Der Spürhase von Shevron ================================================================================ Kapitel 2: Erste Enthüllungen ----------------------------- Eine schwarze Limousine hielt vor dem Revier und ließ Judy und Liz aussteigen. Erstere hielt eine Akte in der Hand und ihr Blick war besorgt. Sie betraten das Gebäude und bevor irgendjemand etwas sagen konnte kam Nick schon auf beide zu und schlang seine Arme um Judy, während er seine Nase in das Fell zwischen ihren Ohren presste und hektisch zu schnüffeln begann. „Nick?“ „Nur… Nur einen Moment…“ Liz wusste nicht so recht, was in Nick gefahren war, aber er schien nicht gerade in bester Verfassung zu sein. „Ihr wart bei der Explosion in der Elmstreet, richtig?“ „Ja?“ „Freddy und ich waren in der Mossstreet bei Fran´s, als sich die Explosion dort ereignet hat… Eines der Opfer war eine junge Wölfin… Sie sah Trisha zum verwechseln ähnlich und er dachte erst sie wäre es gewesen…“ Judy versteifte sich und Nick musste nicht darüber nachdenken, was in ihr vorging. „Zum Glück war sie es nicht, aber… Keines der drei Tiere dort hat es geschafft…“ „Oh Freddy…“ Judy sah sich um, konnte ihn jedoch nicht ausmachen. „Er ist bei seiner Familie. Braucht etwas Zeit um diesen Schock zu verdauen.“ Judy blickte ihn an und ihr Blick wurde hart. „Komm mit.“ Damit packte sie ihn an der Pfote und zog ihn die Treppen hinauf bis zur Tür mit der Aufschrift Chief Bogo, während Liz ihnen folgte. Nach einem Klopfen ertönte die tiefe Stimme mit der Aufforderung einzutreten. „Wildes? Fangmeyer?“ „Chief. Ich habe sehr wichtige und äußerst beunruhigende Informationen.“ „Setzen Sie sich.“ Judy und Nick teilten sich einen Stuhl, währen sich Liz neben ihnen niederließ. „Offiziell habe ich diese Informationen anonym erhalten…“ „Und Inoffiziell?“ „… FruFru hat mir dies von ihrem Vater überreicht.“ Der Gedanke allein reichte schon aus um bei Chief Bogo die Nackenhaare aufspringen zu lassen. „Sie haben heute Morgen Snarlov und Grizzoli auf die Gerüchte zu der neuen Droge angesetzt…“ Judy holte einige Papiere aus der Akte in ihrer Hand und reichte diese ihrem Vorgesetzten. „… es ist schlimmer als wir uns vorstellen können. Die Droge heißt Mondstaub und ist im Grunde eine modifizierte Variante des Serums, welches Bellweather verwendet hat.“ „Soll das heißen…?“ „Ja. Nachtheuler. Das Schlimme ist, dass es zunächst lediglich Euphorie hervorruft und die Muskeln… Nun ja… anregt. Es gibt Ereignisse, bei denen ein Tier mehr Kraft aufbringt, als es normalerweise sollte. So wie eine Mutter, die ein großes Auto umwirft um ihr eingeklemmtes Kind zu retten und sowas. Genau das wird ausgelöst. In einer kleinen Dosis verfliegt die Wirkung recht schnell und bei einer großen Dosis wirk es wohl so ähnlich wie das ursprüngliche Serum und unterdrückt auch das Bewusstsein… und die Opfer sind kaum mehr als wilde Tiere, die einzig und allein ihren Instinkten folgen...“ „Warum haben wir davon noch nichts erfahren?“ „Ganz einfach. Mr. Big hat sich um die Drogenlabore gekümmert, bevor große Mengen hergestellt werden konnten.“ „Die Feuer…“ „Genau.“ „Das macht Sinn.“ Alle blickten Nick an. „In wie fern macht das Sinn?“ „Mr. Big hatte zwei Töchter… FruFrus ältere Schwester starb, als eine rivalisierende Familie sie abhängig machen wollte um sie zu kontrollieren. Sie haben sich in der Dosis vertan und es führte zu einem qualvollen Tod. Seither sind Drogen in Zootopia ein Garant für… ‚Deutliche Ansagen‘… seitens der Familie Big.“ „Und woher wusste er, wo diese Labore sich befanden?“ „Darum hat er sich an mich und damit an das ZPD gewandt…“ Judy reichte die Akte in ihren Pfoten an Chief Bogo weiter. „… Um solche Labore aufzuspüren… oder andere Orte und Personen, die für ihn von Interesse sein könnten, hat Mr. Big einen besonderen Angestellten.“ Chief Bogo öffnete die Akte und sah eine Personalakte. Als erstes fiel ihm dabei das Bild eines Hasen mit weißem Fell und schwarzen Streifen auf den Wangen auf. „Jack Savage. Er wird einfach als ‚Der Spürhase‘ bezeichnet und genau das macht er. Er spürt alles Mögliche auf, gibt diese Informationen an Mr. Big weiter und dieser an seine… ‚Angestellten für grobe Arbeiten‘… Er selbst ist nicht in illegale Aktivitäten verwickelt und könnte hier im Revier mit uns zusammenarbeiten, wenn es keine Einschränkungen unserer Nachforschungen gäbe wie Durchsuchungsbefehle und so weiter.“ „Dann sollten wir ihn herholen.“ „Und genau dort liegt das Problem. Er arbeitet nicht alleine. Er hat von Mr. Big die finanziellen Mittel erhalten und mit diesen durfte er Tiere anheuern, die über Fähigkeiten verfügen, die er nicht hat. Von Anfang an sollten diese Tiere lediglich ihm bekannt sein, um bei einer undichten Stelle nicht alle Möglichkeiten zu verlieren konkurrierende Familien oder Attentäter aufzuspüren. Aufgrund der Gelder sind es mindestens 10 Tiere, die für ihn arbeiten…“ „Und wo genau liegt das Problem?