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Burden of the Chosen

von

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Die Bürde des Helden

Hufe donnerten über Gestein. Wind und Regen peitschten ihm ins Gesicht, noch im wilden Galopp zog er sein Schwert, die blauen Augen fest auf das Ziel gerichtet.

Ein tiefer Atemzug, dann warf er sich aus dem Sattel. Eponas Wiehern erreichte ihn nur dumpf, als sich die Zeit für ihn verlangsamte. Eins, zwei… drei… vier Pfeile schossen in die Richtung der Feinde und jeder traf sein Ziel mit einer ungezähmten Wucht. Eine Kreatur nach der anderen stürzte mit einem Todesschrei zu Boden. Als Link auf den Füßen landete, hatte sich die Zeit normalisiert und vier Bokblins lagen tot auf der Brücke, die zur Festung führte.
 

Keine Zeit, um aufzuatmen. Er zog sein Schwert und stürzte sich ins wilde Getümmel.
 

Innerhalb weniger Tage waren die Monster, die er niedergemetzelt hatte, wieder zu neuem Leben erwacht. Obwohl die Verheerung seit zwei Jahren gebannt war, kehrte der Blutmond immer und immer wieder zurück. Und mit ihm jene, die längst nicht mehr auf dieser Welt wandeln sollten.
 

Egal wie viele sie töteten, wie sehr sie in den letzten zwei Jahren auch versuchten, Hyrule wiederaufzubauen, es war die reinste Sisyphusarbeit. Ganons Kreaturen tauchten jedes Mal auf, töteten die wenigen Menschen, die nach der Verheerung überlebt hatten. Es fehlte ihnen an Soldaten, Handwerkern… und obwohl sich Link dank des Shiekah Steins von Ort zu Ort Teleportieren konnte, war er nicht immer schnell genug.
 

Dieses Mal war das Glück auf seiner Seite. Er war am Stall von Süd-Akkala hierher teleportiert, hatte Epona aus dem Stall geholt und war hoch zur Festung geritten.
 

Sein Schwert durchbohrte den schweren, massiven Körper des Hinox, der für gewöhnlich immer auf dem Exerzierplatz erschien. Irgendwie hatte er es bis zur Brücke hoch geschafft und hatte auf die Mauern eingeschlagen.
 

Als der Koloss mit seiner riesigen Hand nach ihm schlug, stieß sich Link von ihm ab, wirbelte durch die Luft und nahm einen weiteren Atemzug. Wieder verlangsamte sich die Zeit, er zielte auf das Auge, als sich das Monster ganz langsam zu ihm herumdrehte und zog einen antiken Pfeil. Robelo versorgte ihn regelmäßig mit den Pfeilen, dennoch musste er die Feinde, bei denen er sie anwendete, sorgsam wählen.

Ein Schuss und das Vieh löste sich in einer blauen Druckwelle auf.
 

„Der Hauptmann!“, hörte er jemanden von oben schreien. „Hier oben!“
 

Die Bauarbeiter, die sich vor den fliegenden Wächtern versteckt hatten, zeigten sich auf dem mittleren Bereich der Festung, winkten verzweifelt und glücklich zugleich, über seine Ankunft.
 

Verflucht!
 

Er wollte brüllen, ihnen begreiflich machen, dass sie sich verstecken sollten, doch der Wächter hatte sie bereits entdeckt. Sein roter, tödlicher Lichtstrahl, der sich sonst immer auf Link gerichtet hatte, nahm die Männer ins Visier.
 

Link ging auf die Knie, er spürte die brodelnde Kraft des Ornis, die sich zu seinen Füßen sammelte. Revali gab ihm den nötigen Stoß, als Link mit dem Druck einer Kanonenkugel gen Himmel schoss. Er war nicht hoch genug geflogen, hatte den Wächter noch nicht erreicht, um sein Auge ins Visier nehmen zu können.

Gleich würde der Laserstrahl abgefeuert werden…
 

Link holte im Flug den Bogen hervor, zielte mit einem Holzpfeil auf den Wächter und schoss. Er musste ihn ablenken, die Aufmerksamkeit auf sich ziehen!
 

Tatsächlich traf er den Wächter am Kopf, die Maschine rotierte einen kurzen Augenblick lang benommen, feuerte willkürlich um sich. Er sah den Lichtstrahl kommen und ließ sich sofort fallen. Der Laserstrahl schlug direkt hinter ihm ein und zerstörte eine der Kanonen. Schwere Splitter flogen umher, einer traf ihn hart in den Rücken.

Ein schmerzhafter Schrei tobte in seiner Kehle, doch dafür war keine Zeit. Er landete auf dem Boden, aktivierte wieder Revalis Sturm und schoss erneut in die Höhe. Und noch einmal. Bis er sich mit der Maschine auf Augenhöhe befand, erst da riss er den Bogen wieder hervor und schoss erneut mit einem antiken Pfeil. Er vernichtete einen nach dem anderen.
 

Er musste die Menschen beschützen… Zelda und er waren die einzigen, auf die sich die verbliebenen in diesem verfluchten Land verlassen konnten.

Sein Körper war es gewohnt, zu kämpfen. Noch bevor sein Verstand das nötige Signal gab, reagierte sein Körper, wich aus und schlug zu.

Wie viel Zeit war vergangen, als er endlich die Spitze der Festung erreichte? Der Regen hatte aufgehört, Revalis Sturm war aufgebraucht und auch Daruks Kraft verlangte Zeit, um sich zu regenerieren.
 

Kaum spürte Link wieder den Boden unter seinen Füßen, brach er fast zusammen. Er atmete schwer, wischte sich das Blut von der Stirn. Woher kam diese Wunde?

Erst, als die Gefahr gebannt war, entspannte sich sein Körper ein wenig. Just in diesem Augenblick setzte der Schmerz wieder ein, den er bis eben ignoriert hatte.
 

Link gab keinen Ton von sich, kniff ein Auge zu und versuchte den Schmerz wegzuatmen.

„Vergebt uns, Hauptmann!“

Hauptmann… an den Titel konnte er sich noch immer nicht gewöhnen.
 

