Slice of Life von Leto ================================================================================ Kapitel 6: Trinkspiele, die keine sind und Erpressungsmaterial -------------------------------------------------------------- „Ferien!“, rief Yuuma und warf die Arme in die Luft. „Es sind nur ein paar Tage frei“, korrigierte ihn Vector. „Ist doch egaaaaal.“ Yuuma legte sich vor Vector auf seinen Tisch. Vector hätte auch große Lust ihn auf den Tisch zu legen und ihn mal so richtig... „Hast du schon was vor?“, riss ihn Yuuma aus seinen Gedanken. „Nein.“ „Sehr gut.“ Yuuma stellte sich wieder normal hin. „Wir fahren in die Berge zu Rokujuro und du kommst mit!“ Vector hob die Augenbrauen. „Und was machen wir da?“ „Duellieren“, war die sofortige Antwort. Natürlich, was hatte er erwartet? „Und außerdem einfach mal ein paar Tage raus aus der Stadt.“ „Wer ist noch dabei?“ Bitte nicht Nasch. Bitte nicht Nasch. Bitte nicht Nasch. „Alit, Gilag“, Yuuma zählte sie an den Fingern ab, „Durbe...“ Oh nein. „...Mizael...“ Der sich wieder über den fehlenden Handyempfang beschweren würde. „...Shark...“ Überraschung! „...ich hab III und IV gefragt, aber die haben schon was vor und Tetsuo und die anderen machen auch was. Und Rio hat die Mädels wieder eingeladen, also sind es nur wir Jungs!“ Er grinste. „Kann’s kaum abwarten.“ Der Sarkasmus in seiner Stimme entging Yuuma. Vector ächzte und ließ sich auf den Boden sinken. Diese Stufen waren ja Mord. Er lüftete sein Shirt und fächelte sich Luft zu. Obwohl sie mitten im Herbst steckten, war es unnötig warm. Besonders, wenn man gerade diese fünf Millionen Stufen hochgestiegen war. Wer hatte gedacht, das sei ne gute Idee? Er brauchte ne Dusche und das sofort! Durbe sah auch etwas mitgenommen aus und die Brille rutschte ihm die ganze Zeit von der Nase. Nasch sah sowieso immer angepisst aus und Mizael war ebenfalls wütend, weil ihm Durbe das Handy abgenommen hatte. Nur Yuuma, Alit und Gilag schien das alles nichts auszumachen. „Ah, da seid ihr ja endlich!“ Vector machte sich nicht die Mühe sich umzudrehen. „Rokujuro!“ Yuuma begrüßte den alten Mann fröhlich. „Kommt doch alle rein, ich hab euer Zimmer schon vorbereitet.“ Vector hievte sich hoch. Zumindest musste er nicht wieder auf einer verdammten Luftmatratze in einem blöden Zelt schlafen. Vector sah sich um. Der alte Tempel sah jedoch nicht so aus, als würde es richtige Betten geben. Er stellte sich schon mal mental auf Nächte im Futon ein. Zumindest immer noch besser als eine Luftmatratze. Vector behielt recht. Er stellte seine Tasche auf dem Boden aus Tatami-Matten ab und betrachtete die ausgebreiteten Futons. Der Raum war nicht lang genug, dass sie in eine Reihe passten, daher waren sie in einem Quadrat angeordnet, mit einer Matte an der Seite, weil es eine ungerade Zahl war. Yuuma stürzte sich sofort auf einen in der Mitte, woraufhin sich Shark den links von ihm schnappte. Vector hatte gar keine Wahl als den rechten zu nehmen. Vector wusste nicht, ob er erleichtert oder genervt sein sollte, dass Alit den einzelnen Futon neben ihm wählte. Besser als Durbe oder Mizael war er jedoch auf alle Fälle. „Prügelt euch diesmal aber nicht“, sagte Yuuma grinsend und sah von Nasch zu Vector. Vector erwiderte nichts. Wenn er seine dreckigen Finger von Yuuma ließ, dann würde er Nasch auch nicht schlagen... vielleicht. „Was machen wir jetzt hier?“ „Duellieren! „Ich hätte lieber erstmal was zu essen.“ „Nein, duellieren ist wichtiger!“ Doch Yuumas knurrender Magen strafte seiner Worte Lügen. Er lachte. „Na gut, vielleicht doch erstmal was essen.