Apfelblüte von Morgi (Inu no Taishō / Izayoi) ================================================================================ Kapitel 8: Kornblume -------------------- Apfelblüte - Kornblume - Autor: Beta: - Fandom: Inu Yasha Genres: Romantik (Hetero), Drama, Epik, Alternate Timeline Triggerwarnungen: Gewalt, Tod, Trauma Disclaimer: Inu Yasha ist Eigentum von Rumiko Takahashi, ich verdiene hiermit kein Geld. Anmerkung: Dieses Kapitel war damals gewidmet! ;) - - - - - - - 29 Setsuna no Takemarus Augen glühten vor fiebriger Entschlossenheit, als sein Herzschlag grimmig gegen seinen Brustkorb drängte und jeder Atemzug eine Qual der Erwartung wurde. Er konnte es trotz der Dutzend Meter Entfernung sehen - sehen, wie sich der Pfad vor ihm absenkte, um von Gräsern und bunte Wiesenkräutern überwuchert zu werden, bis Steine im Rücken Izayoi-samas jede Flucht vereitelten. Sie am Leben zu wissen, erfüllte ihn mit Erleichterung, ehe ihn der Zorn vergiftete, weil er sich ihrer langen, ungekämmt auf den Überkimono herabfallenden Haare bewusst wurde. Was hatte man ihr angetan? Sie kniete gemeinsam mit ihrer Dienerin vor den Dämonen, die in ihren Rüstungen vielleicht drei Armeslängen Abstand hielten. Nie zuvor hatte Takemaru davon gehört, dass Drachen Felle über ihren Schultern trugen, aber er weigerte sich, dem zunehmenden, unangenehmen Ziehen in seinem Nacken und der Hitze in der Luft mehr als ein Funkeln zu gönnen. Dann versackte das Gefühl der Bedrohung in seinen Leisten, während sich der rechts vom Weißhaarigen sitzende Bastard aus dem Gras schälte, als ob ihm allein die Vorzüge tödlicher Eleganz in die Wiege gelegt worden wären. Die Verachtung, die sich Sekundenbruchteile später in den aufeinandertreffenden Blicken der Männer maß, brachte das Ross unter ihm endgültig zum Erzittern. Was für ein Jammer, dass derlei nicht genügte, um seinen eigenen Willen zu brechen! Sekundenbruchteile später jagte er die Fersen in die Flanken des Tieres und spürte wie sich die Muskeln wie Pfeilsehnen anspannten. Unter dem nun erschallenden Schrei seines Herrn stob es wie der blanke Tod voran. Stock und Stein flogen empor und Grasnarben wurden jäh vom Hufschlag zerfetzt, während der Zorn des Generals wie ein Damoklesschwert nach Rache kreischte und ein letztes Blitzen die Szenerie durchschnitt. 30 Der Schmerz, der in seinen Schultern explodierte, als er unter dem Scheppern von Metall quer über den mit Halmen übersäten Erdboden schlitterte, trieb ihm noch den letzten, unverhofften Atemzug aus den Lungen. Einen unendlich langen Augenblick glaubte Takemaru unter dem Feuer auf seiner Haut zu ersticken, doch noch während er würgend die Orientierung zurückgewann und begriff, dass das Wiehern des Pferdes am Rande seiner Wahrnehmung ein Todesschrei war, den das blutüberströmt zur Seite brechende Tier ausstieß, senkte sich bereits eiskaltes Metall auf seine Kehle. Die nächsten, stocksteifen Sekunden wurden überwuchert von dem Glanz überheblicher, bernsteinfarbener Augen, die ihn endgültig wissen ließen, dass er verloren hatte. Er ... er hatte verloren! Versagt wie ein blutiger Anfänger, der in seinem ganzen Leben noch keinen einzigen Schwertgriff sein Eigen genannt hatte! Der lodernde Hass auf seinen Widersacher