Die Männer sammelten sich um ihn herum, einer wollte seine Wunden untersuchen. Ein Medica, aus Kakariko. Zum Glück bekam jede etwas größere Gruppe jemanden aus dem medizinischen Team zugeteilt. Leider schafften sie es nicht, die Leute schnell genug auszubilden, ob in der medizinischen Versorgung, oder der Kampfkunst. Es gab selten Anwärter… die Gefahr getötet zu werden, war einfach zu groß.

Link schob die Hand des Medicas sanft zur Seite.

„Verletzte?“, wollte er wissen.
 

Die Männer wirkten erleichtert und schüttelten die Köpfe.

Der Jüngste in der Gruppe war vielleicht gerade mal sechzehn, der älteste um die sechzig herum. Sie konnten nicht wählerisch sein.

„Ihr seid gerade noch rechtzeitig erschienen…“ Link zählte neben den Arbeitern drei Soldaten. Nur drei… mehr konnten sie nicht entbehren… nach jeder Blutmondphase musste es schnell gehen. Selbst bei Sturm und Regen.
 

Link machte eine Handbewegung, deutete den Männern an, bitte weiterzuarbeiten.
 

„Ihr seid verwundet!“ Der Medica, ein junger Shiekah, bestand darauf, Link zu untersuchen.

Er schüttelte den Kopf, deutete nördlich, in die Richtung des Stalls. Dort würde er sich die nötige Versorgung holen. Die Männer verstanden, betrachteten ihn dennoch besorgt.
 

-Link?-
 

Zeldas Stimme ertönte in seinem Kopf.
 

Wieder deutete er den Männern an, weiterzuarbeiten, warf dem Medica einen strengen Blick zu. Schließlich gaben sie nach und verließen die Spitze des Turms, um ihrer Arbeit wieder nachzugehen. Es fehlte nur noch die Nordseite, dann waren die Arbeiten an der Festung vorerst beendet.
 

-Link!-
 

Erst, als die Männer weg waren, lehnte er sich an einen Baum. Er keuchte, leise, der Schmerz jagte seine Wirbelsäule rauf und runter, zerrte an den Nerven. Wieder versuchte er es zu unterdrücken, er durfte sich nichts anmerken lassen. Andere Dinge hatten oberste Priorität. Es waren keine schweren Wunden, das schaffte er auch allein.
 

-Ja?-
 

Er konnte hören, wie Zelda erleichtert aufatmete. -Alles in Ordnung?-
 

Link warf einen Blick am Turm hinunter. Die Brücke stand noch. Zum Glück. Sie nahm die meiste Zeit in Anspruch… in den letzten zwei Jahren war sie bestimmt dutzende Male wieder aufgebaut worden.
 

-Es gibt keine Verletzte. Der Turm ist stabil, keine schweren Schäden. Einige Kanonen wurden beschädigt, das war meine Schuld.-
 

Zelda atmete schwer aus. Sie zögerte kurz, bevor sie ihre Frage stellte: -Bevor du mir einen Statusbericht über das Gebäude gibst, würde ich gerne wissen, wie es dir geht. Bist du verwundet?-

Link wusste, dass Lügen sinnlos war. -Nichts schlimmes. Ich gehe runter zum Stall.-

Ob er unbeschadet unten ankommen würde, wusste er nicht. Seine Füße wollten ihn nicht mehr tragen… sein Körper schrie nach Schlaf und Erholung.
 

-Schaffst du es ins Dorf der Zoras?-

Sie ahnte etwas, sonst würde sie ihm diese Frage nicht stellen. Würde er mit nein antworten, wäre klar, dass er schwerer verwundet war, als er zugab. Und würde er zustimmen, würde sie dennoch wissen, dass es ihm nicht gut ging. Er musste geschickt ausweichen.

-So schlimm ist es nicht. Ich fliege runter zum Stall und lege mich ein wenig hin, Hoheit. Macht euch keine Sorgen.- Damit beendete er das Gespräch. Niemals würde er es zu den Zoras schaffen, weder auf dem Pferd, noch zu Fuß.

Link sah zu den Kanonen rüber, südlich von ihm lag das Zorana Hochland. Er konnte Berge und die hügelige Landschaft von seiner Position aus deutlich erkennen. Dahinter lag das Reich der Zora.

Im Normalfall und mit Revalis Hilfe, würde er schnell dorthin gelangen, aber sein jetziger Zustand erschwerte ihm sogar das Atmen.

Link kehrte dem Zorana Hochland den Rücken zu. Es war nicht nur die Wunde, sein Stolz verbot es ihm, verwundet vor den Zoras zu erscheinen. Einige von ihnen hatten noch immer kein besonders gutes Bild von ihm, da musste er ihnen nicht auch noch zusätzlich Angriffsfläche bieten. Vor allem aber wollte er sich nicht vor dem Prinzen der Zoras so schwach zeigen. Wie würde er dastehen… vor ihm? Vor Sidon…?
 

Bei der Erinnerung an seinen Namen, spürte er einen weiteren Schmerz, tief in seiner Brust. Vor zwei Jahren, als Link aus dem Schlaf des Lebens erwacht war, orientierungslos, ohne jede Erinnerung, alleine und auf sich gestellt, war es Prinz Sidon gewesen, der ihm Mut gemacht und ihn aufgebaut hatte. Er war es gewesen, der Link das Gefühl gegeben hatte, nicht nutzlos zu sein.

Wie es ihm wohl ging? Sein letzter Besuch im Dorf der Zoras lag jetzt so lange zurück. Eine gefühlte Ewigkeit.

Der Schmerz in seiner Brust wurde stärker, sein Herz zog sich zusammen.

Link biss die Zähne zusammen, schob seine Gefühle beiseite und machte einen weiteren Schritt nach vorne.
 

Die Männer bauten ein Stück unterhalb von ihm ein paar zerstörte Gerüste wieder auf und machten sich wieder an die Arbeit.

Als Held durfte er keine Schwäche zeigen, die Menschen sahen zu ihm auf. Da gab es keinen Platz für Gefühle, denn seine Aufgabe war noch nicht erfüllt.
 

