Between Near and Distance - Unter den Goldkiefern von Raimei (Eine Bonanza Geschichte) ================================================================================ Kapitel 22: Kapitel 22 ---------------------- Kapitel 22 Glücklicherweise hatte Joe im Stall noch ein Gewehr und etwas Munition entdeckt. Denn reingehen, um seinen Revolver zu holen, wäre nicht in Frage gekommen. Joe war sich sicher, hätte Hop Sing mitbekommen, dass Joe nun doch nicht ins Bett ging, dann wäre im Haus Sodom und Gomorra ausgebrochen. Vorsichtig verließ Joe mit Cochise den Stall und ritt den Weg im Trab entlang. Als er Hop Sing rufen hörte, gab er Cochise die Fersen, um im Galopp zu entkommen. Nun galt es seine Brüder und seinen Vater zu finden. Zunächst ritt er Cochise auf einen nahen Hügel. Von dort aus konnte man schon sehr weit sehen. Und vor allem konnte man in jede Richtung sehen. Doch so sehr er auch Ausschau hielt, er konnte nirgends die Drei entdecken. "Zu den Rinderweiden wollten sie, das liegt nördlich. Aber was, wenn sie dort schon garnicht mehr sind?", sprach er zu sich selbst und strich über Cochises Hals. Sein Hengst schnaubte und schüttelte den Kopf, Joe seufzte und sah sich weiterhin um. In einiger Entfernung sah er nördlich gelegen etwas Rauch, aber das könnte auch ein ganz normales Lagerfeuer sein. Joe musste sich schnell entscheiden, denn das Tageslicht wurde immer weniger. Also folgte er seiner Intuition und ritt den Hügel in Richtung Norden hinab. Er versuchte auf der offenen Ebene zu bleiben und den Bäumen nicht zu nah zu kommen. Er machte sich nichts vor. Seine Verletzung war nicht harmlos. Bei jeder falschen Bewegung könnte seine Naht aufgehen. Und stark bewaffnet war er auch nicht. Er hatte ein Gewehr gefunden und wusste nicht, ob es überhaupt funktionierte und wie gut es gepflegt wurde. Joe ritt schnell, aber nicht zu schnell und sehr vorsichtig. Er wollte nur seine Familie finden und dann sicher nach Hause zurück kehren. Er ritt dem Rauch entgegen und so weit war es auch nicht mehr, bis er notgedrungen durch einen kleinen Teil Wald musste. Aber bis dorthin musste er garnicht mehr. Joe brachte Cochise sofort zum stehen und atmete erleichtert durch. Aus dem Wald konnte er das helle Fell Bucks erkennen, dann bald das rote Fell Sports und als letzten, Chubb. Zwischen ihnen lagen noch gut 400 oder sogar 500 Meter. Die Pferde waren noch Farbkleckse, die er auch nur erkannte, weil er nach ihnen Ausschau gehalten hatte. Joe blieb, wo er war, mitten in der Mitte der offenen Ebene. Die Farbkleckse kamen nur langsam näher, weswegen Joe sich nun schon wieder langweilte und den Blick träge schweifen ließ. Da erkannte er etwas am Waldrand, was ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ. Weit links im Unterholz jagte eine viel zu bekannte, beige Wildkatze. Und das schlimme war, sie hielt genau auf seine Familie zu. Er konnte den Puma sehen, doch die Katze wusste genau, dass ihr Ziel sie nicht sah. Und auch nicht sehen würde, weil die Bäume im Weg waren. Er musste etwas tun. "Los Cooch, lauf", rief Joe und trieb Cochise so heftig, dass der Paint kurz ein wenig hochstieg, bis er sofort in einem starken Galopp lospreschte. Der Puma bemerkte sein Näherkommen nicht. Seine Familie sah ihn wohl schon näher kommen, da Cochise mit dem schwarz-weißen Fell auf offener Ebene nicht wirklich zu übersehen war. Doch sie gingen vermutlich davon aus, er wolle sie nur begrüßen. Joe betete, dass er rechtzeitig in Reichweite war. Er wollte nicht, dass einer von ihnen verletzt wurde. Sein logisches Denken setzte aus. Er wollte nur noch diesen Puma erwischen, bevor der auf seine Familie traf. Cochises Hufe flogen nur so über den Boden und ließen ein regelmäßiges Trommeln ertönen. Der Puma war gefährlich nah dran, aber Cochise war schnell. Und als Joe den Schaum am Maul erkennen konnte, hob er das Gewehr und verlagerte mit einem Mal sein Gewicht nach hinten. Cochise reagierte und legte aus vollem Galopp einen Stop hin. Sobald er stand, legte Joe das Gewehr an und schoss in dem Moment, in dem der Puma ihn entdeckte und wild anfauchte. Der Knall erklang. Das Tier rollte ins Unterholz. Na super. War er jetzt nur ausgewichen oder hatte er ihn erwischt? Obwohl ihm der Revolver fehlte, trieb er Cochise wieder an und ritt auf die Stelle zu. Inzwischen hatten seine Brüder und sein Vater wohl verstanden, weswegen er auf einmal wie ein Irrer auf sie zugeritten war und strebten nun dieselbe Stelle an. Joe war erleichtert, selbst wenn