Der Schmerz, vor dem ich dich nicht bewahren kann von Kyo_aka_Ne-chan ================================================================================ Kapitel 11: Nach 10 Jahren... ----------------------------- Gladio sah gedankenverloren ins Feuer und betrachtete die Flammen. Das erste Mal seit Langem kam er zu einer Atempause, was sowohl gut als auch schlecht war. Zum einen kam er zwar zur Ruhe, doch gleichermaßen plagten ihn dann die Geister der Vergangenheit. Er seufzte auf, als sich hinter ihm plötzlich Schritte näherten. Gladio spannte sich an und packte vorsorglich sein Schwert, welches neben ihm gelehnt hatte, als sich plötzlich Prompto zu ihm gesellte. „Dachte mir doch, dass du das bist“, grinste er, doch es war nicht so strahlend wie noch vor ein paar Jahren, seit sie sich das letzte Mal gesehen hatten. Gladio erkannte, dass nicht nur das Alter an sie herangetreten war, sondern auch die aktuelle Lage und der nicht endende Kampf gegen die Sicher. Sie waren beide müde und erschöpft und längst nicht mehr das, was sie einmal gewesen waren. „Nur du bist so verrückt und zeltest außerhalb des eigentlichen Lagers, oder Gladiolus?“, fragte noch eine weibliche Stimme und Gladio wandte sich halb zu Cidney Aurum, der Chefmechanikerin von Hammerhead, um. Es stimmte, nur er war so verrückt, was nur daran lag, dass er in den letzten Jahren einfach nur noch kämpfen und kämpfen und kämpfen wollte, um den Anblick von Noctis aus seinem Kopf zu bekommen, wie er im Inneren des Kristalls verschwand. „Wo kommt ihr beiden denn her?“, fragte Gladio und rang sich ein kleines Lächeln ab. „Wir sind gerade auf Probefahrt“, meinte Prompto und deutete auf irgendetwas, was im Dunkeln lag und was Gladio nicht erkennen konnte. „Ich habe die Autos ein wenig aufgemotzt, damit sie mehr aushalten und trotzdem nicht an Schnelligkeit verlieren“, fügte Cidney stolz hinzu und Prompto schaute bewundernd zu ihr. Seine Verliebtheit für Cidney war ungebrochen, auch, wenn sich in den zehn Jahren noch nicht wirklich viel zwischen den beiden getan hatte. „Kommst du mit uns, Gladio? Ignis ist auch vor ein paar Stunden in Hammerhead angekommen und er hat dich auch ewig nicht gesehen“, sagte der Blonde jetzt, der mit diesem blonden Bärtchen an seinem Kinn wirklich zum Schießen aussah. Gladio grinste noch etwas breiter und nickte, ehe er aufstand und das ohnehin halb heruntergebrannte Feuer austrat. Er packte seine Sachen zusammen und machte sich mit seinem früheren Weggefährten und der Mechanikerin auf den Weg nach Hammerhead. Unterwegs zeigte ihm Cidney, wie sie den Wagen getunt hatte und so rasten sie durch die ewige Nacht. Seit Noctis vom Kristall absorbiert worden war, war auch das Licht verschwunden und es war ununterbrochen dunkel. Dies war wiederum ein Garant dafür, dass mehr und mehr Siecher auftauchten und die Städte nach und nach belagerten. Einen kleinen Sieg konnten sie alle trotzdem verbuchen, denn kurz nachdem die meisten Städte gefallen waren, waren die längst verloren geglaubten Mächte in den Söldnern der Königsgleve wieder erwacht und sie hatten die Monster erfolgreich zurückdrängen und ein dichtes Netzwerk errichten können, welches mit den Jägern zusammen fungierte. So war es ihnen gelungen, die meisten Städte in Eos wieder aufzubauen und die Siecher unter Kontrolle zu behalten. Unbeschadet erreichten Gladio, Prompto und Cidney Hammerhead, welches vollkommen abgeriegelt worden war. Ein schmiedeeisernes Tor und zahlreiche Wellbleche und Metallschrottstücke schützten die Werkstatt, das Diner und die Tankstelle vor Ort und sogar der alte Wohnwagen stand