Apfelblüte von Morgi (Inu no Taishō / Izayoi) ================================================================================ Kapitel 23: Glockenblume ------------------------ Apfelblüte - Glockenblume - Autor: Beta: Fandom: Inu Yasha Genres: Romantik (Hetero), Drama, Epik, Alternate Timeline Triggerwarnungen: Gewalt, Tod, Trauma Disclaimer: Inu Yasha ist Eigentum von Rumiko Takahashi, ich verdiene hiermit kein Geld. - - - - - - - 91 Die Hitze stieg ihr so vehement ins Gesicht, dass selbst die Glut in den Kohlepfannen wie ein lieblicher Hauch wirkte, aber Izayoi wagte es nicht, sich verlegen über die Wangen zu streichen. Dabei hätte sie das nur allzu gern getan: Ihr Herz schlug aufgeregt, benahm sich wie die vielen, kostbar aufgestickten Schmetterlinge auf den Seiden, die sie als Untergewand trug. Wenn er das sehen kön- Oh. Ihre Pupillen weiteten sich, als ihr bewusst wurde, wie unpassend sie in diesem Moment gekleidet war und das zwischen dem ruhigen, geduldigen Funkeln seiner goldenen Augen und ihrer Haut nur eine einzige Schicht feingesponnener Damast wartete. Himmel! Plötzlich erschien es ihr, als ob ihr nicht nur die Tabi zu locker am Fußgelenk säßen, sondern auch das Band auf ihren Rippen ehrlos kichern konnte. Peinlich berührt schlang Izayoi ihre zweite, freie Hand um die gewebten Stoffe und drückte sie dichter an die Brust, bevor sie nach Fassung rang. "Ich ... ich fürchte, ich kann nicht mit Euch kommen", brachte sie enttäuscht hervor. "Ich benötige Hilfe beim Ankleiden und Mashiko ist nicht hier." Nie zuvor hatte sie ihre Amme so inbrünstig vermisst, doch was sollte sie tun? Ihre Dienerin bat sie selten um etwas und sie hatte ihr flüsternd versprochen, dass sie kaum fünf Sätze mit Takemaru zu wechseln hätte. Aber käme sie nun zurück, würde sie die schlimmsten Vermutungen hegen. Nein, nein, das durfte nicht geschehen. "Versucht es mit einem einfacheren Kimono", unterbrach der Herr der Hunde leise. "Er ist leichter auszurichten und Ihr habt mein Wort, dass ich nicht darauf achten werde, ob er mehr als eine Handbreit von Eurem Nacken absteht." "Wie ... wie könnt Ihr das sagen?", fragte Izayoi unglücklich. "Soetwas ziemt sich nicht für die Enkelin eines Daimyos. Und wir sind nicht verheiratet, hoher Herr." "Isamu. Nennt mich beim Namen, wenn ihn niemand hören kann, denn dafür gab ich ihn preis." Lächelnd stieß der Weißhaarige die Luft zwischen den Zähnen aus, ehe er ein weiteres Mal in die Nacht lauschte. Bewusster denn je, wachsamer. Das Geräusch von klappernden Strohsandalen kam näher, aber dann ertönte ein empörter Laut und die Beschwerde über einen gerissenen Riemen, der im Sand ein Stolpern verursachte. Ah. Menschen und ihr Geschick. Nun, das erkaufte ihm weitere Zeit, die er in eine verschmitzte Kopfneigung einfließen ließ. "Bedenkt, dass ich nicht beabsichtige, Euch bloßzustellen. Weder heute, noch morgen oder an einem anderen Tag Eures Lebens. Eure Gemächer mögen kein Ort für einen Mann wie mich sein, doch sollte es eine Ehe benötigen, um Euch zu meinem alten Freund zu führen, wärt Ihr eine mehr als ungewöhnliche Wahl." Sie sah ihn schwer atmend an und er erkannte erst, als sie den Kopf zur Seite drehte, dass sich das Funkeln in ihren Augen nicht geschmeichelt fühlte. Nein, es ... es war verletzt. Erstaunt hob der Herr der Hunde beide Augenbrauen, bevor er seinen Fehler bemerkte. Ehe sie ihm die Hand entziehen konnte, bettete er jedoch auch die zweite über ihre weiche, warme Haut. "Verzeiht. So habe ich das nicht gemeint." "Es spielt wohl keine Rolle", bot sie flüsternd an. Es