn wiedersah konnte ich nicht mehr lachen! Ich habe nie etwas in meinem Leben bereut aber zurückzugehen obwohl mein Herz bereits Zuhause war...überlege es dir bitte genau, Kazumi. Ich sehe doch wie du leidest! Hör auf dir Vorwürfe zu machen!"

"Das weiß ich doch alles, Nika. Aber ich kann nicht. Nicht solange der Schrein und seine Mitglieder noch da draußen sind. Es sollen...nicht noch mehr Menschen meinetwegen leiden. Das kann und möchte ich nicht zulassen. Auch wenn ich Josuke liebe...ich muss zurück."

"Kazumi, du wirst nicht wiederkommen, oder?"

Keine Antwort. Das Taxi, welches Kazumi erst zu der Wohnung ihrer Mutter bringen und anschließend zum Flughafen bringen sollte wartete bereits. Ein letztes Mal drehte sich Kazumi zu Nika rum und lächelte.

"Denkst du, ich möchte das tun? Ich liebe Josuke! Ich liebe Josuke so sehr! Aber...ich muss das tun! Es ist das, wovor meine Mutter mich gewarnt hatte. Und für den Moment...ist es besser für uns alle. Auch wenn ich Josuke liebe...und auch mit dem Risiko, dass ich ihn nie wiedersehen werde."

"Kazumi..."

"Danke...danke für alles, Nika. Bitte...bitte pass für mich...auf Josuke auf. Er hat...so ein wundervolles Herz."

"Und dieses Herz wird dich niemals vergessen können, Kazumi. Du brichst es ihm gerade."

"Ich weiß...ich bin ein furchtbarer Mensch und dabei will ich gar nicht, dass Josuke mich vergisst!"

"Bitte...pass auf dich auf."

"Danke...Nika. Ich werde euch...niemals vergessen und das, was ihr für mich getan habt."

Das Letzte, was Nika von Kazumi sah waren die Tränen auf ihrem Gesicht als das Taxi wegfuhr. Minuten später ging sie in die Klinik zurück und fand Josuke wieder voller Leben und Montur in seinem Zimmer wieder. Zuerst blickte sie ihn schockiert an, dann ahnte sie, was geschehen ist. Kazumi musste ihm geholfen haben. Aus Dankbarkeit und aus Schuld. Josuke schaute aus dem Fenster und die Rothaarige näherte sich vorsichtig.

"Jo-Josuke?"

Doch er antwortete nicht. Stattdessen war sein Blick starr auf die Stelle gerichtet, wo eben noch das Taxi stand und sich erst kürzlich entfernt hatte. Ein paar Tränen liefen über seine Wangen, doch er versuchte sich die Trauer nicht anmerken zu lassen. Langsam streichelte Nika ihm über den Rücken und drehte ihn vorsichtig zu sich bevor sie ihre Arme um seine Schultern legte und er sein Schluchzen an ihrer Nackenbeuge verbarg.

~Purple Rain~

"Wie lange möchtest du noch trauern?"

Kazumi hörte gar nicht zu. Sie blickte unaufhaltsam auf den Fernsehr, der gerade die Nachrichten am Vormittag brachte und rieb schon seit einer gefühlten halben Stunde über das Cover einer Zeitschrift, die vor ihr auf dem Tresen in der Küche lag. Auf ihr abgebildet war Josuke, wunderschön und strahlend wie ein Diamant. Seit sie seinerzeit Morio verlassen hatte waren fünf Monaten vergangen. In dieser Zeit hatte Kazumi sich dem Auslöschen des Schreins und seiner Mitglieder gewidmet bis keiner mehr von ihnen übrig war. In derselben Zeit genoss sie mithilfe von Kagerou eine Ausbildung zu einem vollständigen Medium. Natürlich erzählte sie Brad von ihren Erlebnissen und er hörte ihr zu. Im Anschluss versuchte sie ihr Leben einigermaßen wieder in den Griff zu bekommen, dennoch konnte sie Josuke nicht vergessen. Der junge Mann bemerkte den traurigen Gesichtsausdruck auf dem Gesicht seiner besten Freundin und hielt ihr ein frisches, gut duftendes Marzipancroissant unter die Nase, welches er soeben mit ein paar anderen zusammen mit seinem Freund John gebacken hatte.

"Oh...danke."

"Dieser traurige Blick ist langsam unerträglich für mich. Ich kann es nicht ertragen wenn du so traurig guckst, Kazumi. Wieso gehst du nicht zurück zu ihm? Ich sehe doch wie sehr du darunter leidest."

"Ich bezweifele, dass Josuke überhaupt noch an mich denkt. Sieh doch, er ist auf Modemagazinen abgebildet und man sieht ihn in Werbung von Calvin Klein. Er hat sein Leben in den fünf Monaten in den Griff bekommen...vielleicht um genau das zu tun, was für ihn das Beste war...mich zu vergessen."

"Hör auf, ich kann diese Scheisse nicht mehr hören, Kazu! Nach allem, was du mir über ihn erzählt hast kann ich mir kaum vorstellen, dass er dich vergessen hat."

"Ach ja? Ich war es, die ihn in diese Lage gebracht hat!"

"Ja und? Wenn er dich wirklich liebt, dann hat er dich nicht vergessen! Hast du schon mal daran gedacht dass er diesen Weg vielleicht am Ende eingeschlagen hat gerade um den Schmerz zu vergessen? Vielleicht ist das jetzt seine Art mit dir in Kontakt zu treten."

