Uprising von Dying_Phoenix (The wrath of nature) ================================================================================ Kapitel 1: # 1 -------------- Seit jeher schaffen es die Menschen alles in ihre kleinen Schubladen zu pressen um einfacher kategorisieren zu können. Über die Jahre änderten sich zwar die Beschriftungen dieser Schubladen, der Sinn dahinter blieb allerdings immer derselbe. Hautfarbe, Haarfarbe, Augenfarbe, Religion, Sexualität, Geschlecht, all das war geeignet um jemanden vorzuverurteilen oder zu benachteiligen. Jedoch hatte sich inzwischen vieles geändert. Vor sechs Jahren passierte etwas, das die Menschheit vereinen sollte, zumindest die Mehrheit davon. Ich erinnere mich noch genau an diesen Tag, alle Fernsehsender berichteten über nichts Anderes. Ein 17 jähriges Mädchen wurde überfallen, sie wehrte sich und schaffte es sich zu befreien. Als sie einer der Räuber festhielt spuckte sie ihm ins Gesicht. Nur Sekunden später brach der Räuber angeblich zusammen. Augenzeugen berichteten, dass Rauch oder Qualm von der am Boden liegenden Person aufgestiegen sei. Sein Gesicht soll so ausgesehen haben, als wäre es geschmolzen. Im Internet kursierten die wildesten Fotos von denen allerdings niemand wusste ob sie echt waren. Alle behaupteten das einzige Foto des Mannes gemacht zu haben. Umso erstaunlicher, dass die Fotos eine breite Auswahl an Leuten bot. Europäer, Amerikaner, Asiaten, dick, dünn, schwarzhaarig, blond, brünett und alle behaupteten, dass ihr Foto das Richtige sei. Für ganze zwei Tage wurde der Fall als Notwehr angesehen, niemand konnte sich erklären was tatsächlich geschehen war. Von unterschiedlichsten Seiten wurden Stimmen laut, die begannen das eigentliche Opfer zum Täter zu machen. Einige Medien schockierten bald schon mit hetzerischen Schlagzeilen und so war die Zahl der Menschen überschaubar welche die Festnahme des Mädchens kritisierten. Es dauerte nicht lange bis man von weiteren Festnahmen hörte. Ein 15 Jähriger der durch Wände ging, eine 18 Jährige die fliegen konnte, ein 17 Jähriger der alles was er berührte in Stein verwandelte. Fast jeden Tag hörte man von neuen Verhaftungen und die Meute die nach diesen Meldungen jubelte schien täglich zu wachsen. Vor vier Jahren überschlugen sich die Ereignisse. Es begann als ein wahnsinniger Populist die Macht ergriff. Er sah eine Gefahr in solchen Menschen oder Mutanten, wie er sie nannte. In kürzester Zeit gründete er das Department of Combined Protection – kurz D.C.P. Er ließ mehrere hundert Leute zu Wächtern ausbilden aber alle wussten, dass sie nichts weiter waren als Soldaten die Jagd auf Mutanten machen sollten. Seit diesem Tag verschwanden täglich Menschen, keine Berichte darüber im Fernsehen oder in den Zeitungen. Es schien beinahe so als hätte es sie niemals gegeben. Vor drei Jahren kam dann der Tag. Es war eine Woche nach meinem 16. Geburtstag als meine Fähigkeiten ausbrachen. Ich wurde wach und mein gesamtes Zimmer war überwuchert. Efeu wuchs an den Wänden hoch, um das Bett herum stand eine Blumenwiese und aus den Holzmöbel ragten neue Triebe und Äste. Noch bevor ich irgendwie reagieren konnte ging die Zimmertür auf. Meine Augen weiteten sich als ich meinen Stiefvater dort stehen sah, starr vor Angst klebte sein Blick förmlich an mir. Er machte kehrt und ich hörte ihn nach unten laufen, gefolgt von einer lautstarken Diskussion zwischen ihm und meiner Mutter. Einige Minuten später stürmte sie ins Zimmer und begann einige meiner Sachen in eine Umhängetasche zu packen. „M-Mom?“ „Zieh dir das an Schatz“, sagte sie während sie einen Hoodie und eine Jacke zu mir warf. „Was ist denn los?“ „Du musst hier weg... er hat sie angerufen...“ „Was? Wen?