Green Street Hooligans von Sauron ================================================================================ Kapitel 5: Taumel ----------------- Die Nacht, den Kopf voll mit den Gedanken an Pete, war nicht sehr erholsam für Elijah. Als er am nächsten Morgen aufstand, dröhnte ihm der Kopf. „Du siehst grausam aus, Lij.“, sagte Shanon mit einem Lächeln in der Küche, als Elijah sich die Treppen heruntergequält hatte und sich an den Tisch gesetzt hatte. „Es geht mir auch scheiße. Hast du Aspirin?“, murrte er und warf dem kleinen Jason einen Blick zu, der ihn sabbernd anlächelte. „Tja, mein Schatz, das kommt vom Trinken! Du bist es vielleicht einfach nicht gewohnt.“, lachte Shanon und kramte ein wenig herum, bevor sie ein eiskaltes Glas Wasser und eine Aspirin vor Elijah abstellte. „Als würde das von zwei Bier kommen! Nein, ich habe schlecht geschlafen, das ist alles. Du weißt doch, dass ich immer an Migräne gelitten habe.“ „Naja, ein wenig vielleicht. Du stellst dich aber auch mal gerne an.“ „Fang' du nicht auch noch damit an!“, murmelte Elijah und verzog sein Gesicht, als er die Tablette schluckte. Sein Hals tat weh. Er fuhr sich mit einer Hand in den Nacken und seufzte. „Wieso ich auch nicht? Womit soll ich nicht anfangen?“ „Dass ich schwach bin. Pete sagt das andauernd.“ Shanon kicherte leise. „Er ist ja auch ein Rüpel. Und du warst schon immer zart.“ Elijah verdrehte die Augen; doch sein Herz schlug fest, als seine Gedanken erneut auf Pete gelenkt wurden. Er konnte Shanon's Blick auf sich spüren; das geheimnisvolle Lächeln, das sie auf den Lippen trug, konnte er nicht ganz deuten, und deshalb spritzte er sie nur mit ein wenig Wasser ab, bis sie zu lachen begann. „Ach, Elijah...“, seufzte sie, nachdem sie ausgewichen war und mit einem Geschirrtuch nach ihm schlug, jedoch nicht traf. Jason quietschte vergnügt und klatschte mit seinen kleinen, speckigen Händen. Die Tage bis zum Wochenende vergingen schnell, waren angefüllt mit genügend Gesprächen und Stoff, über den Elijah nachts wach lag. Er traf sich mit Pete fast jeden Tag, und obwohl Pete sein Verhalten ihm gegenüber nur in stillen Momenten änderte, so wollte Elijah keine Minute missen. Ihm gefiel es, etwas mit Pete zu unternehmen, auch wenn sie sich zumeist in der Kneipe trafen, mal mit den anderen, mal ohne – und manchmal, wenn der Abend langsam rot und lau wurde, setzte er sich mit Pete auf Pete's Dachterasse und sie tranken Bier, während die Sonne hinter den wallenden Dächern London's verschwand. Elijah genoss die Tage und vor allem eins prägte sich ein: die lauwarme Luft in den Abenden, wenn er neben Pete saß, und vor allem der Duft von Pete drang ihm so intensiv in die Nase, dass er jedes Mal ein leichtes Schwindelgefühl in sich fühlte. Und natürlich drehte sein Herz durch, wann immer die grauen Augen, die so viel näher waren als sonst, den seinen begegneten, gepaart mit dem wunderschönen Grinsen, das Elijah zu lieben begann. Obwohl er sich bewusst war, dass es ein Fehler sein musste, ließ er diese Gefühle jeden Tag mehr zu. Bis er sich eines Abends, still beim Abendessen mit Shanon und Mark, eingestehen musste, dass er sich Hals über Kopf in Pete verliebt hatte. Samstag, der Tag des Spiels, kam schnell. Elijah zog sich gerade seine neue schwarze Jacke im Flur an. Er hatte sie gestern bei einem Kurztrip mit Shanon gefunden; und es war fast zu blöd zu sagen, dass er sie gekauft hatte, weil er diese Jacke so oft in dem Fussballbereich sah. Pete trug eine ganz ähnliche manchmal. Elijah zog den Reißverschluss bis ganz nach oben zu, da es draußen regnete - als Shanon kurz in den Flur trat und ihn ansah. Ihre Augenbrauen waren leicht zusammengezogen, und ihre Stirn lag in Falten. „Lij.