Stolz und Vorurteil von Angelus75 ================================================================================ Kapitel 2: Der Bogenschütze --------------------------- 2. Der Bogenschütze Immer noch Sicht Haldir: Am nächsten Morgen erwachte ich sehr früh und begann mit meiner alltäglichen Routine. Bevor ich, wie jeden Tag, zu unserem Trainingsgelände ging, machte ich mich auf den Weg, um noch eine Kleinigkeit zu mir zu nehmen. Als ich über den Platz in Richtung der Unterkunft ging, in der ich für gewöhnlich mit meinen Soldaten speiste, hörte ich plötzlich eine Stimme hinter mir. „Guten Morgen, Hauptmann“ sagte sie. Die Muskeln meines Rückens verspannten etwas, als ich erkannte, wer da mit mir sprach. Ich drehte mich geschmeidig um und sagte reserviert „Guten Morgen, Prinz“ und ging weiter. Er folgte mir, was mir gar nicht gefiel. Soll er sich doch bitte mit seinen Gefährten beschäftigen und mich in Frieden lassen, dachte ich frostig. Gleichzeitig ärgerte es mich, warum er überhaupt derartige Gefühle, wie Abneigung und Gereiztheit in mir hervorrief. Normalerweise war ich die Ruhe und Gelassenheit in Person. Selbst dann, wenn mich etwas ärgerte. Sicht Legolas: In dieser Nacht fand ich keinen Schlaf, denn die Trauer um Gandalf war zu mächtig. Ich kümmerte mich die halbe Nacht um meine weinenden Gefährten und trauerte mit ihnen. Ich war erleichtert, als ich die Röte der Morgendämmerung erblickte und begab mich aus meinem Schlafquartier nach draußen. Wie gerne hätte ich jetzt jemanden an meiner Seite gehabt, um in einem Gespräch etwas Zerstreuung zu finden, aber alle meine Freunde schliefen noch. Da sah ich plötzlich, wie der Hauptmann der Wache über den Platz schritt und sprach ihn an. Er reagierte, wie ich es erwartet hatte: äußerst gefühlsarm und desinteressiert. Ob der überhaupt zu so etwas, wie Gefühlen in der Lage ist, fragte ich mich, als ich in sein frostiges Gesicht sah. Irgendetwas an diesem Elb zog mich an und weckte mein Interesse. Ich konnte nur nicht genau erkennen, was es war. Es konnte nicht nur seine bemerkenswerte Gestalt sein, denn ich hatte schon viele bildschöne Elben kennengelernt im Laufe der Jahrhunderte. Da war noch etwas anderes und in diesem Moment schwor ich mir, es herauszufinden. Ich folgte ihm und lächelte in mich hinein, da er sichtlich genervt war. So, mein kühler Hauptmann hier haben wir also bereits die erste Emotion zu der Du fähig bist, frohlockte ich. Ich fragte ihn über die Trainingseinheit seiner Soldaten aus, was mich auch tatsächlich interessierte und er antwortete knapp und kühl. Dann blieb er stehen und zischte gereizt „wenn es Euch so sehr interessiert, dann geht doch einfach zum Trainingsgelände und seht selbst...anstelle mich hier auszufragen und aufzuhalten“. Ich erwiderte mit einer gewissen Belustigung in der Stimme „wolltet Ihr nicht noch etwas essen? Da könnt Ihr mir doch weiteres erzählen“. Er drehte sich auf dem Absatz um und ging mit energischen Schritten davon, aber ich hörte ihn noch leise brummen „danke, mir ist der Appetit vergangen“. Jetzt konnte ich mir ein breites Grinsen nicht mehr verkneifen. Sicht Haldir: Das kann doch alles nicht wahr sein, schimpfte ich in mich hinein. Was war nur mit mir los? Warum schaffte es dieser Prinz, mich innerhalb weniger Minuten so aus meiner stoischen Ruhe zu bringen. Im Grunde war er ja nicht einmal unfreundlich oder unhöflich gewesen. Der Unhöfliche war in diesem Falle eher ich. Ich seufzte und fuhr mit meiner Hand durch mein Haar. Es stand definitiv fest, dass dieser Elb etwas an sich hatte, was mich aus der Ruhe brachte. Und das verhieß nichts Gutes, denn das hatte bisher noch niemand geschafft. Ich beschloss ihm aus dem Weg zu gehen und mich nicht mehr von ihm provozieren zu lassen. Froh darüber wieder eine vernünftige Strategie gefunden zu haben, traf ich bei meinen Soldaten ein und verwischte meine Gedanken mit dem wohl härtesten Training seit Monaten. Ich kämpfte mit meinen Leuten, wie ein Verrückter und ließ keinem eine Chance. Besser gelaunt lehnte ich mich nach 3 Stunden hartem Kampf gegen einen Baum, um eine kurze Pause einzulegen und etwas zu trinken. Da sah ich Legolas auf der anderen Seite des Platzes stehen. Er stand ganz still mit verschränkten Armen und sah zu. Ich verdrehte meine Augen. Auch das noch! So wörtlich war meine vorangegangene „Einladung“ dann doch nicht gemeint gewesen. Dann soll es eben so sein, sagte ich mir zähneknirschend und begab mich wieder auf den Platz. Da hörte ich ihn sprechen. „Ihr kämpft gut, Hauptmann. Euer Gegner im Kampf möchte ich nicht sein“. Ich wandte mein Gesicht nicht zu ihm, als ich erwiderte „ich kämpfe nicht gegen arrogante Königssöhnchen“. Ich unterdrückte ein boshaftes Grinsen. Das hatte gesessen. Er trat auf mich zu und sagte „Ihr nennt MICH arrogant“? Nun wandte ich meinen Blick doch zu ihm und