Bodypainting von Sazzzandora (SeBaek) ================================================================================ Kapitel 3: Total Flop --------------------- * "Dein Bruder ist ein Asi." "Nein, er ist süß. Meine Erziehung, ich bin so stolz. Ich hätte nie gedacht, dass er wirklich so gut aufgepasst hat, wenn ich ihm für meine Prüfungen die Inhalte vorgelabert habe. Magst du noch Kakao?" Ich sah in meine inzwischen leere Tasse, schüttelte aber den Kopf. "Wäre es für dich okay, wenn ich dich alleine lasse und Sehun ein bisschen belästigen gehe? Ich fühle mich nämlich ein bisschen schlecht behandelt von ihm und würde gerne ein Hühnchen mit ihm rupfen", witzelte ich. Junmyeon grinste breit. "Viel Erfolg. Ich bin sicher, er freut sich, dich zu sehen. Ist ja auch schon einen Weile her." "Viel zu lang, hm?" "Allerdings." Nun stand ich auf und ging aus der Küche. "Treppe hoch und links!", rief Junmyeon mir nach. Also lief ich die Treppen hoch und bog nach links ab. Die anderen zwei Türen waren geöffnet, ein modernes Badezimmer und Junmyeons Zimmer, in dem es aussah, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Aber das war schon immer so gewesen, soweit ich wusste. Er war furchtbar unordentlich. Ohne zu klopfen öffnete ich die Tür. Sehuns Zimmer war auch nicht sonderlich ordentlich. Das wunderte mich, da ich immer gedacht hatte, nur Junmyeon sei chaotisch. Aber sein kleiner Bruder kam da wohl ganz nach ihm. Ein paar Klamotten lagen herum, dazwischen Papierstapel, ein paar Bücher und Videospiele. Der Schwarzhaarige saß an seinem Schreibtisch, der gegenüber der Tür unter dem Fenster stand. Rechts an der Wand stand ein großer Kleiderschrank mit einer großen Spiegelfläche. Links neben der Tür stand unter dem Lichtschalter ein Nachttisch und daneben sein großes Bett. Rechts neben seinem Schreibtisch stand ein Stativ mit einer Kamera darauf. Ich wusste gar nicht, dass er fotografierte. "Hi~ Sehun", grüßte ich ihn freundlich und näherte mich seinem Schreibtisch. Er sah mich über seine Schulter an und musterte mich kurz. "Komm doch rein, hyung", murmelte er bloß sarkastisch und sah zurück in seinen Laptop. Tumblr also? "Sorry, ich hab mir angewöhnt nicht zu klopfen, bei Minnie platz ich auch immer rein. Hat mir schon die ein oder andere unangenehme Situation beschert. Darf ich mich setzen?" "Tu dir keinen Zwang an." Ich setzte mich entsprechend auf sein Bett und sah mich noch weiter um. Sehun drehte sich mit seinem Stuhl zu mir. "Wie geht's dir, Sehunie?", fing ich an. "Gut." Okay. Ich war kein Fan von kurz angebundenen Antworten. "Also du kennst mich ja doch?" "Scheint so." Ich stöhnte auf. "Oh~ komm schon, sei kein Arsch! Was hab ich dir getan?!" "Was du mir getan hast?", wiederholte er und sah mich eindringlich an. Oh Gott, dünnes Eis. Doch zu meiner Verwunderung begann er nur zu kichern. Er schüttelte den Kopf und lehnte sich zurück. "Vergiss es. Dein Gesicht war's wert, das ist alles. Wie geht's dir?" "Ein bisschen stressed, ein bisschen depressed, aber das trifft jeden Studenten. Du wirst keine Ausnahme sein, Hunie. Ich hab jetzt bis Semesterende ein Projekt und muss dafür noch eine Hausarbeit und ein Referat fertig kriegen, aber sonst... Was studierst du?" "Kunst-" "Oh~ du auch? Sag Bescheid, wenn du