Der Spürhase von Shevron ================================================================================ Prolog: -------- Es war bereits weit nach Mitternacht, als er sich durch die Lüftungsschächte des alten Gebäudes bewegte. Trotz der dicken Staubschicht und dem ständigen Jucken in der Nase konnte er das Niesen dank jahrelanger Arbeit erfolgreich unterdrücken. Sein Team hatte sich selbst übertroffen dieses Ziel binnen weniger Stunden nach den ersten Hinweisen aufzuspüren und nun fehlte nur noch seine persönliche Bestätigung. So wie immer. Schlussendlich erreichte er sein Ziel: Ein Gitter im Boden, wie er bereits unzählige passiert hatte. Der Raum unter ihm jedoch war nicht so verlassen wie der Rest des Gebäudes. Der Raum war hell erleuchtet und es standen mehrere Tischreihen nebeneinander und Tiere mit Masken über der Schnauze stellten ein grau-bläuliches Pulver her, während weitere selbiges in kleine klare Tütchen abfüllten. Zuletzt wurden die Tütchen in diverse kleine Spielzeuge wie Flummis und Schlüsselanhänger gesteckt, wie sie momentan an jedem zweiten Schulranzen zu finden sind und diese dann in unscheinbare braune Kartons verpackt. Sein Gesicht war gezeichnet von Abscheu und einer Entschlossenheit, die man seiner Art üblicherweise nicht nachsagte, als er mit seinem Handy weitere Bilder machte, wie bereits ein Stockwerk tiefer, wo er den Rohstoff des Pulvers aufgespürt hatte… Blaue Blumen, die in der gesamten Stadt bekannt und ebenso gefürchtet waren… Ein Wildschwein betrat den Raum und brüllte los. „LOS, LOS, LOS! Die Lieferung muss heute hier raus gehen! Es darf nicht schonwieder Probleme geben!“ Damit packte er einer jungen Gazelle in den Nacken und riss sie zu sich hoch. „Habe ich mich klar ausgedrückt?!“ Das Mädchen brachte kaum einen Laut hervor und konnte nur Nicken. „Das will ich auch hoffen!“ Er kannte die Geschichte dieser Tiere nur zu genüge: Junge Frauen, alleinerziehend. Oftmals kaum genug Geld um ihren Kindern ein Dach über dem Kopf zu bieten und keine andere Möglichkeit an Geld zu kommen, als sich in solchen Einrichtungen nachts für einen Hungerlohn abzurackern... Nur zu gerne würde er selbst einschreiten, jedoch durfte er es nicht riskieren entdeckt zu werden, sowohl in seinem eigenen Interesse als auch dem seiner Teams. Er ballte seine Pfote zur Faust und wandte sich ab um das Gebäude so lautlos zu verlassen, wie er es betreten hatte. In der Gasse am Gebäude ging er zu einem unscheinbaren dunklen Kleinwagen, der an diversen Stellen mit Rost deutlich sein Alter zeigte. Als er hinten einstieg, schreckten zwei Wölfe hoch und blickten ihn an. „Wir können.“ Der Wolf am Steuer nickte und startete den Motor, während die Wölfin an seiner Seite sich zu ihm umdrehte. „Jack. Wir müssen uns mal was Neues überlegen. Heute Nacht durfte ich mit meinem Bruderherz hier ganze drei Mal das liebestolle Pärchen spielen, während du weg warst.“ Der Hase auf dem Rücksitz verzog keine Miene und seine weiße Pfote hatte sich um sein Handy verkrampft. Das war unüblich für ihn und beide Wölfe spürten, dass der Fund schlimmer war als erwartet. Sie waren gerade auf der Straße angekommen, als sie von hinten seine Stimme hörten. „Sir, Savage hier… Ja, wir haben eine Küche für Mondstaub aufgespürt. Regenwalddistrikt, Fog Street, im alten Samantha´s, dritter und vierter Stock. Es soll heute verladen werden. Sie haben es in… Spielzeugen versteckt, wie es momentan bei den jungen Schulkindern beliebt ist. Möglicherweise sollen das auch die Kunden werden…“ Ein kleiner Ruck ging durch den Wagen, als der Wolf am Steuer bei diesem Detail zusammenzuckte. „Schätzungsweise 30 Zwangsarbeiterinnen. Vorarbeiter ist ein Wildschwein… Die Bilder dürften Sie mittlerweile erhalten haben… Jawohl… Die dritte in den letzten 10 Tagen… Ich habe bereits alle meine Teams darauf angesetzt… Danke Sir.“ Kapitel 1: Feuer und Flamme --------------------------- Benjamin Clawhauser liebte seinen Job am Empfang des Reviers aus vielen Gründen. Selbst, dass seine Schicht früher begann, als bei den meisten seiner Kollegen war kein Grund anders zu denken. So konnte er alle begrüßen und insbesondere das Eintreffen seiner beiden kleinsten Kollegen stellte einen seiner täglichen Höhepunkte dar. Wer brauchte schon einen Fernseher, wenn er diesen beiden zuschauen konnte? „Möhrchen, diese alte Geschichte kannst du mir doch nicht immernoch vorhalten!“ „Immernoch?! Das ist gerade mal zwei Wochen her!“ „Aber…“ „Nick! Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder du hörst auf zu zetern, oder…“ „Oder was?“ „Es könnte passieren, dass ich die nächsten Wochen nicht meine Pille… vergesse…“ Nick wurde fast so blass wie das strahlende Lächeln, welches Judy zur Schau stellte. „Wenn ich es recht bedenke, finde ich, dass es eine wundervolle Idee ist der kleinen Judy bei unserem nächten Besuch in Bunnyburrow das Landleben zu zeigen.“ Judy packte seine Krawatte und zog ihn zu sich herunter. „Braver Fuchs.“ Dann rieb sie ihre Nasenspitze an seiner, drehte sich um und winkte Benjamin zu. „Guten Morgen Ben!“ „Guten Morgen Judy! Auch dir einen guten Morgen Nick!“ „Hi Spots.“ Nick wandte seinen Blick nicht von seiner Frau ab, während er sich mit seiner Pfote am Kragen seiner Uniform entlangfuhr und ihr schließlich folgte. „Das ist besser als jede Seifenoper.“ Ben nahm das Band aus der kleinen Kamera auf seinem Tisch, legte es in eine dazugehörige Hülle und beschriftete diese mit dem aktuellen Datum. Dann holte er einen Schlüssel an einer Kette unter seiner Uniform hervor und packte es zu diversen weiteren Bändern in eine abgeschlossene Schublade. „Hm. Damit dürfte die nächste Staffel „Das Wilde Leben“ so langsam komplett sein.“ Nachdem das Bildmaterial gesichert war holte er einen Kalender aus der Schublade darüber hervor und war erfreut, dass er sich nicht vertan hatte. >Freddy hat in zwei Wochen sein 10-jähriges Dienstjubiläum… Das wäre doch das perfekte Staffelfinale…< Ohne große Umwege hatten sie sich zum Besprechungsraum begeben und auf ihrem gemeinsamen Stuhl Platz genommen. Nick konnte es nicht unterlassen seiner kleinen Häsin dabei noch schnell mit einer Pfote über ihren durchtrainierten Hintern zu fahren. Mit einem breiten Grinsen beugte er sich dann zu ihr herunter und flüsterte ihr ins Ohr. „Hast du deine Pille heute Morgen genommen?“ „Sehe ich aus, als würde ich dir gerade die Uniform vom Leibe reißen?“ „Nun… Ich wette, dass selbst Bogo… interessant reagieren würde.“ Vor Judys geistigem Auge formte sich daraufhin ein Bild, wie sie vor ihren Kollegen über Nick herfiel und Chief Bogo einträte… Sein Kiefer würde durch den Boden schlagen und sie selbst würde sich zu ihm drehen. „Noch einen Moment, Chief. Wir sind gleich soweit.“ Im nächsten Moment flog Nick vom Stuhl und rieb sich den Arm. „Nick! Du bist schrecklich! Dieses Bild werde ich jetzt nicht mehr los!“ „Dann werden Sie wohl damit leben müssen, Wilde. Die Show ist vorbei. Alle auf ihre Plätze.“ Scheinbar aus dem Nichts stand Chief Bogo am Pult und die Anwesenden könnten schwören ein leichtes Grinsen bei ihrem Vorgesetzten gesehen zu haben. Dies würde jedoch niemand aussprechen, der klar bei Verstand war. „Hat Ihnen die Vorstellung so gut gefallen, dass wir selbst IHNEN ein Lächeln abringen konnten? Dann dürfen Sie sich auf morgen freuen. Selber Ort, selbe Zeit. Ich hoffe Sie können wieder dabei sein!“ „… Wilde. Wenn Sie den Rest des Jahres in der Parkraumüberwachung tätig sein wollen, so müssen Sie es nur sagen.“ „Ein großzügiges Angebot, welches ich mit Bedauern ablehnen muss.“ „Noch ein Wort und ich bestehe darauf.“ Noch bevor Nick Luft holen konnte schloss sich eine graue Pfote um seine Schnauze. „Kluge Entscheidung.“ „Nun zu den heutigen Einsatzplänen: Snarlov, Grizzoli. Tundratown. Gerüchten zufolge sollen sich im Bereich der Eishockey-Hallen der Universität Individuen mit einer neuen Art von Designerdroge aufhalten. Wenn da was dran ist, dann will ich alles darüber wissen.“ Die Eisbären holten sich die Akte bei Chief Bogo ab und verließen den Raum. „Fangmeyer, Wilde. Der Staatsanwalt war sehr erfreut über Ihre Arbeit zur Fälscherbande und bat um eine kleine Gefälligkeit. Savannah Central. Patrouille zu Pfote.“ In den Augen der beiden strahlte es, dass es plötzlich doppelt so hell im Raum zu sein schien. Unerklärlicherweise schaffte es Chief Bogo beide Frauen gleichzeitig anzusehen. „Augen auf die Tiere. Nicht die Schaufenster. Klar?“ „JAWOHL!“ „Hm.“ Beide Frauen verließen den Raum mit einem unverminderten glitzern in den Augen. „Wolfard, Wilde. Es gab heute Morgen ein weiteres Feuer in einem leer stehenden Einkaufszentrum. Schaut es euch an. Wenn wir hier einen Serienbrandstifter haben, so dürfen wir uns alle auf Überstunden einstellen. Rest Patrouille wie bisher. Wegtreten.“ Seite an Seite verließen Nick und Freddy den Raum und begaben sich in Richtung der Garage, während Nick bereits seine Schnauze in der Akte vertieft hatte. „Sag mal Freddy, warst du mal im Samantha´s?“ „Samantha´s? Kommt mir bekannt vor.“ „Ein Kaufhaus für die oberen 500. Extrem luxuriös und nur das Beste vom Besten. Musste vor 10 Jahren dicht machen, nachdem der Leiter in diverse Diebstähle verwickelt war und niemand mehr hingehen wollte. Selbst wenn man es sich leisten konnte.“ „Jetzt wo du es sagst… Fog Street oder so, richtig?“ „Genau. War ein schöner Laden. Empfang mit Sekt, persönliche Betreuung, Sonderwünsche waren eine Selbstverständlichkeit…“ Freddy hatte ihren Wagen gerade aus der Garage gefahren, als ihm etwas auffiel. „… Moment mal… Das klingt ja geradezu, als ob du schon mal dort warst...“ „War ich.“ Es kostete ihn viel Überwindung Nick nicht nur eines schnellen Blickes zu würdigen. „Du gehörtest doch niemals zu deren Kundenstamm!“ „Lass es mich so formulieren: Ich war geschäftlich dort.“ Freddy fuhr sich mit einer Pfote über die Schnauze, bevor er zu lachen begann. „War ja klar. Was frag´ ich auch so blöd.“ Der Verkehr war mal wieder der übliche Morgenterror: Tiere aller Größen wollten natürlich die kürzeste Strecke nehmen, was zu langen Staus führte und in endlosen Hupkonzerten endete. Zumindest gab es diesen Morgen nicht einen Auffahrunfall, das allein war schon eine freudige Botschaft. Dank Nicks und Freddys umfangreicher Ortskenntnisse konnten sie den Verkehr zwar umgehen, aber dementsprechend war die Strecke natürlich länger, so dass es über eine Stunde dauerte, bis sie eintrafen. Als sie eintrafen konnte Freddy sich ein Pfeifen nicht verkneifen. Das Gebäude war sechs Stockwerke hoch, trotz seines Alters waren die Ziegelwände immer noch in einem kräftigen rot und das Gebäude war nicht mit Reklametafeln überladen, wie die meisten großen Einkaufszentren der Innenstadt. Die einzige Zierde war der Name Samantha´s in filigraner Schrift über dem Haupteingang, welcher einige Stufen erhöht lag, so dass man von der Straße aus nicht weiter als die großen Schaufenster des Erdgeschosses blicken konnte. „Ich kann mich noch gut an Björn Erikson erinnern. Er war ein Elch, der die halbe Welt umrundet hat um hier ein neues Leben anzufangen. Zwar schaffte er es nur zum Türsteher, aber mit seinem Akzent hatte er genau die richtige Portion Exotik gehabt, die sie gesucht hatten. Björn hielt seine Uniform stets vollkommen makellos und war sowohl das erste, als auch das letzte Tier, das man gesehen hat. Und er hat diese Verantwortung sehr ernst genommen. Trotzdem war er immer mal wieder zu Scherzen aufgelegt…“ Sie betraten das Gebäude und der massive Empfang war zwar eingestaubt, aber dennoch in bestem Zustand. „Dort, hinter dem schmalen Durchgang zu unserer rechten, hatten wir die Garderobe und hier links hatten wir einen kleinen Salon, in dem die Damen alles machen lassen konnten was ihr Herz begehrte. Sei es das Fell, die Hufe, die Krallen… Nichts blieb unerfüllt. Hier vorne rechts war eine kleine Bar, in der die Kunden warten und sich bedienen lassen konnten, wenn es so voll war, dass kein Betreuer frei war.“ Dank Nicks deutlicher Schilderungen konnte er sich geradezu vorstellen, wie er sich zwischen den Reichen und Mächtigen hindurchbewegte. „Und hier hatten wir den Hauptbereich. Zu unserer Linken war ein großer freier Bereich mit diversen Laufstegen, auf denen die neueste Mode aus der ganzen Welt präsentiert wurde und die Damen durften auch selbst auf dem Laufsteg mit ihren neuesten Errungenschaften prahlen. Und für die Damen, die etwas schüchterner waren gab es hier rechts einzelne Séparées, wo nur ausgewählte Begleiter und ihre Betreuer Zutritt hatten.“ „Ich hätte Sie nicht für die Art von Tier gehalten, die sich in solchen Etablissements aufhalten würde, Officer Wilde.“ „Chief Doberman, schön Sie zu sehen. Was verschafft uns die Ehre?“ „Ich bin auch ein erfahrener Brandermittler. Hat Ihnen Chief Bogo über unsere Befürchtung unterrichtet?“ „Serienbrandstifter.“ „Genau. Ich habe mir einen ersten Überblick verschafft und es ist eigentlich nicht schwer zu erkennen was hier geschehen ist: Brandbeschleuniger, ich tippe mal auf Benzin, im dritten und vierten Stock. Dank der stabilen Bauweise des Gebäudes hat sich das Feuer nicht weit ausgebreitet, so dass der Fahrstuhl sogar noch funktionsfähig ist.“ „Wundert mich nicht. Der ist noch echte Wertarbeit und war ständig in Betrieb. Und wenn auch nur das kleinste Problem aufgetreten ist hat Johnny Bescheid gegeben.“ „Johnny?“ „Der Lift-Junge. Ein Hase. Er konnte hören wenn auch nur eine einzelne Rolle geschmiert werden musste. Und er war diskret. War auch nötig in seiner Position…“ Bei seiner letzten Aussage musste Nick kichern und seine beiden Begleiter blickten ihn fragend an. „Ich zeige es euch.“ Damit führte er sie zum recht kleinen Fahrstuhl und stellte sich dort an den Hebel mit der Beschriftung ‚Aufwärts‘ und ‚Abwärts‘ unter dem Knopf zum öffnen und schließen der Türen. „‚Guten Tag werte Damen und Herren. Wenn Sie mir bitte mitteilen würden wonach Sie suchen, dann werde ich Sie unverzüglich in das passende Stockwerk bringen.‘ Die Fahrgäste sagen dann, wonach sie suchen und insbesondere die weiblichen Gäste hatten oft Probleme damit, wenn sie nach Spielzeug für Erwachsene suchten. Das Geschäft mit Sexspielzeug ist selbst in der Oberschicht äußerst lukrativ. ‚Ich verstehe. Ich versichere Ihnen, dass von mir Niemand erfahren wird, wonach sie suchen.‘ Dann geht es hoch in den dritten Stock.“ Nick schob den Hebel in Richtung ‚Aufwärts‘, bis auf der Anzeige über der Tür eine ‚3‘ stand. „‚Accessories sowohl für die Dame als auch für den Herrn. Wenn Sie wünschen in ein anderes Stockwerk gebracht zu werden, so zögern Sie nicht zu läuten.‘ Darum ist auf den einzelnen Stockwerken über dem Fahrstuhl auch keine Anzeige angebracht, wo sich der Fahrstuhl gerade befindet. Schließlich sollte das nicht unbedingt jeder sehen.“ Nick öffnete die Türen und blieb stehen. „… Die gehören hier aber nicht hin.“ „Haben Sie sich im Stockwerk vertan Officer Wilde?“ „Nein. Definitiv nicht.“ Vor ihnen standen mehrere Reihen mit Blechtischen und auf diesen waren Reste von Pflanztöpfen, Erde und etwas, das einst Pflanzen gewesen sein könnten. „Der Florist befand sich im zweiten Stock. In diesem Gebäude wäre zudem auch niemals etwas wie diese einfachen Blechtische verwendet worden. In anderen Geschäften ja, aber nicht hier. Das sieht aus wie bei einer einfachen Gärtnerei.“ „Chief, Sie sagten, dass das Feuer im dritten und vierten Stock gelegt wurde?“ „Ja.“ „Und das Feuer ist auch mit Sicherheit nicht über andere Wege hinaufgelangt?“ „Nein.“ Ohne ein weiteres Wort schloss er die Türen des Aufzugs wieder und fuhr ein Stockwerk höher. Dort standen ebenfalls mehrere Reihen Tische, aber hier waren die Brandspuren nicht nur auf diese beschränkt. „Die gehören hier ebenfalls nicht hin.“ An den Wänden lagen diverse Haufen Schlacke, die möglicherweise das Ziel dieses Brandes sein sollten. „Was immer hier vor sich geht, wir können jetzt wenigstens herausfinden, worum es geht.“ „In der Tat Officer Wolfard, ich werde mich jetzt noch etwas mit dem Muster im dritten Stock vertraut machen und die anderen beiden Brände begutachten. Vielleicht fällt mir jetzt etwas Neues auf.“ „Danke Chief. Wir werden uns am besten hier noch etwas umsehen und dann zum Revier zurückkehren.“ „Alles klar. Viel Erfolg.“ „Danke. Ihnen ebenso.“ „Jack, kannst du gerade reden?“ „Ja. Ich stehe im Moment vor einer roten Ampel. Warum?“ „Ich habe da etwas, wobei ich deine Hilfe brauche…“ „Es geht nicht zufällig darum, dass eine gewisse Dame sich im Bett eines gewissen Hasen räkeln will… In nichts weiter als schneeweißem, weichem Fell?“ Am anderen Ende der Leitung herrschte einen Moment Stille, bevor die Antwort ins Telefon gehaucht wurde. „… Hmmm… jetzt wo du es sagst… sind es zwei Dinge…“ „… Und was ist das Andere?“ „Leider geschäftlich. Ich habe gerade einen Tipp von einem Informanten erhalten. Es soll eine Lieferung geben, die nahe des Bahnhofs von Bunnyburrow gelagert werden soll um in kürze nach Zootopia gebracht zu werden. Der nächste Zug fährt in 20 Minuten und du müsstest in der Nähe sein, richtig?“ „Zufällig ja…“ „Wenn du dich beeilst, dann könntest du heute Abend wieder hier sein und dann hätte ich nichts dagegen, wenn wir… uns ein wenig Zeit nehmen…“ „Du weißt wirklich, wie du mich motivieren kannst. Bis heute Abend.“ Das BB´s war ein kleiner Imbiss im Regenwald-Distrikt das unter Eingeweihten für seine gute aber zugleich günstige Küche sowohl für Beutetiere als auch für Raubtiere berühmt war. Er befand sich auf einer der unteren Ebenen in der Mossstreet. Tief genug, dass es kein großer Umweg war, aber dennoch hoch genug, um die Aussicht genießen zu können. Wie so häufig waren auch heute wieder die Tiere in Blau vor Ort um sich einen Moment der Ruhe und eine sättigende Mahlzeit zu gönnen. „Ein Bug-Burger mit Grillen und Ketchup und einen Kaffee, Wolfsgröße. Dazu...“ Freddy blickte runter zu Nick und erwartete seine Antwort. „Mach zwei daraus.“ Die junge Tigerin hinter dem Tresen blickte den Fuchs in Polizeiuniform vor sich an, bevor ihr Blick wieder zum Wolf in Uniform wanderte. Dieser zeigte ein strahlendes Grinsen. „Keine Sorge. Er hat insbesondere zu dieser Jahreszeit genügend körperliche Betätigung, um das wieder abzubauen… Sogar im Dienst.“ Sie lief rot an und eine ältere Wölfin kam hinzu. „Freddy! Jill hat gerade ihren ersten Tag und du willst sie schon verschrecken?“ „Ach komm schon Kate, als ob du ihr nicht spätestens in eurer nächsten Pause alles über Nick erzählen würdest. Jetzt wo sie ihn in Lebensgröße gesehen hat.“ „Was unterstellst du mir hier?!“ Kate presste ihre Pfote auf ihre Brust und blickte Freddy entsetzt an, während dieser den Blick regungslos erwiderte. Sie hielt es keine 10 Sekunden aus, bevor sie begann zu lachen und die beiden Cops mit einer Pfotenbewegung in den hinteren Teil des Raumes schickte. „Jetzt husch husch auf eure Plätze. Euer Essen kommt gleich.“ Beide nahmen an ihrem üblichen Tisch platz und holten jeweils einen Schein aus ihrer Tasche. „Fünf auf weniger als eine Minute.“ „Fünf auf weniger als 30 Sekunden.“ Nick legte zugleich sein Telefon auf den Tisch und startete die Stoppuhr. „25… 26… 27…“ Ein Aufschrei aus der Küche ließ Nicks Grinsen noch breiter werden. „WOW!“ „Danke für die gütige Spende Freddy.“ „Beim Nächsten Mal sieht es anders aus.“ „Das sagst du jedes Mal.“ Beide spitzten die Ohren, als aus der Küche ganz schwach eine nur zu bekannte Hasstriade an die Bürgermeisterin Velvetpaw zu hören war. „Und jetzt versteht sie, was du gemeint hast. Ich wollte dir eine Revance anbieten, aber da Kate Jill unser Essen in die Pfoten drückt wissen wir ja, wie sie hier am Tisch reagieren wird… Oder?“ Einige Minuten später stand, wie prophezeit, Jill mit ihren Bestellungen in den Pfoten am Tisch und starrte hochrot in Nicks Richtung, während sie das Essen auf dem Tisch platzierte. Beide bedankten sich und gaben sich ganz ihrem Essen hin. Freddy hatte seinen Burger gerade halb auf, als er zu Nick und seinen leeren Pfoten sah. „Ich werde mich wohl nie daran gewöhnen, wie schnell du dein Essen runter schlingen kannst, ohne dich zu verschlucken.“ „Wenn mein Möhrchen ihre Pille nicht nimmt, dann ist keine Zeit zum kauen. Dann heißt es schnell essen oder hungern.“ Nicks Grinsen wurde noch breiter und er begann ins Leere zu blicken. „Wenn ich diesen verträumten Blick richtig deute, dann hat sie diese Fälscherbande dermaßen auf Trab gehalten, dass sie an ihre Pille gedacht hat?“ „Jup. Aber erfreulicherweise haben wir Pläne am Wochenende… vergesslich zu sein…“ Freddys breites Grinsen konnte dem von Nick fast schon Konkurrenz machen, während er Nick seine Grillen rüberschob. „Ich glaube du brauchst die Energie dringender als ich.“ Ein lauter Knall und eine kräftige Erschütterung beendeten die gute Stimmung und zugleich ihre Mittagspause. Beide sprangen auf und liefen vor die Tür, nur um eine Ebene über sich ein kleines Gebäude in Flammen zu sehen. „Ruf Verstärkung und komm mit dem Wagen nach.“ „Und du?“ „Ich nehme den direkten Weg.“ Damit sprang Nick bereits auf Ausläufer des Hauptbaumes und kletterte zügig zur nächsten Ebene. >Bitte lass das nur ein Unfall in einem leeren Gebäude sein…< Gerade als Nick die Ebene erreicht hatte, begann der stündliche Regenschauer und in Anbetracht der Flammen konnte das nicht schaden. Mit Entsetzen bemerkte er den dunklen Kleinwagen neben dem Haus und auch das einstmals an die Hauswand angelehnte Fahrrad. Ohne darüber nachzudenken stürmte er durch die Türöffnung, da die Tür durch die Explosion aus den Angeln gerissen wurde, und hinein in ein großes Zimmer. Es handelte sich um eine der vielen WG-Wohnungen, die immer den gleichen Aufbau hatten: Ein Bad auf der linken Seite, mehrere Schlafzimmer an der Rückwand und ein großer Gemeinschaftsraum mit Küchennische. Der Qualm brannte ihm in den Augen und in der Brust, daher ließ er sich auf alle Viere nieder und huschte über den Boden, um die Bewohner zu finden. Nach wenigen Momenten sah er zwei weiße Pfoten und musste feststellen, dass es nicht nur ein Tier war, sondern zwei. Ein junger Wolf mit grauem Fell und nahezu schwarzen Ringen um die Augen und eine junge Wölfin mit hellgrauem Fell und dunkelgrauem Fell von ihren Ohren bis zum Nacken. Beide konnten kaum älter als 20 sein und es schien, als ob er noch versucht hat sie mit seinem Körper vor der Explosion abzuschirmen, da er schwere Verbrennungen auf dem Rücken hatte. Kurzentschlossen nahm er den Kragen der Wölfin in sein Maul und zog sie auf allen Vieren hinaus. Draußen stand Freddy bereits mit dem Wagen und gab weitere Informationen über Funk weiter. Als er ihn sah kam er direkt an und nahm Nick den bewusstlosen Körper ab, während dieser hustete. „Wir haben noch mindestens ein weiteres Opfer. Wolf. Etwa ihr Alter.“ Dabei riss er bei Freddys Uniform den mittlerweile durchnässten Ärmel ab und band ihn sich um die Schnauze, bevor er wieder hineinlief. Währenddessen hatte sein Partner bereits mit den Wiederbelebungsmaßnahmen begonnen. Als Nick mit dem zweiten Opfer herauskam, waren die ersten Feuerwehrkräfte eingetroffen und nahmen ihm den regungslosen Wolf ab, während er sich selbst auf den Rücken fallen ließ. Umgehend presste ihm jemand eine Sauerstoffmaske auf die Schnauze, aber Nick schob sie zuerst noch von sich. „Ein Opfer konnte ich noch finden. Ein Dachs. Kräftige Statur. Hintere Ecke des Hauptraumes. Die einzelnen Räume konnte ich nicht durchsuchen.“ „Verstanden, Officer Wilde. Wir übernehmen ab hier.“ Damit presste das Zebra ihm wieder die Maske auf die Schnauze, während ein Elefant und ein Rhino in schweren Schutzanzügen in die Wohnung stürmten. Als er seinen Blick zur Seite wandern ließ, erblickte er die drei Wölfe und etwas in ihm zog sich zusammen. Freddy saß in einem der Rettungswagen mit einer Decke über den Schultern und hatte einen leeren Blick, während vor ihm zwei abgedeckte Körper lagen… Nach wenigen Minuten hatte Nick sich soweit gefangen, dass er sich zu seinem Partner begeben konnte und legte ihm seine Pfote auf die Schulter. Es dauerte fast drei Minuten, bevor Freddy auf die Pfote auf seiner Schulter reagierte. „… Sie… Sie sieht Trisha so verdammt ähnlich… Ich… Ich habe in meiner Panik zuhause angerufen und Lea gefragt ob unsere Mädchen zuhause sind… Ich war… glücklich… als sie mir sagte, dass sie zuhause waren… GLÜCKLICH, dass es die Tochter eines anderen erwischt hat!“ „Freddy, hör mir zu: Das macht dich nicht zu einem schlechten Tier! JEDER hätte so gedacht! Du darfst dir keine Vorwürfe machen…“ Ein Huf legte sich auf seine andere Schulter und er blickte auf. Direkt in das Gesicht von Chief Bogo. „Wilde hat recht. Ich wäre eher besorgt gewesen, wenn Sie nicht so gedacht hätten. Wir werden der Sache auf den Grund gehen. Und wenn wir den Schuldigen gefunden haben, so wird er sich der gerechten Strafe nicht entziehen können.“ Noch bevor Freddy darauf etwas erwidern konnte sprach Chief Bogo weiter. „Wolfard… Bis unser Psychologe Sie nicht wieder für einsatztauglich befindet, sind Sie vom Dienst befreit.“ „Aber…“ „Dies sind für SIE keine gewöhnlichen Opfer. Glauben Sie mir, dies wird Sie mindestens ein oder zwei Tage verfolgen, wenn nicht noch länger. Sobald Sie wieder auf dem Damm sind, dann werden Sie mit an diesem Fall arbeiten. Darauf gebe ich Ihnen mein Wort.“ „Wilde.“ Nick blickte auf und Chief Bogo deutete mit seinem Kopf in Richtung des Streifenwagens. „Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie den Funkverkehr nicht mitbekommen haben, als Sie die… Opfer rausgeholt haben?“ Nick konnte nur Nicken. „Es gab zeitgleich zwei weitere Explosionen. Mehrere Tote. Ich halte es nicht für einen Zufall. Ich will meine besten Tiere für diese Ermittlungen haben. Kann ich auf Sie zählen?“ Nicks Blick ging zu den mittlerweile drei abgedeckten Körpern nahe des Krankenwagens. „Definitiv. 100%.“ Kapitel 2: Erste Enthüllungen ----------------------------- Eine schwarze Limousine hielt vor dem Revier und ließ Judy und Liz aussteigen. Erstere hielt eine Akte in der Hand und ihr Blick war besorgt. Sie betraten das Gebäude und bevor irgendjemand etwas sagen konnte kam Nick schon auf beide zu und schlang seine Arme um Judy, während er seine Nase in das Fell zwischen ihren Ohren presste und hektisch zu schnüffeln begann. „Nick?“ „Nur… Nur einen Moment…“ Liz wusste nicht so recht, was in Nick gefahren war, aber er schien nicht gerade in bester Verfassung zu sein. „Ihr wart bei der Explosion in der Elmstreet, richtig?“ „Ja?“ „Freddy und ich waren in der Mossstreet bei Fran´s, als sich die Explosion dort ereignet hat… Eines der Opfer war eine junge Wölfin… Sie sah Trisha zum verwechseln ähnlich und er dachte erst sie wäre es gewesen…“ Judy versteifte sich und Nick musste nicht darüber nachdenken, was in ihr vorging. „Zum Glück war sie es nicht, aber… Keines der drei Tiere dort hat es geschafft…“ „Oh Freddy…“ Judy sah sich um, konnte ihn jedoch nicht ausmachen. „Er ist bei seiner Familie. Braucht etwas Zeit um diesen Schock zu verdauen.“ Judy blickte ihn an und ihr Blick wurde hart. „Komm mit.“ Damit packte sie ihn an der Pfote und zog ihn die Treppen hinauf bis zur Tür mit der Aufschrift Chief Bogo, während Liz ihnen folgte. Nach einem Klopfen ertönte die tiefe Stimme mit der Aufforderung einzutreten. „Wildes? Fangmeyer?“ „Chief. Ich habe sehr wichtige und äußerst beunruhigende Informationen.“ „Setzen Sie sich.“ Judy und Nick teilten sich einen Stuhl, währen sich Liz neben ihnen niederließ. „Offiziell habe ich diese Informationen anonym erhalten…“ „Und Inoffiziell?“ „… FruFru hat mir dies von ihrem Vater überreicht.“ Der Gedanke allein reichte schon aus um bei Chief Bogo die Nackenhaare aufspringen zu lassen. „Sie haben heute Morgen Snarlov und Grizzoli auf die Gerüchte zu der neuen Droge angesetzt…“ Judy holte einige Papiere aus der Akte in ihrer Hand und reichte diese ihrem Vorgesetzten. „… es ist schlimmer als wir uns vorstellen können. Die Droge heißt Mondstaub und ist im Grunde eine modifizierte Variante des Serums, welches Bellweather verwendet hat.“ „Soll das heißen…?“ „Ja. Nachtheuler. Das Schlimme ist, dass es zunächst lediglich Euphorie hervorruft und die Muskeln… Nun ja… anregt. Es gibt Ereignisse, bei denen ein Tier mehr Kraft aufbringt, als es normalerweise sollte. So wie eine Mutter, die ein großes Auto umwirft um ihr eingeklemmtes Kind zu retten und sowas. Genau das wird ausgelöst. In einer kleinen Dosis verfliegt die Wirkung recht schnell und bei einer großen Dosis wirk es wohl so ähnlich wie das ursprüngliche Serum und unterdrückt auch das Bewusstsein… und die Opfer sind kaum mehr als wilde Tiere, die einzig und allein ihren Instinkten folgen...“ „Warum haben wir davon noch nichts erfahren?“ „Ganz einfach. Mr. Big hat sich um die Drogenlabore gekümmert, bevor große Mengen hergestellt werden konnten.“ „Die Feuer…“ „Genau.“ „Das macht Sinn.“ Alle blickten Nick an. „In wie fern macht das Sinn?“ „Mr. Big hatte zwei Töchter… FruFrus ältere Schwester starb, als eine rivalisierende Familie sie abhängig machen wollte um sie zu kontrollieren. Sie haben sich in der Dosis vertan und es führte zu einem qualvollen Tod. Seither sind Drogen in Zootopia ein Garant für… ‚Deutliche Ansagen‘… seitens der Familie Big.“ „Und woher wusste er, wo diese Labore sich befanden?“ „Darum hat er sich an mich und damit an das ZPD gewandt…“ Judy reichte die Akte in ihren Pfoten an Chief Bogo weiter. „… Um solche Labore aufzuspüren… oder andere Orte und Personen, die für ihn von Interesse sein könnten, hat Mr. Big einen besonderen Angestellten.“ Chief Bogo öffnete die Akte und sah eine Personalakte. Als erstes fiel ihm dabei das Bild eines Hasen mit weißem Fell und schwarzen Streifen auf den Wangen auf. „Jack Savage. Er wird einfach als ‚Der Spürhase‘ bezeichnet und genau das macht er. Er spürt alles Mögliche auf, gibt diese Informationen an Mr. Big weiter und dieser an seine… ‚Angestellten für grobe Arbeiten‘… Er selbst ist nicht in illegale Aktivitäten verwickelt und könnte hier im Revier mit uns zusammenarbeiten, wenn es keine Einschränkungen unserer Nachforschungen gäbe wie Durchsuchungsbefehle und so weiter.“ „Dann sollten wir ihn herholen.“ „Und genau dort liegt das Problem. Er arbeitet nicht alleine. Er hat von Mr. Big die finanziellen Mittel erhalten und mit diesen durfte er Tiere anheuern, die über Fähigkeiten verfügen, die er nicht hat. Von Anfang an sollten diese Tiere lediglich ihm bekannt sein, um bei einer undichten Stelle nicht alle Möglichkeiten zu verlieren konkurrierende Familien oder Attentäter aufzuspüren. Aufgrund der Gelder sind es mindestens 10 Tiere, die für ihn arbeiten…“ „Und wo genau liegt das Problem?“ „Er ist einem Hinweis nachgegangen, wonach sich eine Lieferung bei Bunnyburrow befinden sollte und so hat er sich auf den Weg begeben… Er hat sich bei Mr. Big gemeldet…“ Judy wurde einen Moment still. „Der Zug ist entgleist.“ „Was?!“ „Der Zug ist entgleist. Unmittelbar, nachdem er den Kontakt zu den drei Verstecken verloren hat, in denen seine drei Teams gearbeitet haben.“ „… Drei Teams… Drei Verstecke… Drei Explosionen?“ „Genau davon müssen wir im Moment ausgehen. Und das Zugunglück halten weder Savage, Mr. Big noch ich für einen Zufall.“ „Und warum hat Mr. Big uns diese Informationen jetzt zukommen lassen?“ „Es muss eine undichte Stelle geben. Die gesamte Crew sollte ausgelöscht werden und sie hätten fast Erfolg gehabt. Mr. Big hat mich darum gebeten offiziell nach Hause zu fahren, weil es Gerüchte gibt, dass ein Angehöriger meiner Familie unter den Zugopfern sein soll. Tatsächlich soll ich Savage finden und an einen sicheren Ort bringen.“ „Und wo soll das sein?“ „Nun. Er ist ein Hase und ich habe eine große Familie. Er hat sich vorgestellt, dass ich ihn bei meiner Familie verstecke, bis Savage wieder auf den Beinen ist, da es nicht auffallen würde, wenn ich mich in solch einer Situation bei meiner Familie aufhalten würde.“ „Da er ein wichtiger Zeuge ist, können wir das einrichten. Aber ich brauche eigentlich meine besten Tiere hier…“ Nun warf Liz ihre Idee in den Raum. „Chief. Das Gerücht mit ihrem Angehörigen ist eigentlich nicht schlecht. Wenn sie sich um diesen Savage kümmert, bis die Opfer offiziell identifiziert wurden, dann kann sie ihn in der Zwischenzeit befragen und die Informationen direkt an uns weiterleiten. So wüsste außer uns niemand, dass er noch am Leben ist und sie sich um ihn kümmert.“ „Gut. Wilde, Sie nehmen sich diesen Savage vor. Wilde, Fangmeyer, da Wolfard bis auf weiteres ausfällt, sind Sie bis auf weiteres Partner und Zuständig für die Ermittlungen bezüglich der Explosionen. Wegen der Feuer…“ „Ähm… Chief…“ „Was ist Wilde?“ „Mr. Big gab seiner Tochter noch diesen Umschlag für Sie mit.“ Damit gab Judy ihm einen Briefumschlag, den Bogo sofort öffnete. „… Dieses alte Schlitzohr…“ „Sir?“ „Um die Feuer werde ich mich persönlich kümmern. Machen Sie sich darum keine Gedanken mehr. Machen Sie sich auf den Weg. Je eher Sie diesen Savage verhören können umso eher werden wir den Schuldigen finden.“ „Verstanden. Ich werde den nächsten Zug... Moment. Ich brauche einen Wagen. Vornehmlich zivil.“ Er hob den Hörer ab und presste eine Taste auf seinem Telefon. „Clawhauser, Officer Wilde hat einen dringenden familiären Notfall und sie bekommt das Zivilfahrzeug Nummer 9... Ja, genau den.“ Damit verließen sie den Raum und Chief Bogo konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, als er sich zurücklehnte und den Brief von Mr. Big erneut las. Sehr geehrter Chief Bogo, meine werte Judith dürfte Ihnen soeben die Informationen über den Mondstaub, meine Maßnahmen zur Bekämpfung dieser widerlichen Substanz und des Schicksals meines hochgeschätzten Mitarbeiters Jack Savage anvertraut haben. Aufgrund der Tatsache, dass Mr. Savage sich in Lebensgefahr befindet möchte ich Ihnen forscher weise unterstellen, dass Ihre Mithilfe zu seiner Rettung eine Selbstverständlichkeit darstellen dürfte. Offenkundig dürften allerdings nicht alle meine Maßnahmen vollständig mit der offiziellen Gesetzgebung einhergehen. Da es sich jedoch nicht um ‚diese Art von Geschäfte‘ handelt möchte ich Sie hiermit als Ehrentier ansprechen und Sie um den Gefallen bitten meinen Namen und die der Tiere, die in dieser Angelegenheit in meinem Auftrag handelten nicht weiter zu beachten und dies gegebenenfalls auf die Taten eines einzelnen Individuums zurück zu führen, welches meine Einstellung zu dieser Art von Substanz teilt. Selbstverständlich können weder Sie noch meine Wenigkeit es verantworten jemanden für diese Taten zur Verantwortung zu ziehen, der nicht das Geringste damit zu tun hat. Aus diesem Grund schlage vor, dass besagtes Individuum im Nachhinein nicht mehr zu ermitteln war. Hochachtungsvoll Sergio Big „Hm… Es hätte schlimmer kommen können.“ Ben fing sie an der Treppe ab und führte sie direkt in den hinteren Teil der Garage, in welchem Zivilfahrzeuge für die unterschiedlichsten Zwecke aufbewahrt wurden. Vor einem verschlossenen Tor mit einer großen ‚9‘ darauf blieben sie stehen und Ben schloss das Tor auf. „Ist es wirklich so schlimm Judy?“ „Ich weiß es nicht Ben. Es gab ein Zugunglück nahe Bunnyburrow und es könnte sein, dass sich Angehörige von mir unter den Opfern befinden.“ „Bei allen Göttern! Jetzt verstehe ich, warum er wollte, dass du diesen Wagen bekommst…“ Mit einem kräftigen Ruck rollte das hoch und gab den Blick auf Zivilfahrzeug Nummer 9 preis. „Es ist nicht gerade das unauffälligste Fahrzeug im Fuhrpark des Reviers, aber mit Sicherheit das Schnellste.“ Trotz seiner Sorge konnte er sich ein Lachen nicht verkneifen, als er sich zu seinen Kollegen umdrehte und alle drei hatten die völlige Kontrolle über ihre Kiefer verloren, die Ohren steil nach oben und die Augen aufgerissen bis sie das körperliche Maximum erreicht hatten… Sie waren einfach nur sprachlos, als sie vor einem nachtschwarzen 1982er Pontiac Trans Am standen. „… Wir sollten häufiger familiäre Notfälle haben…“ Nick legte seine Pfote auf Judys Schulter und holte sie damit aus ihrer Schockstarre. „Du solltest langsam losfahren. Ich gebe Bonnie Bescheid, dass du auf dem Weg bist.“ „OK. Ich rufe an, wenn ich angekommen bin. Vielleicht weiß ich dann schon mehr.“ Damit schnappte sie sich die Schlüssel, die immer noch in Bens Pfote hingen und sprang auf den Fahrersitz. „Nick, willst du sie wirklich alleine fahren lassen?“ „Ich würde gerne mitfahren, aber die Explosionen von heute Mittag sind in unseren Pfoten gelandet. Du wirst dich wohl vorerst nur mit mir rumschlagen müssen, Spots.“ Als Judy den Motor startete ging ein Beben durch seinen Körper und er blickte zu Judy. Ihre Schnauze zeigte ihm, dass sie in diesem Moment genau dasselbe dachte wie er… Nick musste sich einen guten Schwindel ausdenken, dass Chief Bogo ihnen diesen Wagen an einem ihrer freien Tage überlassen würde… Im nächsten Moment hatte Judy die Garage verlassen und sowohl Nick als auch Liz blickten ihr hinterher bis sie nichtmehr zu hören war... Als sie die Garage wieder verließen, trennten sich ihre Wege. Ben begab sich wieder an seinen angestammten Platz und Nick begab sich mit seiner momentanen Partnerin zum nächsten Verhörraum. „Hältst du hier die Stellung, damit ich Bonnie alles erklären kann?“ „Klar.“ Nick schloss die Tür und wählte die Nummer seiner Schwiegermutter. „Nick! Was für eine freudige Überraschung! Wie geht es euch?