Zum Inhalt der Seite

Hermine Granger (1991-1998)

Hermines Erlebnisse von Band 1 bis 7.
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Der fliegende Jimmy

Die Klasse war an diesem Morgen unruhiger als üblich. Eine Papierkugel flog an Hermine vorbei, Mr Scott mahnte nach allen Seiten, sah besorgt zur Tür und schließlich zu Jimmy, der gerade so weit mit dem Stuhl nach hinten gekippt war, dass Hermine sich fragte, wann er endgültig fallen würde.

„Also mir reicht es jetzt! Jimmy, du kommst bitte an die Tafel, keine Widerrede.“ Der Stuhl des Jungen krachte auf alle Viere zurück und mit erschrockener Miene erhob der Angesprochene sich.

„Schreib auf“, kommandierte der Lehrer, rückte sich nervös die Brille zurecht und räusperte sich. „41 mal 5, 205 geteilt durch 5 und 3 mal 78.“ Die Miene des Schülers verdüsterte sich und so langsam er es vermochte begann er, die Fragen aufzuschreiben. Die Kreide quietschte über die Tafel und Hermine fühlte, wie sich eine Gänsehaut ausbreitete. Was für leichte Aufgaben, dachte sie und beugte sich gespannt vor. 41 mal 10 sind 410 und durch zwei dividiert sind es 205. Somit sind 205 durch 5 41. 70 mal 3 sind 210 plus 8 mal 3 sind 24, was 234 ergibt. Schöne Zahlen.

Jimmy begann umständlich, die Zahlen untereinander zu schreiben und zu addieren.

„Nein, du sollst nicht adddieren, sondern multiplizieren“, rief Mr Scott scharf. „Seit drei Wochen machen wir nichts anderes. Wie kann es sein, dass du nach diesen Stunden nichts gelernt hast?“

Hermine saß so weit vorne auf ihrem Stuhl, wie es gerade noch möglich war.

„Das kann man doch im Kopf rechnen“, platzte sie begeistert los. Mathematik war eines ihrer absoluten Lieblingsfächer.

Jimmy warf ihr einen vernichtenden Blick zun, schleuderte die Kreide auf das Pult, sodass sie zerbrach und setzte sich mit herausfordernd gerecktem Kinn.

„Also bitte, Hermine. Fülle Jimmys Wissenslücken.“ Jimmy tat so, als erbreche er sich in seinen Schulranzen. „Und erkläre uns nun bitte Schritt für Schritt dein Vorgehen.“

Stolz unterstrich die zehnjährige ihre Ergebnisse, drehte sich zur Klasse um und lächelte, bis Jimmys feindseliger Blick den ihren traf. Sofort verkrampfte sich Hermines Magen. Mit zusammen gepressten Lippen gab sie Mr Scott die Kreide und setzte sich.

Das wird ein Nachspiel haben, dachte Hermine beklommen und sah verstohlen zu Jimmy. Ihr graute vor der großen Pause. Kein Lehrer schaffte es wirklich, sie vor den Attacken der Mitschüler, allen voran Jimmys zu schützen, doch hatte sie eine Wahl?

Das Beste wird sein, ich nehme das Buch mit und verstecke mich bei der Turnhalle, überlegte sie und seufzte leise.
 

Der Wind war so stark, dass Hermines buschiges Haar ihr kurzzeitig die Sicht raubte. Während sie versuchte, das Buch festzuhalten und zugleich die Haare zu bändigen, schob sich etwas zwischen ihre Beine. Schon spürte sie den Aufprall auf Asphalt und einen brennenden Schmerz in Handflächen und Knien. Das Buch lag aufgeschlagen in einer Pfütze.

„Oh nein!“ Mit schmerzverzerrtem Gesicht sah sie auf und blickte in die hasserfüllte Miene Jimmys. Vorsichtig rappelte sich das Mädchen auf, wischte behutsam die Handflächen, in die sich spitze Steinchen gebohrt hatten, am Rock ab und nahm das Buch auf.

„Scheiß hässliche Streberin“, zischte Jimmy und schubste sie erneut. „Wie viele Klassen willst du noch wechseln bis du begreifst, dass du hier unerwünscht bist?“ Er kam langsam näher. Starr vor Angst blieb sie stehen, unfähig, auch nur einen Schritt zurück zu weichen. Angst verwandelte sich in Panik. Niemand half ihr, alle Schüler des Pausenhofes sahen in verschiedene Richtungen, lachten, und rauften miteinander. Grob schlug er ihr das Buch aus der Hand, Hermine schloss die Augen, wartete auf den nächsten Schlag bis -

Der Schrei fuhr ihr durch Mark und Bein, sie riss die Augen auf und erblickte ihren Peiniger mit seltsam abgewinkeltem Bein auf dem Boden vor sich.

Bloß weg hier, dachte Hermine, drängelte sich durch die Schüler und stieß beinahe mit Mr Scott zusammen.

„Komm bitte mit“, forderte er sie auf. Nicht die Spur seines üblichen warmen Lächelns war zu sehen. Seine Miene war kalt und abweisend.

Das ist alles nur ein böser Traum, dachte Hermine, als sie wie betäubt hinter dem Lehrer die Stufen hinauf stieg.

Nur der Schmerz der Hände, der stetig zunahm, zeigte ihr, dass sie nicht träumte.

Nein.

Es war schon wieder geschehen.

Einer dieser Vorfälle, wie die Lehrer es nannten, der vielleicht zu ihrem Schulausschluss führen würde. Hermine schluchzte leise auf. Sie hörte Sirenenlärm und wusste, dass Jimmy ins Krankenhaus gebracht würde. Zum zweiten Mal in diesem Schuljahr.

Und zum zweiten Mal, nachdem er sie so bedroht hatte, dass Hermine Todesangst empfand. Hermine nahm vor dem Schreibtisch der Schulleiterin Platz, die das Mädchen nicht wie sonst nachsichtig und aufmunternd, sondern ungewöhnlich ernst ansah.

„Möchtest du mir erzählen, was geschehen ist?“, fragte sie sanft und reichte Hermine ein Taschentuch.

„Er hat mir ein Bein gestellt und mich gestoßen“, würgte die Zehnjährige hervor und verbarg das Gesicht hinter dem weichen Stoff.

„Und dann bist du wütend geworden?“, erkundigte sich Mrs Willister in verständnisvollem Ton.

„Nein, ich hatte nur Angst“, schniefte Hermine. „Und dann lag er plötzlich auf dem Boden.“ Die Direktorin seufzte resigniert.

„Wirklich!“ Hermine richtete sich ein wenig auf. „Ich hab nichts getan. Bitte glauben Sie mir doch“, flehte Hermine.

„Möchtest du allen ernstes behaupten, Jimmy sei von ganz allein durch die Luft geflogen und habe sich das Bein gebrochen?“

Hermine wollte: „Ja!“ rufen, doch ihr versagte die Stimme. Niemand würde ihr glauben. Hermine konnte es Mrs Willister nicht einmal verdenken: Es gab keinen Hinweis, dass ein Mensch jemals sämtliche physikalischen Gesetze ignoriert und eigenständig vom Boden abgehoben war.

So hielt sie ihren Kopf gesenkt und schwieg.

„Wir werden uns diesmal zusammen setzen müssen. Bitte informiere deine Eltern. Komm nach der nächsten Stunde noch einmal vorbei, dann gebe ich dir einen Brief mit.“

Mrs Willister erhob sich, öffnete die Tür und nickte kurz.
 

Die Gänge lagen ausgestorben vor ihr, kein Lehrer oder Schüler war zu sehen. Der Gedanke, die Stille und Einsamkeit gegen die lärmende, ablehnende Gesellschaft ihrer Mitschüler einzutauschen, versursachte dem Mädchen Bauchschmerzen. Sie setzte sich auf die Treppe, pustete auf ihre Handflächen und starrte ins Leere.

Leichte Schritte erklangen und noch ehe Hermine sich umgewandt hatte, saß Mrs Port neben ihr.

,,Na du, was ist denn mit dir los?“ Die Krankenschwester lächelte Hermine so herzlich an, dass deren Kehle erneut eng wurde. Traurig zuckte sie die Achseln.

„Du bist ja verletzt“, rief Mrs Port erschrocken und sprang auf. „Komm mal mit, das müssen wir desinfizieren.“

Behutsam versorgte die junge Frau Hermine. „Ich habe vorhin gesehen, was geschehen ist“, durchbrach Mrs Port schließlich die Stille. „Du hattest keine Schuld an seinem Unfall. Er hat es sich selbst zuzuschreiben.“ Ungläubig, mit leicht geöffnetem Mund sah Hermine die Frau an.

„Aber...“, stotterte sie schließlich. „Er ist einfach abgehoben.“

Mrs Port nickte. „Circa einen halben Meter. Kannst du dir das erklären?“

„Nein, aber sonst glaubt mir keiner“, rief sie verzweifelt.

„Ich weiß und genau darum bin ich hier. Hermine, ich darf jetzt noch nicht darüber sprechen, aber… Sieh mich einmal an.“

Verzagt sah Hermine in die braunen Augen der Frau, die es vermochte, ihr in all der Not Hoffnung und Zuversicht einzuflößen. Mrs Port senkte die Stimme zu einem eindringlichen Wispern: „Morgen kommt ein Brief des Jugendamtes. Es wird sich alles aufklären.“

Hermines Kopf schwirrte, da waren so viele Fragen, dass sie nicht wusste, welche sie zuerst stellen sollte. Doch noch ehe sie auch nur einen Ton herausbringen konnte, schob Mrs Port Hermine sanft aus der Tür und ließ sie ratloser denn je zurück.
 

____

Wenn euch das Kapitel gefallen hat und ihr es gerne hören würdet, könnt ihr das hier tun:

https://youtu.be/dn9XBKPDk9c

Besuch des Jugendamtes

____
 

Die Schatten im Wohnzimmer wurden länger. Schweigend saßen die Grangers beieinander, niemand schien in der Lage, die Stille zu durchbrechen. Der Brief der Behörde lag auf dem Beistelltischchen. Sagte Mrs Port nicht, er käme erst morgen? Die Wortfetzen geisterten in Hermines Kopf: Aufgrund vermehrter Auffälligkeiten in Schul- und Elternhaus sehen wir uns dazu veranlasst, zum baldmöglichsten Termin das Gespräch mit Ihnen zu suchen. Gezeichnet, Anne Lock.

Hermine biss sich auf die Lippen. Mrs Granger seufzte leise, erhob sich aus dem weinroten Ohrensessel und schaltete das Licht der Vitrine ein. Das warme Licht wirkte tröstlich auf die unglückliche Familie.

„Hermine, du musst ehrlich zu uns sein“, erklang die tiefe, ruhige Stimme Mr Grangers. „Wir werden immer hinter dir stehen, aber du darfst nicht lügen, wenn wir dir helfen sollen.“ Hermine schluchzte trocken. Dies war nun wirklich der schwärzeste Tag ihres bisherigen Lebens und der ungemütlichste Teil schien nun erst zu beginnen.

„Ich sage die Wahrheit“, flüsterte sie und erwiderte erschöpft den verzweifelten Blick ihres Vaters.

„Bitte, Daddy. Mummy, bitte glaubt mir.“ Ihre Eltern sahen einander mit einem Ausdruck an, den Hermine nicht zu deuten vermochte.

„Es ist okay, Schatz. Du hattest einen harten Tag hinter dir. Nun geh zu Bett.“ Mrs Grangers Stimme zitterte leicht, doch sie stand auf und nahm Hermine in die Arme. Der Duft ihrer Mutter, so vertraut und beruhigend, überwältigte die Zehnjährige.

„Bitte hab mich lieb“, flehte sie und umklammerte die Taille der Mutter so fest sie konnte.