Er wischte sich über die Schläfe und versuchte das leichte Zittern in seinen Beinen zu ignorieren. Wieder holte er das Parasegel hervor, trat an die Brüstung. Er pfiff nach Epona, damit sie ihm zum Stall folgte, dann stürzte er sich in die Tiefe. Sekunden später öffnete er das Segel und flog in die Richtung des Stalls von Süd-Akkala.
 

Noch im Flug begann seine Sicht zu schwinden. Hinter sich konnte er Epona hören, doch um ihn herum wurde es schlagartig still. Das bunte Laub der Bäume verfärbte sich schwarz, der Himmel tat es ihm gleich. Dann fiel er in eine Finsternis.
 

-Link!-
 

Er hörte Zelda… schaffte es jedoch nicht mehr, ihr zu antworten. Das Segel entglitt seinen Händen, er stürzte in die Tiefe.

Schleichende Ängste

„Da bist du ja wieder.“
 

Link riss die Augen auf. Erschrocken sah er sich um und musste feststellen, dass er sich schon wieder in den Ruinen befand. Seit einer Weile hatte er immer wieder diesen verrückten Traum. Jedes Mal, wenn er sich im Tiefschlaf befand, öffnete er an einem anderen Ort die Augen. Er war umgeben von Ruinen, irgendwo tief in den Bergen. Es gab weder einen Eingang, noch eine Öffnung, durch die Tageslicht fallen konnte. Das einzige, was ihm hier Gesellschaft leistete, war der rothaarige Bursche, dort drüben.

 

Ein Mann, von großer und muskulöser Statur, dessen Körper mit vergoldetem Schmuck verziert war. Sein langes, feuerrotes Haar fiel ihm um die Schultern und umrahmte sein Gesicht, wie die stolze Mähne eines majestätischen Löwen.

„Was ist diesmal passiert? Du schläfst selten so tief, dass du hier auftauchst.“ Er war jung, nur ein wenig älter als Link selbst. Seine Erscheinung hatte etwas respekteinflößendes an sich. Seine Haltung, die Art, wie er sprach und wie er sich bewegte.

 

„Warte, lass mich raten… dieser Blutmond ist wieder eingekehrt und du hast dich damit verausgabt, die ganzen Monster niederzumetzeln. Dabei sind dir vermutlich vor Erschöpfung die Lichter ausgegangen, hab ich recht? Wäre nicht das erste Mal.“

 

Link schnaubte, eine leichte Röte brannte auf seinen Wangen. Aus seinem Mund klang das furchtbar… als wäre Link ein Schwächling, der nichts ausshielt.

 

Der Mann, der sich ihm als Ganondorf vorgestellt hatte, lachte. Er erhob sich von dem steinernen Eber, auf dem er bis eben gesessen hatte und kam auf Link zu. Für so einen breit gebauten und großen Kerl, bewegte er sich überraschend leichtfüßig.

Ein seltsamer Traum, für den er sich wirklich schämte. Natürlich war es kein Verbrechen, in seinen Träumen schöne Männer erscheinen zu lassen. Doch vielleicht wäre es nur halb so peinlich, wenn er dem Mann wenigstens beim nächsten Mal obenrum etwas anziehen würde. Die Gerudohose stand ihm ausgesprochen gut und untermalte die, für das Wüstenvolk typische, dunkle Hautfarbe.

 

Ganondorf streckte die Hand aus, vergrub sie in Links Haar. Seine goldenen Augen leuchteten unnatürlich und doch lag da etwas sanftmütiges in seinem Blick. Der Impuls, die Hand wegzuschieben und sich zu wehren, hielt nicht lange, stattdessen entfuhr Link ein leises Seufzen. Niemals hätte er sich von jemandem auf diese Weise berühren lassen und zugegeben, dass er es genoss. Aber hier, in diesem Traum, spielte es keine Rolle.

 

Seine andere Hand legte sich auf Links Rücken und zog ihn enger an sich.

Die sanfte Röte auf Links Wangen vertiefte sich, als er an die starke Brust gedrückt wurde. Er keuchte überrascht, denn Ganondorfs Hand schob sich frech unter sein Reckengewand und begann Links Rücken mit Druck zu massieren. Er ließ die kühlen Finger auf und ab wandern, entlockte Link damit ein Stöhnen.

Sofort presste er sich die Hand auf den Mund, aber es war zu spät. Der andere hatte es gehört.

Ganondorf schnaubte, sein Atem kitzelte Links Ohren. „Das gefällt dir, hm?“ Mit einer Hand hielt er Link fest an sich gedrückt, mit der anderen massierte er seinen Rücken weiter auf und ab, bis er mitten in der Bewegung stoppte.

„Hier“, brummte er und legte die Handfläche auf einen Punkt, unterhalb seines Schulterblatts. Eine ungewohnte Wärme breitete sich sofort an diesem Punkt aus und durchströmte ihn. Wieder seufzte Link, dieses Mal gedämpft und in seine Hand hinein.

 

Es war, als würde die gesamte Erschöpfung der letzten Zeit, von ihm abfallen. Die Bedrückung, Ängste und Sorgen, die sich in Form einer dunklen Masse in ihm gesammelt zu haben schien, löste sich mit Ganondorfs Berührung in Luft auf.

Link schloss die Augen und lehnte sich an die Brust. Sein Körper gab sich der Berührung hin vergaß für den Moment alles, was ihn beschäftigt hatte.

 

„Besser?“, wisperte ihm Ganondorfs Stimme zu und ließ Link erneut wohlig schaudern.

Ein Traum… es war nur ein Traum, also war es in Ordnung.

 

„Noch ein bisschen...“

 

Ganondorfs Körper bebte, als er lachte, aber er ließ nicht von ihm ab, massierte ihn mit sanftem Druck weiter.

„War ein furchtbarer Tag, hm?“, fragte er mitfühlend.

 

„Hm-hm“ Zu mehr war er nicht in der Lage. Noch nie hatte er sich so entspannen können, besonders nicht in der Gegenwart einer anderen Person.

