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Ginny Weasley

Wie fühlt es sich an, besessen zu sein?
von

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Unerwarteter Besuch

„Wenn er sich nicht bis Freitag meldet, gehen wir hin und holen ihn persönlich von diesen Dursleys ab. Da stimmt doch etwas nicht. So wie Ron von ihnen spricht, kann man nicht davon ausgehen, dass es Harry bei diesen Muggeln gut hat.“

„Du kannst nicht einfach bei fremden Leuten reinplatzen und ihnen den Jungen wegnehmen“, hörte Ginny die ruhige Stimme ihres Vaters.

„Und wie ich das kann. Es geht hier schließlich um Harry! Bedenke, was er durchmachen musste. Nicht nur, dass ihm Vater und Mutter genommen wurden, ist er nun auch noch dazu verdammt mit Menschen zusammen zu leben, die...“ Die Toilettenspülung übertönte den restlichen Teil des Satzes und Ginny begann, sich insgeheim über George zu ärgern. Weshalb ausgerechnet jetzt?

Sie drückte sich so fest sie konnte gegen die kalte Wand und George ging so dicht an ihr vorbei, dass eine Strähne seines Haares ihre Nase kitzelte. Schnell hielt sie sich die Hand davor.

„Du hast ja recht, Molly Liebling. Vielleicht meldet er sich ja noch bis Freitag.“ Ginnys Füße waren trotz des warmen Bodens kalt geworden. In Gedanken versunken schlich sie die knarrende Treppe in ihr Zimmer hinauf und zog die Bettdecke bis zur Nasenspitze hoch. Harry hatte Ron während der gesamten Sommerferien nicht geschrieben. In jeder der fünf Wochen hatte Ron seinem besten Freund einen Brief geschickt, doch nicht ein einziges Mal war Errol mit einer Antwort in seinem Schnabel zurück gekehrt. Wie es ihm wohl ging, dem Jungen, den sie so sehr anbetete, dass sich die Zwillinge schon darüber lustig machten.

„Na Ginny“, meinte Fred an diesem Morgen, „hast du Harry auch geschrieben? Vielleicht antwortet er deshalb nicht und tut lieber so, als wäre er auf einer einsamen Insel.“ Und sie war natürlich wieder so rot angelaufen, dass sie den Tomaten auf dem Esstisch Konkurrenz machte.

„Fred, halt den Mund und iss deine Würstchen“, fauchte ihre Mutter und unter breitem, süffisantem Grinsen wandte sich Fred wieder seinem Frühstück zu. Sie selbst hatte nach der Stichelei keinen Bissen mehr heruntergebracht. Das fortwährende Triezen der Brüder war anstrengend und doch tappte sie jedesmal in die Falle, sobald Harrys Name fiel. Es gelang ihr einfach nicht, zu Schweigen.

Würde er sie beachten, wenn sie in wenigen Wochen täglich unter einem Dach lebten?

Ginny starrte mit offenen Augen aus dem Fenster und seufzte. „Harry“, murmelte sie, „ich hoffe, dir geht es gut.“ Sie drehte sich zur Seite und glitt in einen traumlosen Schlaf.
 

„Ihr hättet sterben können, man hätte euch sehen können, euer Vater hätte entlassen werden können...“ Ginny erwachte und fuhr so ruckartig hoch, als hätte ihre Mutter mit einem Amboss auf ihren Kopf geschlagen. Die hysterische Stimme erscholl vom Hof über drei Stockwerke in ihr Schlafzimmer und nur langsam beruhigte sich Ginnys Atmung. Was mochten ihre Brüder nur wieder ausgefressen haben? Müde ließ sie sich wieder auf das Kissen fallen, doch schlafen konnte sie nicht mehr, obgleich die Uhr erst 7 Uhr anzeigte. Nun stieg Neugier in ihr hoch. Zu gerne wüsste sie, was gerade unten in der Küche geschah und so erhob sie sich und sprang leise die Treppen hinunter. Wie erstarrt verharrte sie im Türrahmen. Konnte das…? War das wirklich Harry Potter? Mit einem erstickten Schrei sprang sie zurück und rannte die Stufen zu ihrem Zimmer hinauf. Ihr Gesicht brannte wieder einmal vor Scham. Perfekter erster Eindruck, dachte sie und schlug mit der Faust auf den Tisch.
 

„Er wird schon heil ankommen Molly, mach es nicht kompliziert.“ Gebannt starrte Ginny Harry an, der unsicher den Topf mit dem Flohpulver beäugte. Ginny wollte etwas lustiges sagen, um ihm die Angst zu nehmen, doch kein Ton kam aus ihrer Kehle. So beobachtete sie stumm, wie Harry in den Kamin stieg, irgendetwas unverständliches murmelte und verschwand.

„Was hat er gesagt? Um Himmels Willen...“ In heller Aufregung wandte sich ihre Mutter an ihren Vater. „Wir müssen sofort hinterher.“ Und einer nach dem anderen verschwanden sie. Ginny fiel ihrem Vater um den Hals, als sie die Übelkeit erregende Reise hinter sich hatte. Arthur hielt seine schwankende Tochter, bis Ginny ihr Gleichgewicht wieder gefunden hatte. Sie liefen die Gassen auf und ab, ihre Mutter sah beängstigend blass aus und auch Ginny fühlte sich nicht viel besser.

„Mum, sieh, da ist er“, rief sie plötzlich und deutete auf eine große Gruppe um Hagrid.

„Oh Gott sei Dank, Gott sei Dank“, rief ihre Mutter und Ginny, deren Herz sich um Tonnen erleichtert fühlte, hüpfte vergnügt der Mutter hinterher.
 

Meine ersten Schulbücher, dachte Ginny und fuhr andächtig mit dem Zeigefinger über den Einband des Verwandlungsbuches. Ob die anderen alle neue Bücher haben? Traurig sah sie auf ihre Sachen, die ausnahmslos alle Vorbesitzer hatten. Gebrauchte Bücher, gebrauchte Umhänge, nichts war neu. Ginny biss sich auf die Lippe und setzte sich auf den Stuhl. Ihre Eltern stritten sich in der Küche und Ginny musste trotz ihres Kummers grinsen. Wie sehr sie die Situation am Nachmittag genossen hatte, als ihr Vater sich auf diesen Widerling Malfoy gestürzt hatte und ihm dutzende Bücher auf den Kopf gefallen waren.

„Das ist alles, was dein Vater dir bieten kann.“

Die Worte Malfoys bohrten sich wie giftige Pfeile in Ginnys Herz. Sie ließ den Kopf sinken und grübelte, bis ein klatschendes Geräusch sie aufblicken ließ.

Ein kleines, schwarzes Buch war aus dem Stapel der anderen Bücher gefallen. Für einen Moment musterte sie es verblüfft. Sie ließ sich vom Stuhl auf die Knie sinken und nahm es in die Hand. Nie zuvor hatte sie es hier gesehen. Es wirkte sehr alt und der charakteristische Geruch alten Pergaments stieg ihr in die Nase, als sie das Büchlein durchblätterte. Seine Seiten waren leer, bereit, von ihr mit Worten gefüllt zu werden. Ihr Herz begann zu schlagen. Ein Tagebuch war genau das, was sie brauchen konnte. Dort durfte sie alles schreiben, niemand würde über ihre Gedanken spotten und alles, was sie in Hogwarts erleben würde, könnte sie noch Jahre später nachlesen. Die Traurigkeit war vergessen. Ginny nahm sich eine der Federn und tunkte sie in das Tintenfass.
 

Liebes Tagebuch, heute war ich mit meiner Familie und Harry in der Winkelgasse um meine Schulbücher zu kaufen. In zwei Wochen geht es endlich los, ich kann es kaum erwarten. Und doch mache ich mir Sorgen, ob ich schnell genug lerne und die anderen mich mögen. Vielleicht lachen sie mich aufgrund der schäbigen Sachen aus. Das wäre schrecklich...
 

Ginny hielt inne und stellte sich das Schloss vor, in dem sie für die nächsten sieben Jahre leben würde. Erneut tunkte sie die Feder in die Tinte und zuckte so heftig zusammen, dass zwei große Tropfen auf die Seite fielen und einen Augenblick später verschwanden. Ebenso wie ihr begonnener Eintrag. Noch während Ginny in geschockter Starre da saß, erschienen neue Worte auf dem Blatt.
 

Hallo, wer immer du bist. Schön, dass dir dieses Wunderwerk an Magie in die Hand gefallen ist. Mein Name ist Tom Riddle und vor vielen Jahren habe ich Schloss Hogwarts ebenfalls besuchen dürfen. Du wirst eine wunderbare Zeit dort verbringen. Dass deine Sachen gebraucht gekauft sind, macht doch nichts. Auch ich konnte mir damals keine neuen Bücher kaufen, doch deshalb wirst du nicht ausgeschlossen.
 

Träume ich?, überlegte Ginny und hielt sich den Kopf. Sie legte die Feder auf den Tisch und kniff sich in den Arm. Es schmerzte, also war sie wohl wach. Sie kniff heftig die Augen zusammen, zählte bis zehn und öffnete sie dann wieder. Die Worte waren noch da. Scheu setzte Ginny erneut die Feder auf das Blatt.

Hallo Tom, ich bin Ginny. Was für eine Art Magie bist du denn?

Gespannt sah sie, wie ihre Worte verschwanden und sich wieder neue bildeten.
 

Liebe Ginny, ein mächtiger Zauberer, vielleicht der mächtigste seiner Zeit, erschuf mich als Begleiter von jungen Hexen und Zauberern, die sich niemandem anvertrauen können.
 

Ginny lächelte selig. Die flammend roten Haare fielen ihr in die Stirn, als sie zu schreiben begann.
 

