Der Spürhase von Shevron ================================================================================ Kapitel 7: Wiedersehen ---------------------- Der Schuss klingelte immernoch in ihren Ohren, aber das war nun nebensächlich. Nick war zu Boden gegangen und das war ihre größte Sorge, nachdem Mr. Smith ausgeschaltet war. „NICK“ Es dauerte keinen ganzen Herzschlag, da war sie an seiner Seite. Er hockte auf allen Vieren und sie legte ihre Pfote auf seinen bebenden Körper in der Hoffnung, dass die Verletzung und die Schmerzen nicht so schlimm waren, wie sie schienen. Sie zuckte zusammen, als Nick einen Laut von sich gab, den sie in dieser Situation am wenigsten erwartet hätte… Nick begann lauthals zu lachen! „Nick?“ „HAHAHAHA! Bogo schuldet uns nun ein Wochenende in einem Luxushotel unserer Wahl!“ Damit drehte sich Nick auf den Rücken und Judy war entsetzt, dass er lachte, obwohl er blutete. Die Kugel hatte ihn an der Schnauze erwischt und die Haut und die dazugehörigen Blutgefäße über seiner Titanschnauze aufgerissen und eine kleine Delle in diese geschlagen. Aber bis auf die Delle war dies Nichts, was nicht mit einem Pflaster und einigen Tagen Ruhe zu flicken war. „Er hat ständig gesagt, dass ich damit…“ Er deutete auf seine Schnauze. „… nur Probleme bekommen werde und dass ich ihr niemals etwas zu verdanken haben werde! Aber es hat mein Leben gerettet!“ „Du bist unmöglich.“ Damit erlaubte Judy sich ihren Kopf auf seine Brust sinken zu lassen und atmete tief den starken Duft von Fuchs ein. Nur etwas stimmte nicht… Es war nicht der leichte Geruch von Blut… Nein, es waren Pheromone… Fuchs… Genauer gesagt: Füchsin! Judy sprang auf, als ihr das Wichtigste überhaupt wieder in den Sinn kam: Die Gefangene! Sie sprang auf und über die umgeworfene Liege, auf der die weiße Füchsin immernoch festgebunden war und etwas vor sich hinmurmelte. Dort löste sie die Fesseln und Skye Winters fiel wie ein nasser Sack in sich zusammen während sie unbeeindruckt weitermurmelte. „… Nein… Ich sage euch Nichts… Nein… Ich sage euch Nichts… Nein… Ich sage euch Nichts…“ „Mrs. Winters. Ich bin Officer Wilde. Wir werden Sie hier rausbringen.“ „… Nein… Ich sage euch Nichts… Nein… Ich sage euch Nichts… Nein… Ich sage euch Nichts…“ „Mrs. Winters, können Sie mich verstehen?“ „… Nein… Ich sage euch Nichts… Nein… Ich sage euch Nichts… Nein… Ich sage euch Nichts…“ „Nick! Wir brauchen einen Sanitäter! Schnell!“ Nick rief durch die Tür und wollte sich zu den beiden Frauen begeben, als ihm etwas ins Auge fiel. Er ging neben die Trage und blickte auf mehrere leere Fläschchen, die auf einem der Tische neben einigen Spritzen lagen und verzog die Schnauze. „Was ist?“ „Natriumamytal… Judy, sie haben ihr ein Wahrheitsserum verabreicht!“ Nick ging neben Judy auf die Knie und wandte sich an die Füchsin. „Was wollten sie von Ihnen wissen?“ „… Nein… Ich sage euch Nichts… Nein… Ich sage euch Nichts… Nein… Ich sage euch Nichts…“ Er sah hinüber und konnte nur den Kopf schütteln. „Wir bringen Sie jetzt zu einem Arzt.“ Damit nahm Nick sie auf die Arme und schreckte zusammen, wie abgemagert sie tatsächlich war. Dann begab er sich mit ihr in Richtung der Tür. Bereits nach dem ersten Schritt spürte er ihre Nase an seinem Hals, wo sie an ihm schnupperte und dann noch einen tiefen Atemzug nahm. Sein Blick war bereits leicht benommen, da die Pheromone, die sie von sich gab, dermaßen potent waren, dass sich jeder ungebundene Fuchs längst über sie hergemacht hätte. Nick war froh, dass er Judy hatte, sonst hätte ihn Nichts und Niemand davon abhalten können sich hier und jetzt mit ihr zu paaren… Plötzlich versteifte sie sich in seinen Armen und noch bevor er seinen Blick auf sie richten konnte, stieß sie ihn von sich. Ungeachtet der Tatsache, dass ihr Sturz auf den harten Boden schmerzhaft werden würde. Judy war an seiner Seite und stützte ihn noch bevor er fiel, während sie mit einem entsetzten Blick die Füchsin anstarrte, die sich nun wimmernd zusammenkauerte, ihren Schwanz zwischen ihren Beinen hindurch an ihre Brust zog und sich wahrlich verzweifelt daran festklammerte. „Nein… Jack, wo bist du? … Nein, nicht… Jack? … Wo bist du? … Nein… Jack, ich brauche dich…“ ‚Schrecklich‘ war nicht einmal annähernd passend für das Gefühl, welches sie durchfuhr, als sie dieses heulende und verzweifelte Häufchen Elend vor sich sah. In ihrer bisherigen Dienstzeit hatte sie mehr als nur einen Blick in die wirklich dunklen Seiten der Stadt werfen können und dieses Verhalten hatte sie durchaus schon bei Frauen erlebt. Und jedes Mal war wie eine Klinge in ihrer Brust, als sie sich unweigerlich ausmahlte, was diese Frauen durchgemacht haben mussten. „Haben sie sie…?“ „Nein Judy… Es war grausamer… Wir müssen sie hier herausschaffen und Savage muss schnellstens herkommen.