“ „Er ist einem Hinweis nachgegangen, wonach sich eine Lieferung bei Bunnyburrow befinden sollte und so hat er sich auf den Weg begeben… Er hat sich bei Mr. Big gemeldet…“ Judy wurde einen Moment still. „Der Zug ist entgleist.“ „Was?!“ „Der Zug ist entgleist. Unmittelbar, nachdem er den Kontakt zu den drei Verstecken verloren hat, in denen seine drei Teams gearbeitet haben.“ „… Drei Teams… Drei Verstecke… Drei Explosionen?“ „Genau davon müssen wir im Moment ausgehen. Und das Zugunglück halten weder Savage, Mr. Big noch ich für einen Zufall.“ „Und warum hat Mr. Big uns diese Informationen jetzt zukommen lassen?“ „Es muss eine undichte Stelle geben. Die gesamte Crew sollte ausgelöscht werden und sie hätten fast Erfolg gehabt. Mr. Big hat mich darum gebeten offiziell nach Hause zu fahren, weil es Gerüchte gibt, dass ein Angehöriger meiner Familie unter den Zugopfern sein soll. Tatsächlich soll ich Savage finden und an einen sicheren Ort bringen.“ „Und wo soll das sein?“ „Nun. Er ist ein Hase und ich habe eine große Familie. Er hat sich vorgestellt, dass ich ihn bei meiner Familie verstecke, bis Savage wieder auf den Beinen ist, da es nicht auffallen würde, wenn ich mich in solch einer Situation bei meiner Familie aufhalten würde.“ „Da er ein wichtiger Zeuge ist, können wir das einrichten. Aber ich brauche eigentlich meine besten Tiere hier…“ Nun warf Liz ihre Idee in den Raum. „Chief. Das Gerücht mit ihrem Angehörigen ist eigentlich nicht schlecht. Wenn sie sich um diesen Savage kümmert, bis die Opfer offiziell identifiziert wurden, dann kann sie ihn in der Zwischenzeit befragen und die Informationen direkt an uns weiterleiten. So wüsste außer uns niemand, dass er noch am Leben ist und sie sich um ihn kümmert.“ „Gut. Wilde, Sie nehmen sich diesen Savage vor. Wilde, Fangmeyer, da Wolfard bis auf weiteres ausfällt, sind Sie bis auf weiteres Partner und Zuständig für die Ermittlungen bezüglich der Explosionen. Wegen der Feuer…“ „Ähm… Chief…“ „Was ist Wilde?“ „Mr. Big gab seiner Tochter noch diesen Umschlag für Sie mit.“ Damit gab Judy ihm einen Briefumschlag, den Bogo sofort öffnete. „… Dieses alte Schlitzohr…“ „Sir?“ „Um die Feuer werde ich mich persönlich kümmern. Machen Sie sich darum keine Gedanken mehr. Machen Sie sich auf den Weg. Je eher Sie diesen Savage verhören können umso eher werden wir den Schuldigen finden.“ „Verstanden. Ich werde den nächsten Zug... Moment. Ich brauche einen Wagen. Vornehmlich zivil.“ Er hob den Hörer ab und presste eine Taste auf seinem Telefon. „Clawhauser, Officer Wilde hat einen dringenden familiären Notfall und sie bekommt das Zivilfahrzeug Nummer 9... Ja, genau den.“ Damit verließen sie den Raum und Chief Bogo konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, als er sich zurücklehnte und den Brief von Mr. Big erneut las. Sehr geehrter Chief Bogo, meine werte Judith dürfte Ihnen soeben die Informationen über den Mondstaub, meine Maßnahmen zur Bekämpfung dieser widerlichen Substanz und des Schicksals meines hochgeschätzten Mitarbeiters Jack Savage anvertraut haben. Aufgrund der Tatsache, dass Mr. Savage sich in Lebensgefahr befindet möchte ich Ihnen forscher weise unterstellen, dass Ihre Mithilfe zu seiner Rettung eine Selbstverständlichkeit darstellen dürfte. Offenkundig dürften allerdings nicht alle meine Maßnahmen vollständig mit der offiziellen Gesetzgebung einhergehen. Da es sich jedoch nicht um ‚diese Art von Geschäfte‘ handelt möchte ich Sie hiermit als Ehrentier ansprechen und Sie um den Gefallen bitten meinen Namen und die der Tiere, die in dieser Angelegenheit in meinem Auftrag handelten nicht weiter zu beachten und dies gegebenenfalls auf die Taten eines einzelnen Individuums zurück zu führen, welches meine Einstellung zu dieser Art von Substanz teilt. Selbstverständlich können weder Sie noch meine Wenigkeit es verantworten jemanden für diese Taten zur Verantwortung zu ziehen, der nicht das Geringste damit zu tun hat. Aus diesem Grund schlage vor, dass besagtes Individuum im Nachhinein nicht mehr zu ermitteln war. Hochachtungsvoll Sergio Big „Hm… Es hätte schlimmer kommen können.“ Ben fing sie an der Treppe ab und führte sie direkt in den hinteren Teil der Garage, in welchem Zivilfahrzeuge für die unterschiedlichsten Zwecke aufbewahrt wurden. Vor einem verschlossenen Tor mit einer großen ‚9‘ darauf blieben sie stehen und Ben schloss das Tor auf. „Ist es wirklich so schlimm Judy?“ „Ich weiß es nicht Ben. Es gab ein Zugunglück nahe Bunnyburrow und es könnte sein, dass sich Angehörige von mir unter den Opfern befinden.