Erwachen von BloodyRubin (Nichts ist, wie es scheint) ================================================================================ Kapitel 2: Wenn die Nacht hereinbricht -------------------------------------- Kenjiro öffnete die Augen. Sofort wurde ihm klar, dass etwas überhaupt nicht stimmte. Er befand sich in einem fensterlosen Raum auf einer einfachen Liege. Neben ihm saß der seltsame Junge und blickte auf ihn herunter. „Ashiba-kun...wie geht es dir?“ Es war das erste Mal, dass der Braunhaarige den anderen sprechen hörte. „Wo...wo bin ich? Und wer bist du?“ „Du erinnerst dich wohl wirklich nicht. Mein Name ist Shin.“ „Shin...“ wiederholte Kenjiro langsam. Er war so überrascht, dass er sich nun mit dem Schwarzhaarigen unterhalten konnte, dass ihm gar nicht auffiel, dass dieser seine erste Frage nicht beantwortet hatte.“Hör mir zu, Ashiba-kun. Du musst dich von deinen Wahnvorstellungen lösen, ehe es zu spät ist.“ „Was? Was für Wahnvorstellungen? Wovon redest du?“ „Ich spreche von...“ Weiter kam Shin nicht, denn Kenjiro hatte in der Ecke einen vertrauten Umriss gesehen und war aufgesprungen. „Izuya. Bin ich froh, dich zu sehen.“ Ohne zu zögern, ging er auf seinen besten Freund zu, der mit dem Rücken an der Wand hockte und seine Arme um die Beine geschlungen hatte. Sein Gesicht hatte er auf den Armen abgelegt, wodurch es aussah, als würde er lautlos weinen. „Izuya?“ begann Kenjiro erneut, diesmal etwas unsicher. „Was ist passiert?“ Besorgt streckte er die Hand aus, um Izuya an der Schulter zu packen. „Nein! Das darfst du nicht tun!“ Doch die Warnung kam zu spät. Kaum hatten die Fingerspitzen des Braunhaarigen den anderen erreicht, flog dessen Kopf nach oben. Was Kenjiro sah, ließ ihn zusammenfahren. Izuyas Augen fehlten. Wo sie gewesen waren, klafften zwei hässliche Löcher. Des Weiteren begann der Junge, wie verrückt um sich zu schlagen und schrie laut los. „Nicht meine Augen, bitte nicht meine Augen...Ich flehe euch an...ich tue alles...Alles..." Wie erstarrt stand der Braunhaarige da. Sein Herz raste und in seinem Kopf herrschte wildes Chaos. Wie hypnotisiert hing sein Blick an den dunklen Löchern in Izuyas Gesicht. Immer mehr schien er in diese Finsternis hineingezogen zu werden, während Shin hinter ihm seinen Namen rief. Kenjiro konnte sich nicht zu dem Schwarzhaarigen umdrehen. Ihm war, als würde er fallen, immer und immer tiefer. Panisch kniff er die Augen zusammen und erwartete, entweder im nächsten Moment irgendwo aufzuschlagen oder einfach immer weiter zu fallen. Stattdessen passierte etwas anderes. Kenjiros Fall stoppte so plötzlich, wie er begonnen hatte und er blieb mitten in der Luft hängen. Bevor er sich an die neue Situation gewöhnen konnte, tauchte wenige Meter von ihm entfernt ein einzelner Stuhl auf. Darauf saß Izuya, an Händen und Füßen gefesselt und blickte mit einer Mischung aus Trotz und Angst in die Gegend. Er sah völlig anders aus, als der Braunhaarige ihn kannte. Er war jünger, vielleicht dreizehn oder vierzehn. Außerdem war er schlanker, fast schon ausgemergelt. Kenjiro erkannte ihn nur an der Brille, die sein bester Freund normalerweise trug und die jetzt auf einem Rolltisch neben dem Stuhl lag. Auch ein Koffer aus Aluminium befand sich auf dem Tisch. „Macht mich los, ihr elenden Dreckssäcke.“ rief Izuya plötzlich und zerrte an seinen Fesseln. Ein hämisches, leises Lachen antwortete. „Aber, aber. Wir haben doch noch gar nicht angefangen.“ Zwei Männer traten aus den Schatten. Vom Aussehen her waren sie vollkommen gleich. Weiße, lange Kittel, grüne Haarnetze und Mundschutze sowie Handschuhe, die bis über die Handgelenke gingen. „Was habt ihr vor?“ Izuyas Stimme war immer noch wütend. Nur ein winziges Zittern schwang darin. „Nun, wir werden ein wenig Spaß mit dir haben. Nicht wahr, Bruder?“ „Richtig.“ bestätigte der größere der beiden Männer. „Und weil es dein Geburtstag ist, darfst du dir aussuchen, was wir machen wollen.“ „Mal sehen...“ Der kleinere Mann trat an Izuya heran, packte ihn an den Haaren und bog seinen Kopf hin und her. „Nimm deine Finger weg, verdammt.“ „Mir gefällt sein Blick nicht.“ Das Gesicht des Mannes hellte sich auf, als er sich bittend an seinen Bruder wandte. „Darf ich seine Augen haben?