Apfelblüte von Morgi (Inu no Taishō / Izayoi) ================================================================================ Kapitel 26: Löwenmaul III ------------------------- Apfelblüte - Löwenmaul III - Autor: Beta: Fandom: Inu Yasha Genres: Romantik (Hetero), Drama, Epik, Alternate Timeline Triggerwarnungen: Gewalt, Tod, Trauma Disclaimer: Inu Yasha ist Eigentum von Rumiko Takahashi, ich verdiene hiermit kein Geld. - - - - - - - 98 Kühl wie die Nacht starrte Sesshoumaru auf den Flohgeist herab, bevor er die Lippen schmälerte und seine Zeit verschwendet glaubte. Die Streifen auf seinen Wangen sahen dabei genauso tödlich aus wie die Spuren, die er für gewöhnlich an den Hälsen schwächerer Dämonen hinterließ. Myouga schluckte sichtlich nervös. "Ihr meint-?" "Vater", half ihm der junge Hundedämon eisig auf die Sprünge. Oh Gott! Dieser Einwurf war noch schlimmer als jeder andere, der ihm in den Sinn kam. Wieso konnte der Welpe nicht ein wenig einfältiger sein? Harmloser? Warum ging es ihm nicht darum, weshalb ihm die Hofdamen seiner Mutter den ein oder anderen Augenaufschlag gönnten? Myougas Wangen glühten in einem ungesunden, fleckigen Rot, bis er krächzend all seinen Mut zusammen nahm und sich die Stirn mit einem Tüchlein abwischte, das er sonst in seinen Ärmeln verborgen hielt. "D-der mächtige Inu no Taishou, Euer Vater", begann der kleine Dämon angespannt, "scheint sich in den Kopf gesetzt zu haben, mit der menschlichen Fürstentochter zu Toutousais Vulkan zu reisen. Das ist verrückt, nicht wahr?" Und wie! Warum konnte der alte Hund nicht bei ihm bleiben und den Welpen mit einem Blick zum Schweigen bringen, ehe er im Dickicht verschwand?! Das war ungerecht! Heimtückisch! Und ein einziges Knurren darauf wurde es so mucksmäuschenstill in den Wipfeln des Apfelbaums, dass sich Myouga bereits in hunderte Häppchen zerschnitten glaubte. 99 Das Zirpen der Zikaden schwoll an, ehe es abebbte und wieder von Neuem begann. Es war ein Kommen und Gehen wie die Welle eines Flusses, die gegen die Uferböschung schlug, während sich die Baumwipfel allmählich lichteten. Die frisch begrünten Äste verkamen zu knorrigen Zweigen, Steine ersetzten mannsdicke Wurzeln - und dann, nur wenige Sprünge Isamus später, wechselte die Landschaft in ein Meer aus schwarzschimmernden Gräsern bei Nacht. Der Wind brachte einen Schwall stickiger, heißer Luft mit sich und umschmeichelte Pflanzen, die Izayoi nie zuvor gesehen hatte. Da waren dicke Trauben aus Farn und fedrige Halme, die ihr bis zu den Knien reichen mussten, und dazwischen funkelten Hunderte gelber, dämonischer Augenpaare. Die Schatten der Kreaturen schienen bloß faustgroß zu sein, aber der Fürstentochter saßen noch immer die Erzählungen über die geisterhaften Schirmkappenpilze in den Knochen. Hier war alles fremd und eigenartig, bedrohlich und unheilvoll. Sogar die Rohrbinsen, die bald dichte, nebelverhangene Teiche ankündigten, wuchsen höher und breiter, als ob in ihnen die Gefahren eines ganzen Lebens lauerten. Instinktiv barg sie sich dichter an der glänzenden Kimonoseide, während ihre Fingerspitzen neuen Halt suchten und die Falten zusammenpressten. Ihr Atem geriet flatternd und das weckte die Aufmerksamkeit des Herrn der Hunde. Zwischen einem weiteren Satz, der ihn vom Gras aus über einen überwucherten Graben brachte, bedachte er sie mit einem Lächeln. "Seid unbesorgt", sagte der Inu no Taishou. "Hier gedeiht nur der Laich der Froschdämonen. Sie müssten schon sehr