"Oder wie du sagst...um den Schmerz zu vergessen und somit auch mich. Er...ist in der kurzen Zeit so schnell aufgestiegen, er versucht nicht an die Zeit zurück zu denken. Aber...ich gönne es ihm. Er hat so ein wundervolles Wesen. Er ist mehr als nur ein hübsches Gesicht. Er ist...ein wundervoller Diamant."

"So, wie du von ihm redest muss er etwas ganz besonderes für dich sein und ich kenne dich, Kazu. Du wirst ihn ganz sicher nicht vergessen."

"Ich habe die letzten Monate damit verbracht die restlichen Mitglieder des Schreins aufzusuchen und auszumerzen. Damit die Seele meiner Mutter sowie meine endlich Frieden finden konnte, doch...ich weiß, dass ich auch nicht mehr die bin, die ich davor war."

"So ein Quatsch! Nur weil du jetzt ein vollständiges Medium bist heißt das nicht, dass du kein normales Leben mehr führen kannst!"

"Ich weiß nun, warum meine Mutter den Schrein verlassen hat. Als ich die letzten Mitglieder, die sich hier in Deutschland befanden erledigt hatte, habe ich den Geist meiner Mutter beschworen. Sie erzählte mir alles...warum sie den Schrein verließ. Wenn ich gewusst hätte, welch Qualen und welcher Folter sie ausgesetzt war...dass sie regelrecht in den Schrein gezwungen wurde. Kein Wunder, dass sie eines Tages mit dem Mann, in den sie sich verliebte und der mein Vater ist weggegangen ist und ein neues Leben anfangen wollte. Sie wollte ein besseres Leben für ihn, für sich...und für mich. Und um sich zu verteidigen hat sie sich mit den Okkulten auseinandergesetzt...damit sie sich gegen den Schrein wehren konnte. Als der Schrein allerdings auf sie aufmerksam wurde, ging sie fort und zog mich alleine auf um meinen Vater nicht in Gefahr zu bringen. Und mich verließ sie mit acht Jahren weil der Schrein sie aber nicht mich ausfindig gemacht hatte. Sie wollte mich schützen...damit ich nicht so ein Leben führen musste wie sie. Der Anruf damals...der Tag, an dem ich mich töten wollte...sie war in Panik, hatte Angst...sie hatte nie vorgehabt mir zu schaden aber...sie sah keinen anderen Weg. Sie wollte mich sehen...das war alles. Und der Schmerz und die Folter haben sie am Ende in diese Krankheit getrieben. Sie starb ohne dass ich mich verabschieden konnte und als ich endlich die Kraft hatte...wollte ich sie sehen. Aber erst wenn auch der letzte Aufenthaltsort des Schreins vernichtet war. Beinahe hätte ich auch dich und Vater in Gefahr gebracht. Ich bin froh, dass ich beschützen konnte."

Doch dann nahm Brad ihre Handgelenke und lächelte.

"Aber das ist jetzt vorbei, Kazumi. Du hast deine Aufgabe erfüllt. Willst du ihn nicht wiedersehen?"

"Mehr als alles andere."

"Dann...geh zu ihm."

"Wie?"

"Hast du es noch nicht gehört? Josuke kommt für ein Foto-Shooting nach Deutschland! Hier nach Köln! Du könntest ihn treffen!"

"Aber...wie soll ich...und woher weißt du..."

"Du solltest eindeutig mehr fernsehn, Kazu! Willst du nicht deine Chance ergreifen?"

"Ich...ich weiß nicht..."

"Jetzt hör auf zu jammern! Du liebst ihn doch, oder?"

"Ja! Ja, ich liebe ihn!"

"Also...du hast dein Leben die ganze Zeit über dem Vermächtnis deiner Mutter gewidmet! Ich denke, es wird an der Zeit sein, dass du dein Leben selbst in die Hand nimmst und bestimmst, welchen Weg du gehen möchtest. Das Shooting findet heute Abend im Modeladen von Calvin Klein in der Innenstadt statt."

Beinahe war Kazumi den Tränen nahe.

"Brad...danke."

"Ich muss dir halt immer wieder in den Arsch treten, Kleine!"

"Ja, da hast du wohl recht!"

"Na los, geh und hol ihn dir!"

Damit erhob sich Kazumi, blieb aber noch einmal im Türrahmen stehen.

"Übrigens...deine kleine Kazu ist während ihres Aufenthalts in Japan zu einer richtigen Frau geworden!"

Ihr breites Grinsen sagte Brad alles und auch er konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.

"Wurde aber auch langsam mal Zeit! Meine kleine Kazu ist endlich erwachsen geworden!"

Mit einem Zwinkern verließ Kazumi das Anwesen und bekam schon gar nicht mehr mit als Brad ihr nochmal nachrief.

"HEY KAZU, DU HAST DEIN CROISSANT VERGESSEN!"
 

*~*
 

Die Masse an Menschen bestand zum größten Teil aus jungen Frauen und Männern, die Josuke umschwärmten als er in edlen Calvin Klein Klamotten in die Menge blickte. Da war er, jung und wunderschön, so wie Kazumi ihn kennen- und liebengelernt hatte und sie stand mittendrin. Sie hatte sich für einen schwarzen Rock und einer weißen Bluse entschieden bevor sie Abends zu dem Shooting gegangen war und zu ihrem Glück noch in den Laden gelassen wurde. So stand sie nun umgeben von Menschen, die ihren Gegenüber anhimmelten, nur sie schwieg und blickte in die strahlend blauen Augen, die damals ihr Herz erobert hatten.

"Er...wird mich nicht erkennen...er sieht mich nicht!"

