Effects von Luthien-Tasartir ================================================================================ Kapitel 2: Effect 2 - Weltreise ------------------------------- ~25.12.2051~ Es war totenstill, als die flache Hand die Wange der jüngsten Raynolds erreichte. Keiner im Raum schien atmen zu wollen; aus Angst, der Nächste zu sein, den die Wut des Familienoberhaupts traf. Nur das Echo des Schlags hallte einige Sekunden im Salon wieder, während Lillians Finger fassungslos zu der Stelle glitten von der sich nun ein brennender Schmerz ausbreitete. Die Augen fixierten dabei weiterhin ihren Vater. Angst sprach aus ihnen. Angst vor dem, was nun kommen mochte. Angst vor dem Unbekannten. „Ein SCHLAMMBLUT? Du wagst es, mit einem SCHLAMMBLUT durchzubrennen?“ Lillian zuckte bei den so hasserfüllten Flüchen unmerklich zusammen. Kurz wagten es ihre Augen, sich von dem bebenden Vulkan abzuwenden. Hin zu ihrer Schwester, die ebenfalls überrascht ob der Härte Stans schien. Es war keine Frage, dass sie es gewesen war, die diese Information an ihren Vater herangetragen hatte. Aber offensichtlich hatte Gewalttätigkeit nicht zu ihrer Vorstellungskraft gezählt. Für gewöhnlich ließ der Firmenchef sich nicht dazu herab. „Hast du vergessen, wo dein Platz ist? Wer bist du, dass du mein Geld an Schlammblüter und Muggel verschenkst?“, der dröhnende Bass ließ die ehemalige Hufflepuff wieder geradeaus blicken; sie zurückweichen, als er sich anschickte, noch einmal die Hand gegen sie zu erheben. „Antworte!“ Sie zögerte. Die Antwort, die er hören wollte, war ihr bekannt. Es war jene, die zu all der Ignoranz passte, die er ihr die ganzen Jahre entgegengebracht hatte. Aber es war nicht ihre… „Lillian Raynolds. Deine Tochter und Erbin“, kam es stattdessen überraschend fest von der Angeklagten. Die Hand sauste erneut gen Wange. Ungehorsam duldete man hier nicht. Lillian schloss ängstlich vor der nächsten Ohrfeige die Augen. Sie war es wert. Sie bereute nichts. Schließlich war die Weltreise wunderbar gewesen. Besser, als alles zuvor… ~ 36 Tage zuvor ~ Genießerisch schloss die Brünette die Augen, während sie spürte, wie seine von der täglichen Arbeit auf der Baustelle rau gewordenen Finger über ihr Schlüsselbein fuhren... Lillian klappte irritiert das Buch zu. Vergewisserte sich noch einmal, ob sie sich beim Titel nicht doch verlesen hatte. Jakobs 1000 Wege stand dort in silbernen Lettern auf schwarzem Einband. Keine Frage… erneut öffnete sie das Buch, erwartete fast schon einen Zauber, der den Scherz entlarven würde. Heißer Atem glitt über ihre Haut, als Jakobs Lippen jeden Zentimeter ihres Körpers bedeckten. Sich ihren Weg immer weiter südwärts- Nein. Definitiv kein Roman über den, bei den Muggeln hier in der Gegend, weit bekannten Jakobsweg… zumindest erklärte das die anzüglichen Blicke des Buchhändlers, als sie mit dem spanischen Werk an den Tresen getreten war. Die Reinblüterin errötete. Dabei hatte sie sich doch nur eine spannende Abendlektüre holen wollen, die ihr etwas mehr über die Stadt und ihre Menschen beizubringen vermochte. Matt hatte sich heute Abend mit einer mittlerweile nicht mehr ganz so neuen Reisebekanntschaft verabredet. Der junge Mann begleitete sie nun schon seit Italien und im Laufe der Reise hatte es zwischen den beiden geknistert. Als jedoch keiner von ihnen den nächsten Schritt zu machen schien, hatte Lillian schließlich den Platz ihrer besten Freundin Gwen eingenommen und ein gemütliches Abendessen vorgeschlagen. Leider hatte sie im Laufe des Tages angefangen zu kränkeln und beschlossen, den Abend lieber im Hotel