mutig sein, um sich an die Fersen eines Daiyoukais zu heften. Euch sollte mehr Sorge bereiten, dass ich vergesse, an welchen Stellen der Boden Wasser führt." "Wie?", fragte sie verblüfft. "Ich bin nicht unfehlbar", erwiderte er voller Schalk. "Auf diesen Ebenen gibt es stets neue, versteckte Bachläufe, und als ich jung war, brachte mir der Übermut das ein oder andere unfreiwillige Bad ein." "Ihr ... Ihr seid gestolpert, hoher Herr?" Das Erstaunen, das sich auf ihren Zügen ausbreitete, ließ sie für einen Moment die Schatten vergessen, die sich in ihren Augenwinkeln zusammenrotteten und die unheimlichsten Geräusche erschufen. Ein Zischen und Zetern, dazwischen das Flüstern von Gräsern, die seidig übereinander kratzten. Aber wie sollte sie sich das auch vorstellen? Seine Schritte erschienen ihr so sicher - und dort, wo sie nur Umrisse sah, schien sich für ihn alles rasiermesserscharf abzuzeichnen. "Ich war ein Welpe, und ich schäme mich nicht zu sagen, dass ich mich wie einer benahm. Toutousai empfand mich bei meinen ersten Besuchen als wenig beeindruckend, und er erinnert mich gern an diese Momente. Ich nehme an, man behauptet unter Menschen Ähnliches: Es sind die Fehler, die aus unbedarften Kindern gute Männer formen. Man muss nur lernen, sie und sich selbst zu ertragen." "Oh. Es klingt so einfach, wenn Ihr das sagt." "Aber das ist es nicht. Kein Feind verlangte je mehr Geduld von mir als meine eigenen Schwächen." Izayoi spitzte unstet die Lippen, doch ihr erster Gedanke wagte sich nicht auf ihre Zunge. Sie wusste nicht, ob es ihm recht war, wenn sie sich anmaßte, über seine Makel zu reden. "Sieh an", bemerkte er in mildem Erstaunen, "wir haben Glück." Glück? Sie versuchte verwirrt seinem Blick zu folgen, doch er änderte seine Richtung so rasch, dass ihre Sinne kaum mit den verschiedenen Eindrücken zurechtkamen. Nur eines wurde Izayoi klar: Der Erdboden unter ihnen wurde wieder schroffer und die Grasnarben platzten auf, als hätte jemand Steine dazwischen geworfen und wartete darauf, dass sie mit neuen Flechten bedeckt wurden. Es dauerte nicht lang, dann landete er butterweich nahe einer Baumgruppe, um die sich feuchter Nebel und Farn gewickelt hatte. Huh? Die Falten auf ihrer Stirn wurden nicht weniger, als er sie zwischen dem nachtschwarz schimmernden Grün absetzte, doch ehe Izayoi fragend ihre Lippen öffnen konnte, hatte er ihr einen Finger darauf gelegt. Kein Wort, formte sein Mund, bevor es in seinen goldenen Augen heiter blitzte und er mit einer Neigung seines Kopfes auf einen Schemen deutete. Unschlüssig sah sie an seinen breiten Schultern vorbei, dann wurde sie leichenblass. Um ein Haar hätte Izayoi beim Anblick der drei aufgerissenen Kuhaugen einen Laut von sich gegeben, aber es gelang ihr, das Geräusch zu ersticken, bevor es sie in Bredouille brachte. Um ... um Himmels Willen! War das etwa auch ein Dämon? Es musste einer sein. Sie kannte Ochsen, doch dieser hier war schon kniend viel größer als jene der Bauern, die sich zwischen Reisfeldern und Frühlingszwiebelsaaten tummelten. Nie zuvor hatte sie solche Muskelberge gesehen, aber das Tier ließ nur die Quaste durch die Luft wirbeln und kaute - durchaus nervös - auf einem abgerupften Blatt umher. Wollte der hohe Herr ihn essen? Nein, das erschien ihr zu abenteuerlich. Bestimmt wäre das Wesen geflohen, statt sich weiterhin an den Farn am Boden zu drücken und die Hufe unter dem Leib zu halten. Angespannt beobachtete Izayoi, wie Isamu sich von ihr löste und in aller Seelenruhe das Band fester zog, das seine vom Wind zerzausten Strähnen im Zaum hielt. Ein Teil der Wärme ging mit ihm und ließ sie in einem Frösteln zurück, bevor ihre Augen groß wurden. Größer noch als die Teller, von denen sie für gewöhnlich Buchweizennudeln mit ihren Stäbchen pflückte. Erst jetzt erkannte sie, dass hinter dem Wanst des Ochsen, zur Baumseite gelehnt, noch jemand im gestreiften Baumwollkimono lag, und tief und fest im Schlaf grunzte. Der hohe Herr würde doch nicht-? 