Sie wollte gar nicht näher an die Bühne treten als das Shooting vor dem Publikum begann aber irgendetwas in ihr trieb sie dazu. Sie schaute auf, sah den wunderschönen Diamant und konnte die Tränen nicht zurückhalten als sie sein Lächeln und ihr Herz zu rasen anfing. Wie er aussah in der schwarzen Jacke mit dem weißen Hemd und der schwarzen Hose. Wie ein Traum aus vergangenen Zeiten.

"Bitte...es tut mir leid. Es tut mir so leid, Josuke! Sieh...nur einmal her! Bitte sieh her! Ich will...dir noch einmal in die Augen schauen...und dir sagen, dass es mir leid tut! Bitte...verzeih mir! Josuke!"

Sie hatte kaum bemerkt, dass sie seinen Namen beinahe geschrien hatte als in der Menge stand und sie war der Meinung, dass er ihr Flehen eh nicht hören würde, doch...

"Kazumi?"

Sie blickte auf...die Menge brüllte als Josuke in die Menge schaute, jedoch nicht diejenige ausmachen konnte, der Josuke gerade Aufmerksamkeit schenkte. Sein ausdrucksloser Blick mit dem gespielten Lächeln für die Masse hatte sich in Hoffnung gewandelt und nun suchten seine klaren Augen die Menge nach der Person ab, deren Stimme er nie vergessen konnte. Mit Tränen in den Augen blickte Kazumi auf...und im nächsten Moment war es wie ein Blitz, der sie mitten ins Herz traf.

"Jo-Josuke..."

Ihre Blicke trafen sich...Kazumi spürte, wie Hitze sich auf ihre Wangen legte aber ihr Körper von einer furchtbaren Kälte erfasst wurde. War es Hass? Wut? War es...Verzweiflung oder sogar Schuldzuweisung? Sie konnte seinen Blick nicht deuten. Doch eins war ihr klar. Sie war in Panik und gerade als Josuke nach ihr rufen wollte wandte sie sich ab und versuchte sich ihren Weg durch die dichte Menschenmenge nach draußen zu bahnen.

"KAZUMI!"

Doch sein Schrei nach ihr ging im Rufen und Gröhlen seiner Fans unter und als Kazumi endlich den Ausgang erreichte, der in jenem Moment viel zu weit entfernt zu sein schien, brach sie regelrecht durch die Türe und stürmte in die kalte Nacht.
 

*~*
 

Atemlos lehnte sie mit dem Gesicht zur Wand an der Mauer eines Geschäfts, das nur zwei Straßen weiter vom Calvin Klein Laden entfernt war. Sie stieß die Luft aus ihren Lungen und spürte, wie heiße Tränen sich immer und immer wieder ihren Weg über ihre Wangen bahnten. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten und ihre Fingernägel kratzten über die raue Wand während ihr Körper panisch zitterte.

"Ich kann es nicht! Ich...kann es nicht! Wieso...wieso bin ich so feige? Ich habe es gesehen, den Blick in seinen Augen! Ich...kann nicht...ich habe...solche Angst! Josuke! Josuke, alles, was ich wollte...war dich zu halten! Aber...ich habe solche Angst! Angst davor, dass du mich hasst! Bitte...ich will nicht...dass du mich hasst! Es...es tut mir so furchtbar leid!"

Ihr Wimmern ging in klägliches Heulen unter und es war ihr egal, ob sie jemand komisch anschauen würde. Sie wollte einfach nur weinen, den Schmerz aus ihrem Herz verbannen und nach Hause gehen als ob nichts gewesen wäre. Josuke sollte sie vergessen und sie würde dieses Kapitel ihres Lebens abschließen. So wie sie es immer getan hatte wenn sie nirgendwo zwischen stehen wollte...und dann...spürte sie Wärme und blickte auf als sie ein paar starke Arme fühlte, die sich um ihre Schultern legten.

"Wieso...entschuldigst du dich andauernd wenn...es nichts zu entschuldigen gibt?"

Als die vertraute Stimme hinter ihr ertöhnte war ihr Körper wie gelähmt und sie blieb stumm. Ihr Mund war trocken und ihre Zunge belegt. Selbst wenn sie gewollt hätte, sie hätte kein Wort herausgebracht.

"Ich...habe auf dich gewartet...aber du bist nicht zurückgekommen. Wieso...bist du nicht zu mir zurückgekommen?"

Sie wollte sich umdrehen. Sie wollte ihm in die Augen sehen und ihn halten, ihm sagen, dass es ihr leid täte und dass sie ihn immer noch liebt aber sie schaffte es nicht. Sie hatte zu viel Angst. Angst sich ihrer Angst zu stellen.

"Ich...hatte gehofft, dass ich dich auf diesem Wege erreichen würde. Du...hast nichts hinterlassen als du fortgingst. Keine Nummer oder eine Adresse. Du...warst einfach weg. Als ob du...nie existiert hättest. Aber...ich konnte dich nicht vergessen. Ich wollte...dich unbedingt wiedersehen! Wieso...bist du nicht nach Hause gekommen?"

Beinahe musste Kazumi lachen.

"Nach...Hause? Wie schön das aus deinem Mund klingt. Du weißt, ich hatte eine Mission zu erfüllen. Deswegen...deswegen bin ich gegangen."

"Aber du hättest wiederkommen können. Wieso hast du es nicht getan...Kazumi? Weil du dir Vorwürfe gemacht hast? Weil du der Meinung warst, dass du es warst, die mich verletzt hat?"

