Apfelblüte von Morgi (Inu no Taishō / Izayoi) ================================================================================ Kapitel 19: Vergissmeinnicht ---------------------------- Apfelblüte - Vergissmeinnicht - Autor: Beta: Fandom: Inu Yasha Genres: Romantik (Hetero), Drama, Epik, Alternate Timeline Triggerwarnungen: Gewalt, Tod, Trauma Disclaimer: Inu Yasha ist Eigentum von Rumiko Takahashi, ich verdiene hiermit kein Geld. - - - - - - - 81 Sein Brüllen durchschnitt die Luft, dann fiel Yuudais Zuversicht wie ein Faltwandschirm in sich zusammen und verwandelte den Triumpf auf seiner Zunge in ein jähes, zorniges Fauchen. Er wich aus? Einfach so? Nicht mit ihm! Erbost riss der Kriegsherr das Katana zurück und zielte auf das Gesicht des Dämons, doch mehr als dessen kühles Funkeln war ihm nicht vergönnt. Ehe das Klingenblatt auf Sehnen und Muskeln traf, um sie wie einen Kürbis zu zerfetzen, klaffte zwischen Mensch und Hund die nächste Lücke - groß genug, um eine ganze Teezeremonie darin abzuhalten. Verfluchter Bastard! Das würde er ihm austreiben, nun, da sich die Schwäche des Weißhaarigen nicht mehr verleugnen ließ. Zu Eifersucht mochte der Dämon nicht neigen, denn die hätte ihn gewiss nicht fortspringen lassen, aber offenbar konnte man ihn mit lächerlichen Unterstellungen aus den Tritt bringen! Das Raunen der Versammelten folgte Yuudai, als er vorwärts sprang und einen weiteren Stich ausführte, doch zu spät. Der Hund löste sich vor seiner Nase in Nichts auf und ließ ihm bloß ein verwaistes Fleckchen Erde übrig, über das er wie ein Kind stolperte. Die Demütigung so einfach überlistet worden zu sein, wischte ihm sämtliche Farbe von den vernarbten Wangen, dann stob unverhofft der Sand zu seiner Linken in die Höhe. Geistesgegenwärtig riss Yuudai seine Klinge empor, und spürte einen Schmerz durch seinen Schwertarm schießen wie nach einer kräftezehrenden Schlacht im Schnee. Un... ungeheuerlich! Keuchend erkannte der Adelige, dass er von dem niederfahrenden Hieb noch nicht einmal verletzt worden war, obwohl er die Wucht nur dadurch beherrschen konnte, indem er auf ein Knie sackte. "Nicht ungeschickt", raunte der Herr der Hunde über ihm, "aber Ihr kämpft mit dem Bauch, nicht mit dem Kopf." "Spart Euch den Atem!", brüllte Yuudai. "Für ein Liebchen, das ich nicht besitze?" Yuudai spie Gift und Galle und unterstrich wie wenig er auf das Wort eines Dämons gab, indem er zurück auf die Beine sprang und kaltblütig die Klinge sprechen ließ. Einundzwanzig Hiebe zählte der Fürst der Hunde, bis sich der beißende Gestank von Yuudais Schweiß in seine Nase verirrte und er das erste Mal einer Ladung feiner Tröpfchen ausweichen musste. Die Soldaten, die seinen überraschenden Satz in ihre Richtung für einen Patzer hielten, begannen umso lauter zu rufen und manch einer tauschte heiser vor Jubel einige Kupfermünzen als Wetteinsatz aus, statt sich darauf zu konzentrieren, genug Abstand zu den Kämpfenden zu wahren. Einen Träumer, der kaum fünfzehn Sommer hatte kommen und gehen sehen, stieß der Inu no Taishou aus dem Weg - gerade rechtzeitig, um die Hiebrichtung des Kriegsherrn nicht mit frischen Eingeweiden zu krönen, die der Schwung mühelos aus dessen Bauchraum herausgerissen hätte. Dummerweise fälschte sein Gegner die Klinge im nächsten Streich so rabiat ab, dass er seinen eigenen Ausfallschritt für alle sichtbar bezahlte: Das Schwert fegte ungebremst durch sein Schulterfell und schnitt die äußersten Haarspitzen wie den Reis der Felder entzwei. 