Apfelblüte von Morgi (Inu no Taishō / Izayoi) ================================================================================ Kapitel 5: Jasminsilber ----------------------- Apfelblüte - Jasminsilber - Autor: Beta: - Fandom: Inu Yasha Genres: Romantik (Hetero), Drama, Epik, Alternate Timeline Triggerwarnungen: Gewalt, Tod, Trauma Disclaimer: Inu Yasha ist Eigentum von Rumiko Takahashi, ich verdiene hiermit kein Geld. - - - - - - - 17 Angespannt biss sich Izayoi auf die Unterlippe, während sie spürte, wie ihr Herz wuchtig gegen die eigenen Rippen schlug. Diese Unruhe, dieser Druck. Sie musste es wagen und sich Gewissheit verschaffen, wie es um ihre Freiheit im Angesicht des Dämons bestellt war. Ihre Fingerspitzen fuhren von den zerschlissenen Lagen des Kimonos fort, hinein ins Gras. Dann verbeugte sie sich tiefer denn je. "G-gestattet Ihr mir aufzustehen, hoher Herr?" Überrascht weiteten sich die Pupillen des Inu no Taishou, ehe er mit einer Handgeste sein Nicken unterstrich und die Halme, Gesteinsbrocken und Baumpilze mit einschloss. "Ihr seid nicht meine Gefangene, Menschenkind. Geht, wohin Ihr auch immer gehen wollt." "Ich danke Euch", murmelte die junge Frau ergeben, beugte das Haupt bis zum Erdboden hinab und stützte sich dann trotz der erdrückend schweren Stofflagen in die Höhe. Wie der Fächerahorn im Wind schwankte sie, doch sie wagte es keinen Augenblick lang, den Blick von seinen Zügen zu nehmen, ehe sie nicht an ihm vorbei war. Ihre Furcht rührte ihn. Offenbar zweifelte sie an seinen guten Absichten, so wie es alle Menschenkinder taten, die den Schrecken des Todes beigewohnt hatten und fortan Dämonen mieden. Vielleicht ahnte sie sogar, dass er keine Schwerter benötigte, um seiner Natur zu folgen. Wenn er gewollt hätte, wäre ihr Rücken ein einladendes Ziel gewesen, um sie noch im Lauf zu erschlagen - sogar seine Instinkte, so gut beherrscht sie auch in der Brust ruhten, regten sich bei einer flüchtenden Beute. Freilich hatte er als Herr der Hunde Besseres zu tun, als sich solchen Gefühlen hinzugeben, und so hob er lediglich den Kopf, als ihm seine Sinne das Geräusch von über Stein kratzenden Stoffen zutrugen. Einen Moment schien die Schwarzhaarige im Schritt zu stocken und zu taumeln, ehe sie wie ein Kronenkranich auf die Knie sank. Ah. Natürlich, zwischen den Findlingen musste einer ihrer Gefolgsmänner liegen. Der herbe Geruch des Todes tränkte noch immer das Schlachtfeld, aber er war längst nicht mehr so frisch wie zu jenem Zeitpunkt, an dem die Knochen auseinandergesplittert oder die Kiesel mit dunklem Blut gespeist worden waren. Gefasst erhob sich der Daiyoukai von seinem Platz, um unter dem Klappern seiner Schwertscheiden zu ihr zu gehen. Je dichter er kam, desto mehr verwunderte ihn die Geräuschkulisse. Dieses Menschenkind ... weinte? War das tatsächlich möglich? Augenscheinlich ja. Seine Ohren waren frei von jeglichem Summen, das ihn manchmal durch das Klirren der Waffen wie einen Geist verfolgte. Es war die einzige Erklärung dafür, weshalb sie die Hände gegen ihren Mund presste und sich wie ein verlassener Welpe im eigenen Kummer vor- und zurückwog. Sie trauerte, als ob sie einen Angehörigen verloren hätte. Ein Kind, einen Mann. Gleich wen, aber er hatte dergleichen zu oft in den Mauern seiner Residenz gehört, um nicht die Lippen zu einer schmalen Linie zusammenzupressen. Am Ende glitt die Hand des Inu no Taishou zum Griff seines zweiten Schwertes, um dieses in einer geschmeidigen Bewegung aus der Scheide zu ziehen. "Tretet zurück", forderte er bestimmt und das Gras wich unter seinem schweren Schritt wie Schatten vor dem Sonnenlicht. Wäre die Spiegelung nicht gewesen, welche