"Es...war ja auch so."

"Lügnerin. Du...hast mich gerettet..."

"Ich habe...den Schrein besiegt und die Wahrheit über meine Mutter herausgefunden aber...ich bin nicht mehr der Mensch, den du kennengelernt hast, Josuke."

"Denkst du, das interessiert mich? Warum denkst du habe ich all das hier auf mich genommen?"

"Ich...habe dir weh getan."

"Das hättest du gar nicht tun können."

"Jo-Josuke..."

"Ich habe so lange auf dich gewartet, Kazumi. Bitte...sieh mich an. Hab keine Angst mich anzusehen."

Doch stattdessen ergriff sie seine Hände, die immer noch eng um sie geschlungen waren und weinte.

"Ich...ich wollte dich unbedingt wiedersehen nachdem ich mit meiner Vergangenheit gebrochen hatte...aber ich hatte solche Angst! Ich wollte dich und die anderen nicht weiter in Gefahr bringen! Ich habe andauernd an dich und die schöne Zeit, die wir zusammen verbracht hatten zurückdenken müssen aber...ich habe mich geschämt! Was waren wir, Josuke? Das, was wir teilten, war körperliche Nähe und als ich fortging...ich hatte Angst...Angst, dass du denken könntest, dass es nur das war, was ich von dir wollte und nicht mehr aber...ich habe nie aufgehört...nie aufgehört dich...dich..."

Und dann drehte sie sich endlich zu ihm, schaute auf...und blickte in diese wundervollen klaren blauen Augen und erkannte das sanfte Lächeln, das er ihr schon damals so gütig gezeigt hatte. Zärtlich legte Josuke ihr eine Hand auf die Wange.

"Wieso denkst du, dass ich sowas von dir hätte denken können? Ich wollte es...gerade mit dir zusammen...weil ich...dich..."

Bevor er den Satz überhaupt zu Ende sprechen konnte hatte Kazumi sich zu ihm hochgereckt, seinen Kragen umfasst und ihre Lippen auf die seine gepresst. Reflexartig legte auch Josuke seine Arme um die junge Japanerin, presste sie gegen die Wand hinter sich und raubte ihr mit seinem Kuss den Atem. Er ließ nicht von ihr ab, selbst als Kazumi nach Luft rang.

"Jo-Josuke! Die anderen Leute...sie warten doch...auf dich!"

"Die sind mir egal!"

Eine Träne lief langsam über Kazumi's Wange bevor Josuke sie sanft wegküsste.

"Du hast mir so gefehlt...Kazu-chan."
 

*~*
 

Ihre Beine wollten nachgeben aber Josuke ließ es nicht zu. Ihr ganzer Körper stand in Flammen als er sich von hinten gegen sie presste und sie sich an der Wand ihrer Wohnung abstützte während sie Josuke tief in sich spürte. Sie hatten nicht ganz ihre Wohnung betreten, da hatte Josuke die Türe hinter sich zugeworfen und Kazumi ihn direkt mit wilden Küssen überworfen. Mit dem Gesicht zu Wand gedreht riss Josuke ihren schönen Rock hoch, der Blick auf ihren makellosen Hintern freigab und befreite sie kurzerhand aus ihrer hübschen Unterwäsche bevor er sie wieder in seine Richtung drehte und seine Zunge ihre Pussy wild verwöhnte. Dabei krallte Kazumi sich in seine wundervollen Haare und presste ihre Hüften fester gegen sein Gesicht um ihn und seine Zunge intensiver zu spüren.

"Josuke! Josuke!"

Ihre Lustschreie heizten ihn an und als er zu ihr hochkam, den erregten Gesichtsausdruck sah und die Erregung in ihren blauen Augen bevor sie mit geschickte Bewegungen seine Hose öffnete und seine Erregung befreite drehte er sie mit dem Gesicht zur Wand und drang tief in ihr Innerstes bevor Kazumi einen befreienden Aufschrei von sich gab und sich ihrer Lust hingab. Durch die Bluse ergriff er ihre Brüste, massierte sie, zog an ihren harten Nippeln und lauschte ihren Schreien. Wie sie auslief und es genoss ihren Liebsten tief in sich zu spüren.

"Josuke! Mein Josuke, ich habe dich...so sehr vermisst!"

"Mein Kazumi! Ich lasse dich nie wieder los!"

Vorsichtig drehte er ihr Gesicht zu sich und sah das Lächeln auf ihren Lippen. Ein Ausdruck voller Erleichterung lag auf ihren Lippen.

"Josuke...ich liebe dich...du verrückter Diamant!"

"Und ich liebe dich...Kazumi-chan!"

Sie liebten sich bis der Morgen erwachte und als Kazumi überglücklich in den Armen des Mannes ruhte, den sie mehr als alles andere liebte auf der Welt lächelte sie aus vollem Herzen. Dabei ergriff ihr verrückter Diamant ihre Handgelenke und küsste zärtlich die Innenseiten, an denen vor fünf Monaten noch die Narben ruhten.

"Du warst meine Heilung als ich dich am meisten gebraucht habe, Kazumi. Deswegen...lass mich fortan deine Heilung sein. Ich möchte für dich da sein wenn du traurig bist und deine Tränen trocknen."

"Josuke...seit ich dich kennengelernt habe wünsche ich mir nichts mehr als an deiner Seite zu sein. Aber...wirst du denn mit mir zurechtkommen? Du weißt, dass ich nicht einfach bin und...sehr speziell bin."

"Ich denke, das sollte ich hinbekommen."