zu verbringen. Um nicht die Zeitplanung zu sehr aufzuhalten. Natürlich hatte sie ebenfalls darauf bestanden, dass die beiden allein den Abend genossen und versichert, dass es ihr nichts ausmachte. Das Argument, es wäre schade um die Reservierung, ließ die Jungs schließlich einlenken und nun war sie seit einigen Stunden allein. Angenehm überrascht, dass ihr üblicherweise tatsächlich katastrophaler, gesundheitlicher Zustand doch für etwas gut sein konnte. Das einzige Problem war, dass sie ihre Zeit nun allein vertreiben musste und ohne den leisesten Schimmer, wie die TVs funktionierten (sie hatte es einmal versucht, was ein Entfernen der … Batterien? zur Folge hatte; seitdem ließ sie lieber die Finger davon), war sie auf ihre Lieblingsbeschäftigung – Lesen – umgestiegen. Leider waren bereits alle mitgebrachten Bücher mindestens zwei Mal beendet worden, wodurch ihr die Idee für einen Neukauf gekommen war. Ohne Möglichkeit, einen Sprachzauber in der Öffentlichkeit anzuwenden, da die Geheimhaltung gewahrt werden musste, stellte es sich allerdings als ein Abenteuer – das vielleicht doch besser hätte vermieden werden sollen – heraus. Unschlüssig blickte sie erneut auf den Buchband. Was sollte sie jetzt bloß tun? Es nicht zu lesen wäre Verschwendung, allerdings gehörte der Inhalt nicht wirklich zu ihren Lieblingsgenres und… In diesem Moment schwang die Tür mit einer Wucht auf, die Lillian das Buch erschrocken in die nächste Ecke werfen ließ. Ein völlig aufgelöster Matt warf sich Sekundenbruchteile später auf die Matratze neben ihr und begann in diese zu schluchzen. Nur unterbrochen von unverständlichen Textbrocken. Überrumpelt – so hatte sie sich seine Rückkehr nicht vorgestellt – rutschte sie etwas näher zu ihm, um dem ehemaligen Löwen Trost zu spenden, als er sich auch schon umdrehte und sein Leid gen Decke rief: „Er hat mich einfach für einen anderen sitzen lassen! Es lief so gut und dann kam dieser gut aussehende Kerl rein und… zu uns und… er ist einfach mit ihm mit. Mitten im Date. Matt, meinte er, kann spät werden, wartet nicht auf mich. Ich dachte, er mag mich. Er hat doch immer sowas in der Richtung angedeutet. Oder Lillian? Hat er doch!“ Die Angesprochene beeilte sich zustimmend zu nicken, kam jedoch nicht dazu, es mit Worten noch einmal zu bekräftigen. „Wer macht denn sowas? Er ist einfach… einfach weg! … dieses Arschloch! Wie kann man bloß so falsch sein?“ Matt wischte sich die Tränen weg, plötzlich fest entschlossen, den Verräter zu vergessen und schaute zu ihr hoch. „Und was hast du heute gemacht?“ Lillian errötete. „Ähm… also… ich…“ Schallendes Gelächter hallte kurze Zeit später durch die Flure des Hotels. ~ Das Buch war letztlich tatsächlich eine Abendlektüre geworden, die sie sich gegenseitig vorlasen, wenn sie sonst nichts zu tun hatten. Matt war überraschenderweise mit ganzem Herzen dabei und trug die Kapitel mit voller Inbrunst in Stadion- passender Lautstärke vor. Das ging sogar so weit, dass sie eines Morgens nach einer Session ein etwas beschämtes, älteres Ehepaar begrüßten, die im Zimmer neben ihnen untergekommen waren. Das ganze Frühstück über amüsierten sie sich noch über den Blick der Frau, als Matt ihr gut gelaunt zunickte. Es hatte Spaß gemacht und letztlich war sie froh, dass Matt das Werk als Erinnerung mitgenommen hatte und es nicht bei den anderen Souvenirs in der Mitte des Salons aufgebahrt lag. ~104 Tage zuvor~ „Und was ist das?