“ „Das D.C.P... Hier, nimm die Tasche und versteck dich irgendwo...“ Ich zog mich an, nahm die Tasche und ging nach unten wo mir jedoch mein Stiefvater den Weg versperrte: „Du bleibst hier, es kommt gleich jemand der dir helfen wird.“ „Bitte... lass mich vorbei...“ „NEIN! Du brauchst Hilfe.“ „Hilfe? Ich bin nicht krank... geh jetzt zur Seite.“ Ohne Vorwarnung zog er eine Waffe und zielte damit auf mich. „Du bleibst genau da stehen!“, schrie er schon fast. „Bist du wahnsinnig? Leg sofort die Waffe weg“, schrie ihn meine Mutter an während sie die Treppe nach unten ging. Er ließ kurz seine Waffe sinken während er wieder begann lautstark mit ihr zu diskutieren. Ich hörte nicht mehr wirklich zu, ohne noch eine Sekunde zu verschwenden machte ich kehrt und lief ins Wohnzimmer, öffnete eines der Fenster und kletterte hinaus. Ich sah wie er meine Mutter einfach stehen ließ und in meine Richtung rannte. Während ich davonlief zerriss ein Schuss die Stille der Nacht. Ein stark stechender Schmerz war in meiner rechten Schulter zu spüren, doch lief einfach weiter. Eine gefühlte Ewigkeit lief ich ohne erkennbares Ziel in der Stadt herum und überlegte wo ich mich verstecken konnte. Mein Blick fiel auf einen alten, verfallenen Eingang der zu einer stillgelegten Linie der U-Bahn führte. Ich stolperte die Treppe nach unten und knallte auf den unnachgiebigen Steinboden. Um mich herum herrschte völlige Dunkelheit, nach einem Versuch wieder auf die Beine zu kommen begann sich alles um mich herum zu drehen und ich verlor das Bewusstsein. Etwas benommen wurde ich in einer Zelle wach und seit diesem Tag sitze ich nun hier. In einer Zelle die ich mir bis vor kurzem noch mit jemanden geteilt hatte, aber er war gestern abgeholt worden und bis jetzt hatte ich noch keinen neuen Mitbewohner. Seit die Menschen neue Technologien entwickelt hatten um uns gefangen zu halten, hatten sich die Bedingungen hier wesentlich verbessert. Das erste Jahr in Gefangenschaft wurde ich mit speziellen Handschellen gefesselt, Arme und Beine wurden angekettet und zur Krönung des Ganzen bekam ich einen blickdichten Sack über den Kopf. Selbstständigkeit war in dieser Zeit ein Fremdwort, nicht mal zum Essen wurden die Fesseln entfernt. Vier Soldaten kamen in eine Zelle, drei richteten ihre Waffen auf mich während mich der vierte fütterte, dabei hob er den Sack immer nur ein Stück und ließ ihn nach jedem Bissen gleich wieder sinken. In der Zwischenzeit wurden Vorrichtungen entwickelt die jegliche Aktivität unserer Fähigkeiten registrierten und uns daraufhin irgendwie nicht auszuhaltende Schmerzen zufügten. Dieses „technische Wunder“ hatten wir in Form von Halsbändern angelegt bekommen. Theoretisch weil sie in dieser Form am Wirkungsvollsten waren und notfalls auch zur Bewusstlosigkeit führen konnten. Wir waren zwar weiterhin eingesperrt, aber wenigstens konnten wir uns hier frei bewegen. Das Einzige das alles trübte war die Aussicht abgeholt zu werden. Laufend kamen Wissenschaftler in Begleitung des D.C.P. zu uns und nahmen Leute mit. Gerüchten zufolge werden sie dann zu einer geheimen Forschungseinrichtung gebracht aus der bis heute noch niemand zurückgekommen ist. Innerhalb der Gefängnismauern kursierten die wildesten Gerüchte was dort passierte. Das reichte von Hinrichtungen, über illegale Experimente bis hin zu gezwungenen Heilungen. Ich verbrachte die meiste Zeit alleine in der Bibliothek, da viele der Häftlinge tatsächlich Verbrecher waren. Als die Regierung die Jagd auf uns begann war die Reaktion vieler Mutanten ihre Kräfte einzusetzen. Überfälle, Geiselnahmen, Anschläge, einige schienen den Menschen unbedingt einen Grund für bevorstehende Verhaftung geben zu wollen. Alles in