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Hagrid, Colin und die Hähne

Das Portal war geöffnet und es zog. Die morgendliche Kälte verursachte einen Schauer, der Ginny über den Rücken lief. Niedergeschlagen betrat sie die Große Halle und verharrte. Harry saß mit mürrischer Miene am Tisch und war in ein Gespräch mit ihrem Bruder vertieft. Auch Ron wirkte verärgert. Hungrig setzte sich Ginny und achtete darauf, Harry nicht ansehen zu müssen. Sie fürchtete seine Blicke. Im Fuchsbau hatte sie sich stets blamiert, wenn er sich ihr zuwandte.

Er wird dich für eine dämliche Idiotin halten, Ginny Weasley. Kannst nicht mal vernünftig essen, ohne alles vollzusauen. Harrys Blick fiel auf sie und Ginny verschluckte sich am Kürbissaft. Er sah durch sie hindurch und wandte sich dann Hermine zu. Tränen schossen Ginny in die Augen. Ihre Kehle fühlte sich wie zugeschnürt und sie sprang auf. Als sie aus der Halle rannte, stieß sie beinahe Colin um.
 

Wie kann man nur so unzulänglich sein?, dachte sie und rannte voller Wut und Verzweiflung aus dem Portal. Ginny verlangsamte erst ihre Schritte, als sie schlitternd auf dem taunassen Rasen die Hütte Hagrids sah. Ginnys Lungen brannten, doch nun fühlte sie sich etwas besser. Die Sonne kam hinter den Bäumen des Verbotenen Waldes hervor und blendete sie leicht. Die Tür der Holzhütte öffnete sich und Hagrid lächelte sie an. „Moin Ginny, schön, dich zu sehen“, rief er gut gelaunt und kam auf sie zu. Verlegen strich sich Ginny das Haar zurück und räusperte sich: „Hi“, sagte sie schüchtern.

„Ganz allein unterwegs?“ Aufmerksam sah er Ginny aus käferschwarzen Augen an.

„Ja“, antwortete sie vage und sah sich um. Ein Hahn kam hinter der Hütte hervor und Ginny lächelte. Es erinnerte sie an zuhause. Sie liebte die Hühner. Hagrid folgte ihrem Blick und lächelte. „Hast dich schon eingelebt?“ Unruhe stieg in Ginny auf. Sie wollte allein sein.

„Ja“, rief sie, „du, ich muss dann mal...“ Sie spürte, dass ihre Worte gereizt klangen und das Gefühl der Verwirrung wurde stärker. Hagrid warf ihr einen verwunderten Blick zu und Ginny drehte sich um und lief hastig zum Schloss zurück. „Bis demnächst, Ginny“, hörte sie Hagrid noch rufen.
 

Hähne. Hass stieg in ihr hoch. Ekelhaft waren diese Viecher. Und gefährlich. Sie mussten beseitigt werden. Und das so bald wie möglich. Was wäre es für ein Vergnügen, ihnen langsam die widerlichen Hälse umzudrehen, was für ein Spaß das empörte Schreien abzuwürgen, bis auch der letzte schwächliche Ton erstarb? Sie lachte laut auf.
 

„Ginny, weißt du, in welchen Raum wir jetzt müssen? Ich verlaufe mich irgendwie ständig.“ Ginny zuckte zusammen und fühlte sich für einen kurzen Moment desorientiert.

Colin stand neben ihr und sah sie betrübt an. „Klar, komm“, sagte sie und lächelte ihn an. Ginny wusste, wo das Klassenzimmer war, in dem Zauberkunst gelehrt wurde. Vergnügt lief sie neben ihrem Mitschüler her. Wie schön Hogwarts war. „Ich bin ja so froh, dass ich aufgenommen wurde“, sprudelte Colin hervor und seine Augen glänzten. „Es ist ja so cool hier. Meine Eltern konnten nicht glauben, dass ich ein Zauberer bin. Aber als die Frau vom Jugendamt kam...“ Er unterbrach sich. „Sie war ja gar nicht vom Jugendamt“, korrigierte er sich dann. Doch Ginny hörte nicht zu. „Und dass ich Harry Potter treffen kann...“ Colin holte tief und begeistert Luft. Ginny verspürte bei der Erwähnung des Namens einen Stich, doch sie ignorierte es.
 

Es gab Wichtigeres als Harry Potter. Colin Creevey stammte von Muggeln ab? Somit war er einer dieser Schlammblüter, die in diesem Schloss nichts zu suchen hatten. Mit grimmiger Miene sah sie ihn an.
 

„Magst du neben mir sitzen? Was ist denn los?“ Colin sah sie besorgt an.

Ginny hielt sich den Kopf. „Mir ist heute so schwindlig“, klagte sie. „Klar können wir neben einander sitzen.“ Colin blieb dicht an ihrer Seite, bereit, sie zu stützen und Ginny lächelte matt. Was für ein seltsamer Tag.

„Hoffentlich wirst du nicht krank“, meinte Colin. „So direkt in der ersten Woche wäre das ja echt blöd.“ Professor Flitwick begann zu sprechen und Ginny benötigte all ihre Kraft, um ihm folgen zu können.

Sie übten den Färbezauber und Colin gelang es noch vor Ginny, seine Feder von weiß in rot zu verwandeln. Mit vor Freude geröteten Wangen verließen sie am Ende der Stunde das Klassenzimmer. Das muss ich heute Abend unbedingt Tom erzählen, dachte Ginny, während sie zum Mittagessen gingen.
 

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Samstag

"Lieber Tom, ich bin so froh, mich diesem Tagebuch anvertrauen zu können. Es ist wie ein Freund, den ich in der Tasche trage. Du verstehst mich immer. Meine Brüder verstehen mich nie und auch sonst fühle ich mich einsam und mir ist oft schwindlig.“

Die Tinte verschwand Sekunden nach dem letzten Wort und erschöpft und ausgelaugt wartete Ginny darauf, dass neue Worte in einer fremden und doch vertrauten Schrift erscheinen würden.

„Liebe Ginny, meine Aufgabe ist es, Freund desjenigen zu sein, der mir schreibt. Ich bin das Ergebnis eines wunderbaren Zauberers, der mich zum Trost anderer erschuf, sollte er sterben. Jedoch bist du nach einer Generation die erste deiner Familie, die mich auf eurem Dachboden entdeckte.“

Dachboden. Ginny las das Wort und Verwirrung überkam sie. Hatte sie das Tagebuch tatsächlich auf dem Dachboden gefunden? Und wie konnte Tom das wissen. Sie hatte keine Erinnerungen daran. Ihre Mutter hatte ihr den Stapel alter Schulbücher gegeben und inmitten dessen war dieser Schatz gewesen, der jetzt auf ihrem Schoß lag. Doch was kümmerte es sie, die Hauptsache war doch, dass sie sich gefunden hatten!

„Dass du einsam bist, tut mir sehr Leid. Immerhin hast du mich und ich werde immer bei dir sein, solange du willst. Und nun möchte ich dir etwas zeigen, dass dir Trost spenden wird. Vertraust du mir?“ Ginnys Herz begann vor Freude und Aufregung schneller zu schlagen. Was für ein Glück sie hatte, einen Freund wie Tom gefunden zu haben.

„JA“, schrieb sie mit großen Buchstaben. Der Schwindel und der Kummer waren vergessen, sie fühlte sich beinahe euphorisch. Der Blick fiel auf die Uhr, die erst 20 Uhr anzeigte. Außer ihr befand sich niemand im Schlafsaal. Um sie herum wurde es plötzlich dunkel und Ginny ließ sich zurück auf ihr Kissen sinken. Nur kurz die Augen schließen, dachte sie.

Sekunden später war sie erfüllt von Energie und setzte sich auf, griff nach ihrem Zauberstab und klopfte sich aufgeregt damit auf den Kopf. Der Desillusionierungszauber gelang auf Anhieb perfekt.

Darin unterscheiden sich eben die Schlammblüter von denen wahren Blutes, dachte sie und ein selbstgefälliges Lächeln veränderte ihre zuvor müden Gesichtszüge. Lediglich der Abdruck der Bettdecke zeigte, dass dort jemand saß. Ihr Körper war sogar für sie selbst nicht zu erkennen. Erregt sprang sie auf und schloss sorgfältig die Vorhänge ihres Himmelbettes. Nach dieser anstrengenden Woche stand ihr der Sinn nach einem vergnüglichen Abenteuer. Sie öffnete die Tür ihres Zimmers und betrat die Wendeltreppe. Hermine lief an ihr vorbei und hastig drückte sich Ginny gegen die Wand. Der Drang, das Schlammblut anzugreifen, die Treppe hinunter zu stoßen ergriff sie, doch Ginny widerstand. Die Zeit würde kommen, in dem Schloss Hogwarts von allem Schmutzigen gesäubert würde.

Mit großen, energischen Schritten durchquerte sie den Gemeinschaftsraum. Spöttisch lächelte sie beim Anblick ihrer Mitschüler, diesen Gutmenschen, die keinerlei Zaubererehre verspürten. Wie edel dagegen die Slytherins waren. Bei ihnen zählte echter Zaubererstolz noch etwas. Wie gut, dass der große Salazar Slytherin vorausschauend genug war, dass diesem Treiben nun ein Ende bereitet werden konnte. Der Basilisk würde gründlich arbeiten, Hogwarts würde effektiv von allem befreit, was nicht hierher gehörte.