Nachhilfe brauchst", ich zwinkerte. "Mhm. Bestimmt. Ich wende mich dann an alle außer dich. Und jetzt unterbrich mich nicht nochmal." Dafür schnaubte ich beleidigt. Ich war eben sehr gesprächig, wenn ich wollte... "Jedenfalls Kunst, aber ich überlege Design oder Schauspiel dazu zu nehmen. Wir haben ja gesehen, dass mir das liegt. Nicht wahr?" Zuckersüß lächelte er mich an. "Jaja. In Kunst kommt sowieso Design dran, aber das waren leider nur zwei Module, glaube ich. Ich hab meine Unterlagen bestimmt noch-" "Danke, ich komm klar." "Zum Anschauen", warf ich sofort ein, "Nicht zum Verschenken. Das musst du dir erst verdienen." Er lächelte schief. Ein Bein schlug er über das andere und drehte sich zu seinem Laptop zurück. "Kein Interesse, hyung. Ich komm mit dem Stoff sehr gut zurecht." Okay... Natürlich nicht. Wer nahm schon gern geschenkte, vollständige Uniunterlagen an? Natürlich niemand. Nein. Auf keinen Fall. Aber wie kam ich jetzt an mein Model? Irgendwie musste ich ihn ja für mein Projekt gewinnen. Nur irgendwas sagte mir, dass er mich absolut nicht ernst nahm. "Aber... ich hab Interesse." Oh ja, super. "Ach ja? An was?" Weise Worte? Fehlanzeige. Nicht mit mir. "An dir." Er lachte auf. Natürlich. Oh Gott. Seine dunklen Augen sahen mich über seine breite Schulter an. Er zog die Augenbrauen zusammen. Daraufhin wandte er sich wieder an seinen Laptop. "Das wäre mir neu, Baekhyun." "Naja~ also um genauer zu sein geht es um mein Kunstprojekt. Ich hab da was geplant. Und rate wer die Hauptrolle spielt!" "Aha?" Ich stand nun auf, was er scheinbar nicht merkte. Denn als ich neben ihm stand und er es merkte, klickte er die geöffnete Website von Tumblr relativ hektisch weg. Leider hatte ich nur seinen Vornamen im Tab gesehen. Also müsste ich später mal danach suchen. Aber das sollte ja nicht so schwer sein. Kurzerhand nahm ich einen Stapel von seinem Schreibtisch und setzte mich, dreist wie ich war, auf den Tisch. Er hielt meinen Blickkontakt, zog nun eine Braue hoch. Sein Gesicht war wirklich sehr hübsch. Es gefiel mir total. Besonders, wie er mich ansah. Zwar so, als würde er mich rauswerfen wollen, aber ziemlich heiß. Seine breiten Schultern und die Tatsache, dass er ein gutes Stück größer war als ich, bot so viel Fläche zum Malen. Und so viel Potential für ein normales Shooting. "Ja. Und zwar geht es um ein Fotoshooting." "Und was willst du dann von mir? Ich fotografiere, aber... ich steh ungern selbst vor der Kamera." "Ich will von dir, dass du mein Model wirst. Weil du siehst wahnsinnig gut aus, wenn ich das sagen darf und angesichts deiner Figur ist auch dein Körper nicht ohne, davon bin ich überzeugt-" "Weil ich gut aussehe also." "Genau." "Danke, ist für mich keine neue Information. Hab ich schon zu oft gehört." Gut, schön, dass er wusste, dass er gut aussah. Das war doch gut. "Jedenfalls geht es um Bodypainting und ich-" Sofort schüttelte er den Kopf und unterbrach mich. "Vergiss es. Ich zieh mich vor keiner Kamera aus, Baekhyun." Ich kicherte. "Da kommt ja noch Farbe ins Spiel, so nackt bist du da ja nicht. Außerdem hab ich noch gar nicht überlegt ob du Unterwäsche anbehältst oder nicht." "Ich mach 's sowieso nicht. Baekhyun, ich kenn dich, wieso sollte ich mit dir arbeiten? Pardon, aber ich kann in