82 Dieser Teufelskerl! Takemarus Pupillen weiteten sich so jäh, dass er glatt vergaß, sich den Schweißfilm von der Oberlippe zu wischen. Die Männer um ihn herum wogten ebenfalls zurück, als wären sie die Welle eines Flusses, deren Gischt das Hindernis beäugen wollte. Dann begriff auch der Letzte: Yuudai hatte getroffen! Fassungslos starrte der General auf den soeben in der Bewegung eingefrorenen Fettleibigen, auf dessen wulstigen Lippen der Wahnsinn glitzerte, dann riss der Wirbel seines Katanas die Strähnen zu Boden. Sand spritzte empor, und ein halbes Dutzend der Hofdamen schrie auf, als handle es sich dabei um Blut. Setsuna no Takemaru hatte mit einem Mal Mühe das aufkeimende Lachen im Zaum zu halten, ja, krankte fast daran, die Haltung wahren zu müssen, denn so sehr er die Männer des Daimyos der nordwestlichen Gefilde auch in ihrer Arroganz verabscheute: Yuudai, der oberste Kriegsherr, hielt die Ehre des Hauses höher als jeder andere. Er hatte unter Beweis gestellt, dass auch einem Daiyoukai beizukommen war, solange man nur zu allen Mitteln griff! "Entzückend, nicht wahr?", lispelte es da unerwartet neben ihm. "Die Aussicht auf das Höllenschwert beflügelt seine Entschlossenheit, aber mein Vetter sollte sich sputen. Seinem Plan läuft die Zeit davon." Fuchsgesicht ließ die Lippen offen stehen, als habe er einen besonders adretten Scherz angebracht, dann entblößte er ein schleichendes, unheilvolles Lächeln. Takemaru starrte zu ihm hinab und rang den Drang nieder, die Hand in einer deutlichen Warnung auf das Heft seines Schwertes zu betten und ihn zu verscheuchen. Nein, derlei konnte er sich nicht erlauben. Solange seine Herrin, Izayoi, in der Residenz verweilte, durfte er sie mit seinem Verhalten nicht noch mehr beschämen. Aber warum sprach der ihn überhaupt an? Fand er keinen anderen Speichellecker, der seinem lieblichen Singsang Anerkennung opferte? Bis eben hatte er abseits von Yuudais Männern und dem Fürsten allein gestanden. "Ein Plan?", hakte er schroff ein. "Gewiss, gewiss, General", flüsterte der Mann mit den spitzen, feinknochigen Zügen prompt. "Haben wir nicht alle einen zur Hand?" 83 Nein, das konnte nicht sein! Izayoi schöpfte so rasch Atem, dass sie um ein Haar der Versuchung erlegen wäre, Yugo für verrückt zu erklären. Aber sie kannte ihren Platz, und wusste, welche Strafen hinter den funkelnden Augen der Fürstenmutter auf sie lauerten. In diesem Punkt konnten sich die Familien kaum unterscheiden: Für Widerworte gab es mit den Rohrbinsen Schläge auf die Fingerknöchel, bis die Kuppen zerplatzten, und bei aufgedeckten Lügen waren die jungen Töchter dazu angehalten, in mit Reif bedeckten Wasserbottichen zu baden. Ihr verehrter Großvater hatte oft versucht sie zu schonen, denn sie erinnerte ihn an seine erste Ehefrau, doch manchmal zwang sie ihn durch ihre Unachtsamkeit zur Strenge. Im letzten Herbst war sie leichtsinnig genug gewesen, Takemaru zur Geburt zweier gesunder Neffen zu gratulieren und ihm dabei eine wohlmeinende Hand auf den Unterarm zu betten. Ihr Lächeln hatte dafür gesorgt, dass sie über Stunden die Stufen zur Residenz auf- und niederlaufen musste, und bis heute wusste Izayoi nicht zu sagen, ob Takemaru ihre aufgescheuerten, mit Blasen übersäten Füße, nicht mehr geschmerzt hatten als sie. Aber das, was ihr hier blühte, war viel schlimmer. "Ich fürchte", hob Izayoi unter einer ehrfürchtigen Neigung ihres Kopfes an, "dass ich nichts dergleichen tat, Herrin. Eine fremde Damastdecke? Wie könnte ich?" Erschüttert röteten sich die Wangen der jungen Frau, weil ihr nicht nur die Blicke der übrigen Hofdamen in Brokat und Seide bewusst wurden, sondern auch, dass sie in den Gemächern des Inu no Taishou gar keine Bettstatt auf den mit Goldfäden verzierten Tatami-Matten hatte liegen sehen. War ihr das entgangen? Es hatte kein Kerzenlicht gebrannt, und die Schatten von lackierten Kästchen, Rollbildern und einem schmalen Tisch taugten selten dazu, ihre Aufmerksamkeit zu fesseln. Aber das bedeutete doch nicht- "Izayoi, Kind! Ich wünschte, ich könnte dir glauben", schalt es so süß wie wilder Honig, während Yugo die Hand sanft auf einen