Apfelblüte von Morgi (Inu no Taishō / Izayoi) ================================================================================ Kapitel 32: Klatschmohn III --------------------------- Apfelblüte - Klatschmohn III - Autor: Beta: Fandom: Inu Yasha Genres: Romantik (Hetero), Drama, Epik, Alternate Timeline Triggerwarnungen: Gewalt, Tod, Trauma Disclaimer: Inu Yasha ist Eigentum von Rumiko Takahashi, ich verdiene hiermit kein Geld. - - - - - - - 110 Hätte sich der Nebel, der dunstig zwischen den Halmen hing, in ein dunkles Rot verfärbt, wäre Isamus Überraschung kaum größer ausgefallen. Erstaunt hob er beide Brauen an, bevor er sich im Gras streckte und der zuvor entspannten Sitzhaltung ein Stirnrunzeln hinzufügte. Eine solche Bedingung ... nein, darauf wäre er im Lebtag nicht gekommen. Toutousais Worte erschienen ihm fast harmlos, wenn er sie mit jenen verglich, die er vor Tensaigas erstem Eisenspan zu hören bekommen hatte. Dieses Mal hütete er sich jedoch davor, sein Schicksal durch ein Schnauben herauszufordern: Ihm stand wahrlich nicht der Sinn danach, ein zweites Mal in diesem Jahrtausend zwischen Algen, Schlick und Froschlaich nach einer schwarzen Perle zu wühlen, während ihm drei Schlangendämonen im Nacken saßen und sein Schulterfell derart mit Brackwasser vollgesogen war, dass es ihn um ein Haar ertränkt hätte. Und wofür das alles? Toutousai hatte ihm nur auf die Hand versprochen, dass er das Schmuckstück eines Tages weise einsetzen würde - aber für das Schwert Tensaiga, das dem Tod ein Schnippchen schlagen sollte, bräuchte er derlei Schnickschnack selbstverständlich nicht. Ja, manchmal hatte sein alter Freund doch mehr mit einem verschlagenen Fuchsdämon gemein, als ihm lieb sein konnte. Isamu schürzte ein letztes Mal die Lippen, dann sah er zu Izayoi, deren Fingernägel sich inzwischen noch fester in den Wurzeln verbissen hatten. Sie schien so vertieft, so sehr mit sich und ihren Gedanken zu ringen, dass sie nicht einmal auf die Borkensplitter achtete, die sich zwischen einigen Wassertropfen auf der Seide ihres Kimonos tummelten. Im Gegenteil: Ihre rechte Hand nestelte an dem Holzstrunk, als wäre es ihr vergangen, den eigenen Durst zu stillen. "Izayoi ..." "H-hoher Herr?" Die Fürstentochter merkte auf, aber nur einen Wimpernschlag später versteifte sie wieder ihre Schultern und wich dem warmen, aufrichtig besorgten Gold in seinen Augen aus. Was tat sie denn da? Sie sollte es doch besser wissen, statt erleichtert auf ihren Namen aus seinem Mund zu reagieren oder das halbe Dutzend Grasbüschel ins Auge zu fassen, das ihre Knie voneinander trennte. Jeder andere Mann hätte darauf bestanden, dass sie hinter ihm Platz nahm und er, ein Dämon ... Verflixt. Ihr Herz reagierte mit einem kräftigen Schlag auf ihr Seufzen, ehe sie ihre Gefühle hinunterschluckte und die Wurzeln neben sich ins Gras legte. Zwischen den Halmen nahmen die Strünke prompt die Konturen haariger, schwarzer Spinnenbeine an. Es schauderte sie, aber deshalb hatte sie nicht vermieden, sie in den Mund zu nehmen. Wie sollte sie denn etwas zerkauen, solange auf ihrer Zunge so viele Fragen lauerten? Die eine Hälfte ziemte sich nicht und die zweite wagte sie nicht in der Nähe des Schmiedes zu flüstern. Dass der Greis sie kurz nach seinem ruppigen Gespräch mit einer Bedingung in den Mittelpunkt rückte, verschlimmerte ihre Situation ohnehin. Toutousai hielt sie ungeniert zum Reden an - und diese Feststellung schmerzte von allen am meisten. Wenn jeder Dämon in Isamus Nähe sie ansprach und darauf wartete, bis sie ihre Worte sortiert hatte, gab es keinen Grund mehr, sich von dem Verhalten des Hundedämons geschmeichelt zu fühlen. Keinen einzigen. Seine Gesten, sein feines Lächeln, ihre Hand in seinem Fell und sein Versprechen, auf sie zu achten: Welchen Wert besaß das noch? Unter Dämonen zu sprechen, bedeutete wohl nichts. Unglücklich neigte Izayoi ihre Stirn zum Boden, hin zu dem Dreieck, das ihre Fingerspitzen bildeten, und holte zaghaft Luft. "Es steht mir nicht zu", versicherte sie nachdrücklich, "auf den Schutz eines Schwertes zu bestehen. Ein Mann könnte diese