fiel Izayoi überraschend schwer, ihn zu mustern, denn sie konnte sich den Stich in ihrem Herzen selbst nicht erklären. Wie albern sie sich benahm! Ihre Schwester Chidori hatte ihr bereits davon berichtet, dass er sie mit den gleichen Augen wie Takemaru betrachtete - und was auch immer der tapfere, erste General ihres verehrten Großvaters in ihr sah, weder der eine, noch der andere Mann konnte sie zur Frau wollen. Natürlich, denn ihr Rang lag jenseits dessen, was sich gehörte: Ein Kriegsherr konnte auf Wunsch eines Fürsten zwar einheiraten, sollte dem Daimyo kein Erbe beschieden sein, doch Setsuna no Takemaru war jung. Blutjung, und verglichen zu Yuudai waren seine Taten spärlich und gering. Loyalität allein würde niemanden rühren, denn ein guter Getreuer kannte seinen Platz in der Residenz. Und ein Dämon? Ein Daiyoukai, der bereits einen Sohn besaß? Kaum. Izayoi schüttelte federleicht den Kopf, bevor sie sich darauf besann, dass sie um diesen Umstand eigentlich dankbar sein sollte. Gefühle, das wusste jedes Kind, konnten sich nur wenige Menschen leisten. Es gab Glück und eine stille Freude über eine gelöste Aufgabe - doch soetwas wie Abscheu, Wut oder die unruhige Liebe, die zwei Herzen miteinander verband, standen niemandem gut zu Gesicht. Einzig jene Zuneigung, die ein neugeborener Sohn weckte, durfte eine Frau beflügeln. Niemand sonst. Dennoch konnte sich Izayoi nicht helfen und sah auf die Hände herab, die ihre umfangen hielten. In ihrer Brust breitete sich erneut eine flüchtige Wärme aus, die in einem unerwarteten Schaudern endete, als er sich unter dem Rascheln von Seide vorlehnte. Schüchtern schlug sie ihre Wimpern nieder, doch sein Atem blieb wie ein Geist auf ihrer Haut. "Ungewöhnlich bedeutet", raunte der Weißhaarige leise, "dass ich nicht viele Frauen sah, die mich über die Ehe sprechen ließen. Ich wollte Euch nicht zu nahe treten, denn ich halte es für etwas Angenehmes, von Zeit zu Zeit gegen den Strom zu schwimmen. Ungewöhnlich zu sein. Im Leben trennt sich die Spreu vom Weizen, der fette Karpfen vom schlanken Lachs. Lernt mich besser kennen, Izayoi." "Ihr meint diese Bitte ernst", flüsterte sie. Warum sonst hätte er sie wiederholen sollen? Ihr stieg wie damals der vertraute Geruch von Apfelblüten in die Nase, süß und vom Regen durchtränkt, doch noch immer wusste sie nicht, was sie darauf sagen sollte. "Warum ... warum wünscht Ihr derlei?" "Weil Ihr geduldiger mit meinen Schwächen seid als ich." Einen langen Augenblick verharrte er, dann huschte sein Mundwinkel empor und er sank zurück auf die Fersen. 92 Als er die Regentür auf der Holzschiene zurückschob, kam sich Izayoi ungeheuer mutig vor. Mutig und leichtsinnig, denn ihr Verstand hatte sich seit Minuten damit beschäftigen können, welche Strafen ihr bei einer Entdeckung blühen würden. Dreimal hatte sie vor Nervosität das schmale Ende des Obis auf ihrem Rücken neu zurechtrücken müssen und ihr war vor Eile beinahe der Brokat wieder auseinander gesunken, weil sie das Gefühl nicht abschütteln konnte, zu langsam zu sein. Wie schnell mochte ein Dämon in solchen Angelegenheiten sein? Strapazierte sie nicht die Geduld des hohen Herrn, der sich ihr erst wieder höflich zugewandt hatte, als sie nach ihrem grobzinkigen Perlmuttkamm hatte greifen wollen? Vielleicht, auch wenn er sie ohne Kälte in der Stimme darauf hingewiesen hatte, dass ihre Mühe ohnehin vergebens wäre: Sie hatte weder eine klebrige Stange Wachs eingeschmolzen, um ihren Haaren Halt zu geben, noch verziehen Wind und Wetter eine solche Reise. Der bloße Versuch, sich