“, Lillian beugte sich interessiert über eines der vielen Geräte in der Elektroabteilung des Supermarkts. Der Verkäufer sah leicht zweifelnd zu der jungen Dame auf, erinnerte sich dann allerdings an das Servicegebot und räusperte sich. „Das ist ein Milchschäumer“, meinte er knapp, aber höflich, als sei damit alles geklärt und wollte sich an den vernünftigeren der beiden jungen Leute richten, als die Frau tatsächlich noch einen draufsetzte. „Ein Milchschäumer? Wie interessant! Und wie funktioniert er, wenn ich fragen darf?“ Der Japaner blinzelte einige Sekunden lang. Unsicher, ob er gerade nicht in eine dieser Fernsehverarschen reingerutscht war. Kurz blickte er sich entsprechend um, erwartete, dass gleich jemand um die nächste Ecke kam, in die Hände klatschte und mit fröhlicher Stimme erzählte, dass er soeben unfreiwilliger Darsteller in einer Fernsehsendung geworden war. Nichts. „Sie… Wenn Sie den Stiel in warme Milch halten und dann den Knopf drücken, schäumt sie auf…“, erklärte er fast schon misstrauisch. Wäre das das erste Produkt gewesen, bei dem sie solche ordinären Fragen gestellt hätte, wäre das ja kein Problem. Nur leider waren sie – seit er ihnen seine Assistenz angeboten hatte – erst fünf Meter weitergekommen, weil die Engländerin zu wirklich jedem Teil eine Frage auf Lager hatte. Ein Blick zu dem Mann vergewisserte ihm, dass zumindest einer von ihnen gut unterhalten wurde. Wäre dieser ehrliche Blick der Ahnungslosen nicht gewesen, so hätte er diesem Irrsinn schon längst einen Riegel vorgeschoben. Von wegen elitär. Alles Hinterwäldler, da drüben auf der europäischen Insel… „Tatsächlich? Einfach so? Faszinierend…“, die Dame schaffte es tatsächlich, wirklich begeistert über diesen Umstand zu klingen. Von Mr. Gallagher – so hatte er sich vorgestellt – hörte er hingegen nur ein leises Glucksen. „Meinst du, wir können so etwas gebrauchen?“ Diese Frage richtete sich ausnahmsweise an ihren Begleiter, der nun lachend den Kopf schüttelte. „Wenn du es haben willst, können wir es aber trotzdem holen, klar.“ Merkwürdiges Pack, dachte sich der Berater zwei Stunden später, als die beiden Gestalten den Laden mit diversen Vorräten, einer Taschenlampe, einem Zelt, einer Kaffeemaschine, drei Packungen verschiedengroßer Batterien und einem Milchschäumer den Laden verließen… Nun… Ausländer eben… ~ „Verschwinde“, die Worte ihres Vaters kamen so plötzlich, dass Lillian erst einige Sekunden brauchte, um sie vollkommen zu registrieren. „RAUS! Ich will dich hier nie wieder sehen, hörst du?! Du bist eine Schande für unsere Familie! Ich habe das schon lange genug mit angesehen. Es. Reicht. Mir! Geh zu deinem geliebten Schlammblut oder wo auch immer du hinwillst, aber geh.mir.aus.den.Augen!“ Stan Raynolds Iriden funkelten gefährlich und kalte Schauer liefen der Geächteten bei jeder ausgesprochenen Silbe über den Rücken. Sie hatte vieles erwartet. Eine Strafe war in ihren Augen unausweichlich gewesen. Mit diesem Wissen hatte sie der Reise zugestimmt, aber das? Er warf sie raus? Einfach vor die Tür? Lillian öffnete ungläubig den Mund, ließ ihn jedoch unverrichteter Dinge wieder zufallen, als sie der zitternden Wut des Familienoberhaupts gewahr wurde. Er machte keine Scherze. Und trotzdem... es klang so… unecht. Sie war ihm schon immer ein Dorn im Auge gewesen, das wusste die Raynolds bereits seit sehr jungen Jahren. Aber sie hatte sich damit abgefunden. Hatte ihm nie Probleme bereitet. Hatte den Umstand und seinen Charakter akzeptiert. Hatte sogar davon abgesehen, ihn näher verstehen zu wollen, als sie merkte, wie unerwünscht ihre Fragen bei ihm waren. Und jetzt… sie hatte einen – in seinen Augen – etwas größeren Fehler gemacht und… und es war vorbei? Ihr Blick schoss hilfesuchend