Hide & Seek von Sauron ================================================================================ Kapitel 1: 3.17 am ------------------ Es war genau 3.17 Uhr in der Früh, als Jax von dem Klingeln seines Handys aus einem tiefen Schlaf gerissen wurde. Er brauchte einen Moment, um sich bewusst zu werden, was für Geräusche er dort überhaupt hörte; doch als er sich kurz die Augen gerieben hatte, tastete er blind nach seinem Handy und nahm ab. „Was'n los... Is' nicht mal vier.“, gähnte er in den Hörer. „Jax? Wir brauchen deine Hilfe. Santa Barbara Drive, in zehn Minuten.“ Jax horchte auf. Es war Clay, Präsident des Clubs. Was er jedoch mitten in der Nacht um drei Uhr wollte, war Jax suspekt, bis er leise fragte. „Warum?“ „Frag' nicht, sei einfach da.“ Das Dröhnen des Besetztzeichens rauschte in Jax' Ohren, doch er hatte keine Wahl. Clay's Stimme war angespannt gewesen und ernst. Und das konnte nur eines heißen: Er hatte seine Waffe zu nehmen, sie zu laden und gefälligst aufzustehen. Und zwar rasch. Er brauchte keine zwei Minuten, um sich seine Kutte überzustreifen und eine Jeans anzuziehen. Seine Waffe fand er wie immer gut gesichert in einer seiner Boxen, die er unter dem Sofa liegen hatte. Und im Dunkel der Nacht schwang er sich nicht einmal fünf Minuten nach dem Anruf auf sein Motorrad und rauschte in die Nacht hinein. Der kühle Nachtwind half ihm, wieder wach zu werden; obwohl es so spät war, roch die Luft schwer und sommerlich, wie nach einem Tag am Strand mit Freunden. Jax genoß die seltene Ruhe, auch wenn er schnell fuhr. Er brauchte nach den anderen keine Ausschau halten, denn im Schutze der Nacht waren sie sofort an der Kreuzung zu finden. Zehn Männer, alle in Kutte, das dicke, weiße „Sons of Anarchy“ auf dem Rücken, wie auch Jax, der mit seinem Motorrad unmittelbar neben Clay hielt und erst dann den Motor ausstellte. „Also, was gibt es, dass ihr mich an meinem einzigen freien Tag mitten in der Nacht herausklingelt?“ Clay grinste leicht und deutete mit einer nickenden Kopfbewegung die Straße herunter. „Sie sind heute Abend alle da, diese Arschlöcher. Großes Familientreffen, wenn ich nicht irre. Wir stürmen rein, nehmen, was wir kriegen können, und hauen wieder ab.“ Jax verzog sein Gesicht. „Wegen einer Nichtigkeit? Wir brauchen ihr Geld doch nicht.“ „Nicht das Geld, Jax. Du verstehst doch: Familientreffen.“ „Seine ganze Familie ist da? Ich dachte, du meintest den Club...“ „Nein, diesmal sind nur ein paar aus dem Club da, aber um die geht es nicht. Nicht dieses Mal. Wir werden sicher den ein oder anderen Wachposten in den Tod nehmen, aber es geht mir um sein höchstes Gut.“ Jax stieß einen Seufzer aus und schüttelte den Kopf. Er wusste, was Clay vorhatte. Eigentlich hatte er es schon gewusst, seitdem die RCO im letzten Monat all ihre Waffen und zudem ihr Lagerhaus angezündet hatten; es war bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Zudem waren bei dem Feuer zwei gute Leute ums Leben gekommen, die Jax seit Kindheitstagen kannte. Er erinnerte sich noch genau an das Feuer in der Nacht, an die Schreie in den Flammen, die von so brachialer Gewalt gewesen waren, dass Jax sich zu Hause hatte übergeben müssen. Nie wieder wollte er solche Schreie hören – Schreie von Menschen, die qualvoll und bei lebendigem Leibe verbrannt waren. Freunde. Die Familie. Der Club. Er hob seinen Blick und begegnete dem von Clay; dieser erwiderte. „Nicht dein Ernst. Clay, der Junge ist 21. Der hat doch kaum etwas mit dem Club zu tun. Wie ich höre, will er nicht mal der Präsident werden. Der ist nur aus Familientreue im Club.“ „Gerade deshalb werden wir ihn mitnehmen.“ „Clay, meinst du nicht... dass das zu weit geht? Er wird seine schlimmsten Leute auf uns ansetzen.“ „Stellst du meine Entscheidung in Frage?“ Stille, auch von den anderen. Jax biss sich auf die Unterlippe und stieß einen weiteren Seufzer aus. Warum musste er nur immer die Stimme der Vernunft sein? Doch das Wort war Gesetz, und aus diesem Grund schüttelte Jax nach einer Weile den Kopf. „Nein, nein. Ist schon gut. Wer packt den Bastard?“ Clay grinste. „Du.“ „Warum ich?“ „Weil ich ein ernsthaftes Wort mit seinem Daddy reden muss.