Ein leises Miauen riss Ginny aus den Gedanken. Dann lachte sie leise und hämisch. Bald bist du dran, mal sehen, wie der Squib das aufnehmen wird. Leise ging sie durch die Gänge. Vorbei am Büro Professor Lockharts. Sie konnte Harrys Stimme hören, verstand jedoch nichts. Die Toilette der Maulenden Myrte war so verlassen wie eh und je. Scheinbar erwies sie sich noch im Tode als so anstrengend wie zu ihren Lebzeiten. Ginny kniete nieder und sah die kleine Schlange aufmerksam an. Die Tür zur Mädchentoilette ging lauter zu als Ginny erwartet hatte und der Geist Myrtes erschien aus einer Kabine.

„Ist da wer?“ fragte sie in ihrer weinerlichen Stimme, doch mit einem Hauch Misstrauen. Ginny sah mit kaltem Blick zu ihr auf.

Muffliato, dachte sie und wartete darauf, dass der Geist, der nun nichts mehr hören würde, verschwand. Nach einer Weile schien Myrte zu beschließen, sich das Geräusch eingebildet zu haben und schwebte durch die Tür in ihre Lieblingskabine zurück. Du warst vielleicht die erste Tote, doch du wirst nicht die letzte bleiben. Jetzt werden wir sehen. Jetzt werden wir erfahren...

Erneut wandte Ginny sich dem Wasserrohr zu und fokussierte die Schlange. „Öffne!“ befahl sie. Ein heiseres Zischen entwich ihrer Kehle und eine breite Öffnung tat sich auf. Es war alles so wie früher. Triumphierend stieg sie in das Rohr und stieß sich ab. 50 Jahre waren vergangen. Es wurde Zeit, den Basilisken aus seinem steinernen Gefängnis zu befreien. Der unterirdische Tunnel wandt sich dahin, während Ginny nur ihre Schritte und den hastigen Atem wahrnahm.

Die Statue Salazar Slytherins erschien in ihrem Blickfeld. Erneut zischte Ginny und der König der Schlangen erschien. Rasch versah Ginny ihn mit einer Augenbinde. Der Basilisk witterte die verdorbene Luft, welche das Schloss aufgrund der vielen Schlammblüter ausströmte.

„Komm zu mir… Lass mich dich töten...“ , zischte es hasserfüllt.

„Bald“, murmelte Ginny zufrieden und wandte sich um. „Bald wirst du tun, wozu du bestimmt bist.“ Vorerst musste sich jedoch um die verdammten Hähne gekümmert werden.

Das Portal stand noch offen und aus der Ferne konnte sie Hagrid erkennen, der in den verbotenen Wald ging. Ob dieses Monster noch lebt, welches mir so einen hervorragenden Grund gab, Hagrid die Schuld für die Angriffe zu geben? Ginny war geneigt, es zu glauben. Das konnte nur nützlich sein. Die Tür des Stalls knarrte laut und die Vorfreude verzerrte die kindlichen Züge des Mädchens. Die Hühner raschelten. Ginny hob mit ruhiger Hand den Zauberstab. Der Fluch war rasch gesprochen und mit verdrehten Hälsen ließ Ginny sie zurück. Hocherfreut hüpfte sie die Hang hinan und schlich dann leise durch die Gänge. Es widerstrebte ihr, den Weg zum Gryffindor Turm einzuschlagen. Was für eine Ironie: Der Erbe Slytherins getarnt im Hause des verhassten Gryffindors. Ginny kicherte leise. Dann verharrte sie stocksteif und lauschte. Schritte näherten sich. Es war Harry, der vom Nachsitzen zurückkehrte. Begierig beobachtete sie, wie der Junge durch das Porträt kletterte und folgte ihm, noch ehe die fette Dame ihre Anwesenheit spürte. Eine Ruhe von gespannter Berechnung erfülle ihr Innerstes.

Müdigkeit stieg in ihr auf und immer langsamer stieg sie die Stufen der Wendeltreppe empor. Ein Zitteranfall überkam sie und mit bebender Hand öffnete sie die Tür zu ihrem Schlafsaal. Benommen starrte sie auf ihre Brust. Entsetzen überflutete sie wie eine eiskalte Woge. Einige Hühnerfedern waren auf ihrem Umgang und ein heftiger Schwindel ließ sie taumeln. Ginny stürzte und stieß sich heftig das Knie an einem Bettpfosten.

Schlafen, dachte sie. Schlafen. Dann wurde es schwarz um sie.
 

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Percy, Mrs Norris und seltsame Stimmungsschwankungen

Der Spiegel zeigte ein blasses, müde aussehendes Mädchen mit roten Haaren. Ginny sah sich an und ein leiser Schreck fuhr ihr in die Glieder. So schlecht habe ich mich noch nie gefühlt, dachte sie und wandte den Blick ab.

Das kalte Wasser im Gesicht weckte ihre Lebensgeister und Ginny fühlte sich etwas besser. Als sie aus dem Badezimmer trat, stieß sie beinahe mit Percy zusammen. Bei ihrem Anblick hielt er inne und musterte sie aufmerksam. „Guten Morgen. Fühlst du dich nicht gut?“ Wie ertappt senkte Ginny den Blick. „Nicht so besonders“, murmelte sie.

„Lass uns erst einmal frühstücken gehen. Ein heißer Tee wird dir gut tun.“ Entschlossen nahm er ihre Hand und zog sie in Richtung der Großen Halle. Ginny brachte ein leichtes Lächeln zustande.
 

Es fiel ihr wieder schwer, sich auf den Unterricht zu konzentrieren. Zweimal musste sie Colin bitten, das Gesagte von Professor Flitwick zu wiederholen. „Schläfst du noch?“, flüsterte er und stupste sie sacht in die Seite. Ginny zuckte zusammen und nickte. „Ich auch. Mir ist erst abends eingefallen, dass wir heute den Aufsatz abgeben müssen. Da wurde es dann ziemlich spät.“

„Aufsatz?“, echote Ginny. Colin hob die Augenbrauen und deutete auf die Rolle Pergament. „Oh Gott, das habe ich ja total vergessen“, stöhnte sie.

„Aber du hast mich doch erst daran erinnert“, meinte Colin und runzelte die Stirn. „Ich dachte, du hättest es am Samstag schon erledigt. Zumindest hast du das gesagt.“

Sichtlich verwirrt griff er nach Ginnys Unterlagen und zog kurz darauf eine zweite Rolle Pergament hervor, auf der die selbe Überschrift zu lesen war, wie auf dem Aufsatz Colins. Fassungslos starrte Ginny darauf. Sie rieb sich die Stirn und murmelte: „Ich glaube, ich werde wirklich krank.“

„Was hast du denn gestern Abend gemacht? Im Gemeinschaftsraum habe ich dich nicht gesehen.“

„Miss Weasley, Mr Creevey, wärt ihr so freundlich, die Unterhaltung auf die Zeit zwischen den Unterrichtsstunden zu legen?“, rief Professor Flitwick und sah sie tadelnd an. Doch Ginny nahm es kaum wahr. Was hatte sie am vorigen Abend eigentlich getan? Ihre Kopfschmerzen wurden stärker und für einen Moment verbarg sie die Augen hinter den Händen. Wie angenehm die Dunkelheit war!

Vor ihrem inneren Auge erschienen die Bilder einer langen, steinernen Rutsche, die Umrisse einer riesigen, dunklen Kammer und einer Statue. Ein Strom heißer Euphorie fuhr durch ihren Körper. Sie war so glücklich! Es konnte nicht besser laufen. Ginny nahm die Hände von den Augen und lachte hinterhältig.

„Was ist denn?“, fragte Colin und sah sie amüsiert an. Das Gefühl ebbte ab und hinterließ nichts als eine bleierne Schwere in Kopf und Magen. Lass ihn bloß nicht merken, wie durcheinander du bist, befahl sie sich und zwang sich zu einem Lächeln.

„Nichts weiter“, erwiderte sie mit erzwungener Lässigkeit. Colin nickte geistesabwesend und begann mit dem Arbeitsauftrag. Auch Ginny griff nach der Feder, zog das Buch zu sich heran und schrieb.
 

„Und wir vergleichen“, rief Professor Flitwick eine Viertelstunde später. Reihum lasen sie die Antworten vor. Einiges war falsch, doch Ginny bemerkte stolz, dass sie alles richtig hatte. Auch die Antwort Colins war falsch.

Was ist von einem Schlammblut auch anderes zu erwarten. Mit überlegener Miene korrigierte Ginny ihn und erhielt ein Lob des Lehrers. Ginny verschränkte die Arme hinter dem Kopf und begann, mit dem Stuhl zu kippeln, bis ein scharfer Schmerz durch ihr Knie zuckte. Verwundert zog sie den dunkelblauen Rock ein Stück höher. Das linke Knie schillerte in allen Farben. Wann um alles in der Welt habe ich mir dermaßen das Knie gestoßen, überlegte sie. Endlich läutete die Glocke und die Erstklässler strömten in Richtung der Großen Halle. Mrs Norris strich in den Gängen herum und richtete ihre Lampenaugen auf Ginny, die lächelte. Sie liebte Katzen. Automatisch ging sie in die Knie und streckte eine Hand nach dem Tier aus. Das Fell war struppig und zerzaust, doch Mrs Norris schnurrte leise.

Ein keuchendes, asthmatisches Atmen ließ sie aufsehen: Filch, der Hausmeister starrte sie wütend und mit zu Schlitzen verengten Augen an. „Was tust du da?“, fragte er drohend. Erschrocken sprang Ginny auf.

Verdammter, widerlicher Squib! Das wird dir noch Leid tun. Warte es ab. Für einen Moment trat ein leuchtend rotes Glimmen in Ginnys hellbraune Augen. Das wirst du bereuen, ich schwöre es dir. Ginny erfasste ein heftiger Schwindel und sie taumelte.
 