die Klinge über sein Gesicht huschen ließ, Izayoi hätte ihn kaum inmitten des Tränenschleiers erkannt. Statt jedoch augenblicklich zu gehorchen, hob sich ihr Brustkorb unter einem weiteren Laut des Elends. Ihre Hand fuhr über die Wange, als hielte sie alle Grausamkeit des Tages dahinter gefangen. Aber musste es nicht so sein? Konnte ihre Hofdame, ihre teure Mashiko, tatsächlich so seltsam verdreht zu ihren Knien liegen, sodass sie ihren Körper kaum zu berühren wagte? "Ich bitte Euch", wiederholte der Daiyoukai unter dem leisen Timbre des Schwertes. "Tretet zurück." 18 "Was sagst du da?!" Der General war mit einem Schlag so bleich, dass die Fassungslosigkeit in seinen Mundwinkeln schlimmer aufzulodern schien, als jegliche Unbeherrschtheit, die er einst in Jugendtagen sein Eigen genannt hatte. Die Worte des Laufburschen, das Wissen in seinem Training zwischen Schweiß und heiseren Atemzügen gestört worden zu sein: Takemarus Unmut verblasste so rasch, dass er nicht einmal merkte, wie er die Klinge fallen ließ. Das Schwert schaffte es kaum auf dem sandigen Innenhof aufzuschlagen, da war der hagere Jüngling bereits an den Schultern gepackt und mit einem zornigen Schnauben bedacht worden. Einen Augenblick standen sie wie ungleiche Statuen da, dann brach dem Untergebenen der Schweiß auf der Stirn aus. Seine pausbäckigen Züge, die sich sonst der Ruhe der Koikarpfen in den Teichen anpassten, liefen in einem fleckigen Rot an und die Strohsandalen klapperten gegen seine Fersen, als er unter sich vergeblich Erdboden suchte. Takemaru hätte der Versuch kaum kälter lassen können. Alles was ihn interessierte, alles was er wissen musste, war eine Sache: "Wo ist sie? Wo ist Izayoi-sama? Sprich!" Der Griff um den Kragen des fremden Yukata verfestigte sich, doch es war mehr als Furcht, die dem Anderen die Kehle zuschnürte. "Ich bitte Euch, Herr! Er ... er kehrte allein zurück und brach vor den halbmondförmigen Toren-" "Wo?!", bellte Takemaru in das Gestammel dazwischen und kaum, dass die verhängnisvollen Worte von der Zunge sprudelten und sich überschlugen, verlor sein Gesicht den letzten, mühsam an sich gerafften Zug der Beherrschung. Den dürren Laufburschen ließ er so erstarrt los, als hätte er einem Gespenst in die Augen geblickt. "Unmöglich", raunte Setsuna fassungslos, nur um dem Schluckenden im nächsten Moment erneut harsch und unversöhnlich das Gesicht zuzuwenden. "Bereite mir mein Pferd vor, Akeno! Auf der Stelle, oder ich werde dafür sorgen, dass dich deine Ahnen heute Nacht in Häppchen zu Gesicht bekommen!" 19 Bei allem, was ihr heilig war! Der Atemzug, der jäh durch den Körper schnitt, hob sogar den Brustkorb vom aufgewühlten Erdboden empor – dann hatte Mashiko ihre Augen aufgerissen und unter einem heiseren Krächzen das Leben zurück. Die blauschimmernde Klinge, die kurz darauf neben ihr zu Boden sank und gegen einen Stein schlug, wurde begleitet von einem ausdruckslosen, aber dennoch zufriedenen Gesicht des Herrn der westlichen Länder. Hätte der Inu no Taishou Wert darauf gelegt, dann hätte er es der Schwarzhaarigen oder ihrer Dienerin erklärt. Aber in diesem Augenblick scherte er sich mehr um das eigentümliche Kribbeln in seinen Fingerspitzen, das ihn Tensaiga wegstecken und die Hand kurz darauf dehnen ließ. Anschließend nickte er der Fürstentochter zu, die noch immer wie betäubt auf die Szenerie starrte, als ob sie soeben in einem äußerst unglaubwürdigen Traum verstrickt wäre. "Was habt Ihr-?" Wie? "Achtet nicht auf mich. Es wird noch einen Augenblick dauern, bis sie sich gefangen hat", unterbrach der Hundedämon nachsichtig. "Ihr Blut muss erst lernen, wieder zu fließen." Still widmete er sich