Kaze no Uta von Lady_Ocean (Das Lied des Windes) ================================================================================ Prolog: Aki ----------- Uta no kaze Prolog: Aki Eigentlich hätte er sich freuen müssen: Sein Vater hat nach über vier Jahren endlich wieder Arbeit gefunden. Und verdiente nicht mal schlecht mit seinem Job. Seit vier Jahren hatten er und seine Eltern einen Engpass nach dem anderen durchleben müssen. Vor vier Jahren saß er das letzte Mal in einem Flugzeug und machte in einem andern Land Urlaub. Vier Jahre war es her, seit er sein letztes Taschengeld bekommen hatte; wenn man es schon so nennen konnte. Er war damals erst fünf Jahre alt und ging seit wenigen Wochen in die Schule. Seine Eltern hatten ihm versprochen, dass er Taschengeld bekäme, wenn er in die Schule kommt. Leider konnten sie ihr Versprechen nur wenige Wochen halten; sein Vater verlor seine Arbeit, weil das Unternehmen bankrott ging und die Situation der Familie verschlechterte sich für vier Jahre drastisch. Daher wollten sie nun alles nachholen, worauf sie in den letzten Jahren verzichtet hatten und es wurde ein ausgiebiger Urlaub in Japan gebucht, der die gesamten Sommerferien einnahm. Seine Eltern hatten das gesamte letzte halbe Jahr von nichts Anderem gesprochen als diesem tollen Urlaub. Aber war er wirklich so toll, wie sie es immer erzählt hatten? Hier saß er nun; auf einem knorrigen Baum, dessen Geäst weit über das Meer hinausragte. Verträumt beobachtete er, wie die rote Abendsonne im Meer verschwand und dabei unzählige orangerote Lichter auf der ruhigen See zurückließ. Er saß jeden Abend hier, denn die Sonne sah zu dieser Zeit aus, als würde sie weinen, weil sie sich von der Welt verabschieden musste. Dieses Bild erinnerte ihn immer an seinen eigenen Wunsch - endlich nach Hause zurück zu kehren, wo seine Freunde auf ihn warteten. In London gab es zwar nicht so schöne Landschaften wie hier an der japanischen Küste, aber selbst die Schönheiten, die die Natur hier zeigte, konnten die Sehnsucht nach seinem Zuhause nicht stillen. Egal, wo er hinging - niemand wollte mit ihm zu tun haben. Dauernd hörte er andere Kinder hinter sich lachen und sich gegenseitig ,Ausländer' zuflüstern. Manche warfen ihm sogar böse Blicke zu, wenn er ihnen nahe kam. Selbst, wenn er auf offener Straße beleidigt wurde, griff niemand ein. Er HASSTE dieses Land mit all seinen ignoranten Menschen. Und das sollte seine zweite Heimat sein.... Er lachte säuerlich und lehnte sich auf seinem Ast zurück. Die Sonne war schon fast untergegangen, der achte Tag seit seiner Ankunft neigte sich dem Ende.... Das bedeutete, dass er es noch 33 Tage hier aushalten musste, bis er im Flugzeug Richtung Heimat sitzen konnte. Wie sollte er das nur aushalten? Er hasste die Einsamkeit.... "...ny! Danny! Komm endlich rein! Wir wollen essen und außerdem wird es draußen immer kälter. Du willst doch nicht, dass du krank wirst und wir vorzeitig zurück nach Hause müssen?" Ja... das wäre schön. Zurück nach Hause, dahin, wo meine Freunde sind.... "Nein, natürlich nicht. Ich komme gleich." Mit einem tiefen Seufzer erhob er sich von seinem Lieblingsplatz und trottete zurück zu dem kleinen Bungalow, in dem seine Familie den Urlaub verbrachte. Der Abend verlief nicht anders als die bisherigen: Seine Eltern plauderten und freuten sich, was sie an diesem Tag für aufregende Dinge gesehen hatten und Danny hörte ihnen zu, antwortete gelegentlich mit ,Ja', wenn seine Meinung gefragt war. Auch die nächsten Tage verliefen nicht anders. Tagsüber war er mit seiner Familie unterwegs und abends saß er auf seinem Baum und sehnte sich nach seinen Freunden. Gegen Ende der zweiten Woche ereignete sich allerdings etwas, was seine Meinung über das Land der aufgehenden Sonne grundlegend änderte. Seine Eltern hatten beschlossen, Tokio zu besichtigen und so machte sich die Familie bereits in aller Frühe auf den Weg, da dies ein sehr langer Tag werden würde. Die Hauptstadt war nicht nur riesengroß, sondern auch überfüllt mit Menschen, sodass es schwierig war, den Anschluss nicht zu verlieren. Als sie gegen Abend mit der U-Bahn fuhren, um zu ihrem Auto zurückzukommen, passierte es doch, wovor Danny sich den ganzen Tag über gefürchtet hatte: Im Gedränge verlor er den Überblick und stieg an der falschen Haltestelle aus. Rings um ihn waren so viele Menschen, dass er es erst gar nicht gemerkt hatte, dass seine Eltern nicht mehr bei ihm waren. Als die U-Bahn längst weiter gefahren war und sich die Menschenmasse um ihn herum aufgelöst hatte, bemerkte er, dass er völlig allein war. Panik schnürte ihm die Kehle zu und er schaute benommen von einer Seite auf die Andere. Obwohl er seinen Kopf kaum bewegte, war ihm mit einem Mal so schwindelig, dass er nach hinten taumelte und ehe er sich versah, auf einer hinter ihm stehenden Bank saß. Dort blieb er eine Weile sitzen und wartete darauf, dass seine Eltern vielleicht mit einer entgegenkommenden Bahn zu ihm zurückkamen und ihn abholten. Die Stunden vergingen, ohne dass er einen Hinweis auf seine Eltern erhalten hatte. Letztendlich beschloss er, nach draußen zu gehen und eine Polizeiwache oder ähnliches zu suchen, damit er dort nach seinen Eltern fragen konnte. Es war mittlerweile so dunkel draußen, dass man kaum fünf Meter weit sehen konnte. Ob ich es überhaupt bis zur Polizei schaffe...? Nach den Häusern zu urteilen, befand er sich entweder am Rand Tokios oder in einem Vorort, das wusste er nicht genau, aber die Häuser und Straßen zeigten deutlich, dass es sich um eine recht arme Gegend handeln musste. Warum habe ich mich ausgerechnet hier verirrt? Wahrscheinlich gibt es hier noch nicht mal ein Polizeirevier oder so was. Auf jeden Fall werde ich hier kaum jemanden finden, der mir zuhören würde, wenn schon die Leute in der Stadt so abweisend sind. Ich wünschte, wir wären nie hergekommen! Da es bereits auf Mitternacht zuging, war keine Menschenseele mehr auf der Straße zu sehen. Auch in den Häusern brannte kaum noch Licht. Wenn sich um diese Zeit noch Leute draußen rumtrieben, dann nur ein paar heruntergekommene Banden, die im Schutz der Dunkelheit randalierten oder ihre Streitigkeiten untereinander austrugen. Danny hoffte inständig, dass ihm solch eine Begegnung erspart blieb, doch wie jedes Mal an diesem Tag wurde auch jetzt sein Wunsch nicht erhört. Schon von weitem konnte er das laute Gelächter einer Gruppe von Jungen in seinem Alter und das Scheppern von umgeworfenen Gegenständen hören. Er blieb abrupt stehen und lief ein paar Schritte rückwärts, als er plötzlich gegen etwas Großes, Weiches stieß und sich erschrocken umdrehte. Hinter ihm stand ein Junge, der fast zwei Köpfe größer und fast zweimal so breit war wie er und nun seine monströsen Pranken nach ihm ausstreckte. Danny war vor Angst wie gelähmt; er bekam kaum noch mit, was um ihn herum geschah. Alles, was er dann noch merkte, war, dass der Kerl ihn kopfüber hängen ließ und zu der grölenden Gruppe brachte. Nun ist es wirklich aus.... Ich werde meine Eltern nie wieder sehen... ... Ein schwerer Schleier legte sich um seinen Kopf. Was auch immer jetzt kommen möge... er hatte keine Möglichkeit, es zu beeinflussen. Vielleicht habe ich ja Glück und ich erwache morgen irgendwo in einer Mülltonne.... Oder sie ertränken mich irgendwo, wenn ich ihnen zu langweilig geworden bin - Er hatte den Gedanken noch nicht ganz zu Ende gedacht, da sauste die erste Faust auf sein Gesicht nieder. Sterne funkelten in seinen Augen. Er stöhnte etwas auf unter der Betäubung, die die Faust verursacht hatte. Eine Träne rann über seine gerötete Wange. Wirklich weinte er jedoch nicht, dazu fehlten ihm längst die Kraft und der Mut. Er flehte die Jungen auch nicht an mit ihren Schlägen aufzuhören, den Atem konnte er sich sparen. Wahrscheinlich würden sie ihn doch nur auslachen, wenn er eine solch lächerliche Bitte vortragen würde. Ein weiterer Tritt in die Magengrube folgte, die ihr einige Sekunden die Luft anhalten ließ. Er war noch nicht richtig zu sich gekommen, als einer der Jungen ihn an den Haaren packte und ihm ins Gesicht rotzte. Alle umstehenden lachten laut auf und schon war der nächste da, der diese tolle Vorführung nachmachen wollte. Er hatte bereits Luft geholt und wollte gerade seinen Mund auf Dannys Gesicht entleeren, als dieser plötzlich wie ein Stein zu Boden sackte und sich an seiner eigenen Spucke verschluckte. Den Rest hatte er nicht mehr richtig mitbekommen; er spürte nur noch, wie er plötzlich zu Boden fiel und hörte, wie alle Jungen plötzlich in einem wilden Durcheinander aufkreischten, dann war alles still und er spürte, wie er sanft von zwei Händen aufgerichtet wurde. Danny hob - so weit er dazu noch in der Lage war - das Gesicht und erkannte schemenhaft eine Gestalt, deren Kopf von einem langen Pferdeschwanz umweht wurde und eine Hand, die sich langsam seinem Gesicht näherte, um mit einem kühlen, weichen Tuch vorsichtig sein Gesicht abzutupfen. Ohne weiter nachzudenken, schlang er sich um den Körper dieser fremden Person und weinte aus voller Kehle. Als die Gestalt, die ihn gerettet hatte, seine Umarmung erwiderte und ihn noch näher an sich heran drückte, war Danny überhaupt nicht mehr in der Lage, seine Gefühle zu kontrollieren und weinte, während er seine Finger immer stärker in die Jacke seines Gegenüber krallte, bis sein Kopf vollständig vernebelt und er eingeschlafen war. Der Duft von frisch gebrühtem Tee mit Honig... Eine weiche Decke, die sanft meinen Körper umhüllt... Etwas Kaltes auf meiner rechten Wange... ...! Plötzlich fielen Danny die Ereignisse vom vorigen Tag wieder ein: Wie er seine Eltern verloren hatte; wie er mitten in der Nacht durch die Straßen lief und wie er von den Straßenjungs verprügelt worden war, bis er von dieser fremden Gestalt gerettet wurde. Aber was war danach geschehen? Vorsichtig hob er den Kopf und versuchte, sich umzusehen um herauszufinden, wo er jetzt war, doch schon bei der kleinsten Bewegung durchfuhr ein stechender Schmerz seinen Körper. Es hatte ihn wohl schlimmer erwischt, als er es zunächst angenommen hatte.... Doch dies war nicht der richtige Moment, um über sowas nachzudenken. Er musste einen Weg finden, wie er zu seinen Eltern zurückkam; und das am besten ohne den Straßenjungs noch einmal zu begegnen. Also biss er die Zähne zusammen und richtete sich langsam auf. Erst als saß, bemerkte er, dass jemand neben ihm an der Bettkante kniete und mit dem Gesicht auf dem Bettrand schlief. Er erkannte sofort, dass es sich um dieselbe Person handelte, die ihn gestern gerettet hatte. Sie hatte die langen schwarzen Haare noch immer zum Zopf gebunden und die einzelnen Strähnen fielen ihr wie schwarze Seide über das hübsche Gesicht. Verzaubert von diesem Anblick strich Danny ihr ganz vorsichtig eine der Strähnen aus dem Gesicht. Ihr Haar ist so wunderbar weich... Er hätte noch ewig so dasitzen und seinen Retter betrachten können, wäre das Mädchen von dieser sanften Geste nicht wach geworden. Als Danny dies bemerkte, zog er beschämt seine Hand zurück und sah wieder auf das Bett, wobei er sah, dass der Arm des Mädchens die ganze Zeit über auf seiner Hüfte gelegen hat. Wieder versank Danny in seinen Gedanken... "Good morning!", vernahm er in gebrochenem Englisch. "O-hayo gozaimas", gab er zurück. Er erntete einen verwunderten Blick. Dann sprach das Mädchen in ihrer Muttersprache weiter. "Du sprichst Japanisch?" "Ja... ein bisschen. Meine Mutter kommt aus Japan. Sie hat es mir beigebracht." "Dann bist du Halbjapaner! Wie heißt du?" "Danny Willis." "Hast du auch einen japanischen Namen? "...Ja. Aki." Das war das erste Mal, dass er jemandem seinen japanischen Namen gesagt hatte, seit er in der ersten Klasse deswegen ausgelacht und als ,Schlitzauge' beschimpft wurde. "Also Aki.... Ein schöner Name. Ich bin Kohaku Yuki." ,Ein schöner Name...'. Sie ist die erste, die das zu mir sagt. "Schön, dich kennen zu lernen, Yuki-san." "Du kannst das ,san' ruhig weglassen", kicherte sie. "Na gut,... Yuki." In diesem Moment meldete sich eine weitere Stimme zu Wort. "Bist du endlich wach?" Bei diesen Worten lief Yuki zur Tür, um sie für einen alten Mann zu öffnen. "Opa, das ist Aki. Aki, das ist mein Opa." Danny verbeugte sich so gut es ging und bedankte sich bei beiden dafür, dass sie sich um ihn gekümmert hatten, obwohl er dabei mehr an Yuki als an ihren Großvater dachte. Der alte Mann verbeugte sich ebenfalls leicht und fragte dann, warum er gestern zu so später Stunde noch auf der Straße war. Danny erzählte ihm, wie er sich verlaufen und dann nachts in dieser Straße gelandet war. Er schämte sich etwas, vor Yukis Ohren diese Geschichte erzählen zu müssen. Jetzt hielt sie ihn sicher für einen Schwächling. Aber wenn dem so war, dann konnte sie dies gut verbergen. "Wo liegt denn dein Hotel? Wir könnten dort anrufen, damit sich deine Eltern keine Sorgen mehr machen müssen." "Wir haben ein kleines Ferienhaus in der Nähe von Hakone gemietet, aber dort gibt es kein Telefon." Während Danny dies sagte, begannen Yukis Augen zu leuchten. "Ich weiß, wo das ist! Ich wohne nämlich in Hakone und gehe dort öfters vorbei. Ich bringe dich hin, wenn ich nach Hause fahre." Eine unheimliche Last fiel Danny vom Herzen. Er konnte endlich zurück zu seinen Eltern... und wohnte noch 4 Wochen in der Nähe von Yuki. Vielleicht war ein so langer Urlaub in Japan doch nicht so schlecht.... Gleich nach dem Frühstück brachen die beiden Richtung Hakone auf. Jetzt war Danny endlich wieder allein mit Yuki und konnte wieder freier sprechen. Vor ihrem Großvater wollte er nicht einfach so drauf los reden. "Wie hast du es eigentlich geschafft, die ganzen Jungs zu vertreiben?" Sie lächelte etwas. "Nun... mein Großvater lehrt mich seit fünf Jahren Karate. Jeder von den Jungs gestern hat sich schon mit mir angelegt, aber sie beherrschen keine Kampfkunst. Sie haben mich noch nie besiegen können und es irgendwann aufgegeben, mir irgendwo aufzulauern und sich für die letzte Niederlage zu ,rächen'. Eigentlich habe ich gestern gar nicht viel gemacht. Ich glaube, sie haben sich erschrocken und sind deshalb so schnell weggelaufen." "Ich bin dir echt dankbar. Jetzt hast du etwas gut bei mir." "Nicht doch! Ich wollte dir nur helfen." "Doch! Sonst ich komme mir blöd vor, wenn ich dich ansehe und weiß, dass ich dir nicht mal für deine Hilfe danken konnte. Oder möchtest du, dass ich dir nie mehr in die Augen sehen kann?" Ihr Lächeln wurde noch breiter. "Na gut. Ich werde irgendwann darauf zurückkommen. Versprochen." Als er ihre Lippen auf seiner Wange spürte, wurde er augenblicklich rot und wandte schnell das Gesicht ab. "Du bist süß!" Der Satz hallte noch lange in Dannys Kopf nach... ,Du bist süß' Plötzlich war alles andere um ihn herum egal. Den ganzen Weg über konnte er keinen klaren Gedanken mehr fassen. Da war nur noch dieses Gefühl in seinem Bauch... Dieses Kribbeln... irgendwie komisch... aber angenehm warm. Seine Eltern reagierten genau, wie er es sich vorgestellt hatte: Seine Mutter stürzte unter Tränen aus dem Haus und musterte ihn am ganzen Körper, um zu sehen, ob noch alles dran war. Die blauen Flecke, die er überall hatte, sorgten sie sehr und so war sie umso glücklicher, als sie erfuhr, dass Yuki ihm geholfen hatte. Sie schien die kleine Japanerin sofort ins Herz geschlossen zu haben. Dannys Vater verhielt sich wesentlich sachlicher als seine stürmische Mutter, doch auch ihm standen Sorge und Erleichterung ins Gesicht geschrieben. Yuki wartete noch ein paar Minuten und verbeugte sich dann. "Ich muss jetzt gehen. Meine Eltern erwarten mich." Als Danny dies hörte, verschwand seine Freude schlagartig. "Kannst du nicht noch ein paar Minuten bleiben? Wir sind doch gerade erst angekommen." Sie überlegte kurz und antwortete dann: "Sie warten sicher schon auf mich. Ich muss jetzt wirklich los. Aber ich werde mich beeilen und meine Eltern fragen, ob ich wiederkommen darf." "... Na gut." Danny wollte trotzdem nicht, dass sie ging, aber es blieb ihm nichts anderes übrig, als erst mal abzuwarten und zu hoffen, dass sie bald wiederkommen würde. Yuki verbeugte sich noch einmal und lief Richtung Stadt davon. Danny sah ihr noch lange nach; selbst als sie längst außer Sichtweite war, machte er keine Anstalten, ins Haus zurückzugehen. Seine Eltern betrachteten den Jungen vom Haus aus, ließen ihn allerdings in Ruhe. Er hatte sich gegen die Hauswand gelehnt und ließ sich dabei immer wieder Yukis Worte durch den Kopf gehen. ,Aki... ein schöner Name.' ,Du bist süß...' Er spürte, wie er erneut errötete, als er an diese Worte dachte. Rund anderthalb Stunden später kam Yuki zurück. Danny stand immer noch draußen und erwartete sie bereits. "Warst du die ganze Zeit hier?" "Na ja..." Wieder musste Yuki lachen. Danny mochte ihr Lachen. Es hatte etwas ganz besonderes an sich. Was das war, wusste er nicht, aber immer, wenn er sie lachen oder lächeln sah, war auch er glücklich. "Komm!" Mit diesen Worten nahm ihn die Japanerin an der Hand und lief mit ihm den Strand entlang. Bei einem kleinen Boot, das an einem Pfahl im Sand befestigt war, ließ Yuki Dannys Hand los und begann, das Tau von dem Pfahl zu lösen. "Wessen Boot ist das?" "Meins. Hast du Lust auf eine kleine Seefahrt?" "Dein eigenes Boot? Kannst du es steuern?" "Ja. Mein Vater ist Fischer. Er hat mir alles beigebracht, was man wissen muss: Steuern, Navigieren - ich fahre oft allein hinaus aufs Meer um Fische zu fangen." Inzwischen schob sie das kleine Holzboot ins Meer. Dann drehte sie sich noch einmal zu Danny um. "Willst du nun Boot fahren oder nicht?" Noch einmal ließ er sich nicht auffordern und stieg ein. Während Yuki weiter ins Meer hinausruderte, bewunderte Danny das türkisblaue Wasser um sich herum. Von hier aus wirkte es sogar noch schöner als nachmittags auf seinem Baum. Aber abends war es doch am schönsten.... "Hast du schon mal geangelt?" "Nein. Ich bin das erste Mal am Meer." "Wirklich? Du siehst das Meer zum ersten Mal? Wo kommst du her?" "Aus London. Kennst du das?" "Nein. Nie gehört...." "Und England?" "Ja! Das kenn ich! Das ist doch eine Insel in Europa, oder?" So ähnlich.... "Ja. London ist die Hauptstadt." "Du kommst von einer Insel und hast noch nie das Meer gesehen?" Sie sah ihn ungläubig an." "Nein. Echt nicht. London liegt nicht am Meer. Und dies ist mein erster Urlaub seit vier Jahren." "Ich bin auch noch nicht sehr weit gereist. Von Japan habe ich zwar schon recht viel gesehen; ich war auch schon auf Hokkaido, aber das Land habe ich noch nie verlassen.... Oh, ich wollte dich fragen, ob du Lust hast zu angeln!" "J...Ja, warum nicht. Zeigst du mir, wie es geht?" Yuki hatte mittlerweile die Angelsehne entknotet und den Köder - ein Stück Mais - befestigt. Sie gab Danny die Angelrute und erklärte ihm, was er zu tun hatte: "Zuerst wickelst du die Sehne ein Stück auf.... Ja, genau so. Nun holst du Schwung und wirfst die Rute aus. Dabei musst du aufpassen, dass du die Kurbel festhältst. Wenn die Angel 50 bis 45° über dem Wasser ist, lässt du die Kurbel los. Bei dem Winkel fliegt die Schnur am weitesten." Er warf die Schnur wie sie es ihm beschrieben hatte aus. Es war gar nicht so leicht, den richtigen Winkel zu finden, aber Yuki war der Meinung, er habe das ganz gut gemacht. "Jetzt müssen wir ein bisschen warten. Wenn du merkst, dass ein Fisch angebissen hat, zieh mit einem Ruck an der Angel, damit der Haken stecken bleibt, sonst verlierst du ihn." Danny war ziemlich aufgeregt. Was für einen Fisch er wohl fangen würde? WENN er einen fangen konnte.... Yuki lehnte sich zurück, spielte mit einer Hand im Wasser und beobachtete verträumt die kleinen Schleierwolken, die den blauen Himmel zierten. Auch Danny entspannte sich etwas, hielt die Angel dabei jedoch fest in der Hand, denn man konnte ja nie wissen, wann vielleicht ein Fisch anbeißt. Der Köder musste mehrmals erneuert werden, bis Yuki plötzlich aufmerksam wurde und zum Schwimmer am Ende der Angelschnur schaute. Danny folgte ihrem Blick und bemerkte sofort, dass sich im Wasser etwas bewegte. Keiner von beiden sagte ein Wort, sie starrten nur gebannt auf den Fisch, der gemütlich den Köder umschwamm und hin und wieder daran pickte, bis er ihn endlich verschluckte. In diesem Moment sprang Danny auf und zog mit einem kräftigen Ruck an der Angel. "Ja!! Sehr gut! Du hast ihn! Zieh ihn langsam ran, aber lass ihn zappeln, damit er müde wird", rief Yuki freudig. Der Fisch schien stärker zu sein, als es zuerst aussah. Danny hatte alle Mühe, das Gleichgewicht zu halten. So konnte er ihn unmöglich einholen. Durch diesen wilden Kampf hatte er gar nicht mitbekommen, dass Yuki bereits hinter ihn getreten war und so hätte er um ein Haar die Angel losgelassen, als das Mädchen ihre Arme um ihn herumschlang und ihre Hände stützend um seine legte. "Halt gut fest! Das muss ein Riesenbrocken sein." Danny versuchte, sich wieder auf den Fischfang zu konzentrieren, doch es gelang ihm nicht wirklich. Der Gedanke, dass Yuki so nah bei ihm war, ließ sein Herz schneller schlagen. Er wusste, dass sein Gesicht knallrot war und dass Yuki dies mit Sicherheit sehen würde, wenn der Fisch im Boot war, aber es fiel ihm nichts ein, was diese