“ „Bei allen Göttern! Jetzt verstehe ich, warum er wollte, dass du diesen Wagen bekommst…“ Mit einem kräftigen Ruck rollte das hoch und gab den Blick auf Zivilfahrzeug Nummer 9 preis. „Es ist nicht gerade das unauffälligste Fahrzeug im Fuhrpark des Reviers, aber mit Sicherheit das Schnellste.“ Trotz seiner Sorge konnte er sich ein Lachen nicht verkneifen, als er sich zu seinen Kollegen umdrehte und alle drei hatten die völlige Kontrolle über ihre Kiefer verloren, die Ohren steil nach oben und die Augen aufgerissen bis sie das körperliche Maximum erreicht hatten… Sie waren einfach nur sprachlos, als sie vor einem nachtschwarzen 1982er Pontiac Trans Am standen. „… Wir sollten häufiger familiäre Notfälle haben…“ Nick legte seine Pfote auf Judys Schulter und holte sie damit aus ihrer Schockstarre. „Du solltest langsam losfahren. Ich gebe Bonnie Bescheid, dass du auf dem Weg bist.“ „OK. Ich rufe an, wenn ich angekommen bin. Vielleicht weiß ich dann schon mehr.“ Damit schnappte sie sich die Schlüssel, die immer noch in Bens Pfote hingen und sprang auf den Fahrersitz. „Nick, willst du sie wirklich alleine fahren lassen?“ „Ich würde gerne mitfahren, aber die Explosionen von heute Mittag sind in unseren Pfoten gelandet. Du wirst dich wohl vorerst nur mit mir rumschlagen müssen, Spots.“ Als Judy den Motor startete ging ein Beben durch seinen Körper und er blickte zu Judy. Ihre Schnauze zeigte ihm, dass sie in diesem Moment genau dasselbe dachte wie er… Nick musste sich einen guten Schwindel ausdenken, dass Chief Bogo ihnen diesen Wagen an einem ihrer freien Tage überlassen würde… Im nächsten Moment hatte Judy die Garage verlassen und sowohl Nick als auch Liz blickten ihr hinterher bis sie nichtmehr zu hören war... Als sie die Garage wieder verließen, trennten sich ihre Wege. Ben begab sich wieder an seinen angestammten Platz und Nick begab sich mit seiner momentanen Partnerin zum nächsten Verhörraum. „Hältst du hier die Stellung, damit ich Bonnie alles erklären kann?“ „Klar.“ Nick schloss die Tür und wählte die Nummer seiner Schwiegermutter. „Nick! Was für eine freudige Überraschung! Wie geht es euch?“ „Den Umständen entsprechend… Bist du gerade allein?“ „Nicholas? Was ist los?“ „Ich erkläre dir alles, aber dieses Gespräch muss zunächst vertraulich bleiben.“ „Moment.“ Nick konnte hören, wie Bonnie mehrere Türen öffnete und wieder schloss. „So. Ist Judy etwas zugestoßen?“ „Oh nein! Keine Sorge… Zunächst: Hast du von dem Zugunglück bei Bunnyburrow gehört?“ „Natürlich es gab viele Verletzte und sogar Tote. Viele von uns sind als freiwillige Helfer vor Ort.“ „Ok. Die Kurzform: Es war kein Unfall. Es sollte jemand dabei sterben. Er hat es überlebt. Verletzt. Aber das darf niemand erfahren. Da es sich dabei um einen Hasen handelt hat sich die Idee ergeben ihn in Bunnyburrow zu verstecken. Judy ist mit einem Auto auf dem Weg, sammelt ihn ein und würde ihn bei euch verstecken um ihn aufzupäppeln und zu befragen… Ich muss hierbleiben um mich um die Untersuchung zu kümmern, bevor, was auch immer hier vor sich geht, noch weiter eskaliert… Wenn du damit einverstanden bist.“ „Aber natürlich. Braucht Judy sonst etwas?“ „Ist es möglich ein Zimmer zu organisieren, wo sie ihn unterbringen kann, ohne, dass Jeder von ihm erfährt?“ „Hm. Ich könnte ihn im Gästezimmer im Obergeschoss einquartieren. Aber einige meiner Kinder werde ich einweihen müssen.“ „Davon bin ich ausgegangen. Wir wissen nicht, wie schlimm es um ihn bestellt ist… Ist Sarah oder Sam zufällig da?“ „Nein, leider nicht. Aber April ist da. Sie steht zwar noch vor ihrem Abschluss, sollte aber bereits das Wichtigste beherrschen.“ „Wunderbar. Offiziell gab es das Gerücht, dass ein Angehöriger unter den Opfern gewesen sein soll und sie deshalb nach Hause kommt, bis alle Opfer offiziell identifiziert sind. Bitte sorge dafür, dass das Gerücht zumindest einer Pfote voll bereits zu Ohren gekommen ist.“ „Du kannst dich auf mich verlassen. Weiß Judy bereits, wann sie eintrifft?“ „Chief Bogo war großzügig und hat ihr einen besonderen Wagen für die Fahrt überlassen. Du dürftest sie in etwa einer Stunde vor deiner Haustüre hören.“ „Das werden die anderen dann wohl auch.“ Nick riss die Augen auf, als ihm dieses Detail bewusst wurde und fluchte wortlos vor sich hin. „Du hast recht. Sie wird mit dem Wagen erst nach Hause kommen und sich dann mit einem anderen Wagen auf den Weg begeben um ihn aufzulesen. Wenn möglich kann April sie dabei schon begleiten.“ „Überlass mir die Details und sorge du dich darum die Schuldigen zu überführen.“ „Danke Bonnie.