I Shall Rise von robin-chan ================================================================================ [Sp] - Now those precious moments ... ------------------------------------- II Spring »Morgen, Lara«, murmelte Samantha Nishimura schlaftrunken; steuerte schlurfend die Kaffeemaschine an. Dringend brauchte sie den Koffein-Push, denn die Nacht, die war lange gewesen. Ein letzter Abstecher bevor sie am nächsten Tag um die Mittagszeit auf der S.S. Endurance in See stachen und die Arbeit, auf die sie sich Wochen vorbereitet hatte, ihren Anfang nahm. »Guten Morgen«, säuselte Lara Croft; leise lachte sie in sich hinein ehe sie an ihrem Tee nippte. Eine Frühaufsteherin, wie sie eine war, war Sam nie gewesen und in dieser Hinsicht würde sich die angehende Produzentin nie ändern. Lara selbst war, obwohl sie mit ihrer Freundin nach Hause kam, seit Stunden putzmunter. Seit Tagen konnte sie nie länger im Bett verweilen als notwendig, denn zählte Lara die Stunden zu ihrer ersten und hoffentlich erfolgreichen Forschungsreise auf die sie seit Monaten hin arbeitete. Die Gefühle, die sie hierbei übermahnten, unterbanden jegliche Müdigkeit, war es nun die Vorfreude oder die Neugierde oder einfach der Drang sich endlich beweisen zu dürfen. Nur noch wenige Stunden; die Reise, die alles verändern konnte, erhielt den ersehnten Startschuss. »Seit wann bist du wach?«, fragte Sam während sie sich an der Anrichte abstützte und zusah, wie die Flüssigkeit in die Tasse floss. »Acht Uhr?«, antwortete die Brünette nachdem sie einen Blick auf die Uhr geworfen hatte. Vier Stunden auf den Beinen, nach drei Stunden Schlaf. »Du spinnst«, nuschelte Sam kopfschüttelnd und nahm die Tasse, dessen Inhalt dampfte, und sank auf den Stuhl, der direkt neben der Archäologin stand. Vorsichtig nippte sie an ihrem Kaffee, wobei sie einen neugierigen Blick auf die Schachtel war, die geöffnet vor Lara stand und etliche Fotografien enthielt. »Ein bisschen unheimlich, oder?«, nuschelte Sam verklärt; unruhig rutsche sie am Stamm hin und her. Die Augen spähten konzentriert in die dunkle Landschaft hinaus und die Ohren gespitzt, bereit jedes noch so leiseste Geräusch aufzunehmen. »Campen hast du vorgeschlagen«, entgegnete Lara grienend; diese lag ihrerseits am Boden und starrte in den sternenklaren Himmel empor. Mitten im Ödland Australiens befanden sie sich in jener Nacht. Aus einer Laune heraus hatten sie sich einen Wagen gemietet, Schlafsäcke und Proviant eingepackt und waren los gefahren. Alles eine Idee ihrer Freundin, die sich brummend durch ihre schwarzen Haare fuhr. Lara gluckste. Die gebotene Stille, die war nicht jedermanns Freund. Sie liebte solche abgelegenen Orte, an denen jedes noch so leisestes Geräusch wahrgenommen wurde; Orte an denen selten andere Leute hinzu stießen. Lieber das als eine Menschenhorde. Düster verzog Samantha das Gesicht, stierte über das Lagerfeuer hinweg zur Brünetten. Die Reise- und Abenteuerlust, die blühte in Sam genauso, aber manchmal, da fand sie diese Ruhe durchaus unangenehm. Sie war anderes gewohnt. Sie brauchte das laute Leben und nachts, wenn sie jedes Knacksen und jedes Rascheln wahrnahm, da horchte sie genau. Eine Angewohnheit, die man ihr nicht übel nehmen konnte. Und doch, neben ihrer prüfenden Ader lebte eine andere Seite genauso auf und diese brachte Sam die absurdesten und für Lara belächelnde Gedanken; schnell vergaß sie das Drumherum, das ihr manchmal ein unangenehmes Prickeln auf der Haut bescherte. Sam räusperte sich. »Der perfekte Tatort. Niemand würde uns hören und unsere Leichen würden sie erst finden, wenn die Aasfresser mit uns fertig sind«, sprach Samantha mit dunkler Stimme und grinste. Als die Worte an die Ohren der jungen Croft drangen, stützte sich diese mit den Armen ab; skeptisch hoben sich ihre Augenbrauen. »Und wer, meine Liebe, sollte uns nach dem Leben trachten?«, hinterfragte Lara sogleich, schüttelte im selben Atemzug den Kopf. Ihre Freundin hatte eindeutig eine ausgeprägte und übertriebene Fantasie. Nun gut. Unmöglich war nichts im Leben, erfuhren sie durch Medien von den verrücktesten Geschichten, aber ausgerechnet hier? Im Ödland Australiens? Nein, Lara Croft zweifelte stark daran und fragte sich, warum Samantha stets mit solchen Gedanken ankommen musste, die die – in ihren Augen – entspannende Stille verschmähten. »Outsider, die der Zivilisation den Rücken gekehrt haben und keine Eindringlinge auf ihrem Territorium dulden!