Röte verschwinden lassen könnte. Im Endeffekt war es eher Yuki, die den Fisch aus dem Wasser gezogen hatte. Dies bedeutete jedoch nicht, dass sich der Gefangene schon geschlagen gab - im Gegenteil - jetzt wehrte er sich erst recht. Es dauerte noch knapp fünf Minuten, bis der Fisch tot war und auf dem Boden hinter Yuki landete. "So einen riesigen Lachs sieht man selten. Du wärst ein guter Angler", sagte Yuki, nachdem sie sich einen Moment ausgeruht hatte. "Ach was. Das war nur Glück." "Die ersten paar Fische zeigen meist, wie tauglich man als Angler ist. Ich bin gespannt, was wir heute noch so fangen." Im Prinzip war es Danny egal, was für Fische sie fingen. Hauptsache, er konnte mit Yuki zusammen sein. Über sein Gesicht hatte sie nichts gesagt, was Danny sehr begrüßte. Er steckte erneut einen Köder an den Haken und warf die Angel wieder aus. Ein paar Stunden später - sie hatten insgesamt fünf Fische gefangen - fuhren sie zum Strand zurück und zeigten Dannys Eltern, was sie gefangen hatten. Diese bereiteten gleich darauf eine Feuerstelle vor, an der sie später zu viert die Fische aßen. Es war nun schon ziemlich spät, die Sonne stand bereits knapp über dem Meer. Danny wollte diese Gelegenheit nicht ungenutzt lassen und zeigte seiner neuen Freundin seinen Lieblingsplatz. Auch ihr schien der Anblick der untergehenden Sonne sehr zu gefallen. Sie saßen lange schweigend da und genossen dieses Bild, bis die Sonne vollständig im Meer versunken war. "Hast du schon eine Idee, was du mal machen willst, wenn du groß bist?", fragte Yuki nach einer Weile. "Nein... darüber habe ich noch nicht nachgedacht. Mal sehen, was kommt. Und du?" "Nach der Schule gehe ich auf die Budo-Uni in Osaka. Ich weiß, das ist ein ziemlich ausgefallenes Lebensziel, aber ich möchte Japans bester Karatemeister werden; wenn ich es schaffe, sogar der beste der Welt." "... Dann gehe ich auch auf diese Uni." Bei diesen Worten musste Yuki so herzhaft lachen, dass sie fast vom Ast gefallen wäre, hätte Danny sie nicht am Arm festgehalten. "Du beherrschst doch noch nicht mal eine Kampfkunst! Wie willst du es da auf die Uni schaffen?" "Das war kein Witz! Ich meine es absolut ernst! Es gefällt mir hier. Ich hätte kein Problem damit, in Japan zu leben. Außerdem habe ich dir schon gesagt, dass ich eh keine Ahnung hab, was ich später mal machen will. So habe ich zumindest ein Ziel, für das ich lerne. In London gibt es genug Orte, an denen ich eine Kampfsportart lernen kann." Er schaute wieder hinaus aufs Meer und fügte dann leise hinzu: "Außerdem kann ich dich dann wieder sehen." Es war ihm wirklich ernst, was er gerade gesagt hatte, dass begriff Yuki sofort, als er seine Worte ausgesprochen hatte. Sie zog ihn näher an sich heran und flüsterte ihm dann etwas ins Ohr: "Ich will nicht, dass du wieder gehst...." Nachdem sie dies ausgesprochen hatte, legte sie ihren Kopf auf seine Schulter und schaute wieder hinaus aufs Meer. Danny legte schweigend seinen Arm um ihre Hüfte und lehnte seinen Kopf an ihren. Er wollte nicht mehr weg. Am liebsten hätte er die Zeit angehalten, sodass sie für immer hier zusammen sein konnten. Aber das ging nicht; das wussten sie beide. Also versuchten sie, die vier Wochen, in denen Danny noch in Japan war, so schön wie möglich zu gestalten, damit sie für beide in ewig in guter Erinnerung blieben. Yuki kam jeden Tag sehr früh zu Danny und holte ihn zum Fischen oder spazieren gehen ab. Wenn Dannys Eltern einen Ausflug machten, war seine Freundin jedes Mal herzlich eingeladen. Danny begleitete Yuki sogar, wenn sie zwei Mal die Woche zu ihrem Großvater ging, um mit ihm zu trainieren. Sie hatte mit ihren Eltern ausgehandelt, dass der Karateunterricht für die nächsten vier Wochen nicht so oft stattfand, was sie allerdings später nachholen musste. Obwohl sie sich täglich sehen konnten und die Zeit zusammen bestmöglich nutzten, waren die vier Wochen viel schneller rum, als sie erwarteten. Der Tag der Abreise kam immer näher. Danny musste schon sehr früh aufstehen. Eigentlich hätte er gestern schon packen müssen, aber er wollte sich den letzten Tag, an dem er mit Yuki zusammen sein konnte, nicht durch so etwas verderben. So saß er bereits kurz nach drei mit halb geschlossenen Augen vor seiner Reisetasche und räumte seine Sachen ein. Es dauerte ziemlich lange, bis er alles verstaut hatte. Immer wieder fiel ihm ein, dass er noch etwas vergessen hatte, nachdem er die Tasche bereits geschlossen hatte. Es kam auch nicht selten vor, dass er aufstand, weil ihm etwas eingefallen war, was er noch nicht eingepackt hatte, und im nächsten Moment im Raum herumstand und nicht mehr wusste, was er holen wollte. Er konnte seine Gedanken einfach nicht ordnen. Egal, was er tat; dauernd dachte er an Yuki und daran, dass er sie diesen Morgen zum letzten Mal sehen konnte. Als es bereits nach um sechs war, hatte er es schließlich geschafft, die Reisetasche vollständig zu packen. Er ging zurück zu dem Tisch in seinem Zimmer und setzte sich dort hin. Dann öffnete er das Schubfach an der Tischunterseite und nahm den einzigen Gegenstand, der sich noch darin befand - eine kleine Schachtel - heraus. Er nahm den Ring, den sein Großvater bereits von seinem Vater bekommen hatte und der nun, zwei Generationen später, ihm gehörte, vom Finger und legte ihn in die schwarze Plastikschachtel. Diese umwickelte er mit weißem Seidenpapier und band dies dann mit einem weißen Band zusammen. Danach steckte er die Schachtel in seine Hosentasche und stellte seine Reisetasche in den Flur, wo bereits das Gepäck seiner Eltern wartete. Er hatte noch etwas Zeit, bis sie gehen mussten. Also beschloss er, nach draußen zu seinem Lieblingsplatz zu gehen und dort auf Yuki zu warten. Als er dort ankam, saß seine Freundin bereits auf dem Ast des alten Baumes und wartete auf ihn. Er kletterte wortlos zu ihr hinauf. Heute war ihm nicht nach Sprechen zumute. Ein dicker Kloß hatte seinen Hals verschnürt. Auch Yuki sagte eine Weile nichts; sie ergriff nur wortlos seine Hand und starrte weiter hinaus auf das orangerote Meer. Danny war der erste, der nach langem Schweigen das Wort ergriff: "Ich habe noch etwas für dich." Mit diesen Worten zog er sein Geschenk aus der Hosentasche und reichte es seiner Freundin. Sie schaute ihn erst erstaunt an und nahm dann mit einem leisen ,danke' das winzige Päckchen entgegen. Vorsichtig wickelte sie es aus und öffnete die Schachtel. "Aber das ist doch...! Dieser Ring ist ein altes Erbstück deiner Familie. Du kannst ihn nicht einfach weggeben." "Ich gebe ihn auch nicht EINFACH weg. Ich möchte ihn niemandem außer dir schenken." Wieder trat eine kurze Pause ein. "Ich wollte dir auch etwas zum Abschied geben." Mit diesen Worten nahm Yuki ihre silberne Kette mit dem zierlichen Drachenanhänger vom Hals und hängte sie Danny um. Er wusste, wie viel sie Yuki bedeutete: Es war das Hochzeitsgeschenk eines lange verstorbenen Verwandten an dessen Frau. Die Kette war - wie Dannys Ring - bereits über 100 Jahre alt. Seither wurde sie immer als Hochzeitsgeschenk an den Geliebten oder die Geliebte verschenkt und dann dem erstgeborenen Kind vererbt. Danny war von dieser Geste so gerührt, dass er keine Worte finden konnte, um sich zu bedanken. Stattdessen umarmte er Yuki und versprach ihr: "Ich werde regelmäßig schreiben und irgendwann komme ich wieder und besuche dich." "Nein.... Als nächstes bin ich dran. ICH komme irgendwann nach London und besuche DICH. Und bis es so weit ist, werde ich dir immer schreiben." "Na gut. Aber ich komme trotzdem wieder. Ich möchte ja in Osaka studieren, schon vergessen?" "Ich freu mich schon drauf!" Sie saßen noch eine Weile schweigend da und genossen die letzten Minuten, die sie gemeinsam verbringen konnten. Es dauerte nicht mehr lange, da hörten sie von weitem Dannys Eltern rufen, die bereits ungeduldig auf ihren Sohn warteten. Als dieser gerade vom Baum klettern wollte, hielt Yuki ihn zurück und gab ihm einen sanften Kuss auf die Wange. "Wenn wir uns wieder sehen, bekommst du einen richtigen Kuss von mir." Er lächelte verlegen und erwiderte nach kurzem Zögern diese Geste. "Ich freu mich schon drauf." Sie gingen gemeinsam zu Dannys Eltern, die nun schon ungeduldig auf die Uhr sahen und am Auto auf und ab liefen. "Da bist du ja endlich! Wir müssen uns beeilen, sonst kommen wir zu spät zum Flughafen." Er warf Yuki noch einen letzten Blick zu und stieg dann widerwillig in den Wagen. Die Scheiben waren abgedunkelt, sodass man ihn nun nicht mehr sehen konnte. Während sich seine Eltern noch von Yuki verabschiedeten, umklammerte Danny die Kette, die sie ihm geschenkt hatte und richtete seinen Blick zu Boden. Stumme Tränen liefen ihm über die Wangen, als seine Eltern einstiegen und sich der Wagen in Bewegung setzte. Er wagte nicht, noch einmal aufzusehen, weil er befürchtete, seine Gefühle würden ihn überwältigen, wenn er noch einen weiteren Blick auf Yuki warf. Mit Mühe gelang es ihm während der Autofahrt, weitere Tränen zu unterdrücken und sein Gesicht zu trocknen, sodass man beim Aussteigen nicht mehr sehen konnte, dass er geweint hatte. Der Rückflug war nicht angenehmer für ihn. Hätte man ihm auf dem Hinflug gesagt, dass er nicht mehr weg wollen würde, Danny hätte ihn mit Sicherheit ausgelacht. Zu diesem Zeitpunkt konnte er sich nichts Schöneres vorstellen, als wieder nach Hause zu kommen und seine Freunde wieder zu sehen, doch nun... nun hatte sich seine Lage geändert. Er wäre gern für immer in Japan geblieben, wenn es möglich gewesen wäre, doch noch war das nicht möglich. Es würde noch sehr lange dauern, bis er für immer nach Japan zurückkehren konnte. Bis dahin blieb ihm nichts anderes übrig, als viel zu lernen, damit er den hohen Anforderungen in Japan gerecht werden konnte. Und er musste eine Kampfschule besuchen, denn wenn er keine Kampfkunst beherrschte, konnte er niemals auf die Budo-Uni gehen. Noch bevor Danny seine Sachen auspackte, nahm er sich Stift und Zettel und schrieb einen Brief an Yuki, den er sofort darauf abschickte. Eine Woche wartete er auf eine Antwort seiner Freundin, doch es kam keine aus Japan. Er dachte sich, dass der Brief vielleicht bei der Post weggekommen ist und Yuki ihm deshalb nicht antworten konnte und schrieb ihr erneut. Doch auch diesmal erhielt er keine Antwort. Langsam machte er sich ernsthafte Sorgen, was wohl in Japan los war, dass sie ihm nicht schrieb. Er wollte ihr nicht auf die Nerven gehen, also schrieb er Yuki einen dritten Brief, in dem er erklärte, dass er sie nicht belästigen wolle und daher nicht mehr schreiben würde, wenn er auch diesmal keine Antwort erhielt. Wieder keine Antwort.... to be continue... Verwechselt ----------- *Hikari-chan setzt sich vor ihren Rechner (obwohl sie eigentlich lernen sollte) und begrüßt die Leser* So. Das zweite Kapitel ist also fertig! Extra für dich, Aya-san *knuddldrück*! Ich freue mich, dass meine Langeweileausgeburten zumindest dir gefallen haben. Und ich hoffe, der erste Eindruck wird jetzt nicht wieder versaut... Noch was zum ersten Kapitel: Da ist deshalb kein Kommi von mir, weil ich super unkreativ bin und außerdem stinkendfaul. Ich werde da also auch keinen einfügen. Und die Schule macht mir im Moment auch echt zu schaffen. Als ich das erste Kapitel hochgeladen hab, war das erste schon fertig. Ich musste eigentlich nur noch mal nach der Rechtschreibung sehen (OK... das hat jemand anders für mich gemacht, sodass ich es bloß noch korrigieren musste). Jetzt hab ich aber genug gefaselt *sieht schon den letzten Leser einschlafen*. Viel Spaß beim Lesen! (*noch mal Aya-san knuddl*) ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* Kapitel 1: Verwechselt Eigentlich müsste er sauer sein. Sehr sauer sogar. Und trotzdem konnte er seine Ankunft kaum erwarten. Zehn Jahre hatte er darauf gewartet. Zehn nicht enden wollende, furchtbar anstrengende Jahre. Ein leises Lächeln huschte über Akis Lippen, doch gleich darauf wurde sein Blick wieder ernst. ,Ich muss mich ein bisschen zusammenreißen. Sie soll zumindest im ersten Moment das Gefühl haben, dass ich sauer bin.' Er hatte sich schon lange nicht mehr so entspannt gefühlt. Verträumt schaute er aus dem Fenster und beobachtete die feinen Wolken, die über dem Türkis des Meeres vorüberhasteten. Obwohl er bereits kurz nach Mitternacht aufgestanden war und nun schon über neunzehn Stunden in diesem Flugzeug saß, war er kein bisschen müde. Immerhin hatte er zehn Jahre auf diesen Tag gewartet... ganze zehn Jahre. Ohne es wirklich zu merken, griff er nach dem silbernen, mit Diamanten verzierten Anhänger an der Kette, die er seit zehn Jahren stets um seinen Hals trug. ,Was sie wohl sagen wird, wenn wir uns wieder sehen...? Hoffentlich mag sie mich noch. Ich will die letzten zehn Jahre meines Lebens nicht um sonst gelebt haben.' Es machte ihm Sorgen, dass sie die ganze Zeit über nie geschrieben hatte und es schmerzte ihn, wenn er daran dachte, dass sie ihn vielleicht vergessen hatte. Deshalb hatte er diesen Gedanken die ganze Zeit über verdrängt. Und außerdem... hätte sie ihm niemals ihre wertvolle Kette geschenkt, wenn er ihr egal gewesen wäre. Ja... das war die Hoffnung, an der er immer festgehalten hatte. Und nun würde er bald erfahren, was seine Jugendliebe all die Jahre gemacht hatte, dass sie nicht einmal Zeit gefunden hatte, um ihm zu schreiben. Die ersten Seevögel flogen bereits an den Fenstern des Flugzeuges vorbei. Bis zur Küste konnte es also nicht mehr weit sein. Da es gerade Sonntag war, konnte er erstmal in ein Hotel gehen und sich ein bisschen in Osaka umsehen und seine baldige Uni suchen. Die schriftliche Prüfung hatte per Post stattgefunden. Alle Bewerber hatten eine Kopie ihres Abschlusszeugnisses an die Universität schicken müssen und dann einen Brief mit Fragebögen, den sie innerhalb einer bestimmten Zeit ausgefüllt zurückschicken mussten, bekommen. Von den 500 ersten Einsendern wurden wiederum die 200 besten ausgewählt, die zur praktischen Prüfung an die Budo-Uni eingeladen wurden... und diese Prüfung fand kommenden Montag statt. Ein Lehrer der Universität nahm diese Prüfung ab. Wer dieser war, hing davon ab, welche Kampfsportart man beherrschte. Man musste den Lehrer nicht besiegen, hieß es in dem letzten Brief, den Aki erhalten hatte, aber sich eine bestimmte Zeit gegen ihn behaupten können. ,Dann gehe ich auch an diese Uni... Yuki wird Augen machen, wenn sie mich wieder sieht!' Nach einem fast fünfstündigen Flug kam Aki endlich auf dem Flughafen von Osaka an. Nachdem er sein Gepäck vom Fließband genommen hatte, machte er sich auf den Weg in die Innenstadt. Da er weder ein Auto hatte noch mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren wollte, machte er sich, sein Gepäck über der Schulter, auf die Suche nach einem Hotel. Der Fußmarsch störte ihn nicht weiter, immerhin hatte ihn sein Sensei, ein Japanischer Kampfmeister, die letzten zehn Jahre genug strapaziert. Die Anfangszeit hatte er sogar richtige Angst vor ihm und seinen fiesen Trainingsmethoden gehabt, doch irgendwann hatte er sich daran gewöhnt. Und wenn er so daran zurückdachte... wie er immer für seinen Sensei innerhalb einer halben Stunde ins Nachbardorf hatte laufen und für ihn einkaufen müssen, obwohl es in seinem Dorf ebenfalls eine Kaufhalle gab... und immer, wenn er es nicht geschafft hatte, durfte er noch eine Siedlung weiter rennen und einen Kasten Wasser holen.... Ja, Hikawa-Sensei hatte höchst ungewöhnliche Trainingsmethoden, doch sie zeigten bessere Wirkung als manch herkömmliche Trainingsart. Während er durch die Stadt schlenderte, holte er sich an einem kleinen Imbissstand etwas Nigiri, denn seit er von zu Hause aufgebrochen war, hatte er nichts Richtiges gegessen. Das Instant-Zeug im Flugzeug hätte man kaum als ,Essen' bezeichnen können und da er früh nie Hunger hatte, hatte er nur eine Schale Cornflakes gegessen, bevor er losgegangen war. Nachdem Aki fast zwei Stunden herumgelaufen und trotzdem kein einigermaßen preiswertes Hotel gefunden hatte, probierte er es näher am Stadtrand. Hier sah es schon wesentlich besser aus. Die Gegend, in der das ausgewählte Hotel stand, war zwar nicht die schönste, aber es war ja nur für einen Tag. Außerdem war das Zimmer billig. Aki warf sein Gepäck auf das Bett und machte sich auf die Suche nach der Uni. Laut Stadtplan musste sie irgendwo in der Nähe sein. Es dauerte auch nicht lange, bis er sie gefunden hatte. Die Universität bestand aus mehreren Gebäuden, die alle recht nah beieinander lagen und zum Teil durch Korridore in verschiedenen Etagen miteinander verbunden waren. Ein Stück hinter dem Hauptteil lag noch ein weiteres großes, flaches Gebäude, an das sich ein riesiger Sportplatz anschloss. Bis zum Abend sah sich Aki noch in der Umgebung um, unter anderem beim Studentenwohnheim. Es war nicht sehr weit von der Universität entfernt, man konnte in wenigen Minuten dorthin laufen. Als er so vor dem Haus stand, fragte er sich, ob Yuki wohl auch in einer der Wohnungen hier wohnte und schaute auf den Klingelschildern nach ihrem Namen. Er war etwas enttäuscht, als er ihren Namen nirgends finden konnte, doch wahrscheinlich hätte er eh nicht bei ihr geklingelt. Er wollte sie morgen auf der Uni überraschen. So ging Aki mit gemischten Gefühlen zurück zu seinem Hotel. ,Was soll ich überhaupt zu ihr sagen, wenn ich sie morgen wieder sehe? Was, wenn sie bereits einen Freund hat? Sie hat mir zwar bei unserem letzten Treffen zum Abschied ihre Kette geschenkt, aber das liegt nun schon zehn Jahre zurück. Da wäre es nur verständlich, wenn sie sich neu verliebt hat.... Außerdem bin ich ein Jahr jünger als sie.' Die Gedanken, die er so lange versucht hatte zu unterdrücken, drangen nun doch alle in sein Bewusstsein vor. Er hatte Angst vor ihnen.... Er hatte Angst vor dem morgigen Tag. Aber wenn er seine Freundin nicht wieder sah, würde er niemals Gewissheit haben, wie seine Chancen jetzt standen. Selbst wenn sie ihn nicht mehr liebte, diese Gewissheit war immer noch besser als die ganze Grübelei. Besonders jetzt, wo er wieder in Japan war, spürte er den Druck, den seine Sorgen auf ihn ausübten. Nun... morgen würde er ja erfahren, was Yuki von ihm hielt und warum sie sich nie gemeldet hatte. Langsam spürte Aki die Anstrengungen der Reise in seinen Gliedern. Er hatte nicht nur kaum geschlafen, er war auch seit gut 20 Stunden auf den Beinen. Daher war er heilfroh, dass es gerade Abendessen gab, als er in sein Hotel zurückkam. Er nahm sich einen Teller Chop Suey und genoss sein Abendbrot, bevor er in sein Zimmer zurückging und sich in sein Bett fallen ließ. Es war nicht sehr komfortabel, die Bettwäsche bestand aus schlichter, weißer Baumwolle und dem Holzrahmen nach zu urteilen, schien es hier Mode zu sein, seinen Namen und einen Gruß dort einzugravieren. Zum Schlafen reichte es jedoch alle Mal. Um acht war die Prüfung. Damit er keinen schlechten Eindruck hinterließ, wollte er bereits etwas eher an der Uni sein und stand daher schon halb sieben auf. Aki hatte also genug Zeit, um sich fertig zu machen, gemütlich zu essen und dann mit seinem Shinai [Bambusschwert für Kendo] zur Budo-Uni zu gehen. Es war erst kurz nach halb acht, als er ankam, aber er war wohl nicht der Einzige, der einen guten ersten Eindruck machen wollte. Die anderen Uni-Anwärter - alle Japaner - musterten den Jungen mit den grünen Augen und den braunen Haaren misstrauisch. Die Mädchen von der nahe gelegenen Mädchenschule hingegen schien er zu gefallen. Anscheinend hatten sie gerade Pause, denn sie beobachteten ihn aus einiger Entfernung und versuchten, einen seiner Blicke zu ergattern. Auch das schienen die anderen Jungen in seiner Nähe bemerkt zu haben; und es gefiel ihnen ganz und gar nicht. Bis dahin standen kaum Leute auf dem Gelände der Uni, doch nun ertönte das Klingelzeichen und die Studenten strömten aus den Gebäuden. Zu Akis Überraschung waren es nur Jungs, die er sehen konnte. Es mussten bereits über 500 Studenten über den Hof gelaufen sein, doch nicht ein einziges Mädchen war unter ihnen. ,Ist das etwa eine reine Jungen-Uni...? Das kann nicht sein! Yuki wollte doch hier studieren. Wusste sie das etwa nicht? Oder ist sie am Ende...' Nein! An sowas wollte er gar nicht erst denken und verwarf den Gedanken so schnell, wie er ihm gekommen war. ,Bestimmt hat sie sich damals geirrt. Aber wie soll ich sie dann wieder finden?' Aki hatte alle Mühe, einen aufkommenden Seufzer zu unterdrücken. Er war froh, als endlich ein Lehrer kam und sie zum Sportplatz, dem Austragungsort der Prüfung, brachte. Einige Studenten - oder besser gesagt ziemlich viele - hatten sich dort versammelt und warteten gespannt auf die kommenden Kämpfe. Zuerst wurde eine Gruppe von Jungen aufgerufen, die einen Wettkampf im Judo austrugen. Die acht besten hatten gewonnen. Genau so ging es weiter mit Ju-Jutsu, Karate, Aikido, Sumoringen, Fechten und schließlich auch Kendo. Dies war die erste Möglichkeit für Aki, sich mit anderen Kendo-Schülern seines Alters zu messen. Akis Sensei hatte - warum, dass wurde ihm bis heute verschwiegen - ihn niemals gegen andere Leute kämpfen lassen. Daher war er ganz schön aufgeregt, als sein erster Kampf bevorstand. Allerdings