“ Nach einigen weiteren Minuten verließ Nick den Raum und begab sich zu ihren Schreibtischen, wo er sich die Akten der Opfer der Explosionen griff und Liz dann die Treppe hinauf in einen der kleineren Besprechungsräume führte. Es war kein ungewöhnliches Bild, wenn Kollegen einen Besprechungsraum für ihre Ermittlungen in Beschlag nahmen, da es besonders bei umfangreichen Fällen von Vorteil ist Alles auf einen Blick überschauen zu können. Schon von weitem konnte sie trotz der einsetzenden Dämmerung die Angehörigen ihrer Familie sehen, als sie sich dem oberirdischen Haupthaus des Baus näherte. Allen voran ihre Mutter, deren ernster Gesichtsausdruck nicht unerwartet war. Hinter ihr stand Judys Schwester April mit einer schwarzen Tasche in den Pfoten und ihr Bruder Casey vor einem Pickup mit Aufbau für Krankentransporte, auf dessen Ladefläche zwei Tragen und mehrere Erste-Hilfe-Kästen befestigt waren. Nick hatte sie angerufen und ihr mitgeteilt, dass sie zunächst nach Hause müsse und ihre Mutter sich um alles weitere kümmern würde. Judy musste schmunzeln, als ihre Mutter sich mal wieder selbst übertroffen hatte. Sie hatte den Wagen kaum verlassen, da hatte ihre Mutter sie bereits in ihre Arme geschlossen und an sich gedrückt. „Es ist alles vorbereitet. Die beiden wissen Bescheid und werden dir helfen den Verletzten unauffällig herzubringen. Wenn ihr ihn gefunden habt, dann können wir dich richtig begrüßen. Und jetzt los mit euch.“ Sie schob Judy in Richtung ihrer Geschwister. „Aber das Auto…“ „Ich bringe es in die Garage.“ Damit schloss Bonnie die Tür und startete den Motor, dass den anwesenden ein Schauer über den Rücken lief. Die Situation wäre geradezu komisch gewesen, hätte Judy nicht eine wichtige Aufgabe gehabt. Sie stieg in den Pickup und startete den Motor, während April und Casey einstiegen. Es war ein deutlicher Unterschied zum Sportwagen, der sie nach Hause brachte, aber auch deutlich unauffälliger und nur das zählte im Moment. „… Judy… Dein Chef hat dir DIESES Schmuckstück überlassen?!“ Die Frage war nicht völlig unerwartet, daher atmete sie tief durch und unterdrückte ein Grinsen. „Da die Zugstrecke natürlich nicht in Frage kam, bat ich ihn um ein Fahrzeug. Da der Hase dem dieses Attentat galt überlebt hatte, aber verletzt war, musste ich natürlich schnell nach Hause. Also gab er mir den schnellsten Wagen. Und ihr könnt mir glauben: Nick und ich waren ebenso baff, wie ihr, als wir sahen, WAS er mir da überlassen hat.“ „Wie war es?“ „Ihr habt doch sicher gehört, wie viele es beschreiben?“ „Oh ja!“ „… Es ist viel besser.“ Nach weniger als 10 Minuten kamen sie an einem Fluss an, der von einer Brücke überspannt wurde. Jenseits des Flusses konnte man die Lichter der Rettungswagen erkennen, wie sie bei den teilweise immer noch brennenden Überresten des Zuges standen und versuchten zu retten, was noch zu retten war. Aber ihr Ziel lag diesseits des Flusses bei einem der Pfeiler, der die Brücke trägt. Besser gesagt bei einer Zugangstür zu einem Wartungsschacht. Eine Blutspur führte vom Wasser zur Tür und hinein. „Wartet hier.“ Damit begab sie sich zur Tür und öffnete diese vorsichtig. Sie kletterte hinein und griff nach ihrer Taschenlampe. Doch dann hörte sie ein klicken und ihre antrainierten Reflexe übernahmen, als sie sich in Deckung begab, bevor sie das Geräusch bewusst registriert hatte. „ZPD! Werfen Sie die Waffe weg!“ Ein schwaches, von einem Keuchen unterbrochenen, Lachen kam aus dem Dunkel vor ihr. „Ein wenig abseits von Ihrem Revier… ‚Officer‘… Lassen Sie mich raten: Sie waren ‚zufällig‘ in der Nähe und übernehmen die Untersuchung dieses ‚Unfalls‘, richtig?“ „Nein. Mr. Big schickt mich um Ihnen zu helfen.“ Ein Husten und das Geräusch von etwas feuchtem, das auf Beton trifft, war zu hören. „Mr. Big?... Zeigen sie mir Ihr Gesicht, dann sehen wir weiter.“ Judy wägte ihre Optionen ab. Ihr Gesicht zu offenbaren, damit er es sehen konnte, war eine Gefahr, sollte er sie töten wollen. Allerdings sollte er informiert sein, dass sie kommt um ihn zu retten… Sie atmete tief durch und traf eine Entscheidung. „Einverstanden.“ Damit richtete sie das Licht ihrer Taschenlampe auf ihr Gesicht und wagte sich aus Ihrer Deckung hervor. Die Reaktion war nicht ganz wie erwartet, als sie nach einigen Momenten der Stille ein schmerzverzerrtes Lachen hörte. „Ich… hätte es wissen… müssen…“ Langsam richtete sie den Lichtkegel in Richtung der Stimme und fand dort jenen Hasen, dessen Akte sie von Mr. Big erhalten hatte: Jack Savage. Sein linkes Bein war blutverschmiert und wirkte kraftlos. Die linke Pfote presste er auf seinen blutigen Bauch, worunter sich eine Lache aus Blut gebildet hatte, während seine rechte scheinbar mit letzter Kraft die Pistole hielt, die nun nicht mehr in ihre Richtung zielte. Sein linkes Auge war zugeschwollen und ihm fehlte sein linker großer Schneidezahn. Judy ging zu ihm und kniete sich nieder. Ohne mit der Wimper zu zucken ließ er sich die Waffe aus seiner kraftlosen Pfote nehmen und erst dann wagte Judy es ihren Blick abzuwenden. „APRIL! CASEY! DIE LUFT IST REIN!