„Immer, Liebling“, flüsterte diese, gab Hermine einen Kuss auf die Stirn und schob sie sacht von sich. „Wir werden dafür sorgen, dass du Hilfe bekommst. Es wird alles gut.“

Mit gesenktem Kopf schlich Hermine aus dem Wohnzimmer. Sie hatte gerade die erste Stufe der Treppe betreten, als die Stimme Mrs Grangers sie lähmte. „Unsere Tochter ist krank, es ist keine Böswilligkeit von ihr. Keine bewussten Lügen. Ich hoffe, das Jugendamt, unter welch fragwürdigen Umständen sie auch auf uns gestoßen sein mögen, wird uns und ihr helfen.“ Mit gespitzten Ohren verharrte Hermine, den Atem angehalten, um nur ja kein Wort ihres Vaters zu überhören. Dennoch vernahm sie nur Wortfetzen: „Vernächlässigung“, „Kindeswohlgefährdung“ und „Pflegefamile.“ Hermine meinte, ihr Herz wäre stehen geblieben. Nach einer Weile, die ihr wie eine Ewigkeit erschien, kehrte das Gefühl in ihre zitternden Beine zurück und so schnell sie konnte, stürmte sie in das Kinderzimmer.

Zehn Jahre.

Hermine schlang die Beine zum Schneidersitz und sah sich um. Die zartrosane Tapete, der Schreibtisch, das riesige Bücherregal. All dies war Teil des vertrauten Zimmers, welches seit nunmehr zehn Jahren ihres war. Würde das Jugenamt sie wirklich von den Eltern trennen?

Es wird alles gut. Die zitternde Stimme der Mutter.

Es wird sich alles klären. Die beschwörende Stimme der neuen Krankenschwester.

Gedankenverloren betrachtete Hermine die Knie und zuckte zusammen: Von der heftigen Schürfung war nichts mehr zu sehen. Glatte, unverletzte Haut bedeckte das Knie, ebenso wie die Handflächen. Ich werde wirklich verrückt, dachte Hermine, rollte sich auf dem Bett zusammen, wie ein verwundetes Tier und weinte sich in den Schlaf.
 

Menschen drängten sich durch die lange, gewundene Gasse. Die Sonne wärmte Hermine, sie lachte befreit. „Du wirst zu den Besten gehören, glaube mir. Und jetzt kaufen wir deinen Zauberstab. Er wird dir helfen, deine magischen Fähigkeiten besser zu lenken.“ Die braunen Augen der Frau glänzten. „Ich habe dir doch versprochen, dass sich alles klärt.“ Das Glück in Hermine ließ sie beinahe schweben, als befände sich ein großer, mit Helium gefüllter Ball in ihrem Inneren.
 

„Hermine.“

Nein, dachte Hermine und vergrub den Kopf stöhnend noch etwas tiefer unter der Bettdecke. „Du bist ja angezogen. Wolltest du etwa weglaufen?“ Müde öffnete Hermine die verklebten Augen und sah in die besorgte, erschöpfte Miene der Mutter.

„Beeil dich, in einer halben Stunde kommt Mrs Lock.“ Und noch ehe Hermine etwas erwidern konnte, hatte Mrs Granger das Zimmer verlassen.

Das Mädchen sah zum gekippten Fenster. Die Sonne schien, Vögel zwitscherten so laut, als stritten sie. Ein leichtes Lächeln breitete sich auf Hermines Gesicht aus.

Heute wird etwas geschehen. Etwas Gutes!

Sie sprang hungrig aus dem Bett und betrat das Badezimmer. Gerötete Wangen und strahlende Augen blickten aus dem Spiegel. Das leichte, glückliche Gefühl war mit dem Erwachen nicht abgeklungen.

„Morgen“, rief sie kurz darauf und setzte sich schwungvoll auf die Bank.

„Guten Morgen, mein Schatz. Hast du gut geschlafen?“ Hermine nickte.

„Du bist ja ganz rot im Gesicht, hast du Fieber?“ Mr Granger legte das angebissene Brötchen auf den Teller und befühlte Hermines Stirn. Heftig schüttelte diese den Kopf.

„Mir geht es gut.“ Summend strich sie sich Honig auf ihre Brotscheibe und biss hinein. Nicht einmal der verzagte Blick, den ihre Eltern tauschten, konnte ihre Laune dämpfen. Heute war der Tag, an dem alles Seltsame, das sich in Schule und Elternhaus zugetragen hatte, geklärt würde. Hermine sah zu ihren Eltern, die sie liebte und die so unglücklich waren. Auch ihr Leben wird heute eine positive Wendung erfahren.

„Mist“, murmelte Mr Granger, „die Milch ist leer.“ Hermine nahm die Milchkanne und spähte hinein. Ein paar Tropfen waren noch vorhanden und augenblicklich spürte sie, wie die Kanne schwerer wurde.

„Wieso?“ Die Zehnjährige kicherte. „Sie ist noch bis an den Rand gefüllt.“ Mit einem unschuldigen Lächeln reichte sie ihrem Vater das Kännchen und genoss den Anblick seines verblüfften Gesichts.

„Aber...“, stotterte er. „Das verstehe ich jetzt nicht.“

Mit zufriedenem Lächeln nickte Hermine.

„Und nicht anders war es mit Jimmy“, erklärte sie und stand auf, als das melodische Läuten der Tür erklang. Hermine wunderte sich nicht einmal, dass neben einer unbekannten eine nur allzu bekannte Frau stand. Fröhlich ging sie Mrs Port und der Dame, die nur Mrs Lock sein konnte, voran ins Wohnzimmer. Mr und Mrs Granger saßen dicht aneinandergedrängt auf dem Sofa.

„Nehmen Sie uns Hermine nicht weg. Auch wenn es zu diesen Zwischenfällen kam, ist sie bei uns doch am besten aufgehoben“, brach es aus Mrs Granger heraus, nachdem alle Platz genommen hatten. Mrs Lock räusperte sich.

„Beruhigen Sie sich Mrs Granger. Wir sind nicht von einem Jugendamt, sondern Mitarbeiter des Zaubereiminesteriums in der Abteilung der Muggelbeziehungen. Wir wollen Ihnen Hermine nicht wegnehmen, jedoch legen wir Ihnen nahe, sie uns anzuvertrauen.“

Mr Granger schnappte nach Luft und griff nach der Hand seiner Frau.

„Zaubereiminesterium?“, keuchte er. Hermine bemerkte, dass sie mit geöffnetem Mund zu den Frauen starrte. Schnell schloss sie ihn und wartete auf die erlösenden Worte. Es war Mrs Port, die sie aussprach:

„Ihre Tochter ist eine Hexe.“
 

__

Wenn euch das Kapitel gefallen hat und ihr es gerne hören würdet, könnt ihr das hier tun:

https://youtu.be/BINAmIddwzk

Magier und Nicht-Magier

Mrs Granger war die Erste, die nach dieser Offenbarung ihre Stimme wieder fand.

„Eine Hexe? Wie… wie meinen Sie das?“ Hilflos blickte sie zu ihrem Gatten, der ihren Blick nicht minder irritiert erwiderte. Mrs Port allerdings lächelte verschmitzt.

„So, wie ich es gesagt habe. Leider halten sich die Aberglauben und Irrtümer über unsere … nun, nennen wir es Besonderheiten hartnäckig bis zum heutigen Tage. Doch seien Sie beruhigt, das Wenigste davon entspricht den Tatsachen.“

Ungeduldig rutschte Hermine auf dem Sessel hin und her. Komm endlich zum Punkt, dachte sie und rief glücklich: „Ich kann zaubern, so schwierig ist das doch jetzt nicht. Sogar ohne Zauberstab!“ Leiser Stolz klang aus ihren Worten. Sie erinnerte sich an den Traum. „Mit dem werde ich die Magie besser lenken können, oder? Und ich werde auf eine Schule gehen und ganz viel lernen. Schon bald, nicht wahr?“

Mrs Lock hob gebieterisch die Hand und Hermine verstummte sofort. „Immer langsam, Kind. Aber ja, es ist richtig. Durchaus.“ Sie wandte sich an die Eltern.

„Wir Zauberer haben all die Jahrhunderte existiert. Mit welchen Mitteln auch immer man versuchte, uns auszulöschen“, ihre Miene verfinsterte sich, „ist es den Feinden der Magie niemals gelungen, unsere Fähigkeiten zu besiegen. Allerdings“, sie legte eine bedeutsame Pause ein, „hielten wir es vor mehr als drei Jahrhunderten für klüger, im Verborgenen zu leben. Auch heute gibt es nicht Wenige von uns, die es für unklug halten, Nichtmagier, wie Sie beide es sind, einzuweihen. Aus diesem Grund ersuche ich Sie dringlichst, über die Fähigkeiten Ihrer Tochter den Mantel des Schweigens zu legen.“ Der strenge Blick traf Mr Granger, der eilig nickte und: „Natürlich!“, rief.

Wie die geliebten Eltern so da saßen, nach wie vor aneinandergedrückt, erinnerten sie Hermine an sich selbst, wie sie nur einen Tag zuvor eingeschüchtert und ängstlich vor der Rektorin Mrs Willister gesessen hatte. Mitleid überkam sie. Und Ärger. Was dachte sich diese Frau dabei, ihre Eltern dermaßen vorwurfsvoll anzusprechen?

„Meine Eltern würden so etwas nie tun“, rief Hermine hitzig, reckte energisch das Kinn und hielt dem taxierenden Blick der fremden Frau entschlossen stand. Diese räusperte sich und als sie sprach war eine Spur Verlegenheit herauszuhören: „Entschuldigen Sie bitte. Keinesfalls sollte der Eindruck entstehen, dass ich ein persönliches Misstrauen gegen Sie hege, nur weil Sie Mugg…“ Mrs Lock stockte. „Weil Sie Nichtmagier sind.“

Das will ich wohl meinen, dachte Hermine.

„Was passiert denn nun weiter?“, bohrte sie nach. „Muss ich jetzt nie wieder in die Schule gehen?“

„Hermine!“ Mr Granger klang entrüstet. „Natürlich gehst du weiterhin zur Schule. Probleme sind da, um gelöst zu werden!“

Flugs griff Mrs Port wieder in das Gespräch ein: „Aus unserer Sicht ist es vertretbar, dass du das Ende des Schuljahres wie geplant beendest. Ab September bieten wir dir einen Platz in der „Hogwarts Schule für Hexerei und Zauberei“ an. Bis dahin müsstest du versichern, über deinen weiteren Werdegang absolutes Stillschweigen zu bewahren. Ich denke, dass die Probleme, gerade mit Jimmy, gelöst werden können. Wir haben sein Gedächtnis bereits entsprechend geändert und da du nun weißt, dass die Zeit absehbar ist, denke ich, wirst du besser gewappnet sein.“

Hermine schwieg. Zurück in die Schule? Vier lange Wochen? An fünf Tagen die Woche? Sie spürte, wie die alte Angst in ihr hochkroch.

„Und… wenn ich wieder zaubere? Wenn die Anderen nichts von den Magiern wissen dürfen, kann ich doch alles verraten.“ Ängstlich sah sie zu Mrs Port.

„Ich werde bei dir sein, Hermine. Nur deinetwegen bin ich wieder an die Schule zurück gekehrt. Um dich im Blick zu haben und, im weiteren Sinne, Erste Hilfe zu leisten.“ Sie lächelte beruhigend und erneut spürte Hermine, wie die braunen Augen ihr Kraft einflößten. Verzagt nickte sie.

„Was meinen Sie mit wieder? Waren Sie etwa schon einmal an meiner Schule?“

Die Krankenschwester biss sich unschlüssig auf die Unterlippe und tauschte eine schnellen Blick mit Mrs Lock.