noch hier, was Gladio an alte Zeiten denken ließ. Ihm kam es ewig her vor, als er das letzte Mal hier gestanden und mit den anderen im Regalia losgefahren war, einer ungewissen Zukunft entgegen, die sie jetzt eingeholt hatte und immer noch düster vor ihnen lag. Gladio stieg aus dem Auto und er sah Ignis auf sich zukommen. Noch immer erschreckten ihn die Narben, obwohl diese schon sehr gut verheilt waren und hinter einer dunklen Brille geschützt waren. Um Ignis hatte sich Gladio wahrscheinlich die meisten Sorgen gemacht, aber wie er gehört hatte, ließ sich der andere mit den stacheligen Haaren und dem nach wie vor tadellosen Kleidungsstil nicht aufhalten. Er beriet, arbeitete Strategien aus und ging selbst ebenfalls aktiv auf die Jagd nach Siechern. „Ignis“, sagte Gladio und der andere nickte mit einem angedeuteten Lächeln. „Also dann, ich lass euch Jungs mal für euch. Habe sowieso noch ein paar Dinge zu reparieren, ihr wisst schon“, meinte Cidney und ließ die drei allein. Sie gingen wie selbstverständlich zum Wohnwagen und setzten sich zu dritt unter die schmale Überdachung, unter der nach wie vor einfache Klappstühle und ein Campingtisch bereitstanden. Ein Platz blieb leer und sie alle schauten einen Moment darauf, ehe sie sich langsam wieder daran gewöhnten, zusammen zu sitzen. „Es ist ewig her“, begann Ignis. „Ja“, stimmte Prompto zu und strich über das zerkratzte Metall des Tisches. „Ich habe gehört, ihr leistet gute Arbeit“, bemerkte Gladio und er hatte auch nicht im Geringsten daran gezweifelt. „Das Gleiche habe ich von dir gehört“, meinte Ignis dazu und auch das war völlig klar gewesen. „Aber was ich nicht wusste, ist, dass Prompto jetzt einen Babyflaum am Kinn hat. Hätte ich das gewusst, wäre ich sofort gekommen“, lachte Gladio schließlich, denn er konnte diesen Kinnbart einfach nicht unkommentiert lassen. Ignis lachte unterdrückt und Prompto sprang entrüstet auf. „Hey, das ist absichtlich so!“, rief er und strich durch seinen kleinen Kinnbart, was Gladio nur noch dröhnender lachen ließ. „Zu schade, dass ich das nicht sehen kann. Aber Gladios Worte geben mir zumindest eine gute Vorstellung von dem, was zu sehen sein könnte“, bemerkte Ignis und auch er lachte schallend. Prompto wurde rot und setzte sich wieder hin. „Cidney hat gesagt, es sieht gut aus“, murmelte er und wieder animierte das Gladio und Ignis zu einem Lachanfall. Schließlich konnte Prompto auch nicht mehr und bald darauf schallte ihr gemeinsames Lachen durch die Stille der Nacht. Nach und nach beruhigten sie sich wieder und sahen sich kameradschaftlich an... so wie früher. „Wenn Noct uns jetzt sehen könnte“, grinste Prompto schief und automatisch kehrten ihre Blicke zu dem leeren Stuhl in ihrer Runde zurück. Sie dachten alle oft an ihren Freund und König und sie fragten sich, was wohl aus ihm geworden war. Hatte er sich aufgelöst? War er jetzt der Kristall? War er tot? Schlief er nur? Was war mit ihm geschehen oder würde noch etwas mit ihm geschehen? Würde es Jahre, Jahrzehnte oder vielleicht sogar Jahrhunderte dauern, bis der Kristall ihn freiließ oder war das gar nicht möglich? So viele Fragen... viel zu wenig Antworten. Die Gefährten wandten den Blick von dem schmerzlich leeren Stuhl ab und unterhielten sich lieber über die Fortschritte, die sie in der letzten Zeit mit ihren jeweiligen Teams gemacht hatten. Es gab ihnen allen Mut, weiter durchzuhalten, denn sie leisteten Wichtiges für die Bevölkerung von Eos, etwas, was Noctis von ihnen erwartet hätte. Nach mehreren Stunden kehrte wieder einmal Stille ein und genau da knackte es in dem Walkie-Talkie, welches an Promptos Hüftgürtel hing. „Leute, äh... hier ist Talcott. Könnt ihr mich hören?