“ „Den Umständen entsprechend… Bist du gerade allein?“ „Nicholas? Was ist los?“ „Ich erkläre dir alles, aber dieses Gespräch muss zunächst vertraulich bleiben.“ „Moment.“ Nick konnte hören, wie Bonnie mehrere Türen öffnete und wieder schloss. „So. Ist Judy etwas zugestoßen?“ „Oh nein! Keine Sorge… Zunächst: Hast du von dem Zugunglück bei Bunnyburrow gehört?“ „Natürlich es gab viele Verletzte und sogar Tote. Viele von uns sind als freiwillige Helfer vor Ort.“ „Ok. Die Kurzform: Es war kein Unfall. Es sollte jemand dabei sterben. Er hat es überlebt. Verletzt. Aber das darf niemand erfahren. Da es sich dabei um einen Hasen handelt hat sich die Idee ergeben ihn in Bunnyburrow zu verstecken. Judy ist mit einem Auto auf dem Weg, sammelt ihn ein und würde ihn bei euch verstecken um ihn aufzupäppeln und zu befragen… Ich muss hierbleiben um mich um die Untersuchung zu kümmern, bevor, was auch immer hier vor sich geht, noch weiter eskaliert… Wenn du damit einverstanden bist.“ „Aber natürlich. Braucht Judy sonst etwas?“ „Ist es möglich ein Zimmer zu organisieren, wo sie ihn unterbringen kann, ohne, dass Jeder von ihm erfährt?“ „Hm. Ich könnte ihn im Gästezimmer im Obergeschoss einquartieren. Aber einige meiner Kinder werde ich einweihen müssen.“ „Davon bin ich ausgegangen. Wir wissen nicht, wie schlimm es um ihn bestellt ist… Ist Sarah oder Sam zufällig da?“ „Nein, leider nicht. Aber April ist da. Sie steht zwar noch vor ihrem Abschluss, sollte aber bereits das Wichtigste beherrschen.“ „Wunderbar. Offiziell gab es das Gerücht, dass ein Angehöriger unter den Opfern gewesen sein soll und sie deshalb nach Hause kommt, bis alle Opfer offiziell identifiziert sind. Bitte sorge dafür, dass das Gerücht zumindest einer Pfote voll bereits zu Ohren gekommen ist.“ „Du kannst dich auf mich verlassen. Weiß Judy bereits, wann sie eintrifft?“ „Chief Bogo war großzügig und hat ihr einen besonderen Wagen für die Fahrt überlassen. Du dürftest sie in etwa einer Stunde vor deiner Haustüre hören.“ „Das werden die anderen dann wohl auch.“ Nick riss die Augen auf, als ihm dieses Detail bewusst wurde und fluchte wortlos vor sich hin. „Du hast recht. Sie wird mit dem Wagen erst nach Hause kommen und sich dann mit einem anderen Wagen auf den Weg begeben um ihn aufzulesen. Wenn möglich kann April sie dabei schon begleiten.“ „Überlass mir die Details und sorge du dich darum die Schuldigen zu überführen.“ „Danke Bonnie.“ Nach einigen weiteren Minuten verließ Nick den Raum und begab sich zu ihren Schreibtischen, wo er sich die Akten der Opfer der Explosionen griff und Liz dann die Treppe hinauf in einen der kleineren Besprechungsräume führte. Es war kein ungewöhnliches Bild, wenn Kollegen einen Besprechungsraum für ihre Ermittlungen in Beschlag nahmen, da es besonders bei umfangreichen Fällen von Vorteil ist Alles auf einen Blick überschauen zu können. Schon von weitem konnte sie trotz der einsetzenden Dämmerung die Angehörigen ihrer Familie sehen, als sie sich dem oberirdischen Haupthaus des Baus näherte. Allen voran ihre Mutter, deren ernster Gesichtsausdruck nicht unerwartet war. Hinter ihr stand Judys Schwester April mit einer schwarzen Tasche in den Pfoten und ihr Bruder Casey vor einem Pickup mit Aufbau für Krankentransporte, auf dessen Ladefläche zwei Tragen und mehrere Erste-Hilfe-Kästen befestigt waren. Nick hatte sie angerufen und ihr mitgeteilt, dass sie zunächst nach Hause müsse und ihre Mutter sich um alles weitere kümmern würde. Judy musste schmunzeln, als ihre Mutter sich mal wieder selbst übertroffen hatte. Sie hatte den Wagen kaum verlassen, da hatte ihre Mutter sie bereits in ihre Arme geschlossen und an sich gedrückt. „Es ist alles vorbereitet. Die beiden wissen Bescheid und werden dir helfen den Verletzten unauffällig herzubringen. Wenn ihr ihn gefunden habt, dann können wir dich richtig begrüßen. Und jetzt los mit euch.“ Sie schob Judy in Richtung ihrer Geschwister. „Aber das Auto…“ „Ich bringe es in die Garage.“ Damit schloss Bonnie die Tür und startete den Motor, dass den anwesenden ein Schauer über den Rücken lief. Die Situation wäre geradezu komisch gewesen, hätte Judy nicht eine wichtige Aufgabe gehabt. Sie stieg in den Pickup und startete den Motor, während April und Casey einstiegen. Es war ein deutlicher Unterschied zum Sportwagen, der sie nach Hause brachte, aber auch deutlich unauffälliger und nur das zählte im Moment. „… Judy… Dein Chef hat dir DIESES Schmuckstück überlassen?!“ Die Frage war nicht völlig unerwartet, daher atmete sie tief durch und unterdrückte ein Grinsen. „Da die Zugstrecke natürlich nicht in Frage kam, bat ich ihn um ein Fahrzeug. Da der Hase dem dieses Attentat galt überlebt hatte, aber verletzt war, musste ich natürlich schnell nach Hause. Also gab er mir den schnellsten Wagen. Und ihr könnt mir glauben: Nick und ich waren ebenso baff, wie ihr, als wir sahen, WAS er mir da überlassen hat.“ „Wie war es?“ „Ihr habt doch sicher gehört, wie viele es beschreiben?“ „Oh ja!“ „… Es ist viel besser.“ Nach weniger als 10 Minuten kamen sie an einem Fluss an, der von einer Brücke überspannt wurde. Jenseits des Flusses konnte man die Lichter der Rettungswagen erkennen, wie sie bei den teilweise immer noch brennenden Überresten des Zuges standen und versuchten zu retten, was noch zu retten war. Aber ihr Ziel lag diesseits des Flusses bei einem der Pfeiler, der die Brücke trägt. Besser gesagt bei einer Zugangstür zu einem Wartungsschacht. Eine Blutspur führte vom Wasser zur Tür und hinein. „Wartet hier.“ Damit begab sie sich zur Tür und öffnete diese vorsichtig. Sie kletterte hinein und griff nach ihrer Taschenlampe. Doch dann hörte sie ein klicken und ihre antrainierten Reflexe übernahmen, als sie sich in Deckung begab, bevor sie das Geräusch bewusst registriert hatte. „ZPD! Werfen Sie die Waffe weg!“ Ein schwaches, von einem Keuchen unterbrochenen, Lachen kam aus dem Dunkel vor ihr. „Ein wenig abseits von Ihrem Revier… ‚Officer‘… Lassen Sie mich raten: Sie waren ‚zufällig‘ in der Nähe und übernehmen die Untersuchung dieses ‚Unfalls‘, richtig?“ „Nein. Mr. Big schickt mich um Ihnen zu helfen.“ Ein Husten und das Geräusch von etwas feuchtem, das auf Beton trifft, war zu hören. „Mr. Big?... Zeigen sie mir Ihr Gesicht, dann sehen wir weiter.“ Judy wägte ihre Optionen ab. Ihr Gesicht zu offenbaren, damit er es sehen konnte, war eine Gefahr, sollte er sie töten wollen. Allerdings sollte er informiert sein, dass sie kommt um ihn zu retten… Sie atmete tief durch und traf eine Entscheidung. „Einverstanden.“ Damit richtete sie das Licht ihrer Taschenlampe auf ihr Gesicht und wagte sich aus Ihrer Deckung hervor. Die Reaktion war nicht ganz wie erwartet, als sie nach einigen Momenten der Stille ein schmerzverzerrtes Lachen hörte. „Ich… hätte es wissen… müssen…“ Langsam richtete sie den Lichtkegel in Richtung der Stimme und fand dort jenen Hasen, dessen Akte sie von Mr. Big erhalten hatte: Jack Savage. Sein linkes Bein war blutverschmiert und wirkte kraftlos. Die linke Pfote presste er auf seinen blutigen Bauch, worunter sich eine Lache aus Blut gebildet hatte, während seine rechte scheinbar mit letzter Kraft die Pistole hielt, die nun nicht mehr in ihre Richtung zielte. Sein linkes Auge war zugeschwollen und ihm fehlte sein linker großer Schneidezahn. Judy ging zu ihm und kniete sich nieder. Ohne mit der Wimper zu zucken ließ er sich die Waffe aus seiner kraftlosen Pfote nehmen und erst dann wagte Judy es ihren Blick abzuwenden. „APRIL! CASEY! DIE LUFT IST REIN!“ Casey hielt seine Schwester zunächst zurück und blickte erst durch die Tür um sich selbst davon zu überzeugen, dass die Luft rein war. Es ging nicht darum, dass er Judy nicht vertrauen würde. Aber allein ihre Aufforderung die Waffe wegzuwerfen war für ihn genug Grund vorsichtig zu sein. Nachdem er sich mit eigenen Augen ein Bild machen konnte ließ er seine jüngere Schwester an sich vorbei, die sich direkt gegenüber von Judy niederließ und bereits mit einer kleinen Lampe in die Augen des Hasen leuchtete. „Wissen Sie, wo Sie sind?“ „Bunnyburrow, zweiter Pfeiler der Eisenbahnbrücke, Wartungsschacht C3.“ April sah sich um und konnte an der Wand neben sich ‚C3‘ lesen. „Gut. Wissen Sie welchen Tag wir haben?“ „Montag, den 12. Januar.“ „Wissen Sie wer Sie sind?“ „Ja.“ Sie wartete noch auf eine umfangreichere Antwort, wie die vorherigen, sah nach einem schnellen Blick zu Judy von weiteren Fragen ab. Sein Bewusstsein schien nicht beeinträchtigt zu sein, so fuhr sie mit ihrer Untersuchung fort und besah sich seine übrigen Verletzungen. Da er scheinbar keine ernste Kopfverletzung auswies, war nun ihre größte Sorge seine Bauchverletzung. Sie hob vorsichtig seinen Arm an und konnte erkennen, dass das Fell an seinem Arm stellenweise an verkrustetem Blut klebte und ihre Versuche den Arm weiter zu heben sichtbare Schmerzen hervorrief. In jenem Moment sah sie es als ein gutes Zeichen an, dass sowohl die Blutlache unter ihn, als auch das Blut in seinem Fell trocken und bereits verkrustet war. Dann fuhr sie mit ihrer Pfote über sein rechtes Bein und übte an mehreren Stellen leichten Druck aus. „Spüren Sie das?“ „Ja.“ Auf der anderen Seite fuhr sie an seinem anderen Bein wieder hinauf. „Und das?“ „… Nein… Das spüre ich nicht…“ „Sagen Sie, wenn Sie wieder etwas spüren.“ Ihre Pfote fuhr langsam über sein Schienenbein, sein Knie und auf Hälfte des Oberschenkels schrie Jack auf. „Nun, die gute Nachricht ist: Die Nerven könnten mit etwas Glück lediglich abgedrückt sein. Die Schlechte: Das Bein scheint gebrochen zu sein.“ „April, ist er transportfähig?“ „Wir müssen sehr vorsichtig sein, aber bis nach Hause sollten wir es schaffen.“ „Gut. Casey, bring die Trage her.“ Damit sprang Judy auf und ging hinüber zu April, während ihr Bruder die Trage neben Jack platzierte. „In Ordnung, so machen wir´s: Casey, wir beide nehmen seinen Oberkörper. April, du nimmst seine Beine. Schön vorsichtig…“ Judy und ihr Bruder schoben langsam ihre Pfoten unter Jack und dieser verzog keine Miene. Als April sein Bein ergriff, änderte sich das, als er das Gesicht verzerrte aber er blieb ruhig. „Auf drei. Eins, zwei und drei!“ Ein ohrenbetäubender Schrei entsprang seiner Kehle. Sie hatten ihre Pfoten noch nicht wieder bei sich, da schob April sie bereits zur Seite und leuchtete mit ihrer Lampe wieder in seine Augen. „Er muss in ein Krankenhaus.“ „Nein… kein… Krankenhaus… Niemand darf… erfahren, dass… ich noch… lebe…“ April blickte Judy an, und wollte sie bitten ihn zur Vernunft zu bringen, aber ihre Schwester schüttelte nur den Kopf. „Du musst bedenken, mit was für Tieren wir es zu tun haben. Sie haben den ganzen Zug entgleisen lassen nur um ihn zu töten. Denkst du, solche Tiere haben Probleme eine Bombe in einem Krankenhaus zu zünden? Und er ist unsere einzige Chance diese Untiere zu überführen. Darum müssen wir dies geheim halten. Und das ist nur möglich, wenn niemand außer den absolut notwendigen Tieren hiervon erfährt.“ April und Casey hatten plötzlich das Gefühl, als hätten sie eine Wochenration Karotten geschultert, als ihnen schlagartig klar wurde, wie viel wirklich auf dem Spiel stand. Kurze Zeit später befanden sie sich auf dem Rückweg. Casey am Steuer, während Judy und April bei Jack auf der Ladefläche saßen und ihn überwachten. Wie erwartet stand ihre Mutter vor dem Haus und wartete mit einer weiteren von Judys Schwerstern auf ihre Ankunft. „OK, Judy. Er kommt zunächst in das Krankenzimmer im Obergeschoss. Jeri und Jill haben diese Woche Notdienst und werden April zur Hand gehen um ihn zu versorgen. Wenn er oben ist, dann komm bitte in die Küche.“ Judy war sich nicht sicher, wie sie den letzten Satz ihrer Mutter interpretieren sollte, aber sie würde es schon erfahren, sobald Jack versorgt wäre. Bei einer großen Familie wie der ihren waren Verletzungen an der Tagesordnung und somit waren immer mindestens zwei Familienmitglieder als Ersthelfer eingeteilt um das umfangreich ausgestattete Krankenzimmer zu besetzen. Von kleinen Schnittwunden bis hin zu Knochenbrüchen konnte fast alles vor Ort behandelt werden. Dabei wurde natürlich für die schwerwiegenderen Fälle ein Familienmitglied mit medizinischer Ausbildung oder der Familienarzt hinzugezogen. Er war also in guten Pfoten und sie konnte sich nun erst mal ihrer Mutter zuwenden. Wie sie es nicht anders erwartet hatte, war ihre Mutter und einige ihrer Geschwister dabei die nächste Mahlzeit vorzubereiten, als Judy die Küche betrat. Ohne aufzublicken füllte sie eine Schüssel mit einer duftenden Gemüsesuppe und zwei Tassen Tee. „Billy, du hast die Küche.“ „Verstanden, Mom.“ Bonnie deutete mit einem Nicken in Richtung ihres Büros und nahm die zwei Tassen, während Judy die Suppe und einen Löffel in die Pfoten nahm und ihrer Mutter folgte. „Da du doch ziemlich überstürzt aufgebrochen bist, gehe ich wohl recht in der Annahme, dass du heute noch nicht viel gegessen hast?“ Sowohl ihre Worte, als auch der Duft der Suppe lösten in genau diesem Moment ein lautes Magenknurren aus und die Innenseiten ihrer Ohren begannen sich rot zu färben. Ohne es bewusst mitzubekommen hatte sie sich gesetzt und den ersten Löffel im Mund als sie die Augen verdrehte und losstöhnte. „Ohhh… Mom, du bist die Beste…“ Ehe sie sich versah, war die Schüssel leer und sie lehnte sich zurück. „Noch eine heiße Dusche und Nick. Dann wäre der Abend perfekt…“ Ihre Ohren sprangen auf und sie blickte ihre Mutter an, die sie breit anlächelte. „… … Habe ich das gerade laut gesagt?“ „Oh ja. Und genau so hast du auch ausgesehen. Viel um die Ohren gehabt?“ „Nun ja, unser letzter Fall hat Liz und mich ziemlich eingespannt… Viele Überstunden und wenig Freizeit. Gerade jetzt ist es übel für Nick. Schließlich ist jetzt die Zeit für Füchse. Gestern haben wir den Fall gelöst und für heute Abend hatte ich eigentlich Pläne und an unserem freien Wochenende wollte ich meine Pille ‚vergessen‘…“ „Ahh… Ich verstehe… Dies ist einer dieser äußerst seltenen Situationen, in denen du nicht sonderlich… erpicht… auf deinen Dienst bist.“ „Kann man so sagen…“ „Ich habe dir auch ein paar Sachen in dein Zimmer gelegt, da du auf dem Weg hierher nicht in eurer Wohnung vorbeigefahren bist. Und dies hier…“ Damit packte Bonnie in ihre Tasche und holte eine Packung Tabletten hervor. „… dürfte deine Stärke sein, wenn sich bei dir nichts geändert hat.“ Judy nahm das Päckchen und schaute sich das Etikett an. Darauf stand: ‚Heat-Off - 25mg – Für Häsinnen ab 30 in einer sexuell aktiven Beziehung‘ „Nein, alles beim alten. Du hast recht. Ich hab wirklich nicht großartig nachgedacht, als ich mich auf den Weg gemacht habe. Wäre wirklich übel geworden, wenn ich davon keine gehabt hätte…“ „Natürlich habe ich recht. Ich habe nicht so viele Kinder zur Welt gebracht ohne zu erkennen, was sie brauchen.“ Bonnie war sich nicht sicher was es war, aber sie konnte schwören, dass irgendetwas durch Judys Augen gehuscht ist. „Weißt du was? Ich werde nach unserem Gast sehen, danach eine heiße Dusche nehmen und dann früh ins Bett gehen. Mit ein wenig Glück kann ich ihn morgen schon befragen… Gute Nacht.“ Ihre Mutter konnte noch nicht einmal Luft holen, bevor sie den Raum verlassen hatte. Judy stand einige Momente vor der Tür des Krankenzimmers, als sie sich erlaubte zunächst einmal tief durchzuatmen. Sie schüttelte sich innerlich um sich zu fangen und klopfte dann an. Es dauerte keine Minute bis die Tür geöffnet wurde und ihre Schwester Jeri stand vor ihr. Durch ihr gold-braunes Fell wirkte sie ziemlich exotisch, sie war jedoch durch und durch eine Hopps und vollbrachte auf den Feldern und im Bau genau so viel wie ihre Brüder und Schwestern. „Judy! Es ist so lange her.“ Damit umarmten sich die Schwestern und sie erlaubten sich einen Moment der Begrüßung, bevor sie hineingeführt wurde. „Wie geht es ihm?“ „Es geht ihm den Umständen entsprechend. Er hat viel Blut verloren, aber April ist sich sicher, dass sie das in den Griff bekommen hat, bis wir seine Blutgruppe bestimmt haben und ihm eine Transfusion verabreichen können. Sie musste ihm Schmerzmittel verabreichen, darum schläft er bis auf weiteres. Wir müssen auf die Ergebnisse der Untersuchungen warten, aber das Bein scheint nur angeknackst zu sein und was das Gefühl in seinem linken Bein angeht, so können wir das erst kontrollieren, wenn er wieder wach ist...“ „Könnt ihr schon abschätzen, wann das sein könnte?“ „Er scheint recht gut in Form zu sein, daher sind wir optimistisch, dass er irgendwann morgen im Laufe des Nachmittags aufwachen könnte.“ „Vielen Dank. Gehe ich recht in der Annahme, dass Mom euch eingeweiht hat?“ „Natürlich.“ Judy seufzte und fuhr sich mit der Pfote über die Schnauze. „Gut. Ich werde morgen früh nochmal vorbeikommen und nach dem Rechten sehen… Ich werde ihn dann mal euren fähigen Pfoten überlassen. Gute Nacht.“ „Gute Nacht Judy.“ Sie war sich nicht sicher wie lange genau, aber sie stand eine ganze Weile mit geschlossenen Augen unter den warmen Wasserstrahlen und ließ sie einfach über ihren Körper fahren. Der vergangene Tag hatte ihr offensichtlich mehr zugesetzt, als sie sich eingestehen wollte. Was würde sie jetzt nicht alles für ihren Fuchs tun, der hinter ihr stünde, mit seinen starken Pfoten ihre Schultern massieren würde, bevor seine Pfoten tiefer wandern würden. Dieser Gedanke allein reichte aus, um ihr ein Stöhnen zu entlocken und ihre Pfoten auf Wanderschaft gehen zu lassen. Ihre stumpfen Krallen fuhren durch ihr Fell, über ihre Brüste und zu den Seiten ihrer Schenkel, bevor sie diesem glühenden Pfad wieder hinauf glitten und auf Höhe ihres Bauches verharrten, nur um von dort aus noch tiefer gleiten, bis zu ihrer… „Der Tag war ziemlich hart, aber wir können stolz sein, auf das, was wir geschafft haben… Moment… JUDY?!“ Damit liefen ihre Schwestern zu ihr und nahmen sie in ihre Mitte. Die Fragen prasselten nur so auf Judy ein. „Warum hast du nicht Bescheid gegeben, dass du nach Hause kommst?“ „Wie läuft es so in der großen Stadt?“ „Wo ist Nick?“ >Oh ja. Nicht einmal ein Eimer voller Eiswasser kann die Stimmung eines erotischen Tagtraums besser ruinieren, als eine Horde neugieriger Schwestern…< Nachdem der erste Schock über diese unliebsame Unterbrechung abgeklungen war konnte sie sich darauf konzentrieren ihren Schwestern den offiziellen Grund zu erklären, warum sie dermaßen überraschend aufgetaucht war und es gelang ihr sogar ihre Sorgen soweit hinter sich zu lassen, dass sie sich dabei tatsächlich entspannen konnte. Dadurch wurde aus der schnellen Dusche eine ausgiebige Runde Fellpflege und Austausch mit ihren Schwestern wobei es für manche das erste Mal war, dass sie Judy ohne ihre Augenklappe sahen. So kam es, dass sie erneut von den Ereignissen der ISE-Initiative berichtete und durchlebte diese Zeit erneut. Sowohl die guten als auch die schlimmen Momente… Nach einer guten Stunde mit ihren Schwestern kam sie in ihrem Zimmer an und ließ sich erschöpft auf das Bett fallen. Sofort spürte sie die Kälte des leeren Bettes und vermisste Nick, der sie momentan eigentlich mehr denn je brauchte. Ihr war klar, dass es nicht reichen würde, aber dennoch nahm sie ihr Handy und rief ihn an. Viele sahen ihn als den Stützpfeiler des ZPD. Damit hatte er keine Probleme. Viele sahen ihn als Oberhaupt der Familie. Damit hatte er nur Probleme, wenn man im gleichen Atemzug Clawhauser als Mutter der Familie bezeichnete. Viele sahen ihn als Personifizierung der Einschüchterung. Probleme hatten damit nur die Tiere, mit denen er zu tun hatte. Insbesondere wenn es sich dabei um Verdächtige, Täter oder Bürokraten handelte. Viele sahen ihn als reines Arbeitstier ohne Leben außerhalb seines ZPD. Damit hatte er durchaus Probleme, auch wenn es zum Teil daran lag, dass sie damit für gewöhnlich Recht hatten. Es wäre bei weitem nicht die erste Nacht, die er in seinem Büro verbracht hätte. Sei es dass ein Fall weite Wellen schlug und er sich darum kümmerte, dass zusätzliche Kräfte für Razzien oder andere Großeinsätze zur Verfügung standen oder die Dienstpläne angepasst werden, damit die ihm unterstellten Tiere wichtigen persönlichen Ereignissen wie Auftritten ihrer Kinder beiwohnen konnten. Aber selbst er hat irgendwann den Punkt erreicht, wo er sein Büro verlassen musste. So war dieser Zeitpunkt erreicht, als er immer größere Probleme hatte sich zu konzentrieren und er beschloss seinen Tag zu beenden und sein Zuhause aufzusuchen. Wie jeden Abend folgte er einem strengen Prozedere, wobei er sämtliche Unterlagen wegräumte und an sämtlichen Aktenschränken und Schubladen die Schlösser kontrollierte. Diese routinemäßige Sicherheitskontrolle erlaubte ihm geistig von dienstlich auf privat runterzufahren und besänftigte seine Sorgen etwas Wichtiges vergessen zu haben. Als er sein Büro verlassen und abgeschlossen hatte, konnte er durch die große Fensterfront des Reviers sehen, dass es draußen bereits dunkel war… Das war nichts Überraschendes. Was jedoch nicht üblich war, war das Licht, welches im Besprechungsraum nahe der Treppe noch immer brannte. Nick lehnte an einem der Tische und betrachtete die breite Tafel an der Wand. Dort war eine Karte der Stadt angebracht und an drei Markierungen waren rote Bänder zu den Seiten befestigt: Eine führte von der Elmstreet in Savannah Central zu den Bildern von zwei männlichen Mäusen, einem weiblichen Schaf und einer Löwin. Ihre Körper waren fast bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Eine Weitere führte von der Heatstreet zu den Bildern von vier Frauen... einem Kamel, einem Nilpferd, einer Pandarin und einer Tigerin. Diese waren ebenfalls zu großen Teilen mit schweren Verbrennungen überzogen. Die Letzte führte von der Mossstreet im Regenwald-Distrikt zu den Bildern von einem männlichen Dachs von kräftiger Statur, einem jungen Wolf mit grauem Fell und nahezu schwarzen Ringen um die Augen und einer jungen Wölfin mit hellgrauem Fell und dunkelgrauem Fell von ihren Ohren bis zum Nacken. Es fiel auf, dass alle Opfer recht jung aussahen, Nick schätzte sie auf Anfang zwanzig. Als sich die Tür öffnete zuckte lediglich sein Ohr in Richtung der Tür und die schweren Hufe erzeugten recht markante Laute. Ohne den Blick von der Tafel abzuwenden richtete er das Wort an seinen Besucher. „Chief.“ „Wilde.“ Zugleich hielt ihm ein Huf eine Tasse mit schwarzem Tee vor die Schnauze. „Ist zu dieser Uhrzeit besser als Koffein.“ „Danke.“ „Sie sieht seiner Tochter wirklich ähnlich.“ „Das tut sie.“ „Ich will nicht hoffen, dass sie der Grund ist, dass Sie noch hier sind.“ Wider Willen stahl sich ein Lächeln auf Nicks Schnauze. „Nein. Nun ja, zum Teil.“ Ein Seufzer entfuhr ihm, bevor er weitersprach. „Es ist der Höhepunkt der Zeit des Jahres und Möhrchen ist in Bunnyburrow. Wenn ich nach Hause komme, dann strömt mir ihr Duft in die Nase… Mein Kopf weiß: Sie ist nicht da, aber meine Instinkte interessiert das leider nicht. Das Ergebnis: Ich bekomme kein Auge zu. Da kann ich genauso gut hier stehen und mir Gedanken über die Zusammenhänge machen.“ Chief Bogo verzog das Gesicht. „Wilde…“ „Nicht nötig Chief. Wir haben vorhin noch telefoniert, bevor sie ins Bett gegangen ist. Hätte ich sie begleitet würden wir beide uns besser fühlen. Da jedoch auch Freddy ausgefallen ist, konnten Sie mich nicht entbehren. Lieber nehmen wir diese… Unannehmlichkeit…“ Chief Bogo gab bei dieser Formulierung ein kurzes abfälliges Lachen von sich. „OK. Diese… Tortur… in Kauf, als das die Mörder dieser Tiere, die noch ihr ganzes Leben vor sich hatten, ungeschoren davon kommen.“ Das war einer jener Momente in denen Chief Bogo kaum stolzer sein konnte solche Tiere unter sich zu wissen. „Hoffen wir, dass dieser Savage morgen möglichst früh soweit ist. Dann kann sie vielleicht schon bald zurückkommen. Bis dahin…“ Der Büffel an seiner Seite griff in seine Tasche und löste einen Schlüssel von seinem Schlüsselbund und drückte ihn Nick in die Pfote... „Wenn sie wieder da ist will ich es in perfektem Zustand zurückhaben. Verstanden?“ Noch während Nick auf den Schlüssel in seiner Pfote starrte, machte sich sein Vorgesetzter auf den Weg zur Tür. „Danke, Chief. Und gute Nacht.“ „Nacht, Wilde.“ Es dauerte noch über eine Stunde, bevor sich Nick nach einer ausgiebigen Dusche in das Untergeschoss des Reviers begab und dort vor einer Tür zum stehen kam. Jeder wusste von dieser Tür und ihrem Zweck, aber Nick hätte sich niemals träumen lassen, dass er jemals in eine Situation kommen würde, in der er einen Anlass hätte den Schlüssel für ‚Das Zimmer‘ zu erhalten. Noch bevor er Chief wurde hatte Bogo sich darum bemüht einen Raum im Revier herrichten zu dürfen, in denen ein Kollege unterkommen könnte, wenn er das Dach über dem Kopf verloren hatte. Die Gründe dafür konnten vielfältig sein… Es konnte eine Trennung sein, bei der man vom Partner vor die Tür gesetzt wurde. Oder wenn die Wohnung nach einem Feuer erst renoviert werden musste oder man sich gar eine neue Bleibe suchen musste. Ein Fuchs, der in seiner Paarungszeit nicht nach Hause konnte, weil allein der Duft seiner abwesenden Frau ausreichte um ihm den Schlaf zu rauben… Und noch so viele weitere Möglichkeiten… ‚Das Zimmer‘ war nicht besonders extravagant eingerichtet: Ein Bett für große Tiere in der linken, hinteren Ecke. Ein Schreibtisch samt Stuhl für große Tiere in der hinteren, rechten Ecke, parallel zum Bett. Zu guter Letzt ein Regal mit einer Stange mit zwei Kleiderbügeln an der vorderen, linken Seite. Ein nicht unerheblicher Schuss Nostalgie durchfuhr ihn, als ihm klar wurde, dass es Judy´s altem Apartment glich, in welchem sie nach der Akademie lebte. Er musste an all die besonderen Meilensteine denken, die sie dort erlebt hatten: Die ersten gemeinsamen Abende… Die ersten gemeinsamen Abendessen… Die ersten Übernachtungen… Die ersten Berührungen, die nicht mehr Freundschaftlich waren… Ihr erster Kuss… Ihre erste Nacht als Liebende… Nick schüttelte vehement den Kopf, um seine Gedanken davon abzuhalten weiter zu wandern. „Reiß dich zusammen!“ Er fuhr sich mehrmals mit den Pfoten über die Schnauze und atmete mehrmals tief durch. Zum erstem mal froh, dass der süße Duft von Häsin nicht in der Luft lag… Einer Häsin, die es liebte… „ARGH!“ Nick verpasste sich selbst eine schallende Ohrfeige in der Hoffnung, dass es reichen würde. „Irgendwas sagt mir, dass mir eine lange Nacht bevorsteht…“ Der Tag hatte seinen Tribut gefordert und er hoffte, dass er zu erschöpft wäre um zu träumen. So schlurfte er zum Bett und rollte sich darauf zusammen. Nach weniger als fünf Minuten drehte er sich auf die andere Seite. Dann auf seinen Rücken. >Wem mache ich hier eigentlich was vor? Diese Nacht wird die Hölle. Definitiv. 100%…< Kapitel 3: Familien – Freude, Angst und Schmerz ----------------------------------------------- Elizabeth Fangmeyer war, ebenso wie der Rest ihrer Familie, Frühaufsteher und froh darüber. Es gab ihr Zeit mit ihrer Familie, bevor sie zum Dienst musste. Sei es ein wenig Fellpflege mit ihrem Mann vor dem Aufstehen, etwas Zeit um mit ihren Kindern zu spielen oder zu kuscheln, oder auch einfach nur ein gemeinsames Frühstück. Am liebsten hatte sie natürlich alles zusammen, dafür reichte die Zeit allerdings normalerweise nicht… So auch heute. Auf dem Weg zum Revier würde sie noch bei Freddy nach dem Rechten sehen und sich gegebenenfalls Lea zur Seite nehmen um eine genauere Schilderung seines Zustands geben zu lassen. Dafür holte sie sich einige Donuts vom Bäcker am Ende der Straße, bevor sie sich auf den Weg machte. „LIZ! Ich habe mich schon gefragt, wann du vorbei kommst. Komm doch rein.“ Lea war eine Wölfin mit weiß-grauem Fell und fast schwarz an ihrer Schnauze. „Naja, eine Nacht mit der Familie kann Wunder bewirken. Darum bin ich erst heute da.“ Liz blickte sich um und Freddy war weit und breit nicht in Sicht. Dann wandte sie sich flüsternd an Lea. „Wie hält er sich?“ „Als er gestern nach Hause kam, verhielt er sich schlimmer als damals, als Trisha von dem Auto angefahren wurde. Er hat sie nicht aus den Augen gelassen und sie ständig an sich gedrückt… Währenddessen hat er seinen Schwanz um sie gelegt und dabei ihr Fell abgeleckt, wie er es nichtmehr getan hat, seit sie ein Welpe war.“ In ihr besorgtes Gesicht stahl sich ein kleines Lächeln, bevor sie weitersprach. „Wären wir nicht vorgewarnt gewesen, dann hätte sie ihrem Vater bereits das Fell über die Ohren gezogen.“ „Und wie hält er sich heute Morgen?“ „Er war im Bett aufgeschreckt und hat sich hecktisch umgesehen, bevor er sich einfach fallen ließ und murmelte, dass er sich wie ein überfürsorglicher Vater mit seinem ersten Welpen verhalten hat.“ „Wie hast du reagiert?“ „Sie sagte: Du hast vollkommen recht.“ Beide Frauen schreckten auf, als das Objekt ihrer Konversation plötzlich hinter ihnen stand. „Freddy! Wie geht es dir?“ „Meine Nase sagt mir, dass es mir dank dieses kleinen Päckchens in deinen Pfoten schon viel besser geht.“ „Das war der Plan.“ Trotz des wundervollen Aromas, welches ihm direkt in die Nase stieg als Liz ihm die Donuts reichte, schwand das Lachen sowohl von seiner Schnauze als auch aus seinen Augen. „Ich hoffe der Doc schreibt mich heute wieder diensttauglich… Am liebsten würde ich das Monster, das ihnen das angetan hat…“ Liz legte ihm ihre Pfote auf die Schulter und drückte zu. „Da bist du nicht allein. Kommst du gleich mit?“ „Nein. Der Doc ist erst heute Nachmittag frei und der Chief zieht mir das Fell über die Ohren, wenn ich mich vorher blicken lasse. Ich hoffe nur, dass es schnell geht.“ „Hoffen wir auf das Beste. Wir sehen uns dann nachher.“ Der Abschied war herzlich wie immer und sie war beruhigt, dass es ihrem ehemaligen Partner wieder besser ging. Bei ihrer Ankunft hatte sie noch eine halbe Stunde zur Verfügung, bevor Chief Bogo wie jeden Morgen die Dienstpläne verkündete. Dies kam ihr gelegen, da sie ohnehin noch schnell im Labor vorbeischauen wollte um zu schauen, ob die Spuren der Tatorte bereits ausgewertet wurden. Dort traf sie auf sie auf Damon Snow, einem Husky, der zugleich einer des besten Forensiker der Stadt war. Sein Fell war größtenteils schwarz, mit weißen Armen, Beinen, Bauch und Schnauze. Das schwarze Fell um seine Augen fiel so, dass er den Eindruck erweckte, als würde das pure Böse vor einem stehen, dabei war er immer ein ausgesprochen freundliches und zuvorkommendes Tier. „Guten Morgen. Ich wollte fragen, ob die Auswertung…“ „Zu spät. Nick hat sich die Unterlagen schon vor über einer Stunde abgeholt.“ Liz starrte ihn an, dann auf ihre Uhr und wieder auf ihn. „Du hast aber schon auf die Uhr geschaut, oder?“ „Oh ja.“ „Nick? Nicholas Piberius Wilde? Rotfuchs? Hat Spitznamen für Alles und Jeden? Verheiratet mit Judy?“ „Jup. Genau der.“ Liz konnte es kaum glauben… Dementsprechend verstört war auch ihr Ausdruck als sie versuchte dieses Detail zu verarbeiten. Sie fand erst in die Gegenwart zurück, als sie ein Klicken hörte und Damon mit seinem Handy vor ihr stand. „Hey Jonny! Ich hab die Wette gewonnen. Sie glaubt es nicht und ich hab hier sogar das Beweisfoto.“ „Oh Liz! Du weißt doch, dass man einen Wilde niemals unterschätzen darf! Du bist doch schließlich schon Jahre lang Judys Partnerin.“ Sie musste sich eingestehen, dass er nicht ganz unrecht hatte. „Ich glaube ich gehe jetzt mal besser, bevor ich noch zu spät zur morgendlichen Besprechung komme.“ Es war nicht schwer zu erraten, wo sie ihren vorrübergehenden Partner finden würde. Womit sie trotz allem nicht rechnete, war die Falltafel. War diese am Vorabend kaum mehr als eine Stadtkarte mit den Bildern der Opfer, so waren mittlerweile große Blöcke an Informationen zu jedem Bild und zu jedem Tatort zu sehen. Dabei waren Fakten in schwarz aufgeführt, während Folgerungen und Mutmaßungen in rot waren. „Guten… Morgen?“ „Morgen, Liz.“ Nick rührte keinen Muskel, als er auf die Falltafel starrte, der Kaffee in seinen Pfoten dampfte aber noch. „Wie kommt es, dass du schon hier bist?“ „Der Chief hat mir ‚Das Zimmer‘ überlassen, bis Judy wieder da ist...“ Sie wollte gerade fragen, warum der Chief dies als nötig erachtete, bis Nick die Tasse zu seiner Schnauze führte und das kräftige Aroma tief einatmete, bevor er einen Schluck trank. Da fielen ihr zwei wichtige Dinge ein: Einerseits hatte Judy ihr schon oft erzählt wie empfindlich seine Nase war und andererseits wie sie es liebte, wie er insbesondere zu DIESER Zeit auf ihren Geruch reagierte. Von dort an war es nicht schwer sich diese Frage selbst zu beantworten. „… Oh…“ „Genau. Ich schlage vor, wir gehen erst mal runter und wenn wir wieder hier sind, bringe ich dich auf den aktuellen Stand. OK?“ Judy schreckte auf, als sie erkannte, wie spät es war. Mit weit aufgerissenem Auge starrte sie auf die Uhr und diese zeigte in rot leuchtenden Ziffern an, dass es mittlerweile nach sechs Uhr morgens war. Für die meisten Tiere in Zootopia dürfte dies kaum der Rede wert sein, für Judy war alles jenseits von fünf Uhr morgens so, als hätte sie mehrere Tage verschlafen. Ohne darüber nachzudenken griff sie nach ihrer Uniform, nur um festzustellen, dass sie lediglich ein weiches Flanellhemd in den Pfoten hatte. Sie brauchte ganze fünf Sekunden, bevor ihr Gehirn aus seinem Schock erwachte und sie sich erinnerte, dass sie sich nicht in ihrer und Nicks gemeinsamer Wohnung befand, sondern im Bau ihrer Familie und dass ihre Mutter ihr einige Sachen bereitgelegt hatte. Mit einem Hauch Wehmut blickte sie auf die leere Seite des Bettes, bevor sie sich Shorts und ein T-Shirt überzog und das Zimmer verließ. Die nächste Frühstücksschicht würde erst in etwa einer Stunde beginnen, so beschloss sie den Bau zu verlassen und ein wenig zu trainieren. Ausgiebiges Strecken, dann ein kurzer Lauf über drei Kilometer, gefolgt von einigen Übungen und nochmals drei Kilometer zum runterkommen. Es war weit vom Umfang ihres üblichen Trainings entfernt, aber da sie ihrer Ansicht nach so sehr verschlafen hatte, musste sie den Rest auf später verschieben. Eventuell zum Abend hin. Vielleicht würde ihr das dann auch beim Einschlafen helfen. Nach einer schnellen Dusche befand sie sich dann im Speisesaal und stand in einer der Reihen für die Essensausgabe. Der Speisesaal war ein langer ovaler Raum, wobei sich die Tische aneinanderreihten, während die Seite mit mehreren durchreichen zur parallel verlaufenden Küche gespickt war. Auf diese Weise konnten mehrere Dutzend Hasen gleichzeitig bedient werden, während die strikte Disziplin gewahrt wurde. Und für die ungestümen Kinder gab es im hinteren Teil einen abgetrennten Bereich, in welchem die Eltern mit ihren Kindern auf speziellen Gummipolstern sitzen und essen konnten, ohne dass es allzu große Probleme bei der Reinigung kam, da der Raum einfach mit einem Wasserschlauch ausgespült werden konnte. Nicht umsonst hatte dieser Raum den Titel ‚Die Gummizelle‘ erhalten. Judy suchte gerade nach einem freien Sitzplatz, als jemand aus dem ruhigeren Bereich vor der Trennwand nach ihr rief. „Judy! Hier drüben!“ Sie folgte der bekannten Stimme und fand wie erwartet ihre Wurf-Schwester Trudy vor. Als Judy ihr allerdings so nahe kam, dass sie sie wirklich sehen konnte erstarrte sie geradezu. Trudys Fell war nahezu identisch zu ihrem, jedoch war der Bereich um die Augen fast schwarz und diese waren dunkelblau. Was jedoch ein deutlicher, wenn auch vorübergehender, Unterschied war, war ihr Bauch: Groß, rund und wie eine wahrnehmbare Bewegung der Haut verriet, voller Leben. „Uff.“ Trudy legte ihre Pfote auf ihren Bauch und rieb die Stelle, an welcher Judy zuvor die Bewegung bemerkt hatte. „Hey, ruhe da drinnen! Mammi will heute mal in Ruhe Frühstücken.“ Als Judy ihr in die Augen schaute, strahlten sie diese Wärme aus, wie es nur die Augen werdender Mütter vermochten. „Setz dich. Das ist doch Ewigkeiten her, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben.“ Judy musste kichern. „Ewigkeiten? Letztes Jahr zur Ernte würde ich nicht als Ewigkeit bezeichnen.“ „Oh, glaub mir. Mit diesen Kleinen ist alles was länger als fünf Minuten ist eine Ewigkeit… Besonders nachts…“ Dabei packte sie Judys Pfote und legte sie auf ihren Bauch. „Spürst du das? Das raubt mir den Schlaf, aber ich würde es um nichts in der Welt eintauschen wollen.“ „Das ist jetzt dein vierter Wurf, richtig?“ „Mein Fünfter. Wenn man bedenkt, dass ich nur eine Minute jünger bin als du eigentlich merkwürdig, dass du noch nicht selbst…“ Trudy schlug ihre Pfoten über ihrer Schnauze zusammen. „Oh, Judy… Es tut mir so leid! Ich wollte nicht…“ „Schon gut. Wir haben das schon oft genug gehört. Dass es für die meisten Paare äußerst unwahrscheinlich, geradezu unmöglich ist Kinder zu bekommen, ist das einzige Argument, das die Gegner der ISE bis heute hochhalten.“ Es tat trotzdem jedes Mal schrecklich weh, aber das sollte nicht Trudys Sorge sein. Die Tränen sammelten sich dennoch in ihren Augen, da legten sich von hinten zwei Pfoten auf Trudys Schultern und ein Hase mit gold-braunem Fell lehnte sich über ihre Schulter und flüsterte ihr mit einer beruhigenden Stimme ins Ohr. „Nur die Ruhe, Liebes. Du hattest keine bösen Absichten und deine Schwester weiß das auch.“ Judy nahm die Pfoten ihrer Schwester in ihre eigenen und wandte sich ebenfalls an Trudy. „James hat vollkommen recht. Kein Schaden entstanden. Also musst du dir keine Gedanken darum machen.