“ Nick ging neben ihr auf die Knie und streckte seine Pfote aus. Noch bevor er sie berührte versteifte sie sich erneut und Nick zog sich wieder zurück. Bevor er sich Judy zuwandte. „Ihr Zustand ist noch schlimmer als ich befürchtet hatte. Du musst sie stützen bis wir draußen sind oder uns die Sanitäter entgegen kommen.“ Ohne etwas zu erwidern ging Judy neben ihr in die Hocke und streckte ihre Pfote aus. Als sie sich nicht versteifte, legte Judy ihr die Pfote auf die Schulter und als auch jetzt keine Reaktion erfolgte, legte sie ihr auch noch die andere Pfote auf die Schulter. „Wir bringen sie jetzt hinaus zu den Sanitätern.“ Als die Füchsin nicht reagierte wagte Judy es um sie herum zu gehen und sich ihren Arm über die Schultern zu legen, aber selbst dann rührten sich ihre Beine nicht. Kurzentschlossen schob sie ihren anderen Arm unter ihre Beine und war geradezu entsetzt, als sie ebenso wie Nick feststellen musste, wie mager und leicht sie unter ihrem Fell war. Nick lehnte sich durch die Tür. „Status?“ „Gesichert!“ „Gut. Judy komm mit.“ Damit lief Nick los. Im Raum waren die Wildschweine der S.W.A.T.-Einheit dabei die Söldner zu fesseln und abzutransportieren. Er musste dafür sorgen, dass ihnen kein Tier im Weg stehen würde, während sie sich auf dem Weg nach draußen befanden. Auf halber Strecke kamen ihnen zwei Zebras entgegen, aber bevor Nick beide warnen konnte hatten sie bereits die Hufe nach ihr ausgestreckt und die Füchsin in Judys Armen hatte sich verzweifelt mit Krallen gegen die Sanitäter zur Wehr gesetzt und panisch losgebrüllt. „NEIN! WEG! … Nein… Jack… Jack…“ Nick schob sie rasch beiseite. „Paarungszeit und gewaltsam von ihrem Gefährten getrennt. Kein Mann darf sich ihr nähern. Ist eine Frau unter den Sanitätern?“ Wäre die Situation nicht dermaßen ernst gewesen, so hätte sich Nickt totlachen können, als beide Zebras nahezu gleichzeitig verstanden und die Augen weit aufrissen. „Wagen drei, Antilope. Wir geben ihr Bescheid.“ „Danke.“ Damit sprinteten beide los um ihre Kollegin zu informieren. Wieder machte Nick den Weg frei und achtete darauf, dass sich kein männlicher Helfer auch nur in ihre Nähe begab. Auch wenn es nur wenige Minuten waren, seit sie Skye Winters gefunden haben, so fühlte es sich sowohl für Nick als auch für Judy wie eine Ewigkeit an. Dies lag zu einem nicht unerheblichen Teil daran, dass sie sich in einer vergleichbaren Situation befanden und sie daher gut nachvollziehen konnten, was ihr durch den Kopf gehen musste. Draußen angekommen hatten sich die beiden Sanitäter in Position begeben um ihnen die Richtung zu weisen und als sie bei Wagen drei ankamen machte Judy einen Satz an der Antilope vorbei direkt in den Wagen und legte Skye dort ab. Nur einen Augenblick später war sie an Judys Seite und begann mit ihren Untersuchungen der Füchsin. „Wie war ihr Zustand, als Sie sie gefunden haben?“ Sie richtete ihren Blick auf Judy, die nur an Nick verwies. Nick antwortete zugleich. „Schlimm. Sie wollten Informationen von ihr. Sie haben sie gefesselt, voraussichtlich die ganze Zeit über, und da jetzt Paarungszeit für Füchse ist, ist Nichts zu tun eine schlimmere Folter als alles andere. Hinzu kamen offensichtlich mehrere Infusionen mit Natriumamytal.“ Nick wandte sich kurz an Judy. „Hol Savage her. Sie braucht ihn dringend.“ Judy sprang darauf hin aus dem Wagen und griff nach ihrem Funkgerät, nur um festzustellen, dass sich dieses mit ihrer übrigen Ausrüstung noch immer im Gebäude befand. Kurzentschlossen ging sie ein kurzes Stück schnappte sie sich eines von einem Wildschwein, das gerade einen Söldner abführte. „Chief, Wilde hier. Ist er bereit hergebracht zu werden?“ „Er ist auf dem Weg. Er sollte in weniger als zwei Minuten bei Ihnen eintreffen.“ „Verstanden.“ Sie machte kehrt und begab sich zurück zum Krankenwagen. Dort saß bereits Nick neben der Antilope, die sich gerade um die Verletzung an Nicks Schnauze kümmerte. „Ihr Gefährte trifft gleich ein. Wie geht es ihr?“ Die Antilope antwortete ohne von ihrer Arbeit aufzuschauen. „Entkräftet, dehydriert und Situationsbedingt unter enormen hormonell bedingtem Stress. Nichts, was eine Nacht mit ihrem Fuchs, ein paar Tage Ruhe und reichlich Flüssigkeit nicht wieder hinbekommen sollten.“ Nick und Judy blickten sich an und mussten trotz der Situation grinsen. Die Antilope blickte auf und sah zwischen beiden hin und her. „OK. Ich habe das Gefühl, dass ich irgendetwas nicht mitbekommen habe.“ Das Grinsen wurde ein wenig breiter und bevor einer von ihnen etwas erwidern konnte, fuhr ein Streifenwagen vor, aus dem Liz und Freddy ausstiegen. Freddy kam zu ihnen, während Liz die hintere Tür öffnete und ein weißer Hase mit schwarzen Streifen auf den Wangen ausstieg. Dieser trug eine weite Jogginghose und ein helles Hemd mit hochgekrempelten Ärmeln. Hinzu kam der Gehstock, auf den er sich stützte um sein Bein zu entlasten. Er blickte sich um und sah Judy neben Nick stehen. „Wo ist sie?