“ Kurze Zeit später saß Vector auf dem Boden des Duell-Dojos, zumindest hatte Yuuma das so genannt, ein Onigiri in der Hand und sah Yuuma und Alit dabei zu, wie sie sich duellierten. Ein Stück entfernt taten Mizael und Durbe dasselbe und, wie Vector mitgekriegt hatte, ging es dabei um Mizaels Handy. Der Junge hatte wirklich ein Suchtproblem. Nasch lehnte an der Wand gegenüber und tat so als wäre er cool. Gilag redete mit dem alten Mann, als würden sie sich kennen. Und so verbrachten sie den ganzen Tag bis es Zeit zum Abendessen wurde. Mizael hatte sein Handy nicht zurückgewonnen, weshalb er noch angepisster als zuvor war. Vector hatte nicht erwartet, dass Durbe wirklich so ein guter Duellant war. Vector seufzte, als sich heißes Wasser auf ihn ergoss. Er hatte sich extra mit dem Essen beeilt, damit er als erster unter die Dusche konnte. Der Tag war okay gewesen. Yuuma hatte sich die ganze Zeit duelliert, da hatte er weder ihm noch Nasch besonders viel Aufmerksamkeit geschenkt. Duellieren war halt die Nummer 1 für Yuuma. Der hatte auch ein Suchtproblem. Vector strich sich über den Nacken. Mal sehen, was der restliche Abend noch bringen würde. Nicht viel, wenn er die Möglichkeiten betrachtete. Warum war er gleich wieder hier? Ach ja, derselbe Grund wie immer: Yuuma. Und er konnte Yuuma nicht mit Nasch allein lassen. Als Vector aus dem Bad kam, verlief er sich erstmal. Er hatte sich nicht darum gekümmert Licht anzumachen, weshalb er in die falsche Richtung gelaufen war und sich in einem Vorratsraum wiederfand. Nicht, dass das schlecht war. Vector grinste, als er zwei Sakeflaschen aus dem Regal nahm. Damit konnte der Abend ja doch noch lustig werden. Er stellte sie wieder zurück. Aber noch war es ein bisschen zu früh. Am Ende würde sie ihm der alte Sack wieder abnehmen, das wollte er dann doch nicht. „Schön, dass du auch mal fertig bist“, fauchte Mizael ihn an, als er zurück ins Zimmer kam. Wow, der war ja voll auf Entzug. Warum war er überhaupt mitgekommen? Bestimmt hatte Durbe rumgenölt. Er konnte sich das gut vorstellen. Vector ließ sich auf seinen Futon fallen. Yuuma hatte sein Deck auf seinem Futon ausgebreitet und schien zu überlegen, was er daran verbessern konnte, Nasch beobachtete ihn dabei und warf hin und wieder einen Vorschlag ein. Durbe las ein Buch und Alit machte Liegestützen, während Gilag Musik hörte. Vector streckte sich auf seinem Futon aus. Richtige Party-Stimmung! „Hey, lasst uns was spielen“, schlug Alit vor, nachdem jeder geduscht hatte. Vector hob den Kopf. Gut, er war kurz davor einzuschlafen, so langweilig war es. „Bin für Flaschendrehen.“ „Das ist so ein Kinderspiel“, maulte Mizael. Vector stand auf und grinste. „Dann peppen wir es eben ein bisschen auf.“ Mizael hob die Augenbrauen und auch die anderen sahen Vector jetzt interessiert an. „Bin gleich wieder da.“ Vector schlich erst in die Küche und holte Gläser, bevor er die Sakeflaschen schnappte und zurück zu den andere ging. „Alkohol?“, fragte Durbe skeptisch und rückte seine Brille zurecht. „Das ist nicht dein ernst?!“ „Jetzt stellt euch nicht so an.“ Er stellte ein Glas vor jeden. „Folgende Regeln: der, auf den die Flasche zeigt, muss das tun, was der, der die Flasche gedreht hat will. Wer sich weigert, muss trinken. Klar soweit?“ „Irgendwelche Verbote?“, fragte Alit, der als einziges begeistert aussah. „Keine.“ Nasch schnaubte und Vector konnte sich vorstellen, wie er sich ausmalte, wie er Vector sagte, dass er vom Dach springen sollte, oder sowas ähnlich. „Ich fang an!“ Alit griff nach der leeren Cola-Flasche und drehte sie mit Schwung. Sie blieb bei Nasch stehen und Alit kniff nachdenklich die Augen zusammen. „Hmmm... tausch dein Shirt mit Vector!