„Ginny!“ Plötzlich stand Percy neben ihr. Verkrampft hielt Ginny sich an einem Fensterbrett fest und sah ihren Bruder an. „Was ist passiert?“, fragte er eindringlich.

Verwirrt sah Ginny sich um. „Mir war nur...“, setzte sie an, brach jedoch ab.

„Du bist schon wieder so blass. Wir gehen jetzt zu Madame Pomfrey, keine Widerrede.“ Er nahm ihren Arm und stützte sie, während sie durch die menschenleeren Gänge gingen.

„Hast du schon gegessen?“, fragte er.

Hatte sie? „Ich … glaube nicht.“ Ihr Blick traf den seinen. Sorge war darin zu lesen.

„Du glaubst nicht?“, fragte er. „Du machst mir Sorgen, Kleines. Ich fühle mich für dich verantwortlich. Wie war der Unterricht?“

„Gut“, log sie.

„Hat Professor Flitwick der Aufsatz gefallen?“

„Welcher Aufsatz?“ Percy schüttelte resigniert den Kopf.
 

Madame Pomfrey sah ihre Patientin forschend an. „Schwindel auch?“, fragte sie und spähte mithilfe des leuchtenden Zauberstabes in ihre Augen.

„Nur manchmal“, sagte Ginny.

„Spiel es nicht herunter“, sagte Percy und wandte sich der Krankenschwester zu. „Sie ist ständig blass, hat Probleme mit der Erinnerung. Meine Schwester ist nicht mehr die selbe.“ Unglücklich sah Ginny auf ihre Füße.

Madame Pomfrey erhob sich und zog aus dem Schrank ein Gebräu hervor. „Für die Erkältung kann ich dir das hier geben. Was den Rest angeht“, sie sah Ginny an, „hast du vielleicht Heimweh?“

Kalt erwiderte die Elfjährige den Blick: „Keineswegs“, sagte sie im Ton kühler Überlegenheit. „Schließlich sind all meine Brüder hier. Vor allem Percy ist mir eine große Stütze.“ Amüsiert registrierte sie, wie die Brust des Vertrauensschülers anschwoll. Wie einfach es doch war, Menschen seines Schlages abzulenken. Rauch stob aus ihren Ohren und Ginny grinste. Sie strotzte vor Kraft und Elan. „Na dann bis nachher“, rief sie ihrem Bruder munter zu und hüpfte gut gelaunt aus dem Krankenflügel.
 

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Halloween

„Lieber Tom, jetzt bin ich schon zwei Monate hier in Hogwarts und habe das Gefühl, dass die Zeit unglaublich schnell vergeht. Früher war mir ständig langweilig und ich wusste nichts mit mir anzufangen. Wenn ich nicht heimlich auf den Besen meiner Brüder geflogen bin, waren alle Tage gleich und ich hätte dir erzählen können, was ich drei Wochen zuvor getan habe. Aber das ist nicht mehr so, im Gegenteil. Ich befinde mich ständig an Orten ohne zu wissen, wie ich dort hingekommen bin. Du schreibst, es wäre das Wachstum, aber ich bin gar nicht gewachsen. Die ersten Noten für die Hausaufgaben sind super, aber ich kann mich nicht erinnern, diese Aufsätze geschrieben zu haben. Tom, das macht mir solche Angst!!!“
 

„Ginny, komm, wach auf! Du hast verschlafen!“ Erschrocken fuhr das Mädchen aus dem Schlaf und blinzelte in die plötzliche Helligkeit. Hermine stand vor ihrem Bett und befestigte die Vorhänge an den Seiten.

„Was machst du denn hier?“, rief Ginny überrascht und unterdrückte ein herzhaftes Gähnen.

„Nun, mir fiel auf, dass du beim Frühstück fehlst. Da dachte ich, ich schau mal nach dir.“ Ginny lächelte. „Danke. In der ersten Stunde ist Zaubertränke, dafür hätte Snape uns garantiert massenhaft Punkte abgezogen.“

„Definitiv“, bestätigte Hermine. „Bis später dann.“ Und mit einem letzten Lächeln verließ sie den Schlafsaal.
 

Auf dem Weg in die Kerker nahm sie aufgeregtes Gemurmel der Portraits wahr. „Ja, der Fünhundertste, in der Tat! Es sollen wahnsinnig viele Gäste kommen, sogar die Jagd der Kopflosen hat sich angekündigt. Stattdessen prahlt er unentwegt damit, dass Harry Potter kommt. Wenn der an Halloween mal nichts besseres zu tun hat, als auf eine Todestagsfeier zu gehen...“

Überrascht wandte Ginny ihr Gesicht der Rittertafel zu und öffnete den Mund, überlegte es sich jedoch anders und hastete in die Kerker. Filch, der gerade am Wischen war, warf ihr einen hasserfüllten Blick zu und Ginny schauderte voller Unbehagen. Wie kam ein solcher Mann nur an eine solch nette Katze?
 

Eine fieberhafte Aufregung überfiel sie: Heute würde etwas aufregendes geschehen. Sie würde alles dagewesene in den Schatten stellen und ein deutliches Zeichen setzen!
 

„Was willst du?“, schnaufte Filch drohend und Ginny zuckte zusammen. Wo war sie nur wieder mit den Gedanken gewesen? Mit dem Läuten der Glocke gelang es ihr gerade noch, pünktlich zum Unterricht zu kommen.
 

Der Duft des Festessens war überwältigend und für einen Moment schloss Ginny mit weit aufgeblähten Nasenflügeln die Augen. Unsichtbar stand sie hinter der Tür des Klos der Maulenden Myrte und lauerte auf Geräusche. Die Stimmen Harrys, Rons und Hermines waren längst verklungen. Ein freudloses Lächeln kräuselte die Lippen des Kindes. Sie hob den Zauberstab und murmelte einige wohl gewählte Worte. Der Duft des Festessens wurde von einem durchdringenden Geruch verwesenden Fisches verdrängt. Langsam drehte Ginny sich um und kniete vor dem Waschbecken nieder. Sie hatte gerade Luft geholt, um den Eingang zu öffnen, als ein Rauschen sie innehalten ließ. Dieser verfluchte Geist! Laut weinend, am ganzen durchsichtigen Körper bebend, schoss Myrte durch die Tür und verursachte eine riesige Wasserlache, als sie sich kopfüber in ihre Toilette stürzte. Mit kalter Wut bannte Ginny den Geist in der Toilette und sorgte dafür, dass er nicht mehr heraus käme, selbst wenn er wollte. Vom Gang her war ein lautes, hungriges Miauen zu hören und Ginnys Wut machte Vergnügen Platz. Der Eingang zur Kammer lag bereits offen, als Ginny den sich nähernden Basilisken hörte. Blitzschnell versah Ginny ihn mit einer Augenbinde. Als er an ihr vorbei glitt, entfernte sie die Binde. Mrs Norris schlang gierig den Fisch in sich hinein. Jedoch nicht mehr lange. „Töte!“ Ein heiseres Zischen entwich ihrer Kehle. Im nächsten Moment fiel Mrs Norris starr zur Seite. „Mal sehen, wie der verdammte Squib das aufnehmen wird“, murmelte Ginny hämisch. Sie fühlte sich großartig!

Übermütig schwang sie den Zauberstab und ein dicker, roter Farbstrahl kam aus der Spitze und bekleckerte Ginnys Umhang. Erschrocken sah sie an sich hinab. Nun, diese Flecken würde sie später entfernen. Mit ruhiger Hand hielt sie den Stab an die Wand. Langsam erschienen Buchstaben und aus Buchstaben wurden Worte:

Die Kammer des Schreckens wurde geöffnet. Feinde des Erben – nehmt euch in Acht!

Es war zu schade, dass gerade keines der Schlammblüter umher lief. Alle waren beim Festessen. Ginnys Magen knurrte, doch noch immer stand sie mit vor Begeisterung roten Wangen da und betrachtete ihr Werk. Ihr Blick fiel auf die leblose Katze. „So kannst du nicht bleiben. Du musst doch ein richtiger Blickfang werden.“ Triumphierend hängte sie das Tier an einen Fackelhalter.

So wird nun durch mich das edle Werk Salazar Slytherins vollendet, dachte sie. Lautes Schlurfen riss sie aus den Gedanken: Filch lief den Gang entlang. Den kriege ich!, dachte Ginny, doch schon war Filch um die Ecke gebogen und nun hörte sie hastige Schritte von drei Paar Füßen. Das Schlammblut Hermine Granger war dabei, doch ärgerlicherweise in Begleitung.

„Geh“, zischte Ginny dem Basilisken zu und wenige Sekunden später hatte sich der König der Schlange in das Kanalsystem zurückgezogen. Jetzt sprach Harry.
 

Ginnys Herz krampfte sich zusammen.

Er wird mich niemals mögen. Nie. Ein eiskalter Schauer überfiel sie. Wo bin ich? Mit vor Entsetzen geweiteten Augen sah sie sich um und erkannte die Umrisse einer Toilette. Das Licht der Fackeln beleuchtete ihren Bruder, Harry und Hermine. Ginnys Beine zitterten, sie wollte zu ihnen gehen, stattdessen stolperte sie rückwärts in eine der Kabinen und wie ein großes, dunkles Tuch legte sich die Ohnmacht über sie.
 

