Apfelblüte von Morgi (Inu no Taishō / Izayoi) ================================================================================ Kapitel 31: Klatschmohn II -------------------------- Apfelblüte - Klatschmohn II - Autor: Beta: Fandom: Inu Yasha Genres: Romantik (Hetero), Drama, Epik, Alternate Timeline Triggerwarnungen: Gewalt, Tod, Trauma Disclaimer: Inu Yasha ist Eigentum von Rumiko Takahashi, ich verdiene hiermit kein Geld. - - - - - - - 108 Tajiros hinterlistige Miene brach entzwei, als habe der Sommer ein trockenes Flussbett aufplatzen lassen und all seine Ungeduld an die Oberfläche gezerrt. Für einen Moment war der Kriegsherr zu erbost, um einen klaren Gedanken fassen zu können, doch dann ging alles rasend schnell. Ein zweiter Schrei erklang, dazu das dumpfe Geräusch, das entstand, wenn jemand mit bloßen Händen gegen Metall prallte. Einen Wimpernschlag später flog der Leib des Jünglings zwei Mannslängen über den Boden durch die Luft und schlug krachend in die Papierwand auf der rechten Seite ein. Die Holzstreben splitterten wie Stroh, dann brach das handgeschnitzte Kunstwerk unter unvorstellbarem Getöse zusammen. Das schrille Aufheulen des Burschen ließ Tajiro bis zu den Zehenspitzen erbleichen. Verflucht sollte dieser Bastard sein! Er hatte unvorsichtige Männer Klippen hinabstürzen sehen, ja, auch selbst einige unliebsame Konkurrenten in Schluchten gestoßen, aber er war kein Narr. Seine drahtige, kampferprobte Gestalt kannte Grenzen, und als er zurück zur Ecke sah, entdeckte er hinter der Papierwand und den flackernden Lichtern der Kohlenpfannen einen Schatten, der sich in tödlicher Ruhe vorwärts bewegte. Offenbar hatte er diesen Dämon unterschätzt. Womöglich hatte der ihn gewittert oder die Gemächer seines Liebchens eben erst verlassen. Verflixt! Unter vier Augen schien der weder Geduld, noch Zimperlichkeiten zu kennen. Er hatte dem Burschen ein kurzes, blutiges Ende gewünscht, nicht sich! Harsch glitt Tajiros Hand zu seinem Schwert, dessen Heft mit mehreren Lagen Rochenhaut umwickelt war, dann spannte er seinen Nacken an und spürte, wie sein Herz schneller und rabiater gegen seine Rippen schlug. Eine Flucht wäre ihm lieber gewesen, doch dafür war der Gang zu lang und die Sinne eines Dämons zu scharf. Ohne genügend Vorsprung brauchte er sich nicht einzubilden, unbeschadet davonzukommen. Schön! Als sich der Widerschein der Flammen das nächste Mal verzerrte, gelangte etwas Helles in sein Blickfeld. Fell bauschte sich federweich auf und umfloss einen mit roten Blumen bestickten Seidenärmel. Dann erklang das leise, bedrohliche Scheppern von Metall. Einen Atemzug später erfasste Tajiro, der biestig die Nasenflügel geweitet hatte und sich vorbereitet glaubte, eine Hitze, die ihm durch Mark und Bein ging. Der ganze Boden verschwamm, als habe jemand in der glühenden Sonne einen Eimer Wasser darüber gekippt, um die Tröpfchen verdunsten zu sehen - aber deshalb wurde ihm die Kehle nicht staubtrocken. Unfassbar! Das war nicht der Daiyoukai! Der hier war einen ganzen Kopf kürzer, trug je zwei dunkle Streifen auf den Wangen und eine Laune vor sich her, die jedem Katana mit einem Blick eine tiefe Kerbe schlug. "Wer", schluckte Tajiro, ohne auf das erbärmliche Kreischen des Burschen zu achten, "wer seid Ihr, Dämon?" Ein Verbündeter des anderen? Gleich zwei von denen? Oder sollte das der Drache sein, den man ihnen angekündigt hatte? Nein, an dem schien nur Fell verloren gegangen zu sein, keine Schuppen. "Sprecht!", forderte Tajiro. "Ihr habt kein Recht hier zu sein und im Hause meines Herrn, des Daimyos der nordwestlichen Gefilde, Blut zu vergießen. Gebt Euch zu erkennen!" "Tze." Was für ein lächerlicher, einfältiger Mensch. Was dachte der? Dass er irgendjemandem an diesem Ort eine Antwort schuldig war? Die Luft, die hier herrschte, war bereits beleidigend genug. Sie stank nach Holzrauch und gebratenen Spatzen. Nun gesellte