Apfelblüte von Morgi (Inu no Taishō / Izayoi) ================================================================================ Kapitel 40: Wermut ------------------ Apfelblüte - Wermut - Autor: Beta: - - - - - Fandom: Inu Yasha Genres: Romantik (Hetero), Drama, Epik, Alternate Timeline Triggerwarnungen: Gewalt, Tod, Trauma Disclaimer: Inu Yasha ist Eigentum von Rumiko Takahashi, ich verdiene hiermit kein Geld. - - - - - - - 125 Damals, als ... Die Stille wurde nur von dem Prasseln der Regentropfen durchbrochen, die auf die Knospen und zusammengekrümmten Blätter schlugen. Hätte er den Kopf angehoben, wäre ihm das Schwanken der Äste und das Knacken der Rinde bewusst geworden, doch Isamu merkte kaum, wie sich die Feuchtigkeit in seinem Schulterfell absetzte. Wie lange war es her? Am Anfang hatte er noch die Tage gezählt, dann die Monde. Aus Wintern waren Jahre geworden, ehe sich Schlachten mit barsch gebrüllten Herausforderungen vermischten, die Metall scheppernd aneinanderschlagen ließen. Sieg um Sieg, ohne dass ihm das Leben die Barmherzigkeit vergolt, welche ihn Sou'unga wieder fortstecken ließ, statt die Wiesen voller Verzweiflung über seine brachliegende Ehe mit Blut zu speisen. Wenn er nachts allein in den Baumkronen saß und die Sterne zählte, stießen unweit von ihm Myouga und Toutousai wüste Murmeleien über dem Lagerfeuer aus. Sie kratzten Kerben in die kargen Böden, bis sie gemeinsam für Wochen verschwanden und ihm bei der Rückkehr von neuen Gefahren berichteten. Ihr zweifelhaftes Talent, den Ärger anzulocken, war ihm seit Langem die beste Abwechslung, doch das hielt seine Gedanken nicht davon ab, in der Vergangenheit Wurzeln zu schlagen. Alles um ihn herum bewegte sich, veränderte sich. Er nicht. Kehrte er in die Residenz zurück, verschwamm die Zeit vor seinem Antlitz. Rotgoldene Ahornblätter oder frischbegrünte Gärten bedeuteten an diesem Ort nichts mehr. Er wartete bereits so lange auf den Moment, an dem die Distanz zwischen ihm und seiner Gattin wieder wie der Schnee in der Frühjahrssonne schmolz und er sie betrachten konnte, ohne ihre abweisende Kopfneigung mit Schmerz zu bemerken - aber nichts erweichte ihr Herz. Sie duldete seine Nähe nur noch vor Gästen. Als Fürstin reichte sie ihm das Teeschälchen in aller Erhabenheit, während sie darauf achtete, ihn mit ihren lackierten Fingernägeln kaum zu streifen, doch was seine Verbündeten mit bewundernden Worten zur Kenntnis nahmen, schnürte ihm die Kehle zu. Für ihn gab es kein Geschick in ihren Gesten zu sehen. Sie wich ihm aus, nicht mehr und nicht weniger. Ihre goldenen Augen leuchteten nur noch, wenn Sesshoumaru sich mit aufeinandergebissenen Zähnen vor ihr niederkniete - und manchmal hörte er sie leise lachen, wenn er selbst in seinen Räumlichkeiten vor Maulbeerblättern saß, die er geduldig mit Pinselstrichen füllte. Saatguten und Listen über frisch angelegte Reisfelder verstanden jedoch nichts von der Wärme einer Frau. Ja, vielleicht waren das sogar die bittersten Nächte, die sie teilten. Als Inu no Taishou stand es ihm zu, ihre Hofdamen mit einem Wink seiner Hand fortzuschicken, bis es keine anderen Geräusche mehr zwischen ihnen gab, als stumme Atemzüge und das Knistern der Glut in den Kohlenpfannen. Sie nicht von Zeit zu Zeit nach Einbruch der Dämmerung aufzusuchen, hätte sie zum Gespött des gesamten Westens erhoben - eine solch mächtige, schöne Hundedämonin, die den eigenen Fürsten nicht mehr reizte! Unvorstellbar! Und obendrein gefährlich, da seine Gegenwart stets mit der Warnung einherging, seine Gefährtin gehöre ihm und wäre jeden Schwerthieb wert. Aber er wusste schon lange nicht mehr, wie sich ihre helle, weiche Haut am Hals unter seinen Klauen anfühlte. Am Anfang hatte er sich noch zu ihr