deinen Augen sehen, dass du nur auf mein Aussehen aus bist, nicht auf Können oder sonst was. Außerdem kann ich nicht modeln." "Bullshit, du sitzt normal neben mir und ich denke, du-" "Vergiss es. Ich hab auch gar keine Zeit, also such dir bitte bei jemand anderes Aufmerksamkeit." Ich seufzte. Verdammt, ich wollte unbedingt, dass er für mich modelte! Er war Bombe, er war so gut und stach so hervor, ich würde echt das beste Projekt abgeben können, wenn er zusagte. "Ich hab auch überlegt, Jongin oder Chanyeol zu fragen-" Plötzlich wirkte er eingeschnappt. Hätte ich das besser für mich behalten? Aber eigentlich hatte ich ja gar nicht überlegt, die zwei zu nehmen, ich hatte sie ja direkt ausgeschlossen. Es war schließlich Jongdaes Idee gewesen. "Ist das so, ja? Dann nimm die zwei doch. Wozu brauchst du mich dann?" Er verstand mich total falsch, wieso denn?! "Weil- Was? Ich meinte nicht- Sehun, du siehst viel besser aus, als die zwei." Er schnaubte leise. "Weiß ich", murrte er leise. "Ich will außerdem gar nicht mit den zwei arbeiten. Jongin ist sauer auf mich und Chanyeol kann ich doch nicht ernst nehmen." "Ich weiß, dass du bei Jongin verschissen hast. Er hat es mir ziemlich aufgelöst am Telefon erzählt. Und ganz ehrlich? Dass er dir so böse ist und dir eine geklatscht hat, geschieht dir recht." Nun schnalzte ich mit der Zunge. Ja, okay, es war echt scheiße gewesen, auf das Fremdgeflirte von seinem Freund - naja, Ex-Freund - anzuspringen und ja, vielleicht war Alkohol auch keine Ausrede. Aber es war schon ein paar Wochen her, also so langsam könnte Jongin sich wieder einkriegen. "Ich weiß, dass das scheiße war, aber ich hab mich entschuldigt." "Das bezweifle ich. Du bist niemand, der sich entschuldigt, Baekhyun. Nicht wenn du so davon überzeugt bist, dass die Scheißaktion legitim war." Zumindest glaubte ich, mich entschuldigt zu haben. Aber das tat jetzt nichts zur Sache. Es ging schließlich um mein Projekt. "Sehun, das ist doch jetzt mal egal. Erstens war ich betrunken und zweitens tut das nichts zur Sache. Ich würde schließlich gerne dich fotografieren, nicht Nini. Überleg doch mal, das würde dir total stehen, ein bisschen Farbe sieht bestimmt sehr gut aus an dir." "Findest du meinen Stil zu monoton?" "Fick dich, das meine ich gar nicht!", fuhr ich ihn an, "Ich meine- du weißt, was ich meine, es geht schließlich um Bodypainting! Ich würde dich super gerne fotografieren, wer würde das nicht?" Er klappte den Laptop zu und sah aus dem Fenster, dann wieder zu mir. Ein Gähnen verließ seine Lippen. "Einige. Ich kann schließlich nicht modeln. Ich hab auch kein Interesse daran, es zu lernen. Und wenn es dir nichts ausmacht, ich muss gleich wieder weg." "Es macht mir was aus. Ich geh erst, wenn du zusagst." So. Das hatte er jetzt davon. Aber was könnte ich noch sagen? Musste ich mich jetzt echt bei ihm entschuldigen? "Pass auf, Sehunie- Ich will ja nicht nur mit dir arbeiten, weil ich denke, dass du echt heiß bist. Tut mir leid, wenn ich so darauf fokussiert war. Aber ich muss ein Model ja allen voran am Aussehen aussuchen. Ich will auch mit dir arbeiten, weil ich dran glaube, dass du das kannst. Du hast... gestern so gut geschauspielert und das wirkte echt natürlich, weißt du? Ich weiß, dass wir vielleicht keinen so