Dabei kuschelte der junge Mann die Japanerin an sich.

"Du riechst so gut, Kazumi-chan."

"Auch ich habe deinen Geruch vermisst, Josuke."

"Die anderen werden sich sicher freuen dich wiederzusehen."

"Ich...habe so oft an Nika, Rohan...und auch Okuyasu denken müssen. Ist er..."

"Nein, er ist schon lange nicht mehr sauer auf dich. Er hat es verstanden, was passiert ist und als er erfahren hat, dass du mich damals geheilt hast hat er sich solche Vorwürfe gemacht! Danach wollte er, dass du wieder zurückkommst."

"Der Arme..."

"Kazumi...würdest du...mit mir zurück nach Morio gehen?"

"Sehr gerne aber...ich kann Brad nicht zurücklassen. Er ist mein bester Freund und auch wenn ich dich liebe...er braucht mich."

"Das verstehe ich."

"Verzeih, ich...bin leider nicht so wie Nika. Brad...ist meine Familie. Ich brauche ihn. Außerdem...muss ich die Schule noch zu ende machen. Ich habe fünf Monate verloren, da gibt es einiges nachzuholen. Aber...ich würde die anderen sehr gerne wiedersehen."

"Ich denke, das lässt sich sicher arrangieren."

Fragend blickte Kazumi zu Josuke hoch, der allerdings die Konversation mit einem Kuss auf ihre Stirn besiegelte und während sie glücklich und zufrieden in seinem Arm ruhte, grinste Kagerou unter einem Kissen aus dem Wohnzimmer zufrieden hervor, denn endlich hatte seine Meisterin ihr Glück gefunden und als Josuke Kazumi kaum hörbar etwas vorsang, weinte die junge Frau Freudentränen und klammerte sich enger an ihren wundervollen Diamant.
 

"I never meant to cause you any sorrow.

I never meant to cause you any pain.

I only wanted one time to see you laughing.

I only wanted to see you laughing in the purple rain!
 

Purple rain, purple rain.

Purple rain, purple rain.

Purple rain, purple rain.

I only wanted to see you bathing in the purple rain."

~Diamonds & Pearls~

"Und wie seid ihr jetzt verblieben?"

Neugierig schaute Nika Kazumi in die Augen während beide ein Glas Sekt in der Hand hielten. Die kleine Feier, die Josuke in einem großen Pavillon im Garten des Hotels, wo er in Köln untergebracht war, für sie organisiert hatte, war im vollen Gange aber Kazumi hatte nicht damit gerechnet, dass Josuke es tatsächlich bringen würde Rohan, Nika und Okuyasu einzuladen und während Rohan mit Josuke im Gespräch vertieft war hatte sich die Rothaarige zu Kazumi gesellt, nachdem diese die Japanerin erst mal gefühlt eine Viertelstunde geknuddelt hatte und sie durchaus ein freudiges Wiedersehen hatten.

"Ich mache die Schule zu Ende und werde dann eventuell nach Morio ziehen. Josuke hatte mir allerdings auch angeboten nach Deutschland zu ziehen. Wir haben uns noch nicht so ganz entschieden, gerade auch im Hinblick zu Josuke's Job. Er will wahrscheinlich in der Modellbranche erst einmal bleiben und somit in Morio. Da er sich ja auch dem Schutz von Morio verschrieben hatte, hatte ich ihm vorgeschlagen nach der Schule nach Morio zu kommen weil ich weiß, wie wichtig ihm die Stadt und die Menschen dort sind aber...naja, ich kann Brad noch nicht so ganz alleine lassen. Er hat zwar John aber...ich bin seine beste Freundin und neben Vater ist Brad meine ganze Familie. Er würde es nicht zeigen aber ich weiß, wie schwer es ihm fallen würde wenn ich nach Japan ziehen würde. Nachdem ich Josuke Brad und andersherum vorgestellt habe, habe ich lange mit Brad über meine zukünftigen Vorhaben gesprochen. Er würde mir mein Glück nicht verwehren aber...es wäre schon was anderes wenn nur noch sein Partner und nicht mehr seine beste Freundin da wäre."

"Ich verstehe dich. So ging es mir damals mit Billy und Jared. Aber ihr habt ja noch Zeit aber...ich freue mich, dass ihr wieder zueinander gefunden habt. Du hast wirklich gefehlt, Kazumi."

"Es tut mir nach wie vor sehr leid."

"Wir haben uns große Sorgen um dich gemacht. Wir hatten ja keine Ahnung, was du vorhattest."

"Wie gesagt, es tut mir leid aber du kannst mir glauben, dass ich alles geregelt habe. Den Schrein und seine Mitglieder gibt es nicht mehr und ihr sowie Brad und mein Vater sind sicher."

"Du hast sie aber nicht getötet, oder?"

"Wo denkst du hin? Ich könnte niemals jemanden töten! Nein, Kagerou hat mir geholfen meine Kräfte als spirituelles Medium zu erweitern. Ich habe meine Kräfte so eingesetzt, dass sie sich an nichts mehr erinnern sollten. Einige leiden vielleicht an Wahnvorstellungen. Nach Kagerou's Aussage ist die Hölle kein schöner Ort. Ich dachte somit an die Hölle und...naja, die Vorstellung muss für einige sehr schmerzhaft gewesen sein."

"Wow, das klingt trotzdem sehr grausam."

"Ich weiß und es fiel mir schwer aber...meine Mutter hat lange genug gelitten. Das war das Mindeste, was ich für sie tun konnte."

"Ich bin jedenfalls froh, dass du wohlauf bist."