«, entgegnete Sam; purer Ernst lag in ihrer Stimme. »Schon klar, Sam.« »Meine Güte, manche habe ich ewig nicht mehr in Händen gehalten!« Während Sam den einen oder anderen Schluck trank, griff ihre freie Hand nach den ersten Bildern. »Ah, unser Australientrip … wie unschuldig du aussiehst«, witzelte sie und hielt das Foto ihrer Freundin entgegen, die empört das Gesicht verzog. »Das nehme ich dir bis heute übel! Ausgerechnet im Schlaf musstest du mich fotografieren«, brummte Lara, aber dennoch folgte ein sachtes Lächeln. Rasch hatte sie begriffen, dass sie stets vorsichtig sein musste, sobald Samantha ihre Kamera griffbereit in unmittelbarer Nähe hatte. Denn nichts liebte diese Frau mehr als in jenen Momenten, in denen das auserkorene Opfer am wenigsten damit rechnete, den Auslöser zu drücken. Gestellte Fotografien gehörten nicht gerade zu Samanthas Vorlieben. Und so war es lediglich eine Frage der Zeit gewesen, in dem sie auch die Archäologin unbemerkt vor die Linse bekam. »Oh, sieh her«, wich Sam gekonnt aus. Die Tour zog bei ihr selten. Wenn Lara ihre Verteidigung fallen ließ, so musste sie damit leben. Außerdem mochte Sam das Foto. Nun hielt sie ein anderes in der Hand. Den Kopf zur Seite neigend, lächelte sie. »Keinen Monat alt.« »Bitte, Lara«, flehte sie gespielt und packte die andere an den Handgelenken, »komm schon.« Das Partytier war erwacht und lechzte sowohl nach Aufmerksamkeit wie auch nach Befriedigung. Nach einer anstrengenden Woche hatte Samantha die Gunst der Stunde genützt und Lara in einen der Londoner Clubs geschleppt. »Du findest genügend Partner«, seufzte Lara, die nicht gerade gerne auf die Tanzfläche ging. Dennoch, gänzlich abschlagen, das konnte sie wiederum nicht, konnte sie nie. Allein das sie sich hier aufhielt, war eine Meisterleistung, mit der sich Sam rühmen durfte. Denn seit diese eine Konstante im Leben des Croft-Sprösslings einnahm, hatte Lara eine Veränderung durchgemacht. Nicht länger blieb sie daheim und zog lieber einen ruhigen Abend vor. Wann immer Sam eine Laune packte und sie tanzen gehen wollte, kam sie mit. Wenn sie jedoch aufgefordert wurde, spielte die Brünette jedoch stets mit dem Gedanken, warum sie nicht gerade auf ihrem Sofa saß, denn tanzen war eben nie ihre Welt gewesen. »Die interessieren mich nicht«, hörte sie nah an ihrem Ohr und ein wohliger Schauer überkam Lara. Wie gesagt, dieser Frau einen Wunsch abschlagen, das war beinah unmöglich. Sie schoben sich durch die Menge Richtung Tanzfläche oder besser gesagt, Sam zog sie am Handgelenk hindurch. »Und wenn ihr dir auf die Füße trete?“, rief sie lachend und die Worte drangen durch. Abrupt blieb Sam stehen. »Hast du noch nie, aber versuch’s und finde heraus, was dann geschieht!« »Du hast mich abermals zum Tanzen genötigt. Leider wusste ich diese Kleinigkeit seit unserem Kennenlernen.« Ein kurioses Treffen. Aus dem Nichts heraus stand sie vor Lara, hatte sie fotografiert als sie lesend am Boden saß. Kaum ein paar Worte gewechselt, schon kam der Vorschlag, ob sie nicht zusammen tanzen gingen. »Und du hast dich neuerlich nicht getraut«, neckte Samantha und stand auf, während Lara das Foto betrachtete. »Wie darf ich das verstehen?« Ein fragender Ausdruck legte sich auf ihr Gesicht. Sam zuckte mit den Schultern; eine weitere Tasse Kaffee musste her, damit der Tag endlich beginnen konnte, die letzte Müdigkeit aus ihrem Körper wich. »Jedes Mal drohst du mir auf die Füße zu treten, um der Prozedur zu entkommen, aber seither hast du es nie umgesetzt und solange durchgehalten, bis ich keine Lust mehr hatte.« »Damit umgehe ich deine Nörgelei«, gab Lara als Antwort und packte das Foto zurück. »Bin gespannt, welche du von dieser Reise schießen wirst.« Obwohl Sam unzufrieden mit den Worten war und ihr der eine oder andere Kommentar auf der Zunge lag, beließ sie es vorerst. Da dachte sie lieber an die neuen Erinnerungsstücke, die sich schon bald ergaben. »Oh, ich habe das Gefühl, wir werden eine größere Schachtel benötigen! Oder wir legen uns endlich mal ein paar Alben zu.« Oft genug hatten sie daran gedacht, die Fotos einzuordnen, von alt zu neu, aber stets hatten sie wieder darauf vergessen und irgendwie hatte diese Art des Anschauens einen eigenen Charme. »Auf jeden Fall möchte ich, wenn wir Himikos Gebeine gefunden haben, ein Bildchen mit uns beiden. In strahlender, triumphierender Pose, versteht sich.« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)