„Wo bist du gewesen? Ich habe mir Sorgen gemacht!“ Percys strenge Miene war das Erste, das Ginny im Gemeinschaftsraum wahrnahm. Himmel, pustete der sich wieder auf. „In der Großen Halle, wenn du nichts dagegen hast“, antwortete sie leise und spöttisch. Der Blick des Bruders glitt über den Umhang. „Was sind denn das für Flecken?“ Beunruhigt sah Ginny an sich hinab. Der Spruch hatte nicht so ganz funktioniert, wie geplant. Nur dank ihrer einmaligen Zauberkräfte war es ihr gelungen, sie beinahe zum Verschwinden zu bringen. Dagegen würde die Botschaft an der Wand durch nichts gelöscht werden können. Zu stark, zu magisch war die Farbe. „Ketchup“, antwortete sie gelassen. „Colin hat seinen Teller fallen gelassen. Und nun entschuldige mich bitte.“ Gemessenen Schrittes ging Ginny die Wendeltreppe hinauf.
 

Hunger! Sie hatte solchen Hunger. Wie war das möglich, wo sie doch vor weniger als einer Stunde Kartoffeln, Braten, Kuchen und Eis gegessen hatte?
 

Wenn die Schlammblüter erst merken, dass sie hier unerwünscht sind, werden sie schon von selbst in ihre dreckige Muggelwelt fliehen. Innerhalb eines Jahres wäre die Schule von allem befreit, was nicht nach Hogwarts gehörte. Mit diesem angenehmen Gedanken schlief Ginny ein.
 

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Angst und Macht

Die Stimmung im Gemeinschaftsraum war angespannt und gedrückt. Neben den vielen Schülern, die Hausaufgaben machten, ging Percy auf und ab, sorgenvoll aus dem Fenster sehend. Ginnys Kopf schmerzte so stark, dass sie sich kaum imstande fühlte, auch nur die Aufgabenstellung zu erfassen. Die Aufgaben von Professor Flitwick entsprachen eher durchschnittlichem Niveau, sodass Ginny selten Schwierigkeiten hatte, sie zu bearbeiten. Doch heute schien alles anders.

Drei Tage waren nach dem Angriff auf Mrs Norris vergangen.

Drei Tage, in denen Ginnys Angst ständig den Siedepunkt erreichte. Jedes kleinste Geräusch, jede Bewegung ließ sie zusammenfahren. Angestrengt die Stirn runzelnd, las sie die Zeilen zum fünften Mal:

1) Wie heißt die Zauberformel, die dazu benötigt wird, Dinge schweben zu lassen?

2) Welches sind die häufigsten Fehler, die man in der Umsetzung machen kann?

Resigniert ließ Ginny die Feder über dem Pergament sinken und folgte dem auf- und abschreitenden Bruder mit dem Blick. Am strahlend blauen Himmel flog eine schneeweiße Eule vorbei. Ginny biss sich auf die Lippen. Noch ehe sie sich davon abhalten konnte, huschte ihr Blick zu Harry hinüber. Das Dreiergespann saß wie üblich etwas abseits von den Anderen. Hermine redete eindringlich auf ihren Bruder und Harry ein. Beide nickten. Die Eifersucht versetzte Ginny einen Stich. Wie gerne wäre sie an Stelle Hermines. Obwohl sie die Ältere doch so mochte.
 

Es wird Zeit, dass jemand diesem Schlammblut zeigt, wo es hingehört. Dieses altehrwürdige Schloss zu besudeln!
 

„Na du?“ Ginny erschrak so sehr, dass sie beinahe das Tintenfass umkippte. Mit einem lässigen Schlenker seines Zauberstabes brachte Percy es zum Stehen und sah sie prüfend an. „Kommst du voran?“ Ginny atmete tief durch, um ihr klopfendes Herz zu besänftigen und zuckte die Achseln.

„Ich kann mich nicht konzentrieren. Meine Kopfschmerzen sind so stark“, klagte sie.

„Lass mal sehen.“ Percy zog einen der letzten freien Sessel an den Tisch, nahm Ginnys Pergament in die Hand und beugte sich darüber.

„Das ist doch gut.“

„Ich kann das aber nicht. Mag sein, dass es nicht schwer ist, aber ich bekomme es nicht hin.“

Percy lächelte. „Alles gut, Kleine. Deine Antworten sind super, nur keine Aufregung. Professor Flitwick wird zufrieden sein.“ Erschrocken öffnete Ginny den Mund und streckte automatisch den Arm aus. Fassungslos starrte sie auf die Schrift. Es war eindeutig ihre, doch wann hatte sie diese Antworten aufgeschrieben? Der Gemeinschaftsraum war dunkel, es dämmerte bereits.

„Ginny?“ Percy legte ihr die Hand auf den Arm, doch sie zuckte davor zurück. „Lass uns zum Abendessen gehen, okay?“ Der Vertrauensschüler klang beklommenen wie selten.

Er klingt so, wie ich mich fühle, dachte Ginny. Sie spürte, wie ein Beben durch ihren Körper lief. Schon rannen ihr die Tränen über das Gesicht.

„Wenn ich nur wüsste, was mit dir los ist...“ Percy schien mehr zu sich denn zu seiner Schwester zu sprechen. Ginny schniefte. „Ich hab so Angst wegen Mrs Norris.“ Sie schlang die Arme um Percy. Dieser nickte düster. „Sie werden diese Verrückten kriegen, glaube mir. Aber jetzt lass uns essen gehen, okay?“

Er wollte sich erheben, doch Ginny ließ es nicht zu. „Und Harry und die anderen… werden nicht mehr beschuldigt?“ Energisch schüttelte Percy den Kopf.

„Nein! Bestimmt nicht.“

Getröstet folgte Ginny ihm. Auf den Korridoren ging es zu wie immer. Gruppenweise drängten sich die Schüler zur Großen Halle und wieder zurück. Kein Schüler schien den Mut zu haben, alleine durch das Schloss zu gehen.
 

Ein triumphierendes Grinsen breitete sich auf Ginnys Gesicht aus. Sieh sie dir an, die kleinen, ängstlich tapferen Gryffindors. Hütet euch! Nur wer reinen Blutes ist, mag sich dieser Tage allein sicher fühlen. Doch Geduld: Seltene Angriffe, wenn niemand damit rechnet, sind der allgemeinen Hysterie weitaus förderlicher, als erwartbare.
 

„Der Trank von Madame Pomfrey ist dir doch gut bekommen, oder? Du dürftest eigentlich nicht dauerhaft so blass und fahrig sein, es sei denn...“

Ginny sah Percy an, wie eine Erscheinung. Hastig wandte dieser den Blick ab, spießte sich ein viel zu großes Stück Kartoffel auf die Gabel und verschluckte sich prompt. Ginny fragte sich nicht einmal, wie sie in die Große Halle gekommen war. Verwirrt schlug sie dem Vertrauensschüler auf den Rücken und nickte dann, traute sich jedoch nicht, ihm zu antworten.

Womöglich habe ich mir die Frage nur eingebildet. Besser, wenn Percy nichts davon mitbekommt. Er merkt sowieso zu viel von diesen Zuständen.

Sie sprang auf und zwang sich zu einem gut gelaunten Lächeln. „Schlaf gut, Perce.“ Mit hochrotem Kopf und leicht hustend erwiderte Percy den Gruß.
 

Diesmal lag der Gang wie ausgestorben vor ihr. Leises Unbehagen stieg in Ginny auf, doch zugleich und dem ersten Gefühl komplett entgegengesetzt, ein Gefühl berauschender Macht. Eine unsichtbare Kraft zog Ginny zum Portal, in die Nacht hinaus.

Kein Zweifel: Hier gab es einen Auftrag, der erledigt werden musste. Es zog sie zum Stall von Hagrid. Leises Scharren war zu hören. Knarrend öffnete sich die Tür. Der ermordete Hahn war ersetzt worden. Voll kalter Wut zückte das Mädchen den Zauberstab, ein grüner Lichtblitz erhellte die schwarze Nacht, ein Brausen erklang und der Körper des Tieres fiel in sich zusammen. Diesmal war kein empörtes Schreien zu hören, Ginny hatte leise, kaltblütig und effektiv gehandelt. Lediglich einige Hennen flatterten aufgeregt herum. „Das wird dir eine Lehre sein“, zischte Ginny und sah zu der im Schatten gelegenen Hütte des Wildhüters. „Der Erbe Salazar Slytherins duldet keine Hähne, solange der König der Schlangen das edle Werk ausführt.“ Grimmig steckte sie den Zauberstab in die Tasche und ging auf das hell erleuchtete Portal zu. Rasch legte sie den Desillusionierungszauber über sich.
 

Das Tagebuch lag aufgeschlagen auf ihrem Schoß. Ginny zitterte so sehr, dass ihre Handschrift unleserlich wurde. Tränen rollten ihre Wangen hinab.

„Lieber Tom, ich glaube, ich verliere mein Gedächtnis. Auf meinem Umhang sind schon wieder überall Hühnerfedern und ich weiß nicht, wie das kommt. Lieber Tom, ich kann mich nicht erinnern, was ich in der Nacht von Halloween getan habe, aber eine Katze wurde angegriffen und ich war hinterher überall mit Farbe bekleckert. Ich möchte wissen, was mit mir passiert.“
 

Die Tinte verschwand, doch nur einen Wimpernschlag später erschienen neue Worte.

Liebe Ginny, du wirst sehr bald mehr verstehen, als dir lieb ist...
 

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Ein verlorener Tag

Der kalte Wind raubte Ginny fast den Atem, die Stimmen ihrer Mitschüler und der Madame Hoochs drangen durch das Brausen kaum zu ihr durch. Breit grinsend schoss sie mit dem Besen das Feld auf und ab. Als die schrille Pfeife erklang, fühlte Ginny, dass sie die Landeaufforderung nicht länger ignorieren konnte. Leicht beugte sie sich vor und kurze Zeit später berührten ihre Füße wieder festen Boden.