 

„Willst du es mir erzählen?“

 

Link schüttelte den Kopf. Er wollte nicht darüber sprechen, nicht einmal mehr daran denken. Er wollte das hier auskosten, bevor er wieder wach wurde.

Wieder lachte Ganondorf beugte sich tiefer zu Link hinunter. „Was möchtest du stattdessen tun?“

Links Ohren leuchteten mittlerweile so scharlachrot, wie Ganondorfs Haare.

So langsam wurde die Luft in der Höhle heißer und heißer. Schnell löste er sich, wenn auch widerwillig aus der Umarmung.

 

„Reden… ich meine, über etwas anderes reden.“

Warum wurde er jetzt so rot und wieso war es ihm peinlich, schließlich war dies nur ein Traum und Ganondorf nichts anderes, als sein hauseigenes Hirngespinst. Er sehnte sich nach Berührungen, nach einer weiten Brust, an die er sich lehnen und die die Welt da draußen für einen Moment lang vergessen konnte. Aus diesem Grund hatte sein Verstand doch diesen Ort und diesen Mann erschaffen.

 

„Dann komm, mein Freund.“ Er nahm Link sanft an der Hand und führte ihn zum Lagerfeuer, das hier unten immerzu brannte. „Erzähl mir, habt ihr Fortschritte gemacht?“

Gemeinsam ließen sie sich am Feuer nieder und Link begann zu berichten. Vom Wiederaufbau Hyrules, den immer wieder kehrenden Problem, die ihnen der Blutmond bereitete.

Mit Ganondorf war es so leicht, es fiel ihm nicht schwer, ein Gespräch aufrecht zu halten. Zwischen ihnen fühlte es sich so ungezwungen und erfrischend an.

 

„Ihr müsst nach der Ursache suchen.“ Ganondorf sah gedankenverloren ins Feuer. „So lange ihr nicht den Kern allen Übels vernichtet, wird euch die dunkle Macht keine Ruhe geben. Euer Vorhaben ist kaum machbar, was ihr aufbaut, wird zerstört. Und du kannst nicht überall gleichzeitig auf Monsterjagd gehen.“

Link kräuselte die Stirn und sah ihn irritiert an. Die Ursache? Die Ursache war die Verheerung Ganon, oder etwa nicht? „Wir haben die Verheerung gebannt!“

 

So oft war er schon hierher gekommen. So oft hatte er mit Ganondorf am Feuer gesessen, sie hatten viel miteinander geteilt. Doch so, wie er Link gerade ansah, hatte er ihn noch nie angesehen. Der Blick ließ dem jungen Recken das Blut in den Adern gefrieren. Von der Sanftmut war nichts mehr darin zu sehen.

„Geht in der Geschichte zurück. Sucht dort nach einer Antwort. Der Fluch ist unterbrochen worden, somit auch der Fluss der Zeit. Mehr kann ich dir nicht verraten.“

 

Ganondorf wandte den Blick zur Seite. „Du solltest gehen. Sie warten auf dich.“

Moment… was wollte er damit sagen? „Aber…!“

 

Er ließ Link nicht mehr zu Wort kommen, hob die Hand und winkte ab. „Geh nach Hause! Und sieh zu, dass du dich ein wenig erholst. Wage es nicht, so schnell wieder hier aufzukreuzen, hast du mich verstanden?“

Bevor Link ein weiteres Wort sagen konnte, verzerrte sich auch schon das Bild vor seinen Augen. Ganondorf löste sich auf, die Höhle verschwand. Stattdessen starrte er an die Decke des Stalls.

Er blinzelte ein paar Mal, brauchte ein paar Atemzüge, bis er realisierte, dass er aus dem Traum gerissen worden war.

 

„Hylia sei dank, er ist wach!“, rief jemand.

Der Medica, der sich mit auf der Akkala Festung befunden hatte, tauchte neben ihm auf. Diesmal achtete er nicht auf die Proteste, untersuchte Link genauestens. Seinen Puls, die Augen, Herztöne.

„Müsst ihr euch übergeben? Verspürt Ihr einen Druck hinter den Augen? Kopfschmerzen?“

Link seufzte und verneinte jede Frage mit einem kopfschütteln.

Neben dem Medica waren auch zwei weitere, vertraute Gesichter neben ihm erschienen. Die Männer von der Festung.

 

„Als wir gesehen haben, wie Ihr gestürzt seid, ist uns das Herz stehen geblieben!“ Dem Mann standen die Tränen in die Augen, der andere grinste bis über beide Ohren.

 

„Ich wusste, unserem Helden passiert so schnell nichts! Hab ich doch gesagt, oder?“ Lachend schlug er Link auf die Schulter.

 

„Ich sage den anderen Bescheid, dass es Euch gut geht, sie machen sich große Sorgen!“ Mit diesen Worten stürmte er aus dem Stall.

„Lasst mich euren Rücken noch einmal ansehen.“ Der Medica wollte, dass sich Link zur Seite drehte, um sich die Wunde an seinem Rücken anzuschauen. Aber Link wusste instinktiv, dass dort nichts mehr war.

„Mir geht es gut. Geht lieber wieder an die Arbeit. Die Männer brauchen Euch.“

 

Tatsächlich war von den Schmerzen, die ihn vor seinem Absturz gequält hatten, nichts mehr zu spüren. Vermutlich war mit dem Sturz Miphas Gebet aktiviert worden. Wie hätte er diesen sonst überleben können?

„Gut, aber nur, weil ich sehe, dass es euch scheinbar an nichts fehlt“, gab der Medica nach und packte seine Sachen, die neben Links Bett auf einem Tisch lagen, allmählich zusammen. Instrumente, die er für seine Untersuchungen nutzte. Er und der andere Arbeiter verabschiedeten sich und verließen den Stall.

Für den Bruchteil einer Sekunde huschten seine Gedanken zurück zu dem rothaarigen Mann, dessen Namen er jedes Mal vergaß, wenn er erwachte. Es war schon oft passiert, dass er erholt aus diesen Träumen erwachte, frei von Schmerzen und sämtlichen Sorgen. Ob es vielleicht auch ihm zu verdanken war?