“ Nasch verengte die Augen und presste die Lippen aufeinander. Er sah aus, als wollte er Alit jeden Moment an die Gurgel gehen. Vector konnte es ihm ausnahmsweise nicht verübeln. Wenn er den Rest des Abends in Sharks Shirt hier sitzen musste, dann würde er die ganze verdammte Flasche leeren. Ohne auch nur ein Wort zu sagen, griff Nasch nach der Sakeflasche, öffnete sie und füllte sein Glas. Er verzog keine Miene, als er es mit einem Schluck leerte. Vector war erleichtert. Er wollte nichts auf seiner Haut, was Nasch gehörte. Am Ende hätte er noch Ausschlag davon bekommen. Außerdem hätte er dann den ganzen Abend seinen Geruch in der Nase gehabt. Widerlich! Die Flasche zeigte auf Durbe. „Gib Mizael endlich sein Handy zurück.“ Oh wow, Nasch war wirklich eine Partykanone. Vector verdrehte die Augen. Wie langweilig. Durbes Blick zuckte kurz zur Sakeflasche, doch dann zog er das Handy aus der Hosentasche und hielt es mit einem Seufzen Mizael hin, der es sofort packte und seine Nachrichten prüfte. Mizaels Miene verfinsterte sich jedoch wieder, als er merkte, dass er keinen Empfang hatte. Welch Überraschung! Durbe drehte die Flasche und es war Yuuma, der als nächstes dran war. „Hm, wie wär’s, wenn du... hm... eine Minute lang still sitzt, nicht bewegen, nicht reden.“ „Und wenn du’s nicht schaffst, dann musst du zwei trinken“, fügte Vector hinzu. „Okay!“ Yuuma atmete tief durch und saß schließlich ganz still. Vector streckte die Hand aus und kitzelte seinen Fuß. Yuuma presste die Lippen aufeinander und kämpfte deutlich darum nicht loszulachen. Am Ende prustete Yuuma doch. „Das war nicht fair!“ „Niemand hat gesagt, dass es fair ist“, erwiderte Vector grinsend und füllte Yuumas Glas. Yuuma kniff die Augen zusammen, als er trank und verzog anschließend das Gesicht. „Das ist voll eklig.“ Er streckte die Zunge raus. „Noch ein Glas“, sagte Vector nur gutgelaunt. Ob er es schaffte Yuuma betrunken zu machen? Das wäre doch mal ein Erlebnis. Widerwillig trank Yuuma auch das zweite Glas und nahm dankbar die Flasche Cola an, die Durbe ihm reichte. Yuuma verlangte von Gilag, dass er auf einem Bein durch den Raum hüpfte, das sah zwar lustig aus, aber für Vectors Geschmack war es zu harmlos. Von Yuuma war aber auch nichts anderes zu erwarten. Gilag ließ Alit einen Handstand für eine Minute machen, was für Alit sowieso ein Klacks war. Vector war sich sogar sicher, dass er es gerne tat um ein bisschen anzugeben, wie trainiert er war. Damit konnte er aber gerade mal Yuuma beeindrucken, was schon schlimm genug war. Als Alit die Flasche drehte (wieder mit viel zu viel Schwung, sodass sie ewig in Bewegung blieb), blieb sie auf Vector stehen. Alit grinste und Vector hatte ein ganz mieses Gefühl. Er würde ihn umbringen, wenn er was Dummes sagte. „Du kannst es dir aussuchen, entweder du küsst Nasch oder Yuuma.“ Rest in fucking pieces, Alit. Den Teufel würde er tun und Nasch küssen. Eher würde er sich die Haut von den Lippen ziehen. Aber Yuuma? Verdammt, er wollte Yuuma küssen, aber nicht in so einer dummen Situation. Vector sah die Sakeflasche an. Er musste nur trinken und die Sache hatte sich erledigt, aber fuck, Yuuma. Allein beim Gedanken wurde ihm heiß. Er gab Yuuma einen kurzen Kuss auf die Schläfe und starrte auf den Boden. Fuck! Seine Wangen brannten. Wieso wurde er nur rot? Konnte man das irgendwie abstellen? Er wagte es nicht mal Yuuma anzusehen. Fuck! „Das zählt nicht!“, beschwerte sich Alit. „Du hast nicht gesagt wohin ich ihn küssen soll, also sei still“, fauchte Vector. „Aber...“ Vector legte einen Arm um Alit und zog ihn an sich. „Wenn du noch ein Wort sagst, vergrab ich dich auf den Friedhof draußen. Lebendig.