“ Beide deuteten über ihre Schulter auf den Krankenwagen hinter sich. Jack wurde so schnell, wie es ihm möglich war und stieg in den Krankenwagen, wo Judy und Nick direkt die Türen hinter ihm schlossen. Freddy stand vor der Antilope und blickte amüsiert auf ihre erstarrte Schnauze. „Gehe ich recht in der Annahme, dass ihr sie nicht darüber informiert habt, dass er ein Hase ist?“ Strahlend weiße Zähne waren in den Schnauzen beider Wildes zu sehen, als er sich umdrehte und auch Liz musste lachen. Ein recht lautes Geräusch ließ sie verstummen, aber ihr Grinsen noch breiter werden. Der Klang von Kleidung, die ungeduldigen Klauen zum Opfer fiel, war ausgesprochen markant. Als der Wagen kurze Zeit später auch noch anfing zu wanken, wagte es die Antilope etwas zu sagen. „… Das habe ich nicht kommen sehen…“ Nach einigen Minuten stieß Judy Nick in die Seite. „Wir sind gleich wieder da.“ Damit begaben sich Nick und Judy zum nächstgelegenen Krankenwagen. Auf dem Weg kam ihnen bereits Captain Nimh entgegen und seine Schnauze schien sich uneins zu sein, was sie zeigen soll. „Nun, eigentlich sollte ich entsetzt sein, bei dem was Sie hier mit ihrer Frau angestellt haben… Sich in einem Gebäude voller eiskalter, kampferprobter Söldner selbst als überdimensionale Zielscheibe zu präsentieren? Das ist doch wahnwitzig! Aber dennoch muss ich gestehen, dass Sie gut waren. Diese Tiere waren dermaßen auf Sie fixiert, dass sie uns nichteinmal bemerkt haben, wie wir die Blendgranaten weniger als einen Meter hinter ihnen platziert haben!“ „Was soll ich sagen? Ein voll ausgestattetes S.W.A.T.-Team haben sie erwartet. Das hätte ihnen höchstens ein müdes Lächeln abgerungen. Aber die schnellste Häsin und der schlauste Fuchs des ZPD, die sie an der Schnauze herumführen? Da mussten sie ihre Aufmerksamkeit auf uns richten. Sind Sie später auch bei der Nachbesprechung dabei?“ „Das ist eine überflüssige Frage. Um nichts in der Welt würde ich das verpassen wollen.“ „Wir sehen uns dann später.“ „Bis dann.“ Sie trennten sich und gingen weiter zum nächsten Krankenwagen. Dort baten sie die Sanitäter um zwei Decken und zwei Flaschen Wasser. Auf dem Weg zurück zu den anderen beugte sich Nick hinunter zu Judy und flüsterte ihr ins Ohr. „Ich wünschte nur, wir könnten uns auch um mein Problem kümmern.“ „Glaub mir. Ich auch. Aber dann brauchen wir mindestens eine Stunde, aber die haben wir leider nicht.“ Die Anderen blickten sie an und fragten sich einen Moment, was sie mit den Decken vorhatten, bis sie zur Tür gingen und anklopften. „Tut mir Leid, wenn wir euch unterbrechen müssen, aber das muss erstmal reichen. Wir haben einige wichtige Fragen.“ Nick öffnete die Tür einen Spalt breit und reichte erst die eine und dann die andere Decke hinein. Danach öffnete er die Tür ganz und zum Vorschein kamen zwei Tiere mit einem deutlich entspannteren Ausdruck als zuvor und beide hatten sich eine Decke umgeworfen. Die Überreste ihrer Kleidung lagen in Fetzen auf dem Boden verteilt herum. Er stieg in den Wagen und reichte beiden eine Flasche Wasser. „Hier. Ihr werdet es brauchen.“ „Danke.“ Während sie das kühle Nass ihre Kehle hinunterlaufen liefen, stieg Nick ein feiner Geruch in die Nase. Sein Blick ging zu Jack und dort zu seiner linken Schulter. Nachdem Jack seine Flasche abgesetzt hatte ließ Nick seine Pfote auf der Schulter des Hasen niedergehen. Dieser zuckte zusammen und Skye blickte auf die Stelle, an der immernoch der Kontakt zwischen den beiden bestand. Judy war der Kontakt und die Reaktion des Hasen ebenso wenig entgangen. Diese lächelte Skye jedoch an. „Keine Sorge. Er hat es verdient.“ Skye zog die Augenbrauen hoch und blickte zu Jack. „Später.“ „Wir haben jetzt aber ein paar dringende Fragen an Sie Mrs. Winters. Fühlen Sie sich in der Lage dazu?“ „Ich… glaube schon.“ „Gut. Wissen Sie, warum Sie entführt wurden? Was wissen Sie, dass man mit Wahrheitsserum und Folter von Ihnen erfahren wollte?“ „Sie wollten wissen… Wem ich von dem Buch erzählt habe.“ „Welches Buch?“ „Ich habe ein Tier bemerkt, das mich beschattet hat…“ „Ein Wildschwein?“ „Ja, genau. Ich bin ihm… gefolgt. In… ein altes Lagerhaus…“ Sie fuhr sich mit der Pfote über die Schnauze, während Jack ihre andere Pfote ergriff. „Dort war eine… Werkstatt. Mit… mit…“ Skye schüttelte den Kopf. „Es ist schwer mich zu erinnern… was ich…“ „Das sind die Reste des Wahrheitsserums in Ihrem Blut. Aber versuchen Sie sich trotzdem zu erinnern.“ „Da war ein Buch… Es war alt… sehr alt…“ Sie leerte die Flasche und gab diese an Judy weiter. „Auf der aufgeschlagenen Seite stand etwas… es ist verschwommen… Rapas… Bapas… Nein… Papas… Papas Bombe….“ Bei allen Anwesenden schossen bei diesen Worten die Ohren in die Höhe. „Ich habe geblättert… zum Anfang… Da stand ein Name…“ „Können Sie sich erinnern welcher Name?