futoumei ningen von Anemia (invisible human) ================================================================================ Kapitel 5: Flackern ------------------- Wir treten ja häufiger gemeinsam mit anderen Bands auf. Nicht, weil wir nicht genügend Fans hätten, aber man kann ja dennoch versuchen, die Anhängerschaft der Konkurrenz mit seinem eigenen Gedudel zu begeistern. Aber das ist nicht das, was mich beschäftigt. Mich beschäftigt etwas ganz anderes. Nämlich, dass Sora sich so gut mit Natsu versteht. Natsu gehört zu Nocturnal Bloodlust, so viel weiß ich. Was er dort für eine Rolle spielt, weiß ich aber nicht. Will ich auch gar nicht wissen. Ich mag den Kerl nicht besonders. Nein, eigentlich mag ich ihn gar nicht. Wenn Sora und er backstage zusammensitzen, lachen sie wirklich die ganze Zeit. Man sieht ihnen an, dass sie zusammen eine gute Zeit haben und auf einer Wellenlänge sind. Sie sehen sich meiner Meinung nach sogar ein bisschen ähnlich. Aber auf mein gesichtsblindes Urteil sollte man sich nicht verlassen. Sora und Natsu sitzen also die ganze Zeit zusammen, giggeln und gackern wie kleine Mädchen. Und wer sitzt in etwas Entfernung daneben und beäugt sie argwöhnisch? Ich. Tja, mit mir kann man eben nicht so viel Spaß haben. Ich bin nur einigermaßen locker, wenn ich genug Alkohol intus habe. Und selbst dann kann es passieren, dass ich ab und zu noch in eine depressive Stimmung verfalle, die ganz sicher niemandem hilft, sich zu amüsiere. Ich bin und war schon immer der stille Chiaki, der nur innerlich relativ laut ist. Und natürlich auf der Bühne. Ich meine, ich kann aufdrehen, wenn ich will, aber das kostet mich eine Unmenge an Energie. Nach einer halben Stunde bin ich meistens ausgelaugt und brauche meine Ruhe. An introvert's life is a hard life. Sacchan und Miyako sind zwar auch noch da, wenn Sora gerade einen vorbildlichen besten Kumpel für diesen Typen da spielt, aber mit den beiden kann ich noch schlechter kommunizieren als mit Sora. Ich bin froh, dass sie meistens nie etwas gegen die Songs haben, mit denen ich so ankomme. Sie sind total locker. Miyako sowieso, der hat nicht viel zu melden, weil er ja noch nicht so lange dabei ist. Und Sacchan ruht viel zu sehr in sich selbst, um sich zu echauffieren. Wir sind eine seltsame Band, glaube ich. Ich weiß nicht. Soras und mein Blick treffen sich. Ach, so ein Mist. Ich drehe schnell den Kopf weg. Er soll nicht denken, dass ich ihn beobachte. Auch wenn ich das tue. Und natürlich durchschaut er mich mal wieder. Es dauert gar nicht lange, bis er mich zur Seite nimmt und direkt ins Schwarze trifft. "Bist du eifersüchtig auf Natsu oder auf mich?" Er glaubt doch nicht im Ernst, dass ich so eine Frage beantworten werde. Ich stehe da wie ein Schluck Wasser, was bestimmt total dämlich aussieht, weil große Typen wie ich einer bin immer nur lächerlich aussehen, wenn ihr Körper ihre Hilflosigkeit nicht verschweigen kann. "Mir geht eure gute Laune nur auf den Sack", fällt es mir ausweichend ein und ich runzle die Stirn. "Natsus Lache ist besonders ekelhaft. Kotzt die dich denn nicht an? Ich könnte ihm die Gurgel durchsäbeln, wenn ich ihn nur höre." Gut, nun habe ich mich doch geoutet. Soras rechter Mundwinkel zieht sich nach oben und ich finde es absolut abscheulich, wie verständnisvoll er mich nun anlächelt. "Mach dich locker, Natsu nimmt mich dir ja nicht weg." Ich möchte mir eine Tüte über den Kopf stülpen, damit ich in Ruhe verdampfen kann, ohne dass jemand meine rote Birne sieht. Aber ich kann lediglich nach unten schauen und mich dafür hassen, dass ich so erbärmlich bin. Aber ich kann einfach nicht aus meiner Haut. Schlimmer wird die Situation nur, als Sora mir auch noch eine Hand auf die Schulter legt. "Du bist wie ein Bruder für mich geworden. Und sowas lässt sich nicht zerstören. Ein Bruder bleibt immer ein Bruder. Außerdem kann dich niemand ersetzen, du kleiner Widerling." Als Antwort gebe ich nur einen komischen Laut von mir, der alles bedeuten kann. Ein bisschen inneren Frieden konnten mir Soras Worte aber doch geben. Ob das Flackern in meinem Magen verschwinden wird, wenn ich ihn mit Natsu sehe und sie so vertraut wirken, weiß ich nicht. Die Gewissheit, ein austauschbares Stück Fleisch zu sein, wird mir wohl auf ewig anhaften. Ganz egal, was Sora auch sagt. Auch wenn ich weiß, dass er das, was er sagt, wirklich so meint.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)