 

Nun, wie auch immer. Er sollte sich lieber Gedanken um Zelda machen… bestimmt würde sie ihn quer durch das Land jagen, sobald sie erfuhr, dass es er wach war. Und als hätte die Königin in seinen Gedanken gelesen, sprach sie wieder zu ihm.

 

-Sidon wartet auf dich. Geh hin.-

 

Okay, Zelda war wirklich wütend. Sie grüßte ihn nicht, fragte ihn nicht nach seinem Zustand… ihre Stimme klang zudem, als hätte sie die Zähne aufeinander gepresst.

 

-Was…?-

 

-Du musst mir einen Vertrag mitbringen.-

 

Einen Vertrag? So plötzlich…?

-Jetzt?-

 

War das wirklich der richtige Zeitpunkt dafür? Andererseits wäre es eine willkommene Abwechslung und eine Ausrede dafür, Sidon wiederzusehen.

 

-Lass Epona im Stall und nutze den Shiekah Stein zum teleportieren. Ich habe dafür die Erlaubnis von König Dorephan erhalten. Bleib heute Nacht dort, es reicht, wenn du morgen früh zurück bist.-

Links Lippen verzogen sich zu einem breiten Lächeln und sein Herz trommelte bereits vor Freude. Er war jemand, der seine Emotionen, zumindest nach außen hin, im Griff hatte. So schaffte er es, das bescheuerte Lächeln sofort zu verstecken. Nur sein Herz konnte er nicht beruhigen.

 

-In Ordnung.-

 

Auch, wenn er keine Ahnung hatte, wie Sidon auf ihn reagieren würde...

Link erhob sich aus dem Bett und staunte nicht schlecht, als er aus dem Stall trat. Wie lange war er weg gewesen? Die Sonne ging bereits unter!

 

Er zog den Shiekah Stein hervor, warf einen Blick hinunter. Die Aufregung in ihm wuchs, wurde immer größer, sein Herz schlug in einem passenden, wilden Takt.

Binnen Sekunden löste er sich im mysteriösen, blauen Licht des Steins auf und materialisierte sich Sekunden später vor dem Neji-Yoma-Schrein.

 

Sidon stand bereits oben, vor den Stufen, die zum Schrein hinunter führten. Sobald er Link entdeckte, grinste er bis über beide Ohren.

 

„Link, mein Freund!“

 

Der Prinz der Zoras kam ihm entgegen, grinste so breit, dass es Link ansteckte. Er versuchte es zu verstecken, allerdings erfolglos.

„Geht es dir gut?“ Dem Lächeln folgte die Besorgnis, er schloss Link fest in die Arme. In den letzten Jahren, war Link etwas größer geworden, reichte Sidon nicht mehr bis zur Hüfte. Trotzdem musste der Prinz sich tief beugen, um ihn zu umarmen.

Links Herz schlug wieder schneller, als er die glatte Haut unter seiner Wange spürte und ein wohliges Gefühl breitete sich in ihm aus. Er schlang die Arme um Sidon, so gut er konnte und erwiderte den Druck.

 

„Alles okay“, murmelte Link. Ja, jetzt war es okay. Seine angespannten Schultern sackten etwas hinunter, ihm war gar nicht aufgefallen, wie sich sämtliche Muskeln angespannt hatten, bis Sidon ihn berührte und ihn dazu brachte, sich zu entspannen.

Eine Weile blieben sie so, hielten einander fest, bis sich Sidons Griff irgendwann, nach einer gefühlten Ewigkeit, lockerte und er Link ein wenig von sich drückte. Prüfend sah er in Links Gesicht, musterte ihn eindringlich und genau. Seine großen Hände umschlossen die Wangen des Recken.

 

Link versuchte, den intensiven Blicken standzuhalten, konnte aber nicht verhindern, dass ihm die Hitze in die Wangen kroch und ihn leicht erröten ließ.

 

Bei Hylia… hatte er schon immer so gut ausgehen? Die Augen, das schöne Gesicht… seine Statur… Oh, bei den Göttinnen…

„Zelda hat mir erzählt, was am Akkala Turm passiert ist.“ Sidon ließ die Hände langsam sinken, am liebsten hätte Link sie noch festgehalten.

 

Sidon kniete vor ihm, sah Link fest in die Augen, nahm dessen Hände fest in seine. „Ich weiß, dass du ein großartiger Krieger bist. Und ich vertraue auf deine Fähigkeiten als Recke, habe ich schon immer getan. Aber du solltest dich hin und wieder ausruhen!“

 

Seine Worte klangen so wundervoll, trafen Link mitten ins Herz. Sie berührten sie auf eine Weise, wie es sonst niemand schaffte. Schon vom ersten Moment an!

 

„Bleib eine Nacht hier, ruh dich aus. Du wirst sehen, morgen früh wirst du dich wie neu geboren fühlen. Das ist die geheime Macht unseres Dorfes.“ Er grinste wieder so süß und breit, Links gesunder Menschenverstand setzte aus. Er war versucht, die Hände nach Sidon auszustrecken und ihn zu küssen. An seiner Seite fühlte es sich an, als wäre jedes Problem eine Nichtigkeit und die größte Hürde ein winziger Stein.

 

„Mein Freund, es ist so schön, dich zu sehen! Du siehst wundervoll aus!“ Er lachte so unbekümmert, wie immer. „Wir haben uns lange nicht gesehen, ich habe dir so viel zu erzählen!“

Ein Funken seines Verstands war noch übrig. Er fragte sich, ob es in Ordnung war, dem Zora Prinzen gegenüber solche Gefühle zu hegen. Link konnte sie selbst nicht einordnen, doch der Drang, ihn zu berühren, zu küssen wurde stärker und ließ ihn ahnen, in welche Richtung sie sich bewegten. Damals war er zu jung gewesen, um es zu verstehen, viel zu unerfahren. Heute sah es anders aus.

 

„Sidon… es tut mir leid, dass ich so lange nicht hier war...“, setzte Link an, aber Sidon schüttelte den Kopf, hielt ihn noch immer fest.

