Amnesia von dani (Wenn die Erinnerung streikt) ================================================================================ Kapitel 17: Kapitel 17 ---------------------- ~Aoi POV~ Das Meeting war nicht halb so schrecklich verlaufen, wie ich es mir vorgestellt hatte. Ich hatte zuerst wirklich etwas Angst gehabt, was da wohl auf mich zukommen würde. Vor allem hatte ich mich schlecht gefühlt, da ich immer noch nicht ansatzweise Gitarre spielen konnte. Sie erwarteten doch sowas von mir, oder? Sie erwarteten doch, dass ich weitermachen konnte, dass ich mich auf die Bühne stellte und mit ihnen performe. Doch nichts von alldem wurde angesprochen. Niemand drängte mich dazu schneller oder härter zu arbeiten. Sie nahmen Rücksicht auf mich und irgendwie begann ich diese Jungs zu mögen. Sie hätten mich schon längst rausschmeißen können. Sie hätten nicht warten müssen. Und doch warteten sie und gingen langsamer, damit ich sie wieder einholen konnte. War das Freundschaft? Ich meinte … echte, tiefe Freundschaft, wie man es nur bei ein paar wenigen Leuten fühlte. Oder waren sie auf ihren eigenen Vorteil bedacht? Die beiden Manager waren eigentlich recht nett gewesen. Sie versuchten mich so weit wie möglich zu schonen, mich aber wieder langsam ins Geschehen einzubinden. Ich war froh darüber, dass sie mich nicht einfach krankschreiben ließen sondern wollten, dass ich weitermache. Wenn es nach Uruha ging, dann wäre ich immer noch zu Hause auf der Couch. OK, das war gerade nicht fair gewesen. Er war ein netter Typ und auch immer für mich da, wenn ich ihn brauchte – sogar, wenn ich ihn nicht brauchte. Er machte sich nur Sorgen um mich. Auch das verstand ich. Dennoch hatte es mich wirklich überrascht, dass er sich so direkt gegen mich gestellt und verlangt hatte, dass ich es langsam angehe. Andererseits fand ich es auch wieder … lieb von ihm. Er wollte mich davor schützen etwas Dämliches zu machen oder mich zu überfordern. Und um ehrlich zu sein war mein Verlangen nach einem weiteren Krankenhausbesuch nicht wirklich vorhanden – das war es nie gewesen. „Gut. Fürs Erste können wir das so stehen lassen“, sagte unser Manager und nickte zufrieden. „Für alle 10 Minuten Rauchpause und dann treffen wir uns wieder hier um noch kurz darüber zu diskutieren, wie wir die Pressekonferenz gestalten sollten. Dazu müssen wir uns noch ein paar Gedanken machen. Auch darüber, was wir sagen und wie wir auf bestimmte Fragen reagieren.“ Zustimmendes Nicken folgte und schon war Reita aus dem Raum verschwunden. „Die Sucht!“, sagte Kai nur, als er meinen fragenden Blick bemerkte. Weder ich noch Uruha rauchten, auch wenn ich glaubte, dass wir geraucht hatten. Aber warum wieder anfangen, wenn ich dann – laut Uruha – sowieso wieder erfolglos beginnen würde mir das abzugewöhnen? Dennoch erhob ich mich und folgte den anderen nach draußen. Uruha stellte sich neben Ruki und spielte am Verschluss seiner Mineralwasserflasche herum, während sich die anderen drei ihre Glimmstängel anzündeten. Ruki stieß den Rauch aus und sah dann in die Runde. „Was sagt ihr dazu?“, fragte er dann ruhig und ich sah ihn erstaunt an. Warum fragte er das nun? Immerhin dachte ich, dass das nun geklärt war! Kai überlegte und zuckte dann mit den Schultern. „Sie waren heute doch recht vernünftig. Vielleicht auch deshalb, weil sie wussten, dass sie Probleme bekommen würden, wenn sie Aoi zu sehr einspannen!“ Uruha nickte zustimmend. Oh ja ihm hätte es nicht gefallen. Er war in der Hinsicht sehr beschützend. Reita aschte ab und zuckte nur mit den Schultern. „Ich denke, dass wir hier fürs Erste mitspielen können. So unvernünftig ist es nicht!“ Nein, das war es nicht. Aber sie setzten darauf, dass ich mich erinnern konnte – nach ein paar Wochen. Sie glaubten daran. Ich jedoch begann daran zu zweifeln, je länger mein Gedächtnis sich gegen mich stellte. Ich hatte ab und zu das Gefühl jemanden kennen zu müssen. Das hatte ich jedoch auch nur bei sehr wenigen Menschen. Der Arzt meinte, dass nach und nach ein paar Erinnerungsfetzen kommen sollten. Vor allem dann, wenn ich mir bekannte Dinge ansah, oder früheren Hobbys nachging. Doch auch dahingehend war bisher nichts geschehen. Ich hatte Fotos und Videos angeguckt, Magazine durchgeblättert. Nichts hatte geholfen. Uruha versuchte mich zu beruhigen indem er sagte, dass ich zu ungeduldig wäre. Aber man konnte es mir doch nicht verübeln oder? „Aoi!