Apfelblüte von Morgi (Inu no Taishō / Izayoi) ================================================================================ Kapitel 44: Geißblatt IV ------------------------ Apfelblüte - Geißblatt IV - Autor: Beta: - - - - - Fandom: Inu Yasha Genres: Romantik (Hetero), Drama, Epik, Alternate Timeline Triggerwarnungen: Gewalt, Tod, Trauma Disclaimer: Inu Yasha ist Eigentum von Rumiko Takahashi, ich verdiene hiermit kein Geld. - - - - - - - 133 Wie er das Blatt auch drehte und wendete: Wenn er diesen Burschen loswerden wollte, musste er einen anderen Weg finden. "Myouga." Der Herr der Hunde sah aus den Augenwinkeln zu seinem Berater, der prompt den Kopf einzog, als könnte ihm das sämtliches Unheil ersparen. "Ich benötige deine Hilfe." "Oh nein", flüsterte der Floh, während er sich einen Regentropfen aus dem Gesicht wischte. "Nein, Meister! Ich bin dagegen. Das letzte Mal, als Euch das einfiel, waren danach Falkendämonen hinter mir her: Zehn ausgewachsene Biester mit derart großen Schnäbeln, dass ich mir darin eine Residenz aus Ton hätte zimmern können!" "Du bist ihnen entkommen, alter Freund." "Ich bin verschluckt worden. Verschluckt! Ihr musstet ihrem General den Hals öffnen, um mich zu befreien. Könnt Ihr diese Fingerspitzen erkennen?" "Natürlich." Nachsichtig verfolgte er, wie Myouga seinen winzigen Daumen vor den Zeigefinger hielt und entsetzt einatmete. "Ich armer Floh stand so kurz vor meinem eigenen Tod. Ein einziger Meter noch und es wäre aus mit mir gewesen!" Die regengeschwängerte Windböe fuhr dramatisch gegen Myougas Haarbüschel, aber Isamu hielt es für unklug, milde zu lächeln und die Geschichte zu korrigieren: Es war kein Meter mehr übrig gewesen. Er hatte nicht die Kehle des Falken wie einen Pfirsich platzen lassen, sondern dessen Magen. Myougas Glücksgötter hatten ihn aus den Eingeweiden geschleudert und ohnmächtig gegen einen Stein prallen lassen. Nachdem er selbst im Laufe des Kampfes einen ganzen Landstrich verwüstet und eine Schneise aus verkohltem Gras zurückgelassen hatte, war er jedoch zu erleichtert gewesen, um dieses Detail später aufzufrischen. "Nun, lernen wir nicht alle aus unseren Fehlern?", schlug er vor. "Nein!", widersprach Myouga erbost. "Ich lerne einzig und allein aus Euren Fehlern! Was mich betrifft, so mache ich stets den gleichen und höre auf Euch, aber dieses Mal-" Weiter kam er nicht. Ehe er wusste, wie ihm geschah, hatten ihn die Klauen des Inu no Taishous gepackt und statt des schützenden, weißen Fells schlug ihm das Unwetter entgegen. Sein entgeistertes Kieksen rührte jedoch nur das Herz Izayois, nicht das seines Meisters. Isamu hatte genug damit zu tun, weiterhin das Gleichgewicht auf den wasserüberspülten Dachschindeln zu halten: Wahrlich, ihm waren in der Vergangenheit bessere Orte für Gespräche eingefallen. Hier lief ihm in vielerlei Hinsicht die Zeit davon - und dass ihm ein Ellenbogen fehlte, um sich abzustützen, brachte die Fürstentochter und ihn in Gefahr. Er wollte die Wache verscheuchen, nicht abrutschen und ihr vor die Füße fallen. "Ich bestehe darauf", raunte Isamu. "Geh, Myouga. Richte meinem Sohn aus, dass sein alter Herr sehen möchte, wie er den Menschen vor der Regentür ablenkt, ohne ihm das Leben aus den Knochen zu schlagen." "Was?" 134 Er hörte