“ Es brauchte einige Momente und weitere Versicherungen, dass alles in Ordnung war, bevor Trudy sich soweit gefangen hatte, dass sie tief durchatmen konnte. Dann fuhr sie mit ihrem Kinn über seine Schnauze, die Stirn, seine Wangen und über seinen Hals um ihren Duft an ihm zu erneuern, bevor er die Geste mit geschlossenen Augen und einem breiten Lächeln erwiderte. „Eines der Dinge, die ich an meinen Schwangerschaften hasse, ist, dass ich so empfindlich werde…“ „Das glaube ich dir unbesehen.“ Als sie ihre vermischten Duftnoten roch konnte sie nicht anders als zu lächeln. Der Duft ihres Fuchses war deutlich markanter und langlebiger, als der eines Hasen und selbst nach über einem Tag und zwei Duschen war er noch deutlich präsent. Sobald sie die Augen schloss konnte sie Nick noch so deutlich riechen, als stünde er vor Ihr. Er hatte seine Arme im sie gelegt und jede Stelle erst gründlich mit seiner Zunge gepflegt, bevor er mit seinen Wangen über sie fuhr. Über ihre Schnauze… Über ihren Kopf… Über ihre Ohren… Über ihren Hals… „Judy?“ Sie riss die Augen auf uns sah als erstes die amüsierten Blicke ihrer Schwester und ihres Mannes. Danach bemerkte sie ihr rasendes Herz und das Beinahe-Hecheln, welches sie in Nicks Gegenwart häufig hatte, wenn sie alleine waren. „Ups…“ Trudy war amüsiert. Wenn eine Häsin ihren Körper in dieser Form nicht unter Kontrolle hatte, dann lag das üblicherweise nur an einer Sache. „Hast du heute deine Pille vergessen?“ „… Äh… nein?“ James´ Ausdruck hatte sich von amüsiert zu schockiert verändert, während er sie anstarrte. „Ich muss gestehen, jetzt ich bin ein wenig neidisch. Meine Trudy reagiert ja noch nicht einmal so stark, wenn sie Ihre Pille nicht genommen hat…“ „Es ist gerade die Zeit für Füchse. Und da ist alles… stärker… auch sein Duft und der Effekt, den er auf mich hat…“ Beide starrten sie an und antworteten dann vollkommen synchron. „Das glauben wir gerne.“ Dies wiederum brachte Judy dazu zu kichern, da der Anblick einfach göttlich war. Nur einen Augenblick später setzten sie mit ein und es artete in ein Gelächter aus, dass ihnen die Kiefer schmerzten. Als hätte sie das Lachen befreit, fiel es ihr wieder leichter sich so unbeschwert zu verhalten wie immer, wenn sie bei ihrer Familie war. So verlief der Rest des Frühstücks ruhig mit unbedeutenden Gesprächen über den neuesten Klatsch und Tratsch aus Bunnyburrow im Gegenzug für die interessantesten Neuigkeiten aus Zootopia. Sie waren so in ihre Gespräche vertieft, dass sie geradezu überrascht waren, dass sie nahezu alleine im Speisesaal waren, als sie mal aufblickten. „Die nächste Schicht dürfte in Kürze dran sein. Was hältst du davon, wenn wir auf die Veranda gehen und dort weiterreden?“ „Oh, das klingt wunderb… Ohhhh…“ Trudys Pfoten gingen zu ihrem Bauch und sie beugte sich vor. Ein schmerzhaftes Stöhnen entfuhr ihrer Kehle und als sie aufblickte, konnte Judy eine Mischung aus Schmerz und Freude erkennen. „Ernsthaft?! Sag mir nicht, dass es wirklich genau jetzt soweit ist!“ „Fühlt sich auf jeden Fall so an… Ahhh…“ Ohne darüber nachzudenken hob sie ihre Schwester auf die Arme und lief Richtung Treppe. „James, sag Mom Bescheid. Ich bringe sie hoch ins Geburtszimmer.“ Ohne auf eine Antwort ihres Schwagers zu warten nahm Judy zwei Stufen auf einmal. Bei Hasen kann die Geburt binnen weniger Minuten erfolgen, daher war Eile geboten. Kaum eine Minute später war sie in einem Zimmer mit einer dick gepolsterten großen Liege, welche gut ein Drittel des Raumes einnahm. Auf der gegenüber liegenden Seite befanden sich ein Waschbecken und eine breite Arbeitsplatte, auf welcher alles Mögliche befand, was Frau bei einer Geburt brauchen konnte. Judy hatte ihre Schwester gerade auf dem Nest abgelegt wo sie sich auf die Seite rollte und umgehend begann sich die Kleider im wahrsten Sinne des Wortes vom Leibe zu reißen, als ihre Mutter sowie ihre Schwestern Jeri und Jill das Zimmer betraten. Bonnie ging sofort zu ihrer Tochter und tastete ihren Bauch ab, bevor sie mit ihrem Ohr einem Stethoskop gleich ihren Unterleib abhorchte... Währenddessen hatten Judy und ihre Schwestern ihre Pfoten gründlich gewaschen und warteten auf die Anweisung ihrer Mutter, die seit jeher die Rolle der Hebamme in der Familie inne hatte. „Es sieht gut aus Liebes. Dieser Wurf scheint es nicht ganz so eilig zu haben, wie dein letzter.“ Trudy presste ein kurzes Lachen hervor. „Oh ja. Diese kommen dank Judy nicht in der Gummizelle zur Welt.“ „Gut. Jeri, Wasser, Pfotenwarm und einen Eimer für den Rest. Jill, Tücher, zehn Stück. Judy, herkommen. Du hältst ihr Bein und reichst die Kleinen an ihre Mutter weiter.“ Judy nahm vor Trudy Platz und nahm einige der kleineren Polster um es ihrer Schwester so bequem wie möglich zu machen während ihre Mutter sich die Pfoten wusch. Die ersten Zuckungen zeugten von den Einsetzenden Wehen und Judy packte Trudys Bein, um es davon abzuhalten unkontrolliert herum zu schnellen und Jemanden zu verletzen. Es wäre nicht das erste blaue Auge ihrer Mutter und mit Sicherheit auch nicht das Letzte, aber das war ein Risiko, welches in ihren Augen dazugehörte. Und obwohl Judy höchstwahrscheinlich die Stärkste im Raum war, so hatte selbst sie Probleme das Bein ihrer Schwester zu halten. „Gut so. Das Erste ist da. Jill, Tuch, Jeri, Pfote her.“ Jill reichte ihrer Mutter eines der Tücher, die kaum größer als zwei Pfoten waren, nachdem sie es in das lauwarme Wasser getaucht hatte. Zugleich nahm Jeri ihr die Reste des Geburtssacks und der Nabelschnur ab und entsorgte diese. Es war tatsächlich das erste Mal für Judy, dass sie bei der Geburt selbst dabei war und sie konnte ihren Blick nicht von diesem kleinen Wesen abwenden, welches von ihrer Mutter vorsichtig in das feuchte Tuch gewickelt wurde. „Hier Judy.“ Dieses kleine Wesen passte locker in eine ihrer Pfoten und wirkte so zerbrechlich, dass sie es kaum wagte auch nur einen Muskel in ihrer Pfote zu rühren, während sie diese hin in die Arme ihrer Schwester führte. Diese nahm ihr Kind entgegen und führte es nahezu hektisch zu ihrer Schnauze, wo sie begann den freiliegenden Kopf mit ihrer Zunge zu säubern. Sie wusste natürlich, dass es normal und sogar wichtig war für eine Mutter ihr Kind so zu reinigen und zugleich beiden den Geruch des anderen einzuprägen, aber diesen so unbeschreiblich wichtigen Akt selbst mit eigenen Augen sehen zu können löste diese Sehnsucht in ihr aus. Nach der Reinigung fuhr sie mit ihrem Kinn über das neue Leben in ihren Pfoten und legte es an ihrer Brust nieder, wo es sogleich begann an einem der Nippel zu saugen. Sie wurde erst aus ihren Gedanken gerissen, als Trudys Wehen wieder einsetzten und sich ihr Bein beinahe aus Judys Griff befreien konnte. Der ganze Vorgang wiederholte sich noch weitere Male, bis ganze acht gesunde Babys an ihrer Brust lagen und die erste Milch ihrer Mutter genossen. Trudy hatte Tränen in den Augen und fuhr mit ihrer Pfote immer und immer wieder über die kleinen Körper. Jeri und Jill verließen das Zimmer und ließen James dabei hinein. Obwohl es bereits ihr fünfter Wurf war, so verspürte er wie jedes Mal diese unbeschreibliche Mischung aus Freude und Bewunderung seiner Liebsten, dass sie diese Wunder des Lebens zur Welt gebracht hatte. Ohne die beiden Frauen an seiner Seite weiter zu beachten, stieg er mit Tränen in den Augen zu seiner Frau in das Nest und begann wortlos seine Schnauze über die ihre zu reiben. Trudy erwiderte diese Geste erneut ohne ein Wort zu verlieren, bevor James langsam und vorsichtig sowohl mit seiner Nase als auch seinem Kinn über ihre Kinder fuhr. Auch Bonnie hatte Tränen in den Augen, so wie jedes Mal, wenn eines ihrer Kinder neue Leben in die Welt setzte. Die ersten Minuten nach der Geburt hatten immer etwas magisches, wenn die Eltern und ihre Kinder sich das erste Mal wirklich sehen, riechen und spüren konnten und alle diese euphorische Wärme ausstrahlten… Es kostete sie einiges an Überwindung, aber sie schaffte es sich von dem Anblick vor sich loszureißen und an ihre Seite zu schauen. Bonnie wollte wissen, welchen Ausdruck Judy zeigen würde. Und Judy war… einfach… nicht mehr da… Allein die Tatsache, dass Judy nicht mehr an ihrer Seite war, reichte aus, um ihr nur zu deutlich zu zeigen, dass etwas nicht stimmte… Auf dem Flur war sie nicht. Auch im Krankenzimmer gegenüber bei dem verletzten Hasen Jack Savage war sie nicht. Ebenso wenig befand sie sich sonst irgendwo im Gebäude, so dass sie eine Gruppe fragte, welche gerade aus den unteren Ebenen des Baus heraufkamen. Auch diese hatten ihre Schwester nicht gesehen. Sie dachte daran, dass sie etwas bei Judy an gestrigen Abend gesehen hatte und wollte sie deswegen nach dem Frühstück zur Seite nehmen. Mittlerweile war Bonnie sich sicher, Schmerz gesehen zu haben, aber sie war sich nicht sicher, was der Auslöser war. Judy ließ nie zu, dass Irgendwer ihren Schmerz sehen konnte. Außer, es war ein wirklich abgrundtiefer, markerschütternder Schmerz. So wie vor einigen Jahren, als Judy wahrlich gebrochen war und sie sogar ihren Lebenstraum aufgegeben hatte. Bonnie hatte sich selten dermaßen hilflos gefühlt. In der Nacht vor ihrem Wiedersehen mit Gideon hatte Bonnie Judy am Flussufer gesehen und sie war starr vor Entsetzen, als sie zum ersten und bisher einzigen Mal sah und vor allem hörte, wie Judy weinte. Dieser Schmerz und die Einsamkeit, die sie in diesem Moment verspürt haben musste um derartige Laute von sich zu geben, ließen sie selbst heute noch erschaudern… >Der Fluss…< Jenseits der Felder im Osten war ein kleiner Fluss, welcher die Grenze zum benachbarten Farmland bildete. Auf einem kleinen Pier steht eine kleine Pumpstation die Wasser für die Felder abzweigte und daneben stand ein kleiner Schuppen in welchem diverse Werkzeuge und Ersatzteile gelagert wurden. Zwischen den beiden war ein Zwischenraum, in welchem man einerseits bei Sonne im Schatten saß, als auch vor den kalten Winden geschützt war. Bonnie stand auf einem kleinen Hügel nahe des Flusses und konnte den Pier sehen… ebenso die zusammengekauerte Gestalt zwischen den beiden Strukturen… Ihr Herz begann zu rasen, als sie sich plötzlich an derselben Stelle sah, Jahre zuvor, nur nachts, aber ansonsten war der Anblick identisch… auch die markerschütternden Laute ihrer Tochter waren identisch… Sie musste zu ihrer Tochter und zwar sofort. Es fehlte nicht viel und sie wäre sogar auf allen Vieren gerannt, um noch schneller bei ihr sein zu können. Judy schien sie garnicht zu bemerken, so stoppte sie sich noch vor dem Pier und gab ihr Gelegenheit sie zu bemerken, als sie sich ihr von hinten näherte. Selbst als sie sich niederkniete schien Judy sie nicht zu bemerken. Erst als ihre Pfote auf Judys Schuler landete, reagierte sie. Sie warf sich ihrer Mutter in die Arme, ließ ihrem Schmerz aber dennoch freien Lauf. Bonnie strich ihrer Tochter über die Ohren und flüsterte ihr mit ruhiger Stimme zu, aber es schien keinen Effekt zu haben. Dann begann sie leicht vor und zurück zu schaukeln. Wenn dies einen Effekt hatte, so ließ Judy es sich nicht anmerken. Zuletzt fuhr sie ihr sogar mit dem Kinn über ihren Kopf und ließ ihren mütterlichen Duft für sich sprechen um die Instinkte ihrer Tochter anzusprechen und zu beruhigen. Entgegen aller Erwartungen schien diese Maßnahme ihren Schmerz sogar zu verstärken und Bonnie war ratlos, was sie machen sollte. So beließ sie es beim streicheln, flüstern und schaukeln, in der Hoffnung, dass Judy mit ihr reden würde, sobald sie in der Lage wäre. Es dauerte schmerzhaft lange, aber schlussendlich verstummte Judy in ihren Armen. Sie sah hinab auf die nun regungslose Häsin in den Armen ihrer Mutter. Nach einigen Momenten blickte Bonnie in den Himmel wo die Sonne noch lange nicht ihren Zenit erreicht hatte und fragte sich unentwegt, was diese Reaktion ausgelöst haben könnte. Dies war ein Tag der Freude, nicht der Trauer und dennoch… „… Es tut so schrecklich weh…“ Bonnie schreckte auf, dachte sie doch Judy hätte sich in den Schlaf geweint. „Erzähl´ es mir… Ich höre dir zu…“ Ein paar Minuten verstrichen, in denen Bonnie Judy einfach nur festhielt und ihr über die Ohren strich. „Wir waren etwa zwei Jahre zusammen, als wir das erste Mal darüber sprachen…“ Ein Beben ging durch Judys Körper und Bonnie konnte gerade zu spüren, wie viel Überwindung es Judy kostete diese Erinnerungen hervorzuholen. „… eine Familie zu gründen…“ Mit steil aufgerichteten Ohren, weit aufgerissenen Augen und offenem Maul starrte Bonnie auf ihre Tochter herab. Seit sie sich entschieden hatte Polizistin zu werden hatte sie so gut wie nie die üblichen Interessen ihrer Altersgenossen geteilt. Kinder fielen ebenfalls unter diese Kategorie und Judy hatte auch noch nie etwas derartiges ihr gegenüber angesprochen. „… aber eine Adoption war nicht möglich, da wir nicht verheiratet waren. Das war einer der Gründe für seine Initiative.“ „Jetzt seid ihr es aber.“ Ein leises Wimmern entsprang ihrer Kehle, bevor sie weitersprach. „Jetzt ist das Problem… ein Anderes…“ Wieder dauerte es einige Minuten, bevor Judy weitersprach. „Wann immer irgendein Tier an die ISE denkt, dann denkt es an uns… Wann immer ein Tier seinen Partner verlässt um sich mit jemandem von einer anderen Spezies zu treffen, dann denken sie an… uns… Wann immer solch ein verlassenes Tier einen Schuldigen sucht, denkt es an… uns… Wann immer solch ein Tier seinem Zorn freien Lauf lassen will… kommt es… zu uns…“ Bonnie konnte nicht glauben, was ihre Tochter ihr da erzählte. Wie konnte sie es nur aushalten dies alles für sich zu behalten? „Den ersten Monat nach unserer Hochzeit blieb es ruhig. Niemand wollte mit der PBB in Verbindung gebracht werden, aber dann begann es: Männer, Frauen, alt, jung, arm, reich… Briefe, dass wir an ihrem Leid die Schuld tragen sollten… Manchmal sogar jemand, der es mit Gewalt versuchte… Aber wir haben es überstanden. Es ließ nach. Seit Monaten gab es keinen gewaltsamen Übergriff mehr und es sind nur noch ein oder zwei Briefe im Monat... Dennoch sehen die Behörden es anders.“ Ein Beben ging durch Judy. „Die Gefahr für ein Kind sei zu groß, daher wird uns diese Möglichkeit verweigert.“ Bonnie fühlte sich, als hätte sie soeben einen kompletten Wurf Kinder verloren. „Oh, Judy… Gibt es keine andere Möglichkeit?“ Zu ihrer Überraschung stahl sich ein kleines Lächeln auf Judys Schnauze. „Die gibt es. Nick könnte mich schwängern.“ Noch bevor ihre Mutter etwas darauf erwidern konnte sprach Judy weiter. „Die Wahrscheinlichkeit dafür ist aber so gering, dass ich eher dreimal hintereinander sechs Richtige im Lotto habe… Das ist das einzige Argument der Gegner der ISE, das wir nicht widerlegen können. Und das schmerzt.“ „Und was wäre mit… Künstlicher Befruchtung? Mit einer Samenspende?“ „… Wir haben… Angst… vor den möglichen Konsequenzen…“ Nun war Bonnie verwirrt. „Was meinst du? Gibt es nicht auch bei der Polizei Mutterschutz und dergleichen?“ „Das gibt es. Aber es sind eher die Konsequenzen für Nick… Allein der Gedanke, dass ich Kinder eines Anderen austrage reicht um ihm nahezu körperliche Schmerzen zu bereiten. Es gibt dokumentierte Fälle, in denen sich Füchse, deren Gefährtinnen freiwillig oder auch unfreiwillig die Kinder eines Anderen trugen…“ Judy suchte nach den richtigen Worten. „… veränderten… gegen ihren Willen… Sich von den Frauen, die sie jahrelang geliebt haben abwandten…“ „Bei allen Göttern…“ „Nick hat deutlich gemacht, dass sowas nur in einem von tausend Fällen geschieht von mir verlangt diese Option in Betracht zu ziehen, aber ich habe es bisher immer abgelehnt.“ Bonnie starrte Judy an und musste sich zwingen, das folgende Wort herauszupressen. „Bisher?!“ Als wäre das ihr Stichwort gewesen, brachen die Tränen wieder aus Judy hervor und sie presste sich erneut an ihre Mutter. „Für einen… kleinen… winzigen… Augenblick… wünschte ich… ICH… wäre an Trudys Stelle… würde MEINE Kinder an mir spüren… Und es war mir egal… völlig… egal… … wer dort… bei mir wäre…“ Kapitel 4: Ermittlungen ----------------------- Warten. Ein notwendiges Übel, aber dennoch verabscheute er es. Sie hatten keine andere Wahl, als sich nochmal sämtliches Material vorzunehmen, dass ihnen bereits zu Verfügung stand, bis ihnen neue Erkenntnisse neue Spuren liefern würden. Was sie bisher hatten war mehr oder weniger, was sie bereits wussten oder zumindest erwartet hatten. Drei Teams, drei Verstecke, unterschiedliche Aufgaben. Der Unterschlupf in der Elmstreet war in direkter Nachbarschaft zu einem der Knotenpunkte des Telekommunikationsnetzes Zootopias, daher war das Computerequipment nicht überraschend. Da fast die gesamte Kommunikation auf elektronischem Wege stattfand war eine Abteilung aus Hackern eine Selbstverständlichkeit. Zur Heatstreet gab es nicht viel zu überlegen. Vier, für ihre jeweilige Spezies, überaus attraktive Frauen konnten sowohl Ablenkung sein als auch Zieltiere verführen. Es würde ihn auch nicht wundern zu erfahren, dass sie die Domina-Ausrüstung nicht nur für Spiele sondern auch bei Folter eingesetzt hätten. Bei dem Team in der Mossstreet war es nicht so offensichtlich, aber er hatte schon einige Ideen, was er sich noch für ein Team zusammenstellen würde. Die Beweismittel von den Tatorten waren bei weitem noch nicht ausgewertet, aber die offensichtlichsten Fragen waren im Moment zu den Sprengsätzen und ob von diesen noch genügend Material übrig war, um brauchbare Spuren zu erhalten. Chief Bogo hatte dafür sogar einige der S.W.A.T.-Experten angefordert und wenn diese nichts finden würden, dann hätten sie durchaus Probleme. Bis dahin hatten sie aber keinesfalls Langeweile. Es galt immer noch jede Menge Zeugen zu vernehmen, Videomaterial zu sichten und Beweismaterial durchzugehen. Kurz vor ihrer Mittagspause war es endlich soweit. Die Sprengstoffexperten meldeten sich und auf dem Weg trafen sie Chief Bogo, welcher ebenfalls gerufen wurde. Im Labor trafen sie auf drei Ratten in schwarzen Uniformen mit dem Schriftzug S.W.A.T. auf dem Rücken und vor ihnen eine Ratte mit grauen Haaren um die Nase und den Rangabzeichen eines Captains auf den Schultern. Chief Bogo nickte kurz, bevor er sich an Nick wandte. „Wilde, Fangmeyer, dies ist Captain Nimh und sein Team.“ „Captain Nimh, dies sind Officer Wilde und Fangmeyer.“ „Ich freue mich Sie kennen lernen zu können. Ich wünschte nur wir hätten uns unter besseren Umständen treffen können.“ „Wir ebenso.“ Liz starrte die Ratte vor sich einen Moment an und ergriff das Wort. „Wenn Sie die Frage gestatten, wie lange stehen Sie schon im Dienst Zootopias?“ „Etwas über dreißig Jahre. Warum?“ „Nun… Ich muss gestehen, dass ich der Meinung war, meine Partnerin und ihr Mann seien die kleinsten Tiere beim ZPD.“ Ein Grinsen bildete sich auf seiner Schnauze, bevor er antwortete. „Nun, das stimmt in gewisser Weise auch. Ich und meine Kammeraden sind ‚eigenschaftsbedingt funktionsgebundene Ausführungsorgane‘, wie die formelle Formulierung lautet. Das bedeutet im Grunde nur, dass wir einzig und allein in einer gewissen Funktion für die Stadt tätig sein dürfen. In unserem Falle sind wir wegen unserer empfindlichen Nasen und geringen Größe prädestiniert mit Sprengstoffen zu arbeiten. Insbesondere im Bereich der Minenräumung waren wir nahezu jedem anderen Tier überlegen, da wir einfach zu klein und dementsprechend zu leicht sind um sie auszulösen. Und wie in diesem Fall ist unsere geringe Größe auch ein Vorteil, da selbst kleine Spuren, die Andere übersehen könnten, für uns recht groß sind.“ „Das ist beeindruckend.“ „Vielen Dank Officer Fangmeyer. Nun aber zur Arbeit. Wenn Sie bitte hier rüberkommen würden.“ Captain Nimh führte sie in den hinteren Bereich des Labors, wo weitere Ratten an drei Tischen an den Überresten der Bomben arbeiteten. „Ich habe eine schlechte und eine weniger gute Nachricht. Die schlechte Nachricht zuerst: Die Bomben stammen von einem Profi mit jahrelanger Erfahrung. Die einzelnen Komponenten sind nichts Außergewöhnliches und in fast jedem Baumarkt zu bekommen. Der Sprengstoff ist eine besondere Mischung, die in Verbindung mit der Leichtbauweise kaum forensisch verwertbare Spuren hinterlässt, aber dennoch eine außergewöhnlich starke Druckwelle erzeugt, die selbst durch mittlere Wände hindurch noch tödlich wirken kann.“ „Und was ist die weniger gute Nachricht?“ „Ich kenne den Bombenbauer.“ „Perfekt! Was soll daran weniger gut sein?“ „Er starb vor rund fünfundzwanzig Jahren.“ „Sind Sie sich da sicher?“ „Ja, Officer Wilde. Es war einer der schwersten Fälle, die das ZPD zu jener Zeit zu lösen hatte… und in wenigen Tagen ist es sogar der Jahrestag, an dem unser schlimmster Alptraum im wahrsten Sinne des Wortes von der Bildfläche verschwand.“ „Wie meinen Sie das?“ „Er war tätig für eine der einflussreichsten Familien der Unterwelt und sollte eine Bombe platzieren. Wir wollten ihn dabei festnehmen, wurden allerdings bemerkt. Ein Schusswechsel war die Folge. Dabei traf ein Geschoss den Sprengsatz, als er in das Gebäude lief.“ Nick musste schlucken, als ihm ein Name in den Sinn kam. „Und für welche Familie war er tätig?“ „Für die Familie Big.“ Nick zog die Augenbrauen zusammen. Da passte etwas nicht. Und als er zu seinem Vorgesetzten hochblickte, erwiderte dieser seinen Blick. „Wie war der Name des Bombenbauers?“ „Pawel Koslov.“ Nick begann zu stöhnen und fuhr sich mit der Pfote über die Schnauze. „… Halleluja… Das zu toppen dürfte schwierig werden...“ „Officer Wilde?“ „Lassen Sie mich Raten: Es war ein Eisbär?“ „Ja. Haben Sie etwa von ihm gehört?“ „Nicht direkt. Der Name von Mr. Bigs rechter Pfote und engstem Vertrauten ist Koslov.“ „Koslov? Ivan Koslov?“ „Ja. Genau der.“ „Dann haben wir jetzt ziemliche Probleme. Es gilt als nahezu unmöglich an Mr. Big oder seine engeren Vertrauten heranzukommen.“ Nick blickte hoch zu Chief Bogo und hob die Augenbraue. Dieser schnaubte nur und nickte ihm dann zu. „Zu Mr. Big zu gelangen und mit ihm zu reden ist nicht das Problem. Ihn davon zu überzeugen, dass das Tier, dem er nach seiner Familie am meisten vertraut, ihn hintergehen würde ist das Kunststück.“ „Aber genau danach sieht es aus. Koslov war von der alten Schule und hat sich an gewisse Regeln gehalten. Seine Kinder dürften welche der wenigen Tiere sein, denen er, den Traditionen gemäß, sein Wissen weitergegeben haben dürfte.“ „Dann bleibt aber noch die Frage nach dem Motiv.“ „Rache. Das ist ein Klassiker. Und leider auch heute noch die Triebfeder vieler Verbrechen.“ „Danke für Ihre Hilfe Captain.“ Damit führte Chief Bogo sie hinaus und zurück in den Besprechungsraum. Dort wandte er sich an seine beiden Untergebenen. „Was halten Sie davon?“ Fangmeyer ergriff als erstes das Wort. „Das macht keinen Sinn. Wenn diese Tiere für Mr. Big gearbeitet haben, warum sollte er sie dann mit diesen Bomben töten? Da er ihn ständig auf seinen Pfoten trägt könnte er ihn ohne Weiteres jederzeit töten.“ „Oh, das macht durchaus Sinn. Wie sagte Captain Nimh? ‚… in wenigen Tagen ist es sogar der Jahrestag…‘ Wenn er aus irgendeinem Grund genau diesen Tag für seine Rache gewählt hat, dann muss er bis dahin die treue rechte Pfote bleiben. Was wäre, wenn Savage und sein Team das herausgefunden haben? In dem Fall kann er aber unmöglich allein gehandelt haben. Dafür war zu viel in zu kurzer Zeit zu erledigen. Und Mitwisser sind in diesen Kreisen schlimmer als ein Damoklesschwert, da es kaum ein schlimmeres Verbrechen als Verrat gibt und sie sich nicht an die Regeln halten müssen, wenn sie Informationen wollen… Da bringt es nichts einen Anwalt zu verlangen und auf sein Recht zu schweigen zu bestehen.“ „Wir müssen der Sache dennoch auf den Grund gehen. Wilde, geben Sie Mr. Big Bescheid, dass ich mit ihm sprechen will. Auf neutralem Gebiet, keine Waffen und keine Verkabelung. Sie begleiten mich und Koslov soll ihn begleiten. Sollte sich herausstellen, dass er involviert ist, so wird Mr. Big nicht direkt agieren können. Sollte er jedoch nicht involviert sein, so bleibt dieses Wissen unter uns.“ Nick griff direkt zu seinem Handy und ging in den hinteren Teil des Raumes, während Chief Bogo sich an Liz wendete. „Fangmeyer, Sie gehen ins Archiv und suchen die Akte des Falls Pawel Koslov heraus.“ „Verstanden.“ „Da der Fall mehr als zwanzig Jahre zurückliegt, dürfte es noch nicht im System sein.“ Liz verzog die Schnauze… ‚Nicht im System‘ hieß, dass sie die Kartons mit den Akten Karton für Karton durchsuchen durfte und hoffen musste, dass sie auch tatsächlich korrekt abgelegt wurde. Nick kam mit seinem Handy am Ohr hervor und wandte sich an Chief Bogo. „Chief?“ „Ja, Wilde?“ „Mr. Big kann uns in seinen Terminplan einschieben, dies allerdings nur, weil er weiß, dass es wichtig ist, aber es muss sofort sein. Sonst hätte er erst wieder in etwa zwei Tagen Zeit.“ „Gut. Wo?“ „Peakstreet-Park. Nordseite. Nahe des Zugangs zur U-Bahn-Station.“ „Einverstanden. Wir machen uns direkt auf den Weg.“ Die Fahrt zum vereinbarten Treffpunkt verlief ruhig, wo Chief Bogo jedoch im Geiste die möglichen Ausgänge dieses Treffens durchging, dachte Nick eher darüber nach wieso er das Gefühl einfach nicht loswurde ein wichtiges Detail übersehen zu haben. Nach ihrer Ankunft ließen sie ihre Waffen und Funkgeräte im Wagen und betraten den Park. Nach wenigen Metern war bereits die erste Bank mit der massiven Gestalt Koslovs und der deutlich kleineren Form von Mr. Big in seinen Pfoten zu sehen. In etwa zwei Metern Abstand streckte Nick seinen Arm aus um den Büffel an seiner Seite zu stoppen. Bevor irgendwelche Worte gewechselt werden, musste der Kodex befolgt werden. Nick trat einen Schritt vor und drehte sich langsam mit ausgestreckten Armen. Danach trat er einen Schritt zur Seite. Chief Bogo wiederholte die Geste bevor Koslov sich erhob, Mr. Big auf der Bank absetzte und sein Jackett öffnete, wobei die leeren Halfter zum Vorschein kamen. Selbst Mr. Big öffnete sein Jackett und drehte sich danach mit ausgestreckten Armen. „Ich bin froh, dass ihnen der Kodex geläufig ist Chief Bogo. Es ist eine Schande, dass der Jugend von heute derartige Respektbekundungen oftmals fremd sind.“ „So ist es. Die Meisten verwechseln leider für gewöhnlich Respekt mit Angst.“ „In der Tat. Nicholas sagte, dass es um eine dringende Angelegenheit geht, die keinen Aufschub dulde?“ Bogo nickte Nick zu und trat neben Koslov, welcher immernoch neben der Bank stand. Während Nick das Wort an Mr. Big richtete. „Ich muss Sie zunächst fragen, wer eingeweiht ist in die Informationen, welche Sie Judy haben zukommen lassen.“ Dabei deutete Nick unauffällig in Richtung des Eisbären. „Nicholas, wenn du wissen willst, ob Ivan eingeweiht ist, so lautet die Antwort ja.“ Auch wenn er sich wie immer unauffällig im Hintergrund gehalten hat, so wechselte sein Blick nun ständig zwischen dem Bullen an seiner Seite und dem Fuchs an der Seite von Mr. Big. „Wir haben wenige Minuten vor meinem Anruf beunruhigende Informationen erhalten, welche sowohl Sie als auch Koslov betreffen. Daher müssen wir sofort einige Fragen stellen. Wir konnten leider nicht den offiziellen Weg gehen, da im schlimmsten Falle Jemand davon erfahren könnte, der es nicht erfahren darf.“ „Welche Art von Informationen?“ „Einer unserer Experten, der die Bombenreste untersucht hat, kennt den Bombenbauer.“ „Und in wie fern könnte das ein Problem unsererseits sein Nicholas?“ Nick richtete sich zu seiner vollen Größe auf und blickte in Richtung Koslovs. „Pawel Koslov.“ „WAS?!“ Koslov riss die Augen weit auf und wollte einen Schritt nach vorne machen, wurde jedoch durch die massive Gestalt Chief Bogos gestoppt, der zugleich eine Kampfpose einnahm um bei der kleinsten Reaktion zuschlagen zu können. „Mein Vater ist vor beinahe fünfundzwanzig Jahren gestorben!“ Chief Bogo wandte sich nun an Koslov und brachte ihn so dazu sich auf ihn zu konzentrieren. „Das hat unser Experte auch gesagt. Auch hat er erwähnt, dass er von der alten Schule war und die besagte, dass er das Wissen um diese spezielle Bombe fast nur an Kinder weitergegeben werden dürfte. Darum frage ich SIE: Wem außer Ihnen würde er die Geheimnisse seiner Bomben noch anvertraut haben?“ Es dauerte nicht lange und Koslov verstand, was in den Köpfen der Polizisten vor sich gehen musste. Und ein Teil von ihm musste sich eingestehen, dass er unter diesen Umständen wohl dieselben Schlussfolgerungen gezogen hätte. Es waren unangenehme Erinnerungen, jedoch musste er sie hervorholen. „Er hätte dieses Wissen tatsächlich niemals an einen Außenstehenden weitergegeben. Nur an mich und meine Schwester. Sie war die talentiertere von uns beiden.“ „Sie haben eine Schwester?“ „Hatte. Sie starb vor fünfundzwanzig Jahren. Ivanna war bei Beatrice Big, als diese von der Bellucci-Familie entführt wurde. Einige Tage später fand man beide durch Zufall, als der Wagen, mit dem ihre Leichen entsorgt werden sollten, bei einem gewöhnlichen Überfall gestohlen wurde. Beide waren schlimm zugerichtet und Mr. Big rief eine offene Fehde aus. Im Zuge dieser Fehde bat mein Vater darum die Bombe, die diese Fehde beenden sollte selbst platzieren zu dürfen. Die Detonation der Bombe tötete zwar meinen Vater, löschte aber zugleich die Bellucci-Familie aus und Mr. Big hat sich um meine Mutter und mich gekümmert, als wären wir blutsverwandt. Ich könnte ihn niemals in dieser Form hintergehen.“ „Aber wer hatte sonst das Wissen um diese Bomben?“ Koslov fiel auf die Knie und wandte sich direkt an Mr. Big. „Sir… Ich kann keine Antwort auf diese Frage geben, aber ich schwöre Ihnen bei meinem Leben, dass ich einen derartigen Verrat niemals in Erwägung ziehen würde.“ Ein Moment der Stille senkte sich über die Gruppe, bevor Nick sich meldete. „Mein Bauchgefühl glaubt ihm. Mein Kopf sagt jedoch dass es nicht sein kann, wenn wirklich sonst niemand von den Bomben wissen kann. Also ist er entweder ein verdammt guter Lügner, oder es gibt ein Tier von dem er nicht weiß, dass es das Geheimnis kennt.“ Er ließ seine Gedanken bei den Anderen ein wenig sacken, bis er eine Idee äußerte. „Mr. Big, wir haben keine Beweise gegen Koslov, lediglich eine Theorie. Eine Theorie, die meinem Bauchgefühl nach verworfen ist. Aber es ist keine Garantie. Ist es möglich ihn auf Ihrem Anwesen sicher unterzubringen, bis wir Beweise haben die für oder gegen ihn sprechen?“ „Sir, es schmerzt, aber es wäre unklug ihrerseits mich frei herumlaufen zu lassen, solange ich nicht vollkommen entlastet bin.“ Auch wenn sie es nicht mussten, so boten sie Mr. Big an ihn zu seinem Anwesen zu fahren, wobei Koslov darauf bestand, dass Mr. Big sich während der Fahrt nicht hinten bei ihm aufhielt. So trug Nick ihn auf dem Beifahrersitz, während Chief Bogo sie fuhr. Es herrschte eine undefinierbare Stille im Wagen, sowohl während der Fahrt zum Anwesen von Mr. Big, als auch zum Revier zurück. Auf dem Weg zur Treppe sahen sie Liz bereits, als sie die Stufen vom Untergeschoss mit einem kleinen Karton in den Pfoten hochlief. Sie hielt an, als sie sowohl ihren Partner, als auch ihren Vorgesetzten sah. „Und?“ Nick deutete mit seiner Schnauze die Treppe hinauf. „Oben.“ Alle drei betraten den Besprechungsraum und Nick schloss die Tür, bevor er sich an Liz wandte. „Mein Bauchgefühl sagt mir, dass er es nicht war, auch wenn man noch nichts beweisen kann. Aber er hat Mr. Big darum gebeten ihn aufgrund der logischen Schlussfolgerungen als Sicherheitsrisiko zu betrachten und sich selbst in sein Quartier sperren lassen.“ „Also eine Sackgasse?“ „Nicht ganz. Er hat uns bestätigt, dass sein Vater sein Wissen an niemand fremden weitergeben würde, aber es gab noch eine Tochter.“ „Ivanna Koslov?“ Beide blickten die fragend Tigerin an und sie deutete mit ihrer Pfote auf den Karton auf dem Tisch. „Während meiner Suche nach der Akte von Pawel Koslov bin ich über diesen Karton gestolpert, in welchem die Ermittler mehrere Fallakten zusammengepackt haben. Weitere Namen, die nicht ganz unbekannt sind, waren darin und einige Notizzettel, in denen es um unbestätigte Gerüchte über eine Familienfehde geht.“ „Gut gemacht. Hätten Sie diese Akten nicht direkt mitgebracht, hätten Sie nochmal ins Archiv gehen dürfen.“ Liz verzog ihre Schnauze bei dem Gedanken an noch eine Suche im Archiv. Chief Bogo wandte sich ab, so dass sein Grinsen nicht allzu offensichtlich zu sehen war und öffnete die Tür. „Halten Sie mich auf dem Laufenden.“ „Natürlich Chief.“ Damit hatte der Büffel den Raum verlassen und beiden war klar was nun kommen würde: Akten studieren. Der einzige Lichtblick war der baldige Termin für Freddys Gespräch mit dem Psychologen, der ihn hoffentlich schnell wieder diensttauglich schreiben würde. Als erstes bemerkte er, dass der Schmerz erträglich war. Direkt danach, dass sich sein Kopf anfühlte, als wäre er in Watte eingepackt. Offensichtlich stand er unter Schmerzmitteln. Auch war ein Gutteil seines Körpers in Bandagen eingewickelt. Sein Bein war zudem mit einer Schiene fixiert. Ohne die Muskeln in seinen Ohren zu rühren konzentrierte er sich auf seine Umgebung, aber sein Gehör reagierte auch nur mit einer gewissen Verzögerung, so riskierte er es ein Auge einen Spalt weit zu öffnen. Er befand sich in einem Raum mit mehreren Betten. Sonnenlicht drang durch ein Fenster ein, also befand er sich nicht unterirdisch. Gut, dies würde eine eventuelle Flucht vereinfachen. Eine überdurchschnittlich breite Tür. Daneben ein breiter Schrank und ein Schreibtisch. An diesem saß eine Figur. Er musste das Auge ein wenig weiter öffnen, um sie besser sehen zu können, erkannte dann, dass es sich um eine Häsin handelte. Dunkelgraues Fell, beinahe schwarze Ohren, weißes Fell von ihrer Schnauze bis es unter ihrer Kleidung verschwand. Ihr Körper war durchtrainiert, aber nicht wie in einem Fitnessstudio, nein, eher von einem Leben voller körperlicher Arbeit. >Ob der Rest auch so ansehnlich ist?< „Oh. Sie sind wach!“ Es dauerte endlos lange Momente, bis sein Gehirn endlich verarbeitet hatte, dass die Stimme nicht zu ihr gehörte, sondern zu einer weiteren Häsin, die nun mit einem Tablett mit Essen in den Pfoten in der Tür stand. Und wieder registrierte sein Gehirn zunächst, dass diese Häsin ebenso durchtrainiert war wie die andere, wobei ihr Fell allerdings eher gold-braun war. Er hasste es, wenn seine Denkprozesse durch Drogen durcheinander gebracht wurden. Selbst wenn sie möglicherweise sogar gerechtfertigt waren. Allein, dass er die Bewegungen der beiden Häsinnen im Raum kaum verfolgen konnte, bereitete ihm Unbehagen. Das Unbehagen, was folgte war eher körperlicher Natur, da das Licht der Taschenlampe in seinen Augen durchaus als schmerzhaft zu bezeichnen war. „Reaktionen den Umständen entsprechend normal. Vielleicht noch eine Stunde, dann sollte er soweit sein. Gibst du ihnen Bescheid?“ „Klar. Bin gleich wieder da.“ Jill brauchte nicht lange, um die Küche zu erreichen, wo sie ihre Mutter erwartete. Diese fand sie erst in ihrem Büro wieder, wo sie ihrer Schwester gegenüber saß und trotz des belebenden Duftes des Tees hing eine seltsam bedrückte Stimmung im Raum. Ihre Mutter sah auf, während ihre Schwester sich noch etwas mehr abwandte. „Ja?“ „… Er ist aufgewacht… Eventuell noch eine Stunde, dann müsste er soweit sein.“ „Danke. Wir kommen dann hoch.“ Sie verließ das Büro und kehrte zu ihren Pflichten zurück. Nach wenigen Minuten richtete die ältere Häsin das Wort an ihre Tochter. „Wie fühlst du dich Liebes?“ Statt zu antworten stand sie auf und umarmte ihre Mutter. „… Schon viel besser… Danke.“ „Jederzeit.“ Der Schleier um seinen Verstand löste sich immer weiter und mittlerweile kannte er auch die Namen seiner beiden Pflegerinnen. Auch waren die Erinnerungen an den vergangenen Tag zurückgekehrt und das ungute Gefühl bereits zu ahnen, was geschehen war… Was ihm jedoch am wichtigsten war, war die Rückkehr seiner hart erarbeiteten mentalen Disziplin. Die beiden Häsinnen waren durchaus attraktiv, so hatte er umgehend begonnen mit ihnen zu flirten. Und wenn er sich erlaubte wie früher nach seinen Instinkten zu handeln, endete es üblicherweise in ziemlichen Problemen. Dies war im Moment überstanden, aber ein potenzieller Schaden war bereits angerichtet, da zumindest jene mit dem gold-braunen Fell, Jeri, nicht abgeneigt zu sein schien. Die Tür öffnete sich und 2 Häsinnen kamen hinein. „Jeri, Jill. Lasst uns allein.“ Beide sahen sich an und nickten, bevor sie das Zimmer verließen und die Tür hinter sich schlossen. Jack blickte hinüber und erkannte die jüngere der beiden. Auch wenn viele Spezies ein Problem damit haben einzelne Hasen auseinanderzuhalten, so war es für ihn natürlich kein Hindernis. War sie doch eine Häsin, welche weit über die Grenzen Bunnyburrows hinaus bekannt war und nach den Ereignissen zur Legalisierung der ISE war die Augenklappe auch für andere Spezies ein bekanntes Markenzeichen, selbst wenn sie nicht ihre Uniform trug: Judy Wilde. Das Zimmer, in welchem er sich befand, konnte er bereits als ein Krankenzimmer eines Familien-Baus identifizieren. Wenn es sich hierbei um den Bau der Familie Hopps handeln sollte, so war die Identität der älteren Häsin an ihrer Seite nur zu offensichtlich. „Mrs. Hopps, Mrs. Wilde.“ „Mr. Savage.“ Judy und ihre Mutter nahmen auf dem Bett neben dem seinen Platz und ein Notizblock samt Stift waren in Judys Pfoten. „Bevor wir beginnen hätte ich eine Frage: Vor dem Zugunglück habe ich den Kontakt zu meinen Tieren verloren…“ Judy hatte sich vor wenigen Minuten noch von Nick auf den aktuellen Stand bringen lassen. „Es gab drei Explosionen… Die Rettungskräfte konnten nurnoch Leichen bergen. Es tut mir leid.