tollen Start hatten, aber daran können wir doch arbeiten. Und das ginge doch auch, wenn wir zusammenarbeiten." Verdammt, warum machte es mich nervös, ernsthaft mit ihm zu sprechen? Und warum sah er mich so eindringlich an? Das machte es nämlich nur noch schlimmer. Aber wie auch auf der Bühne durfte ich jetzt nicht nachlassen. "D-Du weißt doch, dass ich dich mag, auch wenn's nie so wirklich so rübergekommen ist. Komm schon, wir könnten es doch wenigstens ausprobieren. Ich mach ein paar Fotos von dir und wir schauen, wie sie aussehen und dann kannst du immer noch entscheiden. Dann beweis ich dir, dass du das kannst. Ich kenn dich doch, das wird gut." Na jetzt sah er schon etwas zutraulicher aus. Eigentlich war es ja asozial mit ihm zu flirten, um ihn zum Modeln zu kriegen, aber es schien ja zu funktionieren. Ein paar Komplimente wirkten immer. "Und was hätte ich überhaupt davon? Was hab ich davon, dir den Gefallen zu tun?" Ja, was hatte er eigentlich davon? Er hatte Recht, was konnte ich ihm denn bieten? Er war verliebt gewesen, richtig? Meine gierigen Finger konnten sich kaum zurückhalten, also strich ich durch seine Haare. Sie waren noch ganz weich. Auch wenn er genug Geld hatte, könnte ich ihn ja einfach bezahlen. Dafür müsste ich zwar lang, lang arbeiten gehen, aber was sollte ich ihm sonst geben? "Ich weiß nicht... Wie wäre... das heiße Date, das du dir immer mit mir versprochen hast?", sprach ich dann aber schon aus. Bang. Wutentbrannt starrte mir der Jüngere in die Augen. Also... war das jetzt auch gescheitert? Das war doch Scheiße, wieso spielte denn keiner mit? So machte Uni doch keinen Spaß. Mein Skript sah total anders aus, als das, was hier lief. Warum redete ich auch einfach drauf los...? "Wow, wie hab ich auch nur eine Sekunde denken können, du hättest dich geändert?! Du willst mich kennen? Ich sag dir was, wenn du nicht sofort verschwindest, dann lernst du mich wirklich kennen! Sieh zu, dass du abhaust! Lass mich in Ruhe, ich will nichts mit der Scheiße zu tun haben! Ich bin kein Ausstellungsstück mit dem du angeben kannst und erst recht keine zweite Wahl, Byun! Biete dich jemand anderes an, der dumm genug ist, dir die Scheiße zu glauben, die du redest!", er rollte mit den Augen und schnaubte, "Ich kann sowieso nicht modeln, du hast Glück gehabt. Und jetzt verpiss dich. Such dir wen anderes, den du belästigen kannst." Entsetzt sah ich ihn an. "Sehunie-" "Nein! Raus!" So eine Scheiße. Ich sprang vom Schreibtisch und legte den Stapel, den ich nach wie vor festhielt auf den Tisch zurück. In der Tür stehend sah ich noch einmal zu ihm zurück, doch als ich den Mund öffnete, um etwas zu sagen, schrie er mich nur noch ein weiteres Mal an. Das konnte doch nicht wahr sein, dass ich es mir jetzt bei meinem Model verschissen hatte. Das akzeptierte ich nicht. Dennoch ging ich fürs Erste runter. Ich wusste nicht, was ich Junmyeon sagen sollte, also sah ich nur kurz zu ihm in die Küche. Plötzlich unsagbar nervös brachte ich einen Moment keinen Ton heraus. Der Blonden blinzelte mich an. "Uhm... Sorry, hyung", murmelte ich, "Wir sehen uns." "Was ist denn los, Baekhyun? Ist was passiert?", fragte er mich besorgt. Ich nickte einfach nur stumm. Dann zog ich schnell meine Schuhe an und verschwand aus der Haustür