ich sah, wie er mich amüsiert anblitzte und eine Augenbraue nach oben zog. Er trat noch näher an mich heran und sagte leise „bei allem Respekt, Herr Hauptmann, ich bin es nicht, der sich so abweisend gibt, dass selbst Wasser im Sonnenlicht gefriert“. Ich sah ihn vernichtend an und drehte mich von ihm weg. Einer meiner Soldaten kam plötzlich aufgeregt auf uns zu, verneigte sich leicht vor mir und sprach Legolas direkt an „seid Ihr nicht Prinz Legolas aus dem Düsterwald? Ich hab Euch gestern gar nicht erkannt. Ich habe schon viel von Euch und Eurer großen Kunst des Bogenschießens gehört“. Er schien ganz aufgeregt. Oh je, dachte ich bei mir. Das war ja klar. Es war einer meiner jüngsten und eifrigsten Bogenschützen, der gerade begeistert mit dem Prinzen sprach. „Ich wäre hoch geehrt, wenn Ihr mir etwas von Eurem Können zeigen würdet“ hörte ich ihn. „Das tue ich sehr gerne“ erwiderte der Prinz und sah mich dann fragend an. „Es sei denn Euer Hauptmann hat etwas dagegen einzuw...“....“schon gut, schon gut“ unterbrach ich ihn schroff. „Zeigt, was Ihr könnt“. Entnervt ging ich zur Seite und lehnte mich wieder an den Baum, an dem ich zuvor schon ruhte und sah dem Prinzen zu, wie er ruhig seinen Bogen nahm, einen Pfeil spannte und diesen gekonnt in den Mittelpunkt der Zielscheibe schoss. Dann spannte er in Sekundenschnelle einen weiteren Pfeil und schoss ihn mitten durch das Holz des ersten Pfeils. Meine Soldaten klatschten begeistert. Der Prinz lächelte und verneigte sich kurz. Ich ließ mir nicht anmerken, dass auch mich sein Schauspiel beeindruckt hatte. Mit welch rasender Geschwindigkeit er so zielsicher traf. Ich erahnte, was für ein grandioser Bogenschütze er sein musste. Und ich ertappte mich dabei, dass ich es richtig genossen hatte, ihm zuzusehen. Sein sehniger Arm und die Kraft seines Schusses waren beeindruckend angesichts seiner sonst so schlanken Gestalt. Sekunden später hatte ich mich bereits wieder völlig im Griff, klatschte langsam und sah ihm kühl in die Augen. „Sehr gut...ich glaube, das „Königssöhnchen“ nehme ich hiermit zurück. Und nun wäre es besser, Ihr würdet gehen, denn Ihr lenkt meine Soldaten zu sehr ab“. Sicht Legolas: Bedächtig ging ich über die wunderbaren Wiesen Lothloriens und lächelte im mich hinein. Ihr lenkt meine Soldaten zu sehr ab, hatte er gesagt. Wen ich hier vermutlich am meisten ablenke, habt Ihr vergessen zu erwähnen stolzer Krieger, dachte ich mir amüsiert. Ich wusste, dass er meine Schießkunst bewundert hatte, da konnte er mich noch so kühl ansehen. Es war fast wie ein Spiel, dass wir beide spielten und ich genoss es. Ich war überzeugt, früher oder später die Freundschaft dieses Elben zu erlangen. Vielleicht reizte es mich auch gerade deshalb so, weil ich inzwischen wusste, dass er keine Freunde besaß...nur Lebewesen, die ihn respektierten...mehr nicht. Außerdem ärgerte es mich über alle Maßen, wie abfällig er Gimli behandelte und ich war überzeugt, dass er auch Gimlis gute Seiten entdecken würde, wenn er mir in Freundschaft zugetan war. Ich beschloss in 2 Tagen erneut zum Training zu gehen, um belustigt zu beobachten, wie er innerlich kochte vor Wut. Morgen gab es kein Training, denn es war ein hoher Feiertag der Elben an dem ein großes Lichterfest stattfinden sollte. Wie schön, dachte ich. Ich liebte Feste und alles, was damit verbunden war. Summend lief ich noch eine ganze Weile vor mich hin und kehrte dann zurück. Angetan fiel mein Blick auf das Blumenmeer, das bereits für morgen alle Wege schmückte. Ich setzte mich auf eine kleine Bank und begann eine Pfeife für meinen Freund Gimli zu schnitzen. Er liebte es, wenn ich das tat und seine Anzahl an Pfeifen aus meiner Schnitzkunst war beachtlich. Nebenbei beobachtete ich die Soldaten der Wache, die sich für einen Wachpostenwechsel versammelt hatten. Hauptmann Haldir stand vor Ihnen und hielt ihnen in seinem gewohnt unterkühltem Tonfall eine Rede. Sie respektierten ihren Anführer über alle Maßen...ja, das konnte ein Blinder erkennen. Danach hielt er sich in einiger Entfernung zu mir auf und sprach längere Zeit mit einer schönen Elbenfrau. Sie sah ihn immer wieder bewundernd an, aber es hatte fast den Eindruck, als würde er das gar nicht bemerken. Er sprach ohne jede Gefühlsregung mit ihr und blickte irgendwie durch sie hindurch. Merkwürdig, dachte ich mir. Diesen Blick hatte ich schon einmal an ihm gesehen. Er sah durch alle Lebewesen auf diese emotionslose Weise hindurch, die ihm Bewunderung entgegen brachten. Als sie ging, fiel sein Blick auf mich und ich sah, wie sich seine Gesichtszüge verfinsterten. Dann jedoch nahmen sie in Windeseile wieder diesen nichts sagenden, leblosen Ausdruck an und er schritt hoch erhobenen Hauptes davon. ----------------------------------------------------------------------- Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)