wurde ausgestochen von der Wut auf sich selbst, die seine mit Blut und Schmutz verkrusteten, aufgeschürften Fingerknöchel zusammenballte. Sein Handschutz war dank eines Schnitts ruiniert und seine Samurai-Klinge lag unerreichbar zwischen Klettenwurzeln. Ihm blieb nichts, außer zu dem Bastard hinaufzustarren, der es wagte, einen verschwenderisch bestickten Obi und Kimono unter den Rüstplatten zu tragen - nichts, was ein General tat. "Worauf wartet Ihr noch, Dämon?", zischte Takemaru hinter dem Mundschutz des gehörnten Helms. "Bringt es zu Ende, wenn Ihr einen Funken Ehre im Leib habt!" "Sesshoumaru, das genügt." Die Häme, die für einen winzigen Herzschlag in Sesshoumarus Augen getanzt hatte, verebbte so schnell wie sie gekommen war. Stattdessen warf er einen knappen Blick zur Seite, ganz so, als ob er sich des Befehls des Herrn der westlichen Länder, seines Vaters, ein weiteres Mal versichern müsste. Für Setsuna no Takemaru erschien es unterdessen wie Hohn: Ein Gegner, der sich überlegen genug fühlte, um sich auf nichts Geringeres als den Druck seiner Klinge zu verlassen, statt ihn misstrauisch im Auge zu behalten! Dazu erteilte ihm der andere den Befehl, ihn zu verschonen? Grimmig, wütend und zutiefst im Stolz verletzt, krallten sich Takemarus Finger in den Boden, während das Adrenalin in seinen Adern empor fauchte und ein Plan, so abenteuerlich wie ein auf der Flucht befindlicher Deserteur, in seinem Herzen Gestalt annahm: Zwei Sekunden nur, zwei simple Sekunden, bis er genug Erde und Pflanzenreste zusammengekratzt haben würde, um- "Ich sagte, es genügt, Sesshoumaru. Lass ihn gehen", fiel erneut die dunkle Stimme des anderen Dämons ein, in deren Tonlage die Möglichkeit zum Widerspruch keinen Platz fand. "Wie ... wie Ihr wünscht, Vater." Der aufflackernde Widerwille, der kurz darauf auf den Zügen des menschlichen Schwächlings zerschellte, war alles, was der Hundedämon dazu noch beizutragen hatte. Dann zog er die Klinge so hart zurück, als ob man ihn bald jeden Tag dazu zwingen würde, solch anmaßende Kreaturen zu begnadigen. 31 Bei ihren Ahnen! Die Erleichterung, die sich prompt in den Zügen Izayois ausbreitete, wurde nur von der vorschnellenden Hand ihrer Dienerin vereitelt. Ihr Herz tat einen ernüchterten Schlag, als ihr Überkimono auf Brusthöhe gegen die Finger prallte, doch sie wagte unter dem Kopfschütteln Mashikos nicht, sie beiseite zu schlagen. In den braunen Augen ihrer Amme lag derselbe Ausdruck, der auch ihr unter die staubigen, zerrissenen Seidenschichten geschlüpft war und das brachte ihre Wangen zum Glühen. Es fühlte sich furchtbar an, sich zu fügen, statt zu dem seit Kindheitstagen vertrauten Mann zu eilen. Takemaru war wie ein Stein über den Boden gerutscht, als hätte einer der Botenjungen ihn über die Wellen des Teiches springen lassen wollen. Mashiko hätte sich von Herzen gewünscht, das Aufspringen gestatten zu können, doch Erziehung und Vernunft waren Hürden, die man nicht leichtfertig überging. Weder geziemte es sich für die Enkelin eines Daimyos ihre Gefühle gegenüber einem Rangniederen derart unbeherrscht zur Schau zu stellen, noch durfte sie zulassen, dass sich jemand an zwei hochrangigen und gefährlichen Dämonen vorbeischob. Wie hätte es auch enden können? Eine zukünftige Fürstin musste Geduld beweisen, Zurückhaltung gar, denn Streitlust oder impulsives Verhalten oblag den Männern, die mit den Folgen umzugehen wussten und Weitsicht bewiesen, wo ein von Angst gebeuteltes Frauenherz nur närrische Wege auftat. "Vergesst nicht Eure Herkunft", flüsterte die alte Dienerin daher beschwörend. "Was soll der General sonst von Euch denken und was über Euch sagen?" 