„Wir sollten zunächst das Organisatorische besprechen. Meine Kollegin hat sich dazu bereit erklärt, Ihre Tochter nach London zu begleiten, um die benötigten Dinge zu kaufen. Dies ist zwar nicht üblich, doch da das Kind offensichtlich Vertrauen gefasst hat...“

Erleichtert seufzte Hermine auf. Die Vorstellung, einen Tag lang mit der unfreundlichen, überkorrekten Frau verbringen zu müssen, die nicht ein einziges Mal direkt das Wort an sie gerichtet hatte, war keine erheiternde Vorstellung. Mrs Port zwinkerte Hermine zu und richtete das Wort wieder an die Eheleute.

„Natürlich dürfen Sie uns gerne begleiten, sollte Ihre Zeit es zulassen.“ Mrs Lock schürzte die Lippen, widersprach jedoch nicht.

„Heute haben wir doch Zeit“, drängte Hermine und blickte hoffnungsvoll zu ihren Eltern.

„Ich auf gar keinen Fall“, wehrte Mr Granger ab.

„Würde es Ihnen denn heute passen?“, erkundigte sich Mrs Granger. Mrs Port warf einen prüfenden Blick auf die große Uhr an der Wand und nickte zögernd. Hermine sprang aus dem Sessel und warf sich der Mutter um den Hals.

„Bitte, Mummy! Bitte, bitte, bitte“, bettelte sie und trat aufgeregt von einem Bein auf das andere. Das Seufzen der Mutter ließ Hermine jubeln: Es war das „Also gut, von mir aus“ Seufzen, das zeigte, dass ihre Mutter sich hatte breitschlagen lassen. Steif erhob Mrs Lock sich und streckte den Grangers mit kühler Miene die Hand entgegen. „Dann verabschiede ich mich an dieser Stelle.“

Gott sei Dank, schoss es Hermine durch den Kopf. Mrs Lock nickte ihr kurz zu und war mit einem: „Guten Tag“, auch schon verschwunden. Mit hochgezogenen Augenbrauen sahen alle drei Grangers ihr nach.

„Was meinte sie mit Mugg?“, fragte Hermine. Mrs Port sah sie verlegen an und gab nur zögernd Auskunft: „Muggel. Es bedeutet Nicht-Magier und viele… oder einige von uns...“, sie wandte sich sichtlich, „hegen gewisse Befürchtungen gegen...“

„Sie trauen uns nicht“, beendete Mr Granger den Satz nüchtern. „Ja, so viel ist sogar mir aufgefallen.“ Eine unangehme, spannungsvolle Stille entstand.

„Können wir jetzt gehen?“, drängte Hermine. Keinesfalls sollten ihre Eltern auf die Idee komen, sie nicht auf diese Schule zu lassen, weil eine seltsame Frau seltsame Befürchtungen hatte.

„Ich muss noch ins Bad, von mir aus können wir in einer viertel Stunde los“, meinte Mrs Granger. Bittend sah sie ihren Mann an. „Komm doch mit, Schatz.“

Mr Granger hob leicht die Achseln, nickte und murrte: „Meinetwegen.“

Bei Mrs Lock hätte er uns sicher nicht begleitet, dachte Hermine und lächelte Mrs Port dankbar an.
 

---

Wenn euch das Kapitel gefallen hat und es gerne hören würdet, könnt ihr das hier tun:

https://www.youtube.com/watch?v=yuBPB0XDftk

In die Winkelgasse

Die Sonne stand bereits hoch am Himmel, als die Grangers und Mrs Port aufbrachen. Hermine reckte ihr Gesicht der Sonne zu und schloss für einen kurzen Moment die Augen. Dann hüpfte sie übermütig zum Tor und sah in den Garten zurück. Die Blumen leuchteten um die Wette, Vögel drängten sich um den kleinen Teich und plantschten.

„Der Verkehr in London ist sehr dicht, ich würde Ihnen raten, auf den Wagen zu verzichten“, empfahl Mrs Port, als Mr Granger zielsicher der Garage entgegen lief. Er quittierte die Aussage mit einem schweren Seufzen, steckte die Autoschlüssel in die Jacke zurück und folgte Mrs Port auf die Straße.

„Das heißt nicht, dass wir die gesamte Strecke mit den Fahrzeugen der Nicht-Magier zurücklegen müssen“, rief ihm Mrs Port über die Schulter zu. „Nur erscheint mir mein Gefährt als das wesentlich Geeignetere.“ Vor einem kleinen, feuerroten Auto blieb sie stehen und zog ihrerseits einen Schlüsselbund aus der Handtasche.

„Wenn Sie Ihr winziges, beengtes Auto meinem vorziehen, bitte.“ Hermine spürte, dass ihr Vater gekränkt war. Womöglich bereute er bereits, sie begleitet zu haben.

Hermine blickte besorgt zu ihrer Mutter, die ebenfalls nicht allzu glücklich wirkte und beeilte sich damit, auf der Rückbank Platz zu nehmen.
 

„So, nun nicht erschrecken“, murmelte Mrs Port wenige Minuten später. Noch ehe Hermine sich fragen konnte, was denn so Erschreckendes in einem kleinen Auto, das in Schrittgeschwindigkeit hinter einer endlosen Autoschlange herkroch, passieren konnte, spürte sie einen heftigen Ruck und schon fuhren sie an der Spitze der Schlange. Mr Granger hatte kurz aufgeschrien, doch schnell veränderte sich seine Miene: Die Mundwinkel hoben sich und er brach in schallendes Gelächter aus, das alle ansteckte.

„Ja“, prustete er dann, „jetzt teile ich Ihre Einschätzung bezüglich dieses Wagens. Zwar hat unser Auto ein Vermögen gekostet, doch diese Kunststücke kann es nicht.“
 

Je näher sie London kamen, desto dunkler wurde der Himmel und es kühlte merklich ab. Erste Regenschlieren liefen die Scheiben hinab. Nach einer Stunde bog Mrs Port in eine Seitenstraße und sie stiegen aus.

„Hätten wir bloß unsere Regensachen mitgenommen“, meinte Mrs Granger, als der erste Tropfen auf ihrer Stirn landete.

„Kein Problem, das kriegen wir auch so hin“, versicherte Mrs Port munter. Begeistert beobachtete Hermine, wie die Krankenschwester einen langen, dünnen Stab aus der Tasche zog und ihn auf Mrs Granger richtete. „Nicht bewegen.“ Mit einem großen Satz sprang die Mutter beiseite.

„Was haben sie vor?“ Ihre Stimme klang verzagt.

„Oh, bitte entschuldigen Sie. Ich werde dafür sorgen, dass Ihr Gesicht das Wasser abweist, wenn Ihnen das Recht ist.“

„Ich will“, rief Hermine aufgeregt. Mrs Port richtete den Stab auf sie, murmelte „Impervius“ und lachend sah Hermine, wie der Regen kurz vor ihrem Gesicht einen kleinen Bogen machte und sie knapp verfehlte.

Beinahe verfehlt hätten die Grangers auch den unscheinbaren Pub, an dem Mrs Port wenige Minuten später hielt und hilfsbereit die Tür öffnete. Mit großen Augen sah Hermine, wie viele Personen im Schankraum saßen. Sie trugen Umhänge, aus denen die Spitzen der Zauberstäbe zu erkennen waren, sowie steil aufragende Hüte. Der Wirt grüßte und entblößte seinen zahnlosen Mund.

„Das müsste aber nicht sein, oder?“, wandte sich Mr Granger an seine Gattin. „Ich hatte erst letzte Woche einen Patienten, bei dem ich eine Prothese eingebaut habe. Ob ich ihm meine Karte geben soll?“ Hermine fiel auf, dass der Vater nun, angsichts dieser vertrauten Thematik an Selbstbewusstsein gewann. Mrs Granger zuckte die Achseln und erwiderte: „Warum nicht.“

Breit lächeln ging Mr Granger auf den Wirt zu, sprach kurz mit ihm und drückte dem überrascht guckenden Mann dann eine Karte in die Hand.

Hermine kicherte leise und Mrs Port sah auf die Uhr. Im Gänsemarsch folgten sie ihr in den Hinterhof. Mrs Port klopfte mit dem Zauberstab auf drei Backsteine, die begannen, sich zu drehen. Mit vor Staunen geöffnetem Mund beobachtete Hermine, wie sich ein breiter Durchgang bildete und die Sicht auf eine gewundene Straße freigab.
 

Hermine wusste nicht, wo sie zuerst hinsehen sollte. Wie angewurzelt blieb sie stehen und versuchte, alle Eindrücke zugleich zu verarbeten und die fremde Welt in sich aufzunehmen. Ihr Blick huschte von einer großen Traube an kleinen Hexen und Zauberern zu einem Laden, der an eine Apotheke erinnerte, über ein Geschäft voller Besen hin zu einem mit Mäusen im Schaufenster.

„Hier ist deine Liste“, riss Mrs Port sie aus der Trance und stupste sie am Arm. Nur mit Mühe konnte Hermine den Blick von einem schneeweißen Gebäude in der Ferne lösen und nahm das Blatt Pergament in die feuchten Hände. Zauberstab, Bücher, Kröte, Ratte, Eule, Hermine griff nach der Hand ihrer Mutter und fühlte Schwindel vor lauter Glück.

„Das ist aber eine seltsame Währung“, rief Mr Granger. Er stand vor „Flourish & Blotts“, hielt ein dickes Buch namens: „Magische Erste Hilfe für Anfänger“ in der Hand und deutete auf ein kleines Etikett, das mit „Nur 5 Galleonen und 7 Sickel, Sonderpreis!“ zu locken versuchte.

„Wir werden zunächst zu Gringotts müssen, um ihre Pfund zu tauschen“, erklärte Mrs Port. Durch aufgeregt schnatternde Gruppen, Kinder mit geröteten Wangen und winzigen Geschöpfen mit fledermaus ähnlichen Ohren gingen sie die Straße entlang, dem weißen Gebäude entgegen.
 

„Was ist denn das für ein Spruch? Hier ist es wohl wirklich nicht ratsam, einzubrechen“, meinte Mrs Granger. Hermine überflog die sich reimende Warnung.

„Wer der Sünde Gier will dienen, der wird voller Pein verlieren… Nein, das sollte man lieber nicht tun.“

„Aber das haben wir ja nicht vor“, ergänzte Mr Granger und unter dem misstrauischen Blick eines Geschöpfes, das Hermine noch nie zuvor gesehen hatte, traten sie durch die großen Schwingtüren in die Halle.

„Was sind das für Wesen?“, fragte Hermine und blickte ängstlich zu Mrs Port.

„Das sind Kobolde.“ Die Krankenschwester klang so, als sei das gar nichts außergewöhnliches, doch Hermine empfand leises Unbehagen unter den Blicken der Wesen. Während ihr Vater einige Scheine Pfund in große, sattgoldene Münzen umtauschte, drückte Hermine sich an die Mutter und beobachtete die anderen Magier. Eine kleine Hexe, mit feuerrotem Haar wurde von ihren älteren Zwillingsbrüdern offenbar getriezt. Das Mädchen schubste einen der Brüder mit vor Wut blitzenden Augen nach hinten und im nächsten Augenblick schwoll dessen Nase auf die Größe einer Tomate an. Grinsend wandte sich Hermine ab. Mr Granger steckte das klimpernde Geld in die Brieftasche und lief zum Ausgang. Hermine konnte gerade noch die Stimme der fremden Mutter vernehmen, die zufrieden sagte: „Tja Fred, Ginny solltest du besser nicht ärgern. Ihre Fähigkeiten stehen deinen in nichts nach.“ Dann schloss sich die Tür der Gringotts Bank hinter ihnen.
 