stellte Aki bald fest, dass er um einiges besser war als sein Gegner. Auch die nächsten Kämpfe gewann er, ohne sein gesamtes Können einsetzen zu müssen. Gegen den Lehrer hatte er nicht mehr so leichtes Spiel, doch es dauerte nicht lange, bis dieser den Kampf abbrach und Aki somit bestanden hatte. Insgesamt wurden 51 neue Studenten an die Uni aufgenommen. Den Rest des Tages hatte Aki Zeit, sich die Universität anzusehen. Am Dienstag würde für ihn bereits das erste Semester beginnen. Den Sportplatz kannte Aki ja nun schon, also nahm er sich Zeit, die Gebäude von innen zu besichtigen. Als er so durch die Gänge ging, kam ihm die Uni noch größer und verwirrender vor als von außen. Die Mensa hatte er bereits gefunden; irgendwann zu Beginn seines Rundganges, doch nun konnte er sich nicht mehr daran erinnern, in welchem Teil des Kellergeschosses sie lag. Auch wo der Weg lag, den er gekommen war, hatte er vergessen. Und überhaupt hatte er keine Ahnung, wo er sich gerade befand. Es war zum Heulen! Letztendlich kam er an eine offene Tür, die Einblick in einen kleinen Aufenthaltsraum gewährte. Von der Tür aus konnte Aki nur leere Stühle sehen und schloss daraus, dass gerade niemand da war, was ihm sehr zusagte. Er wollte nicht, dass irgendwer mitbekam, dass er sich in der Universität verlaufen hatte. So etwas Peinliches noch bevor er überhaupt angefangen hatte zu studieren - nein, das wollte er sich ersparen. Als er allerdings den Raum betrat, stellte er fest, dass sich doch jemand dort befand. Leise ging er in eine entfernte Ecke, um sich dort auszuruhen, doch auf halbem Wege sprach ihn der Student an. "Das ist der Pausenraum für die Clubleiter. Hier hast du nichts verloren. Bist wohl einer der Neuen, was?" "Tut mir Leid.... Ich geh gleich wieder." Er war schon fast an der Tür, da schaute der andere Student doch auf und klappte sein Buch, in dem er gerade noch gelesen hatte, zu. Seine Augen weiteten sich ungläubig beim Anblick des gerade gehenden jungen Mannes. Mit einem leisen knarren erhob er sich von seinem Stuhl und starrte den Halbjapaner weiter ungläubig an. Erst, als dieser die Tür erreicht hatte, fand der Student seine Stimme wieder. "Aki...?" Eigentlich hatte er ihn laut ansprechen wollen, doch es war eher ein gehauchtes Flüstern aus seinem Mund gekommen. Der Angesprochene bemerkte es trotzdem und drehte sich verwundert um. Bis jetzt hatte er von dem anderen Studenten kaum Notiz genommen, doch nun, als er ihm direkt ins Gesicht sah, durchfuhr ihn ein leichter Schauer gemischt mit einem seltsamen Gefühl, dass er nicht zu deuten vermochte. Vor ihm stand ein junger Mann mit langen Haaren, die wie schwarze Seide als geflochtener Zopf über seine Schulter fielen. Sein Gesicht hatte feine, weiche Züge, was ihm einen sehr erotischen, sogar leicht weiblichen Touch verlieh. Er starrte ihn noch immer aus ungläubig geweiteten Augen an; wunderschönen grauen Augen, wie er sie erst einmal im Leben gesehen hatte. Das war vor zehn Jahren, als er das letzte Mal in Japan gewesen war.... Wie von selbst löste sich sein Blick von den Augen des Anderen und wanderten herab zu dessen linker, dann rechter Hand. Und da war er tatsächlich... der silberne Ring, den er einst seiner Liebe aus dem Land der aufgehenden Sonne geschenkt hatte. Eigentlich hätte er gar nicht nach dem Ring sehen brauchen, schon vom ersten Moment an, als sein Blick den des Anderen begegnet war, hatte er gewusst, wem er gegenüber stand. Aki war wie paralysiert. So hatte er sich das nicht vorgestellt. Alles war plötzlich durcheinander. Die Gedanken überschlugen sich in seinem Kopf. Es kam ihm vor wie eine Ewigkeit, bis er seine Stimme wieder fand und endlich einen Ton herausbrachte. "...Yuki...?" Nun zeichnete sich ein Lächeln auf den Lippen des Anderen ab. "Es ist lange her, was? Ehrlich gesagt, hätte ich nicht gedacht, dass du doch kommst." Noch immer hatte Aki alle Mühe, seine Gedanken einigermaßen beisammen zu halten. Er war hier hergekommen... auf diese Uni, fernab von zu Hause, gegangen, um seine erste und einzige Liebe wieder zu sehen, und nun stand er vor ihr... und musste feststellen, dass er sich all die Jahre nur eingebildet hatte, verliebt zu sein. Oder nein, er hatte sich eingebildet, dass seine große Liebe ein Mädchen war.... Ohne darüber nachzudenken, was sein Mund tat, antwortete er auf Yukis Bemerkung. "Ich hatte es dir doch versprochen, dass wir zusammen studieren würden." ,Was mache ich überhaupt!? Das klingt ja wie ein Liebesgeständnis! Was ist los mit dir, Aki? Yuki ist ein Kerl, verdammt! Reiß dich zusammen, sonst hält er dich am Ende noch für einen Homo!' "Ich kann es immer noch nicht glauben... du bist wirklich hier. Wann bist du angekommen?" Das war einfach zu fiel für den Halbjapaner. Er spürte, wie ihm die Situation immer weiter entglitt. Ein unangenehmes Stechen breitete sich in seinem Kopf aus. "G...gestern." Die Freude verschwand aus Yukis Gesicht und er schaute Aki besorgt an, während er zu ihm hinüber lief. "Was hast du? Ist dir nicht gut?" Nun schien sich aus dem Gewirr von Akis Gefühlen langsam etwas Eindeutigeres herauszubilden: Das schmerzliche Gefühl eines großen Verlusts. "Geht schon." Eigentlich wollte er Yuki beruhigen, doch er konnte die Worte nur flüsternd herauspressen, was sie nicht sehr überzeugend wirken ließ. "Du siehst geschockt aus. Was ist los?" Doch Aki brauchte ihm gar nicht zu antworten; selbst wenn er es gewollt hätte. Es schien, als hatte Yuki bereits die Antwort gewusst, als er seine Frage kaum zu Ende gesprochen hatte. "Du... hast mich für ein Mädchen gehalten, stimmt's?" Er wollte es eigentlich nicht so direkt aussprechen, doch nachdem ihm nach zehn endlos erscheinenden Sekunden immer noch nichts Sanfteres eingefallen war, riskierte er eine so direkte Frage einfach. Aki war das überaus peinlich, sodass er nicht verhindern konnte, dass ihm die Röte ins Gesicht stieg. Yuki kicherte leise. Als Aki ihn so betrachtete, dachte er unbewusst, dass Yuki dabei noch genauso aussah wie früher. Genau so niedlich.... Jetzt hatte er schon wieder solche Gedanken! Wieso konnte er sich nicht einfach damit abfinden, dass Yuki ein Mann war? Wieso tat dieser Gedanke nur so weh...? "Mach dir nichts draus. Du bist nicht der Erste, der mich für ein Mädchen gehalten hat. Die meisten Menschen, die mich nicht kannten, dachten ich sei eins." "Warum hast du mich dann nicht aufgeklärt?" "Dachte, du wusstest es", sagte er mit einem Schulterzucken. Plötzlich näherte sich seine Hand ganz langsam Akis Körper. Als dieser das bemerkte, bekam er einen leichten Schrecken, den er allerdings mit Mühe verbergen konnte. Er beobachtete, wie sich die Hand des Japaners langsam seiner Brust näherte und hielt dabei vor Anspannung unmerklich den Atem an. Aki war irritiert; er wollte nicht glauben, was Yuki gerade im Begriff war zu tun... bis dieser den Drachenanhänger ergriff und ihn sich ansah. "Hast du ihn die ganze Zeit getragen?" Er musterte das Schmuckstück verwundert. Es kam Aki vor, als wäre gerade ein tonnenschweres Gewicht von seinen Schultern gefallen. Jetzt kam er sich richtig lächerlich vor, als er sich durch den Kopf gehen ließ, was er gerade noch von Yuki gedacht hatte. Die Röte, die gerade erst zu verschwinden begonnen hatte, schoss nun schlagartig in seinen Kopf zurück. "Ja." Nun nahm Aki Yukis rechte Hand und sah sich sein Abschiedsgeschenk an. "Und du?" Ein Grinsen machte sich auf dem Gesicht seines Gegenübers breit. "Natürlich! Der Ring ist immerhin ein Geschenk meines besten Freundes." Aki sah ihn ungläubig an. ,Sein bester Freund?' "Aber wir haben uns doch erst vier Wochen gekannt." "Ja, aber in diesen vier Wochen habe ich mit dir mehr unternommen als mit meinem gesamten Freundeskreis in einem Jahr." Nach einer kleinen Pause sprach er weiter. "Ich stamme von einer sehr angesehenen Samurai-Familie ab. Die meisten Menschen, denen ich bis jetzt begegnet bin, sahen in mir nur meine ruhmreichen Vorfahren, nicht ,Yuki Kohaku'. Du warst der erste, der mich richtig als eigenen Menschen gesehen hatte. Ich hatte immer viele Freunde, das will ich nicht bestreiten, aber sie bewunderten mich mehr, als dass sie mich mochten. Und daran hat sich bis heute nicht viel geändert." "So ein Blödsinn! Für mich bist du Yuki und niemand anders! Mich interessieren deine Ahnen nicht, die habe ich nie kennen gelernt. Als ob die Herkunft einen Menschen ausmacht!" Aki wusste selbst nicht, warum er deshalb so bestürzt war; auf jeden Fall gefiel ihm diese Einstellung ganz und gar nicht. Niemals wirkliche Freunde zu haben... das kann er sich gar nicht vorstellen. "Das mag ich so an dir. Du beurteilst die Leute nach ihrem Charakter. Das ist mir schon vor zehn Jahren aufgefallen. In deiner Gegenwart konnte ich stets so sein, wie ich wirklich war. Wenn ich mich woanders so verhalten hätte, hätte ich mir wieder Bemerkungen wie ,Sei vernünftig! Du stammst von großartigen Samurai ab, also bring ihnen keine Schande' oder so anhören dürfen. Ich kann dir sagen... das hat so genervt! Besonders die Lobe von meinem Großvater: ,In dir fließt wahrhaftig das Blut deiner Vorfahren, bla bla', habe ich gehasst." "Das kann ich mir vorstellen. Zu mir sagte man auch dauernd: ,Sei doch einmal so lieb, fleißig oder sonst was wie deine Schwester!' Ich hab es auch total gehasst, dass man mich dauernd mit ihr verglichen hat." Das seltsame Gefühl, welches Aki bis vor ein paar Minuten noch hatte, war Gott sei dank verschwunden. Endlich konnte er wieder klar denken und wusste, wie die Dinge standen. ,Es war wohl nur die allgemeine Verwirrung, die Yuki in mir ausgelöst hatte, als ich so plötzlich erfahren habe, dass er ein Mann ist. Ich traure nicht dem ,Mädchen' Yuki nach, nein, ich habe viel mehr einen guten Freund wieder gefunden.' Diese Gedanken beruhigten Aki ungemein. Endlich war wieder alles in Ordnung. Er freute sich bereits auf die gemeinsame Studienzeit mit seinem Freund. Zwischen ihnen hatte sich nichts verändert. Sie verstanden sich nach wie vor sehr gut. "Wo wohnst du eigentlich?" "Im Moment noch in einem Hotel ganz in der Nähe, aber ich wollte so schnell es geht ins Studentenwohnheim umziehen. Ist billiger." "Wenn du willst, kannst du zu mir ziehen. Ich hab zwar keine große Wohnung, bin dort allerdings alleine. Ist stinklangweilig. Wenn du also Lust hast, ich würde mich freuen. Dann kommt da mal etwas Leben rein." Als der Halbjapaner das hörte, konnte er sich ein Grinsen nicht verkneifen. In einer Wohnung zusammen mit seinem besten Freund.... Die Studienzeit versprach lustig zu werden. "Das wäre toll! Dann können wir nachholen, was wir in den letzten zehn Jahren verpasst haben." Nachdem er das ausgesprochen hatte, verdüsterte sich Akis Gesicht. "Was ist denn?" "Warum hast du dich eigentlich nie gemeldet?" "Es tut mir Leid. Ich wollte dir schreiben, aber meine Eltern haben es nicht erlaubt. Ich habe es auch heimlich versucht, aber sie haben mich erwischt und mir deine Adresse und den Brief, an dem ich grad gesessen hatte, weggenommen. Ich weiß nicht, warum, aber sie wollten unter allen Umständen verhindern, dass ich mit dir in Kontakt bleibe. Hast du mir eigentlich geschrieben?" "Na klar!" Aki war etwas irritiert von dem, was Yuki ihm gerade gesagt hatte. "Das dachte ich mir.... Ich habe nie einen deiner Briefe zu Gesicht bekommen. Ich vermute, meine Eltern haben sie verschwinden lassen, damit ich sie nicht bekam. Außerdem sind wir wenige Wochen nach deiner Abreise nach Tokio, in die Nähe meines Großvaters, gezogen. Ich versteh nicht, was meine Eltern gegen dich hatten. Sie sind zwar streng, aber in meinen Freundeskreis haben sie sich sonst nie eingemischt." Er schüttelte deprimiert den Kopf. Aki schwieg; er wusste, dass er den Grund für das Verhalten von Yukis Eltern wohl nie erfahren würde und außerdem wollte er seinen Freund nicht weiter damit belästigen. Man sah ihm an, dass er Schuldgefühle hatte, obwohl er nichts dafür konnte. Um die bedrückende Spannung zu lösen, schnitt Aki ein anderes Thema an. "Kennst du jemanden, der noch einen Job zu vergeben hat? Ich brauche Geld, deshalb sollte ich mir so schnell wie möglich Arbeit suchen." "Ja, ich glaube, da kann ich dir helfen. Ich kenne einen Konditor, der noch eine Aushilfskraft braucht. Er beschwert sich zumindest dauernd, dass er alles allein machen muss und manchmal gar nicht weiß, wie er alles schaffen soll. Vielleicht hast du Glück und er stellt dich ein." "Ja, das wäre prima! Wo ist dieser Konditor?" "Es ist ein kleiner Laden drüben im Shoppingcenter. Also nicht sehr weit von hier entfernt. Er meint, der Umsatz ist gut, weil dort so viele Leute vorbei kommen, aber allein schafft er es kaum. Wenn du zu ihm gehst, bestell ihm am Besten schöne Grüße von mir. Dann wird er schon wissen." "Danke. Ich schau gleich mal vorbei. Wann hast du Schluss?" "Um vier. heute hab ich meinen langen Tag." "Gut, dann hol ich dich um vier ab." "Hast du so viel Zeit?" "Ja, heute schon. Ich will mich noch ein bisschen umsehen. Mein Studium fängt ja morgen erst an." Damit verabschiedeten sich die Beiden und Aki verließ den Raum. Als er wieder auf dem Gang stand, fiel ihm ein, dass sich ja verlaufen hatte und nur zufällig bei Yuki gelandet war.... Es blieb ihm wohl nichts anderes übrig, als die Zähne zusammenzubeißen und irgendwie einen Weg nach draußen zu finden. Schließlich gelang es ihm doch, dem Gebäude zu entkommen, woraufhin sich Aki sofort auf den Weg zum Shoppingcenter machte. Die Konditorei war größer, als Aki sie sich vorgestellt hatte: Allein hinter der Theke war eine menge Platz und eine Tür führte in einen weiteren Raum, wo anscheinend gebacken wurde, denn einen Ofen und Backzutaten konnte der Halbjapaner nirgends entdecken. Wie Yuki bereits gesagt hatte: der Konditor war sehr im Stress und wusste gar nicht so recht, was er zuerst machen sollte: Nach dem frischen Kuchen im Ofen sehen oder die Leute bedienen? So kam es, das er dauernd hin und her rannte; von einer Ecke in die nächste und hin und wieder hinüber in den anderen Raum, aus dem er jedes Mal mit einem Blech warmer, duftender Kuchen oder Plätzchen herauskam. Aki stellte sich geduldig am Ende der langen Schlange an und wartete, bis er an der Reihe war. Wie bereits die Leute vor ihm begrüßte der Konditor auch Aki mit einem freundlichen "Hallo! Was würden sie gern haben?" Dabei lächelte es so, als ob er den ersten Tag in diesem Laden arbeitete und sich über die zahlreiche Kundschaft gar nicht genug freuen konnte. "Guten Tag! Mein Name ist Willis Aki und ich wollte fragen, ob sie vielleicht eine helfende Hand gebrauchen könnten. Außerdem soll ich ihnen einen schönen Gruß von Yuki Kohaku ausrichten." Aki hatte inzwischen mitbekommen, dass ,Yuki' sein Nachname war... Der beschäftigte Mann Mitte 30 sah ihn einen Moment lang fragend an. Dann fiel sein Blick auf die Schlange hinter ihm und er nickte leicht. "Haben Sie schon mal etwas Ähnliches gemacht?" "Ja, ich habe über ein Jahr in einem kleinen Imbiss gearbeitet." "Na gut. Kommen Sie erstmal rein. Mal sehen, wie Sie sich anstellen. Vielleicht überleg ich es mir." Dabei machte er eine Kopfbewegung zu seiner Rechten und kramte gleichzeitig ein Schlüsselbund aus seiner Tasche. Als er Aki hereinließ, sagte er noch leise zu ihm: "Sie sind also ein Freund von Haku.... Dann werden Sie wohl in Ordnung sein. Kümmern Sie sich bitte kurz um die Kundschaft, damit ich nach den Kuchen sehen kann." Gesagt, getan. Der Konditor verschwand wieder hinter der anderen Tür, während Aki hinüber zur Theke ging und die Kunden genau so freundlich begrüßte wie der Konditor. Er hatte, während er in der Schlange gestanden hatte, genau beobachtet, was getan werden musste, wo welches Gebäck stand und wie man es verpacken musste. Zwei Stück Kuchen zu verkaufen würde er ja wohl schaffen, solange er allein war. Außerdem war es nicht das erste Mal, dass er einen Nebenjob im Gastronomiebereich angenommen hatte. Es dauerte auch nicht lange, bis Mizuta-san mit einem Blech warmer duftender Kuchenstücke in den Händen wieder nach vorn kam und Aki einen Großteil seiner Arbeit wieder abnahm, ihm Anweisungen und Ratschläge gab und sie sich schließlich langsam aufeinander abstimmten. Der Halbjapaner packte, nachdem er die Namen all der Gebäcke soweit zugeordnet hatte, die bestellten Waren ein und überreichte sie den Kunden. Wenn Servietten, Tüten oder anderes zur Neige ging, sorgte er auch dafür, dass gleich wieder Nachschub vorhanden war. Der Chef des Ladens übernahm die Bezahlung und das Backen, half aber auch, wann immer es die Zeit zuließ, bei Akis Aufgaben mit. Wie bereits vor der Uni bekam er auch hier freundliche Blicke von den Frauen (besonders den jüngeren) und es kam ihm so vor, als kämen einige von ihnen nach einer Weile wieder, manchmal in Begleitung einer Freundin. Der Konditor, er stellte sich zwischendurch als Mizuta-san vor, kam gelegentlich herüber und brachte neue Ware. Er schien zufrieden mit Akis Arbeit zu sein; jedenfalls beschwerte er sich nicht. Aki hatte ihn bei Gelegenheit auch gebeten, ihn zu duzen. Dieses "Sie" klang in seinen Ohren einfach grausam. Als es auf halb vier zuging, wurde der junge Halbjapaner langsam unruhig. Er hatte Yuki versprochen, ihn abzuholen, wenn dieser Schluss hatte, doch so wie es aussah, kam er vor Ladenschluss nicht mehr hier weg. Die Arbeit machte ihm Spaß und selbst wenn sie ihn nicht reich werden ließ, würde er sie gern behalten. Mizuta-san schien sich jedoch gut mit Menschen auszukennen, er hatte den besorgten Ausdruck auf Akis Gesicht bemerkt und fragte ihn, was los sei. Obwohl der junge Mann ihm mehrmals bestätigte, dass alles in Ordnung sei, ließ dieser nicht locker, bis Aki letztendlich erzählte, was er Yuki versprochen hatte. "Na dann beeil dich! Du hast es ihm versprochen, also musst du es auch halten. Wenn ihr wollt, könnt ihr gemeinsam wiederkommen." Aki war etwas überrascht, dass der Konditor so freundlich war, bedankte sich aber höflich und machte sich auf den Weg. Er hatte noch 25 Minuten, was bedeutete, dass er sich nun ziemlich beeilen musste, wenn er Yuki nicht warten lassen wollte. Er kam gerade rechtzeitig an der Uni an. Yuki verließ das Gebäude in dem Moment, als Aki es erreichte. "Hi! Hast du mit dem Konditor gesprochen?" "Ja. Er ist echt nett. Hat mich gleich helfen lassen, als ich ihn fragte. Ich gehe auch gleich wieder hin. Da ist echt viel los. Mizuta-san hat auch gefragt, ob du mitkommen möchtest." "Warum nicht? Ich war schon lange nicht mehr bei ihm." So gingen sie gemeinsam zurück zur Konditorei. Mizuta-san war sehr erfreut, als er Aki und Yuki erblickte. Er begrüßte beide freundlich, Aki machte sich sofort wieder an die Arbeit. Yuki blieb vor der Theke stehen und unterhielt sich bei Gelegenheit mit Akis Chef. Es stellte sich heraus, dass er früher auch hier gearbeitet hatte und hin und wieder noch vorbeikam, um sich mit ihm zu unterhalten und zu helfen. Kurz nach halb sieben war Ladenschluss und sie brachten zu dritt das Geschäft in Ordnung. Irgendwann sprach Mizuta-san Aki auf die Arbeit in der Konditorei an. "Wenn du möchtest, kannst du mir eine Weile zur Hand gehen. Du wärst mir eine große Hilfe." "Ja, das wäre schön. Es macht mir richtigen Spaß hier." Aki wurde mit einem leichten Lächeln belohnt. "Dann schlage ich vor, wir einigen uns nachher auf deine Arbeitszeiten und dein Gehalt." Da Aki seinen Studienplan bereits im Kopf hatte, konnte er seine Arbeitszeiten genau darauf abstimmen. Er würde Montag bis Freitag direkt nach dem Studium herkommen und bis halb sieben arbeiten. Auch die Bezahlung war recht gut für die ,einfache' Arbeit eines Konditors, wobei er ja nur die Aushilfskraft war. "Du bist sehr beliebt bei den jungen Damen", bemerkte Mizuta-san kurz bevor Aki und Yuki wieder gehen wollten. "So?" Er hatte das natürlich längst mitbekommen, wollte aber nicht so besserwisserisch wirken. "Als du nicht da warst, haben einige Frauen nach dir gefragt. Ich glaube, in den nächsten Tagen werden wir noch viel mehr zu tun haben." Niemand bemerkte es, doch als Yuki diese Worte hörte, verzog er kaum merklich das Gesicht. Aki schien die Nachricht seines Chefs ziemlich lustig zu finden. Yuki klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter und erinnerte ihn daran, dass sie noch etwas zu erledigen hatten. Daraufhin verabschiedeten sich die beiden von Mizuta-san und gingen zu Akis Hotel, um seine Sachen zu holen und in Yukis Wohnung zu bringen. Danach liefen sie hinüber zur Verwaltung und ließen Aki als Mitbewohner des Japaners registrieren. Was für ein Tag! Und Aki hatte gedacht, der Sonntag wäre stressig gewesen! Während der Halbjapaner seine Sachen in der Wohnung seines Freundes verstaute, machte dieser ihnen ein warmes Abendessen. Danach begann die große Debatte darüber, wer im Bett und wer auf der Couch schlafen sollte. Yuki bestand darauf, dass sein Freund das Bett bekam, Aki blieb jedoch beharrlich dabei, dass der Japaner dort schlief. Er nutzte seine Gastfreundschaft schon genug aus und wollte nicht, dass Yuki auch noch seinen Schlafplatz an ihn abtrat. Am Ende der Diskussion siegte Akis Starrsinn und der Japaner gab mit einem resignierten Kopfschütteln auf. Als sie gegen Mitternacht schlafen gingen, durchlebte Aki den ganzen Tag noch einmal. Es war schon ein komisches Gefühl, wenn man 10 Jahre von seiner großen Liebe träumte und stattdessen seinen besten Freund fand. Aki spürte nach wie vor ein leichtes Verlustgefühl in sich, doch es wurde von der Freude, seinen besten Freund gefunden zu haben, überlagert. ,Bin mal gespannt, was noch so alles kommt....' Willst du... mit mir gehn? -------------------------- Hallöchen! *puh* Das war vielleicht ein Marathon! Sechs Seiten am Stück! Ich kann nicht mehr... Aber erstmal ein großes DANKESCHÖÖÖÖÖN!!! und *knuddl* an meine Kommischreiber! Nachdem ich das letzte Mal nachgeschaut hatte, war ich so happy, dass ich das Geschichte-Lernen spontan ausfallen ließ. Mal sehen, wie die Arbeit geworden ist (war hauptsächlich Quellenarbeit *^-^* ). Es hat insgesamt ganz schön lange gedauert, dieses Kapitel zu schreiben. Das lag daran, dass ich einfach nicht wusste, wie ich das ganze richtig rüber bringe. Na ja... so wirklich hat's wohl nicht geklappt. Bitte nicht hauen! Ich verspreche, dass ich mich beim nächsten Kapitel mehr anstrenge! Ich will euch aber noch ein bisschen hinhalten *fg*.... Ach, genug gelabert! Mir fällt nichts mehr ein. Also wer noch nicht weggerannt ist, kann jetzt das dritte Kapitel lesen. Viel Spaß! ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* Kapitel 2: Willst du... mein Freund werden? ... "...ki!" Er blinzelte leicht. "Aki! Wach endlich auf, du Penner! Oder willst du schon an deinem ersten Tag zu spät zur Uni kommen?" Obwohl es erst gegen halb sieben sein konnte, war es bereits taghell und das weiße Sonnenlicht durchflutete den Raum. Aki öffnete seine Augen ein Stück, doch das dadurch entstandene ekelhafte Brennen zwang ihn, sie gleich wieder zu schließen und sich weiter in die Couch hineinzukuscheln. Yuki, der bereits seit über fünf Minuten vergeblich versucht hatte, seinen Freund wach zu bekommen, riss jetzt endgültig der Geduldsfaden; er zog dem Halbjapaner die Decke vom Leib und nahm ihn hoch. Aki, von dieser plötzlichen Handlung und der Leichtfertigkeit, mit der der Japaner diese ausgeführt hatte, überrascht, war nun mit einem Mal wach und wehrte sich zeternd gegen diese unangenehme Haltung. Yuki schien das Gezappel nicht im Geringsten zu stören. Das grelle Sonnenlicht konnte er jetzt auch als Zimmerlampe identifizieren. "W... Was soll, das, Yuki!? Lass... mich gefälligst runter! Ich... Ich bin doch nicht deine Freundin!!" Dabei wurde er rot wie eine Tomate, was seinen ohnehin schon sehr zaghaften Worten den Rest ihrer Ernsthaftigkeit nahm. Yuki amüsierte sich köstlich, als er Aki so durch die Wohnung trug. Er versuchte, es ein wenig zu verbergen, damit sich sein Freund nicht noch weiter aufregte, doch es misslang ihm kläglich. Schließlich kamen sie in dem kleinen Bad der Zweiraumwohnung an, wo Yuki seinen sich heftig wehrenden Freund runter ließ. "Du solltest dich jetzt endlich waschen. Wir haben nur noch eine halbe Stunde, bis die erste Vorlesung beginnt. Ich mach dir in der Zwischenzeit etwas zu essen. Um richtig zu frühstücken haben wir keine Zeit mehr. Wenn du Hunger hast, musst du es mit auf den Weg zur Uni nehmen." Langsam beruhigte sich Aki wieder. "Schon gut. Morgens bin ich nie hungrig." "Beeil dich ein bisschen, ja? Sonst kommen wir zu spät." Mit diesen Worten verließ Yuki das Bad und schloss die Tür hinter sich. Während Aki gemütlich in die Dusche stieg, dachte er über das gerade Geschehene nach. ,Warum rege ich mich eigentlich so auf, wenn er in meiner Nähe ist...? Ich habe wohl eine zu lebhafte Fantasie. Ich muss ein bisschen ruhiger werden, sonst denkt er am Ende noch, meine Gesellschaft wäre ihm unangenehm. Und das ist das Letzte, was ich will. Wieso spielen meine Gefühle bloß so verrückt, wenn er mir nah kommt? Ich kann dann gar keinen klaren Gedanken mehr fassen... Argh! Was mache ich hier überhaupt!? Ich denke schon wie ein Mädchen! Die machen auch immer gleich aus einer Mücke einen Elefanten. Genug gegrübelt. Ich sollte mich lieber beeilen, damit ich nicht zu spät komme.' Dabei beließ er es auch und konzentrierte sich auf den vor ihm liegenden Tag. "Sag mal, Aki..." "Hm?" Mittlerweile waren die beiden auf dem Weg zur Uni. Aki hatte sich das mit dem Frühstück doch noch anders überlegt, als er Yukis leckere Reisbällchen gesehen hatte, und war nun fleißig dabei, die Leckereien vor dem Schlechtwerden zu bewahren. "Hast du dir schon mal überlegt, ob du nicht in den Kendo-Club eintrittst?" "Phö...." Er beeilte sich, um den Reis, den er gerade im Mund hatte, hinunterzuschlucken und begann dann noch mal von vorn. "Nö. Wozu auch? Ich mach immerhin täglich meine Übungen und außerdem gehe ich doch jetzt arbeiten." "Es wäre besser, wenn du einem Club beitreten würdest. Das Niveau der Studenten steigt sehr schnell; fast alle sind mindestens einem Club beigetreten. Es würde nicht sehr lange dauern, bis die ersten Neulinge dich eingeholt haben. Und so oft ist das Training ja nun auch wieder nicht. So zwei, drei Mal die Woche. Je nachdem, wie viel Zeit die Studenten haben. Weil alle einen unterschiedlichen Zeitplan haben, trainieren auch immer nur ein paar Leute zusammen. Du hättest so die Möglichkeit, mit den älteren Studenten zu trainieren und damit bessere Chancen, Fortschritte zu erzielen. Außerdem würde man schlecht von dir denken, wenn du in keinem Club bist. Es gibt nur sehr wenige, die keinem Club beigetreten oder wieder ausgestiegen sind. Aber das sind alles Asse, die bereits sehr gute Platzierungen in den Landesmeisterschaften erreicht haben. Einige von ihnen haben es sogar schon auf Platz eins geschafft! Das war allerdings vor meiner Studienzeit..." Aki konnte sich das Lachen kaum verkneifen, als Yuki diesen letzten Satz noch angefügt hatte. Sein Freund überhörte die Reaktion des Halbjapaners und beendete seinen Gedanken. "Jedenfalls wollte ich noch sagen, dass unsere besten Studenten meistens Leiter eines Clubs sind. Und die haben auch nicht viel mehr zu tun als die restlichen Mitglieder. Sie passen bloß ein bisschen auf, dass jedes Mitglied hin und wieder vorbeischaut und wenn jemand große Schwierigkeiten hat, hilft er ihm gelegentlich beim Training. Das kommt allerdings sehr selten vor." Nachdem er seine Rede beendet hatte, sah Yuki seinen Freund erwartungsvoll an. Dieser hatte bei seinem Frühstück inne gehalten und starrte eine Weile ins Leere. "Es kann ja nicht schaden, wenn ich mich mal erkundige. Wird schon irgendwie gehen, das neben dem Job noch laufen zu lassen. Ich meine, wenn alle anderen das hinkriegen, wieso sollte ich es dann nicht schaffen?" Zufrieden mit dieser Antwort lächelte der Japaner und klopfte Aki freundschaftlich auf den Rücken. "Na also! Geht doch!" Zwischen den Häusern und Bäumen konnte man nun schon das Gelände der Uni sehen. Aki hatte beim letzten Mal gar nicht bemerkt, wie kurz der Weg von Yukis Wohnung bis zur Uni eigentlich war. Er hatte sich viel zu viel Zeit gelassen mit seinem Frühstück und schlang nun so schnell es ging den Rest hinunter. "So schnelles Essen ist nicht gesund." Yuki warf dem anderen Jungen einen mahnenden Blick zu, doch dieser ignorierte ihn. Er hatte nicht mehr viel Zeit, wenn er die Reisbällchen noch vor Beginn der Lesung essen wollte und das schaffte er tatsächlich noch vor Erreichen der Uni. Wie er das gemacht hatte, wusste er selbst nicht genau, aber das war ja auch unwichtig. "Siehst du, das hast du nun von deinem Geschlinge!" Verwundert sah Aki seinen Freund an, er verstand nicht, was dieser meinte. Der Schwarzhaarige schüttelte nur leicht den Kopf und nahm vorsichtig das Reiskorn, welches Aki an der Wange klebte. Er zeigte es kurz seinem Freund, bevor er es mit einem überflüssigen "Du hattest noch Reis an der Wange" in seinem Mund verschwinden ließ. Der Halbjapaner schaute beschämt zur Seite. Obwohl es sein Freund und nicht irgendein Fremder bemerkt hatte, war ihm die Sache ziemlich peinlich. Nur mit Mühe konnte er die langsam aufsteigende Röte verbergen. "Ich... muss jetzt los. Die Vorlesung fängt gleich an." "Okay. Dann bis später." Aki war ziemlich erleichtert, als er im Gebäude verschwinden konnte. Was allerdings gleich das nächste Problem mit sich brachte: Wo war der dämliche Hörsaal, in den er jetzt gehen musste? Wahrscheinlich hätte er die Suche aufgegeben, bevor er überhaupt damit angefangen hatte, wären nicht zufällig zwei Studenten vorbei gekommen, die anscheinend dasselbe Ziel hatten wie er. Also folgte er ihnen unauffällig und kam tatsächlich am richtigen Hörsaal an. Um sich nicht wieder zu verlaufen, hatte er den Weg dahin ausgiebig beobachtet. So kam er wenigstens allein wieder zurück. Nach der Vorlesung - irgendeiner Abhandlung über die Anfänge Japans - die der Professor mit einem Enthusiasmus rüberbrachte, als würde er jeden Moment selbst einschlafen - suchte Aki nach dem Kendo-Club. Er befand sich in einem der Nebengebäude. Wie der Halbjapaner schnell feststellte, bestand der Club aus mehreren Räumen: Einem kleinen Aufenthaltsraum mit Kühlschrank (der aber dem Leiter des Clubs vorbehalten war) und Teeautomaten, dem Umkleideraum mit anschließendem Bad und einer großen Übungshalle. Ein paar ältere Studenten trainierten gerade. Als Aki eintrat, hielten sie jedoch inne und betrachteten den Besucher. Der eine schien bei Akis Prüfung dabei gewesen zu sein, denn er ergriff sofort das Wort. "Ah, der Neue, der sich bei der Prüfung ganz gut geschlagen hat! Willst du dem Club beitreten?" "Ich wollte mich erstmal erkundigen, wie das hier so läuft. Wann das Training ist und so." "Einmal die Woche solltest du schon vorbei schauen. Wann genau das ist, bleibt dir überlassen. Da sind die Regeln nicht so streng; immerhin haben die meisten Mitglieder verschiedene Zeitpläne. Außerdem haben wir gar nicht genug Platz, um alle mit einmal trainieren zu lassen. Es wäre aber praktischer für dich, wenn du jemanden findest, mit dem du gut üben kannst und dessen Trainingszeiten sich mit deinen überschneiden. So ist es am effektivsten. Du kannst natürlich auch häufiger kommen, wenn du möchtest. Wenn du in der Woche gar keine Zeit hast, kannst du den Leiter fragen, ob du eine Sondergenehmigung bekommst, dann darfst du samstags trainieren." "Muss man einen Mitgliedsbeitrag zahlen?" Der Ältere lachte kurz. "Nein! Der Club gehört ja zur Uni. Du musst dich bloß als neues Mitglied eintragen lassen und regelmäßig herkommen. Wenn du das Training ein paar Wochen ohne Grund vernachlässigst, bist du aber wieder draußen." "Wo kann ich mich denn eintragen lassen?" "Komm! Ich zeige es dir." Mit diesen Worten verließ der Student, dicht gefolgt von Aki, die Übungshalle und ging hinüber in den Aufenthaltsraum. Er öffnete eine Datei auf dem Computer und ließ den Halbjapaner dort verschiedene Daten eintragen. Währenddessen kramte er noch ein kurzes Formular aus einer Schublade und reichte es Aki. Beim Lesen stellte dieser fest, dass dies eine Art Clubordnung war. Nachdem er sie kurz überflogen hatte, unterschrieb er in der letzten Zeile. Dann bekam er eine Art Chequekarte, die er immer, wenn er zum Trainieren kam, durch einen Apparat ziehen und wenn er ging dies wiederholen sollte. Als Nachweis für seine Anwesenheit sozusagen. Bevor der Kendounterricht anfing, hatte Aki noch etwas Zeit. Diese nutzte er, um sich auf dem Geländer der Uni ein stilles Plätzchen zu suchen und dort in Ruhe zu essen. Wirklich allein fühlte er sich jedoch nicht. Schon seit er das Gebäude verlassen hatte, wurde er das Gefühl nicht los, dass ihn jemand beobachtete; er hatte nur noch niemanden entdeckt. Es war ihm trotzdem unangenehm, sodass er sich mit dem Essen beeilte und auf den Weg zur Turnhalle begab. Während er aufstand, glaubte er dann doch jemanden gesehen zu haben, der ihn durch die Sträucher hindurch beobachtete. Als er jedoch genauer hinsehen wollte, verschwand die Gestalt vollends hinter dem dichten Grün und war nicht mehr zu entdecken. Etwas verärgert und beunruhigt über diese Störung machte sich der Halbjapaner auf den Weg zum Sportplatz, um den Studenten, die noch unterricht hatten, zuzusehen, bis seine erste Trainingsstunde mit einem neuen Lehrer begann. Einige Meter von ihm entfernt gingen einige Schülerinnen der benachbarten Mädchenschule derselben Tätigkeit nach. Als Akis Gruppe auf dem großen Platz trainierte, hatte er das Gefühl, dass sich die Mädchenschar um einiges vergrößert hatte. Und wieder fühlte er sich so beobachtet.... Durch diese Ablenkung konnte er die Schläge des Lehrers diesmal auch nicht so gut parieren wie beim letzten Mal. Daher war er froh, als die Schüler endlich gemeinsam trainieren konnten. Sein Gegner war nicht besonders gut, was wohl vor allem daran lag, dass er sich überhaupt nicht auf das Training konzentrierte. "Hey, wie heißt du?" Zuerst ignorierte Aki die Frage des Anderen, doch dieser schien recht hartnäckig zu sein und nicht allzu viel von Regeln zu halten. "Ach, komm schon! Der Lehrer ist ja nicht mal bei unserer Gruppe. Ich heiße übrigens Taro." Nach einigem Zögern antwortete Aki dem gesprächigen Jungen dann doch. "Mein Name ist Aki." "Dachte ich es mir doch! Du bist Halbjapaner, oder?" "Ja." Er deutete leicht in die Richtung der Mädchen. "Du siehst doch die Kleine dort hinten mit dem weißen Haarband, oder? Die, die dich so anstarrt." ,Diese Mädchen starren doch jeden an.' "Ja. Was ist mit ihr?" "Ist dir noch nicht aufgefallen, dass sie dich schon den ganzen Tag beobachtet? Eigentlich hat das gestern schon angefangen, als du zur Prüfung gekommen bist. Seit dem hat sie dich nicht mehr aus den Augen gelassen. Sag bloß, das hast du noch nicht bemerkt!? Diese Schönheit! Deshalb waren die anderen gestern so neidisch auf dich. Sie waren sauer, weil das Mädchen nur Augen für dich hatte." Aki riskierte einen vorsichtigen Blick in ihre Richtung. Bisher war sie ihm noch gar nicht aufgefallen, doch er stellte sofort fest, dass sie tatsächlich sehr hübsch war. Als sich die Blicke der beiden trafen, wurde die Schülerin mit einem Schlag rot im Gesicht und verwickelte ein neben ihr stehendes Mädchen in ein Gespräch. "Na, was hab ich dir gesagt? Sie ist total verknallt in dich. Diese Chance solltest du dir nicht entgehen lassen! Sowas findet man nur einmal im Leben." Während Taro dies sagte, zeichnete sich ein immer breiter werdendes Grinsen auf seinem Gesicht ab. Aki war leicht verwirrt. Ja, hübsch war sie, aber er war nicht in sie verliebt. Aber konnte man sowas denn nach einem Blick beurteilen? Vielleicht hatte Taro Recht und er sollte sie mal ansprechen.... Oder lieber nicht. Er war gerade erst den dritten Tag in Japan, hatte seit gestern einen Nebenjob und auch sonst genug Dinge, um die er sich kümmern musste. Da brauchte er sich jetzt nicht auch noch in eine Beziehung zu verwickeln. Damit dachte Aki auch nicht mehr über das Mädchen nach. Er konzentrierte sich wieder auf den Unterricht, ging danach zu einer weiteren Vorlesung und hatte dann gerade noch genug Zeit, um etwas zu essen und zur Arbeit zu gehen. Es waren noch keine zehn Minuten vergangen, als das Mädchen, das Aki beobachtet hatte, vor der Theke stand und sich ein Stück Kuchen bestellte. Als der Halbjapaner ihre Bestellung einpackte, nahm das Mädchen all ihren Mut zusammen und erwachte kurz aus ihrer Schweigsamkeit. "Ich... habe dir heute beim Trainieren zugesehen.... Du bist wirklich gut...." "Danke, aber eigentlich war ich heute gar nicht richtig bei der Sache." Mit einem Lächeln reichte er ihr den Kuchen und verabschiedete sich, so wie er es immer tat. Die Schülerin wurde schlagartig rot, bedankte sich ebenfalls kurz und war wenige Sekunden später verschwunden. Aki schaute ihr noch kurz nach, bevor er den nächsten Kunden begrüßte. ,Sie ist wirklich niedlich....' Mit diesem Gedanken widmete er sich wieder seiner Arbeit. Kurz nach Ladenschluss - Aki säuberte gerade die Theke, während Mizuta-san den Backraum in Ordnung brachte - kam Yuki vorbei, um seinen Freund abzuholen. Sie unterhielten sich, bis Aki seine Arbeit beendet und sich von seinem Chef verabschiedet hatte. Als sie gerade das Gebäude verlassen wollten, kam ihnen das hübsche Mädchen entgegen, das Aki bereits den ganzen Tag hinterher lief. "Oh, tut mir Leid, aber wir haben schon geschlossen." "Ich... ich bin nicht hier, weil ich mir etwas kaufen möchte...." Das Mädchen schien noch schüchterner zu sein, als Aki es bisher angenommen hatte. Obwohl er bereits eine Vermutung hatte, stellte er trotzdem die Frage, die ihm gerade im Kopf umging. "Und warum bist du dann hier?" Nach einer weiteren längeren Pause sprach das Mädchen weiter. "Ich wollte mit dir reden... Mein Name ist übrigens Haruko.... Ich wollte dich fragen, ob... nun....." Sie holte noch einmal tief Luft, sah dem Halbjapaner dann direkt in die Augen und begann den Satz noch einmal. "Willst du... mein Freund werden?" Obwohl er mit so einer Antwort gerechnet hatte, war Aki im ersten Moment viel zu durcheinander, um irgendwie reagieren zu können. Daher hakte das Mädchen hastig nach. "Seit ich dich gestern zum ersten Mal gesehen habe, gehst du mir nicht mehr aus dem Kopf. Ich habe mich in dich verliebt. Deshalb... wäre es wirklich schön, wenn du uns zumindest eine Chance geben würdest. Wir könnten ja mal irgendwo hingehen, um uns ein bisschen besser kennen zu lernen." "Ja, das wäre schön. Aber in der Woche habe ich wenig Zeit wegen dem Studium und dem Job. Geht es am Wochenende?" Endlich wurde das Mädchen etwas unverkrampfter. "Das ist prima! Ich habe den ganzen Sonntag Zeit. Da könnten wir uns doch in irgendeinem Café treffen, oder?" "Sonntag passt mir auch ganz gut. Kennst du ein schönes Café in der Nähe?" "Das Takano ist sehr gut. Wenn du willst, können wir uns um zwei dort treffen. Findest du dich dort hin?" "Das wird schon gehen. Am Sonntag um zwei also?" "Ja. Ich freue mich schon darauf! Mach's gut!" "Mach's gut! Bis Sonntag." Obwohl er ursprünglich keine Beziehung eingehen wollte, war er jetzt doch ganz froh, dass er sich anders entschieden hat. Der kommende Sonntag würde sicherlich interessant werden. Während Aki noch in der Eingangshalle herumstand und in seinen Gedanken schwelgte, wurde Yuki langsam ungeduldig. Er setzte sich wieder in Bewegung und warf dem verwunderten Aki noch einen kurzen Blick über die Schulter zu. "Was ist? Willst du hier Wurzeln schlagen?" Verwundert hob der Halbjapaner eine Augenbraue, was sein Freund jedoch schon nicht mehr mitbekam. ,Nanu? Woher der plötzliche Stimmungswandel?' Wie von selbst bewegten sich seine Beine, um den Japaner möglichst schnell wieder einzuholen. Yukis Schweigen erstreckte sich über den gesamten Heimweg, was seinen Freund mehr als beunruhigte, bis er ihn letztendlich darauf ansprach. "Ich bin nur etwas k.o, okay? Hab einen stressigen Tag hinter mir. Also nimm es dir nicht zu sehr zu Herzen." Seit Aki sich mit Haruko verabredet hatte, zeigte Yuki erstmals wieder ein Lächeln. Erleichtert darüber, dass sich die Spannungen so schnell gelöst hatten, legte der Halbjapaner seine Hand auf Yukis Schulter und erwiderte die Geste. "So gefällst du mir viel besser! Wenn du dich heute nicht so gut fühlst, kann ich ja das Abendessen machen. Ruh dich ein bisschen aus." Nach diesem Gespräch war Yukis schlechte Laune wie weggeblasen. Und daran änderte sich bis zum Ende der Woche auch nichts. Als der erwartete Sonntag jedoch langsam näher kam, benahm sich Yuki wieder seltsamer. Als Aki am Samstag von seiner ersten Trainingsstunde im Club heimkam, war Yuki, wie so oft, wenn der Halbjapaner gerade nach Hause kam, mal wieder in eines seiner Bücher vertieft. Im Gegensatz zu sonst schaute er diesmal jedoch nicht auf, um seinen Freund zu begrüßen. Auf die Begrüßung von Aki antwortete er auch nur mit einem leichten Nicken und einem dahin genuschelten "Hm. Hi". Die knappe Begrüßung ignorierend machte sich Aki auf den Weg ins Bad, um sich von dem Schweiß zu befreien. Wieder machte er sich Sorgen um seinen Freund. Keine anständige Begrüßung, keine Frage, wie das Training war.... ,Was ist bloß los mit ihm? Ich wüsste nicht, dass ich ihm irgendwas getan hätte. Er scheint jetzt sogar noch abweisender zu sein als letzten Dienstag... Dienstag. Ob es vielleicht daran liegt? Er war erst so abeisend, nachdem Haruko und ich uns das Date ausgemacht hatten. Vielleicht ist er eifersüchtig, weil mich ein so süßes Mädchen angesprochen hat. Dann sollte er sich mal umschauen! Es gibt genug Schönheiten, die ihre Köpfe auch nach ihm umdrehen. Um diese Erkenntnis reicher, beschloss Aki, das Problem gleich nach dem Duschen mit seinem Freund zu besprechen. Er hatte es so eilig damit, dass er gerade mal eine Hose anzog und sich das Handtuch über die Schultern warf. Mit einem entschlossenen "Hey!" nahm er Yukis Buch zur Seite und sah ihn herausfordernd an. Erschrocken schaute der Japaner auf und musterte seinen Freund, wobei seine Blicke lange auf dem gebräunten, muskulösen Oberkörper des Halbjapaners ruhten. Als er dies bemerkte, setzte er schnell eine leicht skeptische Mine auf und sah seinem Gegenüber ins Gesicht. "Willst du dir nicht erstmal was überziehen? Du holst dir so noch eine Erkältung weg." "So schnell