32 Eine interessante Frage. Ruhig glitt der Blick des Inu no Taishou über den Mann, der sich mit unverkennbarer Willenskraft auf die Beine gezwungen hatte und ihm entgegenstarrte, als könnte er ihn unter einem Schrei in die Unterwelt stoßen. Die kräftigen, roten Lacktöne auf seiner Rüstung zeigten Kratzer, wie sie Kiesel hinterließen, aber den Schmerz über die tiefe Wunde nahe seines Schulterblatts gab er nicht preis. Seine Witterung verriet ihn dennoch: "Ihr solltet es verbinden lassen, Menschenkind, wenn Ihr dem Fieber nicht erliegen wollt, das bald in Euren Adern gedeiht." "Spart Euch die Barmherzigkeit, elender Dämon", zischte Setsuna no Takemaru knapp. "Ich habe Schlimmeres überstanden als einen einfachen Sturz vom Pferd." Allein, wenn er daran dachte, mit welch brachialer Gewalt er in seiner Jugend durch die Sträucher eines Hanges gerauscht war, an dem er durch pure Unachtsamkeit und Leichtsinn den Halt verloren hatte, erfüllte sich seine Seele mit stolzem Ingrimm. Nur wenige Männer im Dienste des hiesigen Fürsten konnten sich rühmen, Knochenbrüche überlebt zu haben; und auch, wenn ihm der Heiler des Anwesens damals orakelt hatte, womöglich nie genug Kraft aufbringen zu können, um als Erwachsener eine Klinge zu führen, so hatten Eifer, Fleiß und Hartnäckigkeit das eindrucksvolle Gegenteil bewiesen. Aus Schwächlingen wurden keine Generäle, keine großartigen Männer, die zur Bewunderung und als Vorbild taugten. Einem weißhaarigen Dämon nun das Leben zu verdanken, machte ihn unsagbar wütend, denn es widersprach allen verinnerlichten Prinzipien. Er hätte es sich erkämpfen können! Doch stattdessen hatte man ihm ungefragt die Ehre genommen und ihn wie ein wehrloses Kind behandelt: Die Vorstellung, dass Izayoi-sama ihn nun ebenfalls für erbärmlich hielt, ungeeignet um erneut ihren Schutz zu gewährleisten, war ihm unerträglich. "Gebt mir die Enkeltochter meines Herrn zurück", verlangte Takemaru harsch, beseelt von dem dunklen Versprechen, sich lieber ein zweites Mal bewusst in den Tod zu stürzen, als sich mit der Schande arrangieren zu müssen, um ihrer aller Unversehrtheit wie ein Waisenkind zu betteln. "Ich würde Eurem Wunsch gern nachkommen", eröffnete der Inu no Taishou freundlich, "aber sie ist nicht mein Eigentum. Sie muss selbst mit Euch gehen wollen." Neugierig wandte sich der Hundedämon ab, während sein helles Fell wie eine Baumkrone im Wind tanzte. "Ihr kennt diesen Mann hier, der für Euch das Schwert ergriff?" Izayoi, die kaum glauben konnte, dass man sie um ihre Meinung bat, atmete erschrocken ein, bevor sie Mashikos Fingerspitzen überstürzt von sich weichen fühlte und sich deren tiefer Verneigung lieber zu früh, als zu spät anschloß. "J-ja, hoher Herr. Takemaru gehört zu den Männern meines Großvaters", beteuerte Izayoi dann, während ihr staubbedeckter