---

Anhören könnt ihr euch das Kapitel hier:

https://www.youtube.com/watch?v=iUg7GuTTLgY

Zauberhafte Einkäufe

Die Nacht war bereits hereingebrochen, als die drei Grangers erschöpft doch zufrieden zuhause eintrafen. Aufgeregt sprang Hermine den Eltern voraus in den Garten, blieb ungeduldig im Tor stehen und beobachtete die Rücklichter von Mrs Ports Wagen, die gerade in der nächsten Seitenstraße verschwanden.

„Gib es zu“, rief Mr Granger und lachte, „du hast mich nur gebeten, mitzukommen, um beim Schleppen zu helfen.“ Einen Karton unter den Arm geklemmt und vier weitere Tüten in den Händen, hatte er sichtlich Mühe, den kurzen Weg zu bewältigen. Mrs Granger lächelte verschmitzt, warf ihrem Mann eine Kusshand zu und hakte sich bei Hermine unter.

Vielleicht lerne ich mal, die Sachen schweben zu lassen, grübelte Hermine, zog ihrer Mutter die Schlüssel aus dem Mantel und öffnete die Haustür. Schnaufend trat Mr Granger ein, stellte Tüten und Päckchen erleichert ab und warf sich wohlig seufzend auf das Sofa.

„Viel besser“, brummte er. Mrs Granger öffnete eine Flasche Wein, doch Hermine indess stieg unruhig von einem Bein auf das andere, begehrliche Blicke zwischen dem Eingekauften und ihren Eltern werfend.

„Lauf schon.“ Mrs Granger lachte. „Du kannst es ja doch nicht erwarten.“ Das musste sie nicht zweimal sagen. Hermine umarmte ihre Eltern, nahm sich das Schwerste der Päckchen und eilte so schnell ihre Füße sie trugen ins Kinderzimmer. Ohne viel Federlesen nahm sie das Mathe-, Sachkunde-, und Geographiebuch aus dem Regel, legte es in die unterste Schublade des Schreibtischs und füllte die Reihe mit den vielen Büchern, zu deren Kauf sie ihre Eltern überedet hatte. „Schließlich muss ich doch wissen, wie diese Welt so ist“, rief sie stets, was sie in den Besitz von Quidditch im Wandel der Zeiten, eine Geschichte von Hogwarts und drei anderen Büchern gebracht hatte, die in keinem direkten Zusammenhang mit dem Unterricht standen. Zärtlich strich sie über den Einband von Zaubertränke und Zauberbräue, legte sich aufs Bett und begann zu lesen.
 

„Na du Nachteule, bist du noch immer nicht müde?“ In seinem gestreiften Schlafanzug, die Brille bereits abgezogen, spähte Mr Granger mit leicht zusammengekniffenen Augen zu Hermine.

„Hmm“, brummte diese.

„Hast du schon deine Zähne geputzt?“

„Jjj… ein.“

Mr Granger kam zu ihr, streckte den Arm aus und rief energisch: „Abmarsch!“

„Daddy“, Hermine sah ihren Vater mit großen Augen an, „wusstest du, dass die Zauberer ein Mittel herstellen können, mit dem man wieder nüchtern wird?“

„Nein, und ich möchte, dass du jetzt die Zähne putzt.“ Eifrig blätterte Hermine weiter.

„Oder dass sie einen Sud brauen, der als „Trank der Lebenden Toten“ bezeichnet wird?“

„Wirklich?“ Nun hatte sie das Interesse ihres Vaters doch geweckt, er setzt sich auf ihr Bett und beugte sich über das Buch.

„Beeindruckend“, murmelte er begeistert, „was ich da alles an Anästhetika sparen könnte...“ Er nahm das Buch auf den Schoß und begann zu lesen. Hermine grinste.

„Nur die Zutaten“, murmelte er nach einer Weile, „kannst du sowas herstellen?“

„Klar, sonst stünde es doch nicht im Schulbuch“, erwiderte sie selbstbewusst.

„Schatz, wo bleibst du denn?“ Schuldbewusst erwiderte Mr Granger den Blick seiner Frau, die sie beide mit hochgezogenen Augenbrauen musterte.

„Hermine, deine Zahnbürste ist noch trocken, ab jetzt.“

„Sage ich doch die ganze Zeit“, bekräftigte ihr Mann und schwer seufzend kroch Hermine aus dem gemütlichen, warmen Bett und tappste ins Badezimmer.
 

In den nächsten Tagen bekamen ihre Eltern Hermine kaum noch zu sehen. Ein Machtwort ihrer Mutter war nötig, damit Hermine wenigstens zu den Mahlzeiten die Bücher beiseite legte, ansonsten verbrachte sie einen Großteil des Tages auf dem Liegestuhl neben dem Froschteich, links und rechts einen Bücherstapel.

„Lies doch ein Buch nach dem Anderen“, schlug Mrs Granger vor, als sie Hermine eine Limonade brachte.

„Es wird hin und wieder auf andere Bücher verwiesen“, erklärte die Zehnjährige ernst. „Um die Zusammenhänge besser verstehen zu können, ist es ganz praktisch, direkt nachlesen zu können.“ Sanft strich die Mutter ihr über das Haar. „Wie dein Vater“, meinte sie und zog einen Mundwinkel nach oben. „Der war auch so ein Bücherwurm… Nein, ist. Vielleicht nicht mehr ganz so wie früher.“ Verträumt glitt ihr Blick zu den Brombeersträuchern, Hermine legte das Buch beiseite und sah ihre Mutter neugierig an.

„Ich wünschte, ich dürfte jetzt schon Zaubern“, brach es dann aus ihr. „Ich meine so richtig, mit Zauberstab. Aber der liegt nur auf dem Regal und es dauert noch sooo lange.“

„Wozu? Du brauchst den Stab doch nicht mal. Heute morgen mit der Marmelade, das warst doch du.“ Hermine kicherte zögernd.

„Aber noch bekomme ich dafür keinen Ärger. Das sind dann die letzten Ferien, wo sie es noch durchgehen lassen.“

„Praktisch ist es ja“, räumte Mrs Granger ein, „sonst hätte ich heute noch ein Glas kaufen müssen. Dein Vater lässt ja nichts anderes als Kirschmarmelade auf sein Brot und ich hätte schwören können, dass im Vorratsschrank noch ein Glas steht. Wie auch immer“, sie sah auf die Uhr, „in einer halben Stunde gibt es Abendessen.“

Mrs Granger erhob sich, Hermine sprang ihr hinterher. „Es gibt eine Sportart auf Besen. Quidditch heißt die“, erzählte sie begeistert. Ihre Mutter nickte abwesend.

„Da gibt es sogar fliegende Bälle, die Spieler abschießen.“

Mrs Granger lächelte ihr traurig zu.

„Was ist denn?“

Ratlos hob die Mutter ihre Schultern. „Ich habe mir vieles anders vorgestellt, Minnie. Dass du irgendwann, in frühestens acht Jahren ausziehst. Jetzt verändert sich von Heute auf Morgen unser ganzes Leben. Alles wird auf den Kopf gestellt. Du sollst plötzlich auf ein Internat gehen, wo wir dich gerade einmal in den Ferien sehen.“ Sie setzte sich auf die Eckbank und stützte das Gesicht mit beiden Händen ab.

„Ich verstehe deine Vorfreude, aber… Ich werde dich so vermissen.“ Bedrückt biss sich Hermine auf die Lippe. „Es gibt zwei Welten, die uns trennen, egal, wie man es betrachtet“, murmelte die Mutter. Ihre Stimme verlor sich und Hermines Augen begannen zu brennen.

„Meinst du, ich soll nicht nach Hogwarts?“, fragte sie zaghaft. Die Mutter schüttelte den Kopf.

„Nein“, antwortete sie mit fester Stimme. „Ich habe lange mit Mrs Port gesprochen… Sie sagt, du würdest hier nicht glücklich. Und sie denkt über ein Projekt nach, indem sich wir Muggel-Eltern...“ Hermine kicherte, „...austauschen können. So wie mir geht es ja scheinbar recht vielen.“ Sie klang schon wieder munter und Hermine nickte erleichtert.
 

In dieser Nacht fand Hermine lange keinen Schlaf. Die Worte der Mutter, die Gewissheit, in ein Internat zu ziehen, welches sich noch dazu in einer völlig fremden Welt befand, beschäftigten sie.

Doch der Gedanke an die vielen Bücher, die heimlichen kleinen Zaubereien, die Vorstellung, echte Freunde zu haben, ließ ihr Herz vor Freude schneller schlagen. Sie zog die Beine an den Bauch und schloss die Augen. Freunde. Was für ein wunderbares Wort, das wie Musik in den Ohren klang.

Selig lächelnd schlief Hermine ein.
 

---

Anhören könnt ihr euch das Kapitel hier:

https://www.youtube.com/watch?v=9N0WkuiT6Mc

Ein Abschied

Der Schreck durchzuckte Hermine wie ein kleiner Blitzschlag, als Mr Scott mit einem dicken Papierstapel das Klassenzimmer betrat: Die Geographiearbeit hatte sie in der letzten Woche total vergessen! Zu aufregend waren die neuen Gebiete der Magie, die es zu entdecken gab, zu viele kleine Hexereien, die es zu erproben galt.

„So, Herrschaften. Diesmal war ich sehr unzufrieden mit euch!“ Vorwurfsvoll sah der Lehrer durch die Reihen und Hermine blickte betreten auf ihr Heft. Das Lernen für die Klausur war durch die Konkurrenz von „Dunkle Kräfte: Ein Kurs zur Selbstverteidigung" in den Hintergrund gerdrängt worden.

Ihr Herz begann heftig zu pochen. Das hatte sie nie gewollt: Die allerletzte Prüfung in dieser Welt in den Sand zu setzen, erschien ihr als denkbar schlechtes Omen. Dabei war sie doch sonst immer so -

„Sehr gut, Hermine, wie immer!“ Mit einem breiten Lächeln unterbrach Mr Scott den Gedankenstrudel und reichte ihr zwei eng beschriftete Blätter. Eine dicke, rote Eins prangte dahinter. Doch was war das?

Ein Minus! Eine Eins Minus!! Das war ihr noch nie passiert!!!

Sie schluckte schwer. Wie soll das erst in Hogwarts werden, wo du mit dem Stoff gänzlich unvertraut bist?

„Der Durchschnitt war miserabel! 3,4. Mir ist bewusst, dass diese Arbeit schwerer war, als die letzte, aber gerade von den Stärksten hätte ich mehr erwartet.“

Hermine vergrub den Kopf in den Händen. Mit einem Mal war die unermesslich große Angst in ihr. Hogwarts, das beste Schloss für Hexerei und Zauberei, wie sie mittlerweile herausgefunden hatte. Sie, als Muggelgeborene, würde ohnehin schon viel mehr Lernen müssen, um mit ihren Mitschülern mithalten zu können.

„Hermine?“ Die Stimme des Lehrers klang ganz nah. Es gelang ihr kaum, seinen Blick zu erwidern. Unruhig rutschte sie auf ihrem Stuhl herum, sah vom Fenster zur Tür und auf ihr Heft zurück. Tränen schossen ihr in die Augen.

„Das Minus“, flüsterte sie unglücklich und wischte sich eine Träne fort. Mr Scott reichte ihr ein Taschentuch. „Hey. Das ist doch nicht schlimm.“

Hermine schniefte. „Aber in der nächsten Schule wird es bestimmt viel schwieriger.“

„Du wirst es schaffen. Das Abitur haben noch ganz andere geschafft, da brauchst du dir doch keine Gedanken zu machen.“

Jimmy sprang auf, pfefferte seinen Papierbogen auf den Boden und sah Hermine hasserfüllt an. „Halt bloß deine Fresse mit deiner Eins Minus“, zischte er und kam aus der letzten Reihe auf sie zu.

