Sammelsarium von pandine (Ein Bild sagt mehr als tausend Worte) ================================================================================ Kapitel 2: Rose --------------- Die Welt schien grau zu sein. Ein wenig musste ich über diese Einstellung schmunzeln, die doch auch die meine war. Aber sie würden es nicht verstehen, wenn ich versuchte, zu erklären. Diesen bestimmten Menschen zu erklären, was Anderen offentsichtlich war. Die Welt der Farben. Ich erinnerte mich noch an meine erste Begegngung mit etwas, das sich Farbe nannte. Ich war damals durch und durch das geworden, was man als 'erwachsen' bezeichnete. Man sah nur Schwarz und Weiß, war ständig müde und grau. Unheimlich erschöpft fiel man in das Bett, jedenfalls war es immer das, was ich als Kind dachte, was es hieß, erwachsen zu sein. Ein weiteres Schmunzeln glitt über meine Züge. Ich setzte meinen Weg in gemächlichem Schritt fort, ganz anders als all die Menschen um mich herum, die die Farbe in der Eintönigkeit nicht zu sehen vermochten. Ich war immer noch ganz erstaunt über die Entdeckung von etwas, dass ich doch eigentlich so lange schon kannte. Hatte ich es verkannt? Ich wusste es nicht mehr. Ich wusste eigentlich überhaupt nichts mehr, jedenfalls bis zu jenem Zeitpunkt war alles in eine Monochromität gehüllt, die mich heute erschaudern ließ. „Du bist wieder hier.“ Die Rosendame, wie ich sie nannte, lächelte mich verschmitzt an. Ihre Züge verrieten keine Spur der erwachsenen Müdigkeit, sie war voller jugendlicher Frische und Energie. Und erfüllt von kindlicher Farbe. Sie hatte mich wie schon so oft vorher dabei erwischt, wie ich versuchte, auf einer Bank im Rosengarten der Stadt Entspannung zu finden. „Natürlich.“ Ich lächelte schwach. Manchmal ließ mich ihre Gegenwart noch müder werden. „Noch ist es nicht geschafft.“ Mit wahrscheinlich sarkastischer Miene hielt ich das Notizbuch in meiner Hand hoch. Es war über und über bekritzelt in einer Schrift, die wohl außer mir niemand lesen konnte. Sie waren mit bunten Farben markiert, die in ihrer Gesamtheit. Naja. „Aber dass du so etwas“, sie betrachtete die Notizen skeptisch, „hier verfassen kannst, ist mir unerklärlich.“ Dann wurde ihr Lächeln sanfter, weich. „Viel Spaß bei was auch immer du da tust!“, sagte sie dann und verschwand dann in ihrem Schritt, der so leicht und befreit wirkte. Elegant, graziös. Ich atmete erleichtert auf. Oft führte ich mich in ihrer Gegenwart wie ein kleiner Junge auf, ich hoffte, ich war wenigstens etwas natürlich gewesen. Ich lehnte mich in ihrem Rosengarten wieder zurück und versank für eine kurze, entspannende Weile in der Blütenpracht ihrer Liebe. Sie hatte es nicht bemerkt. Jedenfalls wirkte sie nicht so. Ich dachte an die vorige Minute zurück. Meine Hand zitterte, als ich das Büchlein hochgehalten hatte. Sie hatte es nicht bemerkt. Eine laue Welle Trauer schwappte über mich. Ich klatschte mir ins Gesicht. Ich musste weiter arbeiten. Ein Rucken an meiner Schulter. Erschrocken erwachte ich aus meiner Trance und sah mich hektisch um. Es war dunkel geworden, wo war ich? Der süße, schwere Duft von Blüten hing in der Luft. „Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken.“ Sie lächelte schwach, im Dämmerlicht konnte ich nur ihren Schemen ausmachen. Sie sah wunderschön aus. „Nicht schlimm“, antwortete ich. Mein Herz klopfte mir immer noch bis zum Hals. „I-ist etwas passiert?“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich dachte nur...“ Sie verstummte. Ich bohrte nicht weiter nach, betrachtete sie schweigend. „Es ist nichts.“ Sie schüttelte erneut den Kopf, als würde sie sich eine Wahrheit bewusst machen wollen, die nicht wahr war. „Wirklich?“, konnte ich mir nicht verkneifen zu fragen. Sie sah mich schief von der Seite an. „Entschuldige die dumme Frage, aber wenn du das sagst muss doch...“ Mir blieben die Worte im Hals stecken. Ich kratzte mich verlegen am Hinterkopf, wich ihrem Blick aus. Ich laberte kompletten Unsinn. Ich seufzte, aber es erleichterte mich nicht. „Wie weit bist du gekommen?“ Sie beugte sich näher zu mir heran, sah auf meine Notizen. Ein Stich der Trauer durchzuckte mich, als sie es immer noch nicht bemerkte. „Gut, gut.“ „Ja? Das freut mich.“ Sie lächelte ein wenig mehr. „Ja.“ Mein Mund war seltsamerweise trocken und mein Kopf leer. Wieso merkte sie es einfach nicht? Es brachte mich beinahe zum Verzweifeln. Ich dachte an all die Häme zurück, die ich über mich hatte ergehen lassen musste. All die Worte voller Spitzen und Schärfe, die Wunden hinterließen. Wunden an mir, einem Verliebtem. „I-ich habe“, fuhr ich dann fort, zögerlich, aber nun hatte ich schon angefangen. Ich konnte meinen Redefluss nicht mehr beenden. „Ich habe hier Rot benutzt, um es ein wenig hervorzuheben und es zu unterscheiden und hier das helle Blau, da es die Farbe der Firma ist und...“ Ich redete unheimlich viel und zeigte ihr all die Sachen, die sie scheinbar nicht bemerkte. Alles auf diesem einen Blatt, welches sie selbst zum Vorbild hatte. Dann zeigte sich ein leichter Hauch von Röte auf ihrem Gesicht. Mit staunenden Augen strich sie auf einmal zart über meine Notizen. „Hihi... Jetzt sehe ich es.“ Sie lächelte schief. „Was?“ Ich sah sie fragend an. „Weißt du... Meine Welt ist Grau. Grau, Schwarz, Weiß in all ihren Variationen“, gab sie dann zu. Ich schwieg betroffen. Mein Blick musste ebenso wirken, denn sie winkte abfällig mit der Hand. „Man gewöhnt sich daran. Aber nun sag mir: Das... bin ich, oder?“ Sie sah mich direkt an. Mein Gesicht wurde heiß. „Ähm... J-ja.“ Zum Glück hatte ich nicht gelogen. Ihr Lächeln wurde eine Spur breiter. „Danke, dass du es mir gezeigt hast.“ „Ich muss dir danken.“ „Hmm? Wieso?“ Sie wirkte sichtlich überrascht. „Du hast mir die Farben, all die Farben gezeigt.“ Ich versuchte, so aufrichtig zu klingen wie ich war. Ihre Überraschung verwandelte sich in sanftes Glück, welches wie eine Welle über mich hinweg flutete. „Ich habe zu danken.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)