“ „… … Irgendwas mit …anna … … Liebes Tagebuch… Es war ein Tagebuch… Ich… Ich weiß nicht mehr… Ich kam in unserem Unterschupf an… und dann…“ Jack reichte ihr seine Flasche und sie leerte diese in einem Zug. „Ich habe darin gelesen… Ihr Bruder war nicht so gut wie sie…. Ihr Papa konnte etwas was andere nicht konnten… Noch ein Name… Ivan…“ Nick und Judy wurden blass, als ihnen diese Dinge ziemlich bekannt vorkamen. „Dann kam… ein Teppich?“ „Da wurden Sie entführt. Aber ich muss Sie bitten sich nochmal genau auf den Namen am Anfang des Tagebuchs zu erinnern. Versuchen Sie sich zu konzentrieren.“ Skye schlug die Pfoten auf ihrer Schnauze zusammen und schüttelte vehement den Kopf. „… anna… anna… vanna… … … Ivanna… Ivanna? … Ja, Ivanna…“ „Das Tagebuch stammte von Ivanna Koslov! Daher hatten sie die Bombenpläne!“ „Das ist der Beweis, dass Ivan unschuldig ist.“ „Nur wie sind sie an das Buch gelangt?“ „Was wäre, wenn sie es bei sich trug, als sie und Beatrice Big entführt wurden?“ „Das würde einiges erklären. Aber wir brauchen Gewissheit…“ Im nächsten Moment hatte sie bereits ihr Handy am Ohr. „… Das ist seltsam.“ „Was?“ „Mr. Big geht nicht ran. Moment.“ Judy wählte eine weitere Nummer. „FruFru auch nicht… Das ist höchst ungewöhnlich.“ „Er hat… telefoniert.“ „Wer?“ „Smith.“ „Können Sie sagen mit wem?“ „Nein… Er nannte sie nur ‚Ma´am‘…“ Skye kniff ihre Augen zusammen und packte ihren Kopf mit beiden Pfoten, als sie verzweifelt versuchte sich einerseits zu konzentrieren und andererseits zu erinnern. „… Wie… würde sie sich… fühlen…“ Alle blickten Skye an und diese sprach nach einem Moment weiter. „… die Tochter der Familie… Big… wenn sie… auch erfährt wie es ist… die Familie zu verlieren… allein zu sein…“ „Nun bin ich wirklich besorgt… Wir sollten die Angelegenheit sofort klären. Dies könnte bedeuten, dass es jemand auf die Familie Big abgesehen hat.“ „Wenn wir sie telefonisch nicht erreichen schlage ich vor wir fahren hin.“ „Das können wir nicht. Dieser Einsatz ist noch nicht abgeschlossen und wir dürfen uns dementsprechend noch nicht entfernen.“ „Moment.“ Nick holte sein eigenes Handy hervor und wählte eine Nummer. „Chief, wir haben eine Spur. Winters hat offensichtlich ein Gespräch von Mr. Smith gehört, wo es um die Familie Big geht. Versuche sie telefonisch zu erreichen schlugen fehl. Wir brauchen Ihre Erlaubnis, um uns sofort vom Einsatzort entfernen zu dürfen… Verstanden… Danke.“ Nick wandte sich nun wieder an Judy. „Wir haben sein OK. Wir nehmen Freddy und Liz, fahren hin und melden uns dann nochmal bei ihm. Wenn alles in Ordnung ist, dann bringen wir Mr. Big auf Stand und kommen wieder zurück.“ „… Was hast du mit Chief Bogo gemacht?!“ „Er sieht es pragmatisch: Wenn sich Mr. Big tatsächlich in Gefahr befindet und das ZPD ihn davor bewahrt, dann schuldet er uns einen Gefallen. Und er hat Prinzipien. Das ist in der Unterwelt nicht selbstverständlich. Wenn wir unseren Job gut machen gewinnt somit Jeder.“ „Und was wäre mit dem Argument, dass wir damit Leben retten?“ „Das auch.“ Judy war sich nicht sicher, ob sie lachen oder weinen sollte, so ging sie einfach zu ihren Kollegen und unterwies diese über ihren kleinen Ausflug während Nick ihre Ausrüstung holte. Da es keine akute Gefahr gab, hatten sie keine Freigabe für Sirene und Blaulicht. Im Nachhinein betrachtet, war dies sogar zu ihrem Vorteil, als sie ankamen. Liz besah sich die Situation und sprach aus, was ihr direkt durch den Kopf ging. „Ich habe ein ganz ungutes Gefühl dabei.“ Ihre Kollegen mussten ihr zustimmen: Das Tor an der Zufahrt zum Anwesen stand weit offen und von den Wachen war weit und breit nichts zu sehen. Und das war ein Ding der Unmöglichkeit. Sie stiegen aus und näherten sich vorsichtig dem Tor. Freddy und Nick hoben zugleich ihre Pfoten und brachten so ihre Begleiterinnen dazu zu stoppen. Beide schnüffelten in der Luft und während Nick die Umgebung im Auge behielt flüsterte Freddy ihnen zu. „Es riecht nach Fisch. Sehr viel Fisch.“ Judy machte zwei vorsichtige Schritte auf Nick zu und tippte ihm drei Mal leicht auf den Rücken. Dieser ging daraufhin wortlos in die Hocke und Judy machte einen Satz auf seine Schultern. Während Nick sich wieder aufrichtete, legte sie ihre Pfoten an seinen Kopf und richtete ihre eigenen Ohren zu voller Größe auf. Der Anblick hätte unter anderen Umständen einen Lachkrampf auslösen können, aber ihre Partner wussten, dass sie so ihre Stärken auf eine außergewöhnliche Weise vereinen konnten. Judy saß nun mit geschlossenen Augen auf Nicks Schultern, mit ihren Pfoten an seinem Kopf und richtete seine Schnauze auf jedes ungewöhnliche Geräusch aus, das ihre empfindlichen Ohren vernahmen. Sie richtete ihn auf einen Busch nahe der Mauer aus, aus dem eindeutig tierische Geräusche kamen. Ein schnelles Pfotenzeichen signalisierte ihren Kollegen, dass sie ihre Waffen bereithalten sollten, während sie sich langsam dem Busch näherten. Dieses Gefühl der Unruhe in ihrem Inneren verstärkte sich, als sie die Geräusche als eine Art Schmatzen identifizieren konnte… Irgendwer oder irgendwas war gerade dabei etwas zu essen… Judy gab ihm ein Zeichen anzuhalten und da sah er es: Durch die Blätter fiel Mondlicht auf zwei spiegelnde Objekte und nur einen Moment später stellte sich heraus, dass es Augen waren, die zu einer weißen Schnauze gehörten, die sich langsam durch die Blätter schob. „Sergej?