seinem beanspruchten Handgelenk, um es zu umgreifen und ein unangenehmes Knacken hervorzurufen. Hässlich, ja. Aber dennoch unvermeidbar, wenn er nicht mit dem Belastungsschmerz auskommen wollte. Dafür, dass ihm der Schmied eine solch hervorragende Arbeit unter Mosern und Zetern ausgehändigt hatte, schien es ihm noch immer, als ob Tensaiga einen eigenen Willen besäße. Gewundert hätte es ihn selbstverständlich nicht. Jeder Zauber, jede Magie – ja, selbst jedes Youki – unterlief einer Macht, die sich erschöpfen konnte. Scheiterte der Geist und gute Wille, rieselte Stärke wie Sand durch die Finger. Geerdet betrachtete sich der Inu no Taishou seine Klauen, dann warf er einen Blick zur Seite. Es dauerte nicht lang, dann stahl sich ein Lächeln auf seine Züge, das weich wie das Fell auf seinen Schultern gedieh. Offenbar war es ein guter Entschluss gewesen, wenn er nun zu sehen bekam, wie wenig die Etikette bei dieser Umarmung beachtet wurde: Dass die Amme überrascht unter dem Gewicht ihrer Herrin aufkeuchte, ließ ihn am Ende nur zufrieden fortschreiten. Was zählte schon der Stand, wenn es nur darum ging, etwas Herzlichkeit auf der Zunge zu tragen? Warum sollte die Geburt oder das Alter darüber entscheiden, welchen Umgang man miteinander pflegte? "Das ist doch nicht Euer Ernst, Meister!", schalt es da nahe seines rechten Ohrs und tatsächlich dämpfte er augenblicklich seinen Schritt. "Ah, Myouga. Du bist zurück." "Ihr könnt doch kein Menschenkind mit dem mächtigen Tensaiga zurückholen!", schimpfte der Flohyoukai unter einem hochroten Saugrüssel, bevor er wegen eines aufblitzenden Fangzahns und Lächelns zusammenfuhr. "Wofür sollte ich es sonst verwenden?" "Das ... das ist doch keine angemessene Frage", hielt der schmächtige Dämon entgegen. "Ihr kennt diese Menschenkinder nicht einmal. Wenn Eure Gefährtin von Eurer Großzügigkeit erfährt, wird sie gewiss erbost sein!" Der Herr der Hunde hob die Mundwinkel an, die sich so seicht wie Seide in seinen Zügen ausnahmen. "Das würde voraussetzen, sie hätte hier einen Beobachter, der zum Plaudern neigt, und außer uns ist niemand vor Ort, Myouga." "Oh." Das betretene Schweigen, das folgte, versackte wie Blei in den Gliedern des Beraters. Dann zückte er umso verlegener ein Tuch aus seinem grünen, schlichten Gewand und betupfte sich die feuchte Stirn, als habe das Gras unter seinen Füßen Tau nach ihm gespuckt. "Ich ... ich wollte es lediglich bemerkt haben." "Selbstverständlich. Ich weiß deine Mühen wie immer zu schätzen, alter Freund." Die Miene des Hundedämons weichte auf, ehe er einen Sekundenbruchteil später zur Seite sprang – und mit dem entsetzten Aufschrei des Flohyoukais ein weitaus schlimmeres Schicksal erlitt, als durch die in den Boden fahrende Klinge. Die Rauchwolke, die sich neben den Erdbrocken verflüchtigte, änderte jedoch nichts daran, dass er ein kurzes Schnauben hörte. "Vater." "Fast", erwiderte dieser mit einem provokanten Blitzen in den Augen. "Der Wind hat eine Sekunde zu früh gewendet, um den Überraschungsmoment ganz auf deiner Seite zu wissen." "In der Tat." Falls es Sesshoumaru erzürnte, sein Ziel verfehlt zu haben, ließ er es durch nichts erkennbar werden. Wortlos steckte er das Schwert zurück in die Scheide, um einen Blick auf das nahe Umfeld zu werfen. Die nächste Böe trieb sein langes Haar scharf gegen den Kieferknochen, doch als Sohn des mächtigsten Dämons im Westen sah er seine Pflicht bereits erfüllt, indem er die tanzenden Strähnen, den Brokatobi und die Hakama-Hosen mit Nichtachtung strafte. Der Geruch der bereits verwesenden Gestalten beleidigte seine Sinne. "Ein eigenartiger Ort, den Ihr erwählt habt." "Du irrst dich, Sohn. Nicht ich