"Danke, Nika. Du hast mir besonders gefehlt. Die Gespräche mit dir haben mir Mut gemacht. Ich war feige, auch nachdem ich wieder gegangen war und meinen eigenen Weg bestritt. Feige mich vor der Verantwortung zu stellen. Ich hatte solche Angst, dass Josuke mich nicht wiedersehen wollte und so...begann ich ihn nur von außen zu bewundern. Ich wusste, es war falsch. Ich hätte auf mein Herz hören sollen und tief im Inneren wusste ich, dass Josuke mich nie hassen würde aber...ich habe es mir so lange eingeredet bis ich jeglichen Mut verlor. Das war falsch...und die alte Kazumi."

"Ist diese alte Kazumi denn jetzt verschwunden?"

"Nicht ganz aber sie hat dazugelernt und...sie weiß, wie sie ihr Leben in Zukunft am besten in den Griff bekommt. Ich habe durch Josuke eine zweite Chance und die Möglichkeit auf ein besseres Leben erhalten. Das möchte ich nutzen. Ich möchte nach vorne und in eine Zukunft blicken. Ich möchte...glücklich werden. Ich weiß, dass ich noch viel über das Leben lernen muss aber...ich denke, dass das der erste Schritt in die richtige Richtung ist. Alleine, dass ich wieder Kontakt zu meinem Vater aufgenommen habe war für mich schon ein wichtiger Schritt und...seid sich mit ihm und meiner Mutter alles aufgeklärt hat bin ich sowieso viel ruhiger und vor allem erleichterter."

"Ich freue mich da sehr für dich. Sehr schöne Einstellung. Und ich denke auch, dass Josuke dir sehr beim Bestreiten deines Weges helfen wird."

"Das denke ich auch. Wie läuft es eigentlich zwischen dir und Rohan?"

"Sehr gut! Wir haben uns vorgenommen in Zukunft wieder mehr zu reisen. Ich würde ihn gerne auf seinen Touren durch die Welt begleiten. Ich möchte die Dinge sehen, die er sieht. Ich möchte...jede Sekunde an seiner Seite sein."

"Du liebst ihn wirklich sehr, nicht wahr?"

"Er mag sein wie er ist aber ich kann mir ein Leben ohne Rohan nicht mehr vorstellen. Ich weiß, dass er sich nicht gerne mit Menschen umgibt, die nicht auf seiner Wellenlänge sind, dennoch bin ich ihm sehr dankbar. Er hat sich bereit erklärt mich nach Jamaika zu begleiten, damit er meinen Vater kennenlernt sowie nach New York, damit er meine Freunde Billy und Jared mal trifft. Außerdem habe ich die beiden lange nicht mehr gesehen, ich habe wirklich Sehnsucht nach meinen Besten."

"Das klingt aber auch sehr schön. Und Rohan wird sich sicher daran gewöhnen. Du tust ihm gut, Nika. Er braucht jemanden wie dich."

"Wenn hier jemand wunderschön ist dann bist du das in diesem schönen blauen Kleid. Die weiße Rose an deinem Handgelenk passt perfekt dazu."

"Ach, danke. Ich...hatte es mir irgendwann mal gekauft weil ich es sehr schön fand aber am Ende habe ich es nie getragen wegen den Narben. Ich konnte damals einfach nicht über meinen Schatten springen. Es war nicht teuer aber es gefiel mir direkt und das Blau...es passt einfach zu mir."

"Definitiv. Du siehst einfach wunderschön aus, Kazumi."

"Danke, Nika."

Kurz darauf trat Okuyasu zu der jungen Japanerin und blickte diese schmollend an.

"Kazumi..."

"H-hey...Okuyasu. Es...es ist schön dich wiederzusehen."

Schweigen. Der junge Mann schien verunsichert und Kazumi konnte seinen Blick nicht deuten bis er sie in den Arm nahm und knuddelte.

"Es tut mir leid! Entschuldige, dass ich dich so fertiggemacht habe! Ich bin so ein Vollidiot!"

"Okuyasu...es ist doch alles in Ordnung!"

"Nein, es ist meine Schuld! Hätte ich das alles damals nicht gesagt...du wolltest Josuke nur retten und ich...ich habe so schlimme Sachen zu dir gesagt!"

"Wie immer wenn du aus dem Bauch heraus entscheidest, Okuyasu! Du solltest vorher wirklich besser nachdenken, bevor du mit Worten um dich wirst und etwas sagst, was andere verletzen könnte."

"Ach, sei ruhig, Nika!"

Diese grinste nur. Anschließend schaute Kazumi auf und lächelte.

"Es gibt nichts, wofür du dich entschuldigen musst, Okuyasu. Du hast dir Sorgen um deinen besten Freund gemacht, das verstehe ich. Ich hatte Angst zwischen euch beiden zu stehen, das wollte ich nicht. Aber ich hatte andere Dinge zu erledigen, deswegen bin ich gegangen. Naja, auch weil ich Angst hatte zwischen eurer Freundschaft zu stehen aber...am meisten weil ich euch nicht weiter in Gefahr bringen wollte. Deswegen ging ich fort. Es war nicht deine Schuld, Okuyasu. Du hast nur versucht für deinen besten Freund da zu sein."

"Kazu-chan...ich war zu voreilig. Können wir...können wir trotzdem versuchen...Freunde zu werden?"

"Sehr gerne! Okuyasu-kun!"

"OI, JETZT BIN ICH ERLEICHTERT! KOMM, DARAUF MÜSSEN WIR ANSTOSSEN! AUF UNSERE NEUE FREUNDSCHAFT!"