zu den restlichen Anwesenden. Keiner wagte es, ihren Blick zu erwidern. Nicht einmal Law, der ihr über all die Jahre hinweg als treuer Ersatzvater gedient hatte, der ihre einzige Vertrauensperson war, wagte es in diesem Moment seinem Vorgesetzten zu widersprechen. Nur kurz erhaschte sie seine Augen, er wirkte bekümmert. Lillians Blick änderte sich in eine entschuldigende Mimik. Sie wollte ihn nicht in die Bredouille bringen. Hatte es nie vorgehabt. Letztlich… ganz langsam… setzten sich ihre Beine in Bewegung. Gingen auf den kleinen Haufen an Erinnerungsstücken und Mitbringseln für Freunde und Familie zu. Sie sammelte alles auf und verstaute sie in dem magisch vergrößerten Koffer, der heute Mittag ebenfalls seinen Weg in die anklagende Raummitte gefunden hatte. Für einen kurzen Moment war sie erleichtert, dass sie noch nicht dazu gekommen war, ihre Kleidungsstücke und Wertgegenstände auszupacken, seit sie vor 4 Tagen wieder zurückgekommen war. „Ich hoffe, euch ergeht es gut“, verabschiedete sie sich schließlich und schenkte ihrer Familie ein trauriges, aber dennoch ehrlich wünschendes Lächeln. Dann wandte sie sich um und schritt zum letzten Mal aus der Haustür. ~187 Tage zuvor~ „… und dann geht es über Japan, Neuseeland, Madagaskar, Italien, Spanien wieder zurück. Das wird bestimmt super“, beendete Matty seine Ausführungen. Lillian hatte während der letzten halben Stunde ruhig ihm gegenübergesessen und zugehört. Eine Weltreise klang wirklich interessant, das musste sie zugeben, allerdings war sie sich nicht so sicher, ob es eine gute Idee war. Zumindest nicht mit ihr im Gepäck. Ihre Krankheiten würden sie nur aufhalten und es gelänge ihnen so wohl niemals über den großen Teich zu fliegen, um Amerika einen Besuch abzustatten. Insgesamt mochte sie den Gedanken an das Sitzen in einem… Flugzeug? nicht sonderlich. Apparieren ging sicherlich schneller, oder nicht? Und man musste nicht Angst haben, abzustürzen. Wenn sie überhaupt in die Luft kamen. Wenn sie das richtig verstanden hatte, waren diese Muggelgefährte nämlich aus Metall. Wie dieses über längere Zeit in der Luft bleiben sollte, war der Hufflepuff ehrlich gesagt ein Rätsel. Sie gehörte zwar sonst durchaus zu den Menschen, die gern neue Dinge ausprobierten und die Geheimnisse hinter verborgenen Zaubern entdeckten, aber wenn es um Höhen ging, vergaß sie ihren Entdeckerdrang. Allein der Gedanke ließ sie leicht blass um die Nasenspitze werden. Andererseits gab es wohl keine bessere Methode, um die Nichtmagier und insgesamt neue Kulturen besser kennenzulernen. Diese Überlegung war es schließlich auch, die sie langsam nicken ließ. „Es klingt wirklich interessant. Ich könnte wohl ein wenig Geld beisteuern. Allerdings… nicht sonderlich viel. Mein Verließ ist nicht so gefüllt wie das meiner Schwester… ich hoffe, es reicht“, antwortete sie zaghaft und wurde in der nächsten Sekunde von einem freudestrahlenden Gallagher umarmt. Blieb nur zu hoffen, dass ihre Ersparnisse wirklich reichten. Sie gab zwar nicht so viel aus, bekam allerdings auch sehr viel weniger und unregelmäßiger etwas von ihrem Vater oder anderen Verwandten. Taschengeld kannte sie nicht. Ihre Tante steckte ihr ab und an einige wenige Galleonen zu und schrieb ihr auch manches Mal, dass sie ihr etwas überwiesen habe, aber ansonsten… Es war gut möglich, dass der Traum bereits hier endete, jedoch schien sich der Gryffindor in ihren Armen keinerlei Sorgen zu machen und Lillian ließ sich von seinem Enthusiasmus mitreißen. Matthew Gallagher klappte die Kinnlade herunter. Vor einer Woche hatten sie begonnen zu