Annin von LiraJacobs (Die Wächterin des magischen Ofens) ================================================================================ Kapitel 3: Der Handel --------------------- Kaum hatte Annin das große Tor wieder einmal passiert, wusste sie nicht genau wohin sie gehen sollte. Abermals dem Pfad folgen und nach Süden gehen? Schließlich war sie dort fündig geworden und es sprach nichts dagegen es noch einmal in dieser Richtung zu versuchen. Motiviert ging die Amazone los. Einige Wochen vergingen und Annin hatte immer noch kein Material gefunden, das den extremen Bedingungen standhalten würde. Also entschied sie sich den nördlichen Teil der Erde zu inspizieren. Es wurde immer kälter und Annin fröstelte es nach einiger Zeit. Das war bei ihrer leichten Kleidung und der Tatsache, das sie normalerweise starker Hitze ausgesetzt war, kaum verwunderlich. Fast schon aufgebend entdeckte sie ein wenig Qualm, eine dünne Rauchsäule, welche auf ein Haus hindeutete. Automatisch begab sich die Amazone darauf zu, in der Hoffnung, das es ein Wink des Schicksals war. Schließlich kam sie an jenem Haus an. Der Großteil davon war in einen riesigen Baumstamm eingearbeitet. Ein kleinerer Teil sah aus, wie eine spärliche Hütte. Plötzlich hörte sie ein Summen in ihrer Nähe. Neugierig inspizierte sie die Gegend und merkte, das dieses Geräusch hinter dem Haus seinen Ursprung hatte. Annin entdeckte dort mehrere Kästen, drum herum schwebten Insekten, Bienen um genau zu sein. „Bienen bei solch kalten Bedingungen?“, fragte sie sich selbst. „Weg da!“, kam es plötzlich von hinten und Annin sprang zur Seite. Nun bildeten die Kästen mit den Bienen, die neu aufgetauchte Person und sie selbst quasi ein Dreieck zu einander. Die Wächterin sah einen eingeschüchterten, recht jungen Mann, der sie mit einem kleinen Messer bedrohte. Also nichts wovor man als erfahrener Kämpfer Angst haben musste. „Eine sehr reizende Begrüßung.“, mäkelte die Schwarzhaarige. „Müssen Sie gerade sagen! Was wollen Sie? Verschwinden Sie gefälligst.“, kam es ebenfalls unhöflich von dem jungen Kerl. „Happo! So begrüßt man niemanden!“, erklang nun eine weitere Stimme und kurz darauf sah man ein junges Mädchen um die Ecke treten. „Aber die da will unseren Honig stehlen!“ „Woher willst Du das wissen? Hat sie das etwa behauptet?“ „Nein, natürlich nicht. Aber -“ „Siehst Du! Also sei still!“ Annin kam sich gerade etwas überflüssig vor und wollte schon gehen, da wurde sie von der jungen Frau angesprochen. „Entschuldigen Sie bitte. Aber mein Bruder wird recht schnell aufbrausend.“, sprach das Mädchen und der Junge, welcher wohl Happo hieß stieß ein 'He' aus, was aber allgemein ignoriert wurde. „Ich würde Sie gerne als Entschädigung in unser Haus und auf eine Tasse Tee einladen.“ „Sag mal hast Du sie noch alle beisammen, Yatsu?“, rief Happo sauer, was allerdings niemanden interessierte. Er wurde einfach weiterhin wie Luft behandelt. Annin wusste erst nicht so recht was sie davon halten sollte, entschied dann allerdings, das ein heißes Getränk jetzt genau richtig wäre und folgte der Einladung von Yatsu. Man ging nach einander ins Haus, welches gerade mal aus drei Zimmern bestand. Einer Küche aus welchem wärme und der Geruch von Essen kam, anscheinend einem Schlafzimmer und eben dem Zimmer, in welchem sie standen. Es wurde wohl als Ess- und Wohnzimmer genutzt. Zumindest ließ der runde Holztisch stark darauf schließen. „Setzen Sie sich doch, ich hole eine Tasse mit Tee“, meinte Yatsu höflich, während Happo die Unbekannte nicht aus den Augen ließ. Annin ging auch dieser Einladung nach und wartete stillschweigend auf den angekündigten Tee. Yatsu stellte das angebotene Getränk auf den Tisch und setzte sich Annin gegenüber. Die Amazone wurde regelrecht mit den hellbraunen Augen der Jüngeren neugierig durchlöchert. „Und was wollen Sie nun hier?