allem lief hier alles wie befürchtet. In kürzester Zeit bildeten sich diverse Gruppen denen der Rest aus dem Weg zu gehen versuchte. Das D.C.P. selbst mied das Innere des Gefängnisses, sie standen auf den Mauern und griffen nur ein wenn jemand einen Fluchtversuch unternahm. Genau eine Person hatte ich hier mit der ich mich gut verstand. Ein 16 jähriges Mädchen das sich gleich am ersten Tag mit den falschen Leuten angelegt hatte. Sie hatte pechschwarze, schulterlange Haare, wie es schien ebenfalls schwarze Augen und lief seltsamerweise immer mit Handschuhen herum. Seit ich Naomi geholfen und dafür Prügel bezogen hatte, wich sie mir kaum von der Seite. Es war richtig angenehm mit einem mehr oder weniger normalen Menschen zu reden. Sie schien hellauf begeistert zu sein als ich ihr von meinen Fähigkeiten erzählte. Bei dem darauf folgenden Verhör wusste ich eigentlich erst wie wenig ich selbst über sie wusste. Sie selbst vermied weitestgehend über ihre zu sprechen. Erst nachdem ich ihr gefühlte hundert Mal versichert hatte niemandem etwas zu sagen und sie mir davon erzählte, begriff ich auch warum. Angeblich alterte alles was sie mit ihren Händen berührte und zerfiel im Endeffekt irgendwann zu Staub. Vor zwei Wochen hatte sie so einen ihrer Schulkameraden getötet und man sah, dass sie sich deswegen immer noch Vorwürfe machte. „Hast du gewusst, dass du das kannst bevor es passiert ist?“ „Nein, natürlich nicht... sonst hätte ich doch nie...“ „Dann kannst du nichts dafür...“ „Ich weiß, ich weiß“, sagte sie mit einem gezwungenen, deprimierten Lächeln. Gerade als ich noch etwas sagen wollte, blieben mir die Worte im Halse stecken. Ich starrte aus dem Fenster als eine Gruppe weiß bekleideter Männer, in Begleitung von mehreren D.C.P. Soldaten, durch den Schnee in unsere Richtung stapften. Außerhalb der Bücherei hörte man einige Leute brüllen und schreien woraufhin auf den Gängen Panik auszubrechen schien. Kreuz und quer rannten alle davon um sich irgendwo zu verstecken. Das Ganze dauerte vielleicht zehn Minuten, dann verließen sie das Gefängnis mit zwei Insassen die betäubt worden waren. „Was glaubst du machen sie mit ihnen?“, fragte Naomi. „Keine Ahnung“, antwortete ich während ich teilnahmslos zu dem sich gerade schließenden Tor sah. Die Tür wurde aufgestoßen und eine mir unbekannte Frau deutete uns mitzukommen. Nach kurzem Zögern folgten wir ihr in die Kantine wo sich bereits zig Häftlinge versammelt hatten. Vorne auf dem Tresen stand ein muskelbepackter Typ der sich zufrieden im Raum umsah. Er hob kurz seine Arme woraufhin alle Anwesenden verstummten. „Ich weiß nicht wie es euch geht, aber ich habe genug davon!“, schrie er in die Menge, „wie Tiere werden wir hier eingesperrt und warten darauf, dass sie uns holen kommen um wer weiß was mit uns zu machen.“ Innerlich musste ich grinsen, es hatten schon viele versucht einen Aufstand anzuzetteln oder auszubrechen aber es war einfach unmöglich. Man kam nur lebend hier raus wenn sie einen holen kamen. „Ich sage wir verschwinden von hier! Das nächste Mal wenn sie jemanden holen... wenn wir alle zusammen helfen haben die keine Chance.“ „Falsch! WIR haben keine Chance solange wir die Dinger hier tragen“, sagte eine Frau im Publikum und zog dabei an ihrem Halsband. „Wir warten bis sie darauf warten, dass das Tor aufgeht und überwältigen die paar Soldaten und Wissenschaftler. Wir müssen nur schneller sein als die Typen die auf der Mauer stehen.“ Heftiges Getuschel brach los bevor er weitermachte, „gibt es jemanden der kneift?“ Ich sah mich kurz um und wie erwartet meldete sich niemand. Natürlich hatte ich nicht vor mich daran zu beteiligen, aber das offen zu sagen war mir dann doch zu gefährlich. „Na gut, beim nächsten Besuch schlagen wir zu. Wenn wir zusammenhalten haben sie keine Chance...