Kimono raschelte und ihr nervös eine Ergänzung entschlüpfte, noch ehe sie sich zu helfen wusste. "Er ... Er wollte Euren Sohn gewiss nicht verletzen." Das kaum hörbare, spöttische Schnauben Sesshoumarus brachte den Daiyoukai zum Lächeln, doch das änderte sich, als er seinen Fokus zurück auf den vor Schmutz und Schweiß triefenden Mann wandte, dem nach solchen Scherzen kaum zu Mute schien. Vielleicht war Ernst die bessere Wahl um sein Temperament zu beruhigen: "Euer Eifer ist bemerkenswert, aber er wird Euch kein gutes Schild gegen die Drachendämonen sein, die Eure Männer dahin schlachteten. Fünf fanden den Tod und der letzte wird andere um sich scharen. Ihrer Art ist der Hunger nach Rache so vertraut wie Euresgleichen die Ehre. Nehmt mein Angebot an, vergesst Euren Groll und lasst uns gemeinsam eine Eskorte für die Enkeltochter Eures Herrn und ihre Vertraute bilden. Was haltet Ihr davon?" 33 Fassungslos fuhr sich Setsuna no Takemaru über die trockenen Lippen, während er seinen gehörnten Helm gegen die Hüfte presste. Das Leder seines Waffengurts interessierte sich nicht für seine Gefühle, während er auf den Leichnam seines Reittieres stierte. Er konnte nicht glauben, dass er sich auf dieses irrwitzige Unterfangen eingelassen hatte, aber ihm war keine bessere Möglichkeit eingefallen. Nur ein Narr hätte darüber nachgedacht, mit einer marodierenden Schar Drachen die Klingen zu kreuzen, nachdem er gegen einen einzelnen Dämon verlor. Er war im Augenblick des Angriffs dazu bereit gewesen, seinen Verstand gegen die unmenschliche Stärke in die Waagschale zu werfen - doch Izayoi-sama hatte diesen als Sohn bezeichnet, als der Ältere sie ansprechen musste. Um wie vieles mächtiger würde der erst sein? Er erteilte Befehle und erwies Gnade. Takemaru war kriegserfahren genug, seinen eigenen Wunsch nach Vergeltung hinter das Wohl seiner Herrschaft anzustellen. Die beiden Fremden waren das einzige, wehrhafte Geleit, welches er Izayoi-sama und ihrer alten, resoluten Dienerin gegen den Feind bieten konnte, bis die Verstärkung des Daimyos der südwestlichen Gefilde eintraf. Und das würde sie! Der Fürst hatte eine Woche lang persönlich nach den sterblichen Überresten seines Sohnes, Izaoyi-samas Vater, gesucht, und den Schutz der Familie stets über alles gestellt. Bis dahin war es an ihm, seinem ersten General, das Überleben der Frauen mit allen Mitteln zu gewährleisten. Zu Fuß, wie es aussah. Gottverdammt. Schicksalsergeben schloss der Mann die Augen, dann löste er sich von dem treuen Tier, das ihm über Jahre hinweg die besten Dienste erwiesen hatte und dem keine Strecke zu weit oder zu uneben erschienen war, um sie nicht mit wehender Mähne zu bewältigen. Sein Widersacher hatte es so kaltblütig wie einen Pfirsich aufgeschnitten; wahrscheinlich war es tot gewesen, noch ehe die Blutlache unter dem zusammenbrechenden Leib die Kuppe eines Daumennagels überschritten hatte. "Seid ... seid Ihr wohlauf, Takemaru?" Izayoi-sama. "Euer Pferd", begann sie verunsichert, aber ihr wollte kein weiteres Wort über die Lippen kommen, als sie die Eingeweide des Rosses hinter der Schulter des Generals wie Würmer am Boden entdeckte. Schwer einatmend rang sie um Fassung. Dann musterte sie besorgt das Profil des hochgewachsenen