werd' ich schon nicht krank. Es ist ja warm. Außerdem will ich mit dir reden, Yuki!" "So? Worum geht's?" "Kann es sein, dass du eifersüchtig auf mich bist?" Yukis Augen weiteten sich verwundert. "Wie kommst du denn darauf?" "Tu doch nicht so! Nachdem Haruko mich am Dienstag gefragt hatte, ob ich ihr Freund sein will, hast du von einer Sekunde auf die nächste nicht mehr mit mir gesprochen und nun, wo mein Date vor der Tür steht, fängst du wieder damit an! Dabei hast du doch alle Chancen, eine Freundin zu bekommen. Oder... bist du in Haruko verliebt?" Ein leises Kichern, begleitet mit seichtem Kopfschütteln waren Yukis Reaktion auf Akis Vermutungen. "Nein! Da hast du was missverstanden. Meine schlechte Laune hat weder mit dir noch mit Haruko zu tun. Tut mir Leid, dass du sie so zu spüren bekommst. Ich halte mich ein bisschen zurück." Aki schien dies jedoch nicht sehr zu überzeugen. Er sah seinen Freund nach wie vor skeptisch an und wartete auf eine plausible Erklärung. Yuki seufzte schaute Aki auf eine Art an, die dieser nicht zu deuten vermochte. "Hör mal.... Es tut mir echt Leid. Ich freue mich für dich, dass du so beliebt bist bei den Mädchen. Ich kann mich im Moment aber leider nicht richtig für dich freuen. Der letzte Vergleichstest ist ziemlich mies für mich ausgefallen und wenn ich jetzt nicht richtig hart arbeite, kann es passieren, dass ich ernsthafte Schwierigkeiten bekomme. Deshalb bin ich so schlecht drauf. Es hat also wirklich nichts mit dir zu tun. Du machst dir zu viele Gedanken. Bleib mal ein bisschen lockerer und freu dich auf den morgigen Tag." Nach diesen Worten bereute es Aki, dass er seinen Freund mit so sinnlosem Zeug aufgehalten hatte. Aber es machte ihn traurig, wenn sein Freund so schlecht gelaunt war. Er hatte dann immer Angst, dass ihre Freundschaft darunter leiden könnte. Nun wollte er sich aber Yukis Rat zu Herzen nehmen und sich nicht weiter so trübe Gedanken machen. Morgen war schließlich ein wichtiger Tag. Die Sonne war angenehm warm und der Himmel leuchtete azurblau. Das Wetter hätte nicht schöner sein können. Und nicht nur das war herrlich; es schien, als würde sich die ganze Natur mit Aki freuen. Heute war endlich der Tag gekommen, auf den er schon die ganze Woche gewartet hatte. Bereits am Mittwoch hatte er sich darüber erkundigt, wo das Takano lag. Es befand sich im benachbarten Stadtteil, sodass er dorthin laufen konnte. Obwohl er noch fast zehn Minuten Zeit hatte, als er das Café erreichte, wartete Haruko bereits auf ihn. ,Typisch Mädchen', dachte er sich scherzhaft, ,Egal, wie früh man da ist, sie sind immer schneller.' "Hallo! Wartest du schon lange?" "Nein. Ich bin auch erst gekommen. Schön, dich zu sehen." Nachdem sich die beiden in das Café gesetzt hatten, bestellten sie sich eine heiße Schokolade und ein Eis und unterhielten sich ein bisschen. Da beide jedoch ziemlich schüchtern waren, kam kein wirklich langes Gespräch zustande. Die meiste Zeit über sah Aki aus dem Fenster und beobachtete die vorbeigehenden Leute, hauptsächlich Familien oder Pärchen. ,Was Yuki wohl gerade macht? Ob er immer noch lernt?' "Was ist denn?" "Nichts, warum?" ,Warum denke ich ausgerechnet jetzt an Yuki?' "Du warst grad so verträumt." "Das Wetter ist schön heute. Hast du nicht Lust auf einen Spaziergang?" "Ja. Wir könnten in den Park gehen." Sie tranken in Ruhe ihre Schokolade aus und machten sich, nachdem der Kellner die Bezahlung entgegen genommen hatte, wieder auf den Weg. Im Park hielten sich noch mehr Leute auf als auf der Straße. Dicht an dicht drängten sich die Familien, die diesen schönen Tag für einen Picknickausflug nutzten. Während Aki und Haruko gemütlich um den großen See herumschlenderten, schweiften Akis Gedanken erneut ab. Er machte sich schon wieder Sorgen um Yuki. Heute Vormittag hatte er nicht viel bessere Laune gehabt als am Tag zuvor. Zwar hatte er das zu überspielen versucht, doch es war ihm nicht gelungen. ,Ach, verdammt! So werde ich nie ein ordentliches Gespräch mit Haruko anfangen können.' "Aki.... Wieso bist du eigentlich nach Japan gekommen?" Aki hatte gehofft, dass Haruko diese Frage nicht stellen würde. Es klang ja recht blöd, wenn er ihr erzählen würde, dass er sich vor zehn Jahren in ein Mädchen verliebt hatte, das er unbedingt wieder sehen wollte, wobei er schließlich herausgefunden hatte, dass dieses Mädchen ein Mann war. "Ich mag das Land einfach. Als ich das letzte Mal in Japan war, habe ich mir vorgenommen, irgendwann zurückzukommen. Und da machte sich das Studium recht gut. In England gibt es keine Universität mit Kampfsport als Schwerpunkt." Er fand diese Ausrede ziemlich kläglich, doch anscheinend hatte sie für Haruko gereicht. Sie stellte keine weitere Frage in dieser Richtung. Nach einer Weile entdeckten die beiden einen schönen Platz am See, in dessen Nähe sich noch niemand niedergelassen hatte. Sie saßen eine Weile da und tauschten einige Kindheitserinnerungen aus, die ihnen gerade einfielen. Es wurde eine sehr lustige Unterhaltung daraus. Allmählich kamen sogar ein paar Enten vorbei, die die beiden neugierig beobachteten. Aki erinnerte sich daran, dass er vom letzten Einkauf noch ein Brot in seinem Rucksack hatte, das er vergessen hatte auszupacken. Er brach ein großes Stück davon ab, welches er wiederum teilte, um Haruko die eine Hälfte abzugeben. Dann warfen sie hin und wieder kleine Brotkrümel an das Ufer, um die Enten weiter anzulocken. Langsam schienen auch andere Wasservögel zu bemerken, dass es etwas zu fressen gab, und so vergrößerte sich das gefiederte Grüppchen langsam. Die Tiere waren unheimlich zahm. Einige setzten sich sogar direkt zwischen die beiden, bloß um das beste Futter abzubekommen. Die Enten schienen es bereits gewohnt zu sein, dass einige Leute sie fütterten. Das Schauspiel erinnerte Aki daran, wie er vor zehn Jahren mit Yuki angeln war. An manchen Tagen, wenn nur wenige Fische gekommen waren, haben sie eine Handvoll Insekten oder Mais ins Wasser geworfen, um die Beute anzulocken. Selbst als das Brot längst alle war, watschelten einige Enten noch immer um sie herum und zupften mit ihren platten Schnäbeln an Akis und Harukos Sachen. Irgendwann gingen auch die letzten ins Wasser zurück, doch um ganz sicher zu gehen, dass sie auch ja nichts verpassten, blieben sie in der Nähe des Ufers und beobachteten die beiden neugierig. Gegen 21.00 Uhr brachte Aki das Mädchen nach Hause und machte sich anschließend selber auf den Heimweg. "Na? Wie ist's gelaufen?" Die Fröhlichkeit, mit der Yuki diese Frage stellte, überraschte Aki. Noch stärker hätte er es nun wirklich nicht übertreiben können. "Hallo erstmal!" "Entschuldige. Hi! Sagst du mir jetzt, wie es war?" Es verwunderte ihn, dass Yuki sich plötzlich so brennend für sein Date interessierte, aber er wollte ihn nicht allzu lange hinhalten. "Schön. Haruko ist wirklich sehr nett. Ich verstehe mich prima mit ihr. Anfangs haben wir nicht viel miteinander geredet, aber als wir dann eine Weile zusammen waren, war es richtig lustig." "Dann... hast du jetzt also eine Freundin, was? Glückwunsch!" Aki wusste nicht genau, was es war, aber irgendetwas war seltsam an der Art, wie Yuki den letzten Satz ausgesprochen hatte. Es klang nicht aufrichtig erfreut, aber auch nicht traurig oder gleichgültig oder so. Es war... komisch. Anders konnte er es nicht beschreiben. "Nein." "Wie - ,Nein'?" " ,Nein' heißt, dass wir NICHT zusammen sind." "Aber wieso? Ich dachte, ihr versteht euch so gut?" "Das schon. Und ich hab sie wirklich gern, aber es sind rein freundschaftliche Gefühle. Sie hat es erstaunlich gut aufgenommen. Ich hatte erst Angst, dass sie weint, wenn ich es ihr sage, aber sie meinte nur: ,Schade. Aber ich würde mich freuen, wenn wir zumindest Freunde sein könnten.'" Er wusste nicht, warum, aber das, was sie danach zu ihm gesagt hatte, wollte er Yuki lieber nicht erzählen: ,Schon als wir in dem Café saßen, hatte ich das Gefühl, dass das nichts wird mit uns. Manchmal, wenn du so aus dem Fenster gesehen hast, hatte ich das Gefühl, du bist schon... verliebt.' Nun... da hatte sie sich zwar geirrt, aber zumindest machte sie sich deshalb keine falschen Hoffnungen. Nachdem Yuki Akis Worte gehört hatte, verhielt er sich plötzlich wieder normal. ,Was den wohl geritten hat? Na egal. Hauptsache, er ist wieder der Alte und es bleibt so.' "Hast du Hunger?" "Ja. Hab, seit ich los bin, nur ein Eis gegessen." "Das dachte ich mir. Deshalb hab ich uns vorhin was gekocht. Ist zwar mittlerweile wieder kalt, aber das Aufwärmen dauert ja nicht so lange." ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* Ja, ja... Ich mag den Titel dieses Kapitels. Wollte mal ein paar falsche Hoffnungen machen. . Oder auch nicht.... i_i Ich hoffe, es ging einigermaßen. Wie gesagt, ich hab mich da echt durchgequält und find es nach wie vor mies. Aber Selbsterkenntnis ist ja bekanntlich der erste Weg zur Besserung! Dieses war an und für sich recht schnell fertig, aber dann wurde es ewig nicht kontrolliert und genau an dem Tag, da ich es kontrollieren wollte, haben meine Eltern ein Computerverbot über mich verhangen. Ich sag euch: Es war schreeeeecklich! Nur gut, dass wir ein Infokabinett in der Schule haben. Da bin ich jetzt so oft es geht (meine schönen Freistunden! *hoil*). Daher warne ich euch jetzt einfach mal wieder: Bis zum nächsten Kapitel kann es etwas länger dauern (aber ich tu, was ich kann; vorausgesetzt, ich bekomme den ein oder anderen Kommi... und das Compiverbot wird aufgehoben). Bis dahin sag ich erst mal Tschüß! *alle knuddel und winkend verschwind* Spezialtraining --------------- So, endlich fertig! Hat mal wieder ewig gedauert, ich weiß. Tut mir echt Leid!!! So, meine Ausrede für dieses Mal: mir ist kurz vor Weihnachten der Rechner abgeschmiert und nicht mehr hochgefahren. So wie es aussieht, ist das gesamte Laufwerk hinüber. Ich werde mir in mühevoller Arbeit also alles, was ich einmal hatte, neu zusammensuchen müssen. Aber zum Glück gibt es Freunde, die einem in Zeiten der Not beistehen und helfen. DANKE AN EUCH ALLE!!! Gut, ich will jetzt nicht weiter rumquatschen. Hat auch so schon lange genug gedauert, bis dieses Kappi endlich fertig war, da will ich euch nicht noch länger hinhalten. Also viel Spaß! ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* Kapitel 3: Spezialtraining Ãœber einen Monat war Aki nun schon in Japan und der Alltag hatte bereits in seinem Leben Einzug gehalten. Vormittags ging er zur Uni, anschließend arbeiten und alle drei Tage trainierte er im Club mit den älteren Schülern. Samstags traf er sich zum Training sogar mit Taro-Sempai, dem Clubleiter, der ihm ein gemeinsames Ãœben vorgeschlagen hatte. Seine Fähigkeiten waren längst in der gesamten Universität, ja sogar in großen Teilen Osakas bekannt und geachtet. Meist kam er sehr spät nach Hause, wo Yuki bereits mit dem Abendessen auf ihn wartete. Wenn sie anschließend nicht an ihren Arbeiten für die Uni saßen, gingen beide oft weg, unternahmen etwas in der Stadt oder trafen sich mit Freunden, um sich vom vielen Stress abzulenken. Auch die zahlreichen Liebeserklärungen, die Aki seit kurz nach seiner Ankunft immer wieder ablehnen musste, hatten mittlerweile nachgelassen. Es war ein ruhiger Samstag Ende September, der Sommer begann bereits, sich zu verabschieden, als Taro-Sempai Aki nach dem Training noch einmal zu sich rief und ihm einen Zettel unter die Nase hielt. Etwas verwundert nahm der Halbjapaner das Blatt Papier an sich und las nach, worum es sich dabei handelte. Noch während er dies tat, begann der Clubleiter ihm den Inhalt des Schriftstückes wiederzugeben. "Du hast sicher schon mitbekommen, dass in einer Woche ein vierzehntägiges Trainingslager stattfindet." Er machte eine Pause und wartete auf eine Reaktion von Aki. Diese blieb jedoch aus, da er immer noch in das Schreiben vertieft war. So sprach er schließlich weiter. "Ich habe mit dem Direktor gesprochen und wir sind uns einig, dass es für deine Fähigkeiten sehr von Vorteil wäre, wenn du auch daran teilnehmen würdest. Du hast viel Talent, das sollten wir besser fördern. Dieses Spezialtraining wäre eine gute Möglichkeit. Was meinst du?" Nun schaute Aki von seinem Zettel auf. Er hatte schon, als er die ersten paar Wörter auf dem Schriftstück gelesen hatte, geahnt, worauf Taro-Sempai hinaus wollte. Trotzdem war es doch eine ziemliche Ãœberraschung, mit der er bis vor fünf Minuten nicht gerechnet hätte. "Das kommt etwas plötzlich... Ich meine, es klingt toll, was du mir vorschlägst, aber du hast mich trotzdem ganz schön überrannt damit. Kann ich mit meiner Entscheidung bis Montag warten? Ich würde mich gern noch etwas darüber informieren." "Na gut....Montag also." Taro-Sempai konnte den leicht enttäuschten Unterton nicht ganz aus seiner Stimme verbannen, auch wenn die Hoffnung darin klar überwog. Der Clubleiter ging zurück in die Halle, wo noch ein weiterer Student darauf wartete, dass er mit ihm trainieren würde, während Aki sich umzog und zurück nach Hause ging. Seine Gedanken drehten sich dabei nur um eine Sache: Ein zweiwöchiges Training...in Kioto, wie es der Zettel verraten hatte. "Bin wieder da." Mit diesen Worten schloss er die Tür hinter sich und ging ins Schlafzimmer, um sich frische Sachen zu holen. Währenddessen ertönte ein abwesendes "Hi! War's stressig?" aus dem Arbeitszimmer nebenan, was verriet, dass Yuki mal wieder an irgendeinem Programm bastelte, welches er wohl ziemlich bald dem Unternehmen, in dem er angestellt war, zuschicken musste. "Es ging. Ich habe heute hauptsächlich an meiner Verteidigung gearbeitet." Mit diesen Worten war Aki im Bad verschwunden und ließ Wasser in die Badewanne. Das Becken war ziemlich groß (was bei Yukis Körpergröße auch nicht weiter verwunderlich ist), sodass es eine ganze Weile dauern würde, bis ein angemessener Wasserstand erreicht wäre. Daher setzte sich Aki erst einen Moment hin und begann dann ganz langsam, sich auszuziehen, während er weiter über das Angebot seines Clubleiters nachdachte. Er hatte lange nicht mehr ernsthaft trainiert, jedenfalls nicht so, wie er es von Hikawa-Sensei, seinem früheren Meister, gewohnt war. Wenn er genauer darüber nachdachte, fehlte ihm dieses Kämpfen bis zum Umfallen richtig. Er war zwar viel im Stress, doch das ersetzte die körperliche Anstrengung nicht, die er bis vor einiger Zeit noch täglich durchgemacht hatte. Dieses Training in Kioto würde ihm sicher gut tun. Und wenn sogar der Direktor es für eine gute Idee hielt... Aki wusste nicht so recht, weshalb er gezögert hatte, als Taro-Sempai ihm diese Frage gestellt hatte. Jedenfalls würde er ihm am Montag seine Zustimmung geben. Die Wanne war zwar noch nicht voll, aber immerhin voll genug, um sich hinein zu legen und sich aufwärmen zu lassen. Wenn man vom Training kam, tat so ein Bad gleich immer doppelt gut. Kaum dass Aki sich in das dampfende Wasser mit dem angenehm erfrischenden Meeresduft gelegt hatte, spürte er, wie sich seine angespannten Muskeln zu lösen begannen. Genießerisch schloss er die Augen und ließ sich tiefer in die halbvolle Wanne sinken. Nachdem er eine ganze Weile so verharrt hatte, wollte er sich abtrocknen und mit seiner wiedergewonnenen Kraft an seine Uni-Aufgaben setzen. Genau in dem Moment, als er gerade aufstand, öffnete sich die Tür und sein - gerade mal mit einem Handtuch bekleideter - Freund betrat den Raum. Blitzschnell zog sich Aki in die Wanne zurück, was Yuki so einen Schreck einjagte, dass er sich mit gestottertem "Oh, ich äh...das..." umdrehte und auf dem schnellsten Weg wieder aus dem Bad stolperte. Jedenfalls hatte er es vor, aber in seiner Erschrockenheit hatte er nicht bemerkt, wie er beim Umdrehen die Seife vom Waschbecken geschleudert hatte, welche nun direkt vor seinen Füßen gelandet war. Aki hatte dies bemerkt und schien vorauszusehen, wie Yukis Fluchtversuch enden musste, denn ehe er sich versah, war er aus der Wanne gesprungen und fing im letzten Moment seinen rückwärts fallenden Freund auf. Unglücklicher Weise hatte der Japaner so viel Schwung, dass er Aki gleich mit umriss, sodass dieser ebenfalls rückwärts umfiel und Yuki letztendlich in seinem Schoß liegen blieb. Der Halbjapaner war der erste, der einige Sekunden später den Schreck überwunden hatte und realisierte, in welcher Lage er mit Yuki am Boden lag. Mit einem Schlag wurde er so rot im Gesicht, als wäre kein Blutstropfen mehr im Rest seines Körpers vorhanden. Er spürte, wie sein Herz von einem Augenblick zum nächsten rasend schnell zu schlagen begann und rappelte sich so schnell es ging wieder auf. Auch Yuki schien nun endlich aus seinem Schock herauszufinden, stand ebenfalls auf und verließ ohne ein weiteres Wort das Bad. Aki war noch immer zu verwirrt um zu begreifen, was genau da gerade geschehen war und trat geistesabwesend einige Schritte zurück. Erst als er gegen die Wanne stieß und sich vorsichtig an ihr abstützte, merkte er, wie sehr er zitterte. Gott, war das peinlich! Er versuchte, sich irgendwie zu beruhigen, zwang sich, gleichmäßiger zu atmen und ließ sich langsam auf den Boden sinken. Okay, er und Yuki wohnten nun schon über einen Monat zusammen und sie waren die besten Freunde...aber es gab gewisse Dinge, die selbst unter Freunden nicht als Spaß abgestempelt werden konnten. Und das, was da gerade passiert war, gehörte, Akis Meinung nach, zu diesen Sachen. Das war einfach nur peinlich. Hätte das jemand gesehen, er hätte es nie und nimmer für einen Unfall gehalten. Oh Gott... Aber es hatte niemand gesehen. Und wenn es IHM peinlich war, was war es dann für Yuki? Immerhin hatte er diese Situation verursacht. Das sollte kein Vorwurf sein; Aki wollte nur sicher gehen, dass es niemand missverstehen könnte. Er schüttelte den Kopf. ,Ach, was soll das überhaupt? Es war ja sonst niemand dabei. Wieso mache ich mir überhaupt solche Sorgen? Das ist doch völliger Schwachsinn!' Jetzt fühlte er sich besser. Alles kein Problem... Er richtete sich wieder auf und zog seine Sachen an. ,Yuki war sofort verschwunden, nachdem das passiert ist. Er macht sich bestimmt Vorwürfe....' Sein letzter Gedanke bestätigte sich, als er das Bad verließ. Auch sein Freund hatte sich wieder angezogen und saß nun im Wohnzimmer, wo er gedankenverloren aus dem Fenster starrte. "Es...tut mir Leid. Ich hätte vorher sicher gehen sollen, ob das Bad frei ist." "Ist schon gut. Du konntest es nicht wissen. Es ist ja nichts passiert." Danach sagte keiner von beiden etwas. Um die Situation nicht noch unangenehmer werden zu lassen, ging Aki ins Schlafzimmer und arbeitete etwas über die japanische Geschichte heraus. Durch das Ereignis am Wochenende hatte Aki völlig vergessen, seinem Freund von dem Training in Kioto zu erzählen. Erst, als Taro-Sempai am Montagmorgen auf den Halbjapaner zutrat und sich nach dessen Entscheidung erkunden wollte, fiel es ihm wieder ein. Obwohl Akis Entschluss bereits feststand und er auch sofort zusagte, fühlte er sich etwas unwohl dabei. Warum eigentlich? Weil er vorher nicht mit Yuki darüber gesprochen hatte? Nein, er hatte nun wirklich keinen Grund, sich Sorgen zu machen. Yuki war sein Freund, nicht sein Vormund. Er würde es schon aushalten, zwei Wochen allein zu sein. Jedenfalls war Taro-Sempai sehr erfreut über die Entscheidung des Halbjapaners. "Das ist gut. Sonntagnachmittag wirst du von einem Bus abgeholt, der alle Teilnehmer aus Osaka nach Kioto bringen wird." "Sind es denn so viele?" "Ja. Osaka hat einige gute Nachwuchskämpfer zu bieten. Auch wenn die meisten von ihnen in deinem Alter sind, unterschätze sie nicht. Du wirst in Kioto starke Konkurrenten treffen. Auch aus anderen Teilen Japans." "Du willst...WO...hin!?" Yuki stand starr vor dem Herd und starrte seinen Freund fassungslos an. "Nach Kioto. Hörst du mir nicht zu? Und tu nicht so, als würde ich einen Vergnügungsurlaub planen. Das werden zwei anstrengende Trainingswochen." "W...wie lange?!" "Ach, komm. Vergiss es. Was ist heute los mit dir?" Langsam wurde es Aki zu bunt. An die zehn Minuten versuchte er seinem Freund nun schon beizubringen, was er vorhatte. Aber dieser schien mit seinen Gedanken überall zu sein, nur nicht bei ihrem Gespräch. Resigniert gab er auf und machte sich auf den Weg ins Wohnzimmer, um sich mit irgendeinem Fernsehprogramm abzulenken, doch Yuki folgte ihm und schien nun endlich in der Lage, vernünftig mit seinem Freund reden zu können. "Wann fährst du denn nach Kioto?" "Ich werde am Sonntag an der Uni abgeholt." "Seit wann steht das denn fest?" "Seit heute." "Und wann hast du dieses Angebot bekommen?" "Am Freitag." "Warum hast du mir nicht eher davon erzählt?" "Das hatte ich ursprünglich ja vor, aber...es ist dann irgendwie unter gegangen." "A-ach so..." Yuki wusste sofort, wie der letzte Satz gemeint war und beschloss, das Hauptthema schnell weiterzuführen, damit nicht wieder so ein Schweigen entstehen konnte. "Hast du das überhaupt schon mit dem Direktor abgesprochen?" "Das hat der Clubleiter getan. Er meinte, der Direktor findet den Vorschlag gut, mich nach Kioto zu schicken." "Na dann..." "Was ist eigentlich mit dir los? So wie du vorhin reagiert hast, hätte man denken können, ich komme nie wieder." "Sag doch so was