auf die Damastdecken gesetzt, doch ihre Gespräche waren nie über unbeholfene Höflichkeiten seinerseits hinausgekommen. Seine Fragen und Bitten pflegten zu versanden, und falls sie seine geflüsterten Entschuldigungen jemals bewegt hätten, wäre ihm gewiss die Beherrschung in ihrem Atemzug erspart geblieben, als er das erste und einzige Mal nach dem Tod des Welpen ihr Kinn zu sich zog und ihre Lippen berührte. Nun, auch mit dieser Zurückweisung hatte er sich arrangiert. Seitdem harrte er neben den Papierschiebetüren aus, bis der Morgen dämmerte. Manchmal stellte er sich in den Stunden vor dem ersten Frühlicht vor, wie es wohl wäre, erneut ihre Klauen an seinen Handgelenken zu spüren, über ihm erhitzte Wangen, ein tiefes Raunen in der Luft, das leise und kehlig abbrach. Dann hörte er das Rascheln der Seidenstoffe und er erinnerte sich daran, dass sie am anderen Ende des Raumes ebenso wach war wie er - ohne ihn danach zu fragen, wann er endlich zu ihr kam oder aufhörte, von seinen verfluchten Kämpfen zu schwatzen. Seit mehr als drei Jahrhunderten konnte er reden, so viel wie er wollte. Auch das tat er nur selten. Dabei gab es so viel Erwähnenswertes: Die Grenzen des Westens wuchsen wie Unkraut. Inzwischen gab es zerklüftete Klippen und grasbewachsene Ebenen, auf denen ihm Dämonen mit großen, gelbleuchtenden Augen ehrfürchtig aus dem Weg gingen. Er hatte Menschendörfer betreten, um an geflochtenen Bambusmatten vor den Hütten aufzusehen, und war von Kindern dazu angehalten worden, Windspiele aus Muscheln und löchrigen Kieselsteinen mit Färberdistelpasten zu bemalen. Wie mutig und stur diese kleinen Geschöpfe doch sein konnten, wenn man sie zuvor in den Wäldern vor Unheil bewahrte! Sie vergaßen die Warnungen ihrer strengen Väter, fürchteten weder Stockschläge, noch den Anblick seiner Klauen. Sie brauchten nur eines: Zeit. Zeit und seine Geduld. "Isamu." Huh? "Ihr seid in Gedanken." "Ja." Für einen langen Atemzug fühlte er Verwunderung in seiner Brust aufflammen, aber dann erkannte der Inu no Taishou, dass er nicht über ihren Tonfall stolperte. Izayois Stimme klang zaghaft, doch die Wärme darin schmeichelte ihm, weil sie ihm seine unangebrachte Geste tatsächlich zu verzeihen schien. Er wusste nicht warum, doch als er den Blick senkte, um auf ihren Unterarm und die Elle zu sehen, die er seit vielen Herzschlägen mitsamt der Kimonoseide festhielt, konnte er eines nicht länger leugnen: "Ich hatte in den vergangenen Jahrhunderten wohl nicht oft das Glück, dass meine Nähe trotz allem erwünscht blieb." "Es schmerzt Euch", sagte sie leise. "Sehr", raunte er, bevor seine Mundwinkel von einem wehmütigen Lächeln in die Höhe gehoben wurden. "Ist das nicht eigenartig für einen Dämon? Ich kann gehen, wohin auch immer es mich im Westen zieht, doch nicht bleiben, wo es mir einst gefiel." "Vielleicht ..." Oh, wie sollte sie das ausdrücken? Izayoi runzelte die Stirn, was ihr in Mashikos Gegenwart gewiss eine Schelte eingetragen hätte. Eine junge Frau sollte zart wie eine Meise wirken, nicht faltig wie ein geraffter Fächer, dessen Muster man nicht mehr in seiner vollen Pracht bewundern konnte. Aber was half ihr dieses Wissen? Nichts. Der Wind heulte laut in ihren Ohren, bahnte sich knirschend und knackend einen Weg durch die tiefhängenden Äste, und peitschte Regenböen heran. Ihre Lippen waren noch warm von der Berührung seines Daumens, und sie musste an sich halten, nicht den falschen Gedanken zu folgen und sich verwirren zu lassen. Seine Geste konnte warten. Seine Sorgen nicht, denn es fiel ihr schwer, dem unsteten Funkeln in seinen Augen standzuhalten. Er schien so traurig und fand nicht einmal die Zeit, die Tropfen in seinem Fell oder den langen, weißen Haarsträhnen zu