Entscheidung treffen und darum bitten, denn er wurde dazu erzogen, Gefahren zu überblicken und einen Schmied zur rechten Zeit aufzusuchen. Doch ich ... ich bin eine Frau. Was verstehe ich schon von der Natur eines Dämons oder eines Feindes?" Und warum machte ihr das eine zu schaffen und das andere nicht? Izayoi schloss zögernd ihren Mund, aber als sie es wagte, ihren Blick hinter den dichten Wimpern schweifen zu lassen, zog sich ihr Mut bis in die Ärmelschleppen zurück und duckte sich hinter den Stickereien. Der dreiäugige Ochse hatte verblüfft aufgehört, seine Quaste über die Gräser tanzen zu lassen, dem Schmied schien ein Geist begegnet zu sein und der hohe Herr atmete tief ein, um das Wort zu ergreifen. "Toutousai." "Bedaure, alter Hund. Ich bin gerade zu schockiert, um zu sprechen. Sie ... sie hat mein gutes Schwert abgelehnt." Er nuschelte den letzten Satz ein weiteres Mal und dann gleich wieder, als könne er nicht fassen, dass es eine Menschenseele im wilden, ungezähmten und gefährlichen Westen gab, die von der Klinge und Gutmütigkeit eines Dämons nichts wissen wollte. Wie war das möglich? "Hat sie unterwegs nicht die Schirmkappenpilze gesehen? Den heimtückischen Froschlaich? Diese kleinen, widerlich haarigen Biester, die wie-" "Toutousai." "Huh?" "Würdest du uns bitte einen Moment allein lassen?" Der Schmied stockte, dann schrumpften seine Augen auf die Größe von Sakeschälchen zusammen, die man aufeinanderstapelte. Prompt verschränkte er die Arme vor seinem gestreiften Kimono und rümpfte die Nase, aber sein Versuch, alle Durchtriebenheit auf einmal zur Schau zu stellen, scheiterte an dem ernsten Ausdruck des Inu no Taishou - und dass dieser lieber die Fürstentochter ansah, statt ihn. "Na schön", entschied Toutousai murrend. "Wie du wünschst. Ich wollte ohnehin austreten und mir ein Plätzchen suchen, das von Zedern und Farn übersät ist, damit ein armer, altersschwacher Dämon wie ich in Ruhe gegen ein Hornissennest schlagen kann. Tze. Mit einer Klinge, die Blitze schleudert und dem Schwarm die hinterhältigen Flügel stutzt, wäre das kein Hindernis, aber-" "Nicht jetzt." "Pah!" Obwohl Toutousais Gelenke knirschten und knackten, erhob er sich widerspenstig und gab vor, dass ihn der angeschmolzene Raureif auf den Stoffen genug störte, um ihn fortwischen zu müssen. Dann starrte er Izayoi an und schnaufte im selben Ton, den sein Ochsendämon von sich gab, als der schwerfällig auf die Beine kam. So eine Spielverderberin! Kein Wunder, dass sein alter Freund sie in seiner Nähe willkommen hieß: Isamu hatte als Welpe keine Blume von der anderen unterscheiden können, aber er hatte jeden in sein Herz geschlossen, der einem anderen Dämon Kopfschmerzen versprach. Kopfschüttelnd klopfte Toutousai seinem treuen Begleiter Mo-Mo gegen die Flanke, dann staksten sie gemeinsam über Wurzeln und Gräser davon, bis der umgestürzte Baumstamm mit den Moosen und zerbröckelten Zunderschwämmchen vollkommen verwaist da lag. Die Wärme, die sich in der Nachtluft staute, brachte die Wipfel zum Knistern - dann seufzte Isamu schwermütig. "Eure Antwort fiel anders aus, als ich es erwartet habe." Schuldbewusst spannte Izayoi ihre Fingerspitzen an, dann wölbte sie ihre Schultern weiter vor und blieb dicht über die Gräser gebeugt. "Ich ... ich wollte Euch nicht kränken, hoher Herr." "Das habt Ihr nicht", entgegnete er ruhig, bevor er seine Mundwinkel bemühte. "Toutousais Gesicht hätte mich sogar amüsieren können, wäre Eure Miene nicht derart verschlossen und abweisend, seit ich zurückgekehrt bin. Liegt es an den Wurzeln? Sie sind bekömmlicher als sie aussehen, aber mit Euren Nägeln werdet Ihr ihnen nicht zu Leibe rücken können." Sogar das hatte er bemerkt? "Ich bin nicht durstig." "Ihr wisst so gut wie ich, dass das nicht stimmt." Geduldig wartete er ab, doch statt eine Antwort zu geben, zog sie ihre Fingerspitzen noch weiter über die Halme zurück, bis nichts mehr von dem übrig war, dass sie lächelnd und von Neugierde beseelt an seiner Seite zeigte. Ihre ganze Willenskraft schien darauf ausgerichtet, etwas mit sich auszumachen - und er hätte ein Narr sein