 

„Du hast eine große Aufgabe zu bewältigen. Wir alle haben das. Du musstest deinen Pflichten nachkommen. Und egal, wie lange wir uns nicht sehen, du bist und bleibst mein teuerster und liebster Freund, Link.“

Link konnte sich nicht halten, drückte die Hände des Prinzen fester. Er nahm die Unterlippe zwischen seine Zähne und versuchte, dem heftigen Drang, Sidons Lippen mit seinen eigenen zu versiegeln, zu widerstehen.

Sidon löste eine Hand, hielt ihn mit der anderen weiterhin fest und führte Link die Treppen nach oben und ließ ihn dort erst los.

 

Erst, als sie den Schrein hinter sich ließen, bemerkte Link eine ungewohnte Lautstärke. Im Dorf der Zoras herrschte reges Treiben, die Bewohner huschten umher. Das ohnehin prunkvolle Reich, erstrahlte in einem noch größeren Glanz.

Man hatte es ausgebaut, es schien nun geschlossene Räume zu geben, Häuser aus Leuchtstein. Und hoch oben, ragte der kleine Palast hervor.

 

„Was ist denn hier los?“ Link sah sich überrascht um, da wurde er von Sidon an der Hüfte gepackt und ruckartig zur Seite gezogen, sonst wäre er von ein paar Jugendlichen überrannt worden, die mit großen und reich gefüllten Tabletts nach oben rannten.

 

„Verzeiht!“, riefen sie.

 

Dort, wo Sidon ihn berührt hatte, brannte seine Haut wie Feuer. Die Hitze blieb auch, nachdem Sidon seine Hand schon wieder weggezogen hatte.

 

„Heute Abend gibt es ein Verlobungsfest.“ Sidons strahlendes Lächeln verblasste ein wenig. Link konnte deutlich sehen, wie sich sein Gesichtsausdruck veränderte. Und es machte ihm Angst.

Das warme Gefühl in seiner Brust begann sich zu verändern, stattdessen fühlte es sich an, als würden sich Eiszapfen in seinen Magen bohren.

 

„Wessen… Verlobung…?“ Er wollte nicht fragen… es war doch deutlich… für einen einfachen Zora würde man doch nicht so einen Aufstand machen, oder? Und zu sehen, wie alle Richtung Palast hasteten, untermalte seine schlimmste Befürchtung.

 

„Meine.“

Beichte und Reue

Der Boden, zu seinen Füßen, schien sich in Luft aufzulösen.

Link hielt den Atem an, versuchte das, was er gerade gehört hatte, zu verstehen.
 

„Mein Vater wünscht schon lange, dass ich heirate. Er hat es oft erwähnt und vor kurzem ist sein Ultimatum ausgelaufen.“ Sidons Freude war verblasst. Seine Worte hinterließen einen sehr schweren und bitteren Nachgeschmack.

 

„Heiratest du… aus Liebe?“

 

Der Prinz drehte den Kopf zur Seite. „Sie ist nett…“

Die Strahlen der untergehenden Sonne brachen sich durch die kristallenen Berge, tauchten es in ein unheimliches Licht. Schatten aus rotem und eisblauem Licht krochen über das Dorf hinweg und für einen Augenblick sah es aus, als würde es brennen.

 

Bis eben hatte er diese wunderbare, alles erfüllende Wärme und Zuneigung gespürt. Jetzt war da nichts mehr, nur eine Kälte, die sich durch seine Adern fraß.

Reiß dich zusammen! Sidon sieht dich als seinen Freund, du darfst nicht so dumm reagieren!

 

„Ich verstehe.“ Der Prinz wusste nichts von Links Gefühlen und selbst wenn er es täte, was würde das schon ändern? Er war der Kronprinz, es wurde von ihm erwartet, dass er heiratete, eine Familie gründete, um Nachfolger zu zeugen, um dann anschließend den Thron zu besteigen.

 

Was hier nicht normal war, waren Links Gefühle. Er hatte Sidons Freundlichkeit einfach zu ernst genommen, das alles zu nah an sich herangelassen. Sein Herz brach auf eine so laute und schmerzhafte Weise und doch konnte Sidon es nicht hören.

„Ich freue mich sehr für dich und ich wünsche dir alles Glück dieser Welt.“ Lächeln… er musste Sidon anlächeln. Aber der Prinz erwiderte das Lächeln nicht, sah stattdessen Link lange und still in die Augen.

 

„Freust du dich wirklich?“

 

Seine Frage traf Link überraschend und hart, ließ seine Emotionen taumeln.

Er wendete den Blick ab, versuchte den Ausdruck in seinem Gesicht zu verbergen.

„Natürlich… wir sind doch Freunde?“

Insgeheim wünschte er sich, dass Sidon es bemerkte. Dass er erkannte, wie sehr es Link verletzte, aber was würde das schon ändern? Es war gut und richtig, wie es war. Link hatte nicht das Recht, irgendwelche Ansprüche zu stellen. Immerhin war er zwei Jahre lang nicht mehr im Dorf gewesen, da wäre es dreist, irgendwas von dem Prinzen zu erwarten.

 

„Das sind wir.“ Sidon seufzte. „Komm, mein Freund. Ich zeige dir, wo du dich ausruhen kannst.“ Er ging voraus, ohne sich umzudrehen und wusste, dass Link ihm folgen würde.

 

-Wusstest du, was hier los ist?- Er musste Zelda fragen… musste es wissen. Hatte sie ihn etwa hierher geschickt, weil sie wütend auf ihn gewesen war? Weil er sie, was seinen Zustand anging, angelogen hatte? Nein, das klang so gar nicht nach Zelda. Das würde sie nicht tun.

 

-Es ist deine letzte Chance, Link. Nutze sie. Ich weiß, wie sehr du ihn magst.- Sie klang so mitfühlend, dass es ihm einen weiteren Hieb versetzte. Warum wusste sie davon…? Und verflucht, hätte sie ihm gesagt, dass Sidon kurz davor war, sich zu verloben, wäre er nie hierher gekommen!

 

Nein, sie hatte es nicht aus Rache oder Boshaftigkeit getan, aber so gut es auch gemeint war, es war mehr, als er verkraften konnte.

 

-Sag ihm, was du fühlst.-

 

Und dann?