Mannes, dem sie sich trotz aller eiligst geflüsterten Einwände Mashikos mit hartnäckigen, kleinen Schritten genähert hatte. Selbst jetzt konnte sie noch die bohrenden, um Vernunft bittenden Blicke in ihrem Nacken glühen spüren, doch es erschien ihr falsch einer Regel zu folgen, wo kaum jemand auf sie achten konnte. Die Dämonen waren in ein leises Gespräch vertieft und eine andere Menschenseele nicht einmal in Sichtweite. "Wie habt Ihr uns gefunden?" "Das spielt keine Rolle." Sein Anstand verbot es ihm, auch nur eine Silbe über die Risse in ihrem mehrlagigen Kimono zu verlieren und die Seidenfetzen zu erwähnen, die an den Spitzen junger Farnwedel gehangen hatten. Sie lief auf Tabi-Söckchen! Allein das genügte, um ihn zu einer eisernen Verbeugung zu bringen, die im Gegensatz zu ihrem Tun von Etikettenlosigkeit nichts wissen wollte. "Vergebt mir, Izayoi-sama. Ich hätte Euch besser schützen müssen." "Sagt soetwas nicht. Ihr habt getan, was in Eurer Macht stand", raunte sie matt. "Aber es war zu wenig, um die Toten zu retten." Und das war alles, was er dazu zu sagen wagte, bevor sich die Kehle der jungen Frau unaufhaltsam zuschnürte und bald Erinnerungen zwischen ihnen standen, deren Gräuel er nicht miterlebt hatte. Es sollte das erste Mal in diesen Tagen sein, da sich der General wünschte, dass Izayoi-sama die Bekanntschaft mit Dämonen erspart geblieben wäre. 34 "Wenn Ihr mich fragt, Meister", murmelte Myouga grätig, "dann wird diese Angelegenheit für niemanden ein gutes Ende nehmen." Trotzig fuhr sich der Floh über den Saugrüssel und blieb hartnäckig wie ein Stück Baumrinde auf der windabgewandten Seite der Rüstung sitzen. Bisher hatte ihn der verrückte, menschliche General übersehen. Trotzdem liebäugelte er mit den Grasbüscheln und probte in Gedanken seine Flucht über Stock und Stein, aber das in Bewegung geratene Schulterfell des Herrn der Hunde ließ ihn aufmerken. "Du sorgst dich, alter Freund?" Oh, natürlich tat er das! Jeder Dämon, der seinen Kopf nicht nur zur Zierde trug, sondern hin und wieder benutzte, würde das tun! Erst wurden die Gebiete des Westens von zwei Banden verwüstet, deren Schuppen, Klauen und gewaltige Fangzähne allein im Tageslicht für Albträume sorgen konnten, und nun durfte man auch noch eine Gruppe an Menschenkindern beaufsichtigen, von denen der einzige Mann launenhafter schien als der Welpe des Inu no Taishou. Selbstverständlich behielt Myouga diesen Teil seiner Gedanken für sich, als er zur Erklärung ansetzte. Er hing schließlich an seinem Leben: "Ich möchte nicht wissen, was geschieht, sollte der mächtige Drachendämon Ryukotsusei für die Angriffe die Verantwortung tragen!" "Nun, falls er es war, dann wird weniger Zeit als erhofft vergehen, bis weitere Abkömmlinge seiner Brut unsere Fährte entdecken", erwiderte der Herr der westlichen Länder, bevor er nach Norden sah. "Das hält uns immerhin im Training, nicht wahr, mein Sohn?" Sesshoumaru hob gleichmütig eine Augenbraue, aber er verzichtete darauf, die Fähigkeit dieser Eidechsen stellvertretend für alle Anwesenden zu bewerten. Vielleicht hätte er das getan, wenn es den letzten Lindwürmern, mit denen er selbst zu tun gehabt hatte, wenigstens gelungen wäre, ihre zweite Schmähung ihm gegenüber