bemerken. "Vielleicht", begann Izayoi erneut, bevor ihre Hand die geschenkte Wurzel fester drückte, "vielleicht solltet Ihr Euch mit anderen alten Orten beschäftigen." "Und dann?" "Zeigt sie Eurem Sohn. Wie könnte er nicht auf Eure Nähe erpicht sein und Euer Wissen schätzen?" "Es ist sehr freundlich, dass Ihr das sagt", versicherte er, "aber Sesshoumaru hat nichts mit meinen Schwächen und Gedanken zu schaffen. Ich würde ihm keinen Gefallen erweisen, wenn ich ihn bei mir halte, statt ihn wie bisher wandern zu lassen. Sein Geist muss eigene Pfaden finden, um zu wachsen. Ich kann ihm nur Aufgaben geben und ihn an den Wert des Lebens gewöhnen, das ist alles." "Dann ist es nicht er, der Euch forttreibt?" Fort? Der Herr der Hunde öffnete die Lippen, ehe er bedächtig den Kopf schüttelte. "Haltet Ihr mich für unruhig?" "Ihr habt davon gesprochen, nicht bleiben zu können", erwiderte Izayoi schüchtern. "Ich dachte, Euch läge es am Herzen, es dennoch von Zeit zu Zeit zu versuchen, ohne Frieden zu finden. Verzeiht, ich wollte Euch nicht zu nahe treten, hoher Herr." "Isamu", verbesserte er rasch, bevor er sich in einem milden Lächeln verlor und den dunklen Schimmer in ihren Augen zum Anlaß nahm, sich hinabzuneigen. Bald trennten sie nicht mehr als zwei Handbreit und das Versprechen, das er ihr gegeben hatte. "Ihr habt Recht, meine Liebe. Ich bin oft zu fremden Ufern aufgebrochen, doch ich habe nie den Platz vergessen, an dem mein Welpe das Licht der Welt erblickte. Nein, beide Welpen. Ich warte darauf, dass mir ihre Mutter den Tod verzeiht und es grämt mich, nichts dafür tun zu können. Ich wüsste nicht mehr was." "Redet." "Glaubt mir, ich habe es versucht. Sie antwortet nicht. Nie. Kein Wort in all der Zeit, auf das ich bauen könnte. Manchmal kommt es mir vor, als hätte sie bereits jedes einzelne in der ersten Nacht verbraucht, und es ist nichts mehr von uns übrig, sobald ich aufhöre, von Sesshoumarus Fortschritten zu berichten. Ich ... ich sollte Euch nicht damit behelligen." Er presste den Atem zwischen den Zähnen hervor, ehe er die kühle Luft in die Lungen zog. "Es ist meine Ehe, nicht die Eure. Lasst uns gehen." "Ihr wollt mich zurückbringen?" "Ich muss." "Die Wachen", vermutete sie, ohne erraten zu können, dass ihm die schlechten Sinne der Menschen weit weniger Gefahr bedeuteten als die eigene Zunge nicht mäßigen zu können. "Ich ... ich verstehe." Izayoi musterte mit klopfendem Herzen die Schatten, die hinter seinem Schulterfell in düsteren, schwarzen Konturen aufragten. Sie waren riesig und erdrückten ihren Mut, weil in der Residenz so vieles vor sich ging, auf das sie keinen Einfluss nehmen konnte. Dort gab es Pflichten und Traditionen, aber was Ehrlichkeit betraf- "Das ist nicht richtig", flüsterte sie abrupt. "Wie?" Das unangenehme, scharfe Stechen des Windes riet ihr dazu, sich lieber unter Damast und unterfütterten Kimonolagen zu verstecken, statt sich auf den Apfelbaum zu besinnen, aber die Wärme seiner Hand auf ihrem Arm stimmte sie zuversichtlicher als die schweren, regenfeuchten Haarspitzen und das Gewicht ihres bereits durchnässten Saumes. Sein Youki hielt die Kälte ab, und sie war nicht bereit, sich vom pfeifenden, peitschenden Wind abhalten zu lassen. "Es hat mich verletzt, als Euch keine Silbe über Eure Ehefrau über die Lippen kam", verriet Izayoi, "und nun habt Ihr begonnen, mir mehr von Eurem Leben zu erzählen. Wenn uns die Männer des Daimyos hier nicht entdecken können, dann ... dann fürchte ich, dass ich Eure Gegenwart meinen Räumen vorziehen werde, sollte es Euch nicht unangenehm sein. Wollt Ihr darüber nachdenken?" - - - - - - - Ja, ich will? Erfahrt in Kürze, wie es in Kapitel #41, "Geißblatt I", weitergeht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)