-Damit ich seine Zukunft ruiniere?-

 

Immerhin hatte er eine Zukunft. Eine, die ihm in die Wiege gelegt worden war und es war seine Pflicht, als Kronprinz, diesen Weg zu gehen, so wie viele andere vor ihm diesen Weg gegangen waren.

Auch Link hatte diese Pflicht. Dem Pfad seiner Vorfahren zu folgen, das Land, die Königin und die Menschen zu beschützen. In seinem Leben gab es keinen Platz für… eine Familie.

 

-Link, du musst es ihm sagen!-

 

Nein.

 

-Ich bitte um den Vertrag und bin morgen früh zurück.-

 

Das konnte er nicht. Selbst wenn Sidon seine Gefühle teilte, was sollte aus ihnen werden? Sidon konnte das Reich als Prinz nicht verlassen und Link konnte seine Pflicht als Recke, Hauptmann und Leibgarde nicht ignorieren.

 

-Du wirst es ein Leben lang bereuen.-

 

Er würde es so oder so bereuen. Ob er es sagte, oder nicht. Seine Gefühle waren ein großer Nachteil für Sidon und ihn. Er musste sie verschwinden lassen, bevor es schlimmer wurde. Tief einatmen, diese Emotionen am tiefsten Punkt seiner Seele verbarrikadieren und nie wieder an sie denken.

Sie gingen rechts die Stufen hoch, die vom Palast weg und zu einem Nebengebäude hin führten.

„Ich wünschte, ich hätte davon gewusst. Dann hätte ich Euch ein Geschenk mitgebracht.“ Link versuchte, so ruhig wie möglich zu wirken.

 

Sie betraten eine hohe Flügeltür, ein langer Flur erstreckte sich vor ihnen. Zu beiden Seiten waren mehrere Türen zu sehen, Sidon öffnete die zweite, auf der rechten Seite.

 

„Wir haben vor zwei Wochen Einladungen ins Schloss geschickt. Für dich wollte ich eine separate mitschicken, aber ich konnte mich nicht überwinden.“

Link trat ein, als Sidon ihn dazu aufforderte. Der Prinz folgte ihm, schloss die Tür hinter ihnen.

 

„Wirklich? Ich habe keine bekommen.“ Der Raum war dunkel, wurde lediglich durch die Fasern der Leuchtsteine, die in den Säulen eingelassen waren, spärlich erhellt.

 

„Und wärst du hergekommen, wenn du davon gewusst hättest?“, fragte Sidon leise.

Seine Worte brachten Link dazu, sich zu Sidon umzudrehen. Er konnte die Konturen seiner Statur erkennen, sah die leuchtenden Augen, aber nicht den Ausdruck in seinem Gesicht. Sidon lächelte nicht mehr, so viel konnte er erkennen.

„Sei ehrlich. Hätte Königin Zelda dir die Einladung ausgehändigt, wärst du dann heute hierher gekommen?“, wiederholte er seine Frage.

 

Das bedrückende Gefühl in seinem Bauch, das er so verzweifelt ersticken wollte, kroch wieder hervor.

„Ich… glaube nicht… nein…“ So sehr er sich für seine Antwort auch schämte, es war die Wahrheit. Wie sollte er auf eine so direkte Antwort mit einer Lüge antworten? Und das unter den aufmerksamen Blicken des Prinzen?

Sidon kam langsam näher, bis er so dicht vor Link stand, dass dieser die Hitze des größeren Körpers deutlich wahrnehmen konnte. Seine Augen durchbohrten Link auf eine Weise, wie Link es noch nie bei ihm gesehen hätte.

 

Er streckte die Hände nach ihm aus, berührte Links Gesicht, wie er es vorhin schon getan hatte. Vorsichtig und unendlich liebevoll.

 

Links Herz drohte ihm aus der Brust zu platzen, sein ganzer Körper spannte sich an.

Was war das…? Was passierte gerade…?

 

„Nur ein paar Tage...“, wisperte er wehmütig. „...ich wünschte, du wärst nur ein paar Tage früher hier gewesen… Dann hätte ich es meinem Vater erklären können.“

 

Moment… was hatte das zu bedeuten? Der Schmerz, den Link empfand, war nichts im Vergleich zu den Schmerzen und den Wunden, die er im Kampf davontrug. Er hatte noch nie etwas vergleichbares erlebt, um es beschreiben zu können.

 

„Es… ist deine Pflicht“, krächzte Link heiser. Wie sollte er Sidons Worte aufnehmen? Er verstand nichts mehr!

Sidon verzog die Lippen. „Wenn wir nur nach unseren Pflichten leben, werden wir einsam verenden Link. Meine Schwester hielt es auch für ihre Pflicht, sich zurückzuhalten und im Kampf zu sterben, ohne jemals über ihre Gefühle gesprochen zu haben.“

 

Oh, große Göttin…! Kann es sein…?

 

„Ich will nicht zu deinen schmerzhaften Erinnerungen gehören!“ Link schob Sidons Hände von sich. Er durfte sich nicht mitreißen lassen! Sidon war bestimmt nur verwirrt, das war alles sicherlich nicht einfach für ihn und Link war gerade nichts weiter, als eine Flucht. Zumindest wollte es der Recke so sehen. Wenn Sidon schon nicht rational denken konnte, musste er es tun. Für Sidon. Und sich selbst.

 

„Wir sind Freunde, Sidon und wir werden es immer sein. Wenn du mich brauchst, werde ich für dich da sein. Auch, wenn ich der Leibwächter der Königin bin, gehören mein Schwert und mein Schild dir. Ich lebe für den Kampf und für nichts anderes ist in meinem Leben Platz.“

 

So sehr er sich auch danach gesehnt hatte, von Sidon erhört zu werden, war dies wohl der letzte Zeitpunkt, an dem dies geschehen sollte. Nicht, während die Verlobungsfeier für ihn vorbereitet wurde.