Damit war dann wohl auch das letzte Eis gebrochen dachte sich Kazumi erleichtert lächelnd. Sie blickte sich um, sah Brad sowie ihren Vater freudig lächelnd mit ihren neuen Freunden zusammenstehen im Plausch vertieft und hätte sich nicht glücklicher schätzen können, bis das Licht gedämpft wurde und Josuke in einem Scheinwerfer stand während Kazumi ihn direkt anblickte. Irritiert blickte die junge Frau zu ihm herüber, als sie allerdings Nika ansah, grinste diese nur breit und nahm Kazumi ihr Glas ab. Kurz darauf verteilte sich die kleine Gemeinschaft an den Rändern des Pavillons und Kazumi hörte, wie leise Musik anfing zu spielen. Darauf ging Josuke langsam auf sie zu...und reichte ihr zärtlich die Hand. Als Kazumi klar wurde, worauf Josuke hinauswollte, blickte sie ihn kopfschüttelnd an.

"Nein..."

"Kazumi, würdest du mir die Ehre erweisen und mit mir tanzen?"

"Josuke, ich...ich kann nicht tanzen."

"Und wenn ich dich darum bitte?"

"Ich habe noch nie getanzt. Außer...naja, auf Rockkonzerten."

"Du brauchst keine Angst zu haben."

Sie wusste nicht warum aber die Geste rührte sie so sehr dass Tränen der Freude sich in ihren Augen anbahnten.

"Josuke..."

"Hab keine Angst. Ich halte dich...und lasse dich nicht los."

Vorsichtig ergriff sie seine Hand und als Josuke sie sanft gegen seine Brust drückte, gab er Kazumi das Gefühl von Sicherheit und Vertrauen. Einen Moment lang lehnte sie ihren Kopf an seiner Nackenbeuge, dabei huschten ihre Pupillen aufgeregt im Raum hin und her.

"Kazumi...sieh mich an."

Vorsichtig schaute sie auf. Wie sehr sie sein Lächeln liebte und diese blauen Augen.

"Ich...ich liebe dich...Josuke Higashikata. Ich liebe dich...so sehr!"

"Kazumi...bitte...bleib für immer an meiner Seite. Ohne dich...ist mein Leben unvollkommen."

"Das werde ich. Halt mich, Josuke."

"Ich lasse dich nie wieder los, Kazu-chan."

Und dann begann sich Josuke langsam mit der jungen Frau zu drehen, Schritt für Schritt folgte sie seinen Bewegungen und lauschte den Klängen der Musik.
 

"This will be the day

that you will hear me say

that I will never run away.

I am here for you,

love is meant for two.

Now tell me what you're gonna do.
 

If I gave you diamonds and pearls

would you be a happy boy or a girl?

If I could I would give you the world

but all I can do is just offer you my love!"
 

Es war als ob der Raum vollkommen ruhig wäre und niemand anderes außer Josuke und Kazumi sich in ihm befanden. Während sie zusammen tanzten weinte sie mit einem Lächeln auf den Lippen. Sie war sich bewusst, dass sie mit diesem wundervollen Menschen mit diesem außerordentlich reinem Herzen, das hell wie ein Diamant strahlte, gesegnet war. Dieser wundervolle Diamant...sie würde ihn bis ans Ende in ihrem Herzen tragen und sie war sich sicher, sein Schein würde niemals erlöschen...wie die neue Hoffnung, die in ihrem Herzen wuchs und sie in sich trug.

~From Dusk Till Dawn~

Langsam verschwand die Sonne am Horizont als es in die späten Abendstunden ging und Kagerou saß außerhalb des Pavillons und beobachtere das Geschehen. Ein tiefer Seufzer entglitt ihn als er sah, wie glücklich Kazumi mit ihrem Liebsten Arm in Arm tanzte und er wusste Bescheid.

"Nun...ist der Moment anscheinend doch gekommen. Sie hat es geschafft. Von nun an...wird Kazumi ihren Weg ohne mich gehen. Ich denke, ich werde hier wohl nicht mehr gebraucht."

Dabei wandte die Dämonenkatze sich ab und drehte der Menge den Rücken zu. Traurig und bedrückt machte er sich zum Gehen bereit.

"Warum...warum tut es diesmal so weh? Ich bin es doch gewohnt nach meinen Verträgen wieder in die Hölle zurück zu kehren. Ich...ich möchte nicht gehen! Ich möchte..."

In jenem Moment spürte Kagerou jedoch, wie jemand ihn zärtlich packte und hochhob. Irritiert blickten die schwarzen Augen hoch und erkannte die Person direkt und ihr gütiges Lächeln.

"Kagerou! Ich wusste gar nicht, dass du hier bist! Wo möchtest du denn hin?"

"Kazumi...aus dir ist eine wundervolle, erwachsene Frau geworden. Du bist nun ein vollständiges, spirituelles Medium, welches die Stärke seiner Mutter um Meilen überbietet. Du bist deinen Weg gegangen und hast alle Hürden überwunden...nun ist es Zeit, dass sich unsere Wege trennen und...wir uns voneinander verabschieden."

"Was meinst du damit, Kagerou?"

"Das heißt, dass unser Vertrag damit beendet ist. Du brauchst mich nicht mehr. Ich kehre in die Hölle zurück."

Ihm entging der schockierte Gesichtsausdruck der jungen Frau nicht.