zu beenden. Alles andere jedoch... Lächerlich. Myouga schien die Sache freilich nicht annähernd so gelassen zu sehen. Ihm brach der Schweiß aus, wenn er nur daran dachte, dass die beiden Hundedämonen seine Befürchtungen in den Wind schlugen. "Ignoriert nur die Gefahr!", empörte er sich hitzköpfig, während Wangen und Augenbrauen gleichermaßen rot anliefen. "Straft sie mit einem Grinsen ab! Wäre ich der Feind, würde ich die Abwesenheit des Inu no Taishou dazu nutzen, mich anderweitig auszutoben oder ... oder noch schlimmer: Das nächste Dutzend meiner Vasallen zu dessen hilfloser, einsamer Gefährtin schicken!" "Hilflos?" "Das bezweifle ich", stimmte Sesshoumaru kühl zu. "Mit einem nutzlosen Schwarm Drachen wird Mutter jederzeit allein fertig." Und das ohne mit der Wimper zu zucken, ergänzte er grimmig, ohne zu ahnen, dass der Inu no Taishou seine Gedanken in erschreckend ähnliche Bahnen lenkte. Umso überraschender geriet der nächste Befehl. "Sesshoumaru? Ich wünsche, dass du gehst und ihr etwas ausrichtest. Noch heute." 35 Fahl und bedrohlich krochen die Rauchwolken über das zu Eis erstarrte Gestein, bevor die scharfen Kanten unter dem Gewicht der Krallen wie Sand zerbröselten und der Leib des Drachenyoukais unter einem Donnergrollen erbebte. "Ist das wahr?! Kakesa unterlag erneut?" "So wahr wie die Farbe Eurer Schuppen grau ist. Fünf fielen dem Herrn der Hunde zum Opfer", wisperte das Lindwurmweibchen listig, auch wenn sie daraufhin einem niederfahrenden Stalaktiten ausweichen musste, der in hunderte und abertausende Splitter zerbrach. Unter anderen Umständen hätte sie ihnen ein belustigtes Funkeln gegönnt, doch das einsetzende, markerschütternde Brüllen warnte sie vor dieser Zeitverschwendung. Stattdessen legte sie alle Sorgfalt, die ihr Eigen war, darin ihre Stimme in ein warmes Flüstern zu verwandeln. "Erlaubt mir an dieser Stelle, Euren Zorn in die Wälder des Hundes zu tragen und ihm eine Lehre zu erteilen." "Dir?!" "Gewiss mir, doch nur Euch zu Ehren", neigte sie den rotbraunen Schuppenkopf, der sich lang und schmal wie ein Gedicht ausnahm. Im Vergleich zu seiner Gestalt mutete sie winzig an: Mit einem Schritt nach vorn hätte er sie mühelos unter den äußersten Klauen begraben können. Nein, sie wirkte nicht gefährlich, nicht einmal wenn ihrer aller Brutmutter sich dafür verbürgt hätte. Dennoch verebbte die Skepsis inmitten der schweren, von Schwefel getränkten Luft unter einem dröhnenden Lachen: "Dann tu, tu was auch immer dir beliebt, Schwester." Wie gnädig. Genau das hatte sie schließlich vor. Ihr Bruder Ryukotsusei kannte nur seine Selbstgefälligkeit und Geltungssucht, daher würde er ihr die Kehle für jede Verfehlung öffnen. Um als Weibchen einen angenehmeren Platz im Schwarm zu ergattern, musste sie raffiniert vorgehen. Im Gegensatz zu ihrem Vorgänger, diesem nichtsnutzigen Schuppentier, wusste sie jedoch haargenau, wie sie dem Inu no Taishou einen Schmerz zufügen würde, von dem er sich in dreitausend Jahren nicht mehr erholen mochte. Frauen waren in dieser Welt immerhin das Einzige, vor dem sich ein Daiyoukai hüten musste. - - - - - - - Dem wird Sesshoumarus Mutter in Kapitel #9, "Reisblüte", zustimmen können. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)