“ Der Eisbär kam vollends aus dem Busch heraus, nur tat er dies auf allen Vieren und als er vor ihnen stand zeigte er kein Anzeichen von Erkenntnis… Stattdessen riss er das Maul auf und gab ein animalisches Brüllen von sich, wobei sogar Teile eines Fisches vor ihre Pfoten geschleudert wurde. Auch wenn es Jahre her war, so war ihnen noch immer das verstörende Verhalten von Tieren unter Einfluss des Nachtheulerserums bekannt. So war es nicht verwunderlich, dass der Eisbär keine drei Schritte machen konnte, bevor er mit zwei Betäubungspfeilen zu Boden ging. „Leute… Es sieht ziemlich übel aus… Freddy, ruf Verstärkung, Liz, mitkommen.“ Auch wenn er der jüngste von ihnen war, was die Dienstjahre anging, so hatte er sich mehr als nur ein Mal als geborener Anführer erwiesen. Daher hatten sie keine Bedenken seiner Führung zu folgen, wenn es die Situation gebot. Und die Situation gebot es… Die Eingangstür war geschlossen und sie gingen an den Seiten in Position, während Judy ihr Ohr an das kühle Holz presste. Sie lauschte fast eine ganze Minute, während sie versuchte irgendeine Form der Bewegung zu vernehmen. Diese vernahm sie dann auch, allerdings war dies ein gutes Zeichen, denn es waren die Pfoten eines Wolfs, der sich ihnen aus Richtung des Tores näherte. Judy streckte ihre Pfote in Richtung Nick aus und machte die Geste für ‚unklar‘, dies wiederum ließ ihn eine schnelle Abfolge von Pfotenzeichen an ihre Kollegen richten, dass sie ihnen den Rücken decken sollten. Liz und Freddy entsicherten ihre Waffen und bereiteten sich darauf vor auf jedwede Bedrohung schnellstens reagieren zu können, während Nick seine Pfote auf den Türknauf legte. Ein schneller Blick bestätigte ihm, dass sie bereit waren und er wagte es die Tür so leise wie möglich zu öffnen, wobei er Judy nicht einen Moment aus den Augen ließ, da sie immernoch angestrengt lauschte. Wider Erwarten war die Eingangshalle frei und hätten sie nicht bereits das Tier draußen gesehen, hätte es geradezu friedlich und völlig normal wirken können. Das Zerspringen von Porzellan ließ sie alle gemeinsam zur rechten Seite Blicken, wo sich die Tür zur üppig ausgestatteten Küche befand. Nick ging wieder vor, Judy ließ ihre Ohren hin und her schnellen und dahinter waren Liz und Freddy, Rücken an Rücken um beide Richtungen im Blick behalten zu können. Dort angekommen öffnete er die Tür einen Spalt breit und blickte hinein. Was er sah ließ ihn das Blut in den Adern gefrieren: fünf Eisbären lagen in der Mitte und fraßen etwas, während sich ein weiterer an einem der Vorratsschränke zu schaffen machte. Und Letzterer stand auf allen Vieren! Sie mussten vorsichtig sein und durften kein Geräusch von sich geben, dies machte er wieder mit Pfotenzeichen verständlich. Wieder in der Eingangshalle angekommen hörten sie ein lautes Räuspern. Sie blickten auf zu der Empore und sahen dort drei Wildschweine, zwei davon trugen Uniformen wie jene in der Cliffside-Anstalt und eines davon war eine Frau in einem eindeutig teuren, aber dennoch funktionalen Anzug. „Es ist bedauerlich, aber dieser Speichellecker von Smith hat offenkundig versagt. Ist er wenigstens qualvoll verreckt?“ „Nein, er ist noch am Leben, Mrs.?“ „Was solls? Ihr werdet eh gleich sterben. Ich bin Mariella Bellucci. Und nun: FUTTER!“ Nick reagierte, bevor er es bewusst wahrnehmen konnte. „Ring bilden! Waffen feuerbereit machen!“ Die vier Cops standen Rücken an Rücken und hatten ihre Waffen im Anschlag, als scheinbar aus allen Türen Eisbären kamen und diese mit ihrem Gebrüll weitere Bären herbeiriefen. Nick musste schlucken und konnte nur noch eines sagen: „… Mist…“ Trotz der ernsten Lage wagte Freddy dennoch einen Versuch die Stimmung aufzuhellen. „Oh, mir gehen da ein paar ganz andere Worte durch den Kopf.“ Judy blickte rasch über ihre Schulter, bevor sie ihren Blick wieder auf die Tiere richtete, die sie gerade einkreisten. „Dir ist schon klar, dass das üblicherweise Nick´s Job ist?“ „Ist dir schon aufgefallen, dass er sich momentan eher wie jemand Anderes verhält? Da musste ihn doch Jemand vertreten.“ Noch bevor sie sich darüber weitere Gedanken machen konnten, stürzte sich der erste Bär auf seine potenzielle Beute. Kaum lag das erste Tier am Boden kamen schon die nächsten an und wurden ebenso schnell ausgeschaltet. Tier um Tier fiel den Betäubungspfeilen der Cops zum Opfer, bis Liz feststellen musste, dass ihr soeben die Munition ausgegangen war… Nur Augenblicke später vermeldeten nacheinander auch Nick und Freddy, dass ihnen ebenfalls die Munition ausging. Aber es schien überstanden. Die Körper der Eisbären hatten bereits beachtliche Berge um sie herum gebildet, als sie sich zum Zugang zum Oberen Stockwerk begeben wollten. Judy blickte dabei auf ihre Waffe. „Ich hab noch einen.