habe ihn gewählt, sondern diese Frauen." "Menschen." "Frauen", wiederholte der Herr der Hunde bestimmt. "Ich werde sie begleiten." Knisternd fuhr der Wind durch die Kieselsteine und Gräser am Boden, bevor er einen vereinzelten Halm abriss und durch die Luft davonflattern ließ. Vor der Nase des jüngeren Hundedämons beschrieb er einen Kreisel, dann wandte sich dieser ab. 20 Es durfte nicht sein. Allein der Gedanke schnürte seine Lungenflügel zusammen, bis er nicht zu sagen vermochte, ob es an den Entbehrungen des Trainings lag, dass er nach Luft ringen musste oder an der Vorahnung. Aber gleich, was es war, er würde es verhindern. Er, Setsuna no Takemaru, würde noch rechtzeitig eintreffen und die Enkelin seines Herrn, Izayoi, schützen! „He!“, spornte er donnernd an, um die Zügel enger zu fassen und das Tier über den Pfad preschen zu lassen. Die Steine, die in alle Richtungen davon flogen, die Gräser: Es hätte ihn nicht weniger interessieren können. Selbst die Bauern, die sich in der Abenddämmerung von ihren Feldern aus heimwärts schoben, sprangen ihm so behände aus dem Weg, als ob es kein Morgen gäbe. Dem grimmig aussehenden Mann einen Fluch hinterherzuwerfen, der in schwerer Rüstung und mit den leuchtenden Farben des Daimyos gezeichnet war? Oh, bei der Sonnengöttin! Man war nicht dumm genug, einen solchen Herrn zu erzürnen und was immer ihn in diesem verheerenden Tempo auch über Wurzeln und Büsche jagen ließ, er schien keinen Kopf für Anderes zu haben. Sollte er tun, was immer er tun wollte! Von ihnen konnte schließlich keiner ahnen, dass selbst das Ross mit sämtlichem Schaum vor den Nüstern bereit war, an die Grenzen zu gehen. Das Wort Dämon hing dabei wie ein Damoklesschwert über dem Nacken des Generals, erzürnte seine Seele wie ein triefend rotes Meer aus Blut. Wie hatte es dieser einfältige Narr nur wagen können, ihn erst Minuten nach dem Eintreffen vor den Toren benachrichtigen zu lassen? Ihn? Hätte er nicht bereits einem Blutegel gleich im Staub gelegen, während sich Wachen um ihn scharten und der erste Heiler die Stufen hinabeilte, Setsuna selbst hätte sich dafür verbürgt, ihm diese Knochenbrüche beikommen zu lassen. Seinem Befehl hatte er sich widersetzt! Statt für das Wohlergehen Izayoi-samas zu sterben, war er auf einem zu Schande gerittenen Pferd zurückgekehrt – nur um ihm mitzuteilen, dass sie allesamt in einen Hinterhalt geraten waren! Der Zorn, der allein bei dem Gedanken an diese Schilderung in seinen Venen entlang tobte, ließ Setsuna nur umso heftiger die Fersen in die Flanken des Pferdes treiben. Der Sprung, den das Tier wiehernd zurücklegte, täuschte jedoch nicht darüber, dass die Ehre dieses Mannes verloren war. Er selbst würde eher Seppuku begehen, als mit der Gewissheit zu leben, der Fürstentochter nicht wie einst geschworen beiseitestehen zu können. Ihr Leben war das seine, ihre Gesundheit sein Elixier. Sollte der Fürst ihn später dafür richten, ohne sein Urteil und Segen die Residenz verlassen zu haben. Gewiss hätte er ihm hundert Männer mitgegeben, doch jeder tatenlose Atemzug wäre bis zum Aufbruch sein Untergang geworden. Bis jedes Ross gesattelt, jede Sehne gewachst und bespannt, ja, jeder Mönch Entschlossenheit in seine Gebetsperlen gelegt hätte, mochte das Schicksal über sie hereingebrochen sein. Nichts und niemand würde ihn davon abhalten, diesen Dämon in tausend Stücke zu zerreißen, wenn er es gewagt hatte, seiner Herrin Izayoi auch nur ein Haar zu krümmen! - - - - - - - Hm, das ist jetzt aber sehr tapfer von unserem lieben General. Ob er sich da nicht etwas übernimmt? Kapitel #6, "Eisenhut", wird es zeigen! :-) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)