„Jimmy, setz dich!“ Der freundliche Ton war schneidender Kälte gewichen, Hermines Tränen versiegten vor Schreck. Doch Jimmy setzte sich nicht. Mit einem letzten angewiderten Blick spie er vor ihr aus und verließ türenschlagend den Klassenraum. Wie eingefroren saß Hermine an ihrem Platz, die Mitschüler hielten den Atem an und sie spürte die Blicke wie ein heftiges Brennen auf ihrem Rücken. Endlich beendete die Glocke den Unterricht. Jimmy stand vor der Tür und funkelte sie an. Hermine begann zu zitternd. Sie sprang auf, drängte sich an Mr Scott vorbei und rannte los. Nur leise drang die strenge Stimme des Lehrers zu ihr durch. Es gab nur Eine, die ihr nun beistehen konnte.
 

Mrs Port richtete gerade Pflasterstreifen, als Hermine kam. Das ruhige Lächeln beruhigte Hermine unmittelbar, als sie schwer atmend auf dem Stuhl Platz nahm.

„Schön, dass du mich besuchst“, rief Mrs Port munter. „Sieh dir an, zu welcher Arbeit ich degradiert wurde.“ Sie lachte glockenhell und deutet auf die Schere.

„Wo es mit Magie doch so viel schneller ginge.“ Abgelenkt von ihrem Kummer erhob sich Hermine und trat näher. „Bei mir geht es sogar manchmal ohne Zauberstab“, sagte sie triumphierend.

„Schon, aber mit Stab ist es doch bedeutend bequemer.“ Mrs Port seufzte. Hermine betrachtete das Profil der jungen Frau. Eine Erinnerung stieg in ihr auf.

„Sie sagten, Sie wären nur meinetwegen an dieser Schule“, begann Hermine zögernd. Mrs Port nickte.

Frag sie, beschwor sie sich. Jetzt oder nie!

„Sie haben 'wieder' gesagt!“ Nun war es raus und mit großen Augen beobachtete Hermine, wie die Krankenschwester die Schere sinken ließ, sich auf die Lippen biss und Hermines Blick unschlüssig erwiderte. Schließlich seufzte sie tief, nickte langsam und sagte: „Ich war hier früher selbst Schülerin.“

Hermine zog überrascht die Augenbrauen hoch. „Sie?“

Ein Lächeln huschte über die Miene der Frau und sie nickte erneut. „Ja, ich. Kaum zu glauben, was? Aber nicht nur ich, auch...“Abrupt brach sie ab und fuhr sich mit dem Finger über die Lippen, als versuche sie damit, die Worte, die ihr entschlüpft waren, zurück zu nehmen.

Woher Hermine die Erkenntnis traf, wusste sie selbst nicht. Plötzlich erinnerte sie den vielsagenden Blick der unfreundlichen Ministeriumsbeamtin, den raschen Themenwechsel, nachdem der Krankenschwester unbedacht das Wort entfahren war.

Und würde Mrs Port sich derartig winden, wenn Hermine die Person nicht kennen würde?

Wohl kaum!

„Mrs Lock!“ Es war nicht nur die Art, wie Mrs Port sich durch die Haare fuhr, die Hermine erkennen ließ, dass sie ins Schwarze getroffen hatte. Zufrieden kichernd versuchte sie, sich die unsympatische Frau als kleines Mädchen vorzustellen.

„So witzig ist das nicht“, wurde sie zurechtgewiesen. „Sie hat schlimmes durchlitten, weißt du?“ Betroffen sah Hermine zu Boden. „So wie ich?“, flüsterte sie. Nun trat die vergangene Stunde in Hermines Bewusstsein. Die schlechte Note, Jimmy und die Angst, die sie vor ihm hatte.

„Ja, ein bisschen so wie du. Nur dass du weißt, dass er dir nichts mehr antun kann.“ Verblüfft hob Hermine die Brauen, was Mrs Port zu einem schiefen Lächeln veranlasste.

„Du sagst doch selbst, dass du bereits ohne Stab Magie vollbringen kannst.“

„Aber“, Hermine schnappte nach Luft, „das darf ich doch nicht!“

„Natürlich nicht. Aber reicht denn nicht die Tatsache, dass du es könntest?“
 

Das Rudel schien auf Hermine gewartet zu haben. Zu Sechst standen sie auf dem Pausenhof, manch einer höhnisch grinsend, manch anderer blickte grimmig drein. Doch es war nur Jimmy, der auf sie zukam und sich nur Zentimeter vor ihr aufbaute. Auf die selbe beängstigende Art, wie so viele Male zuvor. Ebenso entschlossen, ihr weh zu tun. Ebenso entschlossen, Hermine all das heimzuzahlen, was sie ihm nie angetan hatte.

Obwohl Hermines Knie weich wurden, stand sie ganz ruhig da und erwiderte den kalten Blick. Wenn ich wollte, dachte sie, würdest du ebenso durch die Luft fliegen, wie vorige Woche.

Wenn ich wollte, würdest du dich vor den Augen aller in ein Schwein verwandeln oder mich auf Knien bitten, dir zu verzeihen.

Jimmys blaue Augen weiteten sich beinahe unmerklich und er trat einen Schritt zurück, sah von seinen Kumpels zu Hermine, hielt dem Blick nicht stand und starrte auf seine Schuhspitzen.

Der Blick des Mädchens ruhte auf dem blonden Schopf Jimmys. Innerlich verabschiedete sie sich von ihm und lächelte. Die Glocke klingelte zur nächsten Stunde, doch etwas Entscheidendes war innerhalb der 20 Minuten geschehen. Eine Gewissheit, die ihr Leichtigkeit und Selbstvertrauen einflößte, ergriff Besitz von ihr. Nie wieder würde Jimmy, der Muggeljunge, ihr etwas anhaben können. Ihr, der Hexe Hermine Granger.
 

--

Anhören könnt ihr das Kapitel hier:

https://www.youtube.com/watch?v=XtuVQGUJ0Co

Ängste

Tage und Nächte folgten so schnell aufeinander, dass Hermine beinahe schwindelig wurde.

Noch acht Wochen bis Schuljahresbeginn – was waren diese Bücher doch interessant!

Noch sechs Wochen – ob sie in Zaubertränke ähnlich unbegabt war, wie im Kochen?

Noch drei Wochen – von den acht zu lesenden Büchern war sie erst mit fünfen durch! Halt dich ran!

So groß Hermines Freude auch war - die Angst wuchs mit jedem verstrichenen Tag weiter an. Wie im Flug vergingen die Vormittage in der Grundschule, an denen die Mitschüler größere und kleinere Bögen um sie machten und Hermine im Kopf die Schritte des Ananas-Stepptanzes durchging. Niemals würde sie diese Choreographie in den Kopf bekommen!

Wozu um alles in der Welt musste sie als Hexe tanzen können? Frustriert betrachtete sie die vier kurzen Zeichnungen, welche den Ablauf illustrierten. Dann schlug sie das Zauberkunstbuch zu.

Ob es bei den Magiern auch Sänger gab? Oder mischten die sich unbemerkt in die Auftritte von Madonna und waren in Wahrheit verantwortlich für deren Erfolg?

Ein leises Lächeln überkam sie bei der Vorstellung, bis ihr Blick erneut auf das Buch fiel. Der Magen krampfte sich ihr zusammen.

Ob ich wohl mithalten kann? Natürlich konnte sie beinahe alle Bücher auswendig und die verbleibenden beiden würde sie sich in den nächsten Wochen vornehmen. Doch wie viel schwerer mochte es sein, das Gelernte tatsächlich anzuwenden?

Konnte man aufgrund schlechter Leistungen der Schule verwiesen werden? Mutlos ließ Hermine den Kopf hängen. Vielleicht sollte ich erst gar nicht in den Zug steigen, dachte sie. Dann wird die Enttäuschung nicht so groß.

Hermine Granger, du bist wohl verrückt geworden, schalt sie sich nur Sekunden später. Diese Chance mit Feigheit vertun? Niemals!

Stolz richtete sie sich auf und reckte das Kinn. Dann sprang sie auf.

„Mummy?“, rief sie.

„Hier.“

Die Stimme kam aus dem Wohnzimmer. Dort bügelte ihre Mutter und verzog leidend das Gesicht.

„Ich sollte endlich eine Haushaltshilfe anstellen. Es gibt wahrlich nichts furchtbareres, als wunderschöne Mittage damit zu verschwenden, die tausend Anzüge deines Vaters von den Millionen Falten zu befreien.“ Schwungvoll fuhr sie über einen dunkelblauen Ärmel.

„Es gibt nicht zufällig einen Zauberspruch hierfür?“ Hermine schüttelte den Kopf.

„Nur bescheuerte Tänze“, murrte sie.

„Ach was!“ Mrs Granger hob eine Braue. „Nicht schlecht. Tanzen ist etwas Wunderbares.“ Überrascht sah Hermine die Mutter an. „In deinem Alter war ich eine leidenschaftliche Tänzerin.“ Verträumt summte sie eine langsame Melodie und bewegte graziös die Füße dazu.

„Ich zeig dir das mal“, rief Hermine über die Schulter, rannte ins Kinderzimmer und lief mitsamt dem schweren Buch ins Wohnzimmer zurück.

„Lass mal sehen.“ Mrs Granger stellte das Bügeleisen ab und vertiefte sich in die Zeichnungen. „Wäre doch gelacht...“, murmelte sie dann, stellte sich auf die Zehenspitzen und winkelte das rechte Bein an. Mit zunehmender Begeisterung sah Hermine, wie ihre Mutter immer schneller die Füße bewegte und ihr dann die Hand entgegenstreckte. „Mach mit, versuch' es einmal. Es ist ganz leicht!“

Kichernd stieg Hermine mit ein, verknotete sich beinahe die Beine und hielt sich schon kurze Zeit später den Bauch vor Lachen.

„Das hast du von deinem Vater. Ebenso wie deine 3 in Sport. Ihr seid eben Hirnakrobaten.“ Außer Atem ließen sie sich auf das Sofa plumpsen.

„Die 3 war echt doof“, sagte Hermine kleinlaut.

„Man kann nicht überall spitzenklasse sein“, winkte Mrs Granger ab. „Kommst du ansonsten mit den Büchern zurecht?“

Ein bleiernes Gewicht senkte sich in Hermines Magen. Halbherzig hob sie die Schultern.

„Du wirst es lernen, Minnie.“ Die Hand der Mutter ruhte sanft auf ihrem Rücken.

„Vergiss nicht, dass du ein Jahr Zeit hast, bis du das können musst.“

„Und wenn...“, piepste Hermine, biss sich auf die Lippe und brachte die nächsten Worte nur mit Mühe hervor. „Wenn ich es nicht schaffe? Wenn alle besser sind als ich und sie mich rauswerfen?“

„Ach Kind!“ Mrs Granger klang schockiert. „Was machst du dir für entsetzliche Gedanken?“ Sie schlang die Arme um Hermine. Der Druck in ihrer Magengrube ließ nach.

„Und wenn es so wird, wie vor zwei Jahren?“

„Wird es nicht. Das war eine ganz andere Zeit. Schließlich bist du doch jetzt nicht nur mein cleveres, kleines Mädchen, sondern tapfer und mutig dazu“, flüsterte die Mutter zärtlich. Hermine befreite sich aus der Umarmung.

„Vielleicht komme ich ja nach Ravenclaw. Oder Gryffindor, oder Hufflepuff. Egal, ich will jedenfalls nicht nach Slytherin. Aber die würden mich sowieso nicht nehmen“, überlegte Hermine.

„Nicht?“

Hermine schüttelte energisch den Kopf. „Ich glaub, in dem Haus sind alle so wie Mrs Lock.“

„Au weia! Nee, dann besser nicht nach Sly… Wie war das gleich?“

„Slytherin. Der Böseste aller Magier war da. Aber in Gryffindor war unser jetziger Schulleiter. Und der hat einen anderen besiegt, der...“ Mrs Granger hob die Hände.