“ „Was für ein Zufall.“ Sie richtete ihre Waffe umgehend auf das Wildschwein und auch das Wort. „Ergeben Sie sich! Sie haben keine Chance!“ „Nun, wenn du den Pfeil auf mich verschwendest, dann kann ich die Show doch garnicht genießen.“ Liz bemerkte es zuerst: Ihr Blick war nicht auf ihre Gruppe von Cops gerichtet, sondern auf etwas hinter ihnen. Ein Eisbär stand auf einem der Berge schlafender Bären und sprang. Sie spannte ihre Muskeln an und warf sich ihm mit aller Kraft entgegen. Unter ihnen war sie das größte Tier und hatte so als einzige die Chance genügend kinetische Energie freizusetzen um ihn zu stoppen… auch wenn es höllisch wehtun dürfte… Sie brüllte laut auf und schaffte es tatsächlich ihn von seinem Ziel abzudrängen. Die Klauen des Eisbären verfehlten Freddy nur knapp, als er mit Liz um seinen Hals neben der Gruppe auf den Boden prallte. Der Augenblick ließ keine Zeit für Pläne, also tat Judy das einzige, was ihr in den Sinn kam: Sie feuerte auf den Bären und machte ihn so kampfunfähig. Nun lag dieser schlafend auf dem Boden und Liz halb unter ihm… lediglich ihre Beine ragten unter dem massiven Fleischberg hervor und wenn sie nichts unternehmen würden, wäre ihr Schicksal besiegelt. „Judy, unter ihn und hochpressen! Freddy, rechtes Bein!“ Nick selbst packte ihr linkes Bein und gab die Kommandos. „Auf drei! Eins. Zwei. DREI!“ Judy biss die Zähne zusammen und schaffte es dank ihrer starken Beine den Bären tatsächlich soweit anzuheben, dass ihre Kollegen Liz unter ihm herausziehen konnten. Kaum war sie frei, musste sie keuchen und konnte nur hecktisch hecheln. „Liz! Wie geht es dir?“ „Ich… Ich werde es… überleben…“ „Wollen wir doch mal sehen, ob wir das nicht ändern können.“ Bevor Jemand reagieren konnte, flog Liz eine kleine, graue Kugel direkt in die Schnauze und zersprang dort in ein feines grau-blaues Pulver. „So ein Pech, dass Ihr keine Betäubungspfeile mehr habt. Sie zu töten wäre nun die einzige Möglichkeit eure Sicherheit zu gewährleisten.“ Das Wildschwein über ihnen begann zu lachen während Liz niesen musste und sich nach wenigen Augenblicken begann herumzuwälzen. Es bedurfte keines überragenden Intellekts um sich auszumalen, was nun passieren würde. Liz richtete sich auf allen Vieren auf und schnappte nach ihnen. Zu ihren Gunsten sprach momentan lediglich, dass Liz humpelte. Sie hatte sich beim Abfangen des Bären offensichtlich an der rechten Schulter verletzt und dies behinderte sie deutlich. Mit gefletschten Zähnen kam sie ihnen näher und näher, während sich Nick versuchte eine angemessene Vorgehensweise zu überlegen. Die Tür zum Treppenhaus war ganz in der Nähe und wenn sie es dort hinschaffen würden, könnten sie die Tür verbarrikadieren und die Verstärkung könnte sich um Liz kümmern. Ein schneller Blick und eine unscheinbare Bewegung mit seiner Pfote signalisierten ihr, was er von ihr wollte, während er sich bereit machte Liz mit einem Satz zur Seite abzulenken. „JETZT!“ Mit seinem Ruf hatte einerseits die Aufmerksamkeit von Liz auf sich gezogen und sein rascher Satz auf einen der betäubten Eisbären hatte sie dazu veranlasst einen Satz in seine Richtung zu machen. Mit einem lauten Brüllen brach Liz zusammen, als sie ihre verletzte Schulter belastete. Judy lief zur Tür und nicht nur sie musste mit Entsetzen feststellen, dass diese bereits verbarrikadiert war und sich nicht öffnen ließ. „Es wird langsam langweilig. Ich werde euch den tödlichen Pfoten dieses wilden Tieres überlassen, während ich mich um die Mörder meiner Familie kümmere.“ Damit machten die drei Wildschweine kehrt und verließen den Raum durch eine Tür im Obergeschoss, welche in den Flügel mit den diversen Lagern und Arbeitszimmern von Mr. Big führte. Ihnen lief die Zeit davon, soviel war ihnen bewusst. Ebenso bewusst war ihnen, dass die Verstärkung schnellstens eintreffen musste, sollten sie hoffen diese Situation überstehen zu können ohne sich selbst oder Liz in unnötige Gefahr zu bringen. Nick wollte sich gerade an Freddy wenden, als er bereits die Überreste seines Funkgeräts an dessen Gürtel sah. Er blickte sich um und als er einen Stapel Zeitschriften auf einem Tisch neben Freddy erblickte hatte er eine Eingebung. „Freddy, schnapp dir die Zeitschriften dort und wenn ich es dir sage, wirf sie auf Liz, um ihre Aufmerksamkeit auf dich zu ziehen. Halte dich bereit sie fortzulocken. Nach draußen, hoffentlich in die Arme der Verstärkung.“ „Verstanden.“ „Judy, nimm das als Stufe…“ Nick deutete auf einen Kerzenhalter an der Wand unterhalb der Balustrade. „… und dann hoch mit dir. Ich komme auch hoch.“ „OK.“ „Freddy, jetzt!