“ Casey hielt seine Schwester zunächst zurück und blickte erst durch die Tür um sich selbst davon zu überzeugen, dass die Luft rein war. Es ging nicht darum, dass er Judy nicht vertrauen würde. Aber allein ihre Aufforderung die Waffe wegzuwerfen war für ihn genug Grund vorsichtig zu sein. Nachdem er sich mit eigenen Augen ein Bild machen konnte ließ er seine jüngere Schwester an sich vorbei, die sich direkt gegenüber von Judy niederließ und bereits mit einer kleinen Lampe in die Augen des Hasen leuchtete. „Wissen Sie, wo Sie sind?“ „Bunnyburrow, zweiter Pfeiler der Eisenbahnbrücke, Wartungsschacht C3.“ April sah sich um und konnte an der Wand neben sich ‚C3‘ lesen. „Gut. Wissen Sie welchen Tag wir haben?“ „Montag, den 12. Januar.“ „Wissen Sie wer Sie sind?“ „Ja.“ Sie wartete noch auf eine umfangreichere Antwort, wie die vorherigen, sah nach einem schnellen Blick zu Judy von weiteren Fragen ab. Sein Bewusstsein schien nicht beeinträchtigt zu sein, so fuhr sie mit ihrer Untersuchung fort und besah sich seine übrigen Verletzungen. Da er scheinbar keine ernste Kopfverletzung auswies, war nun ihre größte Sorge seine Bauchverletzung. Sie hob vorsichtig seinen Arm an und konnte erkennen, dass das Fell an seinem Arm stellenweise an verkrustetem Blut klebte und ihre Versuche den Arm weiter zu heben sichtbare Schmerzen hervorrief. In jenem Moment sah sie es als ein gutes Zeichen an, dass sowohl die Blutlache unter ihn, als auch das Blut in seinem Fell trocken und bereits verkrustet war. Dann fuhr sie mit ihrer Pfote über sein rechtes Bein und übte an mehreren Stellen leichten Druck aus. „Spüren Sie das?“ „Ja.“ Auf der anderen Seite fuhr sie an seinem anderen Bein wieder hinauf. „Und das?“ „… Nein… Das spüre ich nicht…“ „Sagen Sie, wenn Sie wieder etwas spüren.“ Ihre Pfote fuhr langsam über sein Schienenbein, sein Knie und auf Hälfte des Oberschenkels schrie Jack auf. „Nun, die gute Nachricht ist: Die Nerven könnten mit etwas Glück lediglich abgedrückt sein. Die Schlechte: Das Bein scheint gebrochen zu sein.“ „April, ist er transportfähig?“ „Wir müssen sehr vorsichtig sein, aber bis nach Hause sollten wir es schaffen.“ „Gut. Casey, bring die Trage her.“ Damit sprang Judy auf und ging hinüber zu April, während ihr Bruder die Trage neben Jack platzierte. „In Ordnung, so machen wir´s: Casey, wir beide nehmen seinen Oberkörper. April, du nimmst seine Beine. Schön vorsichtig…“ Judy und ihr Bruder schoben langsam ihre Pfoten unter Jack und dieser verzog keine Miene. Als April sein Bein ergriff, änderte sich das, als er das Gesicht verzerrte aber er blieb ruhig. „Auf drei. Eins, zwei und drei!“ Ein ohrenbetäubender Schrei entsprang seiner Kehle. Sie hatten ihre Pfoten noch nicht wieder bei sich, da schob April sie bereits zur Seite und leuchtete mit ihrer Lampe wieder in seine Augen. „Er muss in ein Krankenhaus.“ „Nein… kein… Krankenhaus… Niemand darf… erfahren, dass… ich noch… lebe…“ April blickte Judy an, und wollte sie bitten ihn zur Vernunft zu bringen, aber ihre Schwester schüttelte nur den Kopf. „Du musst bedenken, mit was für Tieren wir es zu tun haben. Sie haben den ganzen Zug entgleisen lassen nur um ihn zu töten. Denkst du, solche Tiere haben Probleme eine Bombe in einem Krankenhaus zu zünden? Und er ist unsere einzige Chance diese Untiere zu überführen. Darum müssen wir dies geheim halten. Und das ist nur möglich, wenn niemand außer den absolut notwendigen Tieren hiervon erfährt.“ April und Casey hatten plötzlich das Gefühl, als hätten sie eine Wochenration Karotten geschultert, als ihnen schlagartig klar wurde, wie viel wirklich auf dem Spiel stand. Kurze Zeit später befanden sie sich auf dem Rückweg. Casey am Steuer, während Judy und April bei Jack auf der Ladefläche saßen und ihn überwachten. Wie erwartet stand ihre Mutter vor dem Haus und wartete mit einer weiteren von Judys Schwerstern auf ihre Ankunft. „OK, Judy. Er kommt zunächst in das Krankenzimmer im Obergeschoss. Jeri und Jill haben diese Woche Notdienst und werden April zur Hand gehen um ihn zu versorgen. Wenn er oben ist, dann komm bitte in die Küche.“ Judy war sich nicht sicher, wie sie den letzten Satz ihrer Mutter interpretieren sollte, aber sie würde es schon erfahren, sobald Jack versorgt wäre. Bei einer großen Familie wie der ihren waren Verletzungen an der Tagesordnung und somit waren immer mindestens zwei Familienmitglieder als Ersthelfer eingeteilt um das umfangreich ausgestattete Krankenzimmer zu besetzen. Von kleinen Schnittwunden bis hin zu Knochenbrüchen konnte fast alles vor Ort behandelt werden. Dabei wurde natürlich für die schwerwiegenderen Fälle ein Familienmitglied mit medizinischer Ausbildung oder der Familienarzt hinzugezogen. Er war also in guten Pfoten und sie konnte sich nun erst mal ihrer Mutter zuwenden. Wie sie es nicht anders erwartet hatte, war ihre Mutter und einige ihrer Geschwister dabei die nächste Mahlzeit vorzubereiten, als Judy die Küche betrat. Ohne aufzublicken füllte sie eine Schüssel mit einer duftenden Gemüsesuppe und zwei Tassen Tee. „Billy, du hast die Küche.