“, meldete sich Happo harsch. „Happo! Lass das! Sie ist unser Gast!“, funkte Yatsu mit einem strengen Blick dazwischen. Abermals kam sich Annin überflüssig vor, schwieg und wollte einen Schluck von dem Tee nehmen, da wurde sie von dem jungen Mädchen aufgehalten. „Moment, da fehlt noch Honig.“, sprang Yatsu auf und hielt der Älteren lächelnd einen kleinen Topf hin. „Jetzt reicht es!“, rief Happo wütend und entriss seiner Schwester das Objekt. „Diesen Honig haben wir mit viel Mühe selbst gemacht. Er ist das einzig wertvolle in diesem Haus! Das einzige was wir zum tauschen nehmen können!“ „Dummkopf.“, meldete sich dann auf einmal die Wächterin des magischen Feuers zu Wort. „Wie bitte?“, schrie Happo. „Ich sagte: Dummkopf. Du hast gerade verraten, was das einzige hier ist, was sich lohnt zu stehlen.“, sagte Annin ungerührt. Der junge Mann bemerkte seinen Fehler, wollte sich aber scheinbar nicht beruhigen und direkt weiter zetern. Allerdings ging seine Schwester dazwischen. Sie sagte, das diese Frau ein Gast sei und das man Gäste nicht anschrie, sondern Tee mit Honig anbieten müsste, wie es die Eltern ihnen hatten beigebracht. Nach der Standpauke setzte sich Happo mürrisch neben Yatsu, welche dann wieder das Wort an Annin richtete: „Nochmals Entschuldigung. Nun.“, Yatsu musste einen Moment überlegen, „Mein Name ist Yatsu, ich bin 17 Jahre alt und das ist mein Zwillingsbruder Happo, demnach auch 17 Jahre alt. Wir leben hier Draußen ziemlich einsam, weswegen wir wenige Besucher haben und mein Bruder deswegen sehr misstrauisch ist.“, erläuterte das Mädchen und erwartete scheinbar eine ähnliche Art der Vorstellung von Annin. Diese empfand das Verhalten, besonders die Sprechweise, des Mädchens für ihr Alter recht kindlich. „Mein Name ist Annin und meine Suche führte mich in diese Region.“, mehr mussten diese Kinder nicht wissen, jedoch wurde Yatsu durch die Antwort nur noch neugieriger. „Und was genau suchen Sie? Vielleicht können wir Ihnen ja helfen.“ „Das glaube ich kaum.“ „Das wissen Sie erst, wenn Sie es versucht haben.“ 'Da hat sie allerdings recht.', musste Annin sich eingestehen und schwieg noch einen Moment bevor sie einen Beutel aus ihrem Umhang herbeizauberte. Happo war skeptisch und machte einen erneut feindlichen Eindruck, blieb allerdings ruhig, bis Annin langsam ein paar der Eierschalen herausholte. „Ich suche etwas, womit ich diese Kacheln in einem Ofen befestigen kann.“, erklärte sie, erwartete allerdings keinerlei Lösung für dieses Problem. „Würde Honig funktionieren?“, kam es interessiert von Yatsu. Sie schien diese Kacheln gerne mal näher anzuschauen, jedoch machte der weibliche Gast nicht den Eindruck, als würde er das gutheißen. „Honig?“, fragte Annin skeptisch. „Ja, Honig. Ich meine unseren Honig, denn er ist etwas ganz Besonderes. Normalerweise schmilzt Honig in heißem Wasser oder wird bei Wärme sehr flüssig. Bei dem Honig der Winterbienen ist das allerdings ein bisschen anders, er wird klebriger, je heißer das Wasser ist.“, erklärte das junge Mädchen sehr erfreut darüber eine Hilfe sein zu können. „Wirklich?“, es war eine Überlegung wert. „Dann will ich es in Eurem Ofen testen.