“, sagte sie leise, und als Elijah seine blauen Augen auf sie wandte, seufzte sie. „Was denn?“ „Du musst heute aufpassen beim Spiel, hörst du? Bitte, begib' dich nicht in Gefahr und bitte, lass' Pete nicht wieder provozieren. Die Leute beim Spiel können sehr gefährlich sein.“ Elijah verdrehte die Augen. „Shanon....“, begann er, doch sie unterbrach ihn, indem sie ihn in eine feste Umarmung zog. „Kommst du nach dem Spiel zurück oder schläfst du wieder bei Pete?“ Elijah zögerte, erwiderte die Umarmung aber. Shanon's Duft schmeckte nach Vertrautheit. Manchmal fragte er sich, ob sie ahnte, was mit ihm los war; sie war die einzige in der Familie, die wusste, dass Elijah schon immer Männer anziehend gefunden hatte - die Einzige in der Familie, die es jemals akzeptieren würde. Und eben deshalb schoss ihm die Frage durch den Kopf, ob sie wusste, ja erahnte, dass er etwas für Pete empfand. Dass sie deshalb manchmal so sorgenvoll ausschaute. Als wüsste sie, dass der Gedanke an Pete töricht war, da Pete ihm nur das Herz brechen würde. Weil er eben nicht so war wie Elijah. Weil er sowieso ganz anders war als alles, was Elijah bis dahin kannte. „Ich werde bei Pete schlafen, aber mach' dir keine Sorgen, bitte. Ich werde mich melden und ich werde mich nicht in Gefahr begeben. Vertrau' mir, er passt auf mich auf.“ Shanon erwiderte seinen Blick, lächelte leicht und strich über Elijah's Kopf; er zog jedoch schnell weg und zischte leicht. „Shanon, die Haare.. ich hab' ewig gebraucht, um die so hinzukriegen!“ Shanon's Kichern verunsicherte ihn, und er warf einen letzten Blick in den Spiegel. Seine dunkelbraunen Haare hatte er mit etwas Gel zurecht gemacht; sie waren leicht verstrubbelt, schmeichelten jedoch seinem Gesicht – und besonders seinen großen, strahlenden Augen, die heute besonders blau waren. „Ist jemand bestimmtes beim Spiel, oder seit wann scherst du dich so um dein Aussehen?“, kicherte Shanon weiter und lachte sogar leicht, als Elijah's Wangen von blass zu purpurrot wechselten, und er ein grobes „Shanon, lass' das!“, ausstieß, bevor er mit hochrotem Kopf die Tür hinter sich zuzog und die Straße entlangging. Peinlich genug, dass Shanon etwas ahnte, doch dass sie ihn wie immer so unverblümt damit ärgerte, ließ Elijah innerlich kochen. Obwohl er ja selbst wusste, dass es stimmte. Er war pünktlich bei der Kneipe. Mike, Nick und Pete waren schon da. Pete trug diesmal keine Jacke, sondern einen dunkelblauen Hoodie, der hervorragend zu seiner Haarfarbe passte und die grauen Augen schmeichelte. Elijah schluckte, bevor er mit rasendem Herzen auf die drei zuging und sein Lächeln aufsetzte. „Na, Yankee? Alles klar bei dir?“ „Natürlich. Heute ist Spieltag, was?“ „Du sagst es. Zum Glück siehst du heute mal nicht aus wie ein Streber.“, höhnte Mike und stieß Elijah leicht an; dieser schnaubte nur. „Besser für uns, dann fällt er nicht so auf. Hauptsache, du schlägst nicht immer noch wie eine Frau!“, grinste Pete und warf die Zigarette, die er gerade noch geraucht hatte, im hohen Bogen weg. „Dieses Spiel wird anders als das andere, Yank, das wirst du sehen. Also, denk dran: benimm' dich und wag' es nicht, rumzuheulen oder wieder wegen zwei Bier zu kotzen.