Leave Time For Love von Aphrodi ================================================================================ Secret ------ “Weiter so! Nicht nachlassen! Lass ihn nicht an dir vorbei ziehen!”   Die Stimme des Kapitäns war energisch und streng. Der Drittklässler kannte beim Training meist kaum erbarmen mit seinen Mitspielern, es wurde ihnen viel abverlangt. Doch das war gut so – jedenfalls hatte Kidou das oft genug betont. Er schätzte den Führungsstil ihres Kapitäns, war er doch selbst zu seiner Zeit bei Teikoku für seine Strenge und Erbarmungslosigkeit bekannt gewesen. Nur wer hart an sich arbeitete würde schließlich sein Ziel erreichen.   Dass Sakuma ein Problem mit der Art des Kapitäns hatte, kam daher mehr als überraschend, doch es ließ sich nicht leugnen. Immer wieder hatte er es schwer gehabt, seine Zickereien herunter zu schlucken und nicht den Respekt vor seinem Senpai zu verlieren. Bis jetzt hatte er sich gut gehalten und sich jegliches Gegrummel für den Weg nach Hause aufgespart und auch jetzt kämpfte er wie immer mit sich.   „Zu langsam, Sakuma! Gouenji steckt dich in die Tasche!“   Ein Blick von Kidou zu seinem Freund verriet ihm, dass der sich schwer damit tat, die Worte des Kapitäns herunterzuschlucken. Er hatte seine Fäuste geballt und presste die Zähne zusammen. Kommentarlos lief er auf seine Position zurück und machte sich auf das nächste Zweikampfduell gefasst.   „Super, Gouenji!“, lobte Endou seinen alten Kameraden und besten Freund lautstark – er war noch ganz der Motivator, auch wenn er nicht Kapitän und noch dazu nur ein Erstklässler war. Es war wie unzählige Nadelstiche in den Rücken, was Sakuma hinter sich hörte. Endou hatte den Schuss von Gouenji halten können und warf den Ball zur Seite, damit der nächste Spieler die Zweikampfübung antreten konnte, um bestenfalls – und schlimmstenfalls für Sakuma – als Abschluss aufs Tor zu schießen.   Ich bin eben kein Kazemaru, dachte Sakuma sich. Er war nicht so schnell und er war kein geübter Verteidiger. Angriff lag ihm eher und so fiel es ihm natürlich schwer gegen großartige und angriffsstarke Spieler wie Gouenji und Kidou mitzuhalten. Letztendlich verlor er jeden Zweikampf gegen beide und noch genug gegen seine anderen Mitspieler, um frustriert und angespannt den Trainingsplatz zu verlassen. Einerseits war er froh, dass das Training vorbei war, denn so verstummte die Stimme des Kapitäns, die für ihn von Tag zu Tag widerlicher Klang. Sakuma konnte sie einfach nicht mehr hören. Er konnte nicht mehr ertragen, wie sie ihn wieder und wieder kritisierte.   Andererseits hatte er sich heute auch nicht beweisen können. Das Training hinterließ einen bitteren Nachgeschmack.   Sakuma griff sich seine Tasche, nachdem er in seine Schuluniform geschlüpft war und ließ den Blick zu Kidou schweifen. Eine Augenbraue hochziehend begann er, seinen Freund interessierter anzusehen. Nicht, weil er irgendwelche Hintergedanken hatte, nein, sondern weil der wieder einmal an seinem Handy hing. Ein immer noch ungewohnter Anblick für Sakuma und er konnte sich nicht einmal vorstellen, was plötzlich so wichtig war. Sonst war Kidou so selten an seinem Handy – jedenfalls hatte er ihn nicht oft daran gesehen. Doch seit wenigen Tagen hatte er es ständig in der Hand.   „Uh, Kidou~ wer bringt dich denn da so zum Lächeln?“, fragte Fudou scheinheilig und machte ein paar Schritte auf den Angesprochenen zu, versuchend ihm über die Schulter zu luken und einen Blick auf das Display zu erhaschen. Natürlich ließ Kidou dies nicht zu, drehte sich ein Stück und hielt das Handy so geschickt, dass es jedem Blick verwehrt blieb.   „Das ist privat.“   „Ach komm, lass mich mal gucken~ Oder geht da was?“   „Was?“   „Na zwischen dir und dieser unbekannten Person~ Was denn sonst?“   Fudous neckende Art brachte Kidou leicht aus dem Konzept. Er hütete seine Privatsphäre wie seinen Augapfel und dass sie hier so vor versammelter Mannschaft breitgetreten wurde, war ihm unangenehm. Ein wenig versteift räusperte er sich und stecke das Handy in seine Tasche zurück. Das Lächeln war lange schon verflogen.   „Ich wüsste nicht, wo dich das was angeht. Genau so wenig wie den Rest in diesem Raum“, merkte Kidou an, als er seine Tasche schulterte und sich von Fudou – der ihm penetrant auf die Pelle gerückt war – löste und den Clubraum verließ.   Fudou konnte darüber nur amüsiert glucksen und schaute ihm hinterher, bevor sein Blick zu Sakuma wanderte. Dieser folgte seinem besten Freund nach draußen. Arme angesäuerte Jungfrau, dachte sich Fudou, während er ihm mit einem diabolischen Grinsen nachsah.   „Also geht mich das auch nichts an?“, fragte Sakuma mit einem undefinierbaren Unterton in der Stimme – ein Mix aus Enttäuschung und Ärger vielleicht, der mit einem Hauch von Hoffnung positiv verfälscht wurde. Denn immer noch glaubte er nicht ganz, was Fudou da gesagt hatte. Sie waren so gute Freunde, da war es doch nur normal dem anderen von einer Liebelei zu erzählen, wenn es eine gab. Jedenfalls empfand Sakuma das so.   „Du jetzt auch noch? Es ist eine ganz normale Nachricht von einem Freund.“   „Von einem Freund, aha?“   „Was soll der Tonfall, Sakuma?“   Kidou sah nicht so begeistert aus und seine Stimme sprühte ebenfalls nicht vor Heiterkeit. Dass er gerade mit einem vom Training angesäuerten Sakuma zu tun hatte, machte ihm zu schaffen – würde es wohl jedem. Eigentlich fand er es trotzdem unfair, dass er sich eine Szene von ihm machen lassen musste. Für nichts! Aber er hatte Verständnis für die Laune seines Freundes, also bemühte er sich, nicht ebenfalls den falschen Tonfall zu erwischen. Wegen so etwas wollte Kidou nicht streiten.   „Kenn ich diesen Freund?“, fragte Sakuma schließlich. Die Neugierde war einfach zu groß und vielleicht war es gar nicht so schlecht, wenn er wüsste, mit wem er es zu tun hatte. Immerhin könnte er dann viel besser einschätzen, was er von all dem halten sollte. Und wie viel an Fudous Vermutung dran wäre. Sein Blick war fast bohrend, so intensiv wie er auf Kidou gerichtet war. Doch dieser hielt Sakuma unbeirrt stand, vielleicht auch, weil er sich hinter den Goggles so wunderbar abschotten konnte. Sie ließen kaum einen Hinweis zu, wie es in seinem Kopf aussah.   „Tust du, aber es ist doch egal, wer es ist. Wir schreiben nur, das ist alles. Es gibt wichtigeres oder zumindest sollte es das für dich geben. Genda zum Beispiel, der-“   Weiter kam er nicht, denn hinter ihnen ging die Tür zum Clubraum auf und besagter Genda trat heraus. Das Gespräch war nun völlig verstummt und so endeten sie in einem dieser peinlichen Momente, bei dem der Neuankömmling – hier der Torhüter – ziemlich genau wusste, dass er in ein Gespräch geplatzt war, welches eigentlich nicht für seine Ohren bestimmt war. Im Zweifelsfall ging es sogar um ihn selbst.   „Dann können wir ja jetzt los“, kam es nur knapp von Kidou, der sich von seinen Freunden abwendete und den Heimweg antrat. Einen kurzen, prüfenden Blick später in Richtung Sakuma folgte Genda seinem ehemaligen Kapitän schweigend. Zwangsläufig setzte sich auch der Grauhaarige in Bewegung, kaute auf seiner Unterlippe und war alles andere als zufrieden. Er musste sich bemühen, das Gespräch nicht wieder aufzugreifen, schließlich wollte er doch Antworten. Aber es war klar, dass er keine bekommen würde – jetzt erst recht nicht. Den letzten unterbrochenen Satz hatte Sakuma längst vergessen.   Es war still, auf unangenehme Art, denn keiner der drei Jungs sagte ein Wort. Schweigend gingen sie nebeneinander her und waren in ihre Gedanken versunken. Sakuma gingen Fudous Worte nicht aus dem Kopf. Konnte es da tatsächlich jemanden für Kidou geben, der ihn glücklich machte? War er möglicherweise in diese Person verliebt? Wenn ja, dann wäre klar, dass Kidou ihn nicht liebte. Dieser Gedanke ließ Sakmuas Magen krampfen – ein wirklich unangenehmes Gefühl. Er war eifersüchtig. Vielleicht war es unberechtigt, aber er konnte es nicht stoppen.   „Da fällt mir ein: Tsunami hat mich zu sich nach Okinawa eingeladen. Ehrlich gesagt hat er jetzt sogar schon öfter gefragt. Da bald Umi no Hi ist, wäre es vielleicht einen Ausflug wert“, durchbrach Kidou die Stille mit einer Überraschung der anderen Art. Sakuma zog die Augenbrauen hoch und fragte sich, ob Tsunami der geheimnisvolle Nachrichtenschreiber sei, während Genda seinen Mund zu einem schwachen Lächeln verzog.   „Ich bin dafür, dass wir hinfahren. Es ist lange her, dass wir einen Ausflug unter Freunden unternommen haben.“   „Aber ohne Fudou! Nur wir drei, so wie früher“, bestimmte Sakuma energisch und lockte damit auch ein müdes Lächeln auf Kidous Gesicht. Es blieb zu hoffen, dass der penetrante Kerl nichts von ihrem Plan mitbekam, denn sonst wäre er kaum mehr abzuschütteln – eine grauenhafte Vorstellung, wie Sakuma fand. Er war ihm immer noch seine Jungfräulichkeit schuldig...   „Nur wir drei“, bestätigte Genda ihm und rang sich dabei ein Lächeln ab. Wie ehrlich dieses nun war, darüber machte Sakuma sich keine Gedanken. Er hatte wichtigere Dinge im Kopf und war froh, dass man ihm überhaupt sein Einverständnis verkündete.   „Dann ist es fix. Ich werde Tsunami nachher schreiben und ihm sagen, dass ihr mich begleiten werdet. Ein entspannender Tag am Meer wird uns sicher gut tun.“   Kidou wusste natürlich, dass sowohl Genda als auch Sakuma sehr unter dem Stress des Trainings litten. Er kannte sie gut und es war gerade bei dem Grauhaarigen leicht herauszulesen, so wenig wie er seine Gefühle zurückhielt. Bei dem Torhüter dagegen hatte es sich ja schon vor Tagen abgezeichnet. Vielleicht würde sie dieser Kurzurlaub mit positiver Energie aufladen, die sie im Training beflügeln würde.   Ihr gemeinsames Strandabenteuer sollte nicht mehr lange auf sie warten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)