“ Jack erlaubte sich einen Moment, in welchem er sich mit seiner nicht bandagierten Pfote über seine Schnauze fuhr und tief durchatmete. „Es waren gute Tiere. Ich habe Jahre mit ihnen gearbeitet. Sie waren sehr zuverlässig und vertrauenswürdig… Und sie war…“ Er musste an die vergangenen Jahre denken und insbesondere an das schneeweiße und weiche Fell seiner Stellvertreterin… Wie sie die vergangenen Jahre besonders im Winter auf ihn gezählt hat… „Auch wenn es schmerzt, so brauche ich jetzt ihre Mithilfe. Wir vermuten, dass die Bombenleger gezwungen waren zu handeln, weil Sie ihnen auf die Schliche gekommen waren. Gab es Tiere, hinter denen Sie her waren?“ „Mr. Big sagte, Sie seien vertrauenswürdig. Bezieht sich ihre Verschwiegenheit auch auf die… zweifelhaften… Aktionen meiner Tiere?“ „Sie verdienten es nicht zu sterben, sie hatten noch ihr ganzes Leben vor sich. Ich will die Verantwortlichen ihrer gerechten Strafe zukommen lassen. Wenn Sie wissen wollen, ob ich einen Fall von unbefugtem Betreten oder etwas in der Art ignorieren kann, den Sie versehentlich erwähnen, dann lautet die Antwort ja.“ „… Gut. Eine Reihe von Drogenlaboren sind in den vergangenen Tagen aus dem Boden geschossen wie Unkraut…“ „Mondstaub.“ „Genau. Beim Labor im alten Smantha´s bekam ich auch den Vorarbeiter zu sehen: ein Wildschwein. Sie haben die Drogen in diesem Labor in Kinderspielzeug versteckt. Die Maßnahmen erfolgten weniger als eine Stunde später. Glauben Sie mir: Kein PR-süchtiger Politiker kann mehr gegen Drogen sein als Mr. Big. Der Schmuggel der Droge ist extrem kostspielig und riskant, darum gab es bisher nur geringe Mengen auf den Straßen, wenn die jedoch auch nur ein Labor erfolgreich etablieren können, wird es schwierig es wieder loszuwerden.“ „Wie kam es, dass Sie sich im Zug nach Bunnyburrow befanden. Meine Stellvertreterin hatte einen Tipp bekommen, dass eine Ladung beim Bahnhof von Bunnyburrow versteckt sein soll und in Kürze nach Zootopia gebracht werden sollte. Eine der Vorgaben, bevor Mr. Big in Aktion tritt war, dass ich die Ware mit meinen eigenen Augen sehen musste. Darum habe ich den nächsten Zug genommen.“ „Warum diese Kontrolle? Könnte er nicht einfach seine Tiere losschicken?“ Jack atmete tief durch, bevor er weitersprach. „Das letzte Mal, als sich ein Drogensyndikat versucht hat in Zootopia niederzulassen, gab es viele Opfer. Selbst in der Familie Big. Das ist etwas, was sich keiner ein weiteres Mal wünscht. Darum arbeiten ich und meine Teams auch außerhalb von Mr. Bigs Syndikat.“ „Haben Sie irgendwelche Theorien, wer hinter den Drogen stecken könnte?“ „Nur eine Pfote voller Indizien. Die Labore waren gut ausgestattet. Nicht einfaches Straßenmaterial, aber die Ausrüstung hatte keine Seriennummern. Also müsste das Tier hinter allem recht wohlhabend sein. Nachtheuler ist nicht mehr leicht zu bekommen, aber dennoch gab es reichlich, also verfügt es über das Wissen welche zu organisieren oder es gab einen Vorrat, der sich bereits in der Stadt befunden hat. Das Wissen um die genaue Formel von Sternenstaub ist etwas, was man wohl nicht in einem Hinterhoflabor entwickelt hat. Entweder ist die Aktion bereits sehr lange geplant oder Jemand hat verdammt viel Geld investiert.“ Judy machte sich unentwegt Notizen und begann bereits Szenarien im Kopf zu entwickeln, jedoch war keines davon plausibel genug für das Gesamtbild... „Eine andere Frage: Wir kennen den Entwickler der Bomben, die…“ „Wer?“ „Pawel Koslov.“ Judy konnte geradezu hören, wie sich der Hase vor ihr den Kopf über dieses Detail zerbrach. „Das macht keinen Sinn. Pawel ist vor vielen Jahren gestorben und Ivan ist Mr. Big bis in den Tod ergeben.“ „Soweit sind wir auch schon. Wir haben ihn darauf angesprochen, aber er hat uns ebenfalls versichert, dass sein Vater das Wissen nur an seine beiden Kinder weitergegeben hat. Und seine Tochter ist tot. Woher hat der Bombenleger also die Bomben? Irgendwelche Ideen?“ „Leider nicht. Und selbst wenn wir in Betracht ziehen würden, dass Ivan Koslov Mr. Big verraten würde, so würde er niemals auch nur in Erwägung ziehen etwas mit Drogen anzufangen, da er diese mitverantwortlich für den Tod seiner Schwester gemacht hat.“ „Fällt Ihnen sonst noch irgendetwas ein, was uns helfen könnte die Täter zu erwischen.“ „Ich fürchte momentan nicht.“ Judy seufzte, bevor sie sich erhob und ihre Mutter folgte ihr auf den Gang hinaus. „Solange wir noch keine neuen Anhaltspunkte haben, sind wir hier wohl fertig. Ich werde Nick Bescheid geben und ihn auf den neuesten Stand bringen. Du kannst ruhig gehen.“ Ihre Mutter blickte sie einen Moment an bevor sie sich mit der Pfote über das Kinn strich. „Ich werde das Gefühl nicht los, dass du ihm danach noch weitere Fragen stellen willst.“ „Hm… Da gibt es etwas, das ich ihn noch fragen will, es hat aber nichts direkt mit dem Fall zu tun.“ „OK.“ Damit wandte sich ihre Mutter ab und Judy holte ihr Handy hervor. Seine Gedanken rasten. Manche angenehm, andere unangenehm. Er hatte dies bereits in Betracht gezogen, ansonsten wäre er wohl an Ort und Stelle zusammengebrochen, aber dennoch schmerzte es. Nach einer gefühlten Ewigkeit öffnete sich die Tür wieder und Judy trat wieder ein. Jack schloss die Augen und atmete mehrmals tief durch. Als er sie wieder öffnete, saß Judy wieder auf dem Nachbarbett. „Unter den Opfern befand sich keine Häsin.“ „Ich weiß.“ „Aber eines der Tiere hatte einen besonderen Platz. Habe ich recht?“ Wider Erwarten stahl sich ein kleines Lächeln auf seine Schnauze. „Ich kann mir vorstellen, dass Sie eines der letzten Tiere sind, die damit ein Problem haben dürften.“ „Dieses Gespräch ist rein privat. Judy reicht.“ „Jack.“ „Gut. Also, wie habt ihr euch kennen gelernt?“ „Ich hatte gerade den Auftrag von Mr. Big bekommen einen Räuber aufzuspüren, der unnötig Brutal war und es wagte bei einem Überfall zwei wehrlose Kinder schwer zu verletzen. Er war natürlich kein Angehöriger des Big-Syndikats. Er war gut, so holte ich mir Hilfe. Sie lebte auf der Straße und hat sich recht erfolgreich von Tag zu Tag geschwindelt. Ihre Dienste haben mich ein nettes Sümmchen gekostet, aber der Auftrag war wichtiger. Wir fanden ihn und Mr. Big hat sich um ihn gekümmert. Später habe ich ihre Dienste noch weitere Male in Anspruch genommen und Mr. Big war mit unserer Arbeit so zufrieden, dass er sie ebenfalls in seine Dienste nahm. So wurde sie erst meine Partnerin und später, als das Team anwuchs, meine rechte Pfote.“ Jack trank einen Schluck Wasser vom Tisch neben dem Bett und sprach dann weiter. „Nach drei Jahren, es war im Winter, traf ich sie zufällig in einer Bar, als sich ein Kerl nicht mit einem ‚Nein‘ zufrieden geben wollte. Ich… ging ihr zur Pfote und brachte sie nach Hause. Dort angekommen legte sie ich auf ihrem Sofa nieder, aber sie ließ mich nicht los. Sie flüsterte mir ins Ohr, dass es ihre Zeit war und ihre Zähne fuhren über meine Ohren…“ „Und?“ „Eines führte zum Anderen und… Nun ja… Das war die beste Nacht meines Lebens. Am nächsten Morgen geriet sie in Panik, als ihr klar wurde, was sie getan hatte. Ihr waren die Traditionen sehr wichtig und ein One-Night-Stand gehörte definitiv nicht dazu. Im darauffolgenden Jahr kam sie direkt zu mir und hat mich nahezu angebettelt ihrem Körper zu geben, wonach er verlangte. Es war eine sehr… kraftraubende Woche…“ Judy musste dabei Lächeln, kannte sie dies doch nur zu gut von Nick, wenn es seine Zeit ist. „Später gestand sie mir, dass sie eigentlich immernoch entsetzt war, sich mit mir eingelassen zu haben, aber es war ihr lieber sich mit jemandem zu paaren, dem sie vertraute und mit dem es bereits geschehen war, als das Risiko mit einem Fremden einzugehen. Nochmal zwei Jahre später war sie sogar dermaßen betrunken, dass sie mir vorschlug, wir beide sollen mit unserer Arbeit für Mr. Big aufhören, wenn es mir gelänge sie zu schwängern. Ein seltsamer Gedanke, aber es gab keinen Grund ihr diese Bitte zu verweigern… Auch wenn wir uns nicht in einer Beziehung befanden.“ Jack blickte Judy direkt ins Auge. „Ich glaube ich muss dir das nicht erklären.“ „Leider nicht.“ „Eigentlich hatten wir vor uns bereits in eines von Mr. Bigs Ferienhäuser an der Küste zurück zu ziehen. Er erlaubt die Häuser zu nutzen, wenn man eine kurze Auszeit braucht.“ Jack musste mehrmals blinzeln um die Feuchtigkeit zu vertreiben. „Wären diese Drogenlabore nicht aufgetaucht… Wir wären garnicht mehr in der Stadt gewesen.“ „Etwas in der Art kann ich auch von uns sagen...“ „Dachte ich mir.“ Nach einer Weile unbedeutenden Small Talks kamen Jeri und Jill zurück. „Wir dachten ihr wäret durch mit der Befragung?“ „Sind wir auch. Nur belanglose Unterhaltung um ihm ein wenig Gesellschaft zu leisten. Und wer weiß. Vielleicht stolpern wir ja noch über ein Detail, was vorher völlig übersehen wurde.“ „Aha…“ Die Schwestern gingen ihren üblichen Aufgaben nach, während Judy und Jack sich weiter unterhielten. Auch wenn sie im Fernsehen immer die interessantesten Jobs hatten, so sah die Arbeit eines Forensikers reichlich unappetitliche Teile des Lebens. Über Erbrochenes bis hin zu eingenässter Kleidung war Alles vertreten, was man im Fernsehen nicht unbedingt sehen wollte. Auch seine momentane Aufgabe war ebenfalls nichts heroisches, aber zumindest war das Sortieren der Kleidung von den Tatorten lediglich eine verhältnismäßig kleine Unannehmlichkeit aufgrund des stechenden Rauchgestanks in der Kleidung. Aber Beweismittel zu sortieren gehörte halt zum Job. Damon Snow hob eine Hose zu seiner Nase und schnüffelte kurz daran. Dabei verzog er kurz die Schnauze. „Das gehört zum Dachs.“ Sein Kollege packte die Hose daraufhin auf ein Ende des Tisches, an dem ein kleines Schild mit dem Wort ‚Mossstreet‘ hing. Darauf waren drei Schilder: ‚Dachs, männlich‘ ‚Wolf, männlich‘ ‚Wolf, weiblich‘ Damon packte sich weitere Stücke. „Wölfin. Wölfin. Wölfin. Wolf. Dachs. Wolf. Dachs. Wölfin. … … … Jonny?“ „Ja?“ „Riech mal daran.“ Er hielt den Rock seinem Kollegen, einem weiteren Husky, hin und dieser schnüffelte daran. Dessen Augen weiteten sich, als er den Geruch verarbeitet hatte und blickte erst auf den Tisch mit den drei Haufen Kleidung und wieder zurück zu seinem Kollegen. „Ich gebe Nick Bescheid.“ Es war mittlerweile später Nachmittag, als Judys Handy klingelte. „Hey Slick, wie geht´s?“ Judys Ausdruck wurde ernst. „Sicher?“ Ihr Blick ging zu Jack. „Ja, ich bin bei ihm.“ Sie drückte eine Taste und hielt das Gerät zwischen sich und den Hasen an ihrer Seite. „So. Du bist auf Lautsprecher.“ „Savage, ich muss wissen, was für Tiere genau sich in Ihren Diensten befunden haben.“ Jack wirkte verwirrt fing sich aber schnell. „In der Heatstreet hatte ich ein weibliches Kamel, weibliches Nilpferd, Pandarin und Tigerin. In der Elmstreet waren es zwei männliche Mäuse, ein weibliches Schaf und eine Löwin. Und in der Mossstreet hatte ich einen Dachs, zwei Wölfe, Bruder und Schwester und eine Füchsin.“ Es wurde still in der Leitung und auch Judy starrte ihn mit aufgerissenen Augen an. „… Was?“ „Wir haben nur elf Leichen geborgen. Und es war keine Füchsin darunter.“ Diese Neuigkeit öffnete die Tore zu völlig neuen Möglichkeiten und Vermutungen. Sowohl erfreulich, als auch beunruhigend… „Wir haben eine neue Spur!“ Judy blickte wieder zu Jack und dieser wirkte ungewöhnlich starr. Ein Gedanke formte sich und sie wandte sich an Nick. „Ich muss was überprüfen. Ich melde mich gleich wieder.“ Damit drückte sie eine Taste und beendete das Gespräch, bevor Nick etwas erwidern konnte. All die Details, die er erwähnt hatte… Das Gefühl, dass er ihr ähnlicher war, als sie es verstanden hatte… All die Parallelen… „Die Frau… War sie es?“ Er blickte einfach einen Moment ins Leere, bevor er nickte. „Ich habe nie Probleme damit gehabt die Fakten zu akzeptieren, aber jetzt… will ich das Offensichtliche nicht akzeptieren…“ Judy kannte dieses Gefühl. Bis zum heutigen Tag sprang ihr bei dem Wort ‚Fehler‘ direkt ihr Desaster von Pressekonferenz in den Sinn… Dort war auch alles so ‚Offensichtlich‘. Auch wenn sie sich eingestehen musste, dass in den meisten Fällen das Offensichtliche genau das war wonach es aussah. Sie legte ihm die Pfote auf die Schulter. „Offensichtlich heißt noch lange nicht bewiesen. Wir werden sie finden, verhören und sehen, was sich ergibt. Jetzt brauchen wir Name, genaue Beschreibung und Anschrift.“ Erneut dauerte es einen Moment, bevor er seufzte und ihr antworten konnte. „Skye Winters, arktische Füchsin. Von den Ohren bis zu den Pfoten schneeweißes Fell und mit eisblauen Augen…“ „Moment.“ Judy rief Nick zurück und hielt nach den bisherigen Infos ihr Handy wieder zwischen sich bevor Jack fortfuhr mit diversen Orten, an denen sie zu finden sein konnte. „Hm… Ich glaube ich kenne sie von früher… Ist sie zufällig auch eine begabte Mechanikerin?“ „Ja, das ist sie.“ Judy bereute es geradezu, aber sie musste die Frage stellen. „Ist sie fähig eine… Bombe zu bauen?“ „… Definitiv. Sie hat bereits mehrmals kleinere Sprengsätze zur Ablenkung gebaut. Kein Schaden, nur viel Lärm und Rauch.“ „Moment…“ Judys Augen gingen rasch von einer Seite zur anderen, während sie hektisch ihrer Gedanken nach etwas durchforstete, das wichtig war. Ihr war nur noch nicht ganz klar, was es war. Sie zuckte zusammen und ihre Ohren richteten sich steil auf, als ihr plötzlich ein Detail bewusst wurde, dass sie zuvor nicht weiter beachtet hatte. „… Wer wusste, dass du in diesem Zug sein würdest?“ „Niemand. Ich hatte keine Zeit mit irgendwem zu sprechen, nachdem ich…“ Jack zuckte zusammen, als ihm klar wurde, worauf Judy hinaus wollte. „… Oh nein…“ Kapitel 5: Die Suche -------------------- Nick musste grinsen, als er daran dachte, wie viele zwielichtige Geschäfte er in solch einem Paradebeispiel für eine Gangsterspelunke aus den 30er Jahren abgeschlossen hatte. Zigarrenqualm hing in der Luft und sorgte für einen Schleier aus Nebel, der ausreichte um Details der Anwesenden Tiere zu verschleiern, aber genug erkennen ließ, dass man seine Kontaktleute dennoch erkennen konnte. Heute war er allerding in anderer Mission hier. Hinter der Bar stand ein ergrauter Grizzlybär, der schon beim Bau dieses Lokals hinter dem Tresen stand und wohl auch das Ende selbiger überstehen dürfte. Dieser blickte auf den Fuchs in zivil vor sich hinab. „Hey Jimmy, wie läuft das Geschäft?“ „Nick Wilde… Ist einige Jahre her, dass du dich das letzte Mal hast blicken lassen…“ „Viel um die Ohren. Du kennst sowas ja.“ „Nun ja. Wenn man ein Cop wird, lässt man sich an gewissen Orten üblicherweise nur ungern blicken. Aber ich habe da was läuten hören…“ „Hm. Wenn es darum geht, dass die Vergangenheit in der Vergangenheit bleibt, dann hast du recht. Und ich stehe auch dazu.“ „Na dann… Was soll´s sein?“ „Ich suche Jemanden.“ Der Grizzly hob seine Augenbraue und blickte Nick skeptisch an. „Keine Sorge. Es geht nicht um deinen Schwarzgebrannten und auch nicht um dein kleines schwarzes Büchlein mit den illegalen Wetten. Ich suche diese Frau.“ Nick legte ihm das Bild einer arktischen Füchsin auf den Tresen. „Dienstlich oder privat?“ „Beides. Sowohl mein Chef, als auch das Oberhaupt einer bestimmten, bekannten Familie möchten sich mit ihr unterhalten… Nur bedauerlicherweise scheint sie vom Erdboden verschwunden zu sein. Hat sie sich eventuell kürzlich mal blicken lassen?“ Jimmy war sich nicht sicher, wie er die Situation bewerten sollte. Mr. Big hatte durch seine Leute tatsächlich verbreiten lassen, dass Nick Wilde sein bisheriges Leben und auch das Wissen dazu, hinter sich gelassen hat. Aber wenn er für Mr. Big jemanden suchte, so passte das nicht so ganz dazu. „Wie kommt es, dass du von beiden Seiten nach ihr suchst?“ „Nun, wir wurden gebeten in einer Angelegenheit zu ermitteln und sie ist eine vielversprechende Zeugin.“ „Dir ist schon klar, dass ich es nicht… mag… wenn ich angeschwindelt werde?“ „Natürlich. Ich gehe davon aus, dass du alles, was ich gesagt habe von deinen Freunden in der Gegend überprüfen wirst, sobald ich die Tür raus bin. Wenn sich etwas bezüglich dieser Dame entwickeln sollte… hier ist meine Karte.“ Damit packte er noch seine Visitenkarte zum Bild und verließ die Bar mit einer Pfote in der Tasche. Draußen angekommen ging er direkt zu einem unscheinbaren Wagen und stieg ein. Im Wagen saßen zwei weitere Figuren. Liz saß am Steuer und auf der Rückbank hatte es sich Freddy gemütlich gemacht, der froh war über den Ausgang seines Gesprächs mit dem Psychologen am Vortag. „Und?“ „Er hat noch nichts über sie gesagt.“ Nick nahm sich eine Liste mit Adressen und hakte die unterste ab. „Er wird sich über mich informieren und dann erst nach ihr suchen lassen.“ „Wir haben jetzt alle Orte abgeklappert, an denen sie sich üblicherweise aufhält. Uns gehen die Verstecke aus.“ „Kennt ihr dieses Gefühl, wenn ihr wisst, dass ihr etwas direkt vor der Nase habt, es aber nicht erkenns?“ „Ja. Aber es ist ja nicht so, dass wir im Trüben fischen. Wir wissen jetzt, nach wem wir suchen.“ Nick riss die Augen auf und schlug sich mit der Pfote gegen die Stirn. „Liz, wir müssen zurück ins Revier.“ Sie startete den Motor und fuhr los. „Was ist dir eingefallen?“ „Du hast es gerade selbst gesagt: ‚Wir wissen jetzt, nach wem wir suchen.‘ Wir müssen uns nochmal die Aufnahmen der Verkehrskameras des Morgens anschauen.“ Es würde nicht mehr lange dauern bis es dunkel werden würde, aber für die drei Tiere in einem der Räume im Untergeschoss des Reviers war dies ohne Bedeutung, da der Raum keine Fenster hatte, dafür war er voller Monitore und diese zeigten Bilder von einer Straße im Regenwald-Distrikt, welche nur wenige Tage zuvor von einer Explosion erschüttert wurde. „Hier.“ Nick lehnte sich zurück und atmete das Aroma des starken Kaffees ein, bevor er die aufgefüllte Tasse entgegen nahm. „Danke Liz.“ „Wo sind wir mittlerweile?“ „Bereits beim Morgen des Tages vor der Explosion. Bis jetzt nichts Besonderes. Drei Pizzalieferungen, je einmal Chinesisch und Indisch. Zwei Anhänger dieser Weltuntergangssekte, die zurzeit so in Mode ist. Sie haben sogar, wie so viele Andere auch, ihren Teppich zur Frühjahrsreinigung austauschen lassen… Die Firma wird sich über die Kaution freuen.“ Nick konnte sich nicht zurückhalten und musste die amüsanteste Entdeckung verkünden. „Oh, und was wir nicht vergessen dürfen: Ganze acht Tiere haben sich an der Häuserecke erleichtert. Ich tippe mal, dass sie aus der Bar nebenan stammen. Sie sollten eine Gebühr dafür verlangen.“ Nick und Freddy lachten, währen Liz nur die Schnauze verzog. Nachdem sie sich beruhigt hatten fuhr Freddy fort. „Eine Pfote voll Briefe und Werbung, nichts wo eine Bombe drin sein konnte. Aber nicht das Geringste von unserer Verdächtigen. Es ist fast, als wäre sie gar nicht dort gewesen…“ „Ich bin gleich wieder da.“ Damit sprang Nick auf und ließ sowohl Freddy als auch Liz hinter sich im Raum zurück, während sie ihm nur verwirrt hinterher blicken konnten. Kurze Zeit später kam er mit der Akte der Explosion in der Mossstreet zurück und entnahm einige Bestandslisten und einen Grundriss des Gebäudes. Diesen legte er auf den Tisch. Beide schauten darauf, wussten aber nicht was Nick suchte. Nick begann die Akte durchzugehen und fing an Notizen auf dem Plan zu machen. Bei den Schlafräumen trug er ein, welches Tier welches Zimmer hatte und ging wieder an die Tastatur. Dort wechselte er mehrmals die Kamera, während er immer wieder auf den Plan sah. „Wenn ich richtig liege, dann…“ Nick stoppte, als er von einer der Kameras einer Nebenstraße aus eine schmale Gasse erkennen konnte. Dann ließ er die Aufnahme in Zeitraffer laufen. Nach wenigen Minuten stoppte er das Band und eine schlanke Figur huschte in diese Gasse. „Alte Gewohnheiten sind schwer abzulegen…“ „Woher wusstest du, wo du suchen musstest?“ „Sie hatte das einzige Zimmer dessen Fenster auf eine schöne Ziegelwand zeigte. Das war auch einst meine favorisierte Art meinen… Unterschlupf zu betreten. Niemand beachtet ein Tier, das in eine Gasse geht, so kam auch niemand darauf, wo man die Nacht verbringt.“ „Warum solltest du sowas verbergen wollen?“ „Nun ja, neben dem offensichtlichen Anlass, dass niemand wissen sollte, wo ich wohne für den Fall, dass ich mit den falschen Tieren in ‚Missverständnisse‘ gerate, gab es noch den klassischen Hass. So mancher Fuchs hat feststellen müssen, dass seine Wohnung durch einen ‚bedauerlichen Unfall‘ in Brand geraten ist und sie sich doch besser einen anderen Ort suchen sollten… Es gab sogar ‚Unfälle‘ bei denen sie noch in ihrer Wohnung waren…“ Liz und Freddy fühlten sich schuldig, da sie früher durchaus von dieser Art ‚Unfall‘ gehört hatten, aber bevor sie Nick kennen gelernt hatten, dachte sie wie so viele Andere auch und machten sich keine Gedanken darum, dass die Füchse die wahren Opfer waren. „Es tut mir leid.“ „Mir auch. Kaum zu glauben wie schrecklich wir eigentlich einst waren ohne es zu merken…“ „So war es halt… ist es mancherorts sogar immer noch. Aber es wird besser. Revier 1 nimmt sowas nicht mehr als selbstverständlich hin. Und in den anderen Revieren wird auch besser… Und alles nur dank einer viel zu idealistischen Häsin, die einen Fuchs bekehrt hat…“ Bei seinen letzten Worten bildete sich ein verträumtes Lächeln auf seiner Schnauze und sein Blick wanderte zu dem Ring an seiner Pfote. Auch seine beiden Kollegen mussten bei dem Gedanken lächeln. „Wisst ihr was? Ihr solltet euch langsam auf den Weg machen. Eure Familien wollen schließlich auch noch etwas von euch haben.“ „Und was wirst du machen?“ „Ich werde mir noch ein paar der Überwachungsbänder anschauen und mich dann auch zurückziehen.“ „Wirst du das auch HEUTE noch machen?“ Liz blickte fragend zu Freddy hinüber. „So wie ich ihn kenne wird er die Nacht durchmachen und wenn wir Glück haben wird er sich morgen früh noch eine Stunde dösen erlauben.“ „Ach komm schon Freddy. Du kennst die Alternative.“ „Oh ja. nur ist für gewöhnlich eine gewisse Häsin für deinen Schlafmangel verantwortlich. Und ich rede von der angenehmen Art und Weise.“ Nick blickte Freddy an und dieser begann zu grinsen. „Wie wäre es denn, wenn Jemand versuchen würde dich von ihr fernzuhalten?“ „Das Lagerhaus damals wäre eine jugendfreie Kindershow im Vergleich zu diesem Tier. Ich würde Judy die Kleider vom Leib reißen und dann…“ Ein Beben ging durch den Fuchs und die beiden anderen mussten sich anstrengen die Schnauze nicht zu verziehen, als ihnen die Pheromone in die Nase stiegen. „Freddy. Ich hasse dich.“ „Ich weiß.“ Damit stand Freddy auf, klopfte seinem Partner auf die Schulter und führte Liz aus dem Raum. „Das war ziemlich gemein.“ „Ich kann dir versichern: Ich habe das nicht in böser Absicht gemacht. So wird er Schwierigkeiten haben sich zu konzentrieren und wird sich vielleicht tatsächlich hinlegen…“ Der Wolf an ihrer Seite schwieg einen Moment und versuchte ein Grinsen zu unterdrücken. „OK, OK… Eine nette Zugabe ist, dass ich ihn zu keiner anderen Zeit dermaßen aufwühlen kann. Und er hält sich auch nie zurück, wenn es bei mir soweit ist…“ Liz schwieg lieber zu dem Thema… War es bei ihnen doch genau so, als sie noch Partner waren. Freddys Plan ging auf und Nick ging recht früh zurück zum ‚Zimmer‘. Aber so sehr er sich auch bemühte, er schaffte es nicht einmal zu Dösen. Der Morgen würde bald dämmern und ihm war klar, dass Judy bereits wach sein würde. Ein schwacher Trost war besser als garkeiner, so wagte er es Judy anzurufen, um sie zumindest sehen und ihre Stimme hören zu können. „Hey Nick, wie geht es dir?“ „Schlimm. Ich kann nicht schlafen, wenn du nicht bei mir bist, ich kann fast nurnoch daran denken, was ich mit dir machen will, wenn du wieder bei mir bist und Freddy war so gemein und hat mir noch unter die Nase gerieben, dass du nicht da bist.“ „Das hast du das eine Jahr, wo Lea sich um ihre Mutter kümmern musste auch getan.“ „Ja, aber sie war keine 350 Kilometer entfernt.“ Judy musste ihm zwar zustimmen, konnte sich ein kleines Kichern dennoch nicht verkneifen, bevor ihre Schnauze Besorgnis zeigte. „Nick… Es gibt da ein paar Dinge, das ich dir noch nicht gesagt habe…“ „Judy?“ „Als Trudy ihren Wurf zur Welt brachte… Ich… ich war bei ihr als die Wehen einsetzten…“ Nick konnte sehen, wie sich Tränen in ihren Augen sammelten. „… Ich brachte sie hoch… Mom, Jeri und Jill kamen dazu… Ich habe bei der Geburt selbst geholfen…“ Das brennende Verlangen der letzten Tage verschwand schlagartig, aber dies hätte er dem Schmerz den seine Frau fühlte vorgezogen. „Mom hat sie zur Welt gebracht und ich habe jedes einzelne an Trudy weitergereicht… Ihre Wärme gespürt… Ihren Duft gerochen… Diese Sehnsucht war noch nie so stark gewesen…“ „Judy…“ „Als dann auch noch James zu ihr ins Nest stieg… Es war zu viel. Ich lief fort und brach zusammen.“ Nick musste blinzeln, dennoch trübten seine eigenen Tränen seinen Blick. „Mom fand mich und ich… habe es ihr gesagt…“ „Hast du dich dadurch besser gefühlt?“ „Ein wenig… Aber ich habe ständig daran denken müssen… Was hätte sein können…“ Es war schmerzhaft, aber dennoch sprang ihm die Vorstellung einer eigenen Familie mit Judy in den Sinn. „Ich musste letzte Nacht sogar daran denken, wie sowas bei Jack und Skye Winters hätte aussehen können.“ „Was meinst du?“ „Als er mir von ihnen erzählt hat. Die erste Nacht und wie sie entsetzt war, dass sie Sex mit Jemandem hatte, der nicht ihr Gefährte war.“ Nick wurde hellhörig, denn das war ein Detail, das bisher nicht zur Sprache kam. „Moment… Sie war entsetzt?“ „Ja. Ihr waren die Traditionen sehr wichtig. Aber da hatte sie wohl einen Aussetzer. Wahrscheinlich wegen dem Alkohol, den sie zuvor getrunken hatte.“ Das passte nicht zusammen. „Bist du gerade in der Nähe von Savage?“ „Moment.“ Nick konnte hören, wie sie einige Korridore und Stufen hinter sich brachte, bevor sie an einer Tür klopfte. „Guten Morgen Judy.“ „Guten Morgen.“ „Hi, Jeri. Hi, Jack. Ich habe hier Nick und er hat ein paar Fragen an dich.“ „Savage.“ „Ich benötige jetzt ein paar klare und vor allem ehrliche Antworten. Zu einigen Dingen, die Judy mir erzählt hat.“ Nicks Tonlage war seltsam. Judy hatte sowas noch nie gehört und war sich nicht sicher, was nun geschehen würde.“ „OK.“ „Das zwischen ihnen und Winters war keine feste Beziehung, richtig?“ „Ja.“ „Ihr waren Traditionen sehr wichtig, richtig?“ „Ja.“ „Sie war auch in den Folgejahren jeden Winter bei Ihnen?“ „Ja.“ „Hat sie irgendwann, in irgendeiner Form eine Zukunft angedeutet, die über das zur Verfügung stehen während der Paarungszeit hinausgeht?“ Jack musste einen Moment nachdenken, aber Judy kam sofort etwas in den Sinn. „So wie ihr Packt?“ „Welcher Packt?“ „Nur eine Idee, als sie betrunken war.“ „Savage! Welcher Packt?“ „Sie… schlug vor, dass wir mit der Arbeit für Mr. Big aufhören sollten, wenn…“ „Wenn was?“ „Wenn es mir gelingen sollte sie zu schwängern.“ Die Leitung blieb still und er dachte bereits, dass sein Gesprächspartner seine Neugierde befriedigt hätte. Was dann jedoch kam hätte keines der anwesenden Tiere erwartet. „DU ELENDER, ERBÄRMLICHER HAUFEN ABSCHAUM!“ Judys Handy flog durch den Raum und alle Anwesenden hatten ziemliche Ohrenschmerzen. Selbst als das Handy in der Ecke lag, schmerzten ihre Ohren und diese liefen rot an, als Nick fluchte, wie sie noch nie ein Tier haben fluchen gehört. Insbesondere als Nick an der Stelle ankam, wo er Jack langsam und qualvoll tranchieren wollte, war allen klar, dass Nick mehr als nur sauer war. „Nick… Nick… NICK!“ Nicks hielt mit seiner Hasstriade inne, als Judy in ihr Handy brüllte. „Nick, beruhige dich. Jetzt langsam… Was ist los mit dir?“ Beide Hasen im Raum beobachteten Judy als ihr Ausdruck sich von verwirrt zu entsetzt veränderte und dann zu sauer… stinksauer, als sie ihren Blick auf Jack richtete. Dieser ahnte, dass etwas, was er getan hatte, diese Reaktion ausgelöst hatte. Somit begann er sofort die Fluchtwege ins Auge zu fassen. Er war froh, dass er in den vergangenen Tagen alles in seiner Macht stehende tat, um wieder fit zu werden. Mit ein wenig Glück könnte er es aus dem Fenster schaffen, bevor sie auf ihn losgehen würde… „Ok. Ich melde mich gleich wieder.“ Jack hatte einst einen Film gesehen, in welchem ein Virus alle Raubtiere der Welt in ihr einstiges Verhalten zurückfallen ließ. Dort ging es um eine Gruppe Beutetiere, die ständig auf der Flucht war um den Monstern zu entkommen, die geistlos hinter allen Beutetieren hinterher waren um sie zu fressen… Er war stolz darauf, dass er sich sicher war, selbst in einer solchen Situation einen kühlen Kopf bewahren zu können, in Anbetracht des Blickes, den Judy nun auf ihn richtete, würde er aber lieber in diesem Film sein. Judy trat an das Bett und er musste schlucken. „Nun… Das erste Mal war ein One-Night-Stand unter Alkoholeinfluss. Solche… Unfälle… können durchaus passieren und müssen nicht zwangsläufig etwas bedeuten. Selbst bei Tieren, denen die Traditionen wichtig sind.“ Jack nickte vorsichtig. „Als sie im Jahr danach zu dir kam, hast du sie gefragt, ob es ihr mehr bedeutet? Was genau es im Hinblick auf die Traditionen von Füchsinnen bedeutet?“ „… Ähm… n… nein…“ Das Feuer in ihren Augen war stark genug, dass selbst der Teufel den Schwanz zwischen seine Beine geklemmt und sich verdrückt hätte. „… Hast du sie jemals wieder auf euren Packt angesprochen?“ Jack wusste nicht, ob es seiner Gesundheit zutraulich war etwas zu sagen, daher schüttelte er nur vorsichtig den Kopf. Judy fletschte daraufhin die Zähne und hätte Jack nicht ohnehin weißes Fell gehabt, so hätte er es nun. „Als sie dir den Packt anbot… Als sie dich bat sie zu schwängern… egal wie wahrscheinlich es auch klingen mochte… Hat sie dir einen Antrag gemacht, der an Bedeutung WEIT über einen Heiratsantrag hinaus ging…“ Judy packte ihn mit beiden Pfoten am Kragen und zerrte ihn vor ihre Schnauze. „UND DU HAST IHN ANGENOMMEN!!!“ Er vermeinte sein Herz würde aussetzen, während Judy ihn weiterhin wutentbrannt anschnaubte und versuchte ihre Fassung wiederzuerlangen. „Es gibt zwei Arten von Füchsen. Die einen ignorieren die Traditionen vollkommen. Ihnen sind alle Mittel recht um zu bekommen, was immer sie wollen. DAS sind die Gefährlichen. Die anderen nehmen die Traditionen sehr ernst. Auch wenn Unfälle geschehen können. Wenn Skye zu denen gehörte, dann war sie dir immer treu und KÖNNTE dich garnicht hintergehen!“ Judy ließ ihn los und zog an ihren Ohren. „Hast du überhaupt eine Vorstellung davon, was du ihr angetan hast, wenn du eure Beziehung als ‚nichts Festes‘ bezeichnet hast?!“ Sie ließ ihre Ohren los und führte stattdessen ihr Handy an selbige. „Nick. Du hattest vollkommen recht. Dieser erbärmliche Cretin hat wirklich keine Ahnung was er ihr…“ Das verdammt laute Zuschlagen der Tür beendete Jacks Möglichkeit dem Gespräch weiter zu lauschen. Sein Blick ging zur einzig verblieben Gesellschaft im Raum uns war nicht wirklich verwundert zu sehen, dass Jeri ihr eigenes Handy in den Pfoten hielt und die Kameralinse in seine Richtung zeigte. Ihr Grinsen machte nur zu deutlich, dass, wenn Klatsch und Tratsch eine Währung wäre, sie auf einen Schlag eines der reichsten Tiere der Stadt geworden wäre. Bonnie war dort, wo sie jeden Morgen war: In der Küche. „Mom…“ Sie blickte auf und sah drei ihrer Kinder mit einem verschreckten Ausdruck auf den Schnauzen vor sich stehen. „Was habt ihr denn?“ „Judy ist gerade raus gerannt… und sie wirkte, als ob jeder Angst vor ihr haben sollte.“ „Wohin genau?“ „Ich glaube zur Scheune.“ „Billy, du hast die Küche.“ „Verstanden, Mom.“ Damit wischte sie sich die Pfoten ab und begab sich zur Scheune. Dort traf sie auf ein nicht völlig unbekanntes Bild: Eines ihrer Kinder, welches mittels Holzhacken überschüssige Energie loswerden oder einfach seinen Gefühlen Luft machen wollte. Bei Judy war aber üblicherweise ersteres der Fall. Diese eisige Stimmung und das angespannte Murmeln, welches von ihr ausging waren allerdings ziemlich ungewöhnlich. Bei den Hieben flogen die Scheite zu den Seiten und sie hatte Sorge, ob der Spaltklotz ihren Hieben noch lange standhalten würde. „Judy?“ Sie blickte ihre Mutter an und diese war froh, dort keine Tränen zu sehen. Dass ihr diese Wut lieber war, konnte sie aber nicht behaupten. „Hattest du schonmal eine Situation…“ Juda spaltete ein weiteres Scheit. „… wo Jemand was gesagt hat…“ Das nächste Scheit fiel ihrem Hieb zum Opfer. „… was dich so wütend gemacht hat…“ Bonnie musste sich vor dem nächsten Scheit in Sicherheit bringen. „… das du dir wünschen würdest…“ Die Axt spaltete das nächste Scheit. „… SEIN Schädel würde hier liegen?“ Und Stu durfte sich um einen neuen Spaltklotz kümmern… Auch wenn er es liebte so ziemlich alles und jeden zu verhöhnen und den Anschein erweckte, dass er Nichts ernst nehmen konnte, so wusste es Chief Bogo besser. Nick Wilde nahm seine Aufgaben sehr ernst, selbst in Anbetracht der momentan besonderen Umstände. So war seine Abwesenheit bei der morgendlichen Besprechung durchaus ein Anlass zur Sorge. Es war nicht schwer ihn aufzuspüren, war er in einem der Trainingsräume, an welchem er vorbeikam auf dem Weg zu Nicks temporärem Quartier. Als Fuchs war er ebenso wie Judy weniger auf rohe Kraft angewiesen, sondern auf seine Schnelligkeit und die Fähigkeit die Stärken seiner Gegner gegen diese zu richten. Trotzdem war er froh, dass Nick sich einen Sandsack vornahm, wenn er nach der Lautstärke der Schläge ging. Als er näher kam, sah er auch den Blick in Nicks Augen und das war beunruhigend. „Wilde?“ Mitten im Schlag erstarrte der Fuchs vor ihm zur Salzsäule und es dauerte einige tiefe Atemzüge, bevor er sich seinem Vorgesetzten zuwandte. „Chief? Was verschafft mir die Ehre?“ „Sie sind sonst zur morgendlichen Besprechung anwesend. Selbst wenn Sie wiederholt zur Sprache gebracht haben, dass es in ihren Augen nicht immer nötig wäre.“ Nick zog die Auegenbrauen zusammen und blickte dann auf die Uhr an der Wand. „Es… tut mir leid, Chief. Ich habe wohl die Zeit vergessen.“ „Das ist offensichtlich. Was war der Anlass?“ „Dieser… Savage…“ Nick fletschte beim Namen allein die Zähne und verpasste dem Sandsack hinter sich eine schnelle Schlag- und Trittkombination, bevor er weiterreden konnte. „Wie ich heute Morgen erfahren musste war die Beziehung zwischen ihm und… Winters ernster als er es betrachtet hatte…“ Nick atmete mehrmals tief durch. „Sie kann nicht die undichte Stelle sein. Sie ist ein Opfer.“ „Es kommt immer wieder vor, dass Ermittlungen Rückschläge erleiden.“ „Wäre es nur das, wäre es mir egal. Sie hat ihn… ausgewählt. Sie hat ihm einen… Packt angeboten. Wenn er es schaffen sollte sie zu schwängern, dann würden sie beide aufhören für Mr. Big zu arbeiten. Er hat ‚natürlich‘ zugestimmt ohne darüber nachzudenken, da es ohnehin so gut wie unmöglich ist.“ Er ballte die Pfoten zu Fäusten und fletschte erneut die Zähne. „Es war ihm egal, was es für eine Füchsin bedeutet einem anderen solch ein Angebot zu unterbreiten. Egal, ob es wahrscheinlich ist oder nicht. Sie hat sich ihm voll und ganz verschrieben! Und ich bin mir nicht sicher, was schlimmer ist: Tagtäglicher extremer, offener Hass von Fremden wie früher oder solch ignorante Gleichgültigkeit von einem nahestehenden Tier...“ Nick starrte erneut den Sandsack an. „Es ist gut, dass er in Bunnyburrow ist. Ansonsten müssten Sie mich nun verhaften.“ Chief Bogo musste sich selbst eingestehen, dass er nie über das Thema Treue bei Füchsen nachgedacht hatte. Lediglich die tiefgehende Verbindung des Fuchses vor sich zu seiner Gefährtin. Wenn er dies jedoch als Maßstab nahm, so müsste er zugeben, dass ein derartiger Ausbruch in Anbetracht der Umstände durchaus verständlich sein dürfte. „NICK!“ Freddy kam den Korridor hinab gerannt und stoppte, als er seinen Partner im Trainingsraum erblickte. „Chief? Störe ich gerade?“ „Nein. Was haben Sie?“ „Ein alter Bär namens Jimmy hat sich gemeldet. Wir haben vielleicht eine Spur.“ Chief Bogo blickte Nick an und deutete nur mit seiner Schnauze in Richtung Tür. In ihrem Raum wartete bereits Liz auf die beiden und reichte Nick einen Zettel. Auf diesem stand die Nachricht, dass Skye am Tage der Explosion hastig einem Wildschwein gefolgt war, das seltsamerweise immer nur dann in seiner Bar aufgetaucht war, wenn Skye bei ihm war. „Was hältst du davon?“ „Wir können unsere Theorie von ihr als undichte Stelle verwerfen. Ich habe heute Morgen mit Möhrchen gesprochen und dabei hat sich herausgestellt, dass sie ihn garnicht verraten konnte.“ „Wie kommst du darauf?“ „Später. Wir müssen alles nochmal durchgehen. Sie ist zwar nicht die Schuldige, aber dennoch der Schlüssel… Schlüssel… Moment.“ Einige Minuten später hielt er die Akte in den Pfoten und blätterte durch die Bilder vom Tatort, bevor er eines in die Höhe hielt. Darauf waren die Überreste eines verbrannten Zimmers zu erkennen. Bett, Schrank, Tisch und Stuhl, natürlich in einem entsprechend desolaten Zustand… An der Rückseite war ein Fenster, dessen Glas durch die Explosion herausgebrochen war. Am Fenstergriff hingen die Überreste zweier dünner Bänder. „Sie hat das Gebäude so nicht verlassen…“ „Hä?