“, entschied Annin. „Ach ja? Und wenn wir das nicht wollen?“, fragte Happo sauer, denn er fühlte sich übergangen. „Natürlich wollen wir.“, antwortete Yatsu direkt, da sie es spannend fand und schaute ihren Bruder mit einem sehr bettelnden Blick an. Doch dieser ließ sich davon nicht beirren und stänkerte direkt wieder herum. „Nein!“ „Warum nicht?“ „Weil wir den Honig brauchen um ihn gegen andere Dinge eintauschen zu können!“ „Wir kommen auch ohne Honig klar!“ „Achja? Wer hat sich bitte letztens noch beschwert, das wir nichts Gescheites auf den Tisch bekommen?“ „Das liegt nur daran, dass Du zu feige zum jagen bist!“ „Ich bin nicht feige! Außerdem wenn ich was erlegen würde, würdest Du das Essen durch Deine miesen Kochkünste verderben!“ „Trotzdem isst Du immer alles auf!“ „Habe ich denn eine andere Wahl?“ „RUHE!“, Annin war aufgestanden und stemmte erbost ihre Hände auf den Tisch. Dieses Gezanke war ihr mittlerweile einfach zu sehr auf die Nerven gegangen. „Das ist ja nicht auszuhalten.“, seufzte die Amazone und sprach mit ruhigerer Stimme weiter: „Ich schlage Euch einen Tausch vor. Ihr lasst mich den Honig in Eurem Ofen testen und ich bringe Euch das Kochen und Kämpfen bei. Was sagt ihr?“ Zwei überraschte Augenpaare starrten erst Annin und dann einander an. Der Vorschlag war durchaus gut, das musste sogar der Junge Mann, wenn auch mürrisch, zugeben. Die Ältere wurde daraufhin in die Küche geführt. Die Zwillinge löschten das Feuer im Ofen, entsorgten das verkohlte Holz und reinigten die Innenwände, welche schließlich mit ein paar Kacheln, wie auch Honig versehen wurden. Happo holte direkt Holz herbei und wollte es in den Ofen legen und entzünden. Annin hielt ihn allerdings davon ab, da sie etwas Holz von einem der ewigen Bäume, für genau solch einen Moment, dabei hatte, wie auch das gläserne Gefäß in welchem es möglich war, das magische Feuer zu transportieren. Interessiert strich sich Yatsu ihre dunkelbraunen, fast schwarzen Haare hinters Ohr um besser auf das Objekt schauen zu können, welches Annin in der Hand hielt. „Ist das nicht heiß in der Hand?“ „Wie?“ „Das Glas.“ „Oh. Aso. Nein, es ist verzaubertes Glas, es wird nicht heiß.“ „Wirklich nicht?“ Annin hielt dem neugierigen Mädchen das Gefäß hin und ermutigte sie es zu öffnen und die kleine Flamme, welche darin brannte in den Ofen zu kippen. Ihr Bruder hatte ebenfalls hingeschaut, tat aber so, als würde er sich um das Geschehen nicht scheren. Eine starke Wärme breitete sich von dem Ofen aus, welche die wenigen Zimmer, binnen kürzester Zeit, auf eine angenehme Temperatur brachte. „Und wie lange müssen wir nun warten?“, fragte der junge Kerl dann schließlich. Ob es nun der Drang war, dass die Fremde Person endlich verschwand oder ob er motiviert war das Kämpfen zu erlernen konnte man durch seine andauernde, mürrische Stimmung nicht ganz durchschauen. 'Das ist das erste Mal das sich ein Material vielversprechend anhört, ich sollte etwas mehr Zeit einplanen.', dachte sich Annin und beantwortete dann die Frage des Jungen: „Etwa sechs Monate. Vielleicht auch etwas länger.“, je nachdem wie sich der Honig machte, außerdem hatte Annin den beiden ja einen Handel vorgeschlagen, der nicht innerhalb von ein paar Stunden erledigt war. „Sechs Monate?“, kam es von den Zwillingen wie aus einem Mund. Das hatten sie jetzt scheinbar nicht erwartet. Sie schauten einander an und dann wieder zu Annin. „Das ist doch keine Zeit. Normalerweise wäre es meine Pflicht es mindestens für ein Jahrzehnt zu testen.