“, drang es an mein Ohr und ich sah überrascht auf. Ich war wieder in meinen Gedanken versunken und hatte nicht bemerkt, dass die anderen bereits wieder auf dem Rückweg waren. Uruha wartete auf mich und lächelte nur. „Ich muss noch aufs WC“, sagte ich dann etwas betreten und folgte ihm die Treppe hoch. Er blieb vor dem Meetingraum stehen und zeigte dann den Gang entlang. „Einfach hier hinunter, dann links und die zweite Tür rechts“, sagte er dann. Nickend drehte ich mich um, während er die Tür öffnete und sich zu den anderen setzte. Da es recht ruhig gewesen war, hatte ich geglaubt, dass wir die Einzigen waren, die dieses Stockwerk benutzten. Doch als ich nun den Gang hinunter ging, hörte ich sehr wohl aus zwei weiteren Räumen Musik und Stimmen kommen. Ich stockte, als ich am Ende des Gangs angekommen war. Hatte Uruha zuerst links und dann rechts, oder zuerst rechts und dann links gesagt? Ich entschied mich für Zweiteres und bog in den nächsten Gang ein. Zwar fand ich keine Toilette, aber einen Aufenthaltsraum. Neugierig steckte ich meinen Kopf hinein und sah mich um. Es gab einen Kaffeeautomaten, einen für Getränke und einen für Süßkram. Außerdem einen Kühlschrank, eine Kochecke und einen großen Tisch in der Mitte des Raums, um den mehrere Stühle standen. Die Spülmaschine lief, was die Geräuschkulisse erklärte. Ich zog etwas Kleingeld aus meiner Tasche und beäugte dann das Angebot des Süßkrams. Irgendwie hatte ich gerade total Lust auf etwas mit viel Zucker! „…gemacht. Das ist Aoi, oder?“ Ich zuckte beim klang meines Namens zusammen und drehte mich langsam um. Zwei Männer kamen rein – strahlend. „Hey Aoi! Wie geht es dir!?“ Ich wurde zuerst von dem größeren, einem gutaussehenden Kerl mit rötlich gefärbten Haaren und einer sehr markanten Nase umarmt und dann folgte ein kleinerer Mann. Er war blond, hatte seine Augen dunkel geschminkt und grinste, als wollte er Kai Konkurrenz machen. Ich ließ es über mich ergehen, wurde dabei aber steifer, als ein Brett. Sobald ich losgelassen wurde, ging ich wieder auf Abstand und schluckte trocken. Ok. Sie kannten mich! Anscheinend auch recht gut, wenn die mich einfach so antatschten. Immerhin war das absolut nicht gang und gäbe. „Was ist denn los mit dir?“, fragte dann der Größere der beiden und boxte mich spielerisch auf den Oberarm. „Wie geht es dir?“ Ich schluckte und beschloss dann zumindest was zu antworten. Immerhin schienen wir Kollegen zu sein. „Danke, gut. Es wird wieder.“ „Freut uns zu hören! Wir haben einen riesen Schrecken bekommen, als wir das von dem Unfall hörten. Uruha war ja auch im Krankenhaus, nicht?“, erwiderte der Kleinere und druckte sich eine Packung Gummibärchen raus. „Hmm … ja war er. Aber er durfte vor mir wieder raus. Und wie … geht’s euch?“, fragte ich dann etwas zögernd nach. Nicht, dass es mich groß interessierte. Immerhin kannte ich die beiden ja nicht. Doch anscheinend war die Frage richtig gewesen, denn ihre Augen begannen zu leuchten. „Oh wir sind gerade von der Tour zurück gekommen. Sonst hätten wir dich natürlich schon im Krankenhaus besucht!“ Der Rothaarige schmunzelte leicht und nahm den Kaffee aus der Maschine, als diese piepste und somit bestätigte, dass das Zeug trinkbereit war. Automatenkaffee mochte ich nicht. Das hatte ich schon ausprobiert. „Oh ja. Es war richtig cool! Saga hat zwar einmal die Pressekonferenz verschlafen, aber ich denke nicht, dass er dabei groß was verpasst hat!“ „Das war Taktik, Shou! Ich wollte da sowieso nicht mit!