“ „Wollte nur helfen“, murmelte Alit und grinste. Vector ließ ihn los. Er brauchte Alits „Hilfe“ nicht. Seine Hand zitterte, als er sie nach der Flasche ausstreckte und er ballte sie kurz zur Faust. Was Yuuma jetzt wohl dachte? Er traute sich immer noch nicht ihn anzusehen und war froh, als er dadurch abgelenkt wurde, dass die Flasche auf Mizael zeigte. Vector wusste schon, was Mizaels Aufgabe sein würde. „Lies uns die versauteste Nachricht vor, die du an Kaito geschickt hast.“ Mizael erdolchte ihn mit seinem Blick, dann griff er zur Flasche, füllte sein Glas und trank es. Schade. Das wäre doch mal interessant gewesen. Wobei da bestimmt irgendwas von Drachen gestanden hätte und das wollte er dann doch nicht wissen. Verdammt, warum hatte er jetzt daran gedacht? Bilder in seinem Kopf. Das Grinsen auf Mizaels Lippen verhieß nichts Gutes, das wusste Vector, als die Flasche bei ihm stehen blieb. „Zieh dich aus und geh nackt über den Friedhof.“ Oh, wenn’s weiter nichts war. „Sag doch einfach, wenn du mich nackt sehen willst““, sagte Vector grinsend und warf Mizael seine Shorts ins Gesicht. Mizael machte ein angewidertes Gesicht und benahm sich, als wären die Shorts giftig. „Darf ich Schuhe anziehen?“ „Nein“, fauchte Mizael. Sie folgten Vector nach draußen. Scheiße, war das kalt. Vector ging an den ersten Gräbern vorbei. „Wie weit?“ „Bis zum Ende.“ Na ganz toll, wie groß war dieser Scheiß Friedhof? Im Sommer wäre das sicher angenehmer gewesen. Vector schlang seine Arme um sich und klapperte mit den Zähnen. Damit musste er wieder aufhören, wenn er zurück war. Er konnte vor den anderen keine Schwäche zeigen. „Na Vector, kalt?“, fragte Nasch grinsend, als er zurückkam. Vector legte ihm die Hand auf die Schulter und beugte sich zu seinem Ohr. „Immer noch größer als deiner.“ Nasch knirschte mit den Zähnen und Vector grinste. Nasch zu ärgern machte so viel Spaß. Mehr freute er sich jetzt aber auf seine Klamotten und Wärme. Vector strich sich über die Arme. Wieso war ihm immer noch so kalt? Jemand legte ihm eine Decke über die Schultern und Vector sah überrascht auf. Yuuma lächelte ihn an. „Damit dir schneller wieder warm wird.“ „Danke“, murmelte Vector. Sah so aus, als hätte sich Yuuma nichts beim Kuss gedacht. Irgendwie auch keine Überraschung. Wobei es ja auch kein richtiger Kuss gewesen war. Verdammt, er hätte ihn richtig küssen sollen, das wäre wahrscheinlich die einzige Chance in seinem ganzen Leben gewesen. Er ärgerte sich über sich selbst. „Du bist dran, Vector.“ „Jaja.“ Vector drehte die Flasche eher lustlos. Sie blieb bei Gilag stehen. Er würde Gilag noch ein bisschen ärgern, dann hatte er nicht mehr viel Lust auf das Spiel. Er hätte den Alkohol besser mit einbinden sollen. Zu spät. „Erzähl uns deine verdorbenste Fantasie mit diesem Idol, auf das du stehst.“ Zu sehen wie Gilag hochrot anlief, war herrlich. Er stammelte wie verrückt und schien komplett vergessen zu haben, dass er auch die Option hatte zu trinken. Jetzt war Vector gespannt. „Also ähm... äh... also... Händchenhalten“, sagte Gilag schnell und Vector hätte am liebsten seinen Kopf gegen die Wand geschlagen. „Und k-k-kü... küssen.“ Das war’s? Wirklich? War das sein ernst? Vector ließ sich rückwärts auf den Futon fallen. Er kam sich vor wie im falschen Film. Er brauchte einen neuen „Freundeskreis“. Dringend! „Ist alles in Ordnung, Shingetsu?“ „Ja“, seufzte Vector, „alles ist absolut fabelhaft.“ Irgendwo schlug eine Uhr Mitternacht. „Wollen wir eine Mutprobe auf dem Friedhof machen?“, fragte Yuuma begeistert in die Runde. Mizaels skeptisches „Mutprobe?“ ging in Alits freudigem „Ja!