“ Nick deutete auf die Bänder. „Ich habe euch doch erzählt, dass sie nicht die Vordertür nutzt. Da Fenster für sowas nicht gedacht sind, muss man improvisieren. Hier haben wir die zwei Bänder, die als Schloss dienen: Beim Verlassen des Gebäudes kommt ein Band nach unten und wenn man zieht, wird das Fenster verschlossen. Das obere Band öffnet das Fenster bei der Rückkehr. Die Bänder sind beide innen, also hat sie das Gebäude nicht auf diese Weise verlassen.“ „Aber wir haben uns die Überwachungsbänder unzählige Male angesehen. Sie hat das Gebäude nicht verlassen.“ „Wie Liz bereits sagte: Jetzt wissen wir wonach wir suchen.“ Nick ging zur Falltafel und betrachtete dort insbesondere eine Zeitlinie, in welcher sämtliche Beobachtungen der Überwachungskameras eingezeichnet waren. Ein Eintrag fiel ihm nun direkt ins Auge. „Kommt mit.“ Damit führte er sie in den Keller in den Verkehrsüberwachungsraum. Er spulte die Aufnahmen bis zu dem Zeitpunkt vor, wo man sehen konnte wie eine Arktische Füchsin die Gasse hinter dem Haus betrat. „Hier trifft sie ein. Und hier haben wir die Vorderseite des Gebäudes.“ Nick ließ die Aufnahme laufen und nach weniger als zehn Minuten fuhr ein Transporter vor. Aus diesem stiegen zwei Wildschweine aus, gingen zum Heck und holten einen großen Teppich heraus. Der vordere klingelte und schien sich dann wegen seiner schweren Last an die Tür zu lehnen. Als diese geöffnet wurde sah es aus, als würde er einfach nur stolpern, nun jedoch konnte er es auch anders interpretieren. Gute zwanzig Minuten später kamen die Wildschweine wieder heraus und trugen auch wieder einen Teppich bei sich. Nick brachte die Aufzeichnung zum stoppen und deutete auf die Schnauzen der Wildschweine. „Fällt euch etwas auf?“ „Sie tragen einen schweren Teppich?“ Auf einem der benachbarten Monitore brachte er die Aufzeichnung zum Stillstand, als sie den Teppich hinein trugen. „Und hier?“ Sie betrachteten die Bilder und Liz fiel es zuerst auf. „Dort verziehen sie keinen Muskel und dort wirkt es fast, als wäre er zu schwer für sie…“ „Genau. Und der Teppich ist auch weiter aufgerollt… Ich wette sie ist dort drin. Vornehmlich bewusstlos, da ein zuckender und schreiender Teppich durchaus Aufmerksamkeit erregen könnte.“ „Dann wollen wir doch mal schauen, wo sie mir ihr hinwollen.“ Ein Fahrzeug zu verfolgen war ein Leichtes, wenn man wusste wie. Der Transporter fuhr durch einige Seitengassen und blieb nie lange auf den Hauptstraßen. Dann fuhren sie durch einen Tunnel nach Tundratown und kamen auf der anderen Seite… nicht wieder heraus… „Ich hasse Déjà-vus…“ Ein Bildschirm zeigte nun die Zufahrt zum Wartungstunnel 6B. Und genau dort bog der Transporter ab. Noch weitere Male schaltete Nick auf Kameras, an welchen der Transporter kurze Zeit später vorbei kam. „Weißt du, wo sie hin wollen?“ „Oh ja. Aber eines verspreche ich euch: Wenn jetzt auch noch Gary am Tor Wache steht, dann schreie ich!“ Kapitel 6: Die Rettung ---------------------- „Einverstanden.“ Chief Bogo griff nach dem Hörer und drückte eine Taste. „Clawhauser. Funken Sie Snarlov und Grizzoli an. Sie sollen sich an der Zufahrt zur Cliffside-Anstalt auf die Lauer legen und die Situation im Auge behalten. Nichts Definitives, sie sollen dennoch mit dem Schlimmsten rechnen. Volle Montur, Feuerfreigabe im Ernstfall.“ Nachdem sein Vorgesetzter aufgelegt hatte meldete sich Nick nochmals zu Wort. „Chief, es gibt da noch eine Sache.“ „Und die wäre?“ „Wir wissen nicht, was sie mit Winters gemacht haben, aber da sie sie nicht wie den Rest von Savage´s Tieren getötet haben, haben sie wohl etwas mit ihr vor. Ich tippe auf Informationen. Sie ist nun seit ganzen drei Tagen in ihrer Gewalt. Meiner Einschätzung nach gibt es drei Möglichkeiten: Wenn sie ihnen alles gegeben hat, was sie wollten, dann dürfte sie mittlerweile tot sein. Wenn sie alles für sich behalten hat, dann ist sie entweder tot weil sie erkannt haben, dass es nichts bringt oder ziemlich übel zugerichtet in der Hoffnung doch noch etwas von ihr zu erhalten. Was auch immer sie von ihr wollen. Wenn sie ihnen nur ein wenig gegeben hat, damit sie immer noch von Wert ist, dann dürften sie sie ziemlich übel zugerichtet haben, um an den gesamten Rest zu kommen. Sie wird wahrscheinlich niemandem trauen, den sie nicht kennt. In einer solchen Situation könnte sie selbst den meisten, die sie kennt misstrauen…“ „Worauf wollen Sie hinaus?“ „Jack Savage. Er dürfte eines der wenigen, wenn nicht gar das einzige Tier sein, dem sie momentan vertrauen würde.“ „Ihnen ist schon klar, dass wir ein Risiko eingehen, wenn wir ihn jetzt wieder in die Stadt holen?“ „Ich bin der Überzeugung, dass sie der Schlüssel zu diesem Fall ist. Und wenn ich richtig liege, dann ist Savage der Einzige, der an sie heran kommen kann.“ „Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie bereits einen Plan haben, sollte ich zustimmen?“ „Ich war in der Tat so frei mir einige Szenarien zu überlegen, je nachdem, was Snarlov und Grizzoli vorfinden werden. Aber in allen ist eine schnelle Befragung von Winters durch Savage eines der Kernpunkte.“ Chief Bogo blickte den Fuchs vor sich eine Weile an, bevor er sein Schlüsselbund hervorholte und eine der verschlossenen Schubladen öffnete. Darin war eine Schließkassette, aus der er ein kleines schwarzes und ein rotes Notizbuch hervor holte. Im schwarzen blätterte er einen Moment, bis er offensichtlich fand, was er suchte. Danach nahm er sich einen Notizzettel und notierte eine Adresse und einige Zahlen. Zuletzt trug er etwas in das rote Notizbuch ein und verschloss alles wieder bis auf den Zettel. Diesen reichte er Nick. „Sie soll ihn zu dieser Adresse bringen. Es ist ein sicherer Kurzzeit-Unterschlupf in Tundratown nahe der Zufahrt zur Cliffside-Anstalt, wo er sicher ist, bis wir ihn brauchen.“ „Verstanden.“ „Und jetzt los. Planungsraum. In 30 Minuten.“ Nachdem Nick das Büro verlassen hatte gab er Judy Bescheid und war froh zu hören, dass bei der Bekanntgabe der Opfer des Zugunglücks kein Angehöriger ihrer Familie dabei war. Auch brachte er Judy auf den aktuellen Stand der Planungen und wie alles Weitere auf den Beobachtungen ihrer Kollegen beruht. Kurz darauf betrat er den Raum in welchem Chief Bogo und Vertreter von S.W.A.T., sowie Tiere, die mit den Bauplänen der Anstalt vertraut sind, zusammen mit einigen seiner Kollegen warteten. In der Mitte des Raumes stand ein großer Kartentisch mit Plänen der Anstalt, während in der hinteren Ecke Clawhauser an einer großen Anlage den Funkverkehr in den Pfoten hielt. „Chief, ich habe Snarlov dran. Sie sind nun vor Ort.“ „Auf die Lautsprecher.“ Ein leises Knacken ging durch den Raum als die Lautsprecher eingeschaltet wurden. „Snarlov, wie ist die Lage?“ „Viel los Chief. Eine Horde Wildschweine als Wachen. Vier diesseits der Brücke bei der Schranke, zwei zweier Teams patrouillieren die Brücke entlang und am Hauptgebäude nochmals mindestens vier. Gewehre, ich kann es auf diese Entfernung nicht genau erkennen, wenn ich raten müsste würde ich auf Sturmgewehre wie beim Militär tippen. Sie sind dick eingepackt. Keine Ahnung ob ihnen einfach kalt ist oder ob es sich um kugelsichere Westen handelt. Diverse Sandsackbarrieren. Am Ende der Brücke ist etwas aufgebaut wie ein MG-Nest oder so.“ Nicht nur Chief Bogo lief ein Schauer über den Rücken. Das sah übel aus. Nick ergriff das Wort und wandte sich an seinen Kollegen. „Hey, Kleiner. Kannst du einen Clip von den Wachen machen und ihn uns rüberschicken? Wenn möglich bitte über mehr als nur zehn Sekunden.“ „Chief?“ „Machen Sie´s Snarlov.“ Einige Minuten vergingen und das Diensthandy von Chief Bogo vermeldete den Eingang einer Nachricht. Er reichte es an Clawhauser weiter. „Auf den Schirm damit.“ Ein großer Bildschirm an der Wand erwachte zum Leben und zeigte die Cliffside-Anstalt und ihre Zufahrtsstraße. Auf den ersten Blick waren es Wildschweine, die sich einfach nur in unregelmäßigen Abständen umblickten und dabei Waffen in den Hufen hielten. „Oh oh…“ „Wilde?“ „Moment. Spots, nochmal von vorne. Blende die Zeit ein.“ Damit griff er sich einen Notizblock und einen Stift. Während das Video nochmals ablief und alles wie zuvor wirkte, machte sich fleißig Notizen. „Chief… Unser Problem hat soeben ganz neue Dimensionen erreicht…“ „Und welche?“ Nick hielt ihm den Zettel hin, auf welchem nun mehrere Zeiten standen. Und vier dieser Zeiten waren nahezu identisch. „Das sind keine dummen Schläger von der Straße. Der Gleichschritt, den diese Tiere an den Tag legen ist keine Show. Sie haben für die Strecke immer fast auf die Sekunde genau dieselbe Zeit benötigt… Die Sichtbereiche überschneiden sich die meiste Zeit und machen es so schwierig bis unmöglich die Wachen einzeln auszuschalten. Das ist militärischer Drill. Mit den Barrikaden wird nahezu jedes Fahrzeug gestoppt oder zumindest erheblich verlangsamt. Dazu womöglich militärische Ausrüstung… Wir müssen also davon ausgehen, dass auch der Rest diesem Muster folgt. Ich befürchte daher, dass sich in dieser Stellung am Ende der Brücke kein MG befindet, sondern schwere Waffen. Auf dieser Strecke wären dann selbst die gepanzerten S.W.A.T.-Transporter Selbstmord.“ Einer der S.W.A.T.-Captains, ein Wildschwein, trat vor und wandte sich direkt an Chief Bogo. „Sir, das ist ziemlich viel, was er in dieses kurze Video hineininterpretiert. Meine Tiere haben ihr halbes Leben bis zur Erschöpfung trainiert und sind durchaus in der Lage mit brenzligen Situationen fertig zu werden!“ „Unter anderen Umständen würde ich Ihnen durchaus zustimmen, jedoch habe ich bereits auf die harte Tour lernen müssen, dass er Tiere deutlich besser lesen kann, als eine ganze Abteilung Profiler. In dieser Hinsicht nehme ich seine Einschätzung der Lage äußerst ernst.“ „Also fallen die üblichen Herangehensweisen aus?“ „Wilde?“ „… … … …“ Chief Bogo konnte geradezu hören, wie es im Kopf des Fuchses ratterte und wie jedes Mal durchfuhr ihn eine seltsame Mischung aus schlimmer Vorahnung ob der wahnwitzigen Pläne, die diesem Kopf entspringen können, und Hoffnung, weil sie üblicherweise tatsächlich funktionierten… Nicks Blick fixierte sich auf das Wildschwein neben seinem Vorgesetzten und ein breites Grinsen zeigte seine Zähne. „Captain… Wie überzeugend können Ihre Tiere eigentlich sein?“ „Äh…“ Mehrere Stunden später waren alle bei einem mobilen Kommandostand nahe der Cliffside-Anstalt. Die letzten Details waren durchgegangen worden und alle Einheiten waren auf Position. Die Nacht war angebrochen, und der volle Mond tauchte die gesamte Szenerie in ein gespenstisches Licht. Freddy und Liz standen Judy und Nick gegenüber. Alle in schweren Körperpanzern, welche sogar den tödlichen Waffen ihrer Gegner standhalten sollten, aber alle Blicke galten nur dem Fuchs in ihrer Mitte. „Nur so aus Neugierde Nick… Was in Gottes Namen hast du geraucht?! Dieser Plan ist selbst für deine Verhältnisse geisteskrank.“ „Ihr wisst genauso gut wie ich, dass die Alternativen bedeuten die Hälfte und mehr unserer Tiere zu verlieren. Und wir beide sind die einzigen Tiere, die diese Mission durchführen können. Auch wenn es mir lieber wäre, wenn Judy mich nicht begleiten würde.“ Keiner wagte es ihm zu widersprechen. Zum Teil mochte es durchaus daran gelegen haben, dass er Judy bei ihrem Namen genannt hat und es ihm entsprechend ernst war. Eine lautlose Vibration ihrer Ohrstücke ließ sie sämtliche Erwiderungen vergessen und sie lauschten dem folgenden Ansagen. „Beginn der Operation in zehn Minuten.“ Die heiße Phase begann also in kürze. Judy und Nick lagen auf der Lauer und beobachteten die Wachen an der Brücke. Ihre Ohrstücke vibrierten und Chief Bogo war darauf hin zu hören. „Operation beginn in 3… 2… 1… JETZT!“ Wenn eine der anderen Wachen diese Aktion bemerken würde, so dürfte die Hölle losbrechen. Der Funkverkehr war noch nicht ganz verstummt, da flogen bereits Betäubungsgeschosse in die Nacken der Wildschweine bei den Wachhäuschen diesseits der Brücke und zeitgleich sprangen vier weitere hervor um deren Positionen zu übernehmen. Es geschah alles so schnell, hätten sie geblinzelt, hätten sie es möglicherweise sogar übersehen. Der Mond war sowohl Segen als auch Fluch, ermöglichte sein Licht doch eine recht gute Sicht, war aber dennoch dunkel genug um Details wie ihre Schnauzen auf die Entfernung unkenntlich zu machen… Drei Minuten lang herrschte angespannte Stille. Es wurde kein Alarm ausgelöst. Das erste Wunder war geschehen… fehlten noch unzählige Weitere. Jeder einzelne Schritt durfte nur auf Anweisung der Beobachter erfolgen, sobald die Wachen auf der Brücke ihren Blick nicht in Richtung der Schranke hatten. So war zumindest der Moment hinter dem Wachhäuschen entspannender als bei ihrem letzten Besuch. Unglücklicherweise war das aber auch der einzige Moment, von dem sie dies behaupten konnten. Ein weiter Knackpunkt, der die gesamte Operation zum Scheitern verurteilen konnte folgte nun: Beide mussten eine Strecke von drei Metern überbrücken, ohne ein Laut von sich zu geben, Spuren zu hinterlassen oder sich von einer der Wachen erblicken zu lassen. Die Strecke an sich war nicht das Problem, auch nicht ihr Tempo oder die Fähigkeit sich lautlos zu bewegen. Jedoch war beidseitig der asphaltierten Straße lediglich blanke Erde. Es konnte Zufall sein, sollte dies jedoch beabsichtigt sein, um Eindringlinge wie sie zu entdecken, dann durften sie nicht diesen Weg nehmen. Die Straße sogar noch weniger. So blieb nur eine Möglichkeit… „Bereit?“ „Ja.“ Nick ging so weit zurück, wie die Deckung durch das kleine Wachhäuschen erlaubte und ging auf alle Viere. Judy begab sich zu ihm und kletterte auf seinen Rücken. „Fehlen nur noch die Zügel.“ „Bring mich nicht auf dumme Ideen.“ Nick machte einige Schritte, um ein Gefühl für seinen neuen Schwerpunkt zu bekommen, während er auf das Signal der Beobachter wartete. „Wildes, bereit machen.“ Nick richtete sich auf die abseits gelegene Gebäudekante aus und ging etwas in die Hocke. Währenddessen antwortete Judy. „Bereit.“ „5… 4… 3…“ Nicks Muskeln spannten sich an und Judy verstärkte ihren Griff. „2…“ Nick stürmte los, als wäre die Steuerfahndung hinter ihm her. „1…“ Er passierte das Wachhäuschen. „Jetzt!“ Und sprang. Eines der S.W.A.T.-Wildschweine, das die Rolle eines der Wachposten übernommen hatte würde den Anblick wohl niemals vergessen. Der Mond spiegelte sich im Wasser und sein Blickwinkel ließen Fuchs und seine Reiterin genau durch dessen Spiegelung gleiten. Judy weit nach vorne gebeugt und die Pfoten am Nacken des Fuchses. Nick war gestreckt und seine Pfoten waren gerade nach vorne gerichtet. Es war nur der Bruchteil einer Sekunde, aber länger hätte es absolut nicht dauern dürfen, denn er dachte schon, eine der Wachen hätte dieses Schauspiel ebenso erblickt, da es für ihn wirkte, als hätte eine Wache länger in dieselbe Richtung geblickt wie er selbst. Jedoch brach die Hölle nicht los, also hatte er es sich hoffentlich tatsächlich nur eingebildet. Judy und Nick pressten sich an den Fuß der Brücke, direkt außerhalb des Sichtbereichs der Wachen und rührten keinen Muskel. Sie nahmen tiefe Atemzüge und versuchten ihre rasenden Herzen unter Kontrolle zu bekommen, während sie es trotz des tosenden Wasserfalls nicht wagten ein Laut von sich zu geben. Nach einer gefühlten Ewigkeit kann die Meldung der Beobachter. „Wildes. Sie wurden nicht entdeckt. Wiederhole: Sie wurden nicht entdeckt.“ Nick berührte einen Kontakt an seinem Funkgerät, welches eine tonlose Bestätigung erzeugte. >Ich werde langsam zu alt für so einen Scheiß.< Nun kam ein verhältnismäßig leichter Teil. Nick half Judy auf die Unterkonstruktion der Brücke, welche die Versorgungsleitungen der Anstalt trugen und der Wasserfall übertönte die Geräusche, die sie machten, als sie sich langsam vortasteten. Jenseits der Brücke ging ein Wasserrohr in das Fundament der Anstalt und sie wussten bereits was sie dort erwarten würde. Nick ging mit seiner Pfote zum Funkgerät und drückte die Taste während er auf die Uhr an seinem Pfotengelenk blickte. „Wilde hier. Haben unser Ziel erreicht. Liegen genau im Zeitplan.“ „Verstanden. Viel Glück, Wildes.“ „Danke.“ >Wir werden es brauchen.< Sie öffneten eine unscheinbare Wartungsluke am Rohr und stiegen hinein. Nach wenigen Minuten erreichten sie ihr Ziel: Einem kleinen Gulli in einem der Lagerräume „Da werden Erinnerungen wach.“ Sie wollte ihn gerade öffnen, als sie seine Pfote auf ihrer Schulter spürte. „Ich muss noch etwas loswerden.“ Judy blickte ihn fragend an. „Ich werde das Gebäude diesmal nicht durch eine Toilettenschüssel verlassen!“ „Ich verspreche nichts.“ Trotz der Umstände konnte sich Nick ein Grinsen nicht verkneifen. „Showtime.“ Nick stieg zuerst hoch und sicherte den Raum ohne Lichtquelle, da er dank seiner natürlichen Nachtsicht nicht darauf angewiesen war. „Sicher.“ Nick führte sie zur Tür, wo sie ihr Ohr an diese presste und aufmerksam lauschte. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis sie sich ein wenig entspannte und die Tür öffnete. Beide wussten, dass sie dahinter einen Untersuchungsraum vorfinden würden. Auch der Zellentrakt war ihnen nur zu bekannt. Und zu ihrer Erleichterung waren beide leer. Der Boden trug noch immer die Kratzspuren der Tiere, die hier einst eingesperrt waren und verliehen diesem Ort genau die Atmosphäre, für die derartige Anstalten schon immer gefürchtet waren. An der nächsten Tür wiederholte Judy ihre Lauschkontrolle, bevor sie sich auf den Gang hinauswagten. Der Gang erstreckte sich zu beiden Seiten und war hell erleuchtet. An den Seiten waren in gleichmäßigen Abständen je zwei gegenüberliegende Türen, die zu identischen langen Gängen mit Zellen und einem Untersuchungsraum führten, daher beschränkten sie sich darauf, dass Judy an den Türen lauschen würde, ob sich Tiere darin befanden, während Nick sie sichern würde. „Dir ist schon klar, dass es wahnwitzig ist dies ohne Verstärkung durchziehen zu wollen?“ „Nun, du kennst mich. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.“ Judy rollte nur mit den Augen und fuhr sich mit einer Pfote über die Schnauze. „Warum frag ich auch so blöd?“ Sie waren gerade an ihrer dritten Tür angelangt, als Nick aus den Augenwinkeln einen Schatten sah und Judy zu Boden warf. Unmittelbar, bevor eine Kugel eine Delle in die Tür schlug… genau an der Stelle, an der sich nur wenige Augenblicke zuvor ihr Kopf befunden hatte... „Verdammt!“ Nick warf sich Judy über die Schulter und lief den Gang hinab, bis er an einer Abzweigung ankam. „Rechts!“ Ohne mit der Wimper zu zucken, folgte er Judys Kommando und bog in einen weiteren Flügel ab, der mit einem Großraumbüro mit unzähligen Kabinen zu allen Seiten gepflastert war. Sie liefen den Korridor hinab, bogen in eines der Büros ab und gingen hinter einem der massiven Aktenschränke in Deckung. „Hier sollten wir eine Weile sicher sein.“ Judy hob ihre Pfote und brachte Nick damit zum Schweigen, als sie Schritte hörte. Schnelle Schritte. Beide pressten sich an den Aktenschrank und warteten. Die Tiere stoppten und eines begann zu sprechen. „Kommt mit erhobenen Pfoten heraus, oder wir werden schießen.“ Keiner rührte auch nur einen Muskel und das war ihnen Antwort genug. „Feuer!“ Mehrere Salven Gewehrfeuer schlugen in den Schrank ein und zu ihrem Glück war dieser stabil genug, dass die Kugeln ihn nicht durchdrangen. „Das ist die letzte Warnung!“ Nick blickte zu Judy und diese verstand. „Ihr werdet auch nicht schießen?“ „Nein.“ „Gut.“ Damit schob sich Nick so um die Ecke des Aktenschranks, dass nur sein ausgestreckter Arm mit seiner Waffe hervorschaute und ein wenig tiefer nahm Judy eine identische Pose ein und beide feuerten zwei Betäubungspfeile auf die Tiere vor sich ab. Aber trotz der vier Treffer standen noch immer zwei Wildschweine und eröffneten erneut das Feuer. Sie konnten sich gerade noch rechtzeitig in Deckung begeben, allerdings würde dieser Trick kein zweites Mal funktionieren. Da hatte Judy eine Idee und flüsterte diese Nick ins Ohr. Daraufhin stieg sie auf seinen Kopf und musste sich nur noch aufrichten um ihre Gegner durch die unerwartete Position überraschen zu können und sie so auszuschalten. Aber bevor sie sich vollends aufrichten konnte, flogen die Kugeln über ihren Kopf und hätten sie beinahe erwischt. Daraufhin nahm Nick einen festen Stand an, nahm seine Pfoten zusammen und deutete Judy hineinzusteigen. Danach ließ Nick ein wenig die Muskeln spielen und wippte mit ihr in den Pfoten ein wenig um sie leicht anzulupfen. Judy nickte ihm nur zu und nahm ihre eigene Waffe in beide Pfoten, bevor sich Nick weit nach vorne Beugte um sie kraftvoll werfen zu können. Nick ließ die Spannung in seinen Muskeln frei wie eine Sprungfeder und wie erwartet eröffneten die Schweine das Feuer. So ließ Nick sein linkes Bein absacken, wodurch Judy in einem anderen Winkel davonflog und beinahe gerade zu Seite am Aktenschrank hervorkam. Damit hatten die Tiere nicht gerechnet und sie konnte beide ausschalten, bevor sie ihre Schussrichtung korrigieren konnten. „Bist du in Ordnung?“ „Ja, Nick. Aber wie kommt es, dass sie scheinbar wussten, wo ich hervorkommen wollte?“ Der Fuchs vor ihr sah sich einen Moment um und riss seine Augen auf, als er sah, was er erwartet hatte. „Kameras.“ Dabei deutete er auf einen Kasten, der in der Ecke des Raumes hing und freie Sicht auf ihr Versteck hatte. „Da gibt es nur eine Lösung.“ Judy griff unter ihre Weste und holte eine weitere Waffe hervor. Sie richtete diese auf die Kamera und drückte ab. Nur verschoss diese Waffe keine Betäubungspfeile, sondern tödliche Projektile. Auch war diese mit einem Schalldämpfer versehen, so dass beim ziehen des Abzugs nur ein dumpfes ‚Plob‘ zu hören war. Dafür war das scheppern, als die Teile der Kamera zu Boden fielen umso lauter. Fernab des Geschehens konnte sich ein Wildschwein in einem Anzug, umgeben von Monitoren ein Grinsen nicht verkneifen. „Das hätte ich nicht erwartet. Sie sind sogar noch besser als ihre Akten vermuten lassen. Schalten Sie zurück auf den Korridor.“ Ohne ein Wort schaltete der Techniker an seiner Seite den Monitor um auf ein Bild von einer Kamera auf einem langen Gang. Sie begaben sich wieder zum Korridor, durch den sie gekommen waren, aber bevor sie diesen betraten, richtete Judy das Wort an Nick. „OK… Viel Glück.“ „Dir auch.“ Damit liefen sie auf dem Korridor so schnell sie konnten in getrennte Richtungen und feuerten dabei auf jede Kamera, die sie sehen konnten. Ihnen war klar, dass sie nicht viel Zeit hatten, bis sie ihren Plan durchschaut hatten, aber diese Zeit galt es zu nutzen… „Hm. Gar nicht mal so dumm. Sie hoffen, dass wir die Orientierung verlieren, wenn die die Kameras zerschießen.“ Zwei weitere Wildschweine in Uniform und mit Gewehren in den Hufen traten vor. „Sir. Ihre Befehle?“ Auf einem weiteren Monitor erschien eine schematische Darstellung des Gebäudes mit grünen und roten Punkten. In rascher Folge wechselten mehrere grüne Lichter zu rot, als die Kameras ausfielen. „Bringen Sie Ihre Tiere hier, hier, hier und hier in Position. Sie werden versuchen sich einen Weg freizuschießen, damit sie sich hierher durchschlagen können. Bereiten Sie ihnen einen warmen Empfang. Sollte es sich ergeben würde ich lebendig vorziehen, aber tun Sie, was nötig ist.“ „Verstanden Sir!“ Die Schweine salutierten und gingen fort, wobei sie bereits mit ihren Tieren in Funkkontakt standen und die entsprechenden Befehle gaben. Es dauerte keine Minute, da konnte er bereits auf einem der Monitore sehen, wie sich sechs Wildschweine hinter einem umgekippten Tisch in Stellung brachten, während sich die roten Lichter immer weiter in diese Richtung begaben. Es waren noch drei Kameras bis zum Hinterhalt. Noch zwei… Er hielt den Atem an. Würde sie es ihm leicht machen und in die Schusslinie stürmen, oder würde sie ihrem Ruf gerecht werden und der Falle entkommen? Nur noch eine Kamera. Ein Schatten stürmte um die Ecke und die Söldner eröffneten das Feuer. Das Objekt wurde binnen weniger Sekunden durchlöchert und verkrüppelt, bevor… das Bild ausfiel. „Was?! Meldung! Was geht da vor?“ Zwei weitere Kameras jenseits des Hinterhalts fielen aus. „Sir! Es war ein Trick! Nur ein Bürostuhl kam den Gang entlang. Sie hat ihr Tempo ausgenutzt und ist geradezu an der Wand entlang gerannt, bevor sie über uns hinweggesprungen ist. Wir haben dabei drei Tiere verloren. Betäubungspfeile. Sie ist uns entkommen.“ Eine seltsame Mischung an Gefühlen durchfuhr ihn. Einerseits war er froh, dass sie sich nicht so einfach erledigen lassen würde, andererseits musste er sich eingestehen, dass sie ein gefährlicherer Gegner war, als seiner Mission zuträglich war. „Sofort Verfolgung aufnehmen!“ „Sir… die Verletzten…“ „Um die können wir uns später kümmern. Sie ist nicht aufs töten aus, sonst hätte sie nicht die Betäubungspfeile genommen. Jetzt los!“ „Jawohl, Sir!“ Er wollte gerade den Raum verlassen, als der Techniker hinter ihm sich meldete. „Sir. Der Fuchs kommt bei diesem Tempo in weniger als einer Minute beim Hinterhalt an.“ >Er mag schnell sein, aber auch deutlich größer und schwerer. Er wird sicherlich nicht den gleichen Trick anwenden können…< Auf dem Bildschirm konnte er den identischen Aufbau wie beim vorherigen Hinterhalt erkennen: Umgestürzter Tisch und dahinter sechs schwer bewaffnete Wildschweine. Vier bereit über den Tisch hinweg zu schießen und jeweils einer an den Seiten. Alles war bereit und nun warteten sie nur noch darauf, dass der Fuchs von seinem Korridor in den ihren abbiegen würde und er wäre erledigt. Nick Wilde lief allerdings nicht in Richtung des Hinterhalts, sondern schien einfach garadeaus den quer verlaufenden Korridor weiterlaufen zu wollen, während er seinen Arm mit der Waffe in ihre Richtung ausgestreckt hielt. Zwei schnelle Schüsse und im Raum wurde es dunkel. Folglich ebenso auf dem Bildschirm, aber man konnte immer noch hören wie die Anweisungen des Gruppenführers kamen. Er hatte die Lampen zerschossen und so Finsternis über die Tiere gebracht, aber diese waren allerdings vorbereitet und setzten ihre Nachtsichtgeräte auf. Die Dunkelheit dauerte für die Tiere höchstens fünf Sekunden an, aber nun war der Gang leer und sie waren wieder feuerbereit. „Sir, kann es sein, dass er weitergelaufen ist um uns zu umgehen?“ „Negativ. Die Kamera den Gang hinunter ist immer noch intakt und zeigt ihn nicht.“ „Kann er umgekehrt sein, während…“ „Ugh…“ Das Tier ganz links an der Deckung brach zusammen und hatte einen Betäubungspfeil in der Schulter stecken. „Wo kam der her?“ „Gang ist sicher! Von dort kam er nicht!“ „Der Pfeil steckt von Vorne in seiner Schulter, also muss er von dort gekommen sein!“ „Ugh…“ Nun sackte auch das Tier ganz rechts zusammen. „FEUER!“ Die verbleibenden Tiere eröffneten das Feuer in den Gang und insbesondere auf die Kanten, wo sich Nick ihrer Meinung nach versteckt haben musste. Sie waren dermaßen auf den offenen Korridor fixiert, dass sie nicht bemerkten, wie sich Nick an der Seite des Tisches, den die Tiere als Deckung umgestürzt hatten vorbeischlich und sich hinter ihnen aufrichtete. >Jaja. Ihr bemerkt gar nicht, was sich direkt unter eurer Schnauze tut.< Vier Betäubungspfeile später wurde es ruhig in der Dunkelheit bis auf zwei Worte: „Süße Träume.“ Kurz darauf war auch die Übertragung der Kamera beendet. So verlockend es auch war quer durch die Anstalt zu rennen und dabei die Kameras auszuschalten, so war ihnen vollkommen bewusst, dass sie so in ihr verderben rennen würden, da ihre Gegner sich nur am Ende einer Reihe Kameras auf die Lauer legen müssten. Wie sie gesehen hatten, haben ihre Gegner dies bereits erkannt und versucht entsprechend zu reagieren. Zu ihrem Glück waren sie nicht so leicht zu überrumpeln. Im Überwachungsraum musste er mit steigender Frustration zusehen, wie immer mehr Kameras ausfielen und die Söldner, die eigentlich exzellent ausgebildet und bewährt waren von einer Häsin und einem Fuchs wieder und wieder vorgeführt wurden. Mit der Zeit gingen ihnen die Munition und die Bereiche aus, in welchen sie die Kameras ausschalten konnten und als sie sich wieder trafen waren sie fast schon überrascht, dass man sie nicht erwischt hatte. Aber dies war auch jemand Anderes nicht entgangen. „An alle Einheiten: Sofort bei der Wachstation melden. Auch die Wachposten vor dem Gebäude. Äußerer Perimeter bleibt besetzt und in Alarmbereitschaft!“ Auf den verbliebenen Monitoren war zu sehen wie die Wildschweine im Laufschritt in das Gebäude stürmten und sich um die Wachstation in Stellung begaben. Aber dies war nicht weiter interessant. Die meisten der verbliebenden Kameras gehörten zum schwer bewachten Eingang, der Wachstation und den Korridoren dazwischen. Eine Stimme kam über diverse Lautsprecher in der Anstalt. „Bravo. Ich muss gestehen in natura sind Sie noch viel beeindruckender, als Ihre Akten vermuten lassen. Ich habe sogar schon eine Idee, warum Sie hier sind. Wenn Sie also Mrs. Winters lebendig sehen wollen, so rate ich Ihnen sich in die Wachstation im Erdgeschoss zu begeben. Ich hoffe doch sehr, dass ich Sie nicht extra darauf hinweisen muss, was geschieht, wenn Sie nicht unbewaffnet erscheinen. Auch Ihre kugelsichern Westen werden Sie nicht brauchen. Sollte Ihnen die Idee kommen, Verstärkung zu rufen, so ist es mir eine Freude Sie darüber in Kenntnis zu setzen, dass sämtliche Funksignale nach außen durch die dicken und gut abgeschirmten Außenmauern und Fenster der Anstalt abgefangen werden. Nur falls Ihnen dies nicht bereits aufgefallen sein sollte. Sie haben fünf Minuten, oder sie stirbt.“ Nick blickte auf seine Uhr und zog die Augenbrauen hoch. „Bereit für das große Finale?“ „Was meinst du? Worüber werden sie mehr angepisst sein? Uns oder sich selbst?“ „Es gibt nur eine Möglichkeit das herauszufinden.“ „Jup. Hinein ins Wespennest.“ Die Wachstation war ein großer ovaler Raum mit mehreren Ebenen. An der Außenseite waren Gänge angebracht, und in der Mitte war ein tiefes Loch im Boden, aus dem ein zweistöckiger, verglaster Turm herausragte, der nur durch eine schmale Brücke vom Erdgeschoss aus zugänglich war. Auf der Reling, die um die obere Etage herumging stand ein Wildschwein in einem schwarzen Anzug, während schwer bewaffnete Wildschweine auf beiden Ebenen am Rand des Raumes ihre Waffen auf den einzigen Zugang richteten. Das Wildschwein im Anzug hob das Mikrofon. „Sie haben noch eine Minute.“ „OK. Nicht schießen! Wir kommen rein.“ „An Alle: Solange sie gehorchen wird nicht geschossen. Und jetzt raus mit Ihnen Officer Wilde, und auch mit Ihnen Officer Wilde.“ Nick trat zuerst vor. Er hatte seine Ausrüstung wie verlangt abgelegt und ging nun mit ausgestreckten Armen langsam in den Raum. Judy tat das gleiche etwa eine halbe Minute später, als das Feuer tatsächlich noch nicht eröffnet wurde. Als erstes fielen ihr natürlich die vielen bewaffneten Wildscheine auf, die auf den Gängen auf beiden Ebenen des Raumes standen. Das Schwein im schwarzen Anzug war ebenso auffällig, da es dermaßen fehl am Platz wirkte. Zu guter Letzt sah sie eine weiße Gestalt, die auf einer Art Behandlungstisch im oberen Stock der verglasten Wachzentrale fixiert war. Alle Augen, und vor allem Waffen, waren auf Nick und Judy gerichtet… „Sehr schön. Ich muss gestehen, dass ich mich mit Ihnen unter anderen Umständen gerne mit einer guten Tasse Tee an einem neutralen Ort getroffen und geplaudert hätte. So jedoch wäre es nicht sehr klug von mir mich ihnen zu nähern. Insbesondere Ihnen Mrs. Wilde. Immerhin halten sie bis zum heutigen Tage den Rekord an der Akademie für den schnellsten K.O. gegen ein Rhino. Da dürfte ich Sie kaum dazu veranlassen in Schweiß auszubrechen.“ Nick musste sich räuspern. „Ich bin durchaus gewillt Ihnen im letzten Punkt zuzustimmen, Mr.?“ „Oh, Verzeihung. Wo bleiben meine Manieren? Sie dürfen mich Mr. Smith nennen.“ „Wie Sie wünschen Mr. Smith. Aber wenn sie hier gerade versuchen mit meiner Frau zu flirten, so muss ich Ihnen sagen, dass ich das durchaus als unangebracht betrachten muss.“ Mr. Smith musste dabei lachen. „Ich kann Ihnen versichern, dass ich keinerlei Interesse dieser Art an einer Häsin haben kann. Meine Eltern haben mich gut erzogen.“ Er begann dabei breit zu grinsen, musste allerdings die Augenbrauen zusammenziehen, als die erwartete Reaktion vom Fuchs unter ihm ausblieb. „Nun gut. Dann eben zum geschäftlichen: Wer weiß, dass sie hier sind?“ „Ist das nicht offensichtlich? Chief Bogo. Dazu kommen unsere Kollegen und dann haben wir noch fünf… Verzeihung, sechs S.W.A.T.-Teams, die nur auf ihren Einsatz warten.“ Mr. Smith begann wieder laut zu lachen. „Wirklich? Wie kommt es dann zu dieser Aussage ihrer Frau?“ Er drückte auf einen Knopf auf einem Diktiergerät in seiner Pfote. „Dir ist schon klar, dass es wahnwitzig ist dies ohne Verstärkung durchziehen zu wollen?“ „Nun, du kennst mich. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.“ „Das klingt mir eher nach einer spontanen Aktion, bei der Sie entschieden haben immer weiter zu gehen, bis Sie gelandet sind, wo sie jetzt stehen.“ „Oh. Ich kann Ihnen versichern, dass sie sich lediglich darauf bezogen hat, dass wir nicht mit einer schwer bewaffneten Truppe von ausgebildeten Soldaten hier hinein gestürmt sind. Dies war aber leider nicht machbar...“ „Irgendwie glaube ich, sie lügen mich an.“ Nick keuchte entsetzt auf und packte sich an die Brust. „Ich bin schockiert. Ich bin ein Tier des Gesetzes und würde doch niemals lügen!“ „Es tut mir irgendwie leid, aber wenn Sie nicht ehrlich mit mir sein können, so werden Sie nun sterben müssen. Irgendwelche letzten Worte?“ „Ich möchte Ihnen in der Tat noch etwas sagen.“ Nick blickte sich um und drehte sich langsam mit ausgestreckten Armen um sich selbst. „Ihnen allen.“ „Und das wäre?“ „Gute Nacht.“ Mr. Smith blickte die Tiere unter sich verwirrt an und ein ungutes Gefühl machte sich in ihm breit, als sich beide niederkauerten und sich die Ohren zuhielten. Im nächsten Moment brach auch schon die Hölle los. Auf der kompletten Umrandung auf Höhe des Erdgeschosses detonierten zeitgleich unzählige Blendgranaten und die Wildschweine auf den oberen Rängen eröffneten das Feuer… Auf ihre Kammeraden! Mit Betäubungspfeilen! Er bemühte sich seine Sinne wieder zu sammeln und als erstes bemerkte er, dass sich die Wildes nicht mehr dort befanden, wo sie sich nur Augenblicke zuvor noch befunden haben. Mr. Smith torkelte zurück und trat durch die Tür in das Innere der Zentrale. Diese Beiden mochten ihn irgendwie ausgetrickst haben, aber er würde SIE nicht enttäuschen. Niemand durfte Winters in die Pfoten bekommen. Immer noch benommen zog er seine Pistole und richtete sie auf die Füchsin. „Stirb!“ Etwas Hartes traf ihn an der Seite und er flog gegen die Wand. Er blickte auf und sah dort die grauen Umrisse einer Häsin. Er war erledigt, aber dennoch würde er seinen Auftrag vollenden! Also richtete er seine Waffe, die er immernoch in den Pfoten hielt erneut auf die verschwommene weiße Figur auf dem Tisch. Bevor er den Abzug ganz durchgedrückt hatte, geschahen drei Dinge nahezu gleichzeitig, die ihn von deinem eigentlichen Ziel abhielten: Zunächst wurde der Tisch von einer roten Gestalt umgestoßen. Als sich dann der Schuss löste, ging die rote Gestalt zu Boden. Und wieder traf ihn etwas Hartes. Diesmal in die Schnauze und er konnte nun sogar erkennen, dass es die zwei länglichen Hinterläufe einer grauen Häsin waren. Und während ihm schwarz vor Augen wurde konnte er gerade noch dumpf einen Schrei vernehmen. „NICK!“ Kapitel 7: Wiedersehen ---------------------- Der Schuss klingelte immernoch in ihren Ohren, aber das war nun nebensächlich. Nick war zu Boden gegangen und das war ihre größte Sorge, nachdem Mr. Smith ausgeschaltet war. „NICK“ Es dauerte keinen ganzen Herzschlag, da war sie an seiner Seite. Er hockte auf allen Vieren und sie legte ihre Pfote auf seinen bebenden Körper in der Hoffnung, dass die Verletzung und die Schmerzen nicht so schlimm waren, wie sie schienen. Sie zuckte zusammen, als Nick einen Laut von sich gab, den sie in dieser Situation am wenigsten erwartet hätte… Nick begann lauthals zu lachen! „Nick?“ „HAHAHAHA! Bogo schuldet uns nun ein Wochenende in einem Luxushotel unserer Wahl!“ Damit drehte sich Nick auf den Rücken und Judy war entsetzt, dass er lachte, obwohl er blutete. Die Kugel hatte ihn an der Schnauze erwischt und die Haut und die dazugehörigen Blutgefäße über seiner Titanschnauze aufgerissen und eine kleine Delle in diese geschlagen. Aber bis auf die Delle war dies Nichts, was nicht mit einem Pflaster und einigen Tagen Ruhe zu flicken war. „Er hat ständig gesagt, dass ich damit…“ Er deutete auf seine Schnauze. „… nur Probleme bekommen werde und dass ich ihr niemals etwas zu verdanken haben werde! Aber es hat mein Leben gerettet!“ „Du bist unmöglich.“ Damit erlaubte Judy sich ihren Kopf auf seine Brust sinken zu lassen und atmete tief den starken Duft von Fuchs ein. Nur etwas stimmte nicht… Es war nicht der leichte Geruch von Blut… Nein, es waren Pheromone… Fuchs… Genauer gesagt: Füchsin! Judy sprang auf, als ihr das Wichtigste überhaupt wieder in den Sinn kam: Die Gefangene! Sie sprang auf und über die umgeworfene Liege, auf der die weiße Füchsin immernoch festgebunden war und etwas vor sich hinmurmelte. Dort löste sie die Fesseln und Skye Winters fiel wie ein nasser Sack in sich zusammen während sie unbeeindruckt weitermurmelte. „… Nein… Ich sage euch Nichts… Nein… Ich sage euch Nichts… Nein… Ich sage euch Nichts…“ „Mrs. Winters. Ich bin Officer Wilde. Wir werden Sie hier rausbringen.