“ Shou und Saga also. Dann konnte ich sie wenigstens mit ihrem Namen ansprechen. Außerdem mussten sie wohl auch in einer Band spielen, da sie gerade von einer Tour gekommen waren. Ich kannte die Jungs von irgendwoher. Einem Foto? Einer DVD? Oder hatte ich sie im Fernsehen gesehen? Mein Kopf begann zu rattern. Woher? Sie stellten sich zu mir an den Tisch und erzählten ein bisschen von der Tour, was an mir allerdings recht spurlos vorbeiging. Ein Bericht? Sie hatten anders ausgesehen. Jedoch hatten sie dort ja auch auf der Bühne gestanden. Ich wusste, dass man dort oftmals auch ganz anders geschminkt und angezogen war. Aber die Namen… „Ja und wir hatten auch viele Interviews – sogar mit Dolmetscher …“ Alice Nine! Genau. Der Name der Band! Es war Alice Nine! Mit … mit Shou, Saga, Nao, Hiroto und … und … Gut der letzte Name fiel mir nicht ein, aber meine Euphorie kam zurück. Allerdings wusste ich auch, dass es nicht meine Erinnerungen waren, die zurückkamen. Ich hatte ein paar Ausschnitte der Tour auf einem Musiksender gesehen! Aber ich war stolz zumindest eine Verbindung herstellen zu können. Die beiden erzählten recht lebhaft von der Tour und irgendwie fühlte ich mich nicht mehr so fremd hier. „Aoi?“ Ich sah auf und musterte Uruha, der am Türrahmen lehnte. „Hey ihr zwei! Wie war die Tour!?“, fragte er dann und klatschte mit Saga ab, als er zu uns an den Tisch kam. Die beiden schienen sich gut zu verstehen. Wieder begannen sie von vorne und gaben ihm einen kurzen Überblick, bis Uruha sie unterbrach. „Klingt nach einer super Tour, aber ich muss Aoi jetzt wieder entführen. Wir haben eigentlich ein Meeting!“ Dabei verdrehte er die Augen und Saga begann zu lachen. „Na dann, viel Spaß! Man sieht sich!“ Damit verschwanden die beiden auch schon aus dem Gemeinschaftsraum und ich blieb mit Uruha zurück. „Wow!“, entkam es mir dann, woraufhin Uruha lachen musste. „Hmmhmm die beiden quatschen recht gerne, wenn wir unter uns sind!“, sagte er dann. „Aber sie sind total in Ordnung.“ Ich nickte zustimmend. „Ja das sind sie wohl. Auch wenn mich der Überfall etwas überrascht und aus der Bahn geworfen hat. Aber damit werde ich wohl noch öfter zu tun bekommen. Mit Überfällen, meinte ich.“ Ich folgte Uruha zuerst zur Toilette und dann wieder zurück in den Meetingraum, wo bereits eine heftige Diskussion im Gange war. Ruki saß zwischen Kai und Reita und starrte auf den Block, den er vor sich liegen hatte und ließ die beiden mit den Managern diskutieren. Ab und zu kritzelte er auch wieder darauf herum, kehrte dann aber wieder in seine Nachdenkhaltung zurück. Ich setzte mich wieder auf meinen Platz und beschloss erstmal die Klappe zu halten. Da ich ja nicht wusste um was es ging, konnte ich schlecht mitreden. Generell konnte ich nirgends mitreden, da ich von der ganzen Materie doch sowieso nichts verstand. Schlussendlich verebbte die Diskussion, als Sotooka-san einlenkte sich das nochmal durch den Kopf gehen zu lassen. Es wurden noch ein paar Punkte auf der Liste angesprochen, aber die hatten wir recht schnell geklärt. Auch unser Verhalten in Interviews sollte durchgespielt werden. Dazu würde es demnächst einen Testlauf geben – ein nachgespieltes Interview mit gemeinen Fragen, die wir dann gekonnt abwimmeln sollten. Jedoch wurde das erst in zwei Wochen angesetzt, damit ich noch etwas Zeit bekam um mich zu erholen. Für heute war es genug – entschieden die Manager dann. Ruki legte seinen Stift zur Seite und packte dann alles in eine Tasche, die er dabei hatte. Er wartete noch ab, bis die Manager den Raum verlassen hatten und drehte sich dann zu uns um. „Ich würde vorschlagen, dass wir auf Aois Genesung und seinen ersten Tag hier anstoßen!“ Reita nickte zustimmend. „Eine Willkommen-zurück-Party! Ich bin dabei!“ Unser Vocal verdrehte die Augen, grinste aber. „Klar, dass du dabei bist!“ Hieß das, dass Reita immer dabei war, wenn es um Partys ging? Ich bemerkte Uruhas fragenden Blick. Er hielt sich zurück, bis ich etwas dazu sagte. Um ehrlich zu sein, war mir nicht wirklich nach Party. Ich fühlte mich müde und erschöpft. Aber andererseits fand ich die Geste auch lieb. Daher stimmte ich schlussendlich auch zu. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)