vorher die feinen Knoten aus den Strähnen zu tilgen, würde nach wenigen Sprüngen nicht mehr erkennbar sein. Oh, in diesem Moment war sie sich fürchterlich naiv vorgekommen! Natürlich, er war ein Daiyoukai, noch dazu unmenschlich schnell und in der Lage, Hindernisse wie ein Fisch zu überwinden, der über die Steine im Flussbett setzte. Da nahm er kaum Rücksicht auf Schlaufen und Haarnadeln, zumal ... als Mann. Nun waren ihre Haare so frei wie ihre Lippen - so wie er. Wie ungewohnt, wie rebellisch! Woher Izayoi die Erlaubnis nahm, auf Knien etwas dichter zu rutschen, wusste sie nicht, aber sie teilte das Lächeln auf seinen Zügen, als sie nach seiner dargebotenen Hand griff und sich in die Höhe ziehen ließ. 93 Bei allen Dämonen! Was taten sie nur? Myouga rieb sich über die staubtrockenen Lippen, während die Blätter und Äste um ihn herum wogten und knirschten. Die Nacht war kühl, zerrte an seinen Nerven, doch wer ihn wirklich marterte, sprang gerade in vier mächtigen Sätzen ins Unterholz - fort, verschollen. Dieser alte Haudegen wurde es einfach nicht müde, ihm Kopfschmerzen zu bescheren! Fand er es denn als Einziger sorglos, sich eine Fürstentochter auf die Arme zu laden und vorzugeben, sie nur wegen eines Versprechens mitzunehmen? Das war doch verrückt! Es gab so viele Augenblicke, in denen Izayoi hin und wieder sich selbst überlassen blieb. Mit der Ausrede brauchte er seine Sinne nicht zu verwirren. Ha! Als gewiefter Berater und schlauer Floh kannte er jede einzelne Gelegenheit, daher konnte man nur dankbar in die Hände spucken, dass er sich nicht zum Schlächter berufen sah: Menschen mussten sich zum Beispiel erleichtern, da schätzte man Stille. Und junge Damen wie Izayoi konnten allein zum Befehlshaber einer Residenz gerufen werden. Nicht einmal der mächtige Inu no Taishou hielt sich dann in ihrer Nähe auf. Wobei, dieser Daimyo der nordwestlichen Gefilde hatte bislang darauf verzichtet, seine Schwägerin zu sehen. Myouga hegte den Verdacht, dass der grimmige Mann namens Kagetora keine hohe Meinung über Frauen besaß, doch der gestrige Tag zupfte an seiner Einschätzung: So rabiat der Menschenfürst seine Männer befehligte und eine Welle tödlichen Schweigens vor sich herschob, so geduldig kniete er noch vor dem ersten Sonnenstrahl auf einer Bambusmatte und musterte aus den Augenwinkeln seine Gattin. Myouga rümpfte die Nase. Er war nicht sonderlich erpicht darauf, sich in Erinnerung zu rufen, was danach geschehen war. Nein, das stand ihm nicht zu, denn er wusste, was sich gehörte. Das tat er wirklich! Angestrengt presste er die Lippen aufeinander, doch die Bilder vor seinen Augen verdichteten sich ungebeten, bevor aus einem zu Boden fallenden Katana erst Sou'unga und dann Kimonoseide- "Raaah! Das kann er doch nicht machen!", entfuhr es ihm empört. Aber sein energisches Ärmeschwenken brachte ihm nichts ein, außer fehlender Balance. Prompt plumpste Myouga auf dem breiten Ast des Apfelbaums nach hinten, hinein in etwas Weißes, angenehm Flauschiges. Hach, dachte er in Selbstmitleid versinkend, während er die kleinen Fingerchen hineingrub. Wie soll ich das nur seiner Gefährtin beibringen? Sie wird mich in Streifen schneiden, vielleicht sogar Ryukotsusei zum Fraß vorwerfen! Am besten, sie erfuhr es erst gar nicht. Genau. Sein Herr und Meister hatte bereits deutlich gemacht, dass er keine Plaudereien schätzte und- "Myouga", erklang es da über ihm, und auf einmal schien sich die Luft in winzige, tödliche Eissplitter zu verwandeln, während all seine Gespinste aufeinmal in Rauch aufgingen. Dann strich der Flohgeist noch einmal ehrfürchtig über die feinen Härchen, die unter seinen Kuppen lagen - und er hätte schwören können, dass sein Schlucken wie ein Donnergrollen in seinen Ohren hallte. 