und lief im Schnellschritt in Richtung U-Bahn. Mein Herz schlug total schnell und es lag nicht an der Anstrengung. Es machte mich gerade ein bisschen fertig, dass Sehun jetzt so wütend auf mich war. Am liebsten würde ich sein beschissenes Auto kaputttreten. Irgendwie hatte ich das Gefühl, mit jemandem sprechen zu müssen. Egal wie erwachsen ich wurde, zumal ich das gar nicht mochte, ich brauchte ja doch immer noch einen erwachseneren Erwachsenen. Und da Junmyeon nicht mein Erwachsener war, sondern Minnie, weigerte ich mich erst einmal, diesem zu schreiben. Minseok war wie Eltern. Und Eltern fanden es uncool, wenn es so klang, als hätte das Kind Unsinn gemacht. * * * Auf Dauer wurde es nervig, mich jeden Tag mit den Designs für mein Projekt zwangs zu beschäftigen und ich konnte Minnie natürlich nicht ewig umgehen. Er wusste immer sofort, wenn etwas nicht stimmte. Und ich wusste auch, dass er sich nur zum Kochen treffen wollte, erstens weil Jongdae übers Wochenende bei seinen Eltern war und zweitens weil er wusste, dass ich Scheiße gebaut hatte. Zugegebenermaßen war ich die ganze letzte Woche weniger gesprächig gewesen und ich hatte mich wohl einmal zu oft über mein Gesangseminar aufgeregt. Dort war ich Junmyeon über den Weg gelaufen. Er hatte mich nur matt angelächelt und leise gegrüßt. Ich wusste genau, dass Sehun ihm alles erzählt hatte, so wie er auf mich reagierte. Ich sah es ihm an. Sein kleiner Bruder war verletzt und es war meine Schuld. Ergo einer weniger, der mir mit Sehun helfen würde. In den letzten Tagen hatte ich auch drüber nachgedacht, dass ich vielleicht wirklich Scheiße geredet hatte. Auch wenn ich es ungern zugab. Ich hasste nichts mehr, als Fehler. Ich hatte sogar schon überlegt, mir ein anderes Model zu suchen, aber meine Gedanken waren immer wieder zurück zu Sehun gewandert. Mich beeindruckte einfach niemand mehr. Es wunderte mich, dass er mich so anzog, wie das Licht die Motten. Was erschwerend hinzu kam, war, dass ich ihn auch öfter in der Mensa sah. Dort saß er dann mit seinen Freunden und auch wenn ich wusste, dass er mich gesehen hatte, würdigte er mich keines weiteren Blickes. Natürlich hatten die anderen mich gefragt, doch ich hatte bisher alles abgeblockt. Es war zwar klar, dass es gescheitert war, aber bisher hatte ich nicht erzählt, woran. Entsprechend lachte Jongdae mich hin und wieder aus, weil ich doch etwas offensichtlich schmollte, sobald ich Sehun sah. Yixing und Chanyeol hatten aufgegeben zu fragen, Kyungsoo hatte erst gar nicht gefragt, 'weil es sowieso nur mein übliches Drama sei'. Zu meiner Überraschung hatte Minnie sich noch gar nicht großartig mit meinem Benehmen auseinandergesetzt, außer mir zu sagen, ich solle aufhören, so zu starren. Das wäre ja noch unangenehmer als mein Gejammer. Jedenfalls hatte er sich nun genau eine Woche nach diesem Desaster mit mir treffen wollen. Er hatte alles für Bibimbap mitgebracht. Auch wenn ich wusste, warum er da war, unterhielten wir uns während des Essens vorrangig über Kyungsoos Praktikumsplatz, von dem er uns bis gestern nichts erzählt hatte. "Hat er nicht gesagt, er wäre nur hinter den Kulissen?" "Weiß nicht. Main Cast ist normalerweise nicht hinter der Kamera, sondern davor." "Arschloch. Er hätte ruhig mal was sagen