“ Jax wagte nicht, noch ein Wort des Widerstandes zu äußern, deshalb tat er es den anderen nach und startete seine Maschine erneut. Es war nicht weit bis zu dem abgelegenen Haus am Ende des St. Barbara Drive; fast wie ein kleines Schloss stand es in der langsam aufgehenden Sonne, hölzern und elegant, jedoch umzingelt von übel dreinblickenden Bikern, alle Mitglieder des RCO. Jax wusste jedoch, dass dieser ungeplante Angriff mitten in der Nacht Folgen haben würde. Denn keiner würde damit rechnen, dass gerade die Sons of Anarchy sich in die Nähe trauen würden. Schon gar nicht die Nähe des Oberhauptes. Sie nahmen ihre Positionen schon während des Anfahrens auf das Haus ein; Jax, dem die Aufgabe der Entführung des Sohnes aufgetragen worden war, hielt sich im Hintergrund. Obwohl er bewaffnet war und schon des Öfteren solche Kämpfe gehabt hatte, so löste innerlich jede Tat eine hitzige Welle der Aufregung in ihm aus. Der Angriff verlief schnell und hart. Jax bekam nicht wirklich alles mit: Schüsse fielen, die RCO's schossen, sie schossen. Eine Kugel traf Jax fast in die Schulter, er konnte jedoch geschickt ausweichen. Die Bikes wurden achtlos zurückgelassen, und der Ansturm auf das Haus begann. Clay und die anderen gingen äußerst rasch vor – trotz eines ausgeglichenen Verhältnisses waren die Sons schneller im Haus als Jax damit gerechnet hatte. Er selbst trat die Eingangstür ein und ließ einen Schuss los, um einen Wachposten hinter der Tür eiskalt zu erwischen. Der Mann sackte so schnell tot zur Seite, dass er wahrscheinlich nicht einmal mitbekam, was eben geschehen war. „Jax!“, rief Clay, der dicht hinter ihm war und ihm Feuerschutz gab; „Such ihn. Wenn du ihn hast, hau ab, so schnell du kannst!“ Jax nickte nur. Die Familie war schon bei dem ersten Lärm in die oberen Räume geflüchtet. Jax rannte die Stufen hoch, wich einem Schuss aus, der blind von oben kam, und machte nur eine kurze Pause, um sich einen Überblick zu erschaffen. Eine Tür am Ende des Flurs knallte zu, und Jax, mit einem Grinsen auf dem Gesicht, rannte durch den Flur auf die Tür zu. Er trat die Tür ohne Mühe ein, hielt seine Waffe starr geradeaus. Ein kleiner Aufschrei entwich dem jungen Mann, der nun ins andere Ende von Jax' Knarre starrte und vor lauter Schreck die Augen weit aufgerissen hatte. „Auf den Boden!“, schrie Jax, und der junge Mann gehorchte auf's Wort. Jax hatte sich den Sohn des Präsident's anders vorgestellt – der Präsident der RCO's war relativ dick, hatte eine Glatze und war nicht gerade das, was Jax einen attraktiven Mann nennen würde. Doch dieser junge Mann, der nun zu Jax' Füßen auf dem Boden lag und heftig zitterte, war ganz anders. Er hatte so große und tiefblaue Augen, dass Jax Mühe hatte, den Blick abzuwenden; gezeichnet von sehr attraktiven und feinen Gesichtszügen, hatte der Sohn des Präsidenten dunkelbraunes Haar, das seine Augen fast noch mehr strahlen ließ. Er war relativ klein und schmal gebaut; Jax würde ihn um einiges überragen. „Bitte...“, stieß der Sohn hervor, von dem Jax wusste, dass er nur 21 war – doch er sah aus wie 18. Viel zu zart für dieses Business. Jax, der unten aus dem Haus weitere Schüsse vernahm, trat dem jungen Mann heftig in die Rippen. Er spürte genau, wie er zusammenzuckte und sich krümmte – doch Jax kannte kein Erbarmen. „Muss ich dir einen Schlag auf den Kopf verpassen, oder kommst du freiwillig ohne Gebrüll mit?“ „Mitkommen?“, stieß der Sohn hervor; mühsam und gequält. Jax verdrehte die Augen, packte den Sohn so hart im Nacken, dass dieser erschrocken aufkeuchte. „Tut mir leid, aber ich kann das nicht riskieren.“, sagte er, und noch bevor die blauen Augen seinem Blick begegnen konnten, schlug Jax dem Sohn so hart mit der Waffe auf den Kopf, dass dieser augenblicklich das Bewusstsein verlor. Ohne zu zögern warf sich Jax den jungen Mann über die Schulter und ging über die zertretene Tür hinweg, den Flur entlang und die Treppe herunter. Er konnte Clay und die anderen im Haus hören, doch er wusste, dass er nicht helfen konnte. Sein Auftrag war klar: finde den Sohn, schnapp' ihn und hau ab. Er war froh, dass die Posten alle so beschäftigt waren, dass er ohne weitere Zwischenfälle entkommen konnte. Er lud sich den Sohn vorne auf den Bock, damit dieser während der Fahrt nicht herunterfiel, und machte sich auf in die heller werdende Nacht, hinein in die Sonne Kaliforniens. Sein Ziel war klar: das Clubhaus der Sons of Anarchy. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)