“ „Verstanden, Mom.“ Bonnie deutete mit einem Nicken in Richtung ihres Büros und nahm die zwei Tassen, während Judy die Suppe und einen Löffel in die Pfoten nahm und ihrer Mutter folgte. „Da du doch ziemlich überstürzt aufgebrochen bist, gehe ich wohl recht in der Annahme, dass du heute noch nicht viel gegessen hast?“ Sowohl ihre Worte, als auch der Duft der Suppe lösten in genau diesem Moment ein lautes Magenknurren aus und die Innenseiten ihrer Ohren begannen sich rot zu färben. Ohne es bewusst mitzubekommen hatte sie sich gesetzt und den ersten Löffel im Mund als sie die Augen verdrehte und losstöhnte. „Ohhh… Mom, du bist die Beste…“ Ehe sie sich versah, war die Schüssel leer und sie lehnte sich zurück. „Noch eine heiße Dusche und Nick. Dann wäre der Abend perfekt…“ Ihre Ohren sprangen auf und sie blickte ihre Mutter an, die sie breit anlächelte. „… … Habe ich das gerade laut gesagt?“ „Oh ja. Und genau so hast du auch ausgesehen. Viel um die Ohren gehabt?“ „Nun ja, unser letzter Fall hat Liz und mich ziemlich eingespannt… Viele Überstunden und wenig Freizeit. Gerade jetzt ist es übel für Nick. Schließlich ist jetzt die Zeit für Füchse. Gestern haben wir den Fall gelöst und für heute Abend hatte ich eigentlich Pläne und an unserem freien Wochenende wollte ich meine Pille ‚vergessen‘…“ „Ahh… Ich verstehe… Dies ist einer dieser äußerst seltenen Situationen, in denen du nicht sonderlich… erpicht… auf deinen Dienst bist.“ „Kann man so sagen…“ „Ich habe dir auch ein paar Sachen in dein Zimmer gelegt, da du auf dem Weg hierher nicht in eurer Wohnung vorbeigefahren bist. Und dies hier…“ Damit packte Bonnie in ihre Tasche und holte eine Packung Tabletten hervor. „… dürfte deine Stärke sein, wenn sich bei dir nichts geändert hat.“ Judy nahm das Päckchen und schaute sich das Etikett an. Darauf stand: ‚Heat-Off - 25mg – Für Häsinnen ab 30 in einer sexuell aktiven Beziehung‘ „Nein, alles beim alten. Du hast recht. Ich hab wirklich nicht großartig nachgedacht, als ich mich auf den Weg gemacht habe. Wäre wirklich übel geworden, wenn ich davon keine gehabt hätte…“ „Natürlich habe ich recht. Ich habe nicht so viele Kinder zur Welt gebracht ohne zu erkennen, was sie brauchen.“ Bonnie war sich nicht sicher was es war, aber sie konnte schwören, dass irgendetwas durch Judys Augen gehuscht ist. „Weißt du was? Ich werde nach unserem Gast sehen, danach eine heiße Dusche nehmen und dann früh ins Bett gehen. Mit ein wenig Glück kann ich ihn morgen schon befragen… Gute Nacht.“ Ihre Mutter konnte noch nicht einmal Luft holen, bevor sie den Raum verlassen hatte. Judy stand einige Momente vor der Tür des Krankenzimmers, als sie sich erlaubte zunächst einmal tief durchzuatmen. Sie schüttelte sich innerlich um sich zu fangen und klopfte dann an. Es dauerte keine Minute bis die Tür geöffnet wurde und ihre Schwester Jeri stand vor ihr. Durch ihr gold-braunes Fell wirkte sie ziemlich exotisch, sie war jedoch durch und durch eine Hopps und vollbrachte auf den Feldern und im Bau genau so viel wie ihre Brüder und Schwestern. „Judy! Es ist so lange her.“ Damit umarmten sich die Schwestern und sie erlaubten sich einen Moment der Begrüßung, bevor sie hineingeführt wurde. „Wie geht es ihm?“ „Es geht ihm den Umständen entsprechend. Er hat viel Blut verloren, aber April ist sich sicher, dass sie das in den Griff bekommen hat, bis wir seine Blutgruppe bestimmt haben und ihm eine Transfusion verabreichen können. Sie musste ihm Schmerzmittel verabreichen, darum schläft er bis auf weiteres. Wir müssen auf die Ergebnisse der Untersuchungen warten, aber das Bein scheint nur angeknackst zu sein und was das Gefühl in seinem linken Bein angeht, so können wir das erst kontrollieren, wenn er wieder wach ist...“ „Könnt ihr schon abschätzen, wann das sein könnte?“ „Er scheint recht gut in Form zu sein, daher sind wir optimistisch, dass er irgendwann morgen im Laufe des Nachmittags aufwachen könnte.“ „Vielen Dank. Gehe ich recht in der Annahme, dass Mom euch eingeweiht hat?“ „Natürlich.“ Judy seufzte und fuhr sich mit der Pfote über die Schnauze. „Gut. Ich werde morgen früh nochmal vorbeikommen und nach dem Rechten sehen… Ich werde ihn dann mal euren fähigen Pfoten überlassen. Gute Nacht.“ „Gute Nacht Judy.