“ unter. Manchmal passten die beiden wirklich gut zusammen. Kurz darauf standen sie wieder draußen und zogen Papierfetzen aus Alits Hand. Da sie eine ungerade Zahl waren, würde einer leer ausgehen und in diesem Fall war Vector der Glückliche. Störte ihn nicht, erstens war er sowieso schon allein über den Friedhof gewandert und zweitens hatte er so wenigstens Zeit die anderen ein bisschen zu erschrecken. Besonders das Team Gilag und Yuuma war dafür sehr anfällig. Und er konnte damit leben, dass er nicht mit Yuuma ein Pärchen bildete, immerhin war Nasch mit Alit gestraft. „Lass uns das hinter uns bringen“, murrte Mizael. „Es ist kalt.“ Er packte Durbe am Arm und zog ihn mit sich. „Ich geh aufs Klo“, erklärte Vector, ging Richtung Tempel, bog vorher jedoch ab. So eine Mutprobe war doch nicht spannend, wenn nichts passierte. Er grinste. Mal sehen, ob er die beiden erschrecken konnte. Vector schlich zwischen den Gräbern hindurch auf der Suche nach Mizael und Durbe. Wie schnell gingen die zwei? Bestimmt zog Mizael Durbe die ganze Strecke, damit sie schnell durch waren. Fast wäre Vector an ihnen vorbeigegangen. Er duckte sich hinter einen Grabstein und lugte darüber hervor. Mizael hatte Durbe gegen eine Statue gedrückt und hielt ihn an seinem lächerlichen Hipster-Schal fest. Oho, was war denn das? Reichte Kaito allein etwa nicht? Und was war mit Nasch? Hatte Durbe etwa eingesehen, dass er ihm noch so lange nachlaufen konnte und doch keine Chance hatte? Vector grinste. Mizael zog Durbe an seinem Schal zu sich und küsste ihn. Das war ja interessant. Vector zog sein Handy aus der Jackentasche. Hoffentlich reichte das Licht. Er fotografierte über den Grabstein hinweg. Das Foto war zwar etwas verschwommen, aber man konnte trotzdem erkennen, was vor sich ging. Es war nie schlecht für Erpressung vorbereitet zu sein. Und da hatte Vector gedacht auf einem Friedhof rummachen war nur etwas auf das er stand. Wobei der Friedhof eher ein Massengrab unter einer Ruine war und rummachen auch eher ziemlich heißer Tentakelsex. Hm, manchmal vermisste er Black Mist. Vector gluckste. „Hast du das gehört?“, fragte Durbe. Die Beiden lauschten und Vector verhielt sich still. „Wir sollten zurückgehen, sonst wird’s auffällig.“ Vector blieb hinter dem Grabstein sitzen. Er hoffte, das Yuuma und Gilag die nächsten waren, auch wenn er nichts dagegen hätte, hinter Alit aufzutauchen und seine Drohung von vorher wahrzumachen. Aber Nasch war bei ihm und der würde ihm wahrscheinlich eine reinhauen. Vector seufzte. Wo blieben sie denn? Er sah wieder über den Grabstein auf den leeren Weg. Oder hatten es sich die beiden anders überlegt? Wohl kaum, immerhin war es Yuumas Vorschlag gewesen. Er wollte sich gerade wieder hinsetzen, als er Gilags Stimme hörte: „Das ist nur ein Friedhof. Hier ist gar nichts.“ Er schien sich selbst gut zuzureden. Vector schlich sich näher und schaffte es nur schwer ein Kichern zu unterdrücken. Plötzlich blieb Gilag stehen, seine Augen hatten sich panisch geweitet. „Hast du das gehört?“ „Das war bestimmt nur eine Eule“, erklärte Yuuma und tätschelte seinen Arm. „Hier ist nichts.“ Vector grinste. Er hielt sich hinter der Statue versteckt an der Durbe und Mizael rumgemacht hatten. „Bist du sicher?“ Gilag sah sich nervös um. „Das waren doch Schritte, ich hab’s genau gehört!“ „Das hast du dir nur eingebildet.“ Als sie auf der Höhe der Statue waren, sprang Vector mit einem einfach „Buh“ aus seinem Versteck. Mehr brauchte es nicht um die beiden zu erschrecken. Sowohl Yuuma als auch Gilag schrien auf, doch während Yuuma nur überrascht auf seinen Hintern fiel, schlug Gilag zu und traf Vector mitten ins Gesicht. Vector fiel zu Boden und hielt sich die Nase, während er lauthals fluchte. So war das nicht geplant gewesen. „Shingetsu!