können. Und wann kommt die Serie raus?" Minseok zuckte mit den Schultern. Er stellte seine Schale auf dem Tisch ab. "Keine Ahnung. Pass auf." "Oh no~", maulte ich. Ich hatte überhaupt keinen Bock auf das, was jetzt kam. Überhaupt GAR keinen. "Oh doch. Jetzt zum Gossip, Baekhyunie. Ich hab aufgeschnappt, wie Tao sich Sehun gegenüber tierisch über dich aufgeregt hat. Und zu meiner Überraschung klang Sehun selbst gar nicht so wütend. Jetzt wundere ich mich, wieso du dich benimmst wie ein Kleinkind, dass kein Eis bekommt, während er überhaupt nicht auf dich reagiert?" Ich seufzte. "So schlimm war's gar nicht." "Bist du sicher?", er zog skeptisch eine Augenbraue hoch, "Tao wurde ziemlich ausfallend." Nun schnaubte ich. Was mischte Tao sich bitte ein? Und wer zum Teufel war Tao überhaupt? Das fragte ich dann auch Minnie, der nur mit den Augen rollte. "Einer von Sehuns besten Freunden. Ein wirklich lieber Typ, auch wenn er eine richtige Diva sein kann. Aber das bin ich ja von dir gewöhnt. Jedenfalls fand er, was auch immer vorgefallen ist, eher ziemlich scheiße von dir." Ich verschränkte die Arme und sah aus dem Fenster. Dann beobachtete ich den Schwarzhaarigen dabei, wie er aufstand und das Geschirr in die Spüle räumte. Er ließ Wasser einlaufen, ehe er mich abwartend ansah. "Also?" "Ich hab- Also ich hab zuerst mit ihm über sein Studium geredet. Dann hab ich Sehun von meiner Idee erzählt, aber er wollte nicht. Ich weiß auch nicht, er meinte halt, er könne nicht modeln, aber ich glaube er lügt. Weil guck ihn an. Selbst wenn er's nie gelernt hat, er wird es können. Das ist nicht für jeden ein Hexenwerk." "Mhm... Er kann also nicht modeln. Und deshalb würde Tao dich am liebsten verprügeln?" Ich setzte mich gerade hin und drehte mich zum Älteren. Dann stand auch ich auf und begann das abzutrocknen, was er spülte. Auch wenn er sich eingeladen hatte, würde ich meinen Gast ja nicht alleine arbeiten lassen. "Nein, Mann. Er reagiert total über. Ich hab Sehun gesagt, dass er das kann und ich dachte, es würde ihn beruhigen, wenn ich ihm sage, dass Chanyeolie und Jongin auch möglich gewesen wären. Aber das war glaube ich echt scheiße. Er war voll pissig mit mir, auch weil ich Stress mit Nini hab. Und bevor du anfängst: Ja, ich hab drüber nachgedacht, dass ich mich bei Nini nochmal richtig entschuldigen muss." Minnie lächelte in die Spüle und kicherte leise. Dabei nickte er und gab mir die letzte Schale. Danach ließ er das Wasser ablaufen und räumte das saubere Geschirr in den Schrank zurück. "Ich nehm Jongdae noch den Rest mit. Der kommt morgen früh schon." Zusammen setzten wir uns auf mein kleines Sofa. Ich zog die Beine an, lehnte mich zurück und erzählte weiter. "Freut sich bestimmt. Naja nach Nini hab ich auch gesagt, dass ich ihn ja doch eigentlich mag, weißt du doch und dann hatten wir uns kurz über seinen Stil gestritten oder so. Und zum Schluss hat er gefragt, was er davon überhaupt hätte und ich hab einfach gesagt, dass er dann das Date bekäme, das er sich früher erhofft hatte." "Du hast bitte WAS gesagt?!", fuhr Minseok mich entsetzt an. Um Gottes Willen, wenn ich es laut aussprach... war es wirklich eine Katastrophe was ich gesagt hatte. Aber hätte Sehun wirklich so schlimm reagieren müssen? "Ja, was? Ich wusste nicht