“ „… Nein… Ich sage euch Nichts… Nein… Ich sage euch Nichts… Nein… Ich sage euch Nichts…“ „Mrs. Winters, können Sie mich verstehen?“ „… Nein… Ich sage euch Nichts… Nein… Ich sage euch Nichts… Nein… Ich sage euch Nichts…“ „Nick! Wir brauchen einen Sanitäter! Schnell!“ Nick rief durch die Tür und wollte sich zu den beiden Frauen begeben, als ihm etwas ins Auge fiel. Er ging neben die Trage und blickte auf mehrere leere Fläschchen, die auf einem der Tische neben einigen Spritzen lagen und verzog die Schnauze. „Was ist?“ „Natriumamytal… Judy, sie haben ihr ein Wahrheitsserum verabreicht!“ Nick ging neben Judy auf die Knie und wandte sich an die Füchsin. „Was wollten sie von Ihnen wissen?“ „… Nein… Ich sage euch Nichts… Nein… Ich sage euch Nichts… Nein… Ich sage euch Nichts…“ Er sah hinüber und konnte nur den Kopf schütteln. „Wir bringen Sie jetzt zu einem Arzt.“ Damit nahm Nick sie auf die Arme und schreckte zusammen, wie abgemagert sie tatsächlich war. Dann begab er sich mit ihr in Richtung der Tür. Bereits nach dem ersten Schritt spürte er ihre Nase an seinem Hals, wo sie an ihm schnupperte und dann noch einen tiefen Atemzug nahm. Sein Blick war bereits leicht benommen, da die Pheromone, die sie von sich gab, dermaßen potent waren, dass sich jeder ungebundene Fuchs längst über sie hergemacht hätte. Nick war froh, dass er Judy hatte, sonst hätte ihn Nichts und Niemand davon abhalten können sich hier und jetzt mit ihr zu paaren… Plötzlich versteifte sie sich in seinen Armen und noch bevor er seinen Blick auf sie richten konnte, stieß sie ihn von sich. Ungeachtet der Tatsache, dass ihr Sturz auf den harten Boden schmerzhaft werden würde. Judy war an seiner Seite und stützte ihn noch bevor er fiel, während sie mit einem entsetzten Blick die Füchsin anstarrte, die sich nun wimmernd zusammenkauerte, ihren Schwanz zwischen ihren Beinen hindurch an ihre Brust zog und sich wahrlich verzweifelt daran festklammerte. „Nein… Jack, wo bist du? … Nein, nicht… Jack? … Wo bist du? … Nein… Jack, ich brauche dich…“ ‚Schrecklich‘ war nicht einmal annähernd passend für das Gefühl, welches sie durchfuhr, als sie dieses heulende und verzweifelte Häufchen Elend vor sich sah. In ihrer bisherigen Dienstzeit hatte sie mehr als nur einen Blick in die wirklich dunklen Seiten der Stadt werfen können und dieses Verhalten hatte sie durchaus schon bei Frauen erlebt. Und jedes Mal war wie eine Klinge in ihrer Brust, als sie sich unweigerlich ausmahlte, was diese Frauen durchgemacht haben mussten. „Haben sie sie…?“ „Nein Judy… Es war grausamer… Wir müssen sie hier herausschaffen und Savage muss schnellstens herkommen.“ Nick ging neben ihr auf die Knie und streckte seine Pfote aus. Noch bevor er sie berührte versteifte sie sich erneut und Nick zog sich wieder zurück. Bevor er sich Judy zuwandte. „Ihr Zustand ist noch schlimmer als ich befürchtet hatte. Du musst sie stützen bis wir draußen sind oder uns die Sanitäter entgegen kommen.“ Ohne etwas zu erwidern ging Judy neben ihr in die Hocke und streckte ihre Pfote aus. Als sie sich nicht versteifte, legte Judy ihr die Pfote auf die Schulter und als auch jetzt keine Reaktion erfolgte, legte sie ihr auch noch die andere Pfote auf die Schulter. „Wir bringen sie jetzt hinaus zu den Sanitätern.“ Als die Füchsin nicht reagierte wagte Judy es um sie herum zu gehen und sich ihren Arm über die Schultern zu legen, aber selbst dann rührten sich ihre Beine nicht. Kurzentschlossen schob sie ihren anderen Arm unter ihre Beine und war geradezu entsetzt, als sie ebenso wie Nick feststellen musste, wie mager und leicht sie unter ihrem Fell war. Nick lehnte sich durch die Tür. „Status?“ „Gesichert!“ „Gut. Judy komm mit.“ Damit lief Nick los. Im Raum waren die Wildschweine der S.W.A.T.-Einheit dabei die Söldner zu fesseln und abzutransportieren. Er musste dafür sorgen, dass ihnen kein Tier im Weg stehen würde, während sie sich auf dem Weg nach draußen befanden. Auf halber Strecke kamen ihnen zwei Zebras entgegen, aber bevor Nick beide warnen konnte hatten sie bereits die Hufe nach ihr ausgestreckt und die Füchsin in Judys Armen hatte sich verzweifelt mit Krallen gegen die Sanitäter zur Wehr gesetzt und panisch losgebrüllt. „NEIN! WEG! … Nein… Jack… Jack…“ Nick schob sie rasch beiseite. „Paarungszeit und gewaltsam von ihrem Gefährten getrennt. Kein Mann darf sich ihr nähern. Ist eine Frau unter den Sanitätern?“ Wäre die Situation nicht dermaßen ernst gewesen, so hätte sich Nickt totlachen können, als beide Zebras nahezu gleichzeitig verstanden und die Augen weit aufrissen. „Wagen drei, Antilope. Wir geben ihr Bescheid.“ „Danke.“ Damit sprinteten beide los um ihre Kollegin zu informieren. Wieder machte Nick den Weg frei und achtete darauf, dass sich kein männlicher Helfer auch nur in ihre Nähe begab. Auch wenn es nur wenige Minuten waren, seit sie Skye Winters gefunden haben, so fühlte es sich sowohl für Nick als auch für Judy wie eine Ewigkeit an. Dies lag zu einem nicht unerheblichen Teil daran, dass sie sich in einer vergleichbaren Situation befanden und sie daher gut nachvollziehen konnten, was ihr durch den Kopf gehen musste. Draußen angekommen hatten sich die beiden Sanitäter in Position begeben um ihnen die Richtung zu weisen und als sie bei Wagen drei ankamen machte Judy einen Satz an der Antilope vorbei direkt in den Wagen und legte Skye dort ab. Nur einen Augenblick später war sie an Judys Seite und begann mit ihren Untersuchungen der Füchsin. „Wie war ihr Zustand, als Sie sie gefunden haben?“ Sie richtete ihren Blick auf Judy, die nur an Nick verwies. Nick antwortete zugleich. „Schlimm. Sie wollten Informationen von ihr. Sie haben sie gefesselt, voraussichtlich die ganze Zeit über, und da jetzt Paarungszeit für Füchse ist, ist Nichts zu tun eine schlimmere Folter als alles andere. Hinzu kamen offensichtlich mehrere Infusionen mit Natriumamytal.“ Nick wandte sich kurz an Judy. „Hol Savage her. Sie braucht ihn dringend.“ Judy sprang darauf hin aus dem Wagen und griff nach ihrem Funkgerät, nur um festzustellen, dass sich dieses mit ihrer übrigen Ausrüstung noch immer im Gebäude befand. Kurzentschlossen ging sie ein kurzes Stück schnappte sie sich eines von einem Wildschwein, das gerade einen Söldner abführte. „Chief, Wilde hier. Ist er bereit hergebracht zu werden?“ „Er ist auf dem Weg. Er sollte in weniger als zwei Minuten bei Ihnen eintreffen.“ „Verstanden.“ Sie machte kehrt und begab sich zurück zum Krankenwagen. Dort saß bereits Nick neben der Antilope, die sich gerade um die Verletzung an Nicks Schnauze kümmerte. „Ihr Gefährte trifft gleich ein. Wie geht es ihr?“ Die Antilope antwortete ohne von ihrer Arbeit aufzuschauen. „Entkräftet, dehydriert und Situationsbedingt unter enormen hormonell bedingtem Stress. Nichts, was eine Nacht mit ihrem Fuchs, ein paar Tage Ruhe und reichlich Flüssigkeit nicht wieder hinbekommen sollten.“ Nick und Judy blickten sich an und mussten trotz der Situation grinsen. Die Antilope blickte auf und sah zwischen beiden hin und her. „OK. Ich habe das Gefühl, dass ich irgendetwas nicht mitbekommen habe.“ Das Grinsen wurde ein wenig breiter und bevor einer von ihnen etwas erwidern konnte, fuhr ein Streifenwagen vor, aus dem Liz und Freddy ausstiegen. Freddy kam zu ihnen, während Liz die hintere Tür öffnete und ein weißer Hase mit schwarzen Streifen auf den Wangen ausstieg. Dieser trug eine weite Jogginghose und ein helles Hemd mit hochgekrempelten Ärmeln. Hinzu kam der Gehstock, auf den er sich stützte um sein Bein zu entlasten. Er blickte sich um und sah Judy neben Nick stehen. „Wo ist sie?“ Beide deuteten über ihre Schulter auf den Krankenwagen hinter sich. Jack wurde so schnell, wie es ihm möglich war und stieg in den Krankenwagen, wo Judy und Nick direkt die Türen hinter ihm schlossen. Freddy stand vor der Antilope und blickte amüsiert auf ihre erstarrte Schnauze. „Gehe ich recht in der Annahme, dass ihr sie nicht darüber informiert habt, dass er ein Hase ist?“ Strahlend weiße Zähne waren in den Schnauzen beider Wildes zu sehen, als er sich umdrehte und auch Liz musste lachen. Ein recht lautes Geräusch ließ sie verstummen, aber ihr Grinsen noch breiter werden. Der Klang von Kleidung, die ungeduldigen Klauen zum Opfer fiel, war ausgesprochen markant. Als der Wagen kurze Zeit später auch noch anfing zu wanken, wagte es die Antilope etwas zu sagen. „… Das habe ich nicht kommen sehen…“ Nach einigen Minuten stieß Judy Nick in die Seite. „Wir sind gleich wieder da.“ Damit begaben sich Nick und Judy zum nächstgelegenen Krankenwagen. Auf dem Weg kam ihnen bereits Captain Nimh entgegen und seine Schnauze schien sich uneins zu sein, was sie zeigen soll. „Nun, eigentlich sollte ich entsetzt sein, bei dem was Sie hier mit ihrer Frau angestellt haben… Sich in einem Gebäude voller eiskalter, kampferprobter Söldner selbst als überdimensionale Zielscheibe zu präsentieren? Das ist doch wahnwitzig! Aber dennoch muss ich gestehen, dass Sie gut waren. Diese Tiere waren dermaßen auf Sie fixiert, dass sie uns nichteinmal bemerkt haben, wie wir die Blendgranaten weniger als einen Meter hinter ihnen platziert haben!“ „Was soll ich sagen? Ein voll ausgestattetes S.W.A.T.-Team haben sie erwartet. Das hätte ihnen höchstens ein müdes Lächeln abgerungen. Aber die schnellste Häsin und der schlauste Fuchs des ZPD, die sie an der Schnauze herumführen? Da mussten sie ihre Aufmerksamkeit auf uns richten. Sind Sie später auch bei der Nachbesprechung dabei?“ „Das ist eine überflüssige Frage. Um nichts in der Welt würde ich das verpassen wollen.“ „Wir sehen uns dann später.“ „Bis dann.“ Sie trennten sich und gingen weiter zum nächsten Krankenwagen. Dort baten sie die Sanitäter um zwei Decken und zwei Flaschen Wasser. Auf dem Weg zurück zu den anderen beugte sich Nick hinunter zu Judy und flüsterte ihr ins Ohr. „Ich wünschte nur, wir könnten uns auch um mein Problem kümmern.“ „Glaub mir. Ich auch. Aber dann brauchen wir mindestens eine Stunde, aber die haben wir leider nicht.“ Die Anderen blickten sie an und fragten sich einen Moment, was sie mit den Decken vorhatten, bis sie zur Tür gingen und anklopften. „Tut mir Leid, wenn wir euch unterbrechen müssen, aber das muss erstmal reichen. Wir haben einige wichtige Fragen.“ Nick öffnete die Tür einen Spalt breit und reichte erst die eine und dann die andere Decke hinein. Danach öffnete er die Tür ganz und zum Vorschein kamen zwei Tiere mit einem deutlich entspannteren Ausdruck als zuvor und beide hatten sich eine Decke umgeworfen. Die Überreste ihrer Kleidung lagen in Fetzen auf dem Boden verteilt herum. Er stieg in den Wagen und reichte beiden eine Flasche Wasser. „Hier. Ihr werdet es brauchen.“ „Danke.“ Während sie das kühle Nass ihre Kehle hinunterlaufen liefen, stieg Nick ein feiner Geruch in die Nase. Sein Blick ging zu Jack und dort zu seiner linken Schulter. Nachdem Jack seine Flasche abgesetzt hatte ließ Nick seine Pfote auf der Schulter des Hasen niedergehen. Dieser zuckte zusammen und Skye blickte auf die Stelle, an der immernoch der Kontakt zwischen den beiden bestand. Judy war der Kontakt und die Reaktion des Hasen ebenso wenig entgangen. Diese lächelte Skye jedoch an. „Keine Sorge. Er hat es verdient.“ Skye zog die Augenbrauen hoch und blickte zu Jack. „Später.“ „Wir haben jetzt aber ein paar dringende Fragen an Sie Mrs. Winters. Fühlen Sie sich in der Lage dazu?“ „Ich… glaube schon.“ „Gut. Wissen Sie, warum Sie entführt wurden? Was wissen Sie, dass man mit Wahrheitsserum und Folter von Ihnen erfahren wollte?“ „Sie wollten wissen… Wem ich von dem Buch erzählt habe.“ „Welches Buch?“ „Ich habe ein Tier bemerkt, das mich beschattet hat…“ „Ein Wildschwein?“ „Ja, genau. Ich bin ihm… gefolgt. In… ein altes Lagerhaus…“ Sie fuhr sich mit der Pfote über die Schnauze, während Jack ihre andere Pfote ergriff. „Dort war eine… Werkstatt. Mit… mit…“ Skye schüttelte den Kopf. „Es ist schwer mich zu erinnern… was ich…“ „Das sind die Reste des Wahrheitsserums in Ihrem Blut. Aber versuchen Sie sich trotzdem zu erinnern.“ „Da war ein Buch… Es war alt… sehr alt…“ Sie leerte die Flasche und gab diese an Judy weiter. „Auf der aufgeschlagenen Seite stand etwas… es ist verschwommen… Rapas… Bapas… Nein… Papas… Papas Bombe….“ Bei allen Anwesenden schossen bei diesen Worten die Ohren in die Höhe. „Ich habe geblättert… zum Anfang… Da stand ein Name…“ „Können Sie sich erinnern welcher Name?“ „… … Irgendwas mit …anna … … Liebes Tagebuch… Es war ein Tagebuch… Ich… Ich weiß nicht mehr… Ich kam in unserem Unterschupf an… und dann…“ Jack reichte ihr seine Flasche und sie leerte diese in einem Zug. „Ich habe darin gelesen… Ihr Bruder war nicht so gut wie sie…. Ihr Papa konnte etwas was andere nicht konnten… Noch ein Name… Ivan…“ Nick und Judy wurden blass, als ihnen diese Dinge ziemlich bekannt vorkamen. „Dann kam… ein Teppich?“ „Da wurden Sie entführt. Aber ich muss Sie bitten sich nochmal genau auf den Namen am Anfang des Tagebuchs zu erinnern. Versuchen Sie sich zu konzentrieren.“ Skye schlug die Pfoten auf ihrer Schnauze zusammen und schüttelte vehement den Kopf. „… anna… anna… vanna… … … Ivanna… Ivanna? … Ja, Ivanna…“ „Das Tagebuch stammte von Ivanna Koslov! Daher hatten sie die Bombenpläne!“ „Das ist der Beweis, dass Ivan unschuldig ist.“ „Nur wie sind sie an das Buch gelangt?“ „Was wäre, wenn sie es bei sich trug, als sie und Beatrice Big entführt wurden?“ „Das würde einiges erklären. Aber wir brauchen Gewissheit…“ Im nächsten Moment hatte sie bereits ihr Handy am Ohr. „… Das ist seltsam.“ „Was?“ „Mr. Big geht nicht ran. Moment.“ Judy wählte eine weitere Nummer. „FruFru auch nicht… Das ist höchst ungewöhnlich.“ „Er hat… telefoniert.“ „Wer?“ „Smith.“ „Können Sie sagen mit wem?“ „Nein… Er nannte sie nur ‚Ma´am‘…“ Skye kniff ihre Augen zusammen und packte ihren Kopf mit beiden Pfoten, als sie verzweifelt versuchte sich einerseits zu konzentrieren und andererseits zu erinnern. „… Wie… würde sie sich… fühlen…“ Alle blickten Skye an und diese sprach nach einem Moment weiter. „… die Tochter der Familie… Big… wenn sie… auch erfährt wie es ist… die Familie zu verlieren… allein zu sein…“ „Nun bin ich wirklich besorgt… Wir sollten die Angelegenheit sofort klären. Dies könnte bedeuten, dass es jemand auf die Familie Big abgesehen hat.“ „Wenn wir sie telefonisch nicht erreichen schlage ich vor wir fahren hin.“ „Das können wir nicht. Dieser Einsatz ist noch nicht abgeschlossen und wir dürfen uns dementsprechend noch nicht entfernen.“ „Moment.“ Nick holte sein eigenes Handy hervor und wählte eine Nummer. „Chief, wir haben eine Spur. Winters hat offensichtlich ein Gespräch von Mr. Smith gehört, wo es um die Familie Big geht. Versuche sie telefonisch zu erreichen schlugen fehl. Wir brauchen Ihre Erlaubnis, um uns sofort vom Einsatzort entfernen zu dürfen… Verstanden… Danke.“ Nick wandte sich nun wieder an Judy. „Wir haben sein OK. Wir nehmen Freddy und Liz, fahren hin und melden uns dann nochmal bei ihm. Wenn alles in Ordnung ist, dann bringen wir Mr. Big auf Stand und kommen wieder zurück.“ „… Was hast du mit Chief Bogo gemacht?!“ „Er sieht es pragmatisch: Wenn sich Mr. Big tatsächlich in Gefahr befindet und das ZPD ihn davor bewahrt, dann schuldet er uns einen Gefallen. Und er hat Prinzipien. Das ist in der Unterwelt nicht selbstverständlich. Wenn wir unseren Job gut machen gewinnt somit Jeder.“ „Und was wäre mit dem Argument, dass wir damit Leben retten?“ „Das auch.“ Judy war sich nicht sicher, ob sie lachen oder weinen sollte, so ging sie einfach zu ihren Kollegen und unterwies diese über ihren kleinen Ausflug während Nick ihre Ausrüstung holte. Da es keine akute Gefahr gab, hatten sie keine Freigabe für Sirene und Blaulicht. Im Nachhinein betrachtet, war dies sogar zu ihrem Vorteil, als sie ankamen. Liz besah sich die Situation und sprach aus, was ihr direkt durch den Kopf ging. „Ich habe ein ganz ungutes Gefühl dabei.“ Ihre Kollegen mussten ihr zustimmen: Das Tor an der Zufahrt zum Anwesen stand weit offen und von den Wachen war weit und breit nichts zu sehen. Und das war ein Ding der Unmöglichkeit. Sie stiegen aus und näherten sich vorsichtig dem Tor. Freddy und Nick hoben zugleich ihre Pfoten und brachten so ihre Begleiterinnen dazu zu stoppen. Beide schnüffelten in der Luft und während Nick die Umgebung im Auge behielt flüsterte Freddy ihnen zu. „Es riecht nach Fisch. Sehr viel Fisch.“ Judy machte zwei vorsichtige Schritte auf Nick zu und tippte ihm drei Mal leicht auf den Rücken. Dieser ging daraufhin wortlos in die Hocke und Judy machte einen Satz auf seine Schultern. Während Nick sich wieder aufrichtete, legte sie ihre Pfoten an seinen Kopf und richtete ihre eigenen Ohren zu voller Größe auf. Der Anblick hätte unter anderen Umständen einen Lachkrampf auslösen können, aber ihre Partner wussten, dass sie so ihre Stärken auf eine außergewöhnliche Weise vereinen konnten. Judy saß nun mit geschlossenen Augen auf Nicks Schultern, mit ihren Pfoten an seinem Kopf und richtete seine Schnauze auf jedes ungewöhnliche Geräusch aus, das ihre empfindlichen Ohren vernahmen. Sie richtete ihn auf einen Busch nahe der Mauer aus, aus dem eindeutig tierische Geräusche kamen. Ein schnelles Pfotenzeichen signalisierte ihren Kollegen, dass sie ihre Waffen bereithalten sollten, während sie sich langsam dem Busch näherten. Dieses Gefühl der Unruhe in ihrem Inneren verstärkte sich, als sie die Geräusche als eine Art Schmatzen identifizieren konnte… Irgendwer oder irgendwas war gerade dabei etwas zu essen… Judy gab ihm ein Zeichen anzuhalten und da sah er es: Durch die Blätter fiel Mondlicht auf zwei spiegelnde Objekte und nur einen Moment später stellte sich heraus, dass es Augen waren, die zu einer weißen Schnauze gehörten, die sich langsam durch die Blätter schob. „Sergej?“ Der Eisbär kam vollends aus dem Busch heraus, nur tat er dies auf allen Vieren und als er vor ihnen stand zeigte er kein Anzeichen von Erkenntnis… Stattdessen riss er das Maul auf und gab ein animalisches Brüllen von sich, wobei sogar Teile eines Fisches vor ihre Pfoten geschleudert wurde. Auch wenn es Jahre her war, so war ihnen noch immer das verstörende Verhalten von Tieren unter Einfluss des Nachtheulerserums bekannt. So war es nicht verwunderlich, dass der Eisbär keine drei Schritte machen konnte, bevor er mit zwei Betäubungspfeilen zu Boden ging. „Leute… Es sieht ziemlich übel aus… Freddy, ruf Verstärkung, Liz, mitkommen.“ Auch wenn er der jüngste von ihnen war, was die Dienstjahre anging, so hatte er sich mehr als nur ein Mal als geborener Anführer erwiesen. Daher hatten sie keine Bedenken seiner Führung zu folgen, wenn es die Situation gebot. Und die Situation gebot es… Die Eingangstür war geschlossen und sie gingen an den Seiten in Position, während Judy ihr Ohr an das kühle Holz presste. Sie lauschte fast eine ganze Minute, während sie versuchte irgendeine Form der Bewegung zu vernehmen. Diese vernahm sie dann auch, allerdings war dies ein gutes Zeichen, denn es waren die Pfoten eines Wolfs, der sich ihnen aus Richtung des Tores näherte. Judy streckte ihre Pfote in Richtung Nick aus und machte die Geste für ‚unklar‘, dies wiederum ließ ihn eine schnelle Abfolge von Pfotenzeichen an ihre Kollegen richten, dass sie ihnen den Rücken decken sollten. Liz und Freddy entsicherten ihre Waffen und bereiteten sich darauf vor auf jedwede Bedrohung schnellstens reagieren zu können, während Nick seine Pfote auf den Türknauf legte. Ein schneller Blick bestätigte ihm, dass sie bereit waren und er wagte es die Tür so leise wie möglich zu öffnen, wobei er Judy nicht einen Moment aus den Augen ließ, da sie immernoch angestrengt lauschte. Wider Erwarten war die Eingangshalle frei und hätten sie nicht bereits das Tier draußen gesehen, hätte es geradezu friedlich und völlig normal wirken können. Das Zerspringen von Porzellan ließ sie alle gemeinsam zur rechten Seite Blicken, wo sich die Tür zur üppig ausgestatteten Küche befand. Nick ging wieder vor, Judy ließ ihre Ohren hin und her schnellen und dahinter waren Liz und Freddy, Rücken an Rücken um beide Richtungen im Blick behalten zu können. Dort angekommen öffnete er die Tür einen Spalt breit und blickte hinein. Was er sah ließ ihn das Blut in den Adern gefrieren: fünf Eisbären lagen in der Mitte und fraßen etwas, während sich ein weiterer an einem der Vorratsschränke zu schaffen machte. Und Letzterer stand auf allen Vieren! Sie mussten vorsichtig sein und durften kein Geräusch von sich geben, dies machte er wieder mit Pfotenzeichen verständlich. Wieder in der Eingangshalle angekommen hörten sie ein lautes Räuspern. Sie blickten auf zu der Empore und sahen dort drei Wildschweine, zwei davon trugen Uniformen wie jene in der Cliffside-Anstalt und eines davon war eine Frau in einem eindeutig teuren, aber dennoch funktionalen Anzug. „Es ist bedauerlich, aber dieser Speichellecker von Smith hat offenkundig versagt. Ist er wenigstens qualvoll verreckt?“ „Nein, er ist noch am Leben, Mrs.?“ „Was solls? Ihr werdet eh gleich sterben. Ich bin Mariella Bellucci. Und nun: FUTTER!“ Nick reagierte, bevor er es bewusst wahrnehmen konnte. „Ring bilden! Waffen feuerbereit machen!“ Die vier Cops standen Rücken an Rücken und hatten ihre Waffen im Anschlag, als scheinbar aus allen Türen Eisbären kamen und diese mit ihrem Gebrüll weitere Bären herbeiriefen. Nick musste schlucken und konnte nur noch eines sagen: „… Mist…“ Trotz der ernsten Lage wagte Freddy dennoch einen Versuch die Stimmung aufzuhellen. „Oh, mir gehen da ein paar ganz andere Worte durch den Kopf.“ Judy blickte rasch über ihre Schulter, bevor sie ihren Blick wieder auf die Tiere richtete, die sie gerade einkreisten. „Dir ist schon klar, dass das üblicherweise Nick´s Job ist?“ „Ist dir schon aufgefallen, dass er sich momentan eher wie jemand Anderes verhält? Da musste ihn doch Jemand vertreten.“ Noch bevor sie sich darüber weitere Gedanken machen konnten, stürzte sich der erste Bär auf seine potenzielle Beute. Kaum lag das erste Tier am Boden kamen schon die nächsten an und wurden ebenso schnell ausgeschaltet. Tier um Tier fiel den Betäubungspfeilen der Cops zum Opfer, bis Liz feststellen musste, dass ihr soeben die Munition ausgegangen war… Nur Augenblicke später vermeldeten nacheinander auch Nick und Freddy, dass ihnen ebenfalls die Munition ausging. Aber es schien überstanden. Die Körper der Eisbären hatten bereits beachtliche Berge um sie herum gebildet, als sie sich zum Zugang zum Oberen Stockwerk begeben wollten. Judy blickte dabei auf ihre Waffe. „Ich hab noch einen.“ „Was für ein Zufall.“ Sie richtete ihre Waffe umgehend auf das Wildschwein und auch das Wort. „Ergeben Sie sich! Sie haben keine Chance!“ „Nun, wenn du den Pfeil auf mich verschwendest, dann kann ich die Show doch garnicht genießen.“ Liz bemerkte es zuerst: Ihr Blick war nicht auf ihre Gruppe von Cops gerichtet, sondern auf etwas hinter ihnen. Ein Eisbär stand auf einem der Berge schlafender Bären und sprang. Sie spannte ihre Muskeln an und warf sich ihm mit aller Kraft entgegen. Unter ihnen war sie das größte Tier und hatte so als einzige die Chance genügend kinetische Energie freizusetzen um ihn zu stoppen… auch wenn es höllisch wehtun dürfte… Sie brüllte laut auf und schaffte es tatsächlich ihn von seinem Ziel abzudrängen. Die Klauen des Eisbären verfehlten Freddy nur knapp, als er mit Liz um seinen Hals neben der Gruppe auf den Boden prallte. Der Augenblick ließ keine Zeit für Pläne, also tat Judy das einzige, was ihr in den Sinn kam: Sie feuerte auf den Bären und machte ihn so kampfunfähig. Nun lag dieser schlafend auf dem Boden und Liz halb unter ihm… lediglich ihre Beine ragten unter dem massiven Fleischberg hervor und wenn sie nichts unternehmen würden, wäre ihr Schicksal besiegelt. „Judy, unter ihn und hochpressen! Freddy, rechtes Bein!“ Nick selbst packte ihr linkes Bein und gab die Kommandos. „Auf drei! Eins. Zwei. DREI!“ Judy biss die Zähne zusammen und schaffte es dank ihrer starken Beine den Bären tatsächlich soweit anzuheben, dass ihre Kollegen Liz unter ihm herausziehen konnten. Kaum war sie frei, musste sie keuchen und konnte nur hecktisch hecheln. „Liz! Wie geht es dir?“ „Ich… Ich werde es… überleben…“ „Wollen wir doch mal sehen, ob wir das nicht ändern können.“ Bevor Jemand reagieren konnte, flog Liz eine kleine, graue Kugel direkt in die Schnauze und zersprang dort in ein feines grau-blaues Pulver. „So ein Pech, dass Ihr keine Betäubungspfeile mehr habt. Sie zu töten wäre nun die einzige Möglichkeit eure Sicherheit zu gewährleisten.“ Das Wildschwein über ihnen begann zu lachen während Liz niesen musste und sich nach wenigen Augenblicken begann herumzuwälzen. Es bedurfte keines überragenden Intellekts um sich auszumalen, was nun passieren würde. Liz richtete sich auf allen Vieren auf und schnappte nach ihnen. Zu ihren Gunsten sprach momentan lediglich, dass Liz humpelte. Sie hatte sich beim Abfangen des Bären offensichtlich an der rechten Schulter verletzt und dies behinderte sie deutlich. Mit gefletschten Zähnen kam sie ihnen näher und näher, während sich Nick versuchte eine angemessene Vorgehensweise zu überlegen. Die Tür zum Treppenhaus war ganz in der Nähe und wenn sie es dort hinschaffen würden, könnten sie die Tür verbarrikadieren und die Verstärkung könnte sich um Liz kümmern. Ein schneller Blick und eine unscheinbare Bewegung mit seiner Pfote signalisierten ihr, was er von ihr wollte, während er sich bereit machte Liz mit einem Satz zur Seite abzulenken. „JETZT!“ Mit seinem Ruf hatte einerseits die Aufmerksamkeit von Liz auf sich gezogen und sein rascher Satz auf einen der betäubten Eisbären hatte sie dazu veranlasst einen Satz in seine Richtung zu machen. Mit einem lauten Brüllen brach Liz zusammen, als sie ihre verletzte Schulter belastete. Judy lief zur Tür und nicht nur sie musste mit Entsetzen feststellen, dass diese bereits verbarrikadiert war und sich nicht öffnen ließ. „Es wird langsam langweilig. Ich werde euch den tödlichen Pfoten dieses wilden Tieres überlassen, während ich mich um die Mörder meiner Familie kümmere.“ Damit machten die drei Wildschweine kehrt und verließen den Raum durch eine Tür im Obergeschoss, welche in den Flügel mit den diversen Lagern und Arbeitszimmern von Mr. Big führte. Ihnen lief die Zeit davon, soviel war ihnen bewusst. Ebenso bewusst war ihnen, dass die Verstärkung schnellstens eintreffen musste, sollten sie hoffen diese Situation überstehen zu können ohne sich selbst oder Liz in unnötige Gefahr zu bringen. Nick wollte sich gerade an Freddy wenden, als er bereits die Überreste seines Funkgeräts an dessen Gürtel sah. Er blickte sich um und als er einen Stapel Zeitschriften auf einem Tisch neben Freddy erblickte hatte er eine Eingebung. „Freddy, schnapp dir die Zeitschriften dort und wenn ich es dir sage, wirf sie auf Liz, um ihre Aufmerksamkeit auf dich zu ziehen. Halte dich bereit sie fortzulocken. Nach draußen, hoffentlich in die Arme der Verstärkung.“ „Verstanden.“ „Judy, nimm das als Stufe…“ Nick deutete auf einen Kerzenhalter an der Wand unterhalb der Balustrade. „… und dann hoch mit dir. Ich komme auch hoch.“ „OK.“ „Freddy, jetzt!“ Er griff nach dem Stapel und begann damit eine Zeitschrift nach der anderen auf Liz zu schleudern, wohlwissend, dass dies zwar ihre Aufmerksamkeit erregen wird, sie jedoch nicht noch weiter verletzen kann. Der Blick, den die Tigerin dem Wolf zuwarf jagte ihm eiskalte Schauer den Rücken hinunter und er hoffte diesen Blick niemals wieder von seiner einstigen Partnerin zugeworden zu bekommen. Nun hieß es laufen… schnell laufen… Sie war trotz ihrer Verletzung verdammt schnell auf der Geraden. Auch in Linkskurven. Einzig wenn er nach rechts auswich konnte er sie dazu zwingen ihre verletzte Schulter zu beanspruchen, was sie straucheln ließ und ihm die Möglichkeit gab ein wenig Distanz zwischen sich und seine Verfolgerin zu bringen. Bevor er durch die Tür hinausstürmen konnte, konnte er noch erkennen, wie Judy und Nick durch die Tür gingen, durch welche die Wildschweine gegangen waren. Aber dies sollte im Moment seine geringste Sorge sein, als er mit einem Hechtsprung gerade noch ihren Reißzähnen entkommen konnte. Er ließ die Zeitschriften in seinen Pfoten fallen, um schneller zu sein und ging sogar so weit sich auf alle Viere niederzulassen… >Zum Tor!< Er holte alles aus seinen Muskeln heraus, was ihm möglich war, aber Liz schlicht und ergreifend allein durch ihre Größe deutlich größere Schritte als er und holte so deutlich schneller auf, als ihm eigentlich lieb war… Nur noch ein paar Büsche und er könnte es vielleicht schaffen das Tor zu schließen, bevor sie ihn erreichen würde. Aber es geschah etwas, was zu keinem schlimmeren Zeitpunkt passieren konnte: Ein kleines Erdloch wurde ihm zum Verhängnis, als er mit seiner rechten, hinteren Pfote hineintrat und er vermeinte das knacken der Knochen zu hören, während er zu Boden ging. Er folgte seinem Bauchgefühl und rollte sich nach rechts, nur um festzustellen, dass er sich richtig entschieden hatte. Direkt vor ihm traf Liz auf und er blieb an etwas hängen… ein Baum stand im Weg und hinderte ihn daran sich weiter wegzurollen. Ihre Krallen fuhren unmittelbar vor seiner Schnauze vorbei und blieben an deiner Schutzweste hängen. Dabei rissen sie ihm nicht nur selbige vom Leib… Ein Schmerzensschrei entfuhr seiner Kehle, als ihre Krallen ihm auch noch über die Brust fuhren und blutige Wunden hinterließen. Er riss die Augen auf und sah nur noch die gefletschten Zähne unmittelbar vor seiner Schnauze und eine Träne nässte sein Fell, als er an seine Familie denken musste. >Lebt wohl…< Sie schlichen sich über den Gang und wie bereits in der Anstalt nutzte Judy ihr empfindliches Gehör, um die Räume erst durch die geschlossenen Türen hindurch zu lauschen. Beiden war bewusst, wie gefährlich es war den Kriminellen zu folgen, obwohl sie über keine Munition für ihre Waffen mehr verfügten, aber das Leben der Familie Big stand auf dem Spiel und somit mussten sie sich im Ernstfall auf ihre Kampfkünste und natürlichen Fähigkeiten verlassen. Etwa auf halber Höhe des Korridors waren aus dem Raum zu ihrer Rechten Stimmen zu hören: „Lassen Sie sie gehen. Sie waren noch garnicht auf der Welt, als ich die Fehde ausrief!“ „Sie haben meine Familie beseitigen lassen! Ich vergelte nur Gleiches mit Gleichem.“ „Lassen Sie die Familie Big da heraus! Nachdem sie meine Schwester entführt und ermordet haben hat MEIN Vater die Bombe gebaut und auch getragen, als sie detoniert ist! Wenn Sie Rache nehmen wollen, dann an MIR!“ „AUF SEINEN BEFEHL!“ Nick und Judy wagten es die Tür vorsichtig zu öffnen und konnten die Tiere darin erkennen. Auf einem Tisch lagen Mr. Big, FruFru, ihr Mann und die kleine Judy. Daneben auf dem Boden lag Koslov in Ketten. Vor ihnen stand Mariella Bellucci mit verschränkten Armen. Ihre beiden Wachen waren nicht zu sehen, befanden sich allerdings mit Sicherheit ebenfalls im Raum. Auf ihrer Schnauze bildete sich ein breites Grinsen und sie streckte ihren Arm nach hinten, raus aus ihrem Sichtbereich. Als sie dann zwei Schritte vorging richtete sie das Wort direkt an den Eisbären vor sich. „So loyal… Auch bis in den Tod?“ „Ohne zu zögern!“ Sie begann zu lachen. „Dann biete ich dir einen Deal an: Ich werde gleich deine Fesseln lösen. Wenn du sie verschonst, dürfen sie weiterleben. Abgemacht?“ „Abgemacht! Ich würde ihnen niemals etwas antun!“ „Sicher?“ Noch bevor Nick und Judy reagieren konnten hob sie eine Waffe, steckte den Lauf in Koslovs Maul und zog den Abzug ganze fünf Mal in schneller Folge. Die folgenden Ereignisse geschahen dermaßen schnell, dass sie kaum sagen konnten, wer was zu welchem Zeitpunkt gemacht hatte. Mit einer schnellen Bewegung öffnete sie das Schloss an den Ketten um Koslov. Nick stieß die Tür auf, stürmte zusammen mit Judy in den Raum und beide hoben ihre leeren Waffen. „ZPD! Waffen fallen lassen!“ Die zwei Wildschweine im hinteren Teil des Raumes standen neben einer Verbindungstür. Sie hoben ihre Waffen und begannen kleine grau-blaue Kügelchen in ihre Richtung zu schießen. Koslov begann zu keuchen, zu husten und zu würgen. Dabei wälzte er sich auf dem Boden und presste beide Pfoten gegen seinen Kopf. Das ohrenbetäubende Brüllen des Eisbären brachte der Situation einen Moment Stillstand und Ruhe, als alle zu ihm blickten. Ohne darüber nachzudenken ließ Judy ihre Waffe fallen und machte einen Satz zum Tisch und nahm die gesamte Familie Big auf den Arm. Sie stieß sich ab, zurück in Nicks Richtung, als bereits die ersten Geschosse den Tisch in einen feinen Nebel hüllten. Nick zog die Tür hinter sich zu und sie stürmten den Korridor entlang. Auch wenn die Familie nicht viel wog, so war allein ihre Anwesenheit auf ihrem Arm ein Hindernis für Judy, so zog sie kurzentschlossen eine der Schubladen an einem der Beistelltische auf und setzte sie darin ab. Sie hatte sie gerade wieder geschlossen und mit Nick den Weg fortgesetzt, als hinter ihnen die Tür aufgebrochen wurde und ein wilder Eisbär, der einst auf den Namen Ivan Koslov reagierte, auf sie zustürmte. Sie liefen um ihr Leben. Nicht mehr und nicht weniger. Aber dennoch schaffte es Nick seine Gedanken zu ordnen. „Du links, ich rechts.“ Ohne zu antworten machte Judy einen Satz zur nächsten Tür und öffnete diese, während Nick die Räume auf der rechten Seit kontrollierte. Beides waren Lagerräume ohne Fenster… Ebenso das nächste Paar an Räumen und auch das darauf folgende. Sie konnten nur hoffen, dass sich dieses Muster nicht auch beim letzten Paar fortsetzte, aber ihre Gebete wurden leider nicht erhört… Nun war am Ende des Korridors nurnoch eine massive Mauer. Nick sah sich um, aber sie hatten nicht viel mit dem sie arbeiten konnten. Mittlerweile war das einzige potenzielle Wurfgeschoss, eine fuchshohe Vase, jenseits von Koslov und daher momentan unerreichbar. Er brauchte eine Idee… und zwar sofort… >Ich brauche dringend einen Geistesblitz… einen… Geistes… blitz?!< Auch wenn er sowas unter normalen Umständen niemals machen würde, so hatte er keine andere Wahl. Er packte Judys Ohr und zog es zu seiner Schnauze, wo er hastig einige Anweisungen flüsterte. Noch bevor Judy richtig verarbeiten konnte, was Nick ihr da aufgetragen hatte, lief dieser bereits los. Judy war nur einen halben Herzschlag hinter ihm, aber dennoch hatte Nick die Position eingenommen, die das höchste Risiko trug verletzt oder gar in einem Stück verschlungen zu werden. Koslov war nur noch einen Meter von ihnen entfernt und er kam immer näher. Nick ging in die Hocke und stieß sich mit aller Kraft vom Boden ab in Richtung einer Lampe, die an der Decke hing. Der Eisbär öffnete sein Maul um den Fuchs mit einem Happs zu verschlingen, aber er beachtete das deutlich kleinere Tier garnicht, welches sich auf den Rücken warf und mit aller Kraft gegen den Kiefer des Bären trat. Durch Judys Tritt war das Maul geschlossen und dies entsprach genau Nicks Plan, denn es traf ihn direkt in den Bauch und raubte ihm einen Sekundenbruchteil den Atem. Durch den Tritt und die dadurch hochgeschleuderte Schnauze wurde er auch noch deutlich höher geschleudert, was Nick erlaubte die Lampe zu erreichen. Diese Packte er und zerschlug das Glas am harten Schädel des Eisbären, bevor er die nun freiliegende, brennende Lampe in den Nacken des Bären rammte. Nick konnte nur hoffen, dass er den richtigen Punkt traf, denn sonst wäre es um ihn geschehen. Es gab ein kurzes Flackern der Lichter, bevor Koslov besinnungslos zusammenbrach und sie sich einen Moment des Durchatmens erlauben konnten… „Ich bin durchaus beeindruckt. Aber Ihre Ausbildung ist durchaus besser als ich erwartet hätte.“ Sie blickten auf und etwas den Gang hinunter standen die drei Wildschweine mit ihren Waffen im Anschlag. „Wo sind diese widerlichen Spitzmäuse?“ „In Sicherheit. Sie dürften das Gebäude bereits verlassen haben.“ „Damit haben Sie Ihr Schicksal besiegelt… Sie werden an ihrer Stelle sterben.“ „Das wird Ihnen nicht gelingen!“ „Sie haben die Fähigkeit schnell und unkonventionell zu denken. Sonst wäre es ihnen nicht möglich gewesen den Schoßbären dieser Mäuse auszuschalten. Da dürften diese zwei Wildschweine wohl kaum eine Bedrohung darstellen. Aber das kann ich ändern. FEUER!“ Die beiden Wildschweine zogen die Abzüge ihrer Waffen und schickten ihre Geschosse auf die beiden Tiere. Und auch wenn sie einigen ausweichen konnten, so sorgte einerseits der Mangel an Deckung dafür, dass sie häufiger getroffen wurden, andererseits waren sie binnen weniger Augenblicke in einen feinen Nebel gehüllt. Ein schreckliches Brennen breitete sich in ihren Körpern aus und beiden war klar, was hier mit ihnen geschehen würde… Sie blickten sich an und wussten, dass die Tränen nichts mit dem feinen Pulver zu tun hatte. Selbst als sie auf ihre Pfoten fielen und vergeblich dagegen ankämpften war das einzige, woran sie denken konnten, was Nick Judy antun würde. „Es tut mir leid…“ „Es ist nicht deine… Schuld… Ich… Ich… liebe dich…“ Kapitel 8: Enthüllungen ----------------------- Panik war ein passendes Wort für das, was Mariella verspürte. Was auch immer sie erwartet hatte, niemals hätte sie ein derartig brutales Blutbad auch nur in Betracht gezogen. Sie musste weg hier und zwar schnell! Ihr Plan war einfach über die Balustrade zu springen, um nur noch schneller wegzukommen, als sich ihr zwei Wölfe in S.W.A.T.