“ Die nächste Stunde erklärte er lang und breit was er geplant hatte bis es selbst ihm irgendwann zu viel zu werden schien. Nachdem sich die Meute aufgelöst hatte und da es schon Abend war trottete ich zurück in meine Zelle. Es waren zwar keine Wachen hier, aber die Zellentüren hatten eine eingebaute Zeitschaltuhr der die Türen um 10 Uhr verriegelte. Wer dann nicht drin war hatte Pech gehabt. Die werden alle sterben, dachte ich während ich mich in mein Bett lag. Der nächste Tag kam und zum ersten Mal seit Ewigkeiten war ich früh genug wach um auf die Entriegelung meiner Zelle zu warten. Pünktlich um 8 Uhr war ein kurzes Klicken zu hören und nach dem Frühstück verschwand ich wieder in die Bücherei. Wie in Trance starrte ich aus dem Fenster, beobachtete die bewaffneten Soldaten die auf der Mauer ihre Runden drehten. Sie werden ganz sicher sterben... „Na? Was machst du?“, fragte die plötzlich aufgetauchte Naomi die vor mir auf den Tisch schlug was mich unsanft aus meinen Gedanken riss und mich zusammenzucken ließ. „Willst du mich umbringen?“, fragte ich sie während mir mein Herz immer noch bis zum Hals schlug. Sie setzte sich zu mir und versuchte etwas zu entdecken das es wert war beobachtet zu werden. „Denkst du sie kommen heute wieder?“ Ich nickte kurz, „ich weiß nicht was sie machen, aber seit ein paar Tagen holen sie immer mehr Leute.“ „Was glaubst du machen die mit uns?“ „Weiß nicht... vielleicht brauchen sie uns als Versuchskaninchen...“ Naomi verzog das Gesicht, „zutrauen würde ich es ihnen.“ Wir saßen den ganzen Vormittag beisammen und nachdem wir dieses ernste Thema beendet hatten, erzählte sie mir von der Zeit bevor sie eingesperrt wurde. Auch ihre Mutter hatte ihr bei der Flucht geholfen, allerdings schlug sie sich fast zwei Wochen auf der Straße durch bevor sie von einer Patrouille aufgegriffen wurde. „Hast du nie darüber nachgedacht zu fliehen?“ „Doch natürlich, aber es gibt keinen Weg hier raus. Sobald einer von uns den Mauern zu nahe kommt dürfen die Soldaten schießen.“ „Aber das ist doch kein Leben hier...“ „Ich weiß...“ „Und? Hilfst du bei dem Ausbruchsversuch?“ „Wie gesagt, es gibt keine Fluchtmöglichkeit. Wenn die Wachen sehen, dass zig Mutanten fliehen wollen werden sie alle erschießen.“ Gerade als wir Mittagessen gehen wollten sah ich, wie sich die Gefängnistore öffneten. Heute kamen zwei Wissenschaftler, begleitet von vier Soldaten herein. Nach wenigen Minuten wurde die Tür in die Bücherei aufgestoßen. Die sechs Personen kamen herein und musterten uns. Ich musste schwer schlucken als einer der Forscher einen kurzen Blick auf sein Tablet warf. „Den...“, sagte er nur und deutete auf mich. Ich stand auf und wich ein paar Schritte zurück. „Ganz ruhig Kleiner“, versuchte mich einer der Soldaten zu beruhigen. Noch bevor jemand reagieren konnte drehte ich mich um und lief hinter eines der Bücherregale. Nur wenige Schritte vor dessen Ende zog sich plötzlich mein Halsband zusammen und schnitt mir die Luft ab. Röchelnd stolperte ich über meine eigenen Füße und ging unsanft zu Boden. Während ich mich am Boden wand, griff ich nach dem Halsband und versuchte es etwas zu lockern. Allerdings schien es sich, je fester ich daran zog, noch enger zuzuziehen. Kurz bevor ich das Bewusstsein verlor lockerte es sich wieder und ich sah einen Soldaten über mir stehen. „Du solltest doch ruhig bleiben...“ Er zog einen Injektor aus seiner Tasche und drückte ihn mir gegen den Hals. Ich spürte einen kurzen Stich, die Umgebung begann sich zu drehen und nur Sekunden später wurde mir schwarz vor Augen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)