ein Donnerkrachen durch die Luft jagen, ehe die Holzriegel knarrten und knackten, als würden sie jeden Moment in Stücke brechen. Vielleicht waren es auch nur seine eigenen Knochen, weil man ihn wie ein Reiskorn fallen gelassen hatte und Myouga nicht glauben konnte, dass er noch atmete. Schwarze Wolkenberge türmten sich über ihm auf, ehe Blitze durch das Firmament schossen und die gespenstische Stille vom nächsten, regengeschwängerten Windstoß zerrissen wurde. Un... unfassbar! Warum konnte sein Meister nicht wenigstens abwarten, bis er zustimmte?! Myougas Saugrüssel hüpfte auf und ab, doch ehe er alle Flüche beisammen und den Ärmel aus einem Tropfen gezogen hatte, erbleichte er bis zur letzten Hautfalte. Dann warf er sich entsetzt zur Seite, sodass ihn die Strohsandale der Wache um Haaresbreite verfehlte und sein Gesicht in einer Ladung feuchtem Sand kleben blieb. Er wollte protestieren, schreien, aber daraus wurde nichts. Der Mann machte einen weiteren Schritt rückwärts und Myouga gelang es nur mit einer gehörigen Portion Glück erneut auszuweichen und sich am Riemen festzuhalten, um nicht von der verdrängten Welle an Regentropfen in eine Ritze gespült zu werden. Entgeistert starrte der Floh auf die Schwärze, über die man ihn hinwegtrug, dann blies er die Wangen auf. Diese verdammten Hundeherrschaften! Eines stand fest! Der nächste Dämon, der ihm das antat, würde sein blaues Wunder erleben. Vielleicht versteckte er ihm die Schwerter – oder nein, viel besser: Er holte die Fürstin des Westens hinzu, um ihn das Fürchten zu lehren. Er musste nur einen Weg auftun, um später jeden Verdacht von sich abzulenken und nicht selbst von ihr befragt zu werden. Lebensmüder als Sesshoumaru vor den Gemächern eines Menschenkindes ausharren zu lassen, konnte das auch nicht enden! Verärgert schnaufte Myouga, dann versuchte er bei der nächsten Rückwärtsbewegung der Wache einen Blick hinauf zu erhaschen. Viel konnte er nicht erkennen, aber es genügte, um den Leinenstoff über den Lippen des Mannes unter einem angespannten Atemzug zittern zu sehen. Dazu ein krummer Nasenrücken, buschige Brauen und Augen, die finster wie die Nacht nach draußen starrten. Er musste die Gegenwart des Inu no Taishous spüren: Die Instinkte eines Kriegers reagierten früh auf Dämonen. Den Rest an Misstrauen schürten der Lärm und die gebrüllten Befehle, die im Innenhof wiederhallten. Der kleine Berater wusste, weshalb das zur Nervosität bei seinem ungeschlachten Träger führte: Es war doch sehr ungewöhnlich, die Gemächer eines Gastes so schlecht bewachen zu lassen. Noch dazu hatte der Mensch geschlafen. An ihm haftete ein säuerlicher Gestank, den der allgegenwärtige Regengeruch nicht überdecken konnte - und niemand war bei ihm, um seinen Rücken zu decken. Absicht oder Versehen? Überraschte es den Wächter sogar, allein zu sein? Gleich, darüber konnte er später nachdenken. Es erklärte Myouga jedoch, wie der Herr der Hunde in Begleitung einer viel ungeschickteren Fürstentochter den Ausflug hatte beginnen können. Für ihn als Floh waren es nur eine Handvoll Sprünge gewesen, die er auch jetzt verbissen in Angriff nahm. Unbemerkt, und froh darüber. 