“ Sie war sich nicht sicher wie lange genau, aber sie stand eine ganze Weile mit geschlossenen Augen unter den warmen Wasserstrahlen und ließ sie einfach über ihren Körper fahren. Der vergangene Tag hatte ihr offensichtlich mehr zugesetzt, als sie sich eingestehen wollte. Was würde sie jetzt nicht alles für ihren Fuchs tun, der hinter ihr stünde, mit seinen starken Pfoten ihre Schultern massieren würde, bevor seine Pfoten tiefer wandern würden. Dieser Gedanke allein reichte aus, um ihr ein Stöhnen zu entlocken und ihre Pfoten auf Wanderschaft gehen zu lassen. Ihre stumpfen Krallen fuhren durch ihr Fell, über ihre Brüste und zu den Seiten ihrer Schenkel, bevor sie diesem glühenden Pfad wieder hinauf glitten und auf Höhe ihres Bauches verharrten, nur um von dort aus noch tiefer gleiten, bis zu ihrer… „Der Tag war ziemlich hart, aber wir können stolz sein, auf das, was wir geschafft haben… Moment… JUDY?!“ Damit liefen ihre Schwestern zu ihr und nahmen sie in ihre Mitte. Die Fragen prasselten nur so auf Judy ein. „Warum hast du nicht Bescheid gegeben, dass du nach Hause kommst?“ „Wie läuft es so in der großen Stadt?“ „Wo ist Nick?“ >Oh ja. Nicht einmal ein Eimer voller Eiswasser kann die Stimmung eines erotischen Tagtraums besser ruinieren, als eine Horde neugieriger Schwestern…< Nachdem der erste Schock über diese unliebsame Unterbrechung abgeklungen war konnte sie sich darauf konzentrieren ihren Schwestern den offiziellen Grund zu erklären, warum sie dermaßen überraschend aufgetaucht war und es gelang ihr sogar ihre Sorgen soweit hinter sich zu lassen, dass sie sich dabei tatsächlich entspannen konnte. Dadurch wurde aus der schnellen Dusche eine ausgiebige Runde Fellpflege und Austausch mit ihren Schwestern wobei es für manche das erste Mal war, dass sie Judy ohne ihre Augenklappe sahen. So kam es, dass sie erneut von den Ereignissen der ISE-Initiative berichtete und durchlebte diese Zeit erneut. Sowohl die guten als auch die schlimmen Momente… Nach einer guten Stunde mit ihren Schwestern kam sie in ihrem Zimmer an und ließ sich erschöpft auf das Bett fallen. Sofort spürte sie die Kälte des leeren Bettes und vermisste Nick, der sie momentan eigentlich mehr denn je brauchte. Ihr war klar, dass es nicht reichen würde, aber dennoch nahm sie ihr Handy und rief ihn an. Viele sahen ihn als den Stützpfeiler des ZPD. Damit hatte er keine Probleme. Viele sahen ihn als Oberhaupt der Familie. Damit hatte er nur Probleme, wenn man im gleichen Atemzug Clawhauser als Mutter der Familie bezeichnete. Viele sahen ihn als Personifizierung der Einschüchterung. Probleme hatten damit nur die Tiere, mit denen er zu tun hatte. Insbesondere wenn es sich dabei um Verdächtige, Täter oder Bürokraten handelte. Viele sahen ihn als reines Arbeitstier ohne Leben außerhalb seines ZPD. Damit hatte er durchaus Probleme, auch wenn es zum Teil daran lag, dass sie damit für gewöhnlich Recht hatten. Es wäre bei weitem nicht die erste Nacht, die er in seinem Büro verbracht hätte. Sei es dass ein Fall weite Wellen schlug und er sich darum kümmerte, dass zusätzliche Kräfte für Razzien oder andere Großeinsätze zur Verfügung standen oder die Dienstpläne angepasst werden, damit die ihm unterstellten Tiere wichtigen persönlichen Ereignissen wie Auftritten ihrer Kinder beiwohnen konnten. Aber selbst er hat irgendwann den Punkt erreicht, wo er sein Büro verlassen musste. So war dieser Zeitpunkt erreicht, als er immer größere Probleme hatte sich zu konzentrieren und er beschloss seinen Tag zu beenden und sein Zuhause aufzusuchen. Wie jeden Abend folgte er einem strengen Prozedere, wobei er sämtliche Unterlagen wegräumte und an sämtlichen Aktenschränken und Schubladen die Schlösser kontrollierte. Diese routinemäßige Sicherheitskontrolle erlaubte ihm geistig von dienstlich auf privat runterzufahren und besänftigte seine Sorgen etwas Wichtiges vergessen zu haben. Als er sein Büro verlassen und abgeschlossen hatte, konnte er durch die große Fensterfront des Reviers sehen, dass es draußen bereits dunkel war… Das war nichts Überraschendes. Was jedoch nicht üblich war, war das Licht, welches im Besprechungsraum nahe der Treppe noch immer brannte. Nick lehnte an einem der Tische und betrachtete die breite Tafel an der Wand. Dort war eine Karte der Stadt angebracht und an drei Markierungen waren rote Bänder zu den Seiten befestigt: Eine führte von der Elmstreet in Savannah Central zu den Bildern von zwei männlichen Mäusen, einem weiblichen Schaf und einer Löwin. Ihre Körper waren fast bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Eine Weitere führte von der Heatstreet zu den Bildern von vier Frauen... einem Kamel, einem Nilpferd, einer Pandarin und einer Tigerin. Diese waren ebenfalls zu großen Teilen mit schweren Verbrennungen überzogen. Die Letzte führte von der Mossstreet im Regenwald-Distrikt zu den Bildern von einem männlichen Dachs von kräftiger Statur, einem jungen Wolf mit grauem Fell und nahezu schwarzen Ringen um die Augen und einer jungen Wölfin mit hellgrauem Fell und dunkelgrauem Fell von ihren Ohren bis zum Nacken. Es fiel auf, dass alle Opfer recht jung aussahen, Nick schätzte sie auf Anfang zwanzig. Als sich die Tür öffnete zuckte lediglich sein Ohr in Richtung der Tür und die schweren Hufe erzeugten recht markante Laute. Ohne den Blick von der Tafel abzuwenden richtete er das Wort an seinen Besucher. „Chief.