sich auch noch das Gejammer dieser Störenfriede hinzu, das sogar Myougas Litaneien das Wasser abgrub. Vater sollte ihm später dafür danken, dass er ihnen das Leben ließ. "Verschwindet", knurrte Sesshoumaru dunkel. Dann wandte er sich ab, und schritt mit einem Gefühl in der Brust zurück, das ihm bis in die Kehle stieg und sich dort wie ein matschiger Kloß Reis anfühlte. Befehl war Befehl, das wusste er, sehr zu seinem Leidwesen. Wenn sein verehrter Vater darauf bestand, dass er die Bewohner höflich bat, später wiederzukehren, gehorchte er, ohne das Risiko einzugehen, seinen Ärger zu schüren. Dennoch schätzte es Sesshoumaru nicht, wenn man ihm hinterherstarrte, als könnte man nicht glauben, von ihm verschont worden zu sein. Was blühte ihm als Nächstes? Ein kleines Menschenkind, das sich treuherzig an seine Fersen heftete? 109 "Das ist verrückt!", schimpfte Toutousai, bevor er seinen Überlebensinstinkt erneut mit Füßen trat und sich auf den Oberschenkel stützte, um mit einem Finger auf die Fürstentochter zu zeigen. "Du willst sie beschützen?" "In der Tat." "Dich hat doch der Floh gestochen!", hakte der Schmied ein. Verärgert starrte er von der stahlblauen Seide Isamus zum Ochsen, doch der Koloss bevorzugte es, verängstigt auf seinem Grashalm herumzukauen, statt ihm Recht zu geben. Dieses feige Tier! Aber gut, er konnte den alten Hund auch allein mit seinen eigenen Waffen schlagen. "Glaube bloß nicht, dass ich mich von solch einer albernen Idee erweichen lasse", zischte Toutousai grätig. "Du hast den Anführer der Panther mit einem einzigen Hieb deiner Klauen erlegt, und deinem Welpen mehr über die schwertlosen Künste beigebracht, als ich vorher beim Namen nennen konnte. Welche Feinde sollten im Hause eines Menschen lauern, die du nicht mit einem halbherzigen Knurren in alle Winde zerstreuen kannst?" "Hältst du mich für einen Narren, Toutousai?" "Verrat du mir, ob es angebracht wäre!" "Gut." Isamus Augen funkelten in einem kühlen, warnenden Gold, während die aufsteigende Feuchtigkeit des Nebels an den Blättern zupfte. Das Donnergrollen, das die Luft erfüllte, war noch weit entfernt, aber die langsamsten Käfer und Würmer begannen bereits, sich zu verkriechen. Als er die Lippen wieder öffnete, verdunsteten die Tautropfen unter einem Schwall Youki und seinem unerwarteten, stillen Seufzen. "Es spielt keine Rolle, wie viele mich im Westen fürchten. Ich besitze Grenzen und begehe Fehler wie jeder andere. Als ich mich das letzte Mal überschätzte, bezahlte ich dafür mit dem Leben meiner Tochter. Du weißt, was damals geschah." Oh, wieso musste es dieser Grund werden, der ihm prompt die Kehle zusammenschnürte? "Wie könnte ich es vergessen? Ich war dort", murmelte Toutousai und wischte sich zur Überraschung aller ruppig mit dem Handrücken über die Nase. Die Bilder, die vor seinem inneren Auge aufstiegen, konnte er jedoch nicht verscheuchen. Sie zeichneten den kalten Wind und den Regen nach, der nachts über die Sandkörner im Innenhof peitschte. Er hörte den Herrn der Hunde lachen, laut und ungezwungen. Sein weißes Fell hatte grau und verwüstet ausgesehen und die Fingerspitzen waren von winzigen, frisch blutenden Bissspuren übersät gewesen - aber auch das war vor dem Stolz des Daiyoukais verblasst, den jüngsten Welpen endlich in den Schlaf gesungen zu haben. Freimütig hatte der alte Kauknochen darüber geplaudert, dass er die Ohren und Sinne seiner Fürstin bewunderte, die sich von nichts schrecken ließ und jede helfende Hand energisch ihrer Gemächer verwies. Ihre Hofdamen scheuchte sie bei Tagesanbruch umher, die Ammen duldete sie nur mit drei Ellen Abstand - nur das Gebettel seines Erstgeborenen nach einem weiteren Schwert sei noch bemerkenswerter. Ach! Was hatten sie über den umgeschmiedeten Fangzahn des Onis, den er Isamu überreichte, geplänkelt! Er selbst griesgrämig und der Hund amüsiert, bis ein einziger Schrei die Nacht zerriss