müssen, um sich den Grund dafür nicht zusammenreimen zu können. "Eure Haltung", begann er leise, "hat sich erst verändert, als ich das Wort hinter Euch ergriff. Sollte ich Euch verärgert oder erschreckt haben, bedaure ich es, doch ich kann keinen Fehler korrigieren, ohne ihn zu kennen. Erklärt ihn mir. Ich bitte Euch." "Warum?" Verwirrt öffnete er die Lippen, doch er war sich sicher, sie nicht missverstanden zu haben. "Warum? Weil ich nicht weiß, wie ich Euch sonst Eure Unbekümmertheit zurückgeben könnte. Ihr seid wie eine Schnecke, die sich in ihrem Haus auf einmal sicherer fühlt, nachdem es ihr draußen zu gefährlich geworden ist und zu viele Meisen nach ihr pickten. Ich wünsche Euch nichts Schlechtes." "Ich weiß", flüsterte sie, während in ihrem Hals ein Kloß lauerte, den Reis, gebackene Tintenfischringe und Frühlingszwiebeln nicht zäher hätten schmieden können, "doch das habe ich nicht gemeint." "Werdet Ihr es mir verraten?" Warum ... Es war so leicht, den Satz zu beenden und all ihre Gedanken daran aufzureihen, so wie man es mit Perlen und Holzstückchen tat, die man im Sand des Innenhofes platzierte, bevor die Diener entsetzt die Unordnung mit ihren Besen zerstreuten. Als kleines Mädchen hatte sie Takemaru immer wieder dazu anstacheln können. Seine ernste, stolze Haltung war unter ihrem Zupfen und Flüstern stets wie Bienenwachs aufgeweicht und zu einem Lächeln zerflossen. Doch alles, was man anfing, besaß einen Preis und Izayoi wusste nicht, ob sie bereit war, ihn dieses Mal zu zahlen. Die Wunden, die ein Haselnusszweig auf ihre ausgestreckten Fingerknöchel schlug, mochten verheilen, aber Gefühle ... Ach, wie leicht war ihr das Leben als Kind erschienen! Wehmütig schlug Izayoi die Wimpern nieder, ehe sie aus den Augenwinkeln bemerkte, dass sich unweit von ihren Händen ein Spinnennetz befand. Es hing zwischen taubenetzten, grauschimmernden Blüten und einem Stein, der von Löchern zerfressen war - und darüber, kaum größer als die Spitze ihrer Fingerkuppe, kletterte ein Käfer, an dessen Panzer ein dünner, klebriger Faden klebte. Izayoi erinnerte sich daran, dass Mo-Mo, der Ochse, ein Farnblatt in der Nähe abgerissen hatte. War er deshalb frei gekommen? Ein glücklicher Zufall? Ja, vielleicht. Mutig fächerte das Insekt am höchsten Punkt die Flügel auf, aber dann zog eine Windbrise durch das Gras und riss den Käfer zurück ins Netz, wo er mit hilflos zappelnden Beinchen hängen blieb. Ehe sie jedoch erschüttert ihre Hand ausstrecken konnte, senkte sich eine Klaue behutsam über den chitinbedeckten Bauch - und Izayoi wurde bewusst, dass sie nicht die Einzige war, die erleichtert lächelte, als der Käfer seine Chance ergriff. Ohne Eile hob der Herr der Hunde seine Hand empor und sah dabei zu, wie sich winzige Füße mit Widerhaken über seine Haut stahlen, bevor er die eigenartige Stille brach. "Euer Schweigen ist mir unangenehm", verriet er raunend. "Und ich kann Euch kaum sagen, wie sehr. Es baut keine Brücken, obwohl Ihr meine Beweggründe vielleicht besser verstehen würdet, wenn Ihr mich nur danach fragt. Lasst mich nicht raten, woran es liegt, Izayoi." Sehnsüchtig ließ er den Käfer ziehen, ohne zu ahnen, wie flau der jungen Frau vor ihm geworden war. Er hörte nicht mehr als das Rauschen ihres Blutes und den Herzschlag, der nervös hinter der persimonenfarbenen Kimonoseide zunahm. Dann grub Izayoi ihre Fingernägel in den aufgeweichten, feuchten Boden und gab endlich nach. "Warum", hauchte sie, "warum kümmern Euch meine Ansichten so sehr? Warum habt Ihr mir nicht verraten, wofür dieses Schwert dienen sollte? Ich bin hier und soll auf etwas antworten, von dem ich nichts verstehe, aber das könnte ich verkraften. Möchtet Ihr wissen, was mich beschäftigt? Ich wurde heute geweckt und habe so vieles über Euch erfahren dürfen, das mich berührt und verwirrt, doch Eure Ehefrau ... Ihr habt sie mit keinem Wort erwähnt. Warum kehrt Ihr nicht zu Ihr zurück? Warum wollt Ihr mich schützen und nicht sie, Isamu?" - - - - - - - Was sagt man(n) denn dazu? Erfahrt es in Kapitel #33, "Klatschmohn IV". Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)