135 Flach presste Tajiro den Atem zwischen den Lippen hervor, während seine Aufmerksamkeit an den wattierten, dunklen Säumen seiner Mutter hing. Nur der verkrampfte Kiefer verriet einem Außenstehenden, dass er über ihren Befehl nicht entzückt war. Sie reizte diesen Dämon, der im schwachen Widerschein der Kohlepfannen von orangen Lichtern und Schattenspielen umschmeichelt wurde - und seine eigene Ehre als Kriegsherr gebot es ihm, bei ihr zu bleiben. Wie stünde er da, wenn sich herumsprach, dass er als General zurückwich und sie dem Fremden die Stirn bot? Die Chance auf ein solches Gerücht war gering, aber er hatte seinen Feinden genug Kleinigkeiten zum Verhängnis werden lassen. Bisher profitierte sein ältester Bruder, der Daimyo, von seiner Grausamkeit und seinen Listen, doch das machte niemanden unsterblich. Seine Verwandtschaft musste seiner lediglich überdrüssig werden, um ihm den Tod an den Hals zu wünschen. Was würden sie später aus seiner Anwesenheit schließen? Etwas Gutes? Wohl kaum. Missbilligend lauschte Tajiro dem Höllenlärm in der Residenz, der sich wie ein handgewobenes Leichentuch um seine Kehle schlang und ihn beschäftigt hielt. Bald würde es hier vor Zeugen wimmeln - vorausgesetzt der dämonische Bastard nahm Mutters Worte nicht zur Aufforderung, vorher seine Klinge in ihre Leiber zu treiben. Das Blut rauschte in seinen Ohren, während er überlegte, wie er aus seinem erbärmlichen, gescheiterten Plan noch das Beste machen konnte. Tajiro fixierte eine handgestickte Chrysantheme auf den dunklen Seiden, wohlwissend, dass er das laute Heulen des Windes und Regens für einen Moment vergessen musste. Als auch die näher kommenden Schreie der Wachen allmählich verblassten, sah er die Schritte seines Vorhabens so klar vor sich, dass er auf ihnen im reißenden, schwarzen Strom seiner Gedanken laufen konnte. Ja, er hatte viel gewagt, um sich Reis und Waffen eines alten Daimyos zu sichern. Als General hielt er für jeden seiner Männer den Hals hin, der sich bei Izayoi erwischen ließ. Niemand rührte eine Fürstentochter an, der über keine ebenbürtige Armee verfügte und seinen Anspruch verteidigen konnte! Dennoch hatte Izayoi als Frau mehr zu verlieren: In der Heiratspolitik der Daimyos besaßen nur diejenigen Wert, die noch das Privileg der ersten Nacht anbieten konnten. Nur dadurch garantierte man einem zukünftigen Gatten, dass sein Blut in den Adern eines Kindes fließen würde. Viel Zeit für Nachkommen blieb selten, denn es gab vielerorts Schlachten und Fehden zu schlagen. Ein fremdes Balg aufzuziehen und ein Jahr bis zur nächsten Schwangerschaft zu verschwenden, zog Spott und Schwäche nach sich – wer wusste auch, wo das Weib heimlich wieder die Seidenlagen öffnete? Izayoi diesen Trumpf zu nehmen, hätte ihm in jeder Hinsicht in die Hände gespielt! Der Jüngling war ein gutes Bauernopfer gewesen. Er hätte das Lebenslicht der Amme ausgelöscht und diesen Einfall mit dem eigenen Atem bezahlen sollen. Zunächst hatte er darauf spekuliert, dass der unerwünschte Gast auftauchte. Dämon oder nicht, dem Bastard lag zu viel an der jungen Frau. Yuudais Vorschlag im Kampf, sie vor ihm anzurühren, hatte den aus der Haut fahren lassen, ihn und seine Motive gewissermaßen bloßgestellt – daran gab es keinen Zweifel. Der Bursche wäre unweigerlich in Erklärungsnöte gekommen und durch Klauen gestorben. Ihn verschont zu sehen, hätte ihm nur das Schwert