-Körperpanzern und Waffen im Anschlag in den Weg stellten. „ZPD! Waffe fallen lassen und runter auf den Boden!“ Ein Teil von ihr konnte die Aufforderung verstehen und ihr sogar soweit Folge leisten die Waffe fallen zu lassen, aber die Panik ließ sie nicht inne halten, so sprang sie einfach über die Balustrade und noch bevor sie den Boden erreicht hatte, trafen sie zwei Betäubungspfeile wodurch sie den Aufprall schon garnicht mehr mitbekam. Dieses Verhalten war verwirrend für die beiden Tiere. So blickten sie zunächst hinunter und sahen, dass ihre Kollegen sich bereits um das Wildschwein kümmerten. Daher konnten sie sich damit befassen, was jenseits der Tür lag, durch die sie panikartig geflüchtet kam. Sie näherten sich ihr mit den Waffen im Anschlag und gingen dann auf beiden Seiten in Stellung. Einer öffnete die Tür und sein Kamerad hatte nur einen Sekundenbruchteil später die entsicherte Waffe in den dahinterliegenden Korridor gerichtet… und erstarrte mit weit aufgerissenen Augen. Diese Reaktion war ungewöhnlich, daher wagte er auch einen Blick und er konnte spüren, wie ihm die Farbe aus der Schnauze schwand. „Bei allen Göttern!“ Chief Bogo hatte eine geteilte Meinung zu Krankenhäusern. Einerseits verabscheute er es eines oder gar mehrere seiner Tiere hier aufsuchen zu müssen, andererseits die Alternative… Waren doch diese Nacht Tiere in der Leichenhalle gelandet… Seine Gedanken ließ er sich nicht anmerken, und als er den Korridor des gesicherten Flügels entlanglief passierte er mehrere Zellen, welche von schweren S.W.A.T.-Einheiten bewacht wurden. Wie alle anderen hoffte er natürlich, dass sie nicht gebraucht würden, aber man konnte in einer solchen Situation nicht vorsichtig genug sein. Eisbär um Eisbär waren in den Zellen und die Ärzte warteten nur darauf, dass die Wirkung des Mondstaubes nachlassen oder das Gegenmittel wirken würde. Noch zu gut konnte er sich daran erinnern, wie einst die ersten Versuche eines Gegenmittels nahezu katastrophale Ergebnisse erbrachten. Und Mondstaub war nunmal etwas anderes als das Nachtheuler-Serum von einst, auch wenn es auf denselben Grundlagen beruhte. Sechs Stunden waren seit den Einsätzen in der Cliffside-Anstalt und auf dem Anwesen der Familie Big vergangen, aber es war ihm leider nicht möglich gewesen eher zu erscheinen. Wenn er Glück hatte, dann wäre zumindest eines seiner Tiere bei Bewusstsein und er könnte sich einen ersten Überblick über die Ereignisse verschaffen. Er bog in einen Seitengang ein und an der ersten Tür standen keine Wachen. Dies war auch nicht nötig, da es sich lediglich um Verletzte handelte, dies machte es aber nicht einfacher. Chief Bogo klopfte an und nach einer leisen Aufforderung einzutreten tat er genau das. Er war nicht wirklich überrascht Lea Wolfard am Bett ihres Gefährten anzutreffen, wobei sie seine Pfote in der ihren hielt. Sein Oberkörper war dick bandagiert und neben dem Bett standen ein Herzmonitor, ein Beatmungsgerät und ein Ständer mit einer Infusionslösung. Letztere voraussichtlich mit starken Schmerzmitteln. „Chief Bogo.“ „Mrs. Wolfard. Es tut mir Leid, dass es dazu gekommen ist. Darf ich fragen, wie es ihm geht?“ Die Wölfin lächelte ein wenig. Sie wussten, dass der Job gefährlich war und das sie jederzeit mit einem Krankenhausaufenthalt rechnen mussten, aber dennoch war es hart ihren Gefährten dort liegen zu sehen. Und auch wenn es nur wenige Male waren, dass sie ihn im Krankenhaus aufsuchen musste, so war Chief Bogo ein gutes Tier und konnte ihr trotz seiner rauen Schale deutlich machen, wie sehr er die Umstände bedauerte, die zur Verwundung ein jedes seiner Tiere führten. „Den Umständen entsprechend. Seine Lunge wurde verletzt, aber die Ärzte haben mir versichert, dass Fred keine bleibenden Schäden zurückbehalten wird. Die Wunden werden im schlimmsten Fall leichte Narben hinterlassen… Das Schlimmste für ihn dürfte noch das Jucken sein, wenn das Fell an seiner Brust nachwächst.“ Es vergingen einige Momente der Stille, die nur vom Piepen des Herzmonitors durchbrochen wurde, bevor sie sich direkt an Chief Bogo wandte. „Können Sie mir sagen, was genau vorgefallen ist? Wie es dazu kam?“ Dabei deutete sie auf die regungslose Gestalt auf dem Bett vor sich. „Momentan kann ich Ihnen nur das Offensichtliche mitteilen, was Sie bereits von den anderen gehört haben dürften. Seinen Kollegen wurde eine neuartige Droge, die dem Nachtheulerserum von vor einigen Jahren ähnelt verabreicht, aber das einzige Tier, das momentan sagen könnte, was tatsächlich geschehen ist, versteckt sich hinter seinen Anwälten in der Hoffnung noch irgendwie da herauszukommen… Aber ich kann Ihnen versichern, dass sie keinen Erfolg haben wird.“ „Danke.“ Er nickte und verließ ruhig das Zimmer. Eines geschafft, fehlten noch zwei. Nur eine Tür weiter war sein nächstes Ziel, auch dort vernahm er die Aufforderung einzutreten. Hier stand ebenfalls ein Bett, aber hier lag Elizabeth Fangmeyer darauf und war mit zahlreichen Gurten und sogar einigen Ketten fixiert, während an einem Ständer eine Infusion hing. An ihrer Seite saß ihr Gefährte James und dieser hielt ihre Pfote. Er nickte Chief Bogo lediglich zu und dieser erwiderte den Gruß auf die gleiche Weise. „Sie ist eines der gütigsten Tiere, die ich jemals getroffen habe und dennoch… liegt sie hier… angekettet, wie ein Monster… Das ist einfach nicht fair!“ Er sprang auf, nahm eine Wasserflasche vom Tisch und holte aus, um sie gegen die Wand zu schleudern. Allerdings erstarrte er im letzten Moment und nach einigen Momenten angespannter Stille ließ er sich hängen, stellte die Flasche wieder weg und nahm ihre Pfote wieder in seine. „Wäre es nur die Verletzung, so wäre es keine große Sache. Ein paar gebrochene Knochen in ihrer Schulter und dem Oberarm. Nichts, was einige Wochen Ruhe nicht richten können. Sie verabreichen ihr ein starkes Schlafmittel, um sie ruhig zu halten, damit sie die Verletzung nicht verschlimmert. Aber… dieses Zeug… Sie wissen nicht… ob es… Nebenwirkungen… gibt… ob diese… permanent sein können…“ Chief Bogo konnte darauf Nichts erwidern, wusste er doch selbst nicht, wie schlimm Mondstaub wirklich sein konnte. So blieb ihm nichts anderes übrig, als ihm den Huf auf die Schulter zu legen und ihm so seine Unterstützung zu versichern. „Wäre es möglich mich zu dem Tier zu lassen, das dafür verantwortlich ist? So für… Fünf Minuten?“ Chief Bogo musste unwillkürlich grinsen bei dem Gedanken. „Ein verlockender Gedanke. Nur leider lassen die Gesetze dies nicht zu.“ Er richtete seinen Blick wieder auf seine Gefährtin und das leichte Lächeln verschwand von seiner Schnauze. „Trotzdem danke dass Sie erschienen sind.“ „Natürlich.“ Die letzte Tür in diesem Gang führte zu einer Zelle, wo er völlig ratlos war, was er erwarten sollte… „Herein.“ Die zwei Frauen an der Glasscheibe drehten sich zu ihm, während er jenseits des Glases eine rote Gestalt erkennen konnte, die zusammengerollt auf dem Boden lag. „Mrs. Hopps, Mrs. Wilde.“ „Chief Bogo.“ „Wie geht es…?“ Dabei deutete er auf die Scheibe. „Nun, wenn man die Umstände bedenkt geht es ihnen großartig.“ Der Büffel konnte zunächst nichts erwidern, da er sich nicht sicher war, was er darauf erwidern sollte. „Sie scheinen nicht informiert worden zu sein?“ „Ich habe den Bericht nur kurz überflogen, bevor ich hergekommen bin.“ Beide Frauen begannen zu kichern. „Sie sind beide in dieser Zelle, weil sie bei ihrer Ankunft ‚unzertrennlich‘ waren.“ „Sind diese Beiden das nicht immer?“ „Oh nein… Sie…“ Bonnies Ohren schnellten hoch und drehten sich herum, woraufhin sich ihr Körper in dieselbe Richtung drehte. „… Sie sind es gleich wieder.“ Der Fuchs jenseits der Scheibe erhob sich und gab damit den Blick frei auf die graue Häsin, die sich unter ihm zusammengerollt hatte. Auch wenn er sich nicht als prüde oder verklemmt bezeichnen würde, so war der Anblick des Fuchses, wie er mit seiner Schnauze über das Hinterteil der Häsin schnüffelte und seine Zunge immer wieder hervorschnellen ließ ausgesprochen ungewöhnlich. Als er sie dann auch noch bestieg und seinen Unterleib vor und zurückschnellen ließ, lief er sogar rot an und wandte sich ab. Die Häsin beachtete ihn nicht weiter, als sie sich an die Füchsin an ihrer Seite wandte. „Das ist jetzt die siebte Runde, wenn ich mich nicht verzählt habe.“ „Nein, hast du nicht. Aber ich muss zugeben, dass ich so langsam neidisch auf Judy werde. Und das obwohl Nicholas mein eigen Fleisch und Blut ist.“ „Ich weiß, was du meinst. Aber wenn man bedenkt, wie lange sich das alles angestaut haben muss… Immerhin waren sie mehrere Tage voneinander getrennt.“ „… Können wir unser Gespräch eventuell vor der Tür weiterführen?“ Beide Frauen sahen sich an, zuckten mit den Schultern und begleiteten ihn vor die Tür. Draußen musste Chief Bogo sich erstmal mit seinem Huf über die Schnauze fahren, bevor er seinen Kopf schüttelte, um diese Bilder aus seinem Kopf zu bekommen. Die beiden Frauen an seiner Seite waren sehr amüsiert, allerdings waren sie beide mit einer angemessenen Portion Lebenserfahrung ausgestattet und Marian hatte dank Bonnie ein Verhältnis zum Thema Sex, welches dem von Hasen zumindest deutlich angenähert war. „… Haben die Ärzte schon eine Prognose abgeben können wie lange dieser… Zustand noch anhält?“ „Leider nicht. Es ist bei Nicholas schließlich auch noch die Paarungszeit und bei Judy ist die Pille mittlerweile auch abgeklungen. Somit kommt neben der hormonellen Katastrophe durch die Drogen auch noch dies hinzu und sie haben dies vorher nie wirklich beachtet, wenn diese Zeit in den vergangenen Jahren eingetreten war. Es kann sein, dass es noch Tage dauert oder auch nur…“ Sie wurden von lauten Schreien aus dem Zimmer aus ihrer Unterhaltung gerissen. Schreien, die unerwartet, aber dennoch herbeigesehnt waren. „NIIIIICK!“ „JUDYYYY!“ Alle drei stürmten in das Zimmer und sahen durch die Wand, wie Fuchs und Hase sich hecktisch, ja geradezu verzweifelt mit ihren Schnauzen und Wangen über die ihres Partners fuhren und dabei deutlich hörbar einander abschnüffelten und Namen stöhnten... „Nick!“ „Judy!“ „Nick!“ „Judy!“ „Wilde!“ Der letzte Name stammte nicht von den beiden hinter dem Glas und Nick bedurfte einiges an Überwindung, um seinen Blick auf seinen Vorgesetzten richten zu können. Dabei konnte er aber nicht aufhören den süßen und unbeschreiblich intensiven Duft seiner Gefährtin geradezu zu inhalieren. „Chief…“ Ein Arm ging um Judys Leibesmitte und er zog sie an sich heran. Mit einem Ruck richtete er sich auf und zog seinen Schwanz zwischen seinen Beinen hindurch an seine Vorderseite, wo Judy immernoch breitbeinig hing, um so alles Wichtige zu Bedecken. Dann machte er einige Schritte in Richtung des Glases und torkelte dabei wie ein Betrunkener, aber bei jeder einzelnen Bewegung verdrehten beide die Augen und mussten Stöhnen. An der Scheibe angekommen ging er in die Knie und presste sowohl seine Schnauze, als auch die von Judy an eines der Löcher in der Glasscheibe, die es den Tieren erlaubten mit denen jenseits der Scheibe zu reden. „… Pfo… Pfoten…“ Marian verstand und presste beide Pfoten an das Loch. „Bonnie, du auch. Sie dürfen nur unseren Geruch in der Nase haben.“ Damit deutete sie auf das Loch an Judys Schnauze. Beide Mütter spürten einige Minuten nur den warmen Atem ihrer Kinder auf ihren Pfoten, während sie versuchten sich zu beruhigen. „Mrs. Wilde?“ „Der Duft der Gefährtin ist etwas sehr Mächtiges. Aber auch der Duft einer Mutter. Nur unser Geruch ist beruhigend.“ „Ja, Mom.“ Alle bis auf Judy richteten ihren Blick auf Nick. „Wilde?“ „Der… Mondstaub ist… unbeschreiblich… Alles ist so intensiv… Selbst jetzt noch…“ „Sind Sie wieder ganz Sie selbst?“ „Ja… aber ich weiß nicht… ob ich es verkrafte… von Judy… OH!!“ „NICK!“ Als Nick sich begann zu entspannen, glitt sein Schwanz ein wenig hinab. Dies löste eine Kettenreaktion aus, als er dadurch über Judys immernoch extrem empfindliche Brüste fuhr. Judy verdrehte die Augen, spannte sich wieder an und das zusammenziehen ihrer Muskeln zog sich durch ihren gesamten Körper. Auch an der Stelle, an der sie für die nächste Stunde noch mit ihm verbunden sein würde. Auch Nick musste dabei die Augen verdrehen und seine Hüfte machte einige ruckartige Bewegungen. Es bereitete ihm nahezu körperliche Schmerzen sich zusammenzureißen und sie beide zu stoppen. Ihre Schnauzen presste er wieder an die Löcher und nach einer gefühlten Ewigkeit wagte er es wieder etwas zu sagen. „… Ist… es möglich eine… Decke zu bekommen?... Und eine… Oh… Möglichkeit… Bescheid zu geben… wenn es… nachlässt? ...“ Chief Bogo gab keinen Ton von sich, sondern nickte nur, bevor er den Raum verließ. „Nick? Wir sind doch da.“ „Es ist eine Sache… wenn ihr sichergehen wollt… dass mit uns… Alles in Ordnung ist… Aber ich kann mich nicht… kontrollieren… Und ich muss gestehen… es ist ein… … seltsames Gefühl… zu wissen, dass ausgerechnet ihr… zuschAHHHHH… zuschaut…“ Nachdem Chief Bogo die Ärzte über den Zustand der Beiden informiert hatte ließ er die Schlafmittel von Liz herunterfahren um zu schauen, ob auch bei ihr der Mondstaub nachgelassen hatte. Aber dies konnte nicht so schnell geschehen, wie er es gerne hätte, da das Schlafmittel medizinisch bedingt nur in Etappen abgesetzt werden durfte. So kam es, dass Lea Wolfard nach einer Weile auf ihn zuging und ihn informierte, dass ihr Gefährte aufgewacht war. „Chief.“ „Wolfard. Wie geht es Ihnen?“ „Wie nach einer Sparringsrunde mit beiden Wildes zusammen.“ Chief Bogo verzog die Schnauze, denn dies war innerhalb des Reviers zu einem Synonym geworden für einen Zustand, in dem man sich überlegt, ob es nicht angenehmer wäre dem Armen den Gnadenschuss zu geben. „Mein Beileid.“ „Danke.“ „Können Sie sich erinnern, was geschehen ist?“ „Nachdem ich die Verstärkung angefordert habe, gingen wir vier hinein. Wir überprüften ein Geräusch aus der Küche, aber dort waren Eisbären, die offensichtlich auch unter Mondstaub standen. Als wir wieder in der Eingangshalle waren, standen dort drei Wildschweine. Die Frau hat ihren Namen gesagt… Mariella Bellucci… und dann hat sie gerufen um die Bären anzulocken. Wir konnten sie betäuben, aber der letzte kam erst später. Er hatte sich angeschlichen und hätte Liz sich ihm nicht entgegengeworfen wären wir womöglich alle tot. Judy nutzte ihnen letzten Schuss um ihn zu betäuben, aber Liz wurde unter ihm begraben. Wir konnten sie befreien, aber dann schoss die Frau mit Mondstaub auf Liz und kündigte an die Familie Big auszulöschen bevor sie durch eine Tür verschwand. Nick wies mich an sie fortzulocken, während er und Judy die Schweine verfolgten. Ich lockte sie hinaus, stolperte und wurde verletzt. Ich dachte ich wäre erledigt, aber das Letzte, was ich mitbekam, war wie Liz zusammenbrach. Wie geht es den Anderen?“ „Fangmeyer wurde versorgt, ruhig gestellt und wird hoffentlich bald wieder aufwachen. Die Wildes wurden offensichtlich mit Mondstaub vollgepumpt, aber ihr Plan… ging nicht ganz auf…“ „Inwiefern?“ „Nunja… Sein Instinkt… hat sich augenscheinlich um die Wildschweine gekümmert. War wohl eine ziemliche Sauerei.“ „Sie haben es zweifelsohne verdient.“ „Wenn die beiden wieder klar im Kopf sind werde ich mir von ihnen die Ereignisse schildern lassen.“ „Wie geht es den beiden?“ „Der Mondstaub hat offensichtlich soweit nachgelassen, dass sie sich wieder ihrer Selbst bewusst sind, aber die Sensibilisierung ist noch nicht abgeklungen.“ „Kann ich sie sehen?“ „Sie sind beide… indisponiert…“ Dabei lief Chief Bogo rot an und selbst Lea konnte sagen, dass das ungewöhnlich für den Chief war. „Chief?“ „… Sie sollten wissen, dass Mondstaub die Instinkte anspricht.“ „Ja. Wenn ich raten müsste haben sie Judy bedroht und dafür hat er sie zur Strecke gebracht.“ „Und dann?“ „??? … Nachdem er die Gefahr beseitigt hat war Judy in Sicherheit… …“ Freddys Augen wurden größer und größer… „Sie wollen mich verarschen!“ Chief Bogo versuchte gerade verzweifelt ein Grinsen zu unterdrücken und schüttelte lediglich mit dem Kopf. Das Heulen des Wolfes und seiner Gefährtin waren noch am Eingang des Krankenhauses zu hören, während Freddy verzweifelt beide Pfoten auf seine Brust presste um den Schmerz unter Kontrolle zu halten. Aber das war es ihm wert. Es waren zwei weitere Stunden vergangen, als er wieder im Krankenhaus war und vor den mittlerweile präsentablen Wildes stand. „Haben Sie Ihre… Instinkte… wieder unter Kontrolle?“ „Ja Sir.“ „Gut. Können Sie mir dann sagen, woran Sie sich erinnern können, nachdem Sie und Wolfard sich getrennt haben?“ „Mrs. Bellucci hat Koslov unter Mondstaub gesetzt, um die Familie Big durch ihn umbringen zu lassen. Wir konnten die Familie retten und verstecken, bevor Koslov uns folgen konnte. Nachdem er ausgeschaltet war, wurden wir mir einer großen Mende Mondstaub beschossen… Dann… Es war…“ Nick legte seine Pfote auf ihre linke Schulter, da ihre rechte immernoch verletzt war… durch ihn… „Es war, als wäre mein Körper nicht mehr meiner…“ „Wie meinen sie das?“ „Ich konnte noch hören, riechen und fühlen, nur sehr viel intensiver. Aber das Schlimmste war, dass ich keine Kontrolle über ihn hatte, sondern einzig und allein meine Instinkte. Es war, als könnte ich die Gedanken meiner Instinkte hören. Einfache Gedanken, aber dennoch… ‚Fuchs! Raubtier! Gefahr!‘ das schoss mir immer wieder durch den Kopf, aber egal wie sehr ich es versucht habe, sie haben mir nicht zugehört. Ich schrie immer wieder ‚Das ist Nick! Du brauchst keine Angst zu haben!‘ aber dennoch verspürte mein Körper bei seinem Anblick Panik… und floh in den nächsten Raum. Ich wusste, dass es eine Sackgasse war, aber sie hörten nicht zu. Nick folgte mir und als ich den Raum wieder verlassen wollte, versperrte mir eines der Wildschweine den Weg und trat zu. Ich spürte nurnoch Schmerzen und dann blieb ich an einem Nagel oder so hängen. Nick kam näher und schnupperte an mir. Danach leckte er meine Wunde ab und seine Nase fuhr zu meinem Hals, wo er immer seinen Duft auf mir hinterlässt. Irgendetwas geschah dann. Ich kann es nicht näher bestimmen, aber plötzlich spürten sie, dass Nick keine Gefahr darstellte. Bellucci sagte, dass sie das widerlich fände und Nick ging auf die Wildscheine zu. Er verletzte das erste Wildschwein schwer als dieses zuschlagen wollte. Danach kroch es fort und Nick folgte ihm. Ich konnte dann nichts mehr sehen, da sie sich von der Tür entfernt hatten. Nur noch ihre Schreie hören.“ An dieser Stelle wandte sich Chief Bogo direkt an Nick. „Wilde?“ „Ich habe beide Wildschweine getötet, weil sie es gewagt hatten Judy zu verletzen. Danach haben meine Instinkte ihr Recht eingefordert… Wie die vergangenen Stunden.“ Und Nick ließ sich die Ereignisse nochmal durch den Kopf gehen. Kapitel 9: Mondstaub -------------------- Sie blickten sich an und wussten, dass die Tränen nichts mit dem feinen Pulver zu tun hatte. Selbst als sie auf ihre Pfoten fielen und vergeblich dagegen ankämpften war das einzige, woran sie denken konnten, was Nick Judy antun würde. „Es tut mir leid…“ „Es ist nicht deine… Schuld… Ich… Ich… liebe dich…“ Die Schmerzen schienen kein Ende nehmen zu wollen und Nick wünschte sich, dass er einfach bewusstlos werden könnte und so keine Gefahr für Judy darstellen könnte. Aber so schnell die Schmerzen aufkamen, so schnell waren sie auch wieder fort. Nur etwas war anders… Es war, als wäre sein Geruchssinn um ein vielfaches intensiver. Als wenn er jede einzelne Faser des Teppichs unter seinen Pfoten spüren könnte. Er konnte nicht nur hören, wie sein eigenes Herz raste, sondern auch das von Judy an seiner Seite. >Hase… Beute… Fleisch… warmes… saftiges… Fleisch…< Was war das? Ohne sein Zutun machte er einen Schritt auf Judy zu und er konnte spüren, wie ihm das Wasser im Maul zusammenlief. Sie blickte ihn an und was er sah, entsetzte ihn: Angst! Noch schlimmer war nur der markerschütternde Gestank von Angst. Judy hat vor Nichts und Niemandem Angst… Sie wich vor ihm zurück, aber dies tat nicht annähernd so sehr weh, wie das Wissen, dass diese Angst ihm gegenüber gerechtfertigt war. Er konnte sich knurren hören und im nächsten Augenblick wagte es sein Körper sogar nach ihr zu schnappen! Judy flüchtete durch die nächste offenstehende Tür. NEIN! Nicht da rein! Das ist eine Todesfalle! Es schmerzte ihn zu sehen wie Judy sich voller Panik in die Ecke presste. Mit gefletschten Zähnen näherte er sich ihr und der Gestank von Angst überlagerte jeden anderen Geruch. Nick machte einen Satz in die Ecke und Judy machte einen kräftigen Sprung in die andere Ecke, von wo aus sie versuchte durch die Tür zu fliehen. Sie hatte es beinahe geschafft, als sich ihr die massive Gestalt eines Wildschweins in den Weg stellte. Aber bevor sie ausweichen konnte, trat es zu und sie flog durch den Raum gegen die Wand. Sie stieß einen schrecklichen, animalischen Schmerzensschrei aus und als sie an der Wand hinunterfiel landete sie auf einem alten Besen, an welchem ein Nagel hervorstand. Ein weiterer Schmerzensschrei war die Folge. JUDY! Er wusste nicht warum, aber sein Körper zögerte sich seiner nun wehrlosen Beute zu nähern. Der Schmerz überlagerte die Furcht und nun konnte der Fuchs in ihm noch etwas vernehmen. Ein Geruch… Er näherte sich ihr langsam und schnüffelte angestrengt. >Vertraut…< Ja! Ja! Das ist Judy! Du darfst ihr nichts antun! Seine Nase näherte sich der kleinen Wunde und den kleinen Tropfen Blut, die dort austraten. Ein Beben ging durch seinen Körper, als er ihr Blut auf seiner Zunge schmeckte. >Vertraut… ???< Mit der Nase fuhr er seiner Beute durch das Fell und die Verwirrung wuchs immer weiter, bis er an ihrer Kehle ankam und dort seinen eigenen Duft roch. Aber nicht nur leicht wie von einfachem Kontakt… Dieser intensive Duft konnte nur eines bedeuten… >Gefährtin?< JA! DAS IST SIE! SIE IST UNSERE GEFÄHRTIN! >Gefährtin… verletzt…< Seine Beute begann nun auch an ihm zu schnüffeln und zugleich mit ihrer Pfote immer schneller aufzutreten. Als sie dann noch mit ihrem Kinn über seine Schnauze fuhr, wurde der Duft nochmal um ein vielfaches intensiver… „Mir wird schlecht!“ Das weibliche Wildschwein machte noch einige Würggeräusche, bevor sie zurücktrat. Nick konnte spüren, wie dem Fuchs bei diesen Geräuschen eine wichtige Erkenntnis und die dazugehörige Schlussfolgerung aufkamen: >Gefährtin verletzt! Gefährtin beschützen!< … Halte dich nicht zurück… Lass sie dafür büßen… Der Fuchs sträubte sein Fell und fletschte die Zähne, während er sich langsam den Wildschweinen zuwandte. „Was hat das zu bedeuten?“ Nick näherte sich ihnen und eines der Schweine schlug zu. Nur reagierte der Fuchs deutlich schneller, als er erwartet hatte und dieser Packte seinen Arm knapp unter der Schulter mit seinem Maul. Ein schneller Ruck und das Knacken von Knochen war zu vernehmen, bevor er ungläubig auf den Fuchs starrte und zu verarbeiten versuchte, warum der Fuchs seinen abgetrennten Arm in seinem Maul trug. Das Wildschwein begann wenige Augenblicke später zu brüllen und den blutigen Stumpf, der einst sein Arm war, an sich zu pressen. Dabei sackte er in sich zusammen und fiel auf den Rücken, wo er sich verzweifelt versuchte mit den Beinen von diesem Raubtier vor sich zu entfernen. Als dieses sich ihm wieder näherte versuchte er es zu treten, musste aber feststellen, dass dies ein Fehler war, als er vermeinte vor Schmerzen ohnmächtig zu werden, als sein linkes Bein das Schicksal seines rechten Armes teilte und sich der Boden um ihn herum durch sein Blut in einem kräftigen Rot färbte. Er blickte sich entsetzt um und hoffte auf die Hilfe seines Kameraden, aber er konnte nur zusehen, wie sowohl sein Kamerad, als auch seine Vorgesetzte voller Panik davonliefen. Das letzte, was er wahrnehmen konnte, war ein Gewicht auf seiner Brust und Zähne an seiner Kehle, bevor die Schmerzen endeten… >Eines erlegt… Noch zwei…< Die anderen Tiere, die seine Gefährtin verletzt hatten waren auf der Flucht, aber nicht mehr lange. Denn der Fuchs begann einen Gewaltmarsch und schaffte es das zweite Wildschwein in Uniform zu erreichen, noch bevor es der Tür auch nur nahe kam. Der Fuchs schnappte zu und erwischte es am Knöchel. Das Krachen, als der Fuchs sein Maul um diesen schloss und somit vom Rest des Körpers trennte konnte er noch hören, bevor er registrierte, was das Schwein zu Fall brachte. Nur einen kurzen Moment später verspürte auch dieses Tier Todesangst, als es spürte, wie der Fuchs begann mit den Krallen über seinen Rücken zu fahren. Er brauchte nicht lange, bis die Krallen die Stelle fanden, an der die Schutzschicht seiner Schutzweste auf Höhe seines Nackens endete und mit einem kräftigen Ruck war diese fort. Sein Rücken war der infernalen Bestie nun ausgeliefert und es dauerte auch nicht lange, bis nahezu unerträgliche Schmerzen seinen Körper ebenso wie die Krallen des Fuchses durchfuhren. Trotz der Schmerzen konnte er deutlich spüren, wie ihm das Blut unter der Weste an seinen Seiten entlanglief. Keines der anwesenden Tiere würde jemals das rhythmische Klacken vergessen, das seine Krallen machten, als sie über die hinteren Knochen seines Brustkorbes fuhren und dabei immer tiefere Furchen hinterließen. Dann war ein Knacken zu hören, als die erste Rippe unter dem Ansturm nachgab… Und noch eine… Und eine weitere… Nur wenige Augenblicke später hatte er Probleme zu atmen, als das Monster auf seinem Rücken bis zu seiner Lunge vorgedrungen war. Aber ob bewusst oder nicht, der Fuchs schloss sein Maul um die mittlerweile freiliegende Wirbelsäule und beendete auch dieses Leben mit einem kräftigen Ruck. Nachdem seine zweite Beute erlegt war blickte der Fuchs auf und sah noch, wie das weibliche Wildschwein durch die Tür stürmte und diese hinter sich zuschlug. Noch bevor er ihr folgen konnte vernahm er hinter sich ein Wimmern. >Gefährtin…< Judy! Hinter sich konnte der Fuchs die Häsin hören, wie sie einen animalischen Laut von sich gab, den er instinktiv mit dem Ruf nach ihrem Gefährten assoziierte. Nur wenige Augenblicke später war er an ihrer Seite und schnupperte an ihr entlang. Als er wieder an ihrem Kopf ankam roch er erneut seinen Duft, der sie als seine Gefährtin zeichnete. Und er strich wieder mit seinem Kopf über ihre Schnauze, ihre Ohren und insbesondere über ihren Nacken und die Kehle. Der Schmerz war nurnoch ein unangenehmer Beigeruch, die Angst war vollkommen fort. Was er jetzt vernahm war der wundervolle Duft eines fruchtbaren Weibchens… Er wollte noch mehr davon haben, so wanderte seine Nase ihren Körper hinab bis zu ihrem kurzen, aber weichen Stummelschwänzchen. Als seine Zunge hervorschoss war der Geschmack einfach… falsch. Nick konnte kaum glauben, was sein Körper hier gerade tat, denn gerade erst hatte er zwei Tiere auf ausgesprochen brutale Art und Weise getötet und nun verlangte sein Körper sein Recht auf Paarung mit seiner Gefährtin… Mit seinen Fangzähnen glitt er über ihre Hose und als einer in ihrem Schwanzloch hängen blieb reichte ein Ruck und selbst Nick fühlte sich leicht benommen von ihrem ungehinderten Duft. Erneut schoss seine Zunge hervor, aber diesmal fühlten sich sowohl Nick, als auch seine Instinkte, als befänden sie sich im Paradies. Judy begann zu hecheln und selbst ihr Schwänzchen begann freudig hin und her zu wackeln, während sie weiter herumfuhr und ihm ihre Rückseite präsentierte. Nun kam die Stelle, als das Tier in ihm feststellte, dass es ebenfalls eine Hose trug und es warf sich auf den Rücken um mit Krallen und Zähnen kurzen Prozess mit dem beengenden Kleidungsstück zu machen. Als dieses nicht sofort parieren wollte entsprang ihm ein Wimmern und die Häsin an seiner Seite fuhr herum und begann damit ihre Schnauze an seiner zu reiben um ihn zu beruhigen und sie hatte damit durchaus Erfolg. Dennoch dauerte es den beiden Tieren noch viel zu lange, bis der Fuchs sich weit genug befreien konnte. Dann war es endlich soweit. Die Häsin hockte sich nieder und wackelte mit ihrem Schwänzchen, während sich der Fuchs mit beinahe schmerzhaft langsamen Bewegungen über sie schob. Nick war sich nicht sicher, woran es lag, aber er war dennoch froh, dass er sich nicht so stürmisch über seine Gefährtin hermachte, wie er es zuletzt in seiner Phantasie wollte. Wussten seine Instinkte, dass er vorsichtig sein musste? Hatte er mehr Kontrolle als er dachte? Was auch immer es war, er war dankbar dafür. Aber dann kam der Moment, wo er in sie eindrang und er vermeinte wahnsinnig zu werden ob der um ein vielfaches intensiveren Gefühle, über die er durch den Mondstaub verfügte. Nick konnte keinen klaren Gedanken fassen, während das Tier in ihm die Kontrolle über seinen Körper hatte und sich den Instinkten der Paarungszeit hingab. Seine Bewegungen wurden immer hecktischer und Nick spürte wie sich sein Höhepunkt näherte. Die Gefühle waren dermaßen intensiv, dass er dachte es könnte nicht besser werden, dann jedoch spürte er etwas Warmes und unbeschreiblich süßes auf seiner Zunge und er dachte ihm würde schwarz vor Augen werden. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis diese unbeschreibliche Euphorie nachließ und er sich wieder langsam seines Körpers gewahr wurde. Und er war entsetzt, als er feststellen musste, dass er seine Fangzähne in ihrer Schulter versengt hatte und es ihr Blut war, was ihm dieses Gefühl verschafft hatte. Aber die Häsin unter ihm versuchte nicht zu fliehen oder wand sich vor Schmerzen, noch vermochte er Angst oder Schmerz in ihrem Duft zu vernehmen. Sie verharrten eine Weile regungslos, bis die Ereignisse des Tages ihren Tribut forderten. So rollte sich sein Körper um seine mittlerweile schlafende Gefährtin zusammen und sein Schwanz legte sich über sie während er die Wunden ihn ihrer Schulter mit seiner Zunge säuberte, bevor er seine Nase in ihren Nacken presste und ihren gleichmäßigen Atemzügen lauschte, bis die Erschöpfung seine Augen schwer werden ließen. Kapitel 10: Fall gelöst… Weiter wie gehabt? ------------------------------------------- Der Rest des Tages war einerseits entspannend, als auch schrecklich. Um eventuelle Rückfälle ausschließen zu können mussten sie trotz des Abklingens des Mondstaubes unter Beobachtung bleiben. Besser gesagt unter medizinischer Beobachtung, da Nick und Judy die verbliebenen Restspuren des Mondstaubes ausgesprochen intensiv genutzt hatten und dabei keine Zuschauer wünschten. Am darauffolgenden Tag war auch Liz wieder erwacht und bei vollem Bewusstsein, allerdings fühlte sie sich Schuldig, wegen der Verletzungen, die Freddy durch sie erlitten hatte. Aber Lea kam zu ihr und versicherte ihr, dass sie daran keine Schuld trage. Ferner wurden diverse Formalitäten abgearbeitet, wie eine detaillierte Aussage aller Beteiligten oder die Berichte, die sie an Laptops erledigen durften, um möglichst viele Details darin vermerken zu können. Aber auch das war irgendwann überstanden und sie trafen sich gegen Mittag in einem abgetrennten Aufenthaltsraum. Die drei Paare waren froh zumindest vorübergehend nicht in ihren Zellen bzw. Krankenzimmern eingepfercht zu sein und genossen ihre Getränke. „Wer weiß… Wenn Nick seinen Charme spielen lässt, dann lässt man uns vielleicht ja bald raus. Ich hätte Nichts dagegen schnell wieder nachhause zu kommen. Im TV sieht man momentan schließlich nur die Berichte über unsere Einsätze.“ Keiner der Anwesenden war dieser Vorstellung abgeneigt und blickte Nick an. Nur dieser war nicht überrascht… Er trug einfach sein patentiertes Schwindler-Lächeln mit den halb geschlossenen Augen, auch wenn sie der Meinung waren, dass sein Lächeln momentan eher ein Grinsen war. Judy wusste zu gut, dass dieser Ausdruck entweder Probleme oder eine freudige Entwicklung bedeuten konnte. „OK. Spuck´s aus: Was hast du angestellt?“ Nick blickte sie mit aufgerissenen Augen an und presste seine Pfote gegen seine Brust. „Aber Möhrchen! Was denkst du nur von mir?“ Judy verzog keine Miene und antwortete ohne auch nur einen Herzschlag überlegen zu müssen. „Nur das Schlimmste. Also?“ Die anderen blickten gebannt zwischen Hase und Fuchs hin und her. Gefesselt von dieser ungeplanten Live-Vorstellung von ‚Das Wilde Leben‘. „Nunja, es könnte sein, dass einer oder zwei unserer behandelnden Ärzte Fans von uns sind…“ Judy zog nun ihre Augenbraue hoch. „Und weiter?“ „… Es könnte auch sein, dass die Bitte um ein oder zwei Autogramme gefallen ist…“ „Ja?“ „… Du kennst mich… Ich kann mir eine günstige Gelegenheit doch niemals durch die Pfoten gehen lassen…“ Ihr Blick wurde hart. „Lass mich raten: Sie sollen etwas machen, was sie sonst nicht machen würden?“ „… Es kommt auf die Sichtweise an…“ „NICK!“ „OK OK OK… EIGENTLICH sollen wir unsere Zellen nicht verlassen, weil sie uns in einem Ernstfall schnell finden müssen…“ „Willst du mir damit sagen, dass wir nur hier sein dürfen, weil du die Ärzte ausgetrickst hast?!“ „Möhrchen, beruhige dich! Wir sind immernoch im Gebäude und von hier ist es sogar näher zu den Behandlungsräumen, als von unseren Zellen aus. Wenn etwas passiert ist es hier somit sogar besser.“ „Und was ist, wenn das rauskommt? Riskieren sie hiermit ihre Jobs?“ „Nein. Tun sie nicht. Die Orte, an denen wir uns aufhalten dürfen liegen durchaus im Ermessen unserer Ärzte. Ich habe sie lediglich dazu bewogen… zu überdenken, wo wir uns aufhalten dürfen…“ Eine Stille senkte sich über den Raum und jetzt fiel ihrem Publikum erst auf, dass sie den Atem anhielten, um ihre Aufmerksamkeit nicht auf sich ziehen zu können. Judy starrte Nick mit einem skeptischen Blick an, während er diesen mit einem lässigen Lächeln erwiderte. „OK. Was noch?“ „Es könnte sein, dass heute Abend ein Raum frei ist… der mit einer großzügig ausgelegten Multimediaanlage ausgestattet ist… Dazu ein bequemes Sofa und einige Sessel… Die Erlaubnis uns einige Snacks und Getränke organisieren zu dürfen… Halt alles, was wir für einen gemütlichen Filmabend benötigen…“ Es war ausgesprochen amüsant zu sehen, wie die Augen und Ohren der anwesenden Tiere immer höher gingen, während er dies sagte. Nach fast zwei Minuten ungläubigen Starrens sprachen sie völlig synchron: „Alles, was anders ist, ist gut!“ Liz wandte sich direkt an Lea. „Was hältst du davon, wenn du dich um die Snacks kümmerst und James organisiert die Getränke?“ „Ich wollte gerade dasselbe vorschlagen.“ Lea blickte daraufhin in die Runde. „Das Übliche?“ Die Antwort war einstimmig, so machte sie bereits im Kopf die entsprechenden Planungen. „Wann soll es losgehen?“ „Also wir haben bisher keine Pläne das Gebäude zu verlassen… Wann passt es euch?“ Da einige ihrer Spezialitäten eine gewisse Zubereitungszeit benötigten einigten sie sich darauf sich wieder gegen Abend zu treffen und sich dann die Stimmung mit einigen guten Komödien zu erhellen, die gerade rausgekommen sind und noch keiner von ihnen gesehen hatte. Wie immer, wenn man etwas kaum erwarten konnte, zog sich die Zeit hin wie ein zäher Kaugummi und die freudige Erwartung war das Einzige, was sie dazu veranlasste sich zu beherrschen. Dann war es endlich soweit. An sich war ein solches Treffen nichts Außergewöhnliches. Zwei bis drei Mal im Monat trafen sie sich, genossen die kulinarischen Künste des Gastgeberpaares, und schauten sich ein paar Filme an. Die einzigen Unterschiede waren diesmal, dass dieses Treffen in einem gesicherten Flügel des Krankenhauses stattfand und dass von den Kindern lediglich Trisha dabei war. Ihre Schwester hatte für den Abend bereits Pläne und Liz´ Kinder waren ohnehin zu ihren Großeltern gekommen, als sie eingeliefert wurde. Da es Freddy aufgrund seiner Verletzung nicht übertreiben sollte beschlossen die Damen, dass er sich dieses Mal einfach zurücklehnen sollte. Dafür dürfte er bei ihrem nächsten Treffen den Butler geben. Freddy war sich nicht sicher, ob das ein guter Deal war oder nicht, aber er hatte in solchen Angelegenheiten ohnehin nichts zu sagen. Nick und James stellten die mitgebrachten Schüsseln und Gläser bereit, während sich die Damen in der Ecke über die aktuellen Kreationen unterhielten, die zu Testzwecken zu den üblichen Snacks hinzukamen. „Ich habe mir beim würzen der Grillen gedacht ‚Warum sollte man nicht auch die Möhren und Paprika würzen?‘. Da habe ich einige Streifen mit diversen Gewürzen und Kräutern bestäubt und in eine Extraschale gepackt. Ich bin mal gespannt, wie du sie findest.“ „Wenn sie so gut schmecken, wie sie bereits duften, werde ich sie lieben.“ So ging es noch einige Minuten weiter, bis die Männer verkündeten, dass alles bereit war. Alle versorgten sich mit ihren Getränken, Schüsseln mit ihren Snacks darin und ihren Gefährten an ihrer Seite, bevor James das Licht ausschaltete und die Vorstellung beginnen konnte. Von der ersten Minute an kam Gag auf Gag und kein Auge blieb trocken, als sie teilweise vor Lachen beinahe von der Couch fielen. Beim großen Finale hatte der Film sogar gewonnen, als er es schaffte, dass Trisha herunterfiel, während sie sich immernoch vor Lachen den Bauch hielt. Somit hatte sie auch die zweifelhafte Ehre das Licht wieder einzuschalten, während der Abspann auslief. Das Licht ging wieder an und insbesondere die Cops der Truppe bemerkten reflexartig, dass etwas nicht stimmte. Trisha war verstummt. Alle blickten zu der jungen Wölfin hinüber und diese trug einen äußerst verwirrten Ausdruck auf der Schnauze. „Trisha? Was ist los?