„Nicht jetzt, Süße, okay? Dein Vater kommt in einer halben Stunde und wie ich ihn kenne, ist er halbverhungert.“

Während bald darauf der Duft von Zwiebeln, Knoblauch und Zucchini durch das Haus zog, dachte Hermine an jenen Jungen, von dem sie erst vorhin gelesen hatte.

Harry Potter, der im Alter von nur einem Jahr den Todesfluch des mächtigsten schwarzen Magiers aller Zeiten überlebt hatte. Hermine versuchte, sich diesen Jungen vorzustellen, der in ihrem Alter sein musste. Ob er so ein arroganter Idiot wie Jimmy war? Brutal und selbstverliebt? In keinem der Bücher war eine Notiz zu finden, wohin Harry gekommen war. War er in einem Waisenhaus, bei Zauberern oder irgendwelchen Verwandten aufgewachsen? Würde er ebenfalls Hogwarts besuchen? Oder eine andere europäische Schule, wie Beauxbatons oder gar Durmstrang? Noch 17 Tage, dachte Hermine und sah auf den Wandkalender. Nur 17 Tage, dann werde ich es wissen.
 

Viel zu schnell war die Sonne untergegangen und mit ihr der Übermut, den Hermine am Nachmittag beim Tanz mit der Mutter gespürt hatte.

Den Stift in der Hand, die Augen geschlossen saß Hermine auf dem Teppich. Wingardium Leviosa, dachte sie und vollführte eine unsichere Handbewegung. Es gelang nicht. Die Hand zitterte und den genauen Wortlaut vergaß sie zusätzlich. Je heftiger sie sich zu konzentrieren versuchte, desto rücksichtsloser kämpfte sich die Erinnerung in ihr Bewusstsein.

Was, wenn es so wird, wie vor zwei Jahren?

Die immer schlimmer werdende Migräne, Bauchkrämpfe und die Noten, welche innerhalb weniger Wochen von 1 auf 3 und schließlich 5 abgesackt waren. Nicht enden wollende Nachmittage in stickigen Arztzimmern, Gespräche mit den Sozialarbeitern. Hermine kniff die Augen zusammen und schüttelte den Kopf. Nein, dachte sie. Nein! Diese Zeiten sind vorbei. Ich bin mutig und niemand wird mir je wieder etwas tun. Ich werde in einer Schule sein, in der alle sind wie ich. Und ich werde gute Noten bekommen. Und… Freunde haben.

Langsam beruhigte sich ihr Puls. Hermine legte sich auf das Bett und griff nach dem Buch.

„Wäre doch gelacht...“, murmelte sie trotzig. Eine steile Falte bildete sich auf der Stirn. Das bekannte Stechen setzte ein. Nur noch 186 Seiten, dachte Hermine, massierte sich die Schläfen und begann leise murmelnd mit dem sechzehnten Kapitel.
 

--

Anhören könnt ihr euch das Kapitel hier:

https://www.youtube.com/watch?v=rR7XH1By5X8

Letzte Vorbereitungen

Diesmal zitterte Hermines Stimme kaum, als sie die Beschwörung murmelte. Vielleicht lag es an dem Zauberstab, den sie in der Hand hielt und der ihr so viel Selbstsicherheit verlieh.

„Wingardium Leviosa.“

Hermine traute ihren Augen kaum. Langsam, angesichts dieses neuen Wagnisses, hob ihr alter, treuer Teddybär vom Bett ab und stieg langsam, aber stetig zur Zimmerdecke hinauf. Zum dritten Mal infolge gelangen die Sprüche, der Knoten schien geplatzt. Wahrscheinlich, da sie nicht länger versuchte, ihre Magie durch einen Stift zu lenken, sondern nun doch den Zauberstab benutzte.

Nachdem Mrs Port ihr zugestimmt hatte, dass es wahrlich keinen Unterschied mache, ob sie mittels Stab oder ohne ihn Magie hervorbrächte, gab es für Hermine kein Halten mehr. Sie war überzeugt davon, dass auch in der neuen Welt Wert auf Fleiß und Ehrgeiz gelegt werden würde, und je mehr Fähigkeiten sie sich zuhause aneignen konnte, desto besser!

Doch bei diesem Zauber waren tatsächlich drei Anläufe nötig gewesen, bis sie den Dreh raus hatte. Glücklich ließ sie den Zauberstab sinken und beobachtete, wie der Teddy sanft auf ihrem Kissen landete. Die letzten beiden Wochen waren in seltsamem Tempo vergangen: Manche Tage rasten dahin, andere zogen sich wie Kaugummi – zuckerfreien natürlich! Hermine sah auf den großen Wandkalender. 29 Kästchen des Monats August waren dick und rot durchgestrichen.

Alle Bücher waren gelesen, der große Koffer dreimal vollständig ein- und wieder ausgepackt und die Liste der benötigten Gegenstände unzählige Male überprüft worden.
 

„Wie um alles in der Welt sollen wir Kontakt zu dir aufnehmen?“

Hermine schrak zusammen und ließ den Zauberstab fallen. Ein goldener Schauer schoss aus der Spitze. Mrs Granger stand in der Tür, durch die sie weniger eingetreten, als vielmehr reingeplatzt war. Aus dem festen Dutt hatten sich unzählige ihrer wilden Locken befreit und hingen ihr zerzaust im Gesicht. Die Mutter zog die Wangen ein, bahnte sich einen Weg zwischen Koffer, Schreibtisch, sowie einenem Stuhl hindurch und ließ sich auf dem Bett nieder.

„Ich meine“, fuhr sie aufgelöst fort, „wenn die Muggelpost nichts von Magiern weiß, wird sie keine Post zustellen, nicht mal Telegramme! Technische Geräte wiederum kennen die Magier nicht – wir können doch nicht ständig mit dem Auto...“ Sie rang die Hände und verstummte, kalkweiß geworden.

„Mummy!“ Erschüttert sprang Hermine vom Teppich auf und kuschelte sich an ihre Mutter.

„Wir wissen ja nichtmal, wo dieses Hogwarts überhaupt ist“, flüsterte Mrs Granger. Vollkommen bestürzt saß Hermine neben ihr. Nie zuvor hatte sie einen solchen Ausbruch erlebt. Nervös biss sie auf der Unterlippe herum – alle erlernten Zaubereien waren vergessen. Für einige Sekunden war nur der heftige Atem der Mutter zu hören.

„Die Zauberer kommunizieren mittels Eulen“, fiel Hermine schließlich ein. Mrs Granger lachte trocken.

„Wenn es weiter nichts ist… Dann werden wir uns einfach mal auf die Lauer legen und warten, bis eine zugeflogen kommt.“

Beschämt verbarg Hermine das Gesicht hinter den Händen. Schritte auf der Treppe erklangen und Mr Granger trat ein.

„Was ist denn hier los?“ Skeptisch sah er zu ihnen und lehnte sich an den Türrahmen.

„Vielleicht leiht euch Mrs Port ihre Eule“, überlegte Hermine laut und sprang vom Bett auf. Die Spannung im plötzlich eng erscheinenden Zimmer war zu viel für sie. Vermutlich würde sie gleich losheulen. Mit gesenktem Kopf schob sie sich an ihrem Vater vorbei und lief hastig die Treppe hinab. Merlin sei Dank hat Mrs Port Telefon, schoss es Hermine durch den Kopf, während sie den Hörer zwischen Ohr und Schulter presste und die Nummer wählte.
 

„Port.“ Hermine hatte gerade Luft geholt, als sie irritiert innehielt. Es war keine Frauenstimme, die da am anderen Ende der Leitung sprach.

„Hallo!“ Die Stimme wurde lauter. Hermine räusperte sich.

„Hier ist Hermine Granger. Ist...“ Erneut unterbrach sie sich. War es seine Frau? Die Schwester? Wie auch immer! „… Mrs Port zu sprechen?“

„Augenblick.“ Hermine kniff konzentriert die Augen zu. Aus dem oberen Stockwerk drang die aufgeregte Stimme der Mutter. Ihr Vater sprach ruhiger. Hermine stellte sich vor, dass er seiner Frau den Arm um die Schulter gelegt hatte.

„Hermine, was gibt es denn?“ Sie hörte, dass Mrs Port lächelte. Immerhin habe ich sie nicht gestört, dachte Hermine. Und doch - Ja, was genau gab es eigentlich?

„Meine Mutter meint… Sie haben doch eine Eule… Und, ob es Ihnen viel ausmachen würde… Sie erreicht mich sonst nicht, weil die Post bestimmt nicht zugestellt wird und Hogwarts nicht auf der Landkarte zu finden ist.“

„Was?“ Hermine hörte, wie die Krankenschwester scharf Luft holte, sah beinahe vor sich, wie ihre linke Augenbraue hoch rutschte und unter dem schwarzen Pony verschwand.

Konzentriere dich!, mahnte Hermine sich selbst.

„Entschuldigung“, seufzte sie, „hier war es gerade so stressig.“

„Soll ich vorbeikommen?“ Mrs Port klang alarmiert, doch paradoxerweise beruhigte Hermine gerade dies.

„Nein“, erwiderte sie mit fester Stimme. „Ich muss Sie nur etwas fragen. Welche Möglichkeiten haben meine Eltern, um mit mir auf Hogwarts Kontakt zu halten?“

„Ach so.“ Die Krankenschwester klang erleichtert. „Ich dachte schon… Also, pass auf: Es gibt in jeder größeren Stadt eine Unterabteilung von uns in den jeweiligen Postfilialen. Die für deine Eltern am besten Erreichbare befindet sich nur eine Viertelstunde von eurem Haus entfernt. Richte ihnen aus, dass ich gerne mit ihnen hinfahre.“

„Danke!“

„Ist sonst alles in Ordnung bei euch? Noch zwei Tage, dann beginnt der Ernst des Lebens, was?“ Mrs Port lachte und Hermine spürte, wie der enorme Druck auf ihren Schultern nachließ.

„Sie tun sich schwer, oder?“

Hermine nickte, bis ihr einfiel, dass Mrs Port es nicht sehen konnte. „Ja“, erwiderte sie leise.

„Das ist meistens so. Gerade, wenn es das einzige Kind eines Paares betrifft. Sie werden sich daran gewöhnen.“

Müssen, vollendete Hermine den Satz in Gedanken. Was bleibt ihnen auch anderes übrig?
 

„Hermine, hast du alles? Fahrkarte, Umhänge, Zauberstab?“ Mr Granger saß auf dem Sofarand, die Stirn in tiefe Falten gelegt, die Brille auf den Kopf geschoben und die lange Liste in der Hand.

„Lies noch einmal vor“, bat Hermine. Der Koffer lag aufgeklappt zu ihren Füßen, der schwarze Umhang hing zusammen mit der Uniform in einem Schutzbezug an der Tür und die Schachtel mit ihrem wichtigsten Werkzeug ruhte auf der Kommode. Hektisch glitt Hermines Blick zwischen den Dingen umher, die der Vater nannte und murmelte jedes Mal zustimmend.

„Dann vergiss nicht, dir den Wecker zu stellen, wir fahren um Punkt halb 9.“

„Schatz, wir brauchen für 15 Kilometer gewiss keine zweieinhalb Stunden“, schaltete sich Mrs Granger ein, die gerade mit einer Kanne frisch aufgebrühtem Kamillentee aus der Küche trat.

Als hätten sie die Rollen getauscht, dachte Hermine und sah von ihrem erregten Vater zur Mutter, die heute den Part des ruhenden Pols übernommen hatte.

„Man kann nie wissen“, murmelte Mr Granger. „Immerhin haben wir kein solches Wunderwerk im Auto verbaut, wie Mrs Port.“

Als Hermine wenig später den Wecker auf 7 Uhr stellte, war sie sich eines gewiss: In dieser letzten Nacht in der Muggelwelt würde sie kein Auge zutun.
 