„Mädchen, du fliegst ja wie der Teufel!“ Trotz aller Bemühungen, streng zu klingen, vernahm Ginny den anerkennenden Tonfall der Lehrerin. Sofort fühlte sie sich mindestens eine Handbreit größer werden.

„Gehe ich richtig in der Annahme, dass dies nicht erst dein zweiter Flug auf einem Besen war?“ Ginny spürte sich erröten und nickte.

„Wenn du so weiter machst, kommst du mit Sicherheit eines Tages in die Mannschaft.“ Mit einem letzten dünnen Lächeln beendete die Lehrerin ihre zweite Flugstunde.

„Wirklich unglaublich!“ Colin rannte zu ihr und sah sie beinahe ehrfürchtig an. „Wie machst du das nur?“

„Na ja“, Ginny lachte verlegen, „ich fliege zuhause oft auf den Besen meiner Brüder. Aber“, fügte sie eindringlich hinzu und hob die Hand, „kein Wort zu niemandem!“ Colin hob drei Finger zum Schwur und nickte feierlich.

„Stell dir vor, du fliegst irgendwann mit Harry Potter in einer Mannschaft.“ Schon die Vorstellung schien Colin mit Neid zu erfüllen. Ginnys Glücksgefühl versickerte so schnell, wie sie nur wenige Minuten zuvor gelandet war. Heftig und abrupt. Ohne Erwiderung wandte sie sich ab und beschleunigte ihre Schritte. Colin schien nichts davon zu bemerken, er redete ohne Unterlass vom morgigen Spiel, davon, dass er Harry bereits in jeder erdenklichen Situation vor seine Linse bekommen hatte und welch spektakuläre Flugmanöver er von seinem Idol erwartete. Als Ginny in der Ferne die Umrisse Hagrids sah, unterbrach sie Colin erleichtert und lief zu dem Wildhüter. Kopfschüttelnd stand dieser vor dem Hühnerauslauf.

„Hi Hagrid“, rief Ginny und trat an seine Seite.

Hagrid nickte ihr mit gequälter Miene zu und starrte düster zu den Hennen, die in aller Eile Körner auf pickten. Ginny ging in die Knie, griff sich ein Huhn und drückte es an sich.

„Die sind so weich“, seufzte sie, während ihre Finger sacht über das Federkleid strichen.

„Wo ist denn der Hahn?“

„Tot“, brummte Hagrid. Überrascht hob Ginny den Kopf.

„War er schon so alt?“, fragte sie.

„Nee! Der war nich alt. Und s is der Zweite, der nu seit September tot is und ich weiß nich, warum.“ Ginny erschrak so sehr, dass sie das Huhn fallen ließ. Empört gackernd stakste es zu den anderen.

„Du meinst, jemand hat ihn umgebracht?“

Hagrid wiegte unschlüssig den Kopf. „So weit würd ich nich ma gehen, s is was Komisches hier in letzter Zeit.“ Beunruhigt sah er sich um.

„Vielleicht eine Krankheit“, schlug Ginny vor. „Bei uns zu Hause sind in einer Woche mal drei Hühner an einem Infekt gestorben.“

Hagrid zuckte die Achseln. „Kann sein, dass es vom neuen Schneckenschutz is, aber dann dürften nich nur die Hähne drunter leiden.“

Ginny spürte, wie das vertraute Pochen in ihrem Kopf begann und die Glieder schwer wurden.

Diesem Dummkopf fällt nicht einmal auf, dass der Erbe Slytherins erneut am Werk ist. Ginny brach in heiseres Kichern aus. Hagrid, vollkommen in sich gekehrt, schien es nicht zu bemerken.

Hagrid.

Die Hähne.

Weshalb lachte sie? Ginny spürte den Boden unter sich schwanken und umklammerte mit aller Kraft den Zaun. Tränen rollten ihr über die Wangen.

„Is ja schon gut.“ Hagrid versuchte, ihr die Schultern zu tätscheln, doch Ginny wich aus. Den Bärenkräften war sie heute nicht gewachsen.

„Es is sicher nur der Schneckenschutz, ich werd ihn nich mehr benutzen. Nu geh ma Mittagessen.“

Auf dem Weg zum Schloss setzte leichter Regen ein. Ginny blieb stehen, reckte ihr Gesicht dem Himmel entgegen und schloss die Augen. Die Tropfen linderten das Pochen, doch die Gedanken blieben unruhig. Etwas stimmte nicht und zwar ganz gewaltig, doch was war es?

Ginny fühlte sich wie in einer Kapsel, Geräusche und Bilder verschwammen. Das Abendessen, die Feier im Turm, das aufgeschlagene Tagebuch auf den Knien… Worte bildeten sich.

Wer ist Harry Potter?
 

Mit höhnischem Grinsen lief Ginny geschmeidig durch den Turm. Die Mitschüler drängten sich um einen Tisch mit Süßigkeiten, Butterbier und Nüssen, die Zwillinge standen tanzend auf dem Tisch und feierten den Sieg.

Harry Potter ist dir zweimal in deiner Zukunft in die Quere gekommen und liegt nun verletzt im Krankenflügel. Eine bessere Gelegenheit wird wohl nicht kommen.

Aufregung überfiel das Kind: Wie mochte er wohl sein, dieser Junge, der aus unerklärlichen Gründen eine Gefahr für sie würde? Ein Hüne wie Hagrid? Ein kleiner, flinker?

Gemessenen Schrittes näherte sich Ginny dem Krankensaal, als eine Bewegung sie innehalten ließ. Colin, das wertlose, kleine Schlammblut lief hastig die Stufen der Treppe, die zum Krankenflügel führte, nach oben. Ginny spürte die Anwesenheit des Basilisken, der nur wenige Meter in einem Kanal ruhte und auf ihren Befehl wartete.

„Töte“, zischte Ginny. Der Junge schien das Zischen vernommen zu haben, er drehte sich um, riss die Kamera mit einem Ausdruck des Staunens vor die Augen und kippte reglos, mit einem lauten Schlag, auf den Boden. Die Schlange kroch vollständig in das Rohr zurück und war nicht mehr zu sehen.

Und jetzt werde ich mich um Harry Potter kümmern. Achtlos stieg Ginny über den Körper, die Lippen verzogen sich zu einem schadenfrohen Grinsen.

Keine Trauben heute Nacht, Potter. Dein Tod naht. Ginny pflückte ein paar der grünen Beeren, erstarrte jedoch kurz darauf in der Bewegung, die Haare auf ihren Armen richteten sich auf. Minerva McGonagall näherte sich von der einen Seite und, noch schlimmer, die Gestalt Albus Dumbledores schritt eilig den Korridor entlang, die Hand um eine Tasse geklammert, den Blick auf die wie tot da liegende Gestalt Colins gerichtet.

Ginny spürte Ärger aufkommen, doch sie wusste, dass die Chance vertan war. Diese Nacht wirst du überleben, Potter, doch aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben…

Mit einem letzten amüsierten Blick auf den Schlammblüter kehrte Ginny zurück in den Turm.
 

„Erst die Katze und jetzt Colin.“

„Wie kann sowas nur passieren? Weshalb ausgerechnet er?“

„Ich habe solche Angst.“

Verstört klingendes Stimmengewirr empfing Ginny im Gemeinschaftsraum. Die Sonne stand bereits hoch am Himmel, doch trotz der späten Stunde schien die Mehrheit der Gryffindors noch nicht gefrühstückt zu haben. Percy saß niedergeschlagen in einem der Sessel, die Bücher aufgeschlagen, doch den Blick aus dem Turmfenster gerichtet.

„Was ist denn hier los?“ Percy zuckte leicht zusammen, nahm einen Stapel Pergament von der Lehne und klopfte darauf. Ginny setzte sich und erwiderte unruhig den nervösen Blick des Bruders.

„Colin… Du weißt schon...“

„Colin Creevey?“, rief Ginny erschrocken. Percy nickte.

„Es ist wie an Halloween, mit Mrs Norris. Er ist versteinert worden. Diese Nacht.“

„Diese...“ Ginny musste schlucken. „Diese Nacht?“

„Wir glauben, dass er nach dem Spiel zu Harry in den Krankenflügel gehen wollte. Er hatte ein Bündel Trauben dabei.“
 

Das Spiel. Harry. Krankenflügel. Ginny war so entsetzt, dass ihr die Sinne schwanden. Das Spiel war doch heute! War es nicht gestern gewesen, dass Madame Hooch sie vor aller Augen gelobt hatte, dass Colin mit Spannung den Samstag erwartete, an dem die Slytherins gegen Gryffindor das erste Match der Saison einleiten würden?
 

„Heute ist Sonntag, nicht wahr?“ Ginny wunderte sich selbst, wie ruhig ihre Stimme trotz des inneren Aufruhrs klang. Percy fuhr sich geistesabwesend mit der Hand durch das Haar und brummte zustimmend. Ginny hielt es nicht länger aus, sie erhob sich und lief in den Schlafsaal zurück. Der Blick fiel auf ihren Nachttisch und Ginny meinte, ihr Herz müsse ausgesetzt haben.

Eine Traube lag darauf.
 

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Anhören könnt ihr euch das Kapitel hier:

https://youtu.be/uMPtYE-D4xI

Geschwisterbande

Das Wetter am Montagmorgen spiegelte Ginnys Stimmung sehr gut wider: Blitze zuckten, heftiger Regen schlug gegen die Fenster, die Korridore waren dunkel und selbst die Fackeln konnten der düsteren Atmosphäre nicht beikommen. Zusammengedrängt lief Ginny inmitten einer Traube von Mitschülern zur Großen Halle. Lediglich Schüler aus höheren Jahrgängen schienen den Mut zu haben, allein oder zu zweit durch das Schloss zu gehen.