“ Elijah verdrehte die Augen, grinste jedoch. „Als würde ich das jemals an so einem Tag tun...“ „Wer weiß, ihr Yankees tickt alle nicht so ganz sauber.“ Sie warteten noch auf die restlichen Männer, dann gingen sie zum Stadion. Auf dem Weg dahin gab es Bier, und Elijah war dankbar für das kühle Nass in seiner Kehle. Die Parolen und Gesänge, die die Fans ausstießen, konnte er mittlerweile ebenso gut und sang jedes Mal mit. In seinem Innern wuchs die Vorfreude. Das Rempeln und Drängen in den Stadionrängen war schon Gewohnheit, und Elijah scheute sich nicht davor, auch einmal zurück zu schubsen, wenn ihm jemand blöd kam; er bemerkte Pete's Grinsen, wann immer er das mitbekam. Und es erfüllte ihn mit Stolz – und natürlich mit Herzklopfen. United verlor. Elijah glaubte nicht, dass es die reine Wut über das Verlieren war, was die Stimmung in der Gruppe kippen ließ, als sie auf dem Weg nach draußen waren – etwas anderes war dort. Hass, wenn Elijah sich nicht täuschte. Obwohl er sich darauf eingestellt hatte, dass es zu Krawallen kommen würde, fuhr ihm ein heftiges Kribbeln in den Nacken, als er mit den anderen vor dem Stadion stand und die drohende Stimmung um sich herum spürte. Er zog den Kragen seiner Jacke höher und musterte Pete, der gerade eine Zigarette wegwarf und auf den Boden spuckte. „Wo sind diese Bastarde...“, stieß er hervor und biss sich auf die Unterlippe. Etwas zu fest, denn Elijah sah die leichte, dunkelrote Färbung nach dem Biss, die sich auf den Lippen abzeichnete. Er wollte gerade etwas sagen, als er, genau wie die anderen, eine Gruppe von zehn Mann auf sie zukommen sah. Mittlerweile hatte Pete ihm genug erklärt, damit er direkt sehen konnte, wer diese Leute waren: die gegnerischen Fans, taumelnd im Jubel. Und doch verrieten ihre Gesichter und Mienen, dass sie nicht nur wegen des Spiels so glücklich waren. Es war Pete, der einen Schritt nach vorne machte und schrie: „Ey, ihr verdammten Wixer! Eure Mannschaft hat zwar gewonnen, aber auf der Straße seid ihr immer noch verdammte Huren!“ „Was hast du gesagt?“, brüllte ein muskelbepackter Kerl, der sich sofort und mit wutverzerrter Miene vor Pete aufbaute. Er war ein kleines Stück größer als Pete, doch den schien das nicht zu stören. Wutverzerrt erwiderte er den Blick seines großen Gegenübers. Elijah spürte, dass sich etwas in seinem Brustkorb zusammenzog. Er stellte sich hinter Pete, wenn auch mit etwas Abstand. „Du hast mich schon verstanden! Du verdammter Pisser, ich wusste ich krieg' dich dran...“, fauchte Pete und stieß seinen Gegner ohne zu zögern grob an. Dieser wankte zwei Schritte, holte dann jedoch aus und schlug Pete direkt und hart ins Gesicht. Es dauerte keine zwei Sekunden, da war um Elijah ein wahres Schlachtfeld ausgebrochen. Er konnte sich selbst gerade noch vor einem Schlag gegen seine Schläfe retten, schlug selbst zu und zuckte dabei vor Schmerz. Der nächste Schlag traf ihn jedoch am Kiefer, und der Schmerz presste sich binnen Sekunden durch seinen gesamten Schädel. Er versuchte, seinem Gegner einen Tritt ins Gesicht zu geben, doch der wusste es besser: genau wie Pete damals packte er mit einem groben Griff Elijah's Bein und riss ihn so schnell um, dass Elijah seinen Kopf hart auf das Pflaster aufschlagen spürte. Der Schmerz war so betäubend, dass er für eine Sekunde wegsackte. Als er wieder zu sich kam, spürte