nicht!" An der Art, wie Yuki den Halbjapaner darauf hin ansah, konnte dieser genau erkennen, dass er sich gekränkt fühlte. Es tat ihm weh, seinen Freund so zu sehen, also entschuldigte sich Aki sofort darauf. "Wieso erschüttert es dich so, dass ich für zwei Wochen verschwinde?" "Es ist langweilig ohne dich." "Ach so? Was hast du denn dann die letzten zehn Jahre gemacht?" "Mich gelangweilt." "Dann hättest du mich ja mal besuchen können." "Ohne Telefonnummer oder Adresse. Ja klar." ,Stimmt ja. Daran hab ich gar nicht mehr gedacht', überlegte Aki. Wenn er daran dachte, dass er eigentlich erst einen Monat bei Yuki wohnte, konnte er das kaum glauben. Es kam ihm vor, als wäre es schon immer so gewesen. Die Anwesenheit seines Freundes ist ihm in dieser kurzen Zeit bereits völlig alltäglich geworden. Ob er ihn wohl auch vermissen würde, wenn er die zwei Wochen in Kioto verbrachte? "Ich freue mich jedenfalls schon auf die zwei Wochen. Seit ich hier bin, habe ich nicht mehr richtig trainiert. Das Training im Club hilft mir zwar auch ein bisschen, aber mit meinem Sensei in London war es viel härter. Da war ich anschließend immer total kaputt und das vermisse ich hier einfach. Ich werde diese angestaute Kraft einfach nicht los. Wenn ich in diesem Speziallager bin, kann ich mich endlich wieder austoben." Yukis Blick entspannte sich wieder, als er in Akis leuchtende Augen sah. "Lass den anderen auch eine Chance." "Keine Sorge. Taro-Sempai meinte, ich würde dort starke Konkurrenz haben." "Aber jetzt bist du ja noch hier, also lass uns nicht den ganzen Abend darüber reden." Bis zum Tag der Abreise sprach keiner von beiden mehr von diesem Thema. Aki wusste, dass sein Freund nicht besonders begeistert davon war, aber mittlerweile kannte er ihn gut genug um zu wissen, dass Yuki nicht gern über die Dinge sprach, die ihm nicht gefielen. Also verabschiedeten sie sich ganz normal voneinander; als würde Aki am Abend wieder vor der Tür stehen, seine Sachen ins Schlafzimmer werfen und sich an den Tisch setzen, wo Yuki bereits mit dem Abendessen auf ihn wartete. Trotzdem fühlte sich der Halbjapaner nicht ganz wohl dabei. Und Yuki ging es ganz ähnlich, auch wenn er es durch ein aufgesetztes Lächeln zu überspielen versuchte. Es war, wie Aki es längst vermutet hatte: Er würde seinen Freund genau so vermissen wie dieser ihn. Er hatte es sich bis jetzt einfach nicht vorstellen können, ihn nicht mehr den ganzen Tag um sich zu haben. Alles, was der junge Halbjapaner tun konnte, war hoffen, dass das Training ihn so sehr ablenken würde, dass dieses Gefühl bald verschwindet. Der Fahrer hatte bereits Akis Gepäck verstaut und nun wurde es wirklich Zeit, dass er in den Bus stieg. Einige Insassen beäugten ihn bereits neugierig. Es waren tatsächlich sehr viele Sportler aus Osaka zu dem Kurs angemeldet. Viele schienen sich zu kennen, denn hin und wieder kam Aki an einem Grüppchen vorbei, das sich in gedämpften Ton unterhielt. Die meisten nahmen kaum Notiz von ihm, als er an den Sitzreihen vorbeiging. In diesem Moment wurde ihm wieder bewusst, dass er eigentlich Halbjapaner war und viele ihn deshalb von vornherein verurteilten. Er hatte diese Kälte schon einmal gespürt; kurz nachdem er in Japan angekommen war, doch durch seine guten Fähigkeiten als Schwertkämpfer und sein akzentfreies Japanisch hatte er sich schnell den Respekt seiner Mitmenschen verdienen können. Nun würde er ihn sich erneut erkämpfen müssen. Doch das entmutigte ihn nicht. Er ließ sich auf einer freien Sitzreihe nieder und beobachtete die Landschaft, während sich der Bus allmählich dem Zielort näherte. Wie er bald feststellen sollte, lag das Trainingslager etwas außerhalb der Stadt. Das Hotel, in dem die jungen Leute untergebracht waren, schloss direkt an das Lager an. Ein Karatemeister führte die neue Gruppe in ihren Bereich der Unterkünfte und erklärte ihnen auf dem Weg dorthin den Ablauf der kommenden zwei Wochen. Aki bekam ein Einzelzimmer im Erdgeschoss, wo er gerade mal seine Sachen abstellen konnte, bevor er mit der gesamten Gruppe auch schon zu einem zweistündigen Dauerlauf am nahe gelegenen See gerufen wurde. Dies war allerdings auch schon alles, was an diesem Tag auf dem Programm stand. Zurück bei der Unterkunft gab es auch schon Abendessen, danach konnten die Schüler ihren eigenen Interessen nachgehen. Einige, unter ihnen auch Aki, erkundeten bereits die Ãœbungshallen und testeten die Anlagen. Im Hinterhof hatte jemand den Geländeparcours entdeckt, welcher sogleich eingeweiht wurde. Dabei stellte Aki fest, dass Taro-Sempai völlig richtig gelegen hatte, als er meinte, die anderen Schüler wären ebenfalls überdurchschnittlich gut. Allein ihre Beweglichkeit war erstaunlich. Keiner der anderen stand Aki in irgendeiner Art und Weise nach. Als es bereits auf elf Uhr zuging, ermahnten die Aufseher die verbliebenen sieben jungen Leute, welche immer noch an den Geräten hingen und Wettkämpfe austrugen, dass sie endlich Schluss machen sollten, sodass ihnen nichts anderes übrig blieb, als in ihre Zimmer zurückzukehren und auf den nächsten Tag zu warten. Das Training war besser, als Aki es sich vorgestellt hatte: Dadurch, dass er mit so vielen gleichstarken Leuten zusammen war, spornten sich alle gegenseitig an und kämpften sich bis zur totalen Ermüdung ab, schliefen bis zum Mittag, aßen dann etwas und kämpften weiter. Es hatte auch nicht lange gedauert, bis er unter den anderen jungen Männern neue Freunde gefunden hatte. Wenn er mit ihnen trainierte, konnte er alles um sich herum vergessen, doch sobald er völlig abgekämpft zu seinem Zimmer zurückkehrte und die Tür aufschloss, verspürte er eine seltsame Leere, die den gesamten Raum einnahm. Es fehlte jemand, der ihn begrüßte, jemand, der auf ihn wartete, sich mit ihm unterhielt. Es fehlte einfach jemand, der ihm Gesellschaft leistete. Und genau genommen war es nicht nur irgendjemand, der fehlte; es war Yuki. Immer, wenn Aki allein war, vermisste er seinen Freund, denn dann spürte er die Stille, die Einsamkeit, die die Abwesenheit Yukis hinterließ. Aki ließ sich schwer atmend auf sein Bett fallen. ,Ob er auch an mich denkt?' Er schüttelte energisch den Kopf. ,Natürlich! Ihm fiel ja schon der Abschied so schwer. Vielleicht denkt er sogar gerade in diesem Moment an mich.' Er sah aus dem Fenster. Die Sonne bewegte sich langsam auf den Horizont zu. Aki sah sich jeden Tag den Sonnenuntergang an. Er liebte Sonnenuntergänge. Sie hatten eine angenehm beruhigende Wirkung auf ihn. Wenn er sich einsam fühlte, gab die rote Abendsonne ihm das Gefühl, nicht allein zu sein. Er wusste, dass das recht ungewöhnlich war. Normalerweise waren es die Frauen, die so romantisch vor sich hinschwelgten, wenn sie so etwas sahen. Aber das war ihm egal. Er fühlte sich wohl und das war das Wichtigste für ihn. Nun war es schon Freitag; die erste Woche war fast vorüber. Aki hatte richtigen Spaß an dem Training. Endlich hatte er die unsichtbaren Fesseln sprengen können, die ihn seit seiner Ankunft in Japan immer stärker umschlungen hatten. Er konnte seine Fortschritte seit dem Wochenanfang richtig spüren. So gut hatte er sich schon lang nicht mehr gefühlt. ,Wenn Yuki mich so sehen könnte, er würde sicherlich staunen.' Aki ertappte sich dabei, wie sich ein Lächeln auf seine Lippen schlich und ließ es so schnell es ging wieder verschwinden. ,Jetzt stehe ich ihm in nichts mehr nach. Ich will ihm auch helfen können, wenn er irgendwann einmal in Gefahr sein sollte. So wie er mich vor zehn Jahren gerettet hat.' "Träumst du, Willis-San?" Daran würde er sich wohl nie gewöhnen können: Wenn die Japaner an seinen Nachnamen ,San' dranhängten. "Wie? Oh, Entschuldigung." Sofort beschleunigte er seine Schritte wieder, um die entstandene Lücke zu seinem Fordermann zu schließen. Er durfte nicht zu oft an Yuki denken... Zumindest während des Trainings nicht. Er wollte vermeiden, dass jemand seine Gedanken mitbekam. Es war zwar nichts weiter dabei, aber ihm würde es trotzdem nicht sehr behagen. Besonders Leute wie Makoto-San aus Yokohama würden sich sicher freuen zu wissen, was in Akis Kopf so vorging, um dann die tollsten Gerüchte in die Welt setzen zu können. Er war Aki seit dessen Ankunftstag feindlich gesinnt und hatte noch am selben Abend herumerzählt, dass der Halbjapaner keine Ahnung vom Kampfsport hätte, was sich allerdings schon am folgenden Tag als leere Behauptung herausgestellt hatte, wodurch Makoto-San natürlich noch abweisender gegenüber Aki wurde. Er beobachtete ihn sehr oft aus der Ferne, was wahrscheinlich keinem anderen Zweck diente, als irgendeinen Fehler oder eine Schwäche an dem Halbjapaner zu finden, die man dann skrupellos ausnutzen konnte. Daher achtete Aki beim Training besonders darauf, nicht negativ aufzufallen. So unauffällig wie möglich hielt er nach Makoto Ausschau. Dieser lief einige Meter vor ihm und hatte nichts mitbekommen. Aki atmete erleichtert auf. Bei diesem Menschen konnte man nie wissen.... Nachdem sie einige Runden um den See gedreht hatten, stand Schwimmen auf der Tagesordnung. Der See hatte einen Zufluss von den Bergen, welcher stetig kaltes Wasser nachfüllte, sodass das Gewässer selbst im heißesten Hochsommer nicht wärmer als 15°C werden konnte. Da der Sommer jedoch dem Ende zuging und es in den letzten Tagen nicht mehr so warm war, hatte das Wasser bestenfalls noch eine Temperatur von 10°C, womit die meisten Schüler einige Probleme zu haben schienen. Hier war Aki klar im Vorteil. Sein Sensei hatte ihn selbst im späten Herbst noch baden geschickt und im Winter musste er sogar regelmäßig Eistauchen. Das hatte ihn abgehärtet. Für ihn war dieses Wasser sogar angenehm warm. Natürlich beobachtete Makoto den Halbjapaner noch misstrauischer als sonst, als er ihn so mühelos schwimmen sah. Nach dem Training am See ging es zurück in das Lager, wo die jungen Leute eine Stunde Zeit hatten, um sich auszuruhen, bevor sie sich, wie jeden Abend, duellierten. Diesmal hatte Aki Pech bei der Auswahl seines Gegners. Ausgerechnet gegen Makoto - den, dem er am liebsten aus dem Weg ging - musste er heute antreten. Und das mindestens vier Stunden lang. Dieser Abend konnte doch nur schrecklich werden! Immerhin hatte auch Aki ihn bereits bei Duellen beobachtet und wusste daher, dass er ein ausgezeichneter Schwertkämpfer war, der seinen Gegnern keine Gnade schenkte. Da würde Aki wohl der letzte sein, bei dem er eine Ausnahme machte. Höchstwahrscheinlich würde er ihn noch härter fordern, nur um ihn irgendwie bloßstellen zu können. Es kam natürlich, wie Aki es vermutet hatte. Spätestens als Makoto mit diesem lässig-überlegenen Lächeln auf ihn zutrat, war klar, dass diese Ãœbung ein Höllentrip werden würde. Aki war ihm im Tempo leicht überlegen, dafür hielt Makoto sehr viel aus und war auch ausdauernder als der junge Halbjapaner. Es würde wohl die Technik entscheiden, wer an diesem Abend siegreich sein würde. Und Makotos Technik konnte Aki überhaupt nicht einschätzen. Sie war, genau wie seine eigene Schwerttechnik, eine unbekannte, die wahrscheinlich innerhalb einer Samuraifamilie weitergegeben worden war. Kaum dass der Kampf begonnen hatte, zeigte der Gegner sein ganzes Können. Daher blieb auch Aki nichts anderes übrig, als ebenfalls ernst zu machen. Dabei stellte der Halbjapaner zu seiner eigenen Verwunderung fest, dass er in diesen fünf Tagen viel besser geworden war, als er es selbst angenommen hatte. Seine Reflexe waren viel schärfer als er es gedacht hätte und auch seine Kraft überstieg seine eigenen Erwartungen. Das er sich mit seinem eigenen Körper so verschätzen konnte.... Auch Akis Gegner schien im ersten Moment sehr verwundert über den plötzlichen Kraftausbruch des Halbjapaners zu sein und wurde einen Moment unvorsichtig. Aber es war nur ein winziger Augenblick, sodass Aki nicht die Zeit hatte, ihn zu nutzen. Beide waren nun wieder voll konzentriert und kämpften wie besessen; Makoto mit dem Ziel, Aki zu besiegen und Aki, um einen Schwachpunkt an der Technik seines Gegners zu finden. Sie bemerkten überhaupt nicht, wie sich in kürzester Zeit immer mehr Schüler nach ihnen umdrehten, die von den Lehrern vergebens zur Konzentration angehalten worden, bis selbst diese schließlich selbst gebannt den Kampf verfolgten. Das Duell dauerte über zwei Stunden, bis es schließlich, beide Kontrahenten standen kurz vor dem Zusammenbruch, von den Lehrern abgebrochen wurde. Aufgrund ihrer ,glänzenden Leistungen' durften beide den Hof verlassen und sich für den Rest des Tages frei nehmen. Schweigend gingen sie nebeneinander her, bis sich ihre Wege schließlich trennten. Aki wollte die Spannungen zwischen ihnen etwas lösen und verabschiedete sich schließlich mit einem freundlichen "Das war ein großartiges Duell. Vielen Dank". Allerdings wäre es wohl besser gewesen, den Mund zu halten, denn die einzige Antwort darauf war ein gezischtes "Wart's nur ab! Beim nächsten Mal bist du dran!". Gleich darauf war er in einen Treppengang eingebogen und verschwunden. Enttäuscht ließ Aki sich auf sein Bett fallen. Ihm tat alles weh, Makoto hasste ihn jetzt noch mehr als je zuvor und einen richtigen Schwachpunkt hatte er an der Technik des Schwertkämpfers aus Yokohama auch nicht finden können. Das hieß, gefunden hatte er schon einen, doch diesen konnte Aki mit keiner seiner Techniken ausnutzen. "Scheiße..." Mit einem schweren Seufzer drehte er sich um und zog sich die weiche Decke über den Kopf. "Klingt, als hättest du einen anstrengenden Tag hinter dir." "Hnnnn..." Moment mal... Diese Stimme...das war doch Yuki! Nein, unmöglich. Seine Nerven spielten ihm wohl einen Streich. "Bist du taub oder warum ignorierst du mich, Aki?" Immer noch ungläubig drehte er sich in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Tatsächlich. Es war wirklich Yuki, der ganz in seiner Nähe am Fenster hing und ihn grinsend ansah. "Yuki?! Was machst du hier?!" "Sieht man das nicht? Ich besuche dich." "Und da fährst du einfach so mal von Osaka hierher?" "Warum nicht?" "Warum DOCH? Du hättest mich auch anrufen können." "Aber dann kann ich dich nicht sehen." "Wieso ist dir das so wichtig? Es sind doch nur zwei Wochen." "Ich sagte doch: Es ist langweilig, wenn du nicht da bist." Aki wollte schon erneut protestieren, da fiel ihm wieder auf, wie sehr auch er die Anwesenheit seines Freundes vermisst hatte. Seine schlechte Laune war mit einem Schlag verschwunden, als er Yuki erblickt hatte. Bei diesem Gedanken konnte sich auch Aki ein leichtes Grinsen nicht verkneifen. "Und warum lachst du jetzt?" "Ich lache über deine Dummheit." "Wie freundlich. Genau deshalb wollte ich dich wieder sehen." Beim Anblick von Yukis beleidigtem Gesicht lachte Aki kurz auf. Dann lehnte er sich an die Wand neben dem Fenster und deutete mit einer leichten Kopfbewegung in den Raum hinein. "Willst du nicht langsam reinkommen?" Yuki kam der Einladung sofort nach, öffnete das Fenster noch ein Stück weiter und kletterte hindurch. "Schon mal was von einer Tür gehört?" "Meinst du nicht, das wäre ein bisschen auffällig?" Da hatte er in gewisser Weise auch wieder Recht. Aki wollte gar nicht erst wissen, was Makoto für ein Gerücht daraus machen würde, sähe er Yuki hier langspazieren. "Du warst eben so bedrückt. Was war denn los?" "Ach, nichts weiter. Ich hatte grad einen Kampf mit jemandem, den ich nicht besonders mag. Beruht allerdings auf Gegenseitigkeit." "Hat er dich geschlagen?" "Nein. Unentschieden. Aber ich habe das Gefühl, dass er mit allen Mitteln versucht, mich irgendwie bloßzustellen. Keine Ahnung wieso." Ohne dass Aki es mitbekommen hatte, verfinsterte sich der Ausdruck auf seinem Gesicht wieder. Er starrte abwesend in den Raum und verfiel, wie schon so oft in dieser Woche, in sein Gegrübel über den Kontrahenten. Yuki klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. "Kopf hoch! Zu allererst braucht er einen handfesten Vorsatz, wenn er dich kränken will. Du solltest dir nicht so viele Gedanken machen. Wenn du willst, können wir ja ein bisschen spazieren gehen. Frische Luft wird dir gut tun." Aki gefiel die Idee. Bevor Yuki wieder durch das Fenster verschwand, machten sich beide einen Ort aus, an dem sie sich treffen konnten. Aki zeigte seinem Freund den See, zu dem sie jeden Tag liefen um zu trainieren. Jetzt, wo niemand mehr da war und die Sonne schon den Horizont küsste, sah das Gewässer noch viel schöner aus als tagsüber. Die Freunde gingen eine Weile spazieren und unterhielten sich ein bisschen, bis sie sich unter einer hoch gewachsenen Weide niederließen. Die Ruhe tat richtig gut nach diesem anstrengenden Tag. Und nicht nur die Ruhe. Auch dass Yuki wieder bei ihm war; das vertraute Gefühl, zu Hause zu sein, genoss Aki. Sie saßen bis zum späten Abend unter dem Baum und beobachteten die Stille der Natur. Gelegentlich unterhielten sie sich dabei, aber die meiste Zeit über saßen sie nur schweigend da. Schließlich brachte Yuki seinen Freund zurück zu der Stelle, an der sie sich zuvor getroffen hatten und verabschiedeten sich dort. Bevor Aki jedoch ging, gab sein Freund ihm noch ein kleines Kärtchen, auf dem eine Adresse gedruckt war. Zur Erklärung fügte der Japaner hinzu: "Ist ein Hotel ganz in der Nähe. Dort bleibe ich bis Sonntag. Also falls du Lust und Zeit hast, komm vorbei." "Klar. Danke." Aki ließ den Zettel in seiner Hosentasche verschwinden und machte sich auf den Weg zu seiner Unterkunft. Gleich nach dem Training am nächsten Tag machte sich der junge Halbjapaner auf die Suche nach der Anschrift, die Yuki ihm am Abend zuvor gegeben hatte. Das Hotel war nicht schwer zu finden. Es war sogar ausgeschildert. Aki erkundigte sich nach dem Zimmer seines Freundes und als er dieses dann betrat, hatte er das Gefühl, wieder in Osaka zu sein. Das Umfeld war zwar vollkommen anders, aber gleich nachdem er die Tür geöffnet hatte, stieg ihm der Geruch von Tempura in die Nase. Aus einem Raum - es musste sich wohl um die Küche handeln - drang das vertraute Geräusch von kochendem Essen an sein Ohr. Neugierig folgte Aki diesen Eindrücken und erblickte - wie erwartet - Yuki, der vor einer kleinen Kochstelle stand und sich um sein Essen kümmerte. Der junge Japaner drehte sich kurz um und begrüßte seinen ungläubig dreinblickenden Freund. "Hallo, wie war's? Essen ist gleich fertig. Dauert nur noch einen Moment." "Du...hast für mich mitgekocht? Und wo hast du überhaupt das Teil her?" "Ich hab gefragt, ob ich so eins bekommen kann. Immerhin habe ich hier nur für die Ãœbernachtungen bezahlt. Und klar koche ich dir was! Du hast mir doch gestern gesagt, wann du in etwa Schluss hast." "Und was hat dich so sicher gemacht, dass ich auch komme?" "Ich wusste es einfach." Aki verstand das nicht ganz, aber eigentlich war es ihm auch egal, was genau im Kopf seines Freundes vorging. Es machte ihn irgendwie glücklich zu wissen, dass Yuki sich so um ihn kümmerte. Auf ihn hatte er sich bis jetzt stets verlassen können. Außerdem konnte er seine Sorgen meist vergessen, wenn er bei dem jungen Japaner war. Er konnte es sich selbst nicht genau erklären, warum er Yuki so sehr vertraute, er hatte es einfach im Gefühl. Auch am Sonntag kam Aki seinen Freund besuchen. Diesmal konnte er sogar schon am Nachmittag zu ihm gehen, weil die Trainer den Nachwuchsmeistern den halben Tag frei gegeben hatten. Allerdings musste Yuki an diesem Tag zurück nach Osaka, sodass sie nicht viel mehr Zeit miteinander verbringen konnten als sonst. "Kommst du nächsten Freitag wieder?" Was hatte er sich dabei gedacht?! Nächsten Freitag war das Training schon so gut wie vorüber. Samstagabend würde sich der Bus mit den Leuten aus der Region bei Osaka bereits auf den Weg machen. Wieso fragte er Yuki dann extra, ob er trotzdem kommen würde? "Klar." ,Klar?!' Wollte er tatsächlich am Freitag noch vorbeikommen? Das würde sich doch überhaupt nicht lohnen. "Ach, nein. Schon gut. Ich bin doch spätestens Sonntagvormittag wieder da. Hab nicht mitgedacht, als ich dir die Frage gestellt hab." "Nein, ich komme gern. Sonst muss ich ja noch länger warten, bis ich dich wieder sehe." Aki warf seinem Freund einen nachdenklichen Blick zu. "Wir sind doch Freunde. Oder stört es dich, wenn ich wieder komme?" "Also manchmal bist du echt komisch, Yuki..." Grinsend zuckte er mit den Schultern. "Sonst wär's doch langweilig!" Aki schüttelte, mehr für sich, mit dem Kopf und wechselte dann das Thema. Die nächste Woche verging noch schneller als die letzte. Auch die Abende waren nicht mehr so trübselig. Schließlich kam Yuki bald wieder... Zwar versuchte Makoto nach wie vor, Aki zu schaden, aber dieser bot ihm keine Möglichkeit dazu. Außerdem hatte der junge Halbjapaner mittlerweile einige gute Freunde gefunden, die ihm gegen Makotos Schikanen zur Seite standen. Der letzte Tag des Trainings, Samstag, verlief anders als die vergangenen zwei Wochen. An diesem Tag traten die Schüler gegen ihre Trainer an. Die gesamte Zeit über wurden sie von geschäftig gekleideten Leuten beobachtet, die den ganzen Tag nichts anderes taten, als in ihren Ecken zu sitzen und ausdruckslos die Kämpfe zu beobachten. Als das Training schließlich vorbei war, verschwanden auch die Fremden für eine Weile, kamen dann allerdings wieder