“, fragte eine männliche Stimme und Prompto meldete sich sofort. „Hier ist Prompto, ich kann dich hören. Ist alles ok? Brauchst du Hilfe?“ „Nein, ich.... mit mir ist alles ok, ich wollte nur Meldung machen“, antwortete es und Prompto entspannte sich wieder. „Wie sieht die Gegend aus? Ist alles ruhig?“, fragte Ignis dazwischen. „Ja, alles ist ruhig, bis auf ein paar kleine Ansammlungen Siecher. Sie halten sich aber abseits der Straße, das neue Stromnetz und die neuen Lampen halten sie von hier fern, das ist echt super geworden“, berichtete Talcott begeistert. „Klingt nach einer ruhigen Nacht“, bemerkte Gladio, doch genau als er das aussprach, hörten die drei, wie Bremsen quietschten. Alarmiert sprangen sie auf, Prompto rief nach Talcott und angespannt lauschten sie, ob der Jüngere sich wohl meldete. „Talcott? Talcott, antworte, verdammt!“, verlangte der Blonde und allgemeines Aufatmen kam auf, als der andere es tat. „Mir ist nichts passiert, ich... da war nur ein Hund auf der Straße“, berichtete der Junge und klang zittrig. „Ist wirklich alles in Ordnung mit dir?“, fragte Gladio und Talcott bestätigte dies. „Ja, ist wirklich alles- oh...“ Wieder stoppte der Junge mitten im Satz und Gladio spürte, wie seine Ungeduld hervorkommen wollte. Stattdessen war es Prompto, der wissen wollte, was vor sich ging. „Talcott, es ist allgemein keine gute Sache, wenn jemand „oh“ sagt. Das ist genauso schlimm wie „ups“ oder so“, meinte der Blonde und Gladio musste dem zustimmen. „Leute...? Ich... ich glaube, ich habe... Noctis... ich... meine, der König, ich...“, stammelte Talcott plötzlich aufgeregt und keiner verstand ein Wort. „Talcott, was ist los? Drück dich klarer aus“, mischte sich nun Gladio ein und er konnte nicht verhindern, dass er herrisch klang. Der Jüngere atmete am anderen Ende tief durch, dann drangen die Worte aus dem Walkie-Talkie, die Gladios Welt und die der anderen nach zehn Jahren urplötzlich auf den Kopf stellten. „Leute, ich habe den König gefunden.“ Unruhig stiefelte Gladio hin und her, immer wieder sah er zum provisorischen Eingang des Lagers und er konnte den Moment kaum erwarten, bis Talcott hier auftauchte. Wenn dieser kleine Wicht sie anlog oder einen wildfremden Typen anbrachte, der zufällig wie Noct aussah, dann würde er diesen Naseweis ungespitzt in den Boden rammen, das stand fest. //Es kann einfach nicht sein... er kann nicht einfach so wieder da sein und in der Gegend herumspazieren... das ist einfach nicht möglich. Oder?// Einen knurrigen Laut von sich gebend, stiefelte Gladio weiter im Kreis herum wie ein wildes Tier und er wurde gleichzeitig immer nervöser. Was, wenn es wirklich wahr war? Was, wenn Noctis wirklich wieder bei ihnen war? Gladio blieb wie angewurzelt stehen. Er hatte keine Ahnung, wie er dann reagieren würde und was er sagen sollte. Er musste sich für damals entschuldigen, dass er zu spät gekommen und wieder einmal als Schild versagt hatte. Er musste- Der Gedanke wurde nicht zu Ende gedacht, denn in diesem Moment hörte er ein Auto nahen. Doch es fuhr vorbei und Gladios Hoffnung schwand wieder dahin. Bestimmt war das nur ein schlechter Scherz, ein Traum, eine dumme Hoffnung, die sich nicht erfüllen würde... er musste auf dem Boden der Tatsachen bleiben. „Gladio, bleib ruhig“, mahnte Ignis, doch Gladio platzte entgegen dieses Rats der Kragen. „Ich kann nicht! Verdammt nochmal, wenn er es wirklich ist, dann...!