“ „Natürlich. Alles, was du möchtest. Gut, dann halte seinen Kopf fest. Wir wollen anfangen.“ Der Mann tat wie geheißen und sein Bruder schritt an den Rolltisch, wo er seine Finger über den silbrigen Aluminiumkoffer gleiten ließ. Dann öffnete er ihn und Kenjiros Blut wurde zu Eis, als er das Skalpell in der Hand des Mannes bemerkte. Izuya wurde unruhig und versuchte, seinen Kopf zu befreien. Ohne Erfolg. Der Griff, der ihn gepackt hielt, war wie ein Schraubstock. Als der größere der beiden nahe genug an Izuya herangetreten war, strich er sanft über sein Gesicht, ehe er die Klinge hob. Mit einem Ruck stieß er zu. Mit einem widerlichen Schmatzen drang die Spitze in die Pupille und Izuya begann, grauenhaft zu schreien. Eine geleeartige Flüssigkeit floss aus seinem Auge, ehe Blut spritzte und sich auf dem Kittel des Mannes verteilte. Kenjiro wurde schlecht, aber er konnte nicht weg. Sein bester Freund brüllte immer noch, während der Mann vor ihm ihm mit der Klinge brutal den Augapfel heraus hebelte und Blut auf den Boden tropfte. Das, was von Izuyas Auge übrig war, hing an blutigen Nervensträngen, die der Mann mit einem geübten Schnitt durchtrennte. Das Schreien hatte aufgehört. Izuya war ohnmächtig geworden. „Bring das Wasser.“ befahl der größere der beiden und sein Bruder ließ Izuyas Kopf los und holte einen kleinen Eimer mit Wasser, den er über diesem ausleerte. Izuya fuhr hoch, als wäre er aus einem langen Schlaf erwacht und blickte sich um. „Wir sind noch nicht fertig.“ sagte der Mann vor ihm mit tadelnder Stimme. Wieder blitzte das Skalpell auf und erneut drangen Schreie durch die Dunkelheit. Noch mehr Blut, das über Izuyas Gesicht rann, an seinem Kinn heruntertropfte und sich am Boden zu einer Pfütze verdichtete. Der ehemals weiße Kittel des Mannes war blutverschmiert, als er sich dem zweiten Auge widmete und auch dieses entfernte. Nachdem das erledigt war, legte er die Augen auf ein kleines Tablett und schien sie einen Moment zu bewundern. „Eine hübsche Farbe. Sie sehen aus wie Saphire. Gut ausgewählt.“ Sein Bruder nahm seine Hände vom immer noch schreienden Izuya und ging um den Stuhl herum, damit auch er sich die blutigen, starrenden Augäpfel ansehen konnte. Keiner der beiden kümmerte sich mehr um Izuya, der vollkommen still geworden war und auf seinem Stuhl vor und zurück wippte. Kenjiro war wie betäubt. Sein Magen rebellierte heftig angesichts des ganzen Blutes, das immer noch aus den Augen seines besten Freundes sprudelte, sein Shirt durchnässte und es dunkel färbte. Die blutigen Löcher in Izuyas Gesicht schienen ihn anzustarren. Die beiden Männer redeten immer noch, doch ihre Stimmen wurden leiser, während Kenjiro erneut wie hypnotisiert in die ehemaligen Augen seines besten Freundes sah. Und wieder fiel er, fiel, bis er sich auf dem Boden des fensterlosen Raumes wiederfand. Shin erwiderte seinen Blick, während er ihn an den Schultern schüttelte. „Ashiba-kun. Ashiba-kun!“ „Was...“ „Ich dachte schon, du würdest heute gar nicht mehr zu dir kommen.“ „Izuya...ich habe von ihm geträumt...wo ist er? Was geht hier vor?“ „Beruhige dich. Izuya ist weg. Was hast du geträumt?“ „Da waren diese Männer...und all das Blut...“ Ihm wurde von Neuem übel, als er sich an alles erinnerte. Mit aller Kraft schaffte er es, sich nicht zu erbrechen. „Du bist leichenblass. Versuch, dich zu beruhigen. Ich bleibe solange hier.“ Es dauerte sehr lange, bis es Kenjiro besser ging und er sich soweit erholt hatte, dass er wieder normal atmen konnte. „Ashiba-kun?“ Kenjiro sah zu dem Schwarzhaarigen auf. „Ich muss jetzt los. Aber ich komme bald zurück, versprochen.“ Behutsam strich er Kenjiro eine Haarsträhne aus dem Gesicht, lächelte ihm zu und war im nächsten Moment verschwunden. Eine Weile blieb er noch auf dem Boden sitzen, ehe er aufstand. Noch etwas wackelig auf den Beinen, ging er zu einem Waschbecken an der Wand und drehte den Hahn auf. Eine dicke, tiefrote Flüssigkeit spritze hervor und nun schrie der Braunhaarige, während weiterhin Blut aus dem Hahn schoss wie aus einer frischen, tiefen Wunde...wie aus Izuyas durchbohrten Augen... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)