er Tritte gegen seine Rippen. Er rollte sich zusammen und versuchte, seinen Kopf zu schützen, doch der Gegner lachte nur, spuckte ihn an und setzte sich fest mit den Knien auf Elijah's Brustkorb. Die Luft blieb ihm weg, und er zischte. Er versuchte alles, um sich zu wehren, doch das Wegbleiben der Luft machte es ihm schwer, überhaupt bei Bewusstsein zu bleiben. Zudem schlug sein Gegner so fest zu, immer wieder auf sein Gesicht, die Nase, die Schläfen, dass Elijah nach kurzer Zeit nur noch einen roten Schleier aus Blut sah. Irgendwann im Nebel und Taumel war das Gewicht plötzlich weg, und er konnte wieder atmen. Er spürte, wie er sich leicht zur Seite rollte, und er konnte einen dunkelblauen Hoodie erkennen, der seinem Gegner so hart ins Gesicht schlug, dass dieser gegen eine Wand schlug mit dem Kopf, dann urplötzlich blass wurde und einknickte. Elijah versuchte sich zu bewegen, doch er konnte nicht. Um sich herum war Gerangel - Beine, die traten, Fäuste, die schlugen. Es war laut und Gebrüll prägte die Umgebung. Er wollte Luft holen, aufstehen und weitermachen; doch er konnte seine Beine nur schwer bewegen. Sein Kopf fühlte sich gespalten an, doch wie durch ein Wunder konnte er sich wankend aufrappeln. Er spuckte einen großen Schwall dunkelroten Blutes aus, und er dankte Gott in Gedanken dafür, dass er sich nicht übergeben musste. Er schlug so fest er konnte in den nächstbesten Mann, der ihm aus der gegnerischen Gruppe in die Finger kam; er spürte, dass der Mann einen Zahn verlor, doch bevor er sich an seinem ersten, richtig festen Schlag erfreuen konnte, spürte er einen heftigen Schlag auf seinen Kopf, etwas klirrte, und auf einmal war alles schwarz. Das nächste, was er in einem tauben Taumel mitbekam, waren verzerrte Stimmen, und er spürte, dass jemand ihm mehrmals sachte gegen die Wange klatschte. „Yank, hörst du mich? Scheiße man, er war doch gerade wach...“ „Der hat eine Flasche auf den Kopf gekriegt, der war nicht wach. Er muss hier weg, Pete.“ War das Mike? Und Pete. Pete... Elijah wollte etwas sagen, doch er konnte nicht. Er konnte nicht richtig atmen, nichts sehen, kaum etwas hören. Und der Nebel in seinem Kopf ließ ihn fast nicht mehr denken. Schmerzen waren überall. „Ich weiß. Fuck,man...“ Auf einmal war der Boden weg, ersetzt durch etwas, dass Elijah noch nicht entziffern konnte, doch es war warm und es roch so gut, dass er sein Herz wieder spüren konnte. Waren das Arme, die ihn trugen? „Pete....“, hörte er sich selbst wie in Watte gepackt dumpf sagen, spürte, wie sich seine Finger krümmten und in den Kragen einer Kapuze griffen, alles mit Blut verschmierten. Er spürte einen anderen Herzschlag, der fest war und schnell ging. Seinen Herzschlag. Sein Geruch, seine Kapuze. Seine Arme, die ihn trugen. „Alles wird gut, Elijah.“, hörte er Pete dann sagen. Elijah, hatte er gesagt. Es war das erste Mal, dass er Pete seinen Namen hatte sagen hören, und er war fast traurig, dass er alles andere nicht weiter mitbekam, denn er sackte wieder weg, in eine taube Welt, in eine schwarze Welt. Jedoch eingepackt in den Geruch, von dem er wusste: wenn dieser nah war, war er sicher. „Oh....“, war das erste, was er ausstieß, als er wieder zu sich kam. Schmerzen, Schmerzen wie noch nie zuvor in seinem Leben. Er stöhnte, als er sich leicht regte, und er versuchte sich aufzusetzen. „Du bleibst schön liegen, Yank. Halt' still, ich muss eben weitermachen.