“ „Dann was? Wir können jetzt nur abwarten, es bringt nichts, wenn wir uns irre machen“, mischte sich Prompto ein, doch er wirkte nicht sehr überzeugend, weil er sich immer wieder mit den Händen durch die Haare fuhr. Nur Ignis wirkte wie immer, doch das konnte auch ein Trugschluss sein. „Ich hätte mich in ein Auto setzen und hinfahren sollen“, sagte Gladio und begann, seine Herumstiefelei wieder aufzunehmen. „Du weißt gar nicht, wo Talcott ist und wenn er sagt, er kommt so schnell wie möglich her, dann wird er das tun.“ „Wenn er sich irrt-“ „Er irrt sich nicht. Er kennt Noctis genauso gut wie wir. Wenn er sagt, dass er es ist, dann ist er es auch“, hakte Ignis ruhig ein und Gladio überlegte, ob er sich mit dem anderen prügeln sollte, weil dieser so verdammt ruhig blieb und Gladio dagegen kurz vorm Durchdrehen war. Endlich nahte ein weiteres Fahrzeug und es hielt vor dem provisorischen Tor. Es wurde geöffnet, ebenso wurden die Metallschrottstücke und die Wellbleche beiseite geräumt, nur, um wieder neu aufgebaut zu werden, als das Auto nun auf den Parkplatz fuhr und das Tor hinter sich ließ. Gladio, Ignis und Prompto verharrten auf dem Fleck, wo sie standen und angespannt starrten sie zu dem Fahrzeug, aus welchem Talcott als Erstes ausstieg. Er hielt die Tür auf und Umbra sprang aus dem Inneren des Wagens. Er wartete und schaute zum Auto, bis der Beifahrer ausgestiegen und um das Auto herumgegangen war. Da erst erhob sich Umbra wieder, tappte zu demjenigen und wedelte mit dem Schwanz. Wie betäubt schaute Gladio auf den Mann, der um zehn Jahre gealtert war, aber dennoch viele Gemeinsamkeiten mit dem jungen Mann aufwies, den sie früher alle gekannt hatten. Nervös schluckte Gladio, sein Herz schlug wesentlich schneller und sein Atem ging flach, während er diese ganzen Informationen zu verarbeiten versuchte. Das dort war nicht Prinz Noctis... nein, das war König Noctis, den sie da vor sich hatten. Mit Ruhe setzte sich Noctis in Bewegung und Umbra folgte ihm dicht an seiner Seite. Sein Blick war auf seine Gefährten gerichtet, in seinem Gesicht lag die gleiche Ruhe, mit der er sich fortbewegte. Er wirkte viel erwachsener, was nicht nur am Alter lag, er war gewachsen und noch dazu sah er mit seinem Bart seinem Vater noch viel ähnlicher. Noctis blieb mit respektvollem Abstand stehen und hob langsam und kurz die Hand. Sein Mund verzog sich zu einem kleinen Lächeln, ehe er sich völlig untypisch für sein erwachsenes Aussehen äußerte. „Hey... da bin ich wieder.“ Gladio war wie erstarrt und nach wie vor wusste er nicht, was er tun sollte. Eigentlich hätte er sich verbeugen müssen oder sonst irgendetwas Protokollartiges. Doch er konnte nicht, er war innerlich wie betäubt und dennoch in Aufruhr. Der Schild sah zu, wie Prompto als Erstes seine Scheu überwand und seinen besten Freund umarmte. Freudig redete er auf ihn ein und Gladio beneidete den Blonden darum. Als Nächstes ergriff Ignis die Initiative und gab Noctis die Hand, ehe er ihm auf die Schulter klopfte. Auch diese beiden wechselten Worte miteinander, die Gladio nicht hörte, weil er so auf sein Inneres fixiert war. „Gladio...“, sagte Noctis und Gladio erwachte aus seiner Schockstarre. Sein Körper bewegte sich wie von allein, fast wie ferngesteuert und ehe er sich versah, lag Noctis in seinen Armen und er presste ihn ganz fest an sich als wäre alles noch wie früher. „Noct“, war alles, was der Schild hervorbrachte und all seine Gefühle lagen in der Äußerung des Namens. Er stand lange so mit ihm da, völlig versunken in seinen Emotionen... und als Noctis ebenfalls seine Arme um ihn legte, konnte Gladio endlich begreifen, dass das hier kein Traum war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)