„Meinst du, wir dürfen Colin besuchen?“ Eine Gänsehaut kroch über Ginnys Haut, als Laura sie ansprach. Ihre ohnehin recht helle Stimme klang beinahe schaurig, da sie aufgrund der unterdrückten Anspannung um einige Oktaven höher rutschte.

„Ich hoffe“, murmelte Ginny und spürte, wie ihre Lippen zu zittern begannen. Laura ergriff ihre Hand und drückte sie kurz.

„Du kannst in Zauberkunst gerne zu uns hinter kommen.“ Ginny bemühte sich um ein Lächeln und nickte dankbar. Heute würden sie endlich den Schwebezauber beginnen.

Und Colin hat sich so darauf gefreut. Ginnys Herz krampfte sich zusammen. Hoffentlich wacht er bald wieder auf.

Mit zugeschnürter Kehle saß sie kurz darauf vor einer Schale Haferbrei und rührte gedankenverloren darin herum.

Wenn ich nur wüsste, was am Samstag geschehen ist, dachte sie niedergeschlagen. Sie hatte Tom befragt, doch seine Schilderungen vermochten die große Erinnerungslücke nicht gänzlich zu schließen. Undeutliche Bilder des Spiels und der im Anschluss stattgefundenen Party traten vor ihr inneres Auge.

„BUH!“ Ginny stieß einen spitzen Schrei aus. Sie meinte, das Blut müsse ihr in den Adern gefrieren und zuckte so heftig zusammen, dass sie die Tasse fallen ließ. Laura und sie sprangen im selben Moment auf, als die Milch den Rock durchnässte.

„FRED!“ Ginny wusste nicht, ob sie vor Schreck weinen oder vor Wut auf ihn losgehen sollte. Fred stand mit schiefem Grinsen vor ihr.

„Dad meint, die Muggel vertreiben mit Lärm und Schrecken böse Geister“, informierte er sie. „Also genau das Richtige für dich. Schönen Tag noch.“ Mit offenem Mund starrte Ginny ihrem Bruder nach, der sich kichernd zwischen George und Lee niederließ.

„Die haben Humor“, murmelte Laura schwach.

„Was ist denn hier los?“ Missbilligend glitt Percys Blick über Ginny und blieb am durchweichten Rock hängen.

„Fred… Hat mich erschreckt… Und die Tasse...“, stammelte sie.

„Nicht zu fassen!“ Percy streckte seinen Rücken durch und zog den Zauberstab aus dem Umhang.

„Ratzeputz.“ Ginny beobachtete erschöpft, wie die Milch in die Tasse zurück floss. Unter normalen Umständen hätte ihr dieses Zauberstück Freude bereitet, doch heute… Percy sah sie mit gerunzelter Stirn an. „Sowas unsensibles“, knurrte er dann wütend, drehte sich um und marschierte zu Fred.

„Hab doch nur Spaß gemacht“, tönte die Stimme des Bruders aufgebracht. „Soll sich nicht so anstellen.“

Ginny ließ den Kopf sinken, erhob sich und ging mit schweren Schritten zum Verwandlungsraum.

Wünschte, ich könnte diesem Schlammblüter einen Tritt geben. Wenn nur die verfluchte Kamera nicht gewesen wäre! Frustriert trat Ginny gegen eine Rüstung, es schepperte laut und Peeves stieß daraus hervor. „Oooh, ein putzi putzi Erstklässler. Warum so wütend, warum so ungehalten?“ Ginnys Antwort war ein eisgekühlter Blick. Erst die Katze und jetzt Creevey. Und Potter habe ich auch noch nicht erwischt. Was für eine Niederlage! In dieser Nacht muss nachgebessert werden. Wenn schon nicht Potter, so liegt wenigstens Creevey ungeschützt und wehrlos, wie auf dem Silbertablett da.

„Gib auf die Geister acht!“ Hinter einem Mauervorsprung sprangen zwei Monster laut heulend hervor. Sie schlugen die Hände auf Münder, die große dunkle Untiefen zu sein schienen und gaben hohe, schrille Töne von sich. Ginny erstarrte in der Bewegung und spürte, wie ihre Beine nachgaben. Desorientiert sah sie sich um. Fred und George standen lachend vor ihr, zwei identische Masken in der Hand, neben sich die Schulsachen.

„Das war knapp“, rief George, streckte ihr die Hand entgegen und zog sie auf die Füße zurück. „Hinter dir stand schon das Monster, um dich mit seinen langen Greifarmen zu packen.“

Ein Beben ging durch Ginnys Körper. Wie war sie vom Frühstückstisch nur in diesen Gang geraten?

Und wo kamen die Geschwister schon wieder her?

„He, jetzt heul' nicht gleich.“ Verlegen sah Fred sich um. „Wenn Percy vorbeikommt...“ Doch Ginny konnte nicht anders, die Tränen liefen und liefen.

„Fred! George! Es reicht endgültig!“ Ginny wischte sich über die Augen und konnte sich nur mühsam davon abhalten, dem Vertrauensschüler um den Hals zu fallen. Seine Ader an der Schläfe pulsierte, das Gesicht war dunkelrot verfärbt, als er im Laufschritt auf sie zu eilte.

„Ich habe es euch bereits gesagt, lasst Ginny in Ruhe! Zehn Punkte Abzug für Gryffindor und lasst euch das gesagt sein: Noch eine derartige Aktion und ich schreibe an Mum. Seht sie doch an, sie durchleidet Alpträume und ihr macht noch Witze auf ihre Kosten!“ Ginny hatte den Bruder nie zuvor so wütend erlebt. Eine Welle von Dankbarkeit überkam sie, während die Zwillinge beschämt zurück wichen.

„Sorry, Ginny“, murmelte George und rieb sich die Nase.

„Und jetzt ab in den Unterricht.“ Fred sah seinen Bruder empört an, doch George stieß ihm mit hochgezogenen Brauen in die Seite und sie gingen.

Schwer atmend sah Percy ihnen nach, doch beim Blick auf Ginny besänftigte sich seine Miene. Schweigend zog er sie an sich und strich ihr über das Haar.

„Wehr dich“, riet Percy eindringlich.

Ginny befreite sich gerade aus der Umarmung, als Hermine, Harry und Ron an ihnen vorbei gingen. Hermine lächelte aufmuntert, doch Ginnys Kiefer verkrampfte sich. Dass diese Schlammblüterin dieses Schloss immer noch besudelt! Sie müsste ausgeschaltet werden! Noch vor dem penetranten Creevey! Mit kalter Wut wandte sich Ginny dem Bruder zu.

„Mit denen werde ich schon fertig, verlass dich drauf“, fauchte sie.

Percy nickte zufrieden. „So gefällst du mir schon viel besser. Halt die Ohren steif, Kleine.“ Er verschwand und Ginny machte sich grimmig auf den Weg zu Zauberkunst. Laura redete, doch Ginny ignorierte es.

Überheblich beobachtete sie, wie Laura mit konzentrierter Miene den Zauberstab schwang und die Feder müde zuckte.

Ginny räusperte sich: „Wingardium Leviosa.“ Laura warf ihr einen neidischen Blick zu und seufzte dann. Ginny kicherte und sah mit einem boshaften Grinsen auf die beiden leeren Plätze in der ersten Reihe. Tja, Creevey. Du wirst für sehr lange Zeit nicht mehr Flitwicks Liebling sein…
 

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Moderne Telekommunikation

„Hinter diesen hübschen, unauffälligen Blüten stecken enorme magische Verwendungsmöglichkeiten. Wer von euch kann mir eine davon nennen?“

Ginny sah auf die rosafarbenen Blätter, auf denen winzige, mit dem bloßen Auge kaum erkennbare, grüne Sprenkel zu sehen waren. Sie hatte keine Ahnung, worauf Professor Sprout hinaus wollte. Colin wüsste das bestimmt, schoss es ihr durch den Kopf.

Colin liebte Kräuterkunde! Von allen Gewächsen hatte er unzählige Aufnahmen mit der kleinen Kamera geschossen, die er von morgens bis abends mit sich getragen hatte. Unruhig stieg Ginny von einem Bein auf das andere. Sie vermisste Colin. Abwesend irrte ihr Blick zwischen Professor Sprout und kleinen, merkwürdigen Pflänzchen hin und her, die am Ende des Gewächshauses standen. Obwohl diese in einiger Entfernung und im Halbdunkel verborgen waren, spürte Ginny eine ungeheure Faszination von ihnen ausgehen.

„Miss Weasley, was gibt es hinter mir so Aufregendes?“ Ginny zuckte schuldbewusst zusammen und deutete mit der Hand auf das Regal.

„Bitte, was für Pflanzen sind das?“

Die Lehrerin drehte den Kopf. „Bei diesen Pflanzen handelt es sich um Alraunen“, klärte Professor Sprout die Klasse auf. Der Name weckte ein Gefühl tiefer Beklommenheit, gepaart mit einem Anflug von Zorn in Ginny, doch weshalb?

Nie zuvor hatte sie von Alraunen gehört!

„Sie sind nichts für Erstklässler und üblicherweise stehen sie auch nicht im Lehrplan. Doch angesichts des Bedarfs ist das Kollegium zu dem Schluss gekommen, die Alraunenzucht in diesem Jahr mit den höheren Jahrgängen durchzuführen“, führte die Lehrerin aus.

Laura hob die Hand. „Professor, aufgrund welchen Bedarfs?“

Professor Sprout schluckte und in ihrer Stimme lag ein leichtes Zittern, als sie antwortete:

„Der Angriff auf euren Mitschüler Colin Creevey, sowie Mrs Norris hat zu einer vollständigen Versteinerung geführt. Bislang sind nur Alraunen in der Lage, diese Versteinerung aufzulösen.“ Sie fuhr sich mit dem Zeigefinger über die Nase.