“ Er griff nach dem Stapel und begann damit eine Zeitschrift nach der anderen auf Liz zu schleudern, wohlwissend, dass dies zwar ihre Aufmerksamkeit erregen wird, sie jedoch nicht noch weiter verletzen kann. Der Blick, den die Tigerin dem Wolf zuwarf jagte ihm eiskalte Schauer den Rücken hinunter und er hoffte diesen Blick niemals wieder von seiner einstigen Partnerin zugeworden zu bekommen. Nun hieß es laufen… schnell laufen… Sie war trotz ihrer Verletzung verdammt schnell auf der Geraden. Auch in Linkskurven. Einzig wenn er nach rechts auswich konnte er sie dazu zwingen ihre verletzte Schulter zu beanspruchen, was sie straucheln ließ und ihm die Möglichkeit gab ein wenig Distanz zwischen sich und seine Verfolgerin zu bringen. Bevor er durch die Tür hinausstürmen konnte, konnte er noch erkennen, wie Judy und Nick durch die Tür gingen, durch welche die Wildschweine gegangen waren. Aber dies sollte im Moment seine geringste Sorge sein, als er mit einem Hechtsprung gerade noch ihren Reißzähnen entkommen konnte. Er ließ die Zeitschriften in seinen Pfoten fallen, um schneller zu sein und ging sogar so weit sich auf alle Viere niederzulassen… >Zum Tor!< Er holte alles aus seinen Muskeln heraus, was ihm möglich war, aber Liz schlicht und ergreifend allein durch ihre Größe deutlich größere Schritte als er und holte so deutlich schneller auf, als ihm eigentlich lieb war… Nur noch ein paar Büsche und er könnte es vielleicht schaffen das Tor zu schließen, bevor sie ihn erreichen würde. Aber es geschah etwas, was zu keinem schlimmeren Zeitpunkt passieren konnte: Ein kleines Erdloch wurde ihm zum Verhängnis, als er mit seiner rechten, hinteren Pfote hineintrat und er vermeinte das knacken der Knochen zu hören, während er zu Boden ging. Er folgte seinem Bauchgefühl und rollte sich nach rechts, nur um festzustellen, dass er sich richtig entschieden hatte. Direkt vor ihm traf Liz auf und er blieb an etwas hängen… ein Baum stand im Weg und hinderte ihn daran sich weiter wegzurollen. Ihre Krallen fuhren unmittelbar vor seiner Schnauze vorbei und blieben an deiner Schutzweste hängen. Dabei rissen sie ihm nicht nur selbige vom Leib… Ein Schmerzensschrei entfuhr seiner Kehle, als ihre Krallen ihm auch noch über die Brust fuhren und blutige Wunden hinterließen. Er riss die Augen auf und sah nur noch die gefletschten Zähne unmittelbar vor seiner Schnauze und eine Träne nässte sein Fell, als er an seine Familie denken musste. >Lebt wohl…< Sie schlichen sich über den Gang und wie bereits in der Anstalt nutzte Judy ihr empfindliches Gehör, um die Räume erst durch die geschlossenen Türen hindurch zu lauschen. Beiden war bewusst, wie gefährlich es war den Kriminellen zu folgen, obwohl sie über keine Munition für ihre Waffen mehr verfügten, aber das Leben der Familie Big stand auf dem Spiel und somit mussten sie sich im Ernstfall auf ihre Kampfkünste und natürlichen Fähigkeiten verlassen. Etwa auf halber Höhe des Korridors waren aus dem Raum zu ihrer Rechten Stimmen zu hören: „Lassen Sie sie gehen. Sie waren noch garnicht auf der Welt, als ich die Fehde ausrief!“ „Sie haben meine Familie beseitigen lassen! Ich vergelte nur Gleiches mit Gleichem.“ „Lassen Sie die Familie Big da heraus! Nachdem sie meine Schwester entführt und ermordet haben hat MEIN Vater die Bombe gebaut und auch getragen, als sie detoniert ist! Wenn Sie Rache nehmen wollen, dann an MIR!“ „AUF SEINEN BEFEHL!“ Nick und Judy wagten es die Tür vorsichtig zu öffnen und konnten die Tiere darin erkennen. Auf einem Tisch lagen Mr. Big, FruFru, ihr Mann und die kleine Judy. Daneben auf dem Boden lag Koslov in Ketten. Vor ihnen stand Mariella Bellucci mit verschränkten Armen. Ihre beiden Wachen waren nicht zu sehen, befanden sich allerdings mit Sicherheit ebenfalls im Raum. Auf ihrer Schnauze bildete sich ein breites Grinsen und sie streckte ihren Arm nach hinten, raus aus ihrem Sichtbereich. Als sie dann zwei Schritte vorging richtete sie das Wort direkt an den Eisbären vor sich. „So loyal… Auch bis in den Tod?“ „Ohne zu zögern!“ Sie begann zu lachen. „Dann biete ich dir einen Deal an: Ich werde gleich deine Fesseln lösen. Wenn du sie verschonst, dürfen sie weiterleben. Abgemacht?“ „Abgemacht! Ich würde ihnen niemals etwas antun!“ „Sicher?“ Noch bevor Nick und Judy reagieren konnten hob sie eine Waffe, steckte den Lauf in Koslovs Maul und zog den Abzug ganze fünf Mal in schneller Folge. Die folgenden Ereignisse geschahen dermaßen schnell, dass sie kaum sagen konnten, wer was zu welchem Zeitpunkt gemacht hatte. Mit einer schnellen Bewegung öffnete sie das Schloss an den Ketten um Koslov. Nick stieß die Tür auf, stürmte zusammen mit Judy in den Raum und beide hoben ihre leeren Waffen. „ZPD! Waffen fallen lassen!