"Ich war sehr glücklich an deiner Seite, Kazumi. Du bist eine sehr gütige junge Frau und ich verstehe nicht, warum du dich selbst immer so schlecht gemacht hast. Du bist mindestens so gütig wie Josuke und er kann sich wirklich glücklich schätzen, einen Menschen wie dich an seiner Seite zu wissen. Ich beneide ihn ein wenig...mach ihn glücklich, Kazumi..."

Sie war zu perplex um ihn zu halten als Kagerou sich aus ihrem Griff wandt und zu Boden sprang und selbst in diesem skelettartigen Gesicht, welches sie mit diesen schwarzen Augen musterte war sich Kazumi sicher Tränen zu erkennen.

"Leb wohl, Kazumi."

Als er langsam in Richtung der Wiese ging und einige Blüten der Cempasúchiles hinter sich herzog, machte sich Kagerou bereit durch das vor ihm liegende Tor wieder in das Reich Satans zurück zu kehren, doch in jenem Moment als er hindurchtreten wollte spürte Kagerou nur noch, wie Kazumi ihn erneut packte und ihn ernst anblickte.

"Moment mal! Ich habe nie eingewilligt, dass dieser Vertrag zwischen uns endet und ich denke, dass ich da auch noch ein Wörtchen mitzureden habe!"

"Kazumi, der Vertrag ist erfüllt."

"Na und?"

"Ich muss zurück."

"Vielleicht will ich das ja gar nicht!"

"Kazumi..."

"Kagerou, ich möchte nicht, dass du gehst. Ich möchte, dass du bei mir bleibst. Für immer."

"Aber...ich bin ein Dämon. Ich gehöre nicht hierher."

"Und doch...liebst du diesen Ort, nicht wahr? Du möchtest doch gar nicht gehen."

Seine Blick wurde traurig, langsam ließ Kagerou die mit Cempasúchiles geschmückten Ohren hängen und knuddelte sich an Kazumi.

"Nein. Ich möchte nicht gehen! Eigentlich...möchte ich...bei Kazumi bleiben. Ich möchte...bei dir bleiben! Für immer! Ich fühle mich wohl bei dir und...du warst so gütig zu mir. Ich möchte...dass wir Freunde bleiben! Diese Welt...ich möchte, dass sie und du mein Zuhause seid!"

Sanft streichelte Kazumi durch das mit Blumen und Knochen gemusterte, schwarz Fell und lächelte.

"Dann...lass uns einen neuen Vertrag schließen, Kagerou. Bleib bitte...für immer bei mir. Lass mich...dein Zuhause sein."

"Kazumi..."

"Seit ich dich damals beschworen habe, habe ich dich nie nur als Partner angesehen sondern auch als Freund und noch viel wichtiger...als Familie. Mir ist egal, ob du ein Dämon bist. Du bist meine Familie, so wie Brad und Josuke und all die anderen hier. Ich hab dich lieb...Kagerou."

"Kazumi...ich...ich hab dich auch lieb."

Von weiten sah Josuke lächelnd zu Kazumi rüber, die mit einem Lächeln die kleine Dämonenkatze umschmuste. Als sie ihn bemerkte, lächelte die junge Japanerin ihm freudig zu und er nickte ihr wissend zu. Schließlich bemerkte er Nika, die an einem Tresen gelehnt einen Cocktail genoss. Er sah, wie sie Rohan verträumt beobachtete, der etwas weiter weg auf der Wiese den Horizont zeichnete. Dann gesellte er sich zu ihr.

"Hey, Rotschopf."

"Hey, Schmalzlocke!"

"Genießt du die kleine Feier?"

"Sehr sogar und umso mehr freue ich mich für dich und Kazumi."

"Du hattest recht gehabt damals, Nika. Irgendwann...werde ich mein Glück finden und...ich bin sicher, dass ich es gefunden habe."

"Ja. Nun scheint ihr beide zusammen wie zwei wunderschöne Diamanten."

"Ja und Kazumi wird diesen Schein noch weiter vollkommen machen."

"Ich freue mich sehr für dich. Dieses Mädchen...sie verdient so viel Glück...genau wie du und...ich denke, dass dieser verrückte Diamant einen ganz besonderen Platz in ihrem Herzen eingenommen hat. Du hast sie gerettet, Josuke."

"Diese Narben...werden hoffentlich von nun an nur noch ein Teil ihrer Vergangenheit sein. Und was ist mit dir?"

"Mit mir?"

"Bist du glücklich?"

Dabei schaute Nika verträumt zu Rohan und lächelte als sie mit den Fingern seine Silhouette nachzeichnete.

"Wenn man das Rot des Himmels mit dem Gold der Sonne vermischt...dann ensteht eine angenehme Wärme. Sie ist so warm, dass man nicht mehr ohne sie sein kann. Man möchte jeden Augenblick mit diesem Gefühl verbringen und wenn dieses Gefühl auf Gegenseitigkeit beruht...ja, Josuke...ich bin glücklich. Sehr sogar und ich möchte, dass es nie endet."

"Deine Worte...gehen direkt ins Herz, Nika."

"Du fühlst halt...genau wie ich. Wir haben beide etwas, was uns alles bedeutet."

"Rohan kann sich glücklich schätzen...sein Diamant scheint heller als das hellste Licht."

Und damit gab Nika Josuke einen freundschaftlichen Kuss auf die Wange.

"Danke...du verrückter Diamant. Danke für deine Freundschaft."

"Gern geschehen. Ich bin froh, dass wir Freunde sind."

Lächelnd schauten die beiden zum sternenklaren Himmel.

"Die Nacht...sie heute...ganz besonders klar."
 

*~ Fin ~ *



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