der Berglöwe noch leben sollte, war seine Familie zumindest nicht mehr in Gefahr. Daher hielt er sich auch zurück, als Adam vor allen Anderen ankam und das Unterholz in Augenschein nahm. Anschließend schleppte er mit Sport das Tier am Lasso aus dem Gebüsch und entfachte schnell ein Feuer, um den Leichnam zu verbrennen. Langsam kam Joe näher geritten und erreichte als Letzter den Platz. Sofort bekam er tadelnde, aber irgendwie auch dankbare Blicke. "Mein Sohn, was tust du auf einem Pferd?" "Ach Pa weißt du, da war Cochise und die Sonne und da dachte ich, das wäre doch eine gute Idee." Joe erwiderte die Blicke mit seinem typischen Grinsen und schaffte es damit mal wieder die Gemüter zu beruhigen. Hoss lachte, Ben seufzte. Nur Adam, der war nicht zufrieden. Sein Blick war angefüllt mit Angst, Sorge und auch einem gewissen Vorwurf. "Ich habe mir Sorgen gemacht, als die Sonne schon unterging und von euch jede Spur gefehlt hat." "Wir hatten Probleme damit, einen Arzt zu finden. Wir mussten nach Virginia City reiten und einen auftreiben", erklärte Hoss und kam zu Joe hinüber. Joe war als Einziger nicht vom Pferd gestiegen. Er wagte es nicht, sein Glück weiter herauszufordern. Denn bisher verhielt sich seine Verletzung ruhig, trotz des wilden Rittes. "Hey Kleiner, bist du sicher, dass du reiten solltest? Das heute Morgen sah doch schon sehr übel aus", meinte Hoss besorgt und legte eine Hand auf Joes Oberschenkel. "Hält doch. Und momentan merk ich nichts, wirklich." Joe lächelte so strahlend, dass Hoss nicht anders konnte, als zurück zu grinsen. "Was habt ihr da jetzt eigentlich vorgefunden?", fragte Joe nun und holte sich damit Adams Aufmerksamkeit, welcher ihm von dem Kranken, den Toten und den vier - nun fünf - toten Berglöwen berichtete. Joe war sehr betroffen, aber auch unsagbar froh, dass nichts weiter passiert war. Froh und erleichtert waren sie wohl alle. Als das Feuer den Körper komplett verbrannt hatte, stiegen auch die anderen Drei wieder auf ihre Pferde und ritten zusammen mit Joe langsam zurück zur Ponderosa. Je näher sie kamen, desto mulmiger wurde Joe. Sein Lied von Adam konnte er sich nun von der Backe schmieren. Hop Sing würde sich sicherlich noch zur Genüge aufregen können, weil er einfach so losgeritten war. Und so war es auch. Kaum dass sie ankamen, kam Hop Sing aus dem Haus gestürmt und wetterte auf Joe ein, dass der sich am liebsten die Ohren zugehalten hätte. Nun kam auch wieder die allseits beliebte Drohung der Kündigung. Joe schluckte und entzog sich der Schimpftriade vorzeitig, indem er Cochise nun wirklich in den Stall brachte. Kurz nachdem er damit fertig war, brachten auch die Anderen ihre Pferde hinein und versorgten sie. Joe war also mit Hop Sing alleine, als der Jüngste das Haus wieder betrat. Der Chinese stand mit verschränkten Armen direkt vor ihm und stierte ihn böse an. "Hop Sing, ich weiß, es war dumm, aber ich musste gehen. Ich musste sehen, wo sie bleiben. Ich kann doch nicht hier rumsitzen, wenn sie in Gefahr sind. Ich würde gerne sagen, es tut mir leid, aber das tut es nicht. Ich würde es jederzeit wieder tun." Hop Sing nahm die Arme auseinander und zeigte nun auf die Treppe. "Ins Bett", zischte der Chinese mit einem Ton, der keinen Wiederspruch duldete. Diesmal gehorchte Joe, denn ganz ehrlich, so wie Hop Sing schaute, war es schon ziemlich einschüchternd. Vorsichtig stieg er die Stufen hinauf und zog sich mit Bedacht um. Joe konnte hören, wie sein Vater alles nochmal Hop Sing erzählte. Auch hörte er, wie seine Familie das Essen doch noch bekam. Vorsichtig drehte er sich auf die unverletzte Seite und stellte ein wenig verwundert fest, dass unten nur leise gesprochen wurde. Vermutlich wollte man ihn nicht wecken. Dabei war er noch nicht mal in der Nähe von Schlaf. Den halben Tag hatte er sich gesorgt. Nun wo sie wieder zuhause und in Sicherheit waren, da hatte er das Bedürfnis von Nähe. Ganz spezielle Nähe. Adams Nähe. Wäre er doch zuhause geblieben, dann hätte er vielleicht noch ein kleines Lied bekommen. Aber wenn er wirklich zuhause geblieben wäre... hätten sie den Puma auch ohne ihn bemerkt? Oder wäre etwas wirklich Furchtbares passiert? Joe wusste es nicht. Er wusste nur, dass es in seinem Bauch kribbelte. Und das schon nur, wenn er an Adam dachte. Und ganz besonders doll kribbelte es, wenn er sich vorstellte, wie Adam sang. Er liebte seine Singstimme wie nichts Anderes. Bei diesem Gedanken seufzte Joe kellertief. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)