seines eigenen Generals einige Ecken weiter eingebracht. Warum auch nicht? Niemand konnte riskieren, dass die Milde eines Daiyoukais an die Ohren der Männer drang. Danach hätte er höchstpersönlich seinem Daimyo Bericht erstattet, um ihm die Lüge ins Ohr zu setzen, der Rangniedere wäre bereit gewesen, in der Nähe zu warten, während er - entsetzt von vermeintlichen lustvollen Schreien zuvor - zu seinem Fürsten eilen musste. Einzig Kagetora durfte über Izayois Leben nach diesem Fehltritt entscheiden, war er doch der Hausherr. Oh, was für ein windiger Schachzug! Dann entdeckte man gemeinsam den Leichnam des Hänflings, suchte den Gast– Noch besser wäre freilich gewesen: Der Daiyoukai blieb die Nacht über, wo der Pfeffer wuchs, damit er sich nach der Ermordung seines Untergebenen selbst auf Izayoi hätte werfen können. Ihre Erklärungen wären nichts gegen die Lügen gewesen, die er ihr untergeschoben hätte. Das Wort eines Mannes galt tausendmal mehr. Zumal, es sprach auch alles gegen ihn als Schänder. Der Bursche war zu gottloser Stunde davongeschlichen und hatte sich zuvor nach dem Verbleib des Daiyoukais erkundigt, nicht er. Zu dumm. Sein Bruder Kagetora mochte seine Handschrift durchschauen, gewiss, doch die Vorteile lägen auf der Hand. Das Unglück wäre bereits geschehen, sodass es die Schäden zu begrenzen galt. Izayois Großvater durfte nicht auf den Gedanken kommen, die scheußliche Tat zu vergelten, indem er das Heim niederbrannte und alle Bewohner erschlagen ließ. Sein Urenkel würde ihn davon vielleicht abhalten, doch das löste nicht das Problem einer Verheiratung Izayois vor seinem Tod. Sie schutzlos lassen? Nein, dafür war der Greis zu gutmütig. Ihm direkt einen Ehemann zu präsentieren, bot einen klugen, besänftigenden Vorstoß. Seine unfreiwillige Braut würde dem schon ohne Widerworte und mit gesenktem Kopf zustimmen. Bisher hatte es keine Frau gegeben, die ihm nicht die Welt versprochen hätte, damit er nur endlich von ihr abließ und nie wiederkam. Kühl und mit vor Schmerz brennender Kehle schmälerte Tajiro seine Augen, während das Poltern in der Gegenwart erneut wie eine Welle über seinem Kopf zusammenschlug. Das Unwetter vermischte sich mit der brüllenden Stimme eines Mannes, welche ihm ebenso lästig fiel wie die der Dämonen: Setsuna no Takemaru. Er kam jedoch nicht allein. Die Erfahrung verriet ihm, dass mehr als drei Dutzend Strohsandalen und schwere Schritte über die Nachtigallböden trommelten – und obwohl Tajiro schlagartig bewusst wurde, wie er seinen Kopf aus der Schlinge ziehen konnte, musste er sich eines eingestehen. Das entscheidende Hindernis hatte er heute Nacht nicht ausreichend bedacht. Seine Einfälle waren an einem einzigen Hundedämon gescheitert: Dieser hier entpuppte sich nicht als Stein im Weg, sondern als ausgewachsene Mauer, die von einem Horizont zum anderen reichte. Dass sich der Bastard ausgerechnet jetzt unter einem tiefen, kehligen Knurren vom Boden aus in die Höhe schälte und eine Hitze aufkam, die ihm die Haut spannen ließ, sorgte dafür, dass sich der Vasall neben ihm ein weiteres Mal kreischend in die Stoffe machte. Grund... grundgütiger! - - - - - - - Warum steht Sesshoumaru nur auf? Erfahrt es in Kapitel 45, "Geißblatt V". Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)