“ Sie ignorierte die Frage ihrer Mutter und stellte ihrerseits eine. „Ähm… Judy? Seit wann machst du denn sowas?“ Sie schluckte erst noch den Rest ihres Snacks herunter, bevor sie ebenso verwirrt reagieren konnte. „Was meinst du?“ „Nun… Ähm…“ Sie brachte nicht mehr raus, daher deutete sie auf Judy und machte eine greifende Bewegung. Nicht nur Judy war verwirrt und alle blickten zu ihr, während diese sich ebenfalls umsah. Und sie versteifte sich, als sie erkannte, was Trisha ins Auge gefallen war. Mit aufrecht stehenden Ohren und weit aufgerissenen Augen starrte sie auf das Objekt in ihrer rechten Pfote. Auch die anderen hatten es offenkundig erblickt, denn es war plötzlich so still im Raum, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören. Ohne ihren Blick abzuwenden fuhr sie sich mit ihrer Zunge durch ihr Maul und schmeckte Paprikapulver. Das war zu erwarten, hatte Lea doch vieles damit gewürzt. Da war jedoch noch ein weiterer Geschmack… Sie konnte ihn nicht zuordnen, wusste lediglich, dass es gut schmeckte. Das konnte unmöglich bedeuten, was ihr, und auch den Anderen, durch den Kopf ging. Zögerlich brachte sie die halbe Grille in ihrer Pfote zu ihrer Nase und schnupperte vorsichtig daran. Der Geruch ähnelte dem Geschmack in ihrem Mund. Aber sie brauchte Gewissheit. So ließ sie ihre Zunge hervorschnellen und kostete ein winziges Bisschen der Füllung, von der sie genau wusste, was es war. Sie hatte einst im Rahmen einer Mutprobe eine von Nicks Grillen probiert und konnte den Geschmack nicht aushalten und hatte diese sofort wieder ausgespuckt. Dieses Mal jedoch schmeckte es… köstlich?! Sie musste mehrmals blinzeln, aber der schockierende Anblick blieb gleich: In ihrer Pfote fehlte der Rest der Grille. Nur ein Rest des Paprikapulvers zeugte noch von ihrer Anwesenheit wenige Momente zuvor. Bevor sie bewusst reagieren konnte, spürte Judy, wie sie kaute und dann schluckte. Sie blickten alle auf Judy, die nur Augenblicke zuvor bei vollem Bewusstsein eine Grille gegessen hatte. Und nach einer schieren Ewigkeit kroch ihnen ein Geruch in die Nasen, die sie beim besten Willen nicht mit der kleinen Häsin in Verbindung bringen konnten: Angst. Das Rasen ihres Herzens konnten alle vernehmen, ebenso das Hecheln. Als wäre dies ein Signal gewesen aus seiner Starre zu erwachen, sprang Nick auf und legte seine Pfote auf ihre Wange. „Judy! Beruhige dich! Alles wird gut! Judy! Konzentrier dich auf meine Stimme!“ Auch wenn er sich mehrmals wiederholen musste, so schien es schlussendlich zu funktionieren. Denn sie beruhigte sich… ein wenig… „Jetzt ganz ruhig. Wir gehen jetzt zu einem Arzt, der wird dich gründlich durchchecken und dann wird er uns sagen, dass die Ursache dafür irgendwas Unerwartetes, aber trotzdem völlig Harmloses ist… OK?“ Judy konnte nur nicken und schob sich langsam von der Couch herunter. Sie hatte den Boden noch nicht ganz berührt, stand Nick an ihrer Seite und legte ihr die Pfote auf die Schulter. „Ich bin bei dir.“ Es war zwar eigentlich unhöflich seine Freunde und Kollegen dermaßen zu ignorieren, aber sie würden verstehen, dass im Moment Nichts anderes als Judy für ihn Priorität haben konnte. Es waren nur wenige Meter bis zum Büro des aktuellen Stationsarztes, der mit Kollegen in anderen Krankenhäusern und Laboren immernoch an den Berichten zu den Auswirkungen von Mondstaub saß und diese auf ihre Fälle zu übertragen versuchte. Dabei handelte es sich um denselben Leoparden, der sie auch schon bei ihren Verletzungen vor der ISE behandelt hatte. „Mr. und Mrs. Wilde? Ich dachte der Abend sei mit Ihren Kollegen verplant? Ist etwas vorgefallen?“ „Das… kann man so sagen. Ich… bin scheinbar… zu einem… Omnivoren geworden…“ Er blickte sie an und legte den Kopf schief. „Wie bitte?“ „Ich habe scheinbar geistesabwesend während des Films in die falsche Schale gegriffen. Ich habe einst Grillen probiert, es war ein widerlicher Geschmack… Als ich darauf angesprochen wurde, dass ich eine halbe Grille in der Pfote halte… Der Geschmack war… köstlich…“ Der Arzt versuchte dies gerade zu verarbeiten, als Nick seine Gedanken einwarf. „Wären wir nicht gerade erst mit Mondstaub in Kontakt gekommen, dann hätte ich in Betracht gezogen, dass sie einfach oft genug bei mir war und den Geschmack erträglich finden könnte… So jedoch… Ohne genaue Kenntnisse über eventuelle Nebenwirkungen… Wir sind besorgt… Können Sie sie jetzt nochmal gründlich durchchecken?“ „Natürlich. Legen Sie sich bitte auf die Liege.“ Damit deutete er beiläufig auf Untersuchungsliege. Dann gab er mit einer Sprechanlange an der Wand einer Schwester die Anweisung mit einem Untersuchungs- und Probenset für Hasen zu erscheinen, bevor er sich Einweghandschuhe aus einem Karton auf dem Regal nahm und sich überzog. „Sie haben unter diesen Umständen vollkommen richtig gehandelt direkt zu mir zu kommen.“ Danach wandte er sich direkt an Judy. „Es ist gut möglich, dass Ihr Mann recht hat und es einfach nur Zufall ist, dass Sie diese Entwicklung jetzt erst entdeckt haben. Es gibt Fälle, in denen Tiere, die sonst reine Herbivoren waren bis zu einem gewissen Grad auch animalisches Protein verarbeiten konnten. Sie müssen sich daher zunächst keine Sorgen machen.“ Der Arzt begann seine Untersuchung, indem er mit einer Lampe ihre Augen untersuchte. „Haben sie ungewöhnlich aggressive Impulse verspürt?“ „Nein.“ „Konnten Sie vorhin auch etwas von ihrem üblichen Speiseplan zu sich nehmen?“ Judy musste überlegen, aber Nick konnte sich an etwas erinnern. „Zu Beginn hatte sie auf jeden Fall mindestens zwei gewürzte Möhren gegessen.“ „Paprikapulver. Das gleiche wie auf den Grillen.“ „Hm. Sagen Sie mir bitte ob sie das Spüren.“ Damit nahm er einen Zahnstocher und übte leichten Druck auf diversen Stellen ihres Körpers aus. Ohne Verzögerung konnte Judy bei jeder Berührung antworten. Dann kam eine Braunbärin in Schwesternoutfit mit einem kleinen Rollwagen herein. „Gut. Ich werde Ihnen jetzt eine Speichelprobe und eine Blutprobe abnehmen.“ Routiniert nahm der Arzt die besagten Proben, bevor er noch aus dem unteren Fach des Rollwagens eine ovale Kunststoffform hervorholte, bei der die Oberseite eine Toilette recht ähnlich sah. Die Schwester sollte die Proben schon mal mit Prioritätsanweisung von ihm ins Labor bringen. „Haben Sie viel gegessen und getrunken?“ „Naja, zwei oder drei Limonaden, eine Pfote voll Möhren und… Nick, wie viele Grillen waren noch da?“ „Höchstens eine viertel Schale. Und ich hab nicht viele gegessen.“ „Gut. Ich benötige dann noch eine Urin- und eine Stuhlprobe.“ Judy blickte ihn an, als wäre ihm ein zweiter Kopf gewachsen bevor sie vorsichtig auf das Gefäß in seinen Pfoten deutete. „Ganz genau. Aber keine Sorge. Sie können hier rein gehen.“ Damit öffnete er die Tür zu einer kleinen Toilette und deutete hinein. Ihr Kopf sagte ihr, dass dies nur eine vollkommen verständliche Vorgehensweise war um möglichst viele Proben zu erhalten, aber dennoch fühlte sie sich dabei irgendwie schmutzig. In ihr zog sich alles zusammen und Nick konnte dies spüren. „Lass dir so viel Zeit, wie du brauchst. Ich werde mich solang mit ihm auf dem Gang unterhalten.“ „… Danke…“ „Sie können den Behälter einfach dort drin stehen lassen, wenn sie fertig sind.“ Daraufhin konnte Judy nur nicken. „Toilette ist ein empfindliches Thema bei ihr. Sie mag es nicht wenn Fremde auch nur in Hörweite sind.“ „Ah.“ „Doc… Bitte geben Sie es mir direkt und unverblümt: Wie sieht es aus?“ „Ich weiß es nicht. Wenn Sie wissen wollen, ob ich das vorhin erfunden habe um sie zu beruhigen: Nein. Es kann tatsächlich etwas Harmloses sein. Aber das Schlimme am Mondstaub ist, dass wir die Veränderungen an der Biochemie, die unter Einfluss von Mondstaub eintritt, bisher nicht näher untersuchen können. Es ist durchaus möglich, dass der Mondstaub dafür verantwortlich ist. Sollte das der Fall sein, so kann es sowohl temporär, als auch permanent sein. Wir haben von allen betroffenen Tieren Proben genommen und bevor ich sie entlasse werde ich von JEDEM Tier weitere Proben nehmen. Ich plane die Proben sowohl im Vorher/nachher-Vergleich zu betrachten, als auch mit Proben von Tieren, die dem Mondstaub nicht ausgesetzt waren. Dann haben wir eine gewisse Basis, auf der wir weitere Untersuchungen und ggfs. Behandlungen erarbeiten können.“ Während sich die beiden Tiere unterhielten vernahm Nick Schritte… schnelle Schritte… Nicht völlig unerwartet standen Judys und seine eigene Mutter vor ihm und blickten ihn an. „Wie geht es ihr?“ „Es dürfte euch nicht überraschen zu hören, dass wir besorgt sind, aber es kann durchaus sein, dass es schon länger so ist und wir es einfach nur jetzt bemerkt haben. Wir müssen nun die Untersuchungsergebnisse abwarten… Zumindest von den Proben, die er hier bisher bekommen konnte.“ Beide Mütter zogen die Augenbrauen hoch. „Fragt nicht.“ Damit deutete er den Korridor hinunter. „Da hinten sind die Anderen. Judy und ich kommen nach, sobald sie hier fertig ist.“ Nach gefühlten zehn Minuten kam Judy mit gesenktem Kopf und hängenden Ohren heraus. „Es ist alles in Ordnung. Bonnie und Mom sind auch schon eingetroffen und warten bei den Anderen.“ Nick wandte sich an den Arzt. „Brauchen Sie uns noch?“ „Nein. Gehen Sie nur. Ich komme zu Ihnen, sobald ich etwas sagen kann.“ „Danke.“ Sie hatten noch keine drei Schritte gemacht, da kam ihnen bereits die Schwester entgegen, die Judys Proben ins Labor gebracht hatte. „Doktor!“ „Ja?“ „Die vorläufigen Ergebnisse sind da… Sie sind…“ Sie blickte zu Judy. „… unerwartet…“ Der Leopard blickte zu Judy und Nick und nahm ihr das Klemmbrett ab um es zu studieren. „… Das ist… in der Tat unerwartet…“ „Die Tiere im Labor haben momentan drei Proben in separaten Geräten als Gegenprüfung in Arbeit.“ „Ich werde mir das selbst ansehen. In der Patiententoilette ist noch ein Probenbehälter. Holen Sie ihn bitte und bringen ihn direkt ins Labor.“ „Verstanden.“ „Doc?“ „Tut mir leid, aber ich muss diese Werte erst gegenprüfen, bevor ich Ihnen genaueres sagen kann.“ „Ist es schlimm?“ „Nein Mrs. Wilde. Im Gegenteil. Aber ich muss das erst prüfen. Wenn Sie mich bitte entschuldigen.“ Damit wandte er sich ab und ging zügig den Korridor hinunter. Nick und Judy wussten nicht so recht, was sie davon halten sollten, aber da es nichts brachte auf dem Korridor zu stehen und ihm hinterher zu blicken, gingen sie zu den Anderen zurück. „Und?“ „Sie… haben offensichtlich etwas gefunden… Aber der Doc sagte, es sei nichts Schlimmes, dass er es aber noch überprüfen muss, bevor er uns Näheres sagen kann…“ Bonnie war gleich an ihrer Seite. „Komm Liebes. Setz dich erstmal.“ Sie führte ihre Tochter zur Couch und Marian hielt dort bereits eine Tasse Tee in ihren Pfoten bereit. Sie nippte nur ein paar Mal an ihrer Tasse und blickte dann zu ihren Freunden. „Es tut mir leid, dass ich die gute Stimmung ruiniert habe.“ Liz trat ohne zu zögern vor. „Erzähl nicht solch einen Unsinn. Wir sind immernoch hier im Krankenhaus für genau solch einen Fall.“ Sie trat von hinten an die Couch, legte ihren linken Arm von hinten um Judys Leibesmitte und zog sie an ihre Brust. „Findet ihr nicht auch?“ Damit drehte sich Liz um und hielt Judy wie ein Kuscheltier vor sich. Lea reagierte schnell und schloss ihre Pfote um Freddys Maul, bevor dieser auch nur einen Ton von sich geben konnte, während sie verzweifelt mit ihrer anderen Pfote ihr eigenes Maul verschlossen hielt und versuchte das Lachen zu unterdrücken. Judy blickte hoch auf das breit grinsende Maul ihrer Partnerin bevor sie mit einer ruhigen Stimme antwortete. „Du weißt schon, dass wir beide einen Sparringskampf haben, wenn du wieder fit bist?“ Sie blickte hinab und die Erwiderung kam ebenso ruhig. „Ich wollte ohnehin eine Woche länger zuhause bleiben.“ James begann dabei lauthals loszulachen und dies löste dieselbe Reaktion bei den übrigen Anwesenden aus. „Machen wir zwei draus.“ Sie wusste nicht ob sie laut loslachen sollte oder nicht… Wusste sie doch, dass dieses kleine Tier in ihrem Arm durchaus dazu in der Lage war. Marian trat vor Liz und hob den Kopf. „Elizabeth, lässt du sie bitte runter?“ Für einen Außenstehenden dürfte es ein merkwürdiges Bild darstellen, wie diese kleine Füchsin zu der stattlichen Tigerin spricht und diese, obwohl sie ein Vielfaches der Körpermasse der Füchsin besaß, ohne zu zögern Folge leistete. Judy landete grazil wie immer und Marian ging vor ihr auf ein Knie. „Auch wenn wir nicht wissen, woran es liegt, so kann ich dir eine Sache versichern: Auch wenn es überraschend ist, so ist es bei weitem kein Weltuntergang Fleisch zu essen. Hier.“ Damit griff sie nach einer Möhre und biss ein großes Stück davon ab, bevor sie schluckte. „Hat dich dieser Anblick entsetzt?“ „Nein.“ Danach nahm sie eine Grille und tat das gleiche. „Und das?“ „Nein?“ „Warum nicht?“ „Du bist eine Füchsin. Füchse sind Raubtiere und benötigen animalisches Protein.“ „Gut. Jetzt du.“ Nun hielt sie eine Möhre vor Judys Schnauze. Und diese biss ohne zu zögern ab. „Hast dich das entsetzt?“ „Nein.“ „Sehr schön. Und nun…“ Jetzt hielt sie ihr eine der Grillen hin. Judy blickte mehrmals zwischen Marian und der Grille hin und her. „Nur zu.“ Zögerlich biss Judy hinein und wieder war der Geschmack nicht im Geringsten abstoßend. „Und nun sieh mich an… Sehe ich dich anders an? Entsetzt? Verängstigt?“ „… Nein… Gütig wie eh und je.“ „Da hast du´s. Ungewöhnlich? Oh ja! Aber du bist hier drin…“ Sie tippte Judy auf die Brust, genau über dem Herzen. „… immernoch dieselbe gütige, warmherzige und leidenschaftliche Häsin wie vor einigen Tagen…“ Ihre Pfote glitt tiefer, bis sie auf Höhe ihres Bauches zum Stillstand kam. „… egal, was da drin ist.“ Um ihren Standpunkt zu bekräftigen hielt sie Judy nun auch ein Stück Hühnchen vor die Schnauze und sie schnupperte erst daran, dann ließ sie ihre Zunge hervorschnellen und im nächsten Moment war es in ihrem Maul verschwunden. „Gut?“ „Oh ja.“ „Schön zu hören. Ich mag Hühnchen am liebsten.“ Als wäre ein Bann gebrochen schwand sie Anspannung in der Luft und die Tiere begannen sich wieder etwas ungezwungener und lockerer zu verhalten, auch wenn Judy nun erst recht das Interesse auf sich zog, als sie mit Marian von den unterschiedlichen Fleischsorten kostete, die die Snacks ihrer Freunde darstellten. Marian hatte sie gewarnt, dass selbst unter Raubtieren zu Fisch eine geteilte Meinung herrschte. Manche lieben es, anderen wird bei dem Geruch von Fisch übel. Darum hatte sie sich dies bis zum Schluss aufgehoben. Sie führte ein Stück zu ihrer Nase und schnupperte daran. Der Geruch war nicht berauschend, wie bei den übrigen Sorten. Auf ihrer Zunge schmeckte sie nicht besonders viel, als sie es jedoch in das Maul nahm und begann zu kauen musste sie gestehen, dass es fast so gut schmeckte wie Hühnchen. Mit geschlossenen Augen ließ sie sich das Stück Fisch auf der Zunge zergehen, als sie ein Räuspern vernahm. Sie blickte sich um und sah vor sich ihren Arzt stehen. Dieser trug ein Klemmbrett und eine merkwürdige Kombination aus Verwirrung, Unglauben und… Freude in seiner Schnauze? „Doktor?“ „Mrs. Wilde… Ich habe die Ergebnisse Ihrer Untersuchung und würde diese gerne mit Ihnen durchgehen… Ihnen und Ihrem Gefährten…“ Er hatte noch nicht ganz ausgesprochen, da stand Nick bereits an Judys Seite. „Ist es so schlimm?“ „Oh nein. Es ist lediglich… Unglaublich…“ Seine Augen begannen dabei zu strahlen und er presste das Klemmbrett wie einen wertvollen Schatz an seine Brust. „OK. Dann raus damit: Was ist los?!“ „Ähm…“ Er blickte sich um und machte damit deutlich, dass er es vorziehen würde dies unter sechs Augen besprechen zu wollen, aber Judys Geduld neigte sich dem Ende zu. „Sie erfahren es eh früh genug. Also raus damit!“ „Wie Sie wünschen. Ich habe die Ergebnisse der Untersuchungen selbst doppelt und dreifach überprüft. Darauf beruhend legen diese eine begründete Theorie nahe, warum Sie, oder besser gesagt Ihr Körper, nach Fleisch verlangt.“ „LOS!“ „Da Ihr Körper, als reiner Herbivore, nicht über gewisse Proteine verfügt, welche in Fleisch und Fisch vorhanden sind, brauchte er eine angemessene Quelle. Daher haben sie unbewusst die erste Gelegenheit genutzt, um diesen Bedarf zu decken.“ „Welchen ‚Bedarf‘?“ Sie hatten bereits verstanden, dass es sich um etwas Besonderes handeln musste… So breit wie der Leopard grinste und seine strahlend weißen Zähne zur Schau stellte. Aber nichts konnte sie darauf vorbereiten, was nun sein Maul verließ… „Den Ihrer Nachkommen.“ Stille senkte sich über den Raum und niemand wagte es auch nur einen Muskel zu rühren. Selbst ihre Schwänze hingen völlig schlapp an ihnen hinunter. Nach einer gefühlten Ewigkeit schaffte es Judy nach unzähligen verzweifelten Versuchen lediglich ein Wort zu flüstern: „… W… Was?...“ „Sie... sind… schwanger!“ Nur wenige Herzschläge später gelang es ihr ihren Blick zu senken und an sich hinabzusehen, während ihre Pfoten über ihren Unterleib glitten… Judy war nicht dumm. Im Gegenteil: Es war durchaus möglich, dass sie nach dem Arzt das klügste Tier im Raum war, allerdings half ihr dies nicht im Geringsten dabei diese drei Worte zu verarbeiten. Es war, als hätte er in einer fremden Sprache gesprochen. Aber sie war nicht allein. Selbst Bonnie, Lea und Liz als mehrfache Mütter hatten Probleme, dies wirklich zu verarbeiten. Die anwesenden Männer hatten dieselben Probleme. Lediglich Nick ließ erkennen, dass er verstanden hatte, denn sein Blick galt nicht ihrem Bauch, sondern ihren Augen und Tränen liefen seine Wangen hinab. Er fiel auf die Knie und hob seine zitternden Pfoten zu ihren Wangen. Nicht nur Nick war zu geschockt um seine Gefühle in Worte zu fassen, so ließ er seinen Instinkten freien Lauf und fuhr mit seinen Wangen über ihre Schnauze, ihren Kopf, ihren Hals und Judy erwiderte die Geste ohne zu zögern und nach wenigen Augenblicken schloss er sie in seine Arme, zog sie an sich und legte seinen Schwanz um sie, bis sie in einem warmen Kokon aus Fuchs vor den Blicken der Anderen geschützt war. Bonnie fiel es schwer ihren Blick von ihrer Tochter und Nick abzuwenden, allerdings hatte sie Angst ihre Bedenken vor ihnen zu äußern und zog den Arzt, unbemerkt vom Rest, vor die Tür. „Doktor, ich hoffe so sehr, dass Sie recht haben, aber ich muss Sie fragen, ob sie sich sicher sind… Bei dem, was ich über diese Droge gehört habe, wird viel im Körper durcheinander gebracht. Was ist, wenn es sich um eine Scheinschwangerschaft handelt?!“ Die schloss ihre Arme um sich. „Ich habe schon einige davon durchlebt. Und jedes Mal tat es so weh, wie beim ersten Mal, als es sich als solche herausgestellt hat.“ „Mrs. Hopps. Ich versichere Ihnen, dass ich dies ebenfalls in Erwägung gezogen habe. Darum habe ich die Ergebnisse auch mehrmals überprüft und mich mit der Gynäkologin Ihrer Tochter beraten. Wie sie wissen treten bei einer Scheinschwangerschaft alle Merkmale einer gewöhnlichen Schwangerschaft auf. In diesem Fall jedoch veranlasst uns ein besonderer Faktor eine Scheinschwangerschaft als unwahrscheinlich zu betrachten: Ihr… Heißhunger… auf Fleisch! Bei einer einfachen Scheinschwangerschaft hätte ihr Körper keinen Bedarf dafür! Sie haben selbst gesehen, wie sie sich geradezu über das Fleisch hergemacht hat. Und das als Häsin. Wir sind der Überzeugung, dass es daran liegt, dass die Embryonen durch ihren Fuchsanteil diese Proteine benötigen. Ich muss gestehen, dass es erst endgültige Gewissheit gibt, wenn ein Ultraschall gemacht wurde, aber ihre Ärztin möchte damit noch bis morgen warten, damit sie klare Ergebnisse erhält. Abgesehen davon sind wir davon überzeugt, dass diese Schwangerschaft echt ist. Wir haben nur leider keine Vorstellung davon wie sich diese Hybriden entwickeln werden.“ Zwar wurden ihre Bedenken in einer Angelegenheit zum Schweigen gebracht. Jedoch hatten seine letzten Worte Sorgen ganz anderer Dimensionen hervorgerufen. Ihr Blick wanderte zu der Tür, hinter der nicht nur ihre eigene Familie voller Vorfreude über dieses neue Leben in nahezu euphorischer Stimmung war. „Wir können im Moment nur das Beste hoffen.“ Er legte seine deutlich größere Pfote auf ihre Schulter. „Es gibt durchaus Schwangerschaften bei Paaren unterschiedlicher Spezies, die so gut wie keine Komplikationen aufwiesen. Wir sind optimistisch, dass alles den Umstanden entsprechend normal verläuft. Ihre Ärztin wird sich mit diversen Kollegen in Kontakt setzen, die Erfahrungen auf diesem Gebiet haben und wird alles in ihrer Macht stehende tun, um sich auf alle denkbaren Eventualitäten vorzubereiten. Sie müssen sich keine Sorgen machen.“ Bonnie war sich immer noch nicht ganz sicher, war jedoch bereit optimistisch zu sein. So öffnete sie die Tür wieder und musste sich die Pfoten über die Schnauze schlagen um nicht laut loszulachen. Sämtliche Kissen waren in einer Ecke der Couch arrangiert, um eine ausgedehnte, sehr gut gepolsterte Liegefläche zu bilden, auf der Judy lag. Eine Decke war bis zum Hals um sie geschlungen und um sie herum standen diverse Schüsseln mit Essen und einige Getränke. „NICK! Man kann es auch übertreiben!“ „Oh nein… Du willst die Kleinen doch nicht etwa hungern lassen?! Hier. Iss noch eine Grille.“ Judy wollte gerade etwas darauf erwidern, als bereits eine weitere Grille in ihrem Maul landete und sie dieses reflexmäßig schloss. Um die Couch herum standen ihre Freunde und hatten allesamt ein wissendes Grinsen in der Schnauze. Nick verhielt sich nicht einfach nur natürlich… Er verhielt sich wie jeder von ihnen, als sie erfuhren, dass ihre Gefährtin zum ersten Mal schwanger war. Das breiteste Grinsen trug natürlich Marian, welche zudem auch ihr Handy in der Pfote hielt und die Linse stetig auf ihren Sohn richtete. Dank ihrer guten Ohren konnte sie auch die Kommentare der Anderen vernehmen, die diese ihren Nachbarn zuflüsterten: Liz und James: „Ich würde ein Jahresgehalt geben um dabei sein zu können, wenn sie es Chief Bogo sagen.“ „Ich würde dafür sogar noch heute der Polizei beitreten.“ Trisha und ihr Vater: „Die beiden sind ja sowas von niedlich.“ „Psst. Lass sie nicht hören, dass du das N-Wort benutzt hast.“ Freddy und Lea: „Ich wette, dass Nick bald anfängt dicke Zigarren zu verteilen.“ „Das passiert erst, wenn sie auf der Welt sind, aber dann für jedes Kind eine.“ „…“ „Was?“ „Ich habe mir gerade vorgestellt, wie ihre Kinder allesamt der Polizei beitreten und einer von uns einen Sparringskampf mit der gesamten Wilde-Meute hat.“ Bonnie musste sich in den Unterarm beißen um bei der letzten Bemerkung nicht laut loszulachen. „Ich kann es kaum erwarten Chief Bogo, darüber zu informieren!“ „Oh ja! Jetzt gleich?“ „Das wäre göttlich!“ „Auf jeden Fall!“ „Oh nein!“ Alle blickten daraufhin zu Marian und diese trug dasselbe Schwindlerlächeln mit halb geschlossenen Augen, wie ihr Sohn. Nur wirkte es bei ihr… diabolischer. Dadurch wurde den Anwesenden erst wirklich bewusst, von wem Nick dies hatte und ihnen lief ein kalter Schauer über den Rücken. „Ich schlage vor, wir warten noch ein wenig. Wenn sie ihr erstes Ultraschallbild hat, hält sie es ihm kommentarlos unter die Nase und lässt es für sich selbst reden.“ Das Starren setzte sich fort, aber nach kurzer Zeit zeigten sich die ersten Zähne, als sie sich seinen Ausdruck vorstellten… Liz fand ihre Stimme als erstes wieder. „Marian… Du böse, skrupellose, kleine Füchsin… Der Plan ist genial!“ Am Vormittag des folgenden Tages erschien Chief Bogo um sich nach dem Zustand seiner Tiere zu erkundigen und ihnen mitzuteilen, dass sie den Rest der Woche und die komplette folgende Woche noch vom Dienst freigestellt seinen. Wie abgesprochen behielten sie Judys Zustand für sich und ihre Kollegen versicherten später sowohl ihr als auch Nick, dass sie sich nichts haben anmerken lassen. Gegen Mittag wurden dann die Tiere, die mit Mondstaub in Kontakt kamen entlassen, Judy und Nick blieben aber aus einem besonders erfreulichen Grund vor Ort. War doch Judys Ärztin erschienen und diese war mindestens ebenso voller freudiger Erwartung wie die Beiden. Es war ein seltsames Gefühl bei einer solchen Untersuchung nicht nur als moralische Unterstützung dabei zu sein. Aber es war tatsächlich soweit! Judy lag auf der Liege und konnte ihre Aufregung kaum im Zaume halten während die Häsin an ihrer Seite eine Untersuchungssonde mit leicht angewärmtem Gel versah. „Judy! Ich kann mir vorstellen, dass Sie aufgeregt sind… Ich muss zugeben, dass ich das auch bin. Aber Sie müssen sich beruhigen. Sonst dauert es nur noch länger.“ Judy griff nach Nicks Pfote und drückte diese. Ihre Augen starrten unentwegt auf den Bildschirm und sie wagten es kaum zu blinzeln aus Sorge den Moment zu verpassen. Auch wenn sie es nicht ausgesprochen hatte, so waren auch Judy die Bedenken ihrer Mutter in den Sinn gekommen, dass es sich trotz allem nur um eine Scheinschwangerschaft handeln könnte. „Hab ich euch.“ Die Häsin stoppte die Sonde und drückte eine Taste, durch die das Bild einfror. „… Sind… Sind das…?“ Auf dem Ultraschall waren mehrere kleine runde Objekte zu erkennen und dank ihrer Erfahrung konnte die Ärztin diese trotz ihrer geringen Größe als das erkennen, was sie waren. „Oh ja. Das sind sie… Alle Vier.“ Die Erleichterung ließ ihre Freude noch um ein vielfaches stärker ausfallen und sie schlang ihre Arme geradezu euphorisch um Nicks Hals und drückte ihn an sich. „Es ist wirklich… wahr… Sag mir, dass dies… kein Traum ist!“ Nicks Augen hingen noch immer am Monitor und wollten den Blick nicht von diesen unscheinbaren Kugeln abwenden, während Judy spürte, wie ihre Schulter immer feuchter wurde. Es interessierte sie nicht, spürte sie doch an ihrer Wange, dass sie seine Schulter ebenso nässte. „… Nein… Kein Traum…“ Stunden waren seit ihrer Entlassung vergangen und sie konnte immer noch nicht glauben, dass sie tatsächlich ein Ultraschallbild ihrer eigenen Nachkommen in ihren Pfoten hielt. Es war ungewöhnlich still in ihrem Apartment, aber sie saßen einfach nur eng umschlungen auf der Couch und blickten auf dieses Bild ihrer Zukunft. Diese friedliche Stille wurde erst von einer Melodie unterbrochen, die Nick zu verstehen gab, dass ihn ein Tier aus dem Revier zu erreichen versuchte. Benjamin Clawhauser um genau zu sein. „Hi Spots. Was gibt´s?“ „Hey Nick, wie geht´s euch?“ „Soweit ganz gut. Warum?“ Sie hatten beschlossen die freudige Botschaft nicht nur Chief Bogo zu verschweigen, sondern auch allen anderen, da insbesondere Ben als Zentrale der Gerüchteküche nichts für sich behalten konnte. „Der Chief hat nicht viel mehr gesagt, als dass ich euch Beide, Liz und Freddy Bescheid geben soll morgen früh zu erscheinen.“ „… Nichtmal eine Andeutung?“ „Nein, nicht direkt. Er hat mir erlaubt dabei zu sein, scheint also etwas Größeres zu sein… Habt ihr was ausgefressen?“ Nick blickte zu Judy und noch bevor sich ihre Blicke trafen hatte er bereits ihren Ellenbogen in der Seite. „Hmm… Solange wir unsere Uniformen trugen haben wir uns soweit es uns möglich war an die Richtlinien gehalten. Da kann eigentlich nichts sein…“ „Dann wollen wir uns doch einfach mal überraschen lassen. Bis morgen.“ „Bis morgen.“ Nick hatte gerade aufgelegt, da hatte er bereits Freddys Nummer gewählt, während Judy bei Liz anrief. Ihre Partner beteuerten nochmals, Chief Bogo gegenüber nichts verraten oder auch nur angedeutet zu haben. „Und jetzt?“ „Er kann eigentlich nichts darüber wissen. Vielleicht hat es etwas damit zu tun, dass wir innerhalb weniger Stunden an gleich zwei gefährlichen Rettungsmissionen beteiligt waren?“ „Hm… Könnte sein. Ich schätze wir werden es morgen früh erfahren.“ „Was auch immer es ist. Wenn wir fertig sind, dann können wir ihn doch in seinem Büro aufsuchen und ihn hierüber informieren…“ Beide blickten sich an und Nick bekam fast schon Angst, als Judys Ausdruck dem seiner Mutter nur allzu ähnlich war, als diese die Idee hatte. Sie waren zwar nicht im Dienst dennoch erschienen sie in Uniform. Ihre Partner hatten offenkundig dieselbe Idee, wie sie. Auch wenn diese ihre Oberteile nur über die Schultern geworfen hatten, um ihre Verletzungen zu schonen. Kaum hatten sie das Revier betreten, so hatte sich bereits eine Traube um sie gebildet und die Fragen nach ihrem Wohlbefinden prasselten nur so auf sie ein. Selbst als sie im Besprechungsraum ankamen fuhren ihre Kollegen mit ihren Fragen fort. Dies änderte sich erst, als Chief Bogo den Raum betrat und alle zu ihren Plätzen sprinteten. „Wie alle gesehen haben habe ich unsere Kollegen herbestellt, obwohl sie hier bis übernächste Woche eigentlich nichts zu suchen haben. Aber wie ich gestern feststellen musste haben die Wildes etwas Wichtiges versucht für sich zu behalten.“ Judy und Nick erstarrten, nachdem sie ihre Ohren angelegt hatten. „Aber dank ihrer Partner habe ich die Grundlagen bekommen bekannt geben zu können, worauf beide schon sehr lange warten mussten.“ Wolf und Tigerin rissen die Augen auf und blickten mit offenen Mäulern zu ihren Partnern und diese blickten wütend zurück. „Wenn ihr wieder diensttauglich seid, dann gibt es offensichtlich zwei Sparring-Runden zu dritt!“ Neben ihren entsetzten Ausdrücken wurden sie plötzlich so blass, dass sie sich vor einer weißen Wand hätten verstecken können. „Wildes, herkommen. Sie sollten den beiden dankbar sein.“ Beide traten neben Chief Bogo und wandten sich ihren Kollegen zu. „Dank der ausführlichen Berichte ihrer Partner habe ich alles bekommen, was ich benötigte.“ Freddy und Liz machten sich so klein wie möglich und hofften inständig sich einfach in Luft auflösen zu können. „Wilde.“ Damit richtete er sich direkt an Judy. „Ich hoffe Sie wissen, dass ich aufgrund der mir vorliegenden Informationen keine andere Wahl hatte.“ Sie nickte einfach nur zur Bestätigung, da sie sich nicht sicher war, dass in dieser Situation nicht ihr Temperament mit ihr durchgehen würde. „Wilde.“ Nun richtete er sich an Nick. „Hätte mir Irgendwer vor einigen Jahren erzählt, was ich nun verkünden kann, so hätte ich ihn wohl ausgelacht. Und doch sind wir hier.“ Chief Bogo richtete sich wieder zu voller Größe auf und wandte sich den ihm unterstellten Tieren zu. „Ich würde es gerne direkt machen, aber es gibt leider immernoch Tiere, die denken dies dürfte nicht sein. Daher konnte ich lediglich einen Deal herausschlagen.“ Judy und Nick blickten sich verwirrt an, bevor sie ihren Blick auf den Büffel an ihrer Seite richteten. „Officer Nicholas Wilde wird in zwei Monaten am Lehrgang für Führungspersonal im Streifendienst teilnehmen. Sollte er diesen erfolgreich absolvieren, woran ich keinen Zweifel habe, kann Niemand mehr verhindern, dass wir bald Sergeant Nicholas Piberius Wilde in unserer Mitte begrüßen können.“ Da Chief Bogo dem Raum zugewandt war sah er zunächst, wie sich Liz und Freddy zunächst erlaubten tief durchzuatmen, bevor sie erst wirklich auf seine Ankündigung reagierten und sich für ihren Kollegen freuten. Dann fuhr sein Blick zu den Tieren an seiner Seite und statt Freude sah er… Erleichterung? „Wildes? Habe ich was Falsches gesagt?!“ Judy strich sich mit ihrer Pfote über ihre Schnauze, bevor sie ohne nachzudenken in ihre Brusttasche griff und etwas herausholte. „Oh Nein. Ich hatte nur befürchtet, Sie reden hiervon.“ Chief Bogo nahm das Stück Papier entgegen und blickte darauf. In diesem Moment wurde Judy erst klar, was sie da gerade getan hatte und auch Nick blickte sie seltsam an. „Ups…“ Daraufhin blickten beide hoch und Chief Bogo hielt das kleine Bild in seinem Huf, während er den Kopf leicht schief hielt. Eine Stille hatte sich über den Raum gelegt und alle starrten auf ihren Vorgesetzten, der scheinbar versuchte zu verstehen, was er dort in seinem Huf hielt. Sie konnten auf die Sekunde genau sagen, wann er verstanden hatte, denn seine Augenlider schossen hoch, während sein Kiefer in die andere Richtung schnellte. Keiner ihrer Kollegen konnte sagen, wann sie Chief Bogo das letzte Mal sprachlos gesehen hatten, wenn überhaupt. Nach einer gefühlten Ewigkeit wandte er sich dem Fuchs und der Häsin zu und hielt das Bild hoch. „… Ist… das echt?!“ Beide sahen sich kurz an, bevor Nick seine Pfote auf Judys Schulter legte und sie sich zunickten. Dann sahen beide auf und ein breites Lächeln bildete sich auf ihren Schnauzen, bevor Nick mit stolz geschwellter Brust antwortete. „Unerwartet? Auf jeden Fall. Echt? So wahr wir hier stehen.“ „O M G! Ist das ein Ultraschallbild?!“ Clawhauser war vorgestürmt und hielt die Kamera in seinen Pfoten direkt auf das Bild in Chief Bogos Huf. Die beiden Tiere an seiner Seite wandten sich ihm zu und zeigten ein strahlendes Lächeln. Ohne hinzusehen hob Judy ihre Pfote zu ihrem Bauch und Nick legte seine auf ihre. Es wurde wieder totenstill im Raum und nach etwa einer Minute brach Jubel aus und ihre Kollegen applaudierten. Auch wenn sie es von ihren Kollegen erwartet hatten, so war der Freudentanz ihres Vorgesetzten an ihrer Seite umso schockierender. Die Cops verließen das Revier deutlich später als üblich, aber sie hofften, dass dies Niemandem auffallen würde… Nun standen sie vor dem Büro ihres Vorgesetzten und warteten auf die Ankunft des Büffels. Nach wenigen Minuten kam er auch an und beide folgten ihm hinein. „Nach diesem erfreulichen Morgen müssen wir leider noch einige Formalitäten regeln.“ Chief Bogo nahm ein Formular aus seinem Schreibtisch und setzte seine Brille auf. Diverse Angaben wurden benötigt, aber dann kamen sie an einer Stelle an, die ihn zögern ließ. „Wissen Sie schon näheres über die Dauer der Schwangerschaft?“ „Leider nicht wirklich. Es gab zwar einige Fälle von Paaren unterschiedlicher Spezies, die Nachkommen zeugen konnten, aber noch keine über Fuchs und Hase… Hasen haben eine Tragezeit von etwa einem Monat, während Füchse bis zu zwei Monaten haben. Wir gehen davon aus, dass es irgendwo dazwischen liegen müsste.“ „Hm… Da muss ich wohl noch etwas nachhaken. Für eine solche Kombination gibt es noch keine Vorgabe für die Freistellung wegen Mutterschutz.“ „Mutterschutz?!“ Beide Tiere sahen Judy mit einem seltsamen Blick an als wenn ihr ein zweiter Kopf gewachsen. „Natürlich. Sie denken doch hoffentlich nicht, dass ich sie so noch auf die Straße lasse. Schreibtischdienst, bis der Mutterschutz einsetzt.“ „Aber…“ „Kein Aber. Wenn es nach mir ginge, würden Sie keine Pfote mehr in dieses Revier setzen, bis diese Vier da drin auf der Welt sind. Und da sie bis einschließlich nächster Woche aus medizinischen Gründen freigestellt sind, stehen die Chancen gut, dass genau das der Fall ist.“ Judys Ohren hingen durch und sie blickte ihren Vorgesetzten mit einem entsetzten Blick an. Nick legte seine Pfote auf ihre Schulter und zog damit ihre Aufmerksamkeit auf sich. „Judy… Du weißt genauso gut wie ich, dass diese hier…“ Er legte seine Pfote auf ihre Leibesmitte. „… mehr als nur ein Wunder sind. Besonders für uns. Und wenn euch etwas passieren würde… Wir wissen nicht, ob es uns nochmal gelingen könnte.“ Chief Bogo hob die Augenbraue und Nick wandte sich mit einem ungewöhnlich ernsten Ausdruck an ihn. „Die Ärzte können nicht sagen, woran es lag, dass sie schwanger werden konnte. Es könnte reiner Zufall gewesen sein, dass es halt genau jetzt geschehen ist. Es könnte der Mondstaub gewesen sein. Es könnte daran gelegen haben, dass wir so lange voneinander getrennt waren. Es könnte eine Kombination dieser Faktoren sein. Es könnte auch an etwas komplett anderem gelegen haben, woran noch Niemand gedacht hat. Wir wissen es nicht… Und es kann auch kein Tier sagen, was wir… was Judy durchmachen kann, ohne die Kleinen in Gefahr zu bringen.“ Judy sah auf und ließ die Schultern hängen. „Es ist halt nur so schwer zu akzeptieren, dass ich nun wie ein zerbrechliches Püppchen behandelt werden muss. Aber ich weiß nicht, ob ich diese Zeit überstehen werde ohne durchzudrehen.“ „Irgendwas sagt mir, dass Sie es bereuen werden die Zeit nicht zur Erholung genutzt zu haben, bevor sie zur Welt gekommen sind, aber ich werde sehen, ob sich da etwas machen lässt.“ Nick sah auf und Chief Bogo hob den Huf. „Keine Sorge. Keine Gefahr, keine unnötige Aufregung. Und es wird immer ein Tier in der Nähe sein. Eventuell Archiv oder Funkzentrale. Aber ich verspreche nichts.“ Judys Augen leuchteten auf bei dem Gedanken nicht bis zu zwei Monate oder gar noch länger zuhause rumsitzen zu müssen. Der Rest der Formalitäten war innerhalb einer Stunde abgeschlossen und nun waren sie auf dem Heimweg. Nick fuhr einen Umweg um noch einige Bugburger zu holen… Und einen für sich selbst. Der Blick des jungen Geparden beim Ausgabeschalter brachte beide zum Lachen und Judy hatte immernoch Tränen in den Augen, als sie ausstiegen und ihre Wohnung betraten. Es gefiel ihr nicht, aber der Vormittag hatte dennoch seinen Tribut gefordert. So bat sie Nick zu sich auf die Couch zu setzen und machte es sich an seiner Seite gemütlich. Dabei legte Nick seinen Schwanz wie eine Decke über ihren Leib und nach wenigen Minuten schlief sie bereits tief und fest. Er blickte auf seine Frau hinab und musste lächeln, während ihm Bilder von ihrer gemeinsamen Zukunft durch den Kopf und er beugte sich hinunter um sie zwischen ihren Ohren zu küssen. Selbst im Schlaf reagierte sie indem sie sich noch weiter in sein Fell kuschelte und dabei lächelte. „Ich liebe dich Judy. Dich und unsere gemeinsame Zukunft als Familie.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)