“ Die zwei Wildschweine im hinteren Teil des Raumes standen neben einer Verbindungstür. Sie hoben ihre Waffen und begannen kleine grau-blaue Kügelchen in ihre Richtung zu schießen. Koslov begann zu keuchen, zu husten und zu würgen. Dabei wälzte er sich auf dem Boden und presste beide Pfoten gegen seinen Kopf. Das ohrenbetäubende Brüllen des Eisbären brachte der Situation einen Moment Stillstand und Ruhe, als alle zu ihm blickten. Ohne darüber nachzudenken ließ Judy ihre Waffe fallen und machte einen Satz zum Tisch und nahm die gesamte Familie Big auf den Arm. Sie stieß sich ab, zurück in Nicks Richtung, als bereits die ersten Geschosse den Tisch in einen feinen Nebel hüllten. Nick zog die Tür hinter sich zu und sie stürmten den Korridor entlang. Auch wenn die Familie nicht viel wog, so war allein ihre Anwesenheit auf ihrem Arm ein Hindernis für Judy, so zog sie kurzentschlossen eine der Schubladen an einem der Beistelltische auf und setzte sie darin ab. Sie hatte sie gerade wieder geschlossen und mit Nick den Weg fortgesetzt, als hinter ihnen die Tür aufgebrochen wurde und ein wilder Eisbär, der einst auf den Namen Ivan Koslov reagierte, auf sie zustürmte. Sie liefen um ihr Leben. Nicht mehr und nicht weniger. Aber dennoch schaffte es Nick seine Gedanken zu ordnen. „Du links, ich rechts.“ Ohne zu antworten machte Judy einen Satz zur nächsten Tür und öffnete diese, während Nick die Räume auf der rechten Seit kontrollierte. Beides waren Lagerräume ohne Fenster… Ebenso das nächste Paar an Räumen und auch das darauf folgende. Sie konnten nur hoffen, dass sich dieses Muster nicht auch beim letzten Paar fortsetzte, aber ihre Gebete wurden leider nicht erhört… Nun war am Ende des Korridors nurnoch eine massive Mauer. Nick sah sich um, aber sie hatten nicht viel mit dem sie arbeiten konnten. Mittlerweile war das einzige potenzielle Wurfgeschoss, eine fuchshohe Vase, jenseits von Koslov und daher momentan unerreichbar. Er brauchte eine Idee… und zwar sofort… >Ich brauche dringend einen Geistesblitz… einen… Geistes… blitz?!< Auch wenn er sowas unter normalen Umständen niemals machen würde, so hatte er keine andere Wahl. Er packte Judys Ohr und zog es zu seiner Schnauze, wo er hastig einige Anweisungen flüsterte. Noch bevor Judy richtig verarbeiten konnte, was Nick ihr da aufgetragen hatte, lief dieser bereits los. Judy war nur einen halben Herzschlag hinter ihm, aber dennoch hatte Nick die Position eingenommen, die das höchste Risiko trug verletzt oder gar in einem Stück verschlungen zu werden. Koslov war nur noch einen Meter von ihnen entfernt und er kam immer näher. Nick ging in die Hocke und stieß sich mit aller Kraft vom Boden ab in Richtung einer Lampe, die an der Decke hing. Der Eisbär öffnete sein Maul um den Fuchs mit einem Happs zu verschlingen, aber er beachtete das deutlich kleinere Tier garnicht, welches sich auf den Rücken warf und mit aller Kraft gegen den Kiefer des Bären trat. Durch Judys Tritt war das Maul geschlossen und dies entsprach genau Nicks Plan, denn es traf ihn direkt in den Bauch und raubte ihm einen Sekundenbruchteil den Atem. Durch den Tritt und die dadurch hochgeschleuderte Schnauze wurde er auch noch deutlich höher geschleudert, was Nick erlaubte die Lampe zu erreichen. Diese Packte er und zerschlug das Glas am harten Schädel des Eisbären, bevor er die nun freiliegende, brennende Lampe in den Nacken des Bären rammte. Nick konnte nur hoffen, dass er den richtigen Punkt traf, denn sonst wäre es um ihn geschehen. Es gab ein kurzes Flackern der Lichter, bevor Koslov besinnungslos zusammenbrach und sie sich einen Moment des Durchatmens erlauben konnten… „Ich bin durchaus beeindruckt. Aber Ihre Ausbildung ist durchaus besser als ich erwartet hätte.“ Sie blickten auf und etwas den Gang hinunter standen die drei Wildschweine mit ihren Waffen im Anschlag. „Wo sind diese widerlichen Spitzmäuse?“ „In Sicherheit. Sie dürften das Gebäude bereits verlassen haben.“ „Damit haben Sie Ihr Schicksal besiegelt… Sie werden an ihrer Stelle sterben.“ „Das wird Ihnen nicht gelingen!“ „Sie haben die Fähigkeit schnell und unkonventionell zu denken. Sonst wäre es ihnen nicht möglich gewesen den Schoßbären dieser Mäuse auszuschalten. Da dürften diese zwei Wildschweine wohl kaum eine Bedrohung darstellen. Aber das kann ich ändern. FEUER!“ Die beiden Wildschweine zogen die Abzüge ihrer Waffen und schickten ihre Geschosse auf die beiden Tiere. Und auch wenn sie einigen ausweichen konnten, so sorgte einerseits der Mangel an Deckung dafür, dass sie häufiger getroffen wurden, andererseits waren sie binnen weniger Augenblicke in einen feinen Nebel gehüllt. Ein schreckliches Brennen breitete sich in ihren Körpern aus und beiden war klar, was hier mit ihnen geschehen würde… Sie blickten sich an und wussten, dass die Tränen nichts mit dem feinen Pulver zu tun hatte. Selbst als sie auf ihre Pfoten fielen und vergeblich dagegen ankämpften war das einzige, woran sie denken konnten, was Nick Judy antun würde. „Es tut mir leid…“ „Es ist nicht deine… Schuld… Ich… Ich… liebe dich…“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)