was ich sagen sollte! Er hat voll überreagiert- Ich weiß echt nicht-", maulte ich, doch wurde unterbrochen. "Jetzt pass mal auf, du Dramaqueen. Ich weiß, du willst es nicht zugeben. Aber wenn du direkt so ekelhaft oberflächlich zu beeindrucken bist und ihm dann auch noch aufgrund seines Aussehens ein unmoralisches Angebot machst, bist du ja wohl absolut selbst schuld! Also stell dich nicht so an und sieh zu, dass du dich entschuldigst! Ihr seid beide emotionale Menschen, nicht ein gefühlskaltes System und dessen Spielzeug. Du bist doch bescheuert, ihm sowas zu sagen, obwohl du weißt, dass-" "Entschuldige bitte, dass ich ein Model nach dem Aussehen und Talent aussuchen muss! Er liebt mich doch auch eh nicht mehr, das ist eine Ewigkeit her, Mann! Und was willst du mit 'verliebt sein', huh?! Es war doch eh nicht mehr, als eine dämliche Schwärmerei von einem dummen Teenager!" Minseoks Brauen zogen sich zusammen. Sein Blick erinnerte mich auf einmal an meinen Stiefvater, wenn ich früher Ärger bekommen hatte. Allerdings fing ich mir von Minseok keine Ohrfeige. Zumindest niemals physisch. "Jetzt pass gut auf, Sehun ist ein Mensch mit Gefühlen und davon hat er nicht wenig, verstanden? Dabei spielt es keine Rolle, wann genau er verliebt war. Er war eine halbe Ewigkeit in dich verliebt, während du dich ihm gegenüber benommen hast, wie der letzte Wichser! Und du Arschloch kommst auf keine andere Idee, als dich zu prostituieren? Als ihn auch noch so zu behandeln und ihm vorzuhalten, in was für einen Arsch er verliebt war? Wann wirst du endlich erwachsen?" Mir wurde richtig schlecht, als er das sagte. Dass ich mit so simplen Sätzen zu weit gegangen sein könnte, wäre mir nie in den Sinn gekommen. Ich hätte nicht einmal im Traum daran gedacht, wie bescheuert dieser eine Satz hätte ausfallen können. "Was hätte ich bitte machen sollen?! Ich wusste nicht, was ich sonst hätte sagen können, dass er mitmacht- Ganz ehrlich, es lief von Anfang an scheiße, ich hab- Scheiße, alles was ich sage ist falsch! Ich mach den Mund auf und es kommt nur Mist raus und dann ruinier ich alles-", meine Stimme brach ab. Ich brauchte dringend einen Maulkorb. Oder einen Strick. Ich fühlte mich echt dreckig, dass ich so mit Sehun gesprochen hatte. Minseok hatte ja Recht, auch wenn ich es nicht hatte sehen wollen. Es war ganz beschissen gewesen, mit Sehuns Gefühlen zu spielen. Egal, wie er sich mir gegenüber eigentlich fühlte. Minseok fasste mir ins Genick und zog mich zu sich. Vorsichtig streichelte er meinen Hals mit dem Daumen und lehnte das Kinn gegen meine Stirn. Ich wurde nicht nur wütend auf mich, weil ich noch immer so dumm handelte, sondern auch, da ich heiße Tränen auf meinen Wangen spürte und ich einen fetten Kloß im Hals bekam. "Baekhyunie, ich denke du musst einfach mehr aufpassen, was du sagst, mit dem Hintergrundwissen, das dir gegeben wird. Er ist jetzt sauer, ja, also lass ihm vielleicht mal ein paar Tage Zeit. Dann gehst du hin und entschuldigst dich-" "Für w-" "Alles, du Idiot. Für alles, okay? Für früher und für die Nummer am Samstag und dass du dich nicht eher entschuldigt hast. Wenn du dich entschuldigt hast, kannst du auch anfangen, Kontakt aufzubauen. Und dann sagt er vielleicht zu. Aber denk bitte mehr nach und reduzier