94 Die Wolken hingen nachtschwarz über ihm und obwohl der Herr der Hunde in der Ferne die Witterung von Regen wahrnahm, stahl sich ein Lächeln in seine Mundwinkel. Er wusste die Gelegenheit, einer Residenz zu entkommen, schon immer zu schätzen. Aber das allein wärmte nicht sein Herz. Nein, kaum. Gräser und Büsche flogen allmählich unter ihm dahin und kleine Käuze sangen ihr Lied, während er dem Knistern des dick wattierten Saums lauschte. Das dunkle Persimonen-Orange schwankte um Izayois Knöchel wie ein Blatt im Wind, und obwohl sich die Fürstentochter redlich darum bemühte, ihn nur unauffällig zu mustern, verriet sie ihr Atemzug. Hin und wieder streifte er seinen Hals, schlich sich als Vorbote ihrer Neugierde bis zu seinem Gesicht empor. Still fragte sich der Inu no Taishou, wie befremdlich es für einen Menschen sein musste, einem Dämon so nahe zu sein - auf seinen Wangen prangten blitzförmige Zeichnungen, die mit Narben nichts gemein hatten, und das Gold seiner Augen hätte sich kaum leuchtender von ihrem Samtbraun unterscheiden können. Dennoch duldete sie seinen linken Arm um ihre Schultern und den zweiten unter der Seide ihrer Kniekehlen. Sie schien eher aufgeregt als verängstigt zu sein. "Nun", raunte er, während er sich ohne einen weiteren Blick von einem gewaltigen Weidenast abstieß, "würde es Euch etwas ausmachen, wären wir schneller unterwegs?" "S-Schneller?" "Überrascht?", fragte er heiter. "Dies ist die Eile, die ein Welpe an den Tag zu legen vermag, der kaum zwei Jahrhunderte zählt. Unter diesen Umständen werden uns bald einige Oni folgen, die mich geschwächt glauben und sich nach Ruhm und Ehre verzehren. Aber keine Sorge, Euch wird nichts geschehen. Haltet Euch nur gut fest." Izayoi öffnete die Lippen, halb erstaunt, halb erschrocken, doch bereits der nächste Schwung verdarb ihr jeden Einwand. Ihr Magen schien sich zu stauchen, sodass sie erschüttert nach Atem rang und Entsetzen aufkeimen spürte, doch der Laut in ihrer Kehle schien wie festgefroren. Himmel! Dann verschwamm der Boden unter ihr in schwindelerregende Höhe und schon zwei gewaltige Sätze später fuhr ihr der Wind heftiger ins Haar. Ihre Strähnen verwirbelten wie ein Blätternest, peitschten ihr in wilden Wellen ins Gesicht. Aber er zog weiter an, durchbrach dicht hängende Zweige, die sich vor ihren Augen in hunderte Holzsplitter auflösten und- Nein, nein, nein! "I-Isamu!" Zu spät. Izayoi kniff kalkweiß vor Angst die Lider zusammen, während sich ihre Nägel in der Seide seines Kimonos verbissen. Die nächste Erschütterung wartete Dutzende Meter tiefer auf sie, und selbst wenn sie es gewollt hätte, wäre ihre linke Hand ob der Wucht in die Höhe gerissen worden. Ihr Überlebensinstinkt fragte nicht lang und sie griff nach dem Erstbesten, das sie zu fassen bekam: Sein Fell. Herzschläge später verwünschte sie sich atemlos dafür. In seiner Brust erwachte ein Knurren, das gemeinsam mit einer unbändigen Welle an Hitze durch ihre Fingerspitzen schoss und ihr durch Mark und Bein ging, bis sie das Gefühl hatte leibhaftig in Flammen zu stehen. Sie glaubte, keine Luft mehr zu bekommen, schrie - dann sahen sie rotglühende Augen an, und Izayoi ahnte, dass sie etwas Fürchterliches getan haben musste. - - - - - - - Die Arme. Aber was hat er denn? Vielleicht erfährt man es in Kapitel #24, "Löwenmaul I" ... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)