Platz zwei fingerbreit unterhalb ihres Schoßes setzte. Kein anderer hätte das gewagt, denn eine solche Geste war Ehemännern vorbehalten. "Versteh nur, wie gut ich es mit dir meine, denn all diese Gerüchte ... oh, ich darf gar nicht daran denken!" "Gerüchte?", flüsterte Izayoi blass. Die Fürstenmutter rutschte auf knisternder Seide näher, spitzte die krähenhaften Lippen. "Weißt du es denn nicht?" Yugo schlug die Wimpern nieder, sichtlich atemlos. Es war so verführerisch, so unverhofft verlockend, einfach in heiteres Gelächter auszubrechen und dem einfältigen Kind die eigene Dummheit um die Ohren zu schlagen! Wenn Izayoi bloß ahnen würde, in welcher Schlangengrube sie hockte: Freundinnen gab es in diesen Mauern nicht, nur Gefälligkeiten und List und Tücke. Und alles fand bei ihr seinen Ursprung ... Die Fürstenmutter musste im nächsten, zitternden Atemzug daran denken, wie zornig sie die Worte ihrer Dienerin des Nachts gemacht hatten, die erst Chidoris und dann Izayois Verlassen der Gemächer erwähnte. Dazu das, was sie im Morgengrauen ihrem zweiten Sohn, Tajiro, über Izayois Stimme im Gemach des Dämons aus der Nase ziehen konnte - und nun lichtete sich der Schleier all ihrer Befürchtungen wie Nebel, der über die Felder getrieben wurde: Chidoris Schwester mochte zwar aus unerfindlichem Grunde die Aufmerksamkeit eines Daiyoukais für sich beanspruchen können, aber es wies nichts darauf hin, dass sie seiner Freundlichkeit vollkommen erlegen war. Nein, das hätte sie als Fürstenmutter durchschaut. Eine Frau, die einmal das Gewicht eines Mannes auf sich gespürt hatte, stammelte nicht mehr - sie schwieg, erdachte sich eine raffinierte Ausrede. Es gab so viele verräterische Gesten, die den Beischlaf dabei verrieten, aber gerötete Wangen zählten gewiss nicht dazu. Izayoi schätzte diesen Dämon bislang lediglich, musterte ihn unter dichten, dunklen Wimpern voller Wärme. Und sie, die beinahe dreißig Jahre nur ein geliehener Bauch gewesen war und der die Kinder eines nach dem anderen unter den Händen starben, bis der alte Daimyo endlich vom Pferd stürzte und sich dabei das Genick brach, duldete kein überschwängliches Glück mehr in ihrer Nähe. Nie wieder. Sanft wie der Tod senkte Yugo die mit Reispuder bestäubten Augenlider und flüsterte: "Damals war ich so jung und unschuldig wie du es heute bist, als es geschah. Eine meiner liebsten Hofdamen gab sich einem Dämon hin, und er vermochte es wohl, sich dabei die ersten Male zu beherrschen. Ach, wie ihre Augen unter dem Geheimnis glänzten! Doch dann ..." Eine bedrohliche, unüberhörbare Pause folgte, die Izayoi mit bangem Blick verfolgte, bis sie den Hals mit einem trockenen Schlucken dehnte. Nie zuvor hatte ihr gegenüber jemand eine Liebschaft erwähnt! Das ziemte sich nicht, obwohl die Mädchen in der Residenz oft hinter vorgehaltener Hand untereinander tuschelten - eine Dienerin hatte sie sogar einmal mit einem von Takemarus Männern überrascht. Die Erinnerung verschärfte prompt die Röte auf ihren Wangen. Es war ein solch ungezügelter, ja, sogar verstörender Moment gewesen, dass sie glaubte, Yugo könne ihr die Gedanken darüber an der Nasenspitze ansehen. Kein Wunder, dass sie lieber ihre Fingerspitzen betrachtete. "Was ... was geschah dann, Herrin?" "Nun, mein liebes Kind", hauchte die Fürstenmutter, während sie sich in dem Wissen aalte, Izayoi beeinflussen zu können, "dieses Monster zerriss sie in der letzten Nacht wie ein Ahornblatt - so wie es alle Dämonen zu tun pflegen, die man für freundlich und beherrscht hält. Sieh dir den Gast unseres hochverehrten Fürsten doch an. Denkst du wirklich, er wäre so menschlich wie du und ich?" - - - - - - - Was würdet ihr darauf antworten? Izayoi wird in Kapitel #20, "Veilchen", eine interessante Antwort geben ... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)