 

Zum Glück arbeitete sein Verstand offenbar wieder, auch wenn sein Herz gegen ihn rebellierte. „Für einen wird unsere Pflicht immer schmerzhaft sein. Für uns selbst, oder die Leute um uns herum. Aber niemand außer uns, ist dazu in der Lage, unsere Aufgaben zu übernehmen. Meine Pflicht ist es, der Held zu sein. Deine ist es, für die Nachkommen des Zora Reiches als Kronprinz und zukünftiger König zu sorgen. Würden wir diese Pflichten verletzen, würden viele darunter leiden. Du hast es selbst gesagt, wir alle haben eine große Aufgabe zu bewältigen.“

 

Er war vielleicht in den Zora Prinzen verliebt… aber er war kein Trottel. So sehr ihn auch seine Gefühle dazu verleiteten, etwas wirklich dummes zu tun. Gerade, weil er so viel für den Prinzen empfand, musste er ihn beschützen. Mit allen Mitteln. Selbst wenn es bedeutete, dass er seine Gefühle irgendwann mit ins Grab nehmen würde.

 

„Du sagst also, dass wir nur für unsere Pflicht leben dürfen? Was ich möchte, ist unwichtig?“

Sidon streckte wieder die Hand nach Link aus. „Du sagst mir, dass es in Ordnung ist, bewusst zu leiden? Und was ist mit dir? Könntest du mit dem Gedanken leben, dass ich jemanden tagtäglich küsse, in den Arm nehme und mit ihm schlafe?“

Link schoss die Hitze wieder ins Gesicht, diesmal brannte es fürchterlich und er wusste, dass er knallrot geworden war.

 

„Was… was redest...“ Weiter kam er nicht. Sidon beugte sich wieder zu Link hinunter. Das nächste, was der Recke spürte, waren warme, feuchte Lippen auf seinem Mund.

 

Er keuchte, schnappte nach Luft und wollte ausweichen, aber Sidon hielt ihn fest und ließ ihn nicht entkommen. Sein Mund bewegte sich erst langsam, dann immer leidenschaftlicher gegen Links Lippen, ließ ihn kaum zu Atem kommen.

Es fühlte sich an, wie der kurze Moment, wenn er Revalis Sturm benutzte und der Druck ihn in die Luft katapultierte. Das gleiche, wilde Kribbeln, nur schlimmer… die selbe Aufregung, das Herzrasen…

Als ihm etwas gegen die Unterlippe tippte, öffnete Link sich ihm wie von allein. Die heiße, schlüpfrige Zunge drang frech in seinen Mund ein und entlockte Link ein tiefes Seufzen.

 

Sidon reagierte auf das Geräusch, der Druck seiner Hände wurde fester, er drängte sich enger an Link.

Seine Knie wurden weich und gaben fast nach, aber Sidon hielt ihn fest. Erst, als Link noch einmal nach Luft schnappte, zog Sidon seine Zunge zurück.

 

„Gefällt dir der Gedanke, dass ich das hier… mit jemand anderem mache?“

 

„Nein...“ Link schluckte schwer, sein Atem ging hastig und seine Hände zitterten schwach. „aber… was spielt das für eine Rolle?“ Seine Stimme klang so furchtbar heiser und sein Körper schrie verzweifelt nach mehr… mehr von Sidons Leidenschaft, mehr von seiner Hitze.

 

„Mein Prinz? Seid Ihr hier?“

 

Link zuckte erschrocken zusammen, als es an der Tür klopfte. Sofort trat er von Sidon zurück und versuchte sich zu beruhigen. Er hatte sich mitreißen lassen, verflucht… aber wie hätte er sich dagegen wehren können?

„Ich bin hier, Muzu. Einen Moment“, rief Sidon zurück und sah wieder zu Link. Er rief Link mit seinem Finger zu sich, machte eine kurze Bewegung. Aber Link, knallrot und völlig außer Atem, schüttelte wild den Kopf.

Sidon schmunzelte, kam trotzdem auf den hylianischen Recken zu. Der sonst so tapfere Held, zuckte wieder zurück, aber Sidon stand wieder vor ihm. Mit einem schnellen Hieb zog er seinen Schild hervor und schirmte sich so von Sidon ab.

 

„Geh!“, keuchte er. „Bei Hylia, geh!“

 

Der Prinz umfasste den Schild, drückte ihn hinunter. Wenn Link gewollt hätte, hätte er ihm sicherlich stand gehalten, aber dafür war er nicht in der Lage.

 

„Ich begehe nicht den gleichen Fehler, den meine Schwester begangen hat. Link… ich verehre dich, seit dem ersten Tag, an dem ich dir begegnet bin. Du bist und bleibst die größte Freude, in meinem Leben.“

Bevor Link sich versah, wurde er ein weiteres Mal geküsst. Wieder so sanft und leidenschaftlich, voller Zuneigung und Wärme. „Kein Tag wird vergehen, an dem ich mich nicht nach dir sehnen werde. So wie ich auch in den letzten zwei Jahren, werde ich immerzu nach dir Ausschau halten und mein Herz wird vor Freude zergehen, wenn wir uns wieder sehen.“ Seine Hand fuhr zärtlich durch Links Haar. „Niemand auf dieser Welt kann deinen Platz einnehmen. Mein Herz gehört nur dir.“

 

Wieder klopfte es an der Tür, dieses Mal klang es ungeduldiger. Nachdem Sidon ihn ein weiteres Mal geküsst hatte, verabschiedete er sich und verließ das Zimmer.

Link blieb allein in dem Zimmer zurück, hatte noch immer Sidons Geschmack auf den Lippen, spürte noch immer die Wärme seines Körpers.

 

Langsam ließ er das Schild sinken, es glitt ihm aus der Hand und fiel scheppernd zu Boden. Link gab seinen zitternden Beinen nach und ließ den Kopf hängen.

Wie sollte er mit all dem, was gerade geschehen war, bloß umgehen? Wäre er bloß nie hierher gekommen, dann würde ihn der Schmerz nicht derart überrumpeln und quälen.

 

Er verfluchte sich selbst, für das, was er war. Und was er sein musste. Und er verfluchte die Welt und ihre Erwartungen denen gegenüber, denen sie eine Pflicht auferlegt hatte. Eine Bürde, so groß, wie die Verzweiflung, die sie mit sich brachte.

 



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