“ Es war Pete's Stimme, und Elijah war erleichtert, dass er die ganze Szene nicht geträumt hatte. Er öffnete seine Augen vorsichtig; endlich war nicht mehr alles rot und verschmiert, sondern klar. Der Schwindel war weg, und obwohl der Schmerz ihm ein weiteres Stöhnen entlockte, wagte er weitere Blicke. Er wusste sofort, dass er bei Pete auf dem Sofa lag; außer Pete, der sich gerade über ihn beugte und mit etwas hantierte, das sich wie eine Kompresse anfühlte, stand noch Mike blutverschmiert und mit verschränkten Armen vor ihm. „Hey, da bist du ja wieder. Wir dachten schon, wenn du noch länger weg bleibst, müssten wir ins Krankenhaus. Du hast ganz schön was abbekommen.“, sagte Mike, er lächelte jedoch. Elijah wollte sich wieder aufsetzen, wurde jedoch von Pete mit seichtem Druck auf der Brust zurückgehalten. „Halt still, verdammte Scheiße, ich muss die Blutung stoppen.“, murrte er und arbeitete weiter an Elijah's Kopf. Dieser grinste nur leicht, obwohl ihm alles weh tat. „Haben wir die Arschlöcher besiegt?“, fragte er leise, darauf bedacht, sich nicht zu sehr zu bewegen, weil Pete schon wieder die Augen verdrehte. „Ja, aber die Polizei kam dazwischen. Sie haben Bover mitgenommen, wir anderen konnten gerade noch weglaufen.“, erklärte Mike, und Pete lachte. „Ja, und ich wäre fast geschnappt worden, nur weil du Weichei ohnmächtig geworden bist.“, ergänzte Pete, und anhand des Grinsens wusste Elijah, dass er es nicht böse meinte. Wie Pete eben so war. Elijah versuchte, nicht zu viel von Pete's Nähe aufzunehmen, da der Duft ihn verrückt machte und ihn selbst jetzt innerlich kribbeln ließ, obwohl er Schmerzen hatte. Als Pete ihn verarztet hatte, verabschiedete Mike sich und ging; Pete beugte sich über die Spüle und wusch sein Gesicht, dass auch noch ganz verkrustet vom Blut war. Als er sich das Gesicht abtrocknete, sah er wieder ganz normal aus: bis auf eine große Platzwunde an der Augenbraue. „Du bist verletzt.“, sagte Elijah leise und setzte sich endlich auf. Seine Knochen schmerzten, doch er scherte sich nicht darum. „Es blutet noch. Komm, ich verbinde das.“ Pete lachte. „Ich kann das auch selbst.“ Elijah verdrehte die Augen und schnalzte mit der Zunge. „Pete, vertrau' mir. Der Schnitt sieht nicht gut aus.“ „Ich hab' alles immer selbst gemacht, was glaubst du eigentlich? Außerdem bist du noch nicht ganz bei dir, Idiot.“ „Ich BIN bei mir. Komm' jetzt her, hör' auf dich anzustellen! Du hast mich auch verarztet. Es geht viel schneller so.“ Pete zögerte, verdrehte dann jedoch die Augen und setzte sich nach einigem weiteren Hin- und Her gegenüber von Elijah, der in einer kleinen Erste-Hilfe-Box, die noch von seinem eigenen Verarzten neben ihm lag, eine sterile Kompresse entnahm und sie aufriss. Das grobe Geräusch des Papiers und Pete's Atmen war das Einzige, was im Raum zu hören war. Elijah schluckte. Irgendwie spürte er die Spannung, die Elektrik in der Luft. „Mal sehen, was dabei rauskommt.. Wette, ich kann das selbst besser?“, stieß Pete leise hervor, doch er zuckte zusammen, als Elijah die Kompresse vorsichtig auf den Schnitt setzte. Er säuberte die Wunde kurz, obwohl Pete sich gerade noch gewaschen hatte; als Pete schnaubte, sagte er leise: „Du hast überall Narben, das kommt daher, weil du es falsch verbindest. Du musst eine antiseptische Creme drauf machen. Sonst entzündet sich das.“ „Ich brauch' so einen Kram nicht!