und das Youki von Drachen wie ein Flammenmeer in jedem Winkel der Residenz aufloderte. Die Wachen, jung und alt, waren als Erste wie die Fliegen gefallen. Was ... was für ein Grauen. Kurz zog Toutousai die Augenbrauen zusammen, als müsse er sich erst sicher sein, dass sich das Brennen hinter seinen Lidern wieder eindämmen ließ, dann musterte er Izayoi. "Warum sprichst du davon in ihrer Nähe?", krächzte er. "Ich habe meine Gründe, alter Freund." "Du hast es ihr bereits erzählt?" "Nein, nicht alles. Das stand mir nicht zu", erwiderte der Inu no Taishou ausweichend, "aber auch sie sah gute Männer sterben, als ihre Eskorte von Drachen überfallen wurde. Einer von ihnen trug den Geruch mit sich, der Ryukotsuseis Brutschwester anhaftete." Toutousai rang nach Luft. "Die Menschen haben dir eine Falle gestellt und sich mit diesem Pack verbündet?!" "Nein." Der Weißhaarige schüttelte den Kopf, bevor er seinen Blick zu der Fürstentochter lenkte und ihr sein Bedauern mit einem Stirnrunzeln versicherte. Er schätzte diese Anschuldigung nicht, doch auch er wusste, dass die Schliche der Menschen die faulsten Früchte hervorbrachten, um überleben zu können. In der Not paktierten manche mit Dämonen und wurden zum Dank mit Haut und Haaren gefressen. Aber Izayoi? Sie hatte von diesem Angriff nichts gewusst, und war ihm seither ein Licht im Dunkeln, ohne etwas dafür zu verlangen. Er hätte es ihr gern zugeflüstert und seine Hand auf die ihre gelegt, doch ihr Blick war so abweisend auf ihre verkrampften Fingerspitzen und die Wurzeln gerichtet, dass er sich lieber an Worten versuchte. "Falls es eine Falle gewesen ist, wurde sie nicht von Menschenhand erdacht. Sie kennt keine schlechten Absichten. Wenn ich könnte, würde ich ihr jeden freundlichen Gedanken, den sie mir bisher anvertraut hat, in Reis aufwiegen. Aber es speist sich schlecht, solange Drachenbrut in ihrer Nähe verweilt." "Deshalb hast du sie hergebracht." "Das ist richtig. Ich bitte dich um ihretwillen um ein neues Schwert. Izayoi gab mir einen Teil meines Friedens zurück, und ich wünsche ihr ein langes und gesundes Leben. Ohne dich wird es mir allerdings schwerfallen, sie vor dem einzigen Unheil zu bewahren, an dem meine Klauen und auch Sou'unga bisher scheiterten. Niemand außer dir könnte eine Klinge schmieden, die mächtig genug ist, einen Dämon mit einem Streich zu fällen." "Einhundert." "Huh?" "Einhundert Dämonen, sagte ich." Unwirsch rieb sich Toutousai mit der Hand über das Gesicht, dann schnaufte er und streckte sich. Die überraschte Miene des Inu no Taishou überging er mit einer Inbrunst, die an Unverschämtheit grenzte. "Außerdem werde ich so viele goldene Blitze erscheinen lassen, dass du den Tag verfluchen wirst, an dem du mich um dieses Schwert gebeten hast", zischte er knatschig. Allein für den Tod des Drachenweibs hätte er sich keifend über das Schmiedefeuer gebeugt, bis ihm der Schweiß in Strömen durch das schüttere Haar floss, aber das musste der Hund nicht sofort wissen. Genauso wenig ging es Isamu etwas an, dass er seit drei Jahrhunderten auf eine Gelegenheit lauerte, ihm sein Schweigen zu vergelten. Hätte der Inu no Taishou seiner Fürstin je verraten, weshalb er den Trakt des Welpen in die Hand seiner erfahrensten Männer und etlicher Hofdamen übergeben hatte, wäre er längst nicht mehr auf dieser Welt. Toutousai musste nur sichergehen, dass die Bitte auch den Wert besaß, den man ihm vorgaukelte. "Es gibt drei Bedingungen, bevor ich beginne", verkündete er barsch. "Drei?" "Selbstverständlich oder glaubst du, ich mache Geschenke? Zuallererst soll mir dein Menschenkind versichern, dass sie auf deinen Schutz besteht. Keine Antwort, keine Klinge. Ich bin ganz Ohr!" ------ Oweh, dabei ist Izayoi derzeit alles andere als gesprächig und hingerissen. In Kapitel #32, "Klatschmohn III", ist das jedoch das kleinste Übel. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)