und suchten einige Schüler auf, unter ihnen auch Aki. "Danny Aki Willis, richtig?" "Ja." Der Halbjapaner mochte den Menschen, der sich ohne weiteres in sein Zimmer eingeladen hatte, nicht sonderlich und wollte ihn so schnell wie möglich wieder loswerden. Außerdem wartete Yuki auf ihn. "Ich gehöre zum Ausschuss der diesjährigen Kendo-Landesmeisterschaften. Wie Ihnen sicher aufgefallen ist, habe ich Sie und Ihre Kameraden beim Training beobachtet. Ihre Fähigkeiten sind mir sehr positiv aufgefallen, weshalb ich ihnen empfehlen würde, an der Meisterschaft teilzunehmen." Einen Moment lang starrte Aki den älteren Mann fassungslos an, bis ihm die volle Bedeutung der Worte bewusst wurde. "Sie wollen mich also für die Landesmeisterschaft anmelden... Meinen Sie nicht, dass Sie lieber erfahrene Kämpfer fragen sollten?" "Genau genommen geht es um die Teilnahme an der Juniorenmeisterschaft, also für junge Leute bis zum Alter von 20 Jahren. Die Anmeldung dafür muss mindestens einen Monat im Voraus erfolgen und Sie müssen außerdem Ihr Können unter Beweis stellen. Deshalb sind wir heute hier. Ich bin von Ihren Fähigkeiten überzeugt und würde Sie registrieren lassen. Vor der Landesmeisterschaft müssten Sie zwar erst die Stadtausscheidungen bestehen, aber ich habe keine Bedenken, dass Sie daran scheitern könnten. Ich muss leider bald wieder los und brauche daher sofort Ihre Antwort." Aki überlegte noch einen Moment und stimmte dann zu. Das Studium würde durch die Kämpfe sicherlich öfters ausfallen, aber er war sich sicher, dass der Direktor Verständnis dafür haben würde. Und Yuki...was er wohl sagen würde, wenn er ihm davon erzählte...? "Vielen Dank. Ich entschuldige mich für die Störung und mache mich nun wieder auf den Weg. Ich hoffe, Sie im November in Tokio wieder zu sehen." Damit gab er Aki noch einen Brief und verließ das Zimmer. Der Umschlag landete kurz darauf ungelesen auf dem Schreibtisch. Der junge Halbjapaner konnte es kaum erwarten, seinem Freund davon zu berichten, zog sich schnell um und machte sich auf den Weg in das Hotel. "Gratuliere! Ich wusste ja, dass du gut bist, aber so gut... Wahnsinn! Ich werde dich auf jeden Fall kräftig anfeuern und wehe, du strengst dich nicht an!" Als Aki begonnen hatte, seinem Freund von der Begegnung mit dem Komiteemitglied zu berichten, hatte er erst Zweifel, dass Yuki wieder enttäuscht sein würde. Immerhin würde der junge Halbjapaner erneut eine ganze Weile wegfahren und Yuki somit nicht sehen können. Daher war er jetzt eher erleichtert als froh. "Komm, darauf müssen wir anstoßen!" "Sorry, geht nicht. Der Bus fährt in zwei Stunden und ich hab noch nicht mal angefangen zu packen." "Ich kann dich doch auch mitnehmen." "Danke, aber ich nehm lieber den Bus." "Wieso?" "Meintest du letzte Woche nicht selbst, es wäre zu auffällig, wenn man uns dauernd zusammen sieht? Ich find es ja schon komisch genug, dass du extra den weiten Weg auf dich nimmst, nur um mich für ein paar Stunden zu sehen, wenn ich doch am nächsten Tag schon wieder zu Hause bin." "Ich ertrag diese Stille einfach nicht. Da könnte ich verrückt werden." Die Ernsthaftigkeit, mit der Yuki dies sagte, machte Aki ein bisschen Angst und er bereute es bereits, diese Bemerkung gemacht zu haben. "Tut mir Leid." "Schon gut. Du musst jetzt los, oder?" "Ja." "Dann sehen wir uns zu Hause. Lass dir nicht zu viel Zeit. Ich warte mit dem Abendessen, bis du kommst." "Ja. Danke." Die Heimfahrt bekam Aki gar nicht richtig mit. Er starrte die ganze Zeit aus dem Fenster, während ihm immer wieder Yukis Worte durch den Kopf gingen. ,Ich ertrag diese Stille einfach nicht.' So hatte er seinen Freund noch nie erlebt. Sonst war er immer lustig und scherzte nur herum, sodass Aki ihn schon das ein oder andere Mal gebeten hatte, doch etwas mehr Ernsthaftigkeit an den Tag zu legen. Aber solch einen deprimierten, ja fast schon verzweifelten Gesichtsausdruck hatte er sich darunter wahrhaftig nicht vorgestellt. Was in diesem Moment wohl in seinem Freund vorgegangen sein mochte? Aki wusste es nicht. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* Soweit, so gut. Ich hoffe, es hat euch ein bisschen gefallen. Ich muss langsam mal zum Thema kommen. Also ein bisschen näher auf die Gefühle von Aki und Yuki eingehen. Da kommt im nächsten Kappi noch ein bisschen mehr. Es wird höchstwahrscheinlich (also wenn ich nicht zwischendurch Verbot bekomme und mir der Rechner wieder kaputt geht) nicht mehr lange dauern, bis es fertig ist. Dann muss ich es nur noch kontrollieren lassen (ich hasse das, mir mein eigenes Zeug noch mal durchzulesen). Also bis dann! *knuddl**verschwind* Ein freier Tag -------------- Ich hab in den letzten Tagen mal nachgesehen, wie lange ich nun nicht mehr geupdatet hab... über zwei Monate... mein Gott! *heul* Bin ich nachlässig! Hätte meinem Beta-Leser vielleicht nicht sagen sollen, dass sie sich ruhig Zeit lassen kann, weil ich nicht so schnell posten möchte (das Kappi war kurz nachdem ich das letzte gepostet hab, fertig)... Nun, aber eins kann ich euch (fast) versichern: Das nächste Kapitel (oder besser: Der erste Teil dieses Kapitels. Das ist so schon ganz schön lang, da habe ich es lieber geteilt) wird nicht so lange auf sich warten lassen. Das hab ich schon fertig. Muss nur noch korrigiert werden, aber mein jetziger Beta-Leser ist da immer recht schnell. Also sagen wir... sobald ich vier Kommis hab, poste ich. Es liegt also an euch. Und nun genug gelabert. Ihr habt zwei Monate wegen diesem Kapitel ausgeharrt, da will ich euch nicht noch mit meinem Gelaber zutexten (zu spät ^-^). Viel Spaß! ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Kapitel 4: Ein freier Tag Neun Uhr abends. Yuki saß allein im Wohnzimmer, starrte auf die Tür. Aus der Küche drang der Duft einer frisch gekochten Mahlzeit. Um sie warm zu halten, hatte der Japaner den Herd mit kleinstmöglicher Hitze laufen lassen. Es war nicht das erste Mal, dass er den Abend so verbrachte. Es kam sogar sehr häufig vor. Eigentlich jeden Tag, seit Aki vom Trainingslager zurückgekehrt und die Uni erfahren hatte, dass er für die Landesmeisterschaft registriert war. Der Direktor hatte darauf bestanden, dass der talentierte Kendo-Schüler zusätzlich trainieren sollte, um sein Potential so weit es ging auszuschöpfen. Nun traf er sich jeden Tag mit Taro-Sempai, seinem Clubleiter, der sich bereit erklärt hatte, mit ihm zu trainieren. Yukis Blick verfinsterte sich bei dem Gedanken. Ihm gefiel es nicht, dass sein Freund so viel Zeit mit diesem Kerl verbrachte. Er hatte das Gefühl, als schenkte der Halbjapaner ihm immer weniger Beachtung. Vielleicht würde er irgendwann gar nicht mehr zu ihm zurückkehren.... NEIN!!! NIEMALS! Wie konnte er so etwas überhaupt denken?! Yuki schüttelte den Kopf, als wollte er damit die schrecklichen Gedanken einfach von sich werfen. Er kommt zu ihm zurück. Das war bis jetzt immer gewesen so und daran würde sich auch nichts ändern. Selbst wenn dieser Kendo-Typ versuchen sollte, ihn ihm wegzunehmen. Aki hatte zehn Jahre darauf gewartet, ihn wieder zu sehen. Er hatte nur seinetwegen mit dem Kampfsport begonnen und seinem Heimatland den Rücken gekehrt. Er hatte so viel riskiert, obwohl er nicht im Geringsten gewusst hatte, was ihn erwarten würde. Er war wegen ihm zurückgekommen.... Halt, nein...! Er war wegen dem MÄDCHEN, das er vor zehn Jahren kennen gelernt hatte, zurückgekommen; doch als er hier ankam, musste er feststellen, dass es dieses Mädchen nicht gab. Ein erneutes heftiges Kopfschütteln unterbrach Yukis Gedankengänge. Er hielt den Gedanken, dass Aki irgendwann vielleicht wieder verschwinden würde, einfach nicht aus. Er zerfraß ihn - jedes Mal, wenn er darüber nachdachte. Und er dachte in der letzten Zeit oft darüber nach. Immer dann, wenn Aki so spät nach Hause kam. Also jeden Tag... Er wollte nicht mehr daran denken. Es machte ihn verrückt. Diese Ungewissheit... Die Sehnsucht nach Aki machte ihn verrückt. Und er wusste nicht, wie lange er das noch durchstehen würde. In diesem Moment öffnete sich die Tür und ein schwer atmender, junger Mann mit kastanienbraunem Haar und grasgrünen Augen betrat die Wohnung. Schweiß durchtränkte seine leichte Kleidung und ließ jedes Detail seines Körpers sichtbar werden. "Hi! Tut mir Leid, dass es so spät geworden ist. Wie war dein Tag?" "Ganz gut. Schön, dass du endlich da bist. Hast du Hunger?" "Ja. Aber vorher geh ich unter die Dusche." Mit diesen Worten verschwand Aki, Yuki machte sich auf den Weg in die Küche. So ging es schon seit über zwei Wochen. Daher wusste der junge Japaner auch ziemlich genau, was als Nächstes geschehen würde: Aki kommt irgendwann wieder; sie essen, ohne viel miteinander zu reden, Aki geht in das Schlafzimmer und arbeitet irgendwas für die Uni aus, wenn noch etwas anstand; und wenn nicht, geht er gleich schlafen. An diesem Abend verhielt es sich nicht anders. "Gut. Für heute reicht es." Taro-Sempai ließ sein Shinai sinken und ging zusammen mit Aki zum Umkleideraum. Beide waren schweißnass und atmeten schwer. "Du hast große Fortschritte gemacht in den letzten drei Wochen. Respekt." "Danke." Aki setzte sich, verstaute sein Bambusschwert wieder im Rucksack und begann, sich umzuziehen. "Wir machen Montag weiter. Dann hast du ein bisschen Zeit, um dich zu erholen." "Keine Sorge! Morgen bin ich wieder fit." "Das bezweifle ich nicht, aber irgendwann wird auch dein Körper erschöpft sein und ich möchte nicht, dass es ausgerechnet zur Weltmeisterschaft soweit ist. Da wirst du deine gesamte Kraft brauchen. Also mach dir ein schönes Wochenende." "Danke." Aki wusste, dass Taro-Sempai Recht hatte. Seit drei Wochen war er nur noch am Arbeiten. Wenn er seine Freizeit nicht mit dem Kendo verbrachte, jobbte er entweder in der Konditorei oder saß an seinen Arbeiten für die Uni. Wenn er schließlich seine Ruhe hatte, war er zu müde, um noch etwas mit Yuki unternehmen zu können. Er hatte sich nicht einmal richtig mit ihm unterhalten können. Und das, obwohl der Japaner ihn die ganze Zeit über umsorgte. Eins stand für Aki fest: Er wollte das Wochenende nutzen, um sich bei seinem Freund zu bedanken. Wie genau sein ,Dankeschön' aussehen sollte, wusste er noch nicht, aber da würde er sich schon etwas einfallen lassen. Aki war leicht überrascht, als er sah, dass jemand auf ihn gewartet hatte: Haruko. Sie hatte sich Sorgen gemacht, weil der junge Halbjapaner neuerdings nur noch so wenig Zeit hatte und daher beschlossen, ihren Freund abzuholen. Aki freute sich sehr über diese Überraschung. Obwohl er ihr an jenem Abend im Park einen Korb gegeben hatte und beide 'nur' gute Freunde waren, verstanden sie sich prima. Haruko war Akis beste Freundin. Er konnte jederzeit mit ihr reden, sie unternahmen viel miteinander. Oder hatten dies zumindest getan, bis Aki auch seine letzte Freizeit dem Training geopfert hatte. Während sie gemütlich durch die Nacht schlenderten, erzählte Aki dem Mädchen von den letzten Ereignissen (was nicht lange dauerte, weil er jeden Tag das selbe erlebt hatte) und kam schließlich auch auf sein freies Wochenende zu sprechen. Wie er es erwartet hatte, freute sich Haruko riesig über diese Nachricht und wusste natürlich sofort etwas mit der Freizeit anzufangen. "Lass uns am Samstag auf den Jahrmarkt gehen! Dieses Wochenende hat er noch geöffnet. Oder hast du schon was anderes vor?" "Nein. Die Idee gefällt mir. Würde es dich stören, wenn wir zu dritt hingehen?" "Wen möchtest du denn noch mitnehmen?" "Yuki. Ihr kennt euch zwar noch nicht so gut, aber er ist ein netter Kerl. Ich bin sicher, dass ihr euch verstehen werdet." "Dein Mitbewohner? Ich hab' nichts dagegen. Also dann bis morgen, ja?" Sie waren nun an der Kreuzung angekommen, an der sich ihre Wege trennten. "Gut. Wann und wo wollen wir uns treffen?" "Um elf am Haupteingang. Wenn was dazwischen kommt, ruf mich an." "Geht klar. Bis morgen also." "Abend, Yuki!" "Nanu? So gut gelaunt?" "Ja. Ich hab für das Wochenende frei bekommen. Hast du morgen schon was vor?" "Nein. Aber du klingst, als hättest du schon etwas geplant." "Ich gehe mit Haruko zum Jahrmarkt. Hast du Lust mitzukommen?" "Ja, gern! Ich weiß gar nicht, wie viele Jahre es schon her ist, seit ich das letzte Mal dort war." "Dann wird es Zeit, dass du mal wieder hingehst. Wir treffen uns morgen elf Uhr mit Haruko am Haupteingang." "Die Kleine, die in dich verliebt war?" "Genau. Sie hat mich vorhin vom Training abgeholt. Ihr werdet euch bestimmt verstehen." ,Sie hat ihn also abgeholt... Ob sie immer noch in ihn verliebt ist?' "Hast du Hunger?" "Und wie! Ich mach mich schnell frisch, dann komme ich wieder." "Beeil dich! Ich stell schon mal das Essen auf den Tisch." ,Falls diese Haruko vorhat, sich an Aki ranzuschmeißen, dann werde ich das auf jeden Fall verhindern! Egal, was ich dafür anstellen muss. Solange er nur bei mir bleibt...' Haruko war so pünktlich wie immer. Als Aki und Yuki den vereinbarten Treffpunkt erreichten, stand sie bereits dort und wartete auf beide. Diesmal war es allerdings nicht sehr außergewöhnlich, dass Haruko die Erste war. So langsam, wie Yuki an diesem Morgen gewesen war... Erst wollte er ewig nicht aufstehen, dann blockierte er stundenlang das Bad und letztendlich brauchte er zum Frühstücken mindestens doppelt so lange wie sonst. Hätte Aki ihm nicht irgendwann angedroht, allein zu gehen, würden sie wohl immer noch zu Hause herumsitzen. Als das Mädchen ihre Begleiter entdeckte, kam sie ihnen ein Stück entgegen. "Hallo Aki! Und du musst Yuki sein, oder?" "Ja. Hallo." Nachdem er sie kurz betrachtet hatte, lief er ohne eine weitere Geste Richtung Eingang weiter. Fragend drehten sich die verbliebenen Personen nach ihm um. "Was hat er denn?" Haruko war klar, dass er ihretwegen so reagiert hatte und fragte sich, was sie wohl falsch gemacht hatte. "Schon gut. Mach dir nicht so viele Gedanken. Er ist manchmal etwas komisch, aber eigentlich ist er ganz nett. Ich weiß nicht, was er jetzt schon wieder hat." "Er sieht aus, als wäre er eifersüchtig." Aki sah sie fragend an. "Auf wen denn?" "Schon gut." Mit einem leisen Lächeln auf den Lippen nahm sie den Halbjapaner an der Hand und führte ihn ebenfalls zum Eingang. Als Yuki dies sah, wurde sein Gesichtsausdruck wieder freundlicher, er legte sanft eine Hand auf Harukos Schulter und wies mit der anderen Richtung Kasse. "Ladies first." "Danke." Haruko ließ Akis Hand los und kam der Geste des Japaners nach, welcher sich gleich darauf hinter sie stellte und somit verhinderte, dass sie Aki wieder so nah kommen konnte. Nachdem alle drei bezahlt hatten, erkundeten sie das Gelände, um zu sehen, was es alles gab. Dann entschieden sie sich, mit einer Geisterbahnfahrt anzufangen. Anschließend war die Achterbahn an der Reihe. Sie war sehr groß für eine Jahrmarktsachterbahn und befand sich daher auch am Rand des Platzes, wo sie fast die gesamte Länge einnahm. Als die drei die Attraktion erreichten, stellten sie fest, dass sie sehr beliebt sein musste, denn die Schlange, die ebenfalls darauf wartete, irgendwann damit zu fahren, erstreckte sich meterweit. "Das kann dauern." Yuki, der größte von allen dreien, hatte kurz die Lage überblickt und drehte sich seufzend zu den anderen beiden zurück. "Wollen wir woanders hingehen?" Haruko, die zwischendurch eine Übersichtskarte gekauft hatte, entfaltete diese nun, um nach einer Alternative zu schauen. "Dann kommen wir sicherlich nie dazu, mit der Achterbahn zu fahren. Hat jemand Lust auf ein Eis? Ich geh' welches holen", warf Aki ein. "Ich nehme Zitrone und Apfel", entschied sich Haruko. Yuki überlegte kurz, dann entschied er sich für Schokolade und Haselnuss. Gleich darauf war Aki verschwunden. Die ideale Möglichkeit für Haruko, mit dem Japaner zu reden. "Er ist wirklich nett." Yuki sah sie prüfend an. Ihm war klar, dass sie auf irgendwas hinaus wollte, doch er wusste nicht, worauf. Also spielte er erstmal mit. "Ja. Aki denkt immer zuerst an andere." "Dieses Gefühl hatte ich schon, als er gerade erst in Japan angekommen war. Ich glaube, deshalb habe ich mich in ihn verliebt." Dem Japaner gefiel dieses Thema nicht. Er musste aufpassen, dass er nichts Falsches sagte. "...Liebst du ihn immer noch?" "Nein. Für mich ist er unerreichbar. Das ist mir an dem Tag klar geworden, als wir das Date hatten. Aber ich schätze ihn als guten Freund. Nicht mehr und nicht weniger. Du hast also keinen Grund, eifersüchtig zu sein." Yuki spürte, wie sein Inneres einen Moment erstarrte. Dann entstand aus dieser Leere eine Mischung aus Angst und Erleichterung. "Ich bin nicht eifersüchtig." "Sicher? Warum liegt dir dann so viel daran, dass ich Aki nicht zu nah komme?" "Das bildest du dir nur ein." Harukos Fragen gefielen ihm ganz und gar nicht. Um sich nicht weiter in Widersprüche zu verstricken, tat er, als hätte die letzte Bemerkung des Mädchens ihn beleidigt und er drehte sich von ihr weg. Die Japanerin merkte, dass es auf diese Art schwieriger würde, an Yuki heranzukommen und wurde daher offener. "Tut mir Leid. Ich wollte dich nicht verärgern. Eigentlich wollte ich dir nur Mut machen." Langsam drehte sich der Japaner zu dem Mädchen zurück und sah ihr skeptisch in die Augen. Nach einer kurzen Pause sprach sie weiter. "Weißt du, warum ich Aki aufgegeben habe?" "Nein." "Weil mir an diesem Tag klar geworden ist, dass sein Herz jemand anderem gehört. Wahrscheinlich ist ihm das selbst noch nicht klar geworden, aber ich bin mir ganz sicher. Ich habe es in seinen Augen gesehen. Er schien nicht wirklich bei mir gewesen zu sein, sondern irgendwo anders. Damals wusste ich noch nicht, an wen er dachte, aber mit der Zeit kam mir eine Vermutung. Als ich ihn am Eingang an der Hand genommen hatte, wollte ich nur sehen, ob ich richtig lag." Sie machte erneut eine Pause und sah Yuki dabei fest in die Augen. Sie spiegelten eine Mischung aus Verwirrung, Unglauben und Hoffnung wieder. Schließlich ergriff Haruko erneut das Wort. "Ich habe doch Recht, oder?" Der Japaner lächelte sanft, fast schon ein wenig traurig. "Ja...." Haruko erwiderte das sanfte Lächeln und nahm Yuki an der Hand. "Ich will versuchen, dir ein bisschen zu helfen. Ich weiß nicht, wie lange es sonst dauern würde, bis Aki seine eigenen Gefühle versteht. Ich glaube, er ist ein wenig... begriffsstutzig, was das angeht." Nun verwandelte sich Yukis Gesichtsausdruck in ein richtiges Lächeln. In diesem Moment wurde ihm klar, was für eine gute Freundin Aki hatte. "Danke, Haru-chan." "Mach ich doch gern." "Hab ich was verpasst? Seit wann versteht ihr euch so gut?" Sie hatten nicht gemerkt, dass der junge Halbjapaner plötzlich hinter ihnen aufgetaucht war; in der einen Hand das Eis für seine Freunde, in der anderen sein eigenes, welches bereits ein Stück kleiner war als die beiden anderen Eistüten. Als er den irritierten Gesichtsausdruck der Begleiter bemerkte, sah er sie prüfend an. "Was ist denn los? Störe ich?" "N...nein, nein. Wir waren nur ein wenig erschrocken, als du so plötzlich hinter uns aufgetaucht bist." Yuki hoffte inständig, dass sein Freund nichts von dem Gespräch mitbekommen hatte. Er warf einen kurzen Blick hinüber zu Haruko, welche dasselbe zu denken schien wie er. "Das passt gar nicht zu dir. Du bist doch sonst nicht so schreckhaft, Yuki." "Du schleichst dich ja sonst auch nicht an mich ran." Aki begriff, dass dieses Gespräch zu nichts führen würde. Wahrscheinlich hatte er es sich ja wirklich nur eingebildet. Daher wechselte er spontan das Thema und hielt seinen Freunden ihr bestelltes Eis entgegen. Beide atmeten innerlich auf, als der Braunhaarige diese Geste vollzog und verwarfen damit ebenfalls die Diskussion. Vorerst zumindest. Das Warten auf die Achterbahn hatte sich gelohnt. Durch diese Fahrt war auf einmal sämtlicher Stress der letzten Wochen aus Akis Kopf herausgefegt worden. Als ob er ihn irgendwo auf der Strecke verloren hätte. Plötzlich sah er das Geschehen um sich herum aus einem völlig anderen Blickwinkel, den er fast schon vergessen hatte. Aki dachte nicht mehr daran, was am nächsten Tag auf ihn zukommen würde. Er wollte diese Unbeschwertheit mit seinen Freunden einfach genießen. Die drei alberten die ganze Zeit herum. Im Geisterhaus versteckten sie sich voreinander und warteten, bis einer der Begleiter vorbeikam, und versuchten dann, ihn so gut es ging zu erschrecken. Beim Autoscooter waren ihre einzigen Beschäftigungen wilde Verfolgungsjagden und Zusammenstöße. So verging allmählich der schöne Tag und die drei überlegten, wie sie ihn wohl ausklingen lassen könnten. Haruko war für das Spiegellabyrinth, Yuki wollte unbedingt noch zum Freien Fall. Aki gefiel die Idee seiner Freundin um einiges besser, doch da sie, um zum Labyrinth zu gelangen, am Freien Fall vorbeikamen, willigte Haruko ein, vorher noch damit zu fahren. Nur Aki gefiel das ganz und gar nicht. Er sah sich verstohlen in der Gegend um, bis er etwas entdeckte, was er für eine Ausrede nutzen konnte, und meinte dann: "Ich geh erst mal was essen. Ihr könnt ja in der Zwischenzeit fahren. Solange warte ich hier auf euch." "Komm schon, Aki! Zu dritt macht es doch am meisten Spaß!" An Harukos Stimme konnte man erkennen, dass sie etwas enttäuscht von seinem Vorschlag