100 "Du ungezogener Bengel eines Fürsten! Mach das nie wieder. Nie wieder, sage ich!" Empört schnappte der Dämon nach Luft, während seine eingefallenen Wangen unter den Atemzügen bebten und zitterten, bis ihn das amüsierte, raue Gelächter soweit erdete, dass er Gift und Galle auf die Zunge brachte. Unfassbar, wozu sich ein Daiyoukai heutzutage hinreißen ließ. Sah er aus wie ein Geflecht aus Moosen, das man einfach packen konnte? Ja? Ja? Nein, tat er nicht! Innerhalb eines Wimpernschlags wurden seine hageren Gesichtszüge griesgrämig und mürrisch, dann hatte er seine Selbstbeherrschung zurück und sortierte die plattgelegenen Haarbüschel auf einer Schläfenseite. "Sehr unterhaltsam", knurrte er angefressen. "Jetzt hör schon auf zu lachen! Wenn dir das dieser elende Flohgeist eingeflüstert hat, sollte er besser das Weite suchen." "Ich fürchte, Myouga ist nicht hier, alter Freund." "Pah! Wenigstens eine gute Nachricht. Und du? Verschwindest du endlich wieder, nachdem du deine Scherze mit mir getrieben hast?" "Kaum. Aber es ist mir wie immer eine Ehre, dich nach all der Zeit wiederzusehen, Toutousai." "Das habe ich gesehen. Spar dir diese Heuchelei! Du weißt so gut wie ich, dass es kaum fünf Sonnenaufgänge her ist. Hinter deinen Ohren sitzt der Welpenspeck und Schalk fest, das predige ich schon seit Jahrhunderten. Aber unternimmt jemand etwas dagegen?" Trotzig rümpfte der Dämonenschmied die Nase, bevor er sich die letzten Erdbrocken von den grünen Stoffen klopfte und zu seinem Ochsen starrte. Auf den war auch kein Verlass mehr. Moment. Hatte der gerade eines seiner Augen über sein Gehabe verdreht? Eine Unverschämtheit war das! Ihm gebührte Respekt, Ehre - und vor allem ein Hundedämon in der Nähe, der sich erst überaus umständlich niederkniete, ehe er ihn ansprach, statt ihn wie eine Beere aus den Büschen zu rupfen! Toutousai blies erneut seine Wangen auf, dann lunzte er an Blattwerk und Nebelschlieren vorbei und blieb an der leuchtend weißen Seide kleben, die mit dunkleren, stahlblauen Streifen verziert war. Es entzückte den alten Griesgram über die Maße, dass sich der Herr der Hunde wieder zur Seite drehte, weil das seine Hoffnung befeuerte, ihn doch schneller loswerden zu können. Aber ein Blinzeln darauf änderte sich alles. Was zum-?! Ungläubig stierte Toutousai auf die Hand des Inu no Taishou, der gerade unter einem warmen Lächeln die Fingerspitzen eines Menschenkindes umfasste. Die junge Frau hielt den Blick gesenkt, während er sie so bedächtig über einige Wurzeln zog, als fürchtete er, sie wäre eine Tonschale, die sonst zerbrechen musste. Sogar in der Finsternis konnte der Dämonenschmied erkennen, dass ihren Wangen derselbe Schimmer anhaftete, der auf ihren persimonenfarbenen Stoffen lastete. "Oh Gott", faselte der Greis, bevor er den Daiyoukai anstarrte. "Ich habe einen Albtraum." - - - - - - - Es wird noch schlimmer in Kapitel #27, "Heidekraut I". Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)