--

Anhören könnt ihr das Kapitel hier:

https://www.youtube.com/watch?v=AmpCJ0FmE-I

Zwischen den Welten

Die roten Leuchtziffern am Backofen zeigten 7.16 Uhr an. Hermines Hände zitterten vor Aufregung. Noch eine Stunde und vierzehn Minuten, dachte sie und sah zu ihrer Mutter, die in Gedanken versunken Marmelade auf die Serviette strich und den Vater, der sich hinter der Zeitung verschanzt hatte und seit acht Minuten auf die rechte obere Ecke starrte. Angespannt hob die Elfjährige die Tasse an die Lippen, trank, verbrühte sich und setzte die Tasse so heftig ab, dass der Henkel abbrach.

„Hermine!“

„Tschuldigung!“ Sie sprang auf, wobei die Tasse endgültig umkippte und schnappte sich den Lappen.

„Lass nur, ich mach das schon“, sagte ihre Mutter. „Geh du dich lieber mal umziehen.“

Um 8.30 Uhr läutete es. Hermine sprang von der Eckbank auf und stürmte zur Haustür.

„Guten Morgeeen“, trällerte Mrs Port und schaffte es damit, Hermine ein Lächeln zu entlocken. Wie erwartet war der Schlaf in dieser Nacht alles andere als erholsam gewesen, doch statt sich müde zu fühlen war sie dermaßen aufgekratzt, wie lange nicht.

Vorbei an drei Tüten, einem Schuhkarton und dem großen Koffer bahnte sich Hermine den Weg in das Esszimmer zurück. Mrs Ports hohe Absätze klapperten laut hinter ihr auf den steinernen Fliesen.

„Morgen“, erwiderte Mrs Granger und lächelte matt. Mr Granger nickte lediglich.

„Ich bin mit dem Wagen da. Wann möchten Sie aufbrechen?“, fragte Mrs Port.

„Um 9 Uhr. Und ich fahre!“, sagte Mr Granger entschieden. Mrs Port nickte und eine unangenehme Stille entstand.

„Ich geh mal Zähne putzen“, durchbrach Hermine diese.

„Vergiss nicht, die Zahnspange einzupacken“, erinnerte Mrs Granger sie.

Noch 2 Stunden und 22 Minuten, dann sitze ich im Zug, dachte Hermine und sah auf die verhasste Zahnspange neben dem Wasserhahn. Energisch schrubbte sie an den nach wie vor viel zu langen Vorderzähnen herum und betrachtete sie mürrisch im Spiegel. Wann ich wohl ankommen werde? Und wo wird diese Zahnbürste heute Abend in der neuen Welt zum ersten Mal stehen? Haben auch Zaubererkinder Zahnspangen?
 

Mr Granger fuhr ruhiger, als Hermine erwartet hätte. Beinahe zufrieden wirkte er beim Stop and Go, beim Überholen und rückwärts Einparken. Schwungvoll hob er den Koffer aus dem Wagen und betrat den Bahnhof Kings Cross.

Hermines Herz begann angesichts des steinernen Massivs immer heftiger zu pochen. Mrs Port drängte sie in eine Ecke von Gleis 9.

„Der Durchgang ist Magiern vorbehalten. Jede Hexe und jeder Zauberer wird vom System erkannt, das gilt auch, wenn Nichtmagier körperlichen Kontakt zu einem Magier haben.“

Die Aufregung schien Hermines Gehirn zu lähmen – sie hatte kein einziges Wort der Erklärung verstanden.

„Das heißt…?“, setzte Mr Granger an und zog die Brauen zusammen.

„… Dass Sie Hermine an der Hand halten müssen.“

„Ach so!“

Mrs Port spähte in Richtung der Mauer, warf einen kurzen Blick zur Uhr und nickte.

„Jetzt ist es günstig. Folgen Sie mir. Ich nehme deinen Koffer.“

Mrs Granger holte deutlich hörbar Atem und ergriff Hermines Hand. Mr Granger stand stocksteif da und starrte die Mauer an.

„Hermine, nimm die Hand deines Vaters und dann los“, forderte Mrs Port. Seine Hand fühlte sich eiskalt an.

„Es ist gleich vorbei“, redete Mrs Port der Familie gut zu. „Bleiben Sie dicht hinter mir und dann einfach durch.“ Hermine zog ihre Eltern hinter sich her, holte tief Luft und durchschritt unbeirrt die Mauer zwischen Gleis 9 und 10. Die Hand der Mutter zuckte, doch Hermine hielt sie mit aller Kraft fest. Sie schien einen dunklen, kalten Raum zu durchschreiten, doch schon fanden ihre Augen wieder Licht. Mrs Port strahlte sie an und ging, der Familie voran, um eine Ecke.

Mr Granger stieß einen Pfiff aus und Hermine murmelte leise: „Wow!“

Eine schwarz-rote Dampflok ragte vor ihnen auf und Hermine zählte fünfundzwanzig Waggons.

„Ich hatte als Kind eine Dampflok“, erzählte Mr Granger. „Also, das Modell. Mittlerweile setzen wir sie nicht mehr ein, all unsere Lokomotiven werden elektrisch betrieben. Offensichtlich haben wir Muggel den Zauberern wenigstens im Bereich der Elektrizität etwas voraus.“ Er klang eine Spur selbstgefällig.

„Uns bleiben noch fünfundzwanzig Minuten“, sagte Mrs Port, ohne auf Mr Granger einzugehen. „Ich werde nun gehen, damit Sie einander verabschieden können.“ Sie gab Hermine die Hand, zögerte und umarmte sie schließlich. „Ich wünsche dir einen wunderbaren Start in Hogwarts. Pass auf dich auf und wenn du in den Ferien wieder kommst, melde dich, ja?“

Hermine nickte, unfähig, etwas zu erwidern. Die Krankenschwester richtete sich auf und wandte sich an ihre Eltern.

„Sie werden keine Schwierigkeiten bei der Rückkehr zum Bahnhof haben. Durch den Kontakt mit Hermine wurden sie registriert. Alles Gute.“

Hermine sah ihr nach, während aus der Ecke der Absperrung immer mehr Menschen traten. Im dichten Gedränge zwischen alten und jungen Magiern fühlte sich Hermine immer kleiner werden. War sie bislang die einzige Hexe weit und breit gewesen, so war sie nun eine von vielen. Ihr Blick glitt über eine Hexenmutter, die sich die Last ihres Babys mittels Schwebezauber erleichterte, über eine alte, gebückte Frau, deren strenge Stimme den Enkel zu Achtsamkeit und Ordnung mahnte. Hermine klammerte sich an ihre Mutter, deren Hand schweißnass war.

„Schreib uns, meine Große“, flüsterte Mrs Granger und zog sie in eine feste Umarmung. Hermine nickte, während ihr Hals eng wurde.

„Komm gut an, mach dir keine allzu großen Sorgen. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass du eine gute Schülerin wirst und Freunde findest.“

Hermines Kloß in der Kehle wurde schmerzhaft und noch ehe sie sich zusammen reißen konnte, schluchzte sie los.

„Ich werde euch so vermissen!“

Mr Granger zog eine Packung Taschentücher aus der Hosentasche, reichte seiner Frau und Hermine eines und tupfte sich selbst über die feuchten Augen. Dann lachte er. „Was für ein tränenreicher Abschied. Genau so, wie es in den Filmen immer zu sehen ist.“ Die anderen stimmten in sein Gelächter mit ein, Mrs Granger lachte und weinte gleichzeitig und drückte Hermine einen letzten Kuss auf die Stirn.

„Halt die Ohren steif und lass dich nicht unterkriegen“, sagte ihr Vater, nahm sie kurz in die Arme und rückte dann seine Brille zurecht. „Nun such dir ein Abteil. Wir warten hier auf dich.“

Er stellte ihr den schweren Koffer in den Gang. Wie soll ich dieses Monster später bloß alleine ins Schloss bringen?, dachte Hermine. Der schrille Pfiff des Schaffners erklang, die Lok stieß weißen Dampf aus und kam ins Rollen und Hermines Mutter rannte eine ganze Weile mit.

Dann fuhr der Zug in eine Kurve und Hermines Eltern waren nicht mehr zu sehen.
 

--

Anhören könnt ihr euch das Kapitel hier:

https://www.youtube.com/watch?v=epj2ny6MJpI

Im Hogwartsexpress

Eine fremde Welt! Noch waren ihr zumindest einige Dinge vertraut. Der Zug, der heftig rumpelnd schneller wurde, die Koffer, das wilde Durcheinander von Kindern im Gang.

Genauso wie in der Grundschule kurz vor Unterrichtsbeginn, wenn die Lehrer sich durch das Gedränge zu ihren Klassenräumen kämpften, um aufzuschließen.

„Brauchst du Hilfe?“ Hermine drehte sich um und sah in ein freundliches Gesicht mit Hornbrille.

„Mein Name ist Percy Weasley, ich bin Vertrauensschüler“, stellte sich der Teenager vor, als sie nicht antwortete.

Noch etwas Vertrautes! Energisch rieb sich Hermine die feuchten Augen und probierte ein Lächeln.

„Ich bin Hermine Granger.“

„Zum ersten Mal in Hogwarts?“ Unter dem wohlwollenden Blick fühlte Hermine sich auf seltsame Art aufgehoben. Sie nickte.

„Ja.“ Neugierig musterte sie den älteren Schüler. „In welchem Haus bist du? Ich habe von allen Vieren gelesen, aber Gryffindor und Ravenclaw klangen am Ansprechendsten.“

„Ich gehe nach Gryffindor. Sogar Dumbledore war dort. Aber du hast schon recht, Ravenclaw ist auch nicht schlecht. So, dann wollen wir dir mal ein Abteil suchen.“ Der Junge zückte seinen Zauberstab und murmelte: „Locomotor Koffer.“

Jetzt lachte Hermine richtig. Sie folgte Percy und spähte neugierig in die Abteile, in denen ältere und jüngere Hexen- und Zaubererkinder saßen. Manche hielten Besen in der Hand, wieder andere Zauberstäbe. Hermine war gerade stehen geblieben, um bei einer Hexerei zuzusehen, als Percy rief: „So, da wären wir.“

Bedauernd warf Hermine der Schülerin mit dem Zauberstab noch einen letzten Blick zu und ging dann zu Percy. Er schob die Abteiltür auf, steckte den Kopf durch die Tür und fragte: „Bei euch ist noch ein Platz frei, nicht wahr?“

Ohne eine Antwort abzuwarten hob Percy den Stab und der schwere Koffer schwebte sacht in das Gepäcknetz.

„Bis später dann.“

Die drei Mädchen, zwei davon konnten nur Zwillinge sein, musterten sie mit Mienen, die Hermine nicht zu deuten vermochte. Ihre Knie begannen zu zittern.

„Hallo, ich bin…“ Sie räusperte sich. „Ich bin Hermine Granger.“

Das Mädchen am Fenster lächelte. „Parvati Patil.“

„Padma Patil.“

„Lavender Brown“, murmelte das Mädchen zwischen den Schwestern.

Unsicher ließ sich Hermine direkt neben der Tür in den Sitz sinken. Lavender beachtete sie nicht weiter, griff neben sich und zeigte Parvati und Padma ein Heftchen. Einen Moment später kicherten sie. Fasziniert starrte Hermine auf das glänzende Cover, auf dem ein Paar Hand in Hand auf zwei Besen über einen Wald flog.

„Das Bild bewegt sich ja!“, rief sie und deutete begeistert auf das Heftchen. Lavender sah sie mit hochgezogenen Brauen über den Rand hinweg an.

„Kommst du aus einer Muggelfamilie?“, wollte Parvati wissen. Hermine nickte.

„Na dann...“ Lavender gähnte.