„Aber was bedeutet es???“, brach es aus Ginny hervor. „Wenn jemand zu Stein geworden ist, kann er doch auch gar nicht mehr Essen und Trinken! Oder bekommt Colin Umschläge? Oder...“

„Nein. Die Alraunen werden zu einem Trank verarbeitet. Sobald er das Innere des versteinerten Körpers erreicht, löst sich der Bann. Bei Colin haben wir es leichter, da sein Mund geöffnet war. Bei Mrs Norris indes wird es schwieriger. Sie bekommt den Trank über die Nase zugeführt, sodass er dahin gelangt, wo er wirken kann: In den Magen-Darm-Trakt.“

„Wann?“ Bildete Ginny es sich ein, oder klang ihre Stimme bang?

Professor Sprout schüttelte leicht und resigniert den Kopf. „Es dauert mindestens vier Monate.“

Laura schnappte nach Luft und die Lehrerin nickte ernst.

„Ja, es ist eine schlimme Sache...“ Sie biss sich auf die Lippe und sah aus dem Fenster. Gespanntes Schweigen erfüllte das Gewächshaus, bis ein Ruck durch Professor Sprout ging und sie in die Hände klatschte. „Aber genug von Alraunen. Widmen wir uns nun wieder dem Verfahren des Frostschutzes bei Pelargonien.“
 

Als das Läuten über die Wiese drang, hatte Laura es besonders eilig. Sie warf die Handschuhe achtlos auf den Tisch, packte Ginny am Arm und zog sie nach draußen.

„Erst in vier Monaten!“ Laura klang entrüstet. „Warum können sie es nicht importieren?“

Ginny bemühte sich, mit der Freundin Schritt zu halten. „Imporwas?“, keuchte sie.

„Importieren! Also aus anderen Gegenden, die es vorrätig haben, bestellen. Bei den Muggeln funktioniert das besser, das muss ich jetzt schon mal sagen.“ Laura schnaubte.

„Du bist Muggelstämmig?“ Überrascht blieb Ginny stehen und sah die Freundin an. Laura winkte ab.

„Nur zur Hälfte. Meine Mutter ist Apothekerin, die kann ein Lied von nicht lieferbaren Arzneien singen. Und das trotz Telefon.“

Ginnys Kopf begann zu schwirren. „Was ist denn das?“

Laura überlegte. Ihr kalter Atem stieg in Nebelschwaden auf und Ginny ging weiter.

„Das ist ein Apparat, den hält man ans Ohr und unterhält sich dann mit Menschen, die fünfhundert Kilometer entfernt leben. Also man spricht, die andere Person hört es und so unterhält man sich dann.“

„Wie mit einem Patronus?“

„Hmm… Nee. Egal, ich kann es nicht erklären.“

Kein Wunder, dass Daddy die Muggel so interessant findet, dachte Ginny. Scheint, dass sie uns Einiges voraus haben.
 

Während des Mittagessens hing Ginny ihren Gedanken nach und nahm von den Gesprächen ihrer Mitschüler keine Notiz. Etwas beunruhigte sie, lag so schwer im Magen, dass sie die Bohnen kaum herunterbrachte und stattdessen tiefe Gräben mit der Messerspitze in den Kartoffelbrei drückte.

Colin wird wieder gesund! Vielleicht weiß er sogar, wer ihn angegriffen hat! Alles wird wieder gut!

Und doch…

Sie musste unbedingt ihre Gedanken sortieren. Seit zwei Wochen schrieb sie seltener mit Tom. Es lag nicht nur an der Last der Hausaufgaben, die so zugenommen hatte, dass sie bis spät abends mit Laura im Gemeinschaftsraum arbeitete.

Nein, unerklärlicherweise überfielen sie hin und wieder beim Gedanken an den unsichtbaren Freund Anflüge von Angst. Doch das war ja albern!

Hinzu kam, dass sie in Laura eine gute Freundin gefunden hatte, mit der sie über beinahe alle Themen sprechen konnte.

Beinahe.

Zuneigung stieg in Ginny auf und das Bedürfnis, Tom zu schreiben, wurde übermächtig.

„Ich geh kurz in die Bibliothek“, sagte sie zu Laura, erhob sich und eilte in den Schlafsaal. Das Buch an sich gepresst, schlich sie durch die Gänge. Der vertraute Geruch alter Bücher brachte Ginny zum Lächeln. Erwartungsvoll ließ sie sich in einem Ohrensessel nieder, schlug das Buch auf und tunkte die Feder in die Tinte.
 

„Lieber Tom, heute war ein schöner Tag und zum ersten Mal konnte ich die Leidenschaft von Daddy bezüglich der Muggel wirklich verstehen! Stell dir vor: Es gibt Apparate, mit denen sie über hunderte von Kilometern miteinander reden können! Und dass, ohne sich zu sehen!

Merkwürdig, was?

Nur wie sie funktionieren, konnte Laura mir nicht erklären. Vielleicht weiß mein Vater es ja. Oder Hermine.“

„Hallo Ginny. Es freut mich sehr, dass du einen schönen Tag hattest. Die Erfindung der Muggel kenne ich – die gab es schon zu meiner Zeit. Doch ich halte nichts davon. Was ist so Tolles daran? Ist unsere Art der Kommunikation der der Muggel nicht weit überlegen?“

Ginny dachte nach.

„Sicher“, schrieb sie. „Doch da die Muggel nun mal nicht zaubern können, ist es doch faszinierend, was sie stattdessen entwickelt haben. Was hast du denn dagegen?“

Diesmal erschien die Antwort Toms schneller und seine Schrift war undeutlicher. „Das will ich dir verraten! Mit ihren Geräten vermögen sie, Kriege über Länder- und Staatsgrenzen hinweg zu befehlen. Ich habe es miterlebt.

Diese Geräte sollten vernichtet werden und die Muggel gleich mit!“ Ginny starrte entgeistert auf die Zeilen ihres Freundes. Das konnte doch nicht sein Ernst sein!? Sie runzelte die Stirn. Obwohl die Fenster der Bibliothek geschlossen waren, spürte Ginny einen eisigen Luftzug. Er schien vom Tagebuch selbst zu rühren, doch wie war das möglich?

„Tom, auch Zauberer führen Kriege.“ Mehr fiel ihr nicht ein. Ginny schlüpfte aus den Schuhen, zog die Beine an den Körper und umschlang sie mit den Armen.

„Ich habe dich erschreckt, verzeih mir. Meine Augen mögen die eines Sechzehnjährigen sein, doch habe ich Grauen erlitten, die ich einem Sechzigjährigen nicht wünsche. Die Muggel sind gefährlich und vor allem die magische Welt wäre ohne sie besser dran. Über Märchen lehren sie ihre Kinder den Hass gegen uns Zauberer und bis heute werden wir unterdrückt.“

Was er wohl erlebt hat, überlegte Ginny und Mitleid überkam sie.

„Aber so sind doch nicht alle“, schrieb sie. Der Satz verschwand. Ein scharfer Schmerz fuhr Ginny in die Schläfe und geblendet kniff sie die Augen zusammen.
 

Verplempere die Zeit mit der Blutsverräterin nicht!
 

So rasch der Schmerz gekommen war, verschwand er wieder. Ginny blinzelte.

„Du hast sicher Recht. Ich wünschte, mir wären andere Muggel begegnet. Aber davon abgesehen – gibt es eine neue Spur bezüglich des Erben von Slytherin?“

Erleichtert über den Themenwechsel schrieb Ginny beherzt: „Es tut mir Leid, dass du so schlechte Erfahrungen gemacht hast. Aber ja – es gibt großartige Neuigkeiten! Es gab keinen Angriff mehr und Colin wird wieder ganz gesund. Allerdings erst in frühestens vier Monaten. Sie müssen die Alraunen erst züchten. Trotzdem bin ich erleichtert. Professor Sprout hat uns heute erklärt, was eine Versteinerung bedeutet. Ich wüsste zu gerne, wie so etwas geschehen kann. Mittels eines Fluchs?“
 

Alraunen! Sie züchteten Alraunen! So wie damals. Nun, das war nicht allzu schlecht. Versteinerte konnten nicht ermordet werden. Und doch – er empfand es als persönliches Versagen, dass der penetrante Creevey überlebt hatte. Das nächste Mal würde er geschickter vorgehen. Nur gut, dass die dumme Elfjährige in letzter Zeit kein Misstrauen mehr gegen ihn hegte. Obwohl die Einträge unglaublich amüsant gewesen waren.

Überspann' den Bogen nicht! Es gibt zu viel zu tun! Die Mission ist zu wichtig!
 

Ginnys Kopfschmerzen intensivierten sich, ihr wurde übel. Ein großer, mächtiger Schatten legte sich über sie und Ginny sah auf. In der Erwartung, Hagrid zu sehen, starrte sie irritiert auf den leeren Gang vor sich. Langsam breitete sich ein warmes Kribbeln über ihre Finger aus, die Kälte wich, Kraft durchströmte sie. Ein breites Grinsen huschte beim Gedanken an Colin über ihr Gesicht. Sie setzte die Feder auf das Buch und schrieb:

„Das Schlammblut würde zerbrechen wie eine große Statue, die man von ihrem Sockel stößt. Wie wäre es mit dem Astronomie Turm?“

In seinen Seiten entspannte sich der junge Mann. Er hatte das Kind wieder unter Kontrolle.
 

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Anhören könnt ihr das Kapitel hier:

https://www.youtube.com/watch?v=JllQEkvBOpw



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