“, murrte Pete, zuckte jedoch zusammen, als Elijah mit vorsichtigen Bewegungen eine Creme auftrug, von der er wusste, dass sie brannte. Doch Pete verzog keine Miene. Er hatte die Augen starr auf Elijah gerichtet, sah zu, wie der Amerikaner mit konzentrierter Miene an seiner Augenbraue arbeitete. Elijah presste eine weitere, saubere Kompresse auf und befestigte sie mit einem kleinen, medizinischen Klebestreifen. Als er fertig war, verweilten seine Finger kurz an Pete's Braue. Pete rührte sich nicht. Elijah's tiefblaue Augen fanden Pete's ohne zu zögern. „Du hast mich heute gerettet. Du hättest mich genauso gut liegen lassen können, aber das hast du nicht. Du hast es riskiert, verhaftet zu werden, nur um mich da raus zu holen.“, flüsterte er. Pete's Augen verengten sich leicht, und er wollte zu einer Antwort ansetzen, doch Elijah stieß ein leises „Sh!“ aus. Pete's graue Augen sahen leicht verwirrt aus. „Mark hat auch geholfen.. man lässt seine Kollegen nun mal nicht im Stich.“, sagte Pete leise, obwohl Elijah den Kopf schüttelte. „Danke“, hauchte Elijah, und erst jetzt wurde ihm wirklich bewusst, wie nah er an Pete war, immer noch, obwohl die Augenbraue schon längst verarztet war. Er unterbrach den Blickkontakt nicht, und er wusste nicht, wie ihm geschah, als er Pete's Hand auf seiner Schulter spürte. „Kein Ding, echt nicht.“, erwiderte Pete, leiser als vorher. Elijah spürte die Hand langsam von seiner Schulter gleiten, und bevor er wusste, was er tat, hatten sich seine Finger in Pete's Pulloverkragen vergraben und zogen den Engländer noch näher an sich. Und bevor Pete sich wehren konnte, legte Elijah seine Lippen so fest auf Pete's, dass beiden für einen Moment die Luft wegblieb. Elijah spürte eine so heiße, prickelnde Welle durch seinen Körper schießen, dass all der Schmerz auf einmal vergessen war; Pete schmeckte genauso, wie er es sich seit den langen Nächten, in denen er an ihn gedacht hatte, vorgestellt hatte: etwas nach dem Bier, dass er beim Spiel getrunken hatte, nach etwas Blut wegen der Schlägerei, und etwas Süßes lag in dem Geschmack, dass Elijah nicht entziffern konnte, nicht entziffern wollte. Es war wie eine kleine Unendlichkeit, der Kuss - langgezogen und hungrig. Elijah ließ nur einen kleinen Moment ab, spürte, wie Pete sich versteifte; doch er zog noch einmal fest an Pete's Kragen und küsste ihn ein zweites Mal. Sein Herz machte einen Satz, als er spürte, dass Pete den Kuss für einen Moment erwiderte; ja, für einen Moment spürte er dasselbe Drängen, mit dem er sich an Pete drückte; es stahl ihm jeglichen Atem und ließ ihn schwindelig im Kopf werden. Doch dann spürte er das Brennen und den Schmerz einer heftigen Ohrfeige auf seiner rechten Wange; Pete hatte den Kuss unterbrochen. Elijah's Wangen wurden dunkelrot, und er biss sich fest auf die Unterlippe und schluckte, als er spürte, wie sich Tränen in seinen Augen sammelten. Er versuchte, sie wegzublinzeln, als er Pete's Stimme leise, aber bestimmt gegen seine Lippen flüstern hörte. „Tu' das nie wieder.“ Und dann war Pete weg, Elijah hörte die Tür des Schlafzimmers zuschlagen. Und zurück blieb er, an seiner Unterlippe kauend, während die heißen Tränen seine roten Wangen hinabliefen. Da war ein anderer Schmerz auf einmal, der den körperlichen Schmerz vollkommen wegdrängte; Elijah zog seine Beine an, versenkte seinen Kopf auf seinen Knien und weinte, leise, damit Pete es ja nicht hörte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)