planen und dank Lillian waren sie sogar unglaublich schnell mit allen möglichen Problemen durch gewesen. Blieb nur noch das Thema Geld, bei dem seine beste Freundin immer wieder Unsicherheiten gezeigt hatte. Also waren sie am Ende der Planungsphase mal zu ihrem Verlies gegangen, um zu schauen, ob sie irgendwo Abstriche machen mussten. Lillian war schon den ganzen Weg über nervös gewesen. Offensichtlich war sie sich unsicher, wieviel sie für was brauchten und konnte teuer nicht wirklich einschätzen. Und jetzt das. „Ist es nicht genug?“, fragte Lillian, sich besorgt hinter ihm an der Tür festhaltend. Matthew wimmerte leise. Nicht genug? Der Ire starrte ungläubig auf den kleinen Berg an Galleonen vor sich. Galleonen! Sicher, es gab auch ein paar Sickel und Knut, aber der Haufen Goldmünzen dominierte den Raum um einiges. „Wie-wie viele sind das?“, fragte er mit schwacher Stimme. Hinter sich schaute Lillian betreten zu Boden. „Ungefähr 2000 Galleonen“, gestand sie schuldbewusst, als ahnte sie bereits, dass es nicht genug sein würde. Dem jungen Zauberer wurden die Beine schwach. Zwei… zweitausend. Das waren… waren… sehr viele Pfund. „Zu wenig?“ Roboterartig drehte sich Matthew zu der Rednerin herum. Öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Seine Kehle fühlte sich rau an, doch er schaffte es, beim nächsten Versuch Töne hervorzubringen. Wenn auch noch immer krächzend: „Nein… ich… denke damit kommen wir gut um die Welt.“ Oder auch zwei Mal, fügte er in Gedanken hinzu und stakste gefolgt von dem irritierten Blick Lillians aufgrund seines Verhaltens wieder aus dem Raum. Nein, sie würden sich wirklich keine Sorgen machen müssen. Jetzt brauchten sie nur noch Last-Minute-Tickets nach New York und ein, zwei andere lebensnotwendige Dinge (Karten für das nationale Quidditch-Championship-Spiel in Washington in ein paar Wochen zum Beispiel) und dann konnte es losgehen. ~ Verwundert blickte der Braunhaarige zu der zugeschneiten Person vor sich. In der einen Hand einen angebissenen Truthahnschenkel verriet der jetzt schneller kauende Mund, wo sich der Rest des Beins befand. „Lilly?“, er erkannte die Engländerin kaum unter dem dicken Mantel, der sie vor dem weißen Nass schützte. Tatsächlich wäre er nie darauf gekommen, hätte er kurz zuvor nicht ihr charakteristisches Hüsteln unter der Kapuze gehört. Nicht, weil sie so unbekannt aussah, sondern einfach, weil a) die Schneewehen es ziemlich schwer machten, irgendetwas zu erkennen und b) er sie nicht hier erwartet hätte. Sie wohnte schließlich viele Kilometer weit weg und es war Weihnachten… „Was ist passiert? … Oh, komm rein, komm rein!“, registrierte der Muggelstämmige, dass es drinnen doch etwas kalt wurde und ließ sie mit ihrem Koffer in sein Haus hinein. Erst dort hob die Raynolds ihren Mantel an und blickte schuldbewusst zu dem Älteren hinauf. „Ich… also… bitte entschuldige die Störung, ich… wusste nur nicht, wohin ich sonst sollte… mein Vater…“, sie stockte, wusste nicht wirklich, wie sie weiterreden sollte. Zum Glück brauchte sie das auch nicht, da in dem Moment eine Stimme aus dem Esszimmer drang, die nur allzu deutlich machte, dass nicht nur Matt, sondern auch der ominöse Besuch zurück zum Essen kommen sollten. Reden konnte man, wenn nichts mehr von den traditionellen Gerichten übrig war und der gemütliche Teil des Abends begann. „Deine Familie ist wirklich sehr herzlich“, bemerkte Lillian während sie sich auch von ihren nassen Schuhen befreite. Matt lachte und schüttelte den Kopf. „Ach was. Es ist Weihnachten!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)