„Sieht das nicht irre aus? Der Schnitt ist etwas gewagt, aber ansonsten...“ Schon waren sie wieder vertieft. Unruhig rutschte Hermine von einer Sitzecke in die andere. Ich könnte „Eine Geschichte von Hogwarts“ weiter lesen, überlegte sie. Oder ich ziehe mich schon mal um.

Ja, das mache ich! Es erfüllte Hermine fast mit Ehrfurcht, als sie die Uniform sah. Seitdem sie sie bei Madame Malkins anprobiert hatte, war sie fest verpackt im Koffer gewesen und Hermine kam es vor, als streife sie mit ihrer Muggelkleidung gleichsam ihre Vergangenheit ab. Die Schikanen ihrer Mitschüler und die Einsamkeit. In Hogwarts würde sie Freunde finden. Wie wäre es mit Parvati? Die hatte so nett gelächelt.

„Kommst du auch in die erste Klasse, Parvati?“

„… Also ich würde nie so rumlaufen“, sagte diese gerade. Dann sah sie auf. „Wie bitte?“

„Ich meine… Also, ob ihr auch neu nach Hogwarts kommt.“

„Ja“, sagte Parvati, und deutete mit dem Finger auf eine Seite, die Hermine nicht sehen konnte.

„Und kommt ihr aus einer richtigen Zaubererfamilie? In „Eine Geschichte von Hogwarts“ habe ich gelesen, dass es vier Häuser gibt. Vielleicht komme ich ja nach Ravenclaw. Habt ihr davor schon ein Internat bewohnt? Für mich ist es das erste Mal.“ Diesmal geriet sie nicht ins Stocken, sprach jedoch mindestens in doppelter Geschwindigkeit. Padma lachte.

„So viele Fragen. Wir beide kommen aus einer Zaubererfamilie und waren auch noch nicht in einem Internat. Aber das wird schon, mach dir keine Gedanken.“ Sie stand auf.

„Ich gehe zu Madeleine, wir sehen uns später.“

Noch bevor sie den Griff der Abteiltür berührt hatte, wurde sie von einem Jungen mit verweinten Augen geöffnet.

„Habt ihr vielleicht eine Kröte gesehen?“

„Nein“, sagte Hermine und sprang voller Elan auf. „Aber ich helfe dir, sie zu finden!“

Hauptsache ich komme weg von den Beiden, schoss es ihr durch den Kopf. Stumm drückte sie sich aus dem Abteil und atmete erst auf, als sie die Tür hinter sich zugezogen hatte. Dann wandte sie sich an den Jungen. „Ich bin Hermine Granger, und du?“

Der Junge schniefte. „Neville Longbottom.“

„Am besten wir gehen in jedes Abteil und fragen nach. Wie heißt denn deine Kröte?“ Hermine zögerte, dann überwand sie sich und legte Neville behutsam den Arm um die Schultern. Er zuckte nicht vor ihr zurück, was Hermines Eifer bestärkte.

„Warte, in diesem Abteil habe ich schon...“, begann Neville, doch sie hatte die Tür bereits resolut aufgeschoben und fragte die beiden Jungen nach Trevor.

Einer von ihnen, mit einem dunklen Fleck auf der Nase, hielt eine Ratte auf dem Schoß und einen Zauberstab in der Hand.

„Du bist gerade am Zaubern? Lass mal sehen“, platzte sie begeistert heraus. Das war definitiv wesentlich interessanter, als zwei Mädchen zu beobachten, die in ein Heft vertieft waren.

„Eidotter, Gänsekraut und Sonnenschein – gelb soll diese fette Ratte sein.“ Der Junge fuchtelte heftig mit dem Stab, doch nichts geschah. Hermine ging im Kopf sämtliche Zaubersprüche durch, die bei ihr erfolgreich gewesen waren. In keinem war solch ein Wort vorgekommen. Sie klangen eher Lateinisch. Hermine fiel auf, dass der Zauberstab reichlich mitgenommen aussah und an einer Stelle sogar die inneren Fasern herauskamen.

Ob nicht intakte Zauberstäbe ähnlich gefährlich werden können, wie Stromkabel?, überlegte Hermine. Wahrscheinlich kommt er aus einer echten Zaubererfamilie und hat den Stab vererbt bekommen, so wie der aussieht. Aufgeregt erzählte sie von ihren ersten Zauberererfahrungen, den Sprüchen, ihrer Familie und der Überraschung über ihre Kräfte.

„Und wer seid ihr?“, endete sie.

„Ron Weasley“, sagte der Junge mit dem Fleck an der Nase.

„Harry Potter.“

Oh mein Gott! Vor nicht einmal drei Wochen hatte sie in sämtlichen Büchern alles über diesen Jungen gelesen und nun saß er leibhaftig vor ihr!!

Unfassbar!!!

Dabei sah er so normal aus…

Und schien keine Ahnung davon zu haben, dass er in mindestens drei Büchern stand. Mir wäre das nicht passiert, dachte Hermine. Aber ich habe ja auch keine Zaubererfamilie…

Schlagartig erinnerte sie sich an ihr Versprechen, Neville bei der Suche zu helfen. Er wirkte verloren, wie er so im Türrahmen stand und sich über die Augen fuhr.

„Ich glaube, wir sind fast da, ihr solltet euch umziehen“, riet sie den beiden zum Abschied. Dann suchten sie weiter.

Im vierten Abteil änderte sich Nevilles Miene. Seine traurigen Augen schienen mit einem Mal Funken zu sprühen: Ein massiger Junge hielt Trevor lachend kopfüber, während zwei Andere entzückt kicherten und johlten. Mit einem großen Schritt stand Hermine vor dem Jungen und nahm ihm das Tier aus der Hand.

„Seid ihr total verrückt? Was macht ihr da?“

Der blonde Junge gähnte. „Was regst du dich so auf? Mit einer Kröte aufzutauchen ist ja fast so erbärmlich, wie ein Schlammblut zu sein.“

Ein was?, überlegte sie kurz, beschloss jedoch, es zu ignorieren, gab dem strahlenden Neville seine Kröte zurück und machte sich auf den Weg zum Schaffner.

Sie musste unbedingt wissen, wann sie ankamen. Auf dem Rückweg war das Gedränge noch schlimmer geworden. Nachdem ihr zwei Schüler auf den Fuß getreten waren und sie dreimal fast umgestoßen wurde, beschloss sie entnervt, im nächstbesten Abteil zu warten, bis es ruhiger wurde. Sie schob die Tür auf und die drei Jungen, die Trevor gequält hatten, traten heraus. Ron und Harry sahen zornig aus, das Abteil sah aus, als hätte eine Schlägerei stattgefunden.

Das wäre es ja, dachte Hermine beunruhigt, wenn Harry rausgeschmissen wird, noch bevor wir ankommen. Der Boden war übersät von Süßigkeiten, es herrschte ein furchtbares Chaos. Diese Süßigkeiten sind ja interessant, sowas habe ich ja noch nie gesehen, dachte sie und sah, wie Rons Hand tastend auf dem Boden umher griff, bis er eine Ratte in der Hand hielt. Ob die drei Typen dem Tier etwas angetan haben? Jimmy war auch so einer gewesen, der Tiere quälte, wenn gerade sonst niemand zur Verfügung war…

Doch der winzige Brustkorb der Ratte hob und senkte sich und Hermine kam im selben Moment wie Ron zum Schluss, dass sie lebte. Während Harry von seiner Begegnung mit Malfoy erzählte, fühlte Hermine sich immer mehr an Jimmy erinnert. Diese Mistkerle schien es offenbar überall zu geben, doch schließlich war sie auch mit Jimmy letztendlich fertig geworden.

„Ihr habt euch doch nicht geschlagen?“, fragte sie dann doch.

„Wir haben nicht gekämpft!“, rief Ron empört und deutete auf seine Ratte. „Krätze hat gekämpft.“

Hermine musste sich ein Lächeln verkneifen. Eine Ratte namens Krätze. Sie hatte gerade Luft geholt um zu fragen, ob die Namenswahl beabsichtigt war, als Ron sie aus dem Abteil komplimentierte.

„Du hast Dreck auf deiner Nase“, fauchte sie beleidigt und ging. Der war ja vielleicht drauf.

Der Gang war ruhiger, der Zug wurde immer langsamer. Bei der Durchsage, wonach alle Gepäckstücke zum Schloss gebracht würden, stellte sich Hermine ein großes Netz voller fliegender Koffer vor. Oder wurden sie verhext und liefen auf vier kräftigen Beinchen selbständig hinter ihnen her?

„Kommst du?“ Neville stand plötzlich wieder neben ihr, den quakenden Trevor auf seiner Schulter.

„Klar!“ Sie sprang aus dem Zug und lächelte Neville an. Vielleicht werden wir ja Freunde, dachte sie hoffnungsvoll, als sie auf den dunklen Bahnhof traten.
 

--

Anhören könnt ihr das Kapitel hier:

https://www.youtube.com/watch?v=cCAYkbxLlK0



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (6)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Sanguisdeci
2017-06-11T18:17:41+00:00 11.06.2017 20:17
Bisher eine sehr schöne Geschichte. Ich bin gespannt, wie sich alles weiter entwickeln wird. Du gibst Hermine eine interessante Vorgeschichte und dein Erzählfluss ist in sich nachvollziehbar. Weiter so :)
Antwort von:  Liliputh
11.06.2017 22:41
Vielen Dank für deine Rückmeldung! Freut mich sehr, dass es dir gefällt.
Von:  Alisa126
2017-06-09T06:43:29+00:00 09.06.2017 08:43
gefällt mir sehr gut :)
Antwort von:  Liliputh
09.06.2017 10:13
Das freut mich :)
Von:  Darckniss18
2017-05-29T22:04:29+00:00 30.05.2017 00:04
Hammer geillllll
Antwort von:  Liliputh
30.05.2017 05:47
Danke schööön :)
Von:  Hermine_Weasley
2017-03-06T22:08:02+00:00 06.03.2017 23:08
Anmerkung: 5galleonen und 7 sickel als Schnäppchen zu bezeichnen ist mehr als hochgestochen...
Du musst bedenken :1 galleone kostet etwa 10 Pfund... Also wären das etwa 60 Euro ....
Antwort von:  Liliputh
07.03.2017 05:47
Aber glaubst du, die Werbung bei denen funktioniert anders als beu uns? ;)
Hier kaufen die Leute alles ernstes fertigen Milchreis für das 10-fache und lassen sich einreden, sie hätten ein Schnäppchen gemacht. Und wenn etwas bei uns teuer ist, dann sind es Medizin Bücher (für meine Ausbildung habe ich für ein Buch 80 Euro gezahlt, du verstehst ;) )
Von:  Hermine_Weasley
2017-03-06T13:05:19+00:00 06.03.2017 14:05
Hi, ich hab grade angefangen deine Story zu lesen.
An sich echt schön geschrieben, ich freu mich schon drauf wies weitergeht und werde auch gleich noch das 3te lesen. Aber ich verstehe nicht, warum Hogwarts sich als Jugendamt ausgibt... Das sorgt doch bei allen erstmal für Panik. Die könnten sich doch ganz neutral als Schule Hogwarts ausgeben und um ein Treffen bitten...
Naja
Antwort von:  Liliputh
06.03.2017 15:35
Hey, danke für deine Rückmeldung.
Gute Frage, da habe ich so gar nicht nachgedacht ^^ Es ist ja so gesehen nicht Hogwarts, sondern das Zaubereiministerium. Vielleicht sind die da nicht so taktvoll ;)
LG, Liliputh
Antwort von:  Hermine_Weasley
06.03.2017 16:28
Meinst du, das Ministerium selbst informiert die muggelgeborenen?
Antwort von:  Liliputh
07.03.2017 05:45
Klar, wer sonst?


Zurück