war. "Hast wohl Höhenangst?" Bei diesen Worten durchdrang ein eisiger Schauer Akis Körper. Yuki hatte damit so ziemlich ins Schwarze getroffen. Höhe allein störte ihn nicht, sonst würde er die Achterbahnen nicht so lieben. Aber wenn er unter sich nur winzige Punkte sah, die mit etwas Fantasie als Menschen bezeichnet werden konnten...und dann die sichere Gewissheit, dass man wie ein Stein auf diese Menschen - und damit verbunden den Boden - zuraste...davor hatte Aki Angst. Und es war nicht nur Angst; es war Panik, die in ihm aufstieg, wenn er daran denken musste. Aki hatte sein Gesicht zu dem Imbisstand gedreht, damit seine Freunde ihn nicht so sehen mussten, doch Yuki schien trotzdem zu spüren, was in dem Halbjapaner vorging, denn er fing an, es zu bereuen, überhaupt hier her gewollt zu haben und bestand nicht länger auf Akis Begleitung. "Okay, du kannst auch hier warten, wenn dir das lieber ist. Haru-chan und ich können ja mal allein fahren. Wir kommen dann rüber, wenn wir wieder draußen sind." "Gut, bis dann." Aki war kurz davor, noch ein ,Danke' anzufügen, doch er wollte es nicht noch offensichtlicher machen, weshalb er nicht mitwollte. Sie sollten sich nicht zu große Gedanken darum machen. Aki hatte es die letzten Jahre geschafft, allein damit zu leben. Daran würde sich auch in Zukunft nichts ändern. So ging er zum Imbisstand und bestellte sich eine Nudelsuppe, während Yuki und Haruko sich auf den Weg zum Eingang machten. Der Japaner machte sich weiterhin Vorwürfe, diesen Vorschlag überhaupt gemacht zu haben. Er wollte, dass Aki einen schönen Tag hat und nun hatte er damit die Stimmung verdorben. Haruko blieben Yukis Grübeleien natürlich nicht verborgen. "Denk nicht zu viel darüber nach. Du konntest es nicht wissen." "Ich wollte nicht, dass er sich Sorgen machen muss. Nicht heute." "Es war halt ein dummer Zufall. Aber wenn du jetzt weiter so grübelst, wird sich Aki Gedanken um dich machen, und das macht den Tag nicht schöner." "Ja, du hast Recht, Haru-chan. Es wäre wohl das Beste, wenn ich nicht mehr darüber nachdenke. Aber ich wüsste trotzdem gern, weshalb er solche Angst vor dem Freien Fall hat. Die Achterbahnfahrt hat ihm doch auch Spaß gemacht." "Warte einfach ab. Irgendwann wird er es dir sicherlich erzählen." Aki hatte sich mittlerweile einen Tisch ausgesucht, von dem aus er die Attraktion gut beobachten konnte. Er konnte einfach nicht da mitfahren, aber er hatte ein sehr ungutes Gefühl, wenn er die riesige Stange mit der immer höher steigenden Gondel betrachtete und daran dachte, dass seine besten Freunde dort waren. ,Ihnen passiert schon nichts. Das Ding ist sicher', versuchte er sich immer wieder einzureden; leider ohne Erfolg. Die vor ihm auf dem Tisch stehende Nudelsuppe hatte er völlig vergessen. Er rührte zwar gedankenverloren darin herum, doch dies bekam er gar nicht mit, während er das unheilvolle Monstrum, welches Yuki und Haruko gefangen hielt, beobachtete. Erst, als die Gondel wieder auf dem Boden war und dort blieb, fiel ihm ein, dass er sich ein - mittlerweile kaltes - Essen bestellt hatte und aß dieses schnell auf. Wenige Augenblicke später standen seine Freunde bereits wie verabredet vor ihm. Das Spiegellabyrinth versprach lustig zu werden. Als die drei Freunde ankamen, hörten sie bereits, wie innerhalb des Irrgartens jemand gegen eine Scheibe lief und laut fluchte. Die einen oder anderen Leute, welche das Labyrinth gerade verließen, kühlten sich eine Beule oder lachten über die blauen Flecken des Begleiters. Gemütlich schlenderten sie hinein. Der Anblick der vielen verzerrten Spiegel und Scheiben war überwältigend. Die drei Freunde ließen sich alle Zeit der Welt, um das Spiel des Lichts zu beobachten. Schnell konnten sie sowieso nicht laufen, sonst würde es ihnen mit Sicherheit so wie all den kleinen Kindern ergehen, die kontinuierlich gegen eine der fast unsichtbaren Glasscheiben rannten und dann wie Gummibälle davon zurückprallten. Ein wirklich ulkiger Anblick. Sie waren noch nicht sehr weit gekommen, als die erste Weggabelung in Sicht kam. Unschlüssig blieben sie davor stehen, bis sie sich entschieden hatten, dass Haruko den rechten und Yuki und Aki den linken Weg nehmen würden. Doch auch die jungen Männer wurden bald voneinander getrennt. An der folgenden Kreuzung nahm Aki den Weg geradeaus, Yuki ging nach rechts. So irrten alle drei voneinander getrennt weiter zwischen den Spiegelwänden umher. Man konnte nie erkennen, ob man an einer bestimmten Stelle schon einmal vorbeigekommen war oder nicht, weil alles gleich aussah. Aki stellte nach einer guten Viertelstunde jedoch fest, dass er nicht die ganze Zeit im Kreis gelaufen sein konnte. Leider war sein Weg trotzdem nicht der richtige gewesen. Er endete in einer Sackgasse. Yuki wurde das ungute Gefühl nicht los, dass es falsch gewesen war, Aki allein gelassen zu haben. Er konnte sich nicht erklären, warum. Vielleicht war er schon zu abhängig von ihm geworden. Auf jeden Fall machte er sich immer größere Sorgen, bis er sein Vorhaben, das Herz des Labyrinths zu finden, völlig vergessen hatte und nur noch teilnahmslos durch die Gänge lief; in der Hoffnung, irgendwo in diesem riesigen Irrgarten wieder auf Aki zu treffen, um sich vergewissern zu können, dass es ihm gut ging. Aki stand eine Weile in der Mitte des runden Raumes, in den er geraten war, und sah sich um. Dadurch, dass hier fast überall Spiegel waren, konnte sich der Halbjapaner in allen Ecken des Raumes sehen. Außerdem spiegelte sich das Licht der orangeroten Abendsonne sanft im Raum und wurde so überall hin verstreut. Auch Aki selbst hatte eine angenehm leuchtende Farbe angenommen. Es war eine richtig bezaubernde Atmosphäre. Wie in einem Märchen. Plötzlich verschwand dieses beruhigende Gefühl und hinterließ dafür eine leichte Anspannung; als ob irgendwo ganz in der Nähe etwas lauern würde. Aki konnte sich nicht erklären, was dieses Gefühl hervorgerufen hatte, doch er war sich sicher, dass irgendetwas Bedrohliches in seiner Nähe war. Er...spürte es einfach. Vorsichtig sah er sich um. Seine Anspannung wuchs rasant. In seinem Nacken bildete sich eine Gänsehaut. Er verharrte ganz ruhig in der Mitte des Raumes, machte nicht die kleinste Bewegung, bis er mit sich mit einem Ruck zu Boden warf. Im selben Moment vernahm er das Splittern von Glas und als er sich in die Richtung dieses Geräusches drehte, sah er ein Wurfmesser in der Scheibe stecken, die dadurch einige Risse bekommen hatte. Sein Herz begann schneller zu schlagen, doch Aki zwang sich krampfhaft zur Ruhe. Er wusste, dass er sonst keine Chance hatte hier lebend heraus zu kommen. Allmählich gelang es ihm, seine Sinne wieder zu sammeln und erst jetzt spürte er das leichte Kribbeln an seiner linken Wange. Blut. Er war gerade noch rechtzeitig ausgewichen. Das Messer hatte ihn leicht gestreift, kaum spürbar, doch hätte er einen einzigen Moment gezögert, wäre er nicht so einfach davongekommen. Wieder spürte er eine Bewegung hinter sich, sprang blitzartig auf und landete ganz in der Nähe des Ganges, aus dem er gekommen war. An der Stelle, wo der Halbjapaner gerade noch gelegen hatte, steckte nun ein weiteres Messer im Boden. Um genau zu sein, dort, wo sich vor wenigen Sekunden noch sein Kopf befunden hatte. Wer auch immer sich hier versteckte, er meinte es bitterernst. Aki zögerte keine Sekunde länger, drehte sich blitzartig um und sprintete den Gang entlang. Weiter kam er jedoch nicht, denn gleich an der ersten Kurve stieß er hart mit jemandem zusammen und riss diesen zu Boden. Der Aufprall war so hart, dass Aki für einen Moment die Orientierung verlor und bewegungslos auf der Person liegen blieb, bis er eine vertraute Stimme an seinem Ohr vernahm. "Aki...! Ist alles in Ordnung?" "Yuki...?" Ja. Es...es geht schon.... Komm, lass uns verschwinden!" Er versuchte sich aufzurichten, doch sein Körper zitterte so sehr, dass er ihn kaum unter Kontrolle hatte. Der Schwarzhaarige umfasste vorsichtig den Rücken seines Freundes und zog ihn sacht mit hoch. Dann betrachtete er ihn lange mit einem Blick, den Aki nicht zu deuten vermochte, bis er ihn schließlich sanft an sich drückte. Aki war viel zu verwirrt, um etwas erwidern zu können, irgendwie tat es ihm sogar gut, so nah bei Yuki zu sein. "Ist gut. Ich pass auf, dass dir nichts geschieht. Was ist denn passiert?" "Ach... Ist schon gut..." Aki war selbst noch viel zu verwirrt und wollte nicht, dass sein Freund sich um ihn sorgt, deshalb wandte er sich ab und tat so, als wäre nichts weiter gewesen. Weit kam er jedoch nicht, denn Yuki hielt ihm am Arm zurück. "Aki, du bist verletzt! Und dieser Kratzer sieht nicht unbedingt so aus, als wärst du gegen eine der Scheiben geknallt. Das sieht mir eher nach einer Schnittverletzung mit einem scharfen Gegenstand aus. Hier könnte irgendein Verrückter sein, der es auf dich oder sonst wen abgesehen hat und du tust so, als wäre nichts!", belehrte der Japaner seinen Freund empört. Die kleine Moralpredigt schien Akis Kopf ein wenig abgekühlt zu haben. Sein gehetzter Ausdruck verschwand und machte entschlossener Ernsthaftigkeit platz. "Du hast Recht, Yuki. Ich benehme mich hier wie ein aufgescheuchtes Huhn, während irgendwo im Labyrinth ein Verrückter rumläuft, der den Leuten mit Messern auflauert. Wir müssen hier schnellstmöglich raus und der Aufsicht bescheid sagen. Und die Polizei benachrichtigen." Yuki stimmte seinem Freund widerspruchslos zu. Schnell zückte Aki sein Handy und wählte die allgemeine Nummer der Polizeizentrale, berichtete kurz, worum es ging. Nachdem er an die lokale Einsatzstelle weitergeleitet wurde, erzählte er das ganze noch einmal, gab außerdem seinen Namen und den genauen Ort an, wo sich der Vorfall ereignet hatte. Als alles geklärt war, legte er auf und machte sich mit Yuki auf den Weg Richtung Ausgang. Anfangs wussten sie noch, welche Gänge sie nehmen mussten, um nach draußen zu gelangen, doch je weiter sie kamen, desto mehr nahm ihre Erinnerung an den gekommenen Weg ab. Glücklicherweise trafen sie, als sie gerade wieder unschlüssig an einer Ecke standen, auf Haruko, die von irgendwo her eine Karte ergattert zu haben schien. Als sie Akis linke Wange erblickte, wurde ihr Gesicht um einige Nuancen bleicher. "Oh Gott, Aki, was ist mit dir passiert?!", fragte sie erschrocken. "Hier muss sich irgendein Spinner verstecken, der Leute mit Messern angreift. Die Polizei haben wir schon informiert. Hoffentlich ist niemandem mehr etwas passiert", klärte er sie kurz auf. Nachdem sie ihren anfänglichen Schock überwunden hatte, fasste sich die junge Japanerin wieder und zeigte ihren Freunden die Karte, mit deren Hilfe sie schnell den richtigen Weg fanden. Noch auf halbem Wege ertönte eine Durchsage über die Lautsprecher des Irrgartens, in der angekündigt wurde, dass die Attraktion in Kürze geschlossen werden müsse, weshalb sich alle Besucher zum Ausgang zu begeben hätten. Von den Gründen wurde nichts gesagt. Kein Wunder. Würde hier in diesem Glashaus eine Panik ausbrechen, würde das die Situation um ein Vielfaches verschlimmern. Da war es besser, wenn die Leute erstmal nichts genaueres wussten - auch wenn sie ziemlich schlechtlaunig dreinblickten, wie Aki und seine Freunde an den Mienen der Vorbeigehenden erkennen konnten. Als sie endlich draußen waren, war - wie vermutet - die Polizei schon angefangen und stand mehr oder weniger ratlos in der Gegend herum oder versuchte, die Schaulustigen fernzuhalten. Als die Beamten Aki entdeckten (was anhand seiner Wange nicht sonderlich schwierig war), kamen sie auch gleich auf ihn zu und begannen, die üblichen Fragen zu stellen. Da der Halbjapaner leider niemanden gesehen hatte, blieb ihm nichts anderes übrig, als relativ allgemeine Angaben zu machen. Die größte Hoffnung wurde in die beiden Messer, die wahrscheinlich noch im Boden und in der Scheibe stecken würden, gesetzt. Vorausgesetzt, der Schütze hatte sie nicht irgendwie unbemerkt wieder mitgenommen. Es wurden auch andere Leute befragt, ob diese eventuell angegriffen worden wären oder ob ihnen jemand aufgefallen wäre, der Wurfmesser bei sich trug, doch niemand konnte dies bestätigen. Das Einzige, was sie daraus schlussfolgern konnten, war, dass diese Tat wohl keine ziellose Aktion gewesen, sondern nur auf Aki gerichtet war. Besonders Yuki bekam bei dieser Aussicht ein unheimlich flaues Gefühl im Magen. Er musste arg mit sich Ringen, um dem Drang, Aki beschützend in seine Arme zu schließen, widerstehen zu können. Egal, wie sehr der Halbjapaner auch nachdachte, ihm fiel niemand ein, der einen solchen Groll gegen ihn hegen könnte, dass er sogar planen würde, ihn umzubringen. Oder umbringen zu lassen - denn nach der Arbeit eines Amateurs hatte das nicht ausgesehen. Und etwas besonders Wertvolles hatte er auch nicht, wofür es sich lohnen würde, ihn zu beseitigen. Nachdem an diesem Abend nichts mehr erreicht werden konnte, wurden Aki, Yuki und Haruko unter polizeilicher Begleitung nach Hause gebracht und noch einmal darauf hingewiesen, dass sie in nächster Zeit vorsichtig sein sollten, es besser vermieden allein und zu spät irgendwo hinzugehen, einen möglichen Verdacht gleich unter einer bestimmten Nummer (die auf einer Visitenkarte stand, welche der leitende Kommissar ihnen gegeben hatte) zu melden etc. Selbst als Yuki und Aki wieder allein in ihrer Wohnung waren, spürten sie deutlich die düstere Atmosphäre, die über ihnen hing. Diesen Schreck würden sie beide wohl so schnell nicht vergessen können. Aki ging hinüber zum Fenster und lehnte sich hinaus. In der Ferne konnte er noch die Lichter des Erlebnisparks sehen. Das Spiegellabyrinth leuchtete besonders schön. Vermutlich waren noch immer einige Beamten dort drin, die nach irgendwelchen Spuren suchten. Plötzlich spürte Aki einen Arm auf seinen Schultern ruhen. Yuki war neben ihn getreten. "Ich bin froh, dass dir nichts weiter passiert ist." Ein stummes Nicken war die einzige Antwort, die er erhielt. Nach einer Weile erneuten Schweigens sprach Yuki weiter: "Es tut mir Leid." Verwundert drehte Aki sich zu ihm um. "Was meist du?" "Dass ich dich allein gelassen habe. Wäre ich bei dir geblieben, wäre das vielleicht nicht passiert." "Mach dir keine Vorwürfe. Das konnte doch niemand ahnen. Außerdem bin ich dir unendlich dankbar, dass du mich so schnell gefunden hast. Das hat mich irgendwie unheimlich beruhigt. Wie auch immer du es geschafft hast, mich so schnell zu finden." ,...Und warum du es überhaupt versucht hast. Auf deinem Weg lag diese Sackgasse definitiv nicht', fügte er in Gedanken hinzu, doch er sparte es sich, dies laut auszusprechen. Er war einfach zu müde, sich jetzt in längere Gespräche verwickeln zu lassen. Die ganzen letzten Wochen waren eine einzige Strapaze gewesen, er war nur von einem Tag zum nächsten gehetzt, ohne richtig dabei gelebt zu haben. Und nun, da er einmal einen Tag für sich und seine Freunde gehabt hatte, wurde dieser auch noch durch so etwas verdorben. Nein...heute konnte er einfach nicht mehr. Gedankenverloren lehnte er seinen Kopf an Yukis Schulter, um ein wenig Ruhe zu bekommen. Es tat ihm irgendwie gut, den Japaner in seiner Nähe zu haben. Yuki, der zuerst überrascht war über die plötzliche Handlung seines Freundes, spürte eine wohlige Wärme in sich aufsteigen, als er dessen entspanntes Gesicht so betrachtete. Vorsichtig nahm er seinen Arm von Akis Schultern und legte ihn beschützend um dessen Taille, beobachtete dabei die Reaktion seines Freundes, welche nur in einem tiefen Atemzug bestand, sonst war er völlig ruhig. Sie standen lange so da. Keiner von beiden sagte ein Wort. Yuki hoffte, seinem Freund ein wenig helfen zu können und genoss gleichzeitig die Wärme, die von ihm ausging. Aki war unendlich dankbar, dass es jemanden gab, der ihn auffing, wenn er fiel, und nicht mehr losließ, bis er wieder richtig fliegen konnte. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Ja, das war's dann erstmal wieder, aber wie gesagt, es liegt an euch, wann ich poste. Und an Ann-chan, aber ich glaube nicht, dass sie mit dem korrigieren länger braucht als ihr mit den Kommis. Bis dahin verabschiede ich mich erstmal. Eure Lady_Ocean. @evelAngel: Ich hoffe, du bist noch nicht verhungert. Will doch keinen meiner Leser verlieren! Und so sicher war mein Aufbau übrigens gar nicht. Sowas wie ein Script hab ich erst ab dem letzten Kapitel aufgeschrieben (irgendwie bekam ich dann doch Angst, dass ich den Überblick verliere und sich die Handlung verliert) und die Geschichte an und für sich hab ich nur aus einer kurzen Eingebung heraus, als ich grad voll im Shounen-ai-Wahn war, angefangen. Ich saß dann an dem ersten Kapitel und wusste gar nicht so recht, was da jetzt passieren sollte. Aber irgendwie wird das schon. Hoffe ich. Die Meisterschaft, Teil 1 ------------------------- So, wie versprochen das nächste Kapitel. Und vielen Dank für die Kommis!!! Hey, jetzt sind es schon über 10! Teil 2 dieses Kapitels ist in Arbeit, aber ich weiß noch nicht, wann ich fertig werde. Will es aber noch in den Ferien schaffen. An dieser Stelle möchte ich meiner Beta-Leserin noch mal für ihren Fleiß danken. Ist ja doch recht lang, dieses Kapitel. Und so, wie es bis jetzt aussieht, wird das nächste nicht viel kürzer. Sorry... ich hoffe, es stört euch nicht, wenn die Kapitel im Einzelnen so lang sind. Ich mag lange Kapitel an und für sich. Ist immer schade, wenn man mit dem Lesen aufhören muss, weil das Kappi fertig ist. Ich kann es immer kaum erwarten herauszufinden, wie es weiter geht. Nur beim rumstöbern hab ich meist keine Lust, gleich so viel Text auf einmal zu lesen.... Hab ja noch mehr vor. ^^v Aber jetzt erstmal genug geredet. Viel Spaß! ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Die Meisterschaft (Teil 1) Nun war es also soweit. Der November war nach Japan gekommen und damit auch die Meisterschaft. Für Aki bedeutete dies, dass die nächsten Wochen noch stressiger werden würden als bisher. Aber das störte ihn wenig. Ihm war klar, worauf er sich einlassen würde, als ihm das Angebot für die Teilnahme unterbreitet wurde. Durch den Brief, der vor wenigen Tagen im Briefkasten gelegen hatte, wusste Aki, dass die Vorausscheidungen in zwei Tagen beginnen würden. Schauplatz war seine Uni. Man hatte sie ausgewählt, so meinte der Direktor, weil sie Japans führende Kampfsport-Universität war. Aus über 100 Teilnehmern sollte dort derjenige ausgewählt werden, welcher Osaka in den Hauptrunden vertreten und nach Tokio fahren sollte. Einerseits freute sich Aki mit jedem Tag mehr auf die Ereignisse, die ihm bevorstanden. Andererseits wuchsen auch seine Befürchtungen. Auch Yukis ermutigende Worte halfen nicht sehr. Ihm war klar, dass sein Freund recht hatte, wenn er meinte: "In den Vorrunden kann dir gar nichts passieren. Mit deinen Fähigkeiten steckst du selbst Taro-San in die Tasche." oder "Du bist in der vierten Gruppe. Dadurch hast du genug Zeit, dir einen Überblick zu verschaffen, bis du dran bist. Und außerdem bin ich ja auch noch da." Irgendwie spendete Yukis letztes Argument immer den meisten Trost, wenn er, wie so oft in den letzten Tagen, versuchte, seinen aufgeregten Freund zu beruhigen. Es war schon eine Weile her, seit das letzte Mal ein so viel versprechendes Talent von der Uni an den Meisterschaften teilnahm. Die Studenten wollten sich diese Chance natürlich nicht entgehen lassen und hatten, nachdem sie sich untereinander beraten hatten, den Direktor gebeten, ihnen für die Vorrunden frei zu geben. Es hatte auch nicht sehr lange gedauert, den Leiter zur Zustimmung zu bewegen. Schließlich gab es neben 2000 drängenden Studenten noch die Tatsache, dass das Studium sehr darunter zu leiden hatte, wenn die größte Turnhalle nicht genutzt werden durfte und den ganzen Tag gestresste Schiedsrichter, Reporter und andere Menschen quer durch die Gebäude hasteten. Was die nächste Sorge für Aki darstellte. Er hatte die Gegenwart von Reportern schon immer gehasst. Oder besser: Seit er einmal von welchen belagert wurde. Als ob es nicht schon schwer genug gewesen war, mit anzusehen, wie Jimmy... NEIN! Er hatte lange gebraucht, um diese Geschichte hinter sich zu bringen. Und er war nicht sehr scharf darauf, jetzt wieder daran zu denken. Dazu kam der junge Halbjapaner im nächsten Moment sowieso nicht mehr, als sich zwei Arme sacht um seine Hüfte schlangen und eine vertraute Stimme an seinem Ohr erklang. "Du grübelst ja schon wieder..." Blitzschnell trat Aki einen Schritt vor und drehte sich um, um sich aus der Umarmung zu lösen. Sein Herz hatte augenblicklich angefangen, schneller zu schlagen. "Musst du mich so erschrecken?" Nein... eigentlich war es gar nicht der Schreck. Aki hatte sofort gewusst, wer da hinter ihm gestanden hatte. Yuki tauchte öfters aus heiterem Himmel auf und riss ihn damit aus seinen Gedanken, aber er hatte sich noch nie deshalb erschrocken. Aber warum schlug sein Herz dann so schnell...? "Du machst dir zu viele Gedanken. Sei ein bisschen lockerer, dann klappt schon alles." "Ich komm schon klar." Yuki bemaß seinen Freund mit einem prüfenden Blick. "Siehst aber nicht so aus." "Wundert dich das? Immerhin hast du mich grad aus heiterem Himmel angefallen." "Und?" "Was >und