“ „Wilde.“ Zugleich hielt ihm ein Huf eine Tasse mit schwarzem Tee vor die Schnauze. „Ist zu dieser Uhrzeit besser als Koffein.“ „Danke.“ „Sie sieht seiner Tochter wirklich ähnlich.“ „Das tut sie.“ „Ich will nicht hoffen, dass sie der Grund ist, dass Sie noch hier sind.“ Wider Willen stahl sich ein Lächeln auf Nicks Schnauze. „Nein. Nun ja, zum Teil.“ Ein Seufzer entfuhr ihm, bevor er weitersprach. „Es ist der Höhepunkt der Zeit des Jahres und Möhrchen ist in Bunnyburrow. Wenn ich nach Hause komme, dann strömt mir ihr Duft in die Nase… Mein Kopf weiß: Sie ist nicht da, aber meine Instinkte interessiert das leider nicht. Das Ergebnis: Ich bekomme kein Auge zu. Da kann ich genauso gut hier stehen und mir Gedanken über die Zusammenhänge machen.“ Chief Bogo verzog das Gesicht. „Wilde…“ „Nicht nötig Chief. Wir haben vorhin noch telefoniert, bevor sie ins Bett gegangen ist. Hätte ich sie begleitet würden wir beide uns besser fühlen. Da jedoch auch Freddy ausgefallen ist, konnten Sie mich nicht entbehren. Lieber nehmen wir diese… Unannehmlichkeit…“ Chief Bogo gab bei dieser Formulierung ein kurzes abfälliges Lachen von sich. „OK. Diese… Tortur… in Kauf, als das die Mörder dieser Tiere, die noch ihr ganzes Leben vor sich hatten, ungeschoren davon kommen.“ Das war einer jener Momente in denen Chief Bogo kaum stolzer sein konnte solche Tiere unter sich zu wissen. „Hoffen wir, dass dieser Savage morgen möglichst früh soweit ist. Dann kann sie vielleicht schon bald zurückkommen. Bis dahin…“ Der Büffel an seiner Seite griff in seine Tasche und löste einen Schlüssel von seinem Schlüsselbund und drückte ihn Nick in die Pfote... „Wenn sie wieder da ist will ich es in perfektem Zustand zurückhaben. Verstanden?“ Noch während Nick auf den Schlüssel in seiner Pfote starrte, machte sich sein Vorgesetzter auf den Weg zur Tür. „Danke, Chief. Und gute Nacht.“ „Nacht, Wilde.“ Es dauerte noch über eine Stunde, bevor sich Nick nach einer ausgiebigen Dusche in das Untergeschoss des Reviers begab und dort vor einer Tür zum stehen kam. Jeder wusste von dieser Tür und ihrem Zweck, aber Nick hätte sich niemals träumen lassen, dass er jemals in eine Situation kommen würde, in der er einen Anlass hätte den Schlüssel für ‚Das Zimmer‘ zu erhalten. Noch bevor er Chief wurde hatte Bogo sich darum bemüht einen Raum im Revier herrichten zu dürfen, in denen ein Kollege unterkommen könnte, wenn er das Dach über dem Kopf verloren hatte. Die Gründe dafür konnten vielfältig sein… Es konnte eine Trennung sein, bei der man vom Partner vor die Tür gesetzt wurde. Oder wenn die Wohnung nach einem Feuer erst renoviert werden musste oder man sich gar eine neue Bleibe suchen musste. Ein Fuchs, der in seiner Paarungszeit nicht nach Hause konnte, weil allein der Duft seiner abwesenden Frau ausreichte um ihm den Schlaf zu rauben… Und noch so viele weitere Möglichkeiten… ‚Das Zimmer‘ war nicht besonders extravagant eingerichtet: Ein Bett für große Tiere in der linken, hinteren Ecke. Ein Schreibtisch samt Stuhl für große Tiere in der hinteren, rechten Ecke, parallel zum Bett. Zu guter Letzt ein Regal mit einer Stange mit zwei Kleiderbügeln an der vorderen, linken Seite. Ein nicht unerheblicher Schuss Nostalgie durchfuhr ihn, als ihm klar wurde, dass es Judy´s altem Apartment glich, in welchem sie nach der Akademie lebte. Er musste an all die besonderen Meilensteine denken, die sie dort erlebt hatten: Die ersten gemeinsamen Abende… Die ersten gemeinsamen Abendessen… Die ersten Übernachtungen… Die ersten Berührungen, die nicht mehr Freundschaftlich waren… Ihr erster Kuss… Ihre erste Nacht als Liebende… Nick schüttelte vehement den Kopf, um seine Gedanken davon abzuhalten weiter zu wandern. „Reiß dich zusammen!“ Er fuhr sich mehrmals mit den Pfoten über die Schnauze und atmete mehrmals tief durch. Zum erstem mal froh, dass der süße Duft von Häsin nicht in der Luft lag… Einer Häsin, die es liebte… „ARGH!“ Nick verpasste sich selbst eine schallende Ohrfeige in der Hoffnung, dass es reichen würde. „Irgendwas sagt mir, dass mir eine lange Nacht bevorsteht…“ Der Tag hatte seinen Tribut gefordert und er hoffte, dass er zu erschöpft wäre um zu träumen. So schlurfte er zum Bett und rollte sich darauf zusammen. Nach weniger als fünf Minuten drehte er sich auf die andere Seite. Dann auf seinen Rücken. >Wem mache ich hier eigentlich was vor? Diese Nacht wird die Hölle. Definitiv. 100%…< Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)