“, und selbst das war nur ein Wimpernschlag, wenn man bedachte das der Ofen – wenn es gut lief - für die Ewigkeit halten sollte. In dem darauffolgenden halben Jahr lernten die beiden jungen Leute allerlei Dinge. Dazu gehörte ebenfalls lesen und schreiben. Annin unterrichtete Yatsu nicht nur in der Kunst des Kochens, sondern half ihr auch dabei richtig zu nähen. Happo zeigte die erfahrene Kämpferin wie man ein Tier ordentlich jagte. Mehr und mehr fragte sich die Schwarzhaarige, wie die Kinder es geschafft hatten solange zu überleben. Die Antwort war recht simpel. Das einzige was sie hatten wirklich gelernt, war, wie man diesen vorzüglichen Honig herstellte und diesen hatten sie immer wieder für Dinge eingetauscht, welche sie gerade am dringendsten brauchten, wie Fleisch, Salz oder Mehl. Scheinbar waren die Zwillinge die einzigen Personen über Meilen hinweg, die mit den Winterbienen zurecht kamen. Schließlich war es Zeit die kleine Version eines magischen Ofens zu inspizieren. Mittlerweile waren alle drei gespannt, was nun aus der Innenkonstruktion geworden war. Annin holte das angekokelte Holz heraus und durfte feststellen, das alle Platten noch dort waren, wo sie vor sechs Monaten angeklebt wurden. Ein sehr gutes Ergebnis. „Ich werde viel Honig benötigen, als Gegenleistung erhaltet ihr von mir das, was ihr weder in dieser Gegend, noch in der Stadt bekommen könnt. Schreibt mir einfach eine Liste mit Euren Wünschen. Soweit ihr es mir erlaubt, werde ich einmal im Jahr all Euren Honig mit mir nehmen.“, schlug Annin dem Zwillingspaar vor. Yatsu nickte und machte sich schon Gedanken darüber, was sie gerne haben wollte. Happo, der sonst immer den Honig wie einen Schatz verteidigte, schien irgendwie anders zu sein als sonst. Allgemein hatte sich seine Stimmung gegenüber Annin in den letzten Wochen stark verändert. Er schien sogar traurig zu sein, das die Ältere gehen musste, woraufhin Annin meinte: „Morgen werde ich abreisen, bis dahin habt ihr Zeit Euch zu überlegen, was ich Euch das nächste Mal mitbringen soll, allerdings sollte es nur ein Wunsch pro Kopf sein.“, somit hatten die Zwillinge einen ganzen Tag und eventuell auch eine Nacht Zeit sich etwas zu überlegen. Am nächsten Morgen wachten Annin und Yatsu sehr früh auf. Die beiden Frauen hatten die sechs Monate in dem Schlafzimmer geschlafen, während Happo sich ein Bett aus Decken im Wohnbereich hatte zurecht gelegt. Doch in der letzten Nacht war er wohl auf einem Stuhl eingeschlafen über einem zusammen gefalteten Zettel. Yatsu hatte sofort gewusst, was sie sich von Annin wünschte, ihr Bruder wohl nicht. Man legte eine Decke über den Schlafenden und ging hinaus in die eisige Morgenluft um alles für den ersten Abtransport vorzubereiten. Als alles soweit fertig war holte Yatsu den gefalteten Wunschzettel, ohne ihren Bruder zu wecken und gab ihn Annin, welche sich von der Jüngeren verabschiedete und sich auf den Weg zurück zum Berg der fünf Elemente machte. Etwa zwei Stunden später wachte Happo auf und war ziemlich sauer, das er die Abreise von Annin hatte verpasst. „Wieso hast Du mich nicht geweckt, verdammt?“ „Hielt ich nicht für nötig.“ „Habe ich gemerkt, verdammter Mist!“ „Hör auf zu fluchen Happo, Du siehst Deine Annin ja wieder...“, meinte Yatsu dann ungerührt, während sie die Suppe auf dem Herd beobachtete. „Was meinst Du denn bitte damit?“, keifte Happo seine Schwester an, welche darauf nur mit einem süßlichen Kichern reagierte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)