ihn nicht auf sein Aussehen. Du kennst ihn doch schon lang und du solltest eigentlich wissen, dass er genauso sensibel ist, wie du." "Der ist doch nicht sensibel", versuchte ich mich weiter zu wehren, wohl wissend, dass ich nicht mehr gewinnen konnte. Minseok rollte mit den Augen. Aber... Sehunie war doch wirklich nicht sensibel- "Kann es sein, dass du eigentlich gar nichts über Sehun weißt? Warum sagst du ihm, du würdest ihn mögen, wenn du ihn nicht einmal kennst, hm? Vielleicht, weil du ihm seltener zugehört hast, als deinen Eltern? Weil du zu beschäftigt damit warst, dich um dich selbst zu kümmern und ein Arschloch zu sein? Auf eine ganz witzige Weise, ist Sehun dir sogar ähnlich, obwohl du dich so daneben benommen hast. Hast du nicht gemerkt, oder? Ihr habt sogar ähnlichen Humor, aber das hat dich ja eh nie interessiert, richtig?" Minseok zog mich fester in seine Arme und wischte über mein Gesicht. Trotzig lehnte ich mich an ihn und schniefte. Eine kleine Weile hielt er mich bloß fest. Ich hörte bald auf zu heulen, bewegte mich aber keinen Meter. Minnie störte das auch nicht, im Gegenteil, er tröstete mich noch weiter, indem er meine Haare streichelte. Das hatte ich bei meinen Eltern oft vermisst. Meine Mom war überfordert gewesen, wenn ich Probleme gemacht hatte und hatte mich dann zur Strafe ignoriert, während mein Stiefvater mir hin und wieder eine Ohrfeige gegeben und mich angeschrien hatte. Aber der erste, der es mit mir ausdiskutiert und mich dann auch mal in den Arm genommen hatte, wenn es notwendig gewesen war, war Minseok gewesen. Zumindest als erster nach meinem leiblichen Vater. "Okay Baekhyunie, ich mach dir einen Vorschlag. Mal unabhängig von deinem Projekt, sondern allen voran erst einmal für dein Gewissen, ja?" "Hm?", machte ich und sah ihn von der Seite an. "Du gehst dich entschuldigen und dann kannst du ja schauen, wie er reagiert. Und wenn er positiv reagiert, kannst du ja anfangen, dich mehr mit ihm auseinanderzusetzen. Dabei solltest du automatisch auch anfangen, ihn wirklich zu mögen, weil Sehunie ist wirklich ein liebenswerter Typ, ehrlich. Und dann kannst du dich mit ihm anfreunden und wenn ihr euch vertraut, kannst du immer noch fragen, ob er dein Projekt mitmacht. Bis dahin kannst du ja schon viel vorbereiten. Vielleicht ist es dann auch egal, welches Model du jetzt nimmst. Hauptsache du zeigst ihm erst einmal, dass du dich geändert hast. Nur verstell dich nicht, weil das ist ganz sicher nicht mehr nötig." Eigentlich... kannte ich Sehun wirklich nicht, wenn ich drüber nachdachte. Ich hätte nie im Leben gedacht, dass er sensibel sein könnte. Er hatte sich früher als Kind nie so gezeigt. Ich hatte ihn noch nie großartig emotional erlebt. Klar hatte ich schon gesehen, wie er wirklich lachte oder hatte mal erlebt, dass er weinte. Aber sonst... wusste ich gar nichts. Vielleicht sollte ich Sehun wirklich erst kennen lernen. Minseok würde schon Recht haben. Wenn ich mich ihm anständig annäherte, würde er vielleicht ja doch zusagen und freiwillig für mich modeln. Um das zu erreichen, sollte ich mich auch noch einmal mit Junmyeon und Jongin zusammensetzen. Es konnte ja nicht schaden. Mal sehen, wie ich mich beliebt machen konnte. * Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)