“ „Vector?“ Yuuma kniete neben ihm. „Was machst du denn?“ Vector fühlte sich so benommen, dass er noch nicht einmal antworten konnte. Fuck, es fühlte sich an als hätte ihm der Schlag den Nasenrücken ins Gehirn geschoben. „Erschreck uns doch nicht so! Oh man, wie das blutet. Kannst du stehen?“ Yuuma half ihm auf die Beine und der Friedhof begann sich um Vector zu drehen. Er krallte sich an Yuuma fest. „Gilag, hilf mal.“ Gilag legte einen Arm um Vector und hielt ihn auf den Beinen. „Das tut mir voll Leid, aber ich dachte, du wärst ein Zombie.“ Vector murrte nur. Ihm war schwindelig und schlecht. Er würde nie wieder Gilag erschrecken. Außer er hatte fünfzig Meter Sicherheitsabstand. „Was ist passiert?“, fragte Durbe, als sie zurückkamen und sein Blick auf den blutverschmierten Vector fiel. „Er hat uns erschreckt“, murmelte Gilag und schien sich wirklich schuldig zu fühlen seinem Gesichtsausdruck nach. „Und Gilag hat zugeschlagen“, vervollständigte Yuuma. Nasch begann zu lachen und auch Mizael grinste breit. „Das ist nicht lustig!“ Naschs Lachen verstarb, doch das Grinsen blieb. Mizaels Grinsen war nur noch breiter geworden. „Steht dir.“ Vector zog eine Grimasse, war aber nicht in der Lage etwas zu erwidern. Sie brachten ihn nach drinnen und Yuuma drückte ihm ein Taschentuch gegen die Nase, damit er nicht alles vollblutete. „Sie scheint nicht gebrochen zu sein“, erklärte er. „Tut es sehr weh?“ Vector nickte. „Ich frag Rokujuro ob er eine Schmerztablette hat.“ Kaum hatte Yuuma den Raum verlassen, begannen Nasch und Mizael schallend zu lachen. Vector warf ihnen einen bösen Blick zu. Er hasste die beiden. Er griff nach der Sakeflasche und trank einige Schlucke daraus. Zumindest Mizael würde das Lachen gleich vergehen. Vector zog sein Handy aus der Tasche und winkte Mizael zu sich. „Ich komm dir nicht zu nahe. Am Ende spuckst du mich an und ich fang mir irgendeine Krankheit ein.“ Vector verdrehte die Augen, öffnete seine Fotos und hielt das Handy in Mizaels Richtung. Neugierig kam er schließlich doch näher. Wut zeichnete sich in seinem Gesicht ab und er wollte nach dem Handy greifen, doch Vector schob es zurück in seine Tasche. „Du Bastard“, zischte Mizael. Vector grinste ihn an. Das blutverschmierte Gesicht ließ es nicht weniger Psycho wirken. „Schön brav oder ich schick es an Kaito“, flüsterte er. Mizael drehte sich auf dem Absatz um und stapfte aus dem Raum, dabei rannte er fast Yuuma über den Haufen. „Was ist denn mit dem los?“ Vector zuckte nur mit den Schultern und nahm die Tablette und das Glas, das Yuuma ihm reichte. So schlimm tat es nicht mehr weh, doch er schluckte die Tablette trotzdem. Kurz darauf lagen sie alle im Dunkeln in ihren Futons und versuchten zu schlafen. Vector starrte jedoch nur an die Decke, seine Nase pochte dumpf. Das war nicht unbedingt ein glorreicher Abschluss gewesen, aber zumindest hatte sich Yuuma um ihn gekümmert und er hatte Mizael anpissen können. Und er hatte Yuuma geküsst. Er berührte seine Lippen. Irgendwie zumindest. „Shingetsu?“ Vector drehte sich zur Seite um Yuuma ansehen zu können. „Wie geht’s deiner Nase?“ „Besser“, erwiderte Vector ebenfalls flüstern. „Das freut mich.“ In der Dunkelheit konnte er Yuumas Lächeln nur erahnen. „Das war ein aufregender Tag, nicht wahr?“ Doch bevor Vector antworten konnte, kam ein aggressives „Sh!“ von Mizael. Yuuma kicherte. „Gute Nacht.“ „Nacht.“ Sein Herz schlug so schnell, das Vector dachte, gleich würde ihm wieder Blut aus der Nase spritzen. Und kam es ihm nur so vor, oder war Yuuma wirklich ein Stück näher gerutscht? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)