Dream or no dream? von SkyFisher ================================================================================ Dream or no dream? Beinahe lautlos huschten Schritte durch den idyllischen Wald. Die Sonnenstrahlen brachen durch die Blätterdächer, sodass der Boden in den Farben der späten Nachmittagssonne getaucht wurde. Der Wind hatte sich gelegt und vereinzelt konnte das Gezwitscher der Vögel vernommen werden. „Ich bin fast zu spät dran! Bis nach Kumogakure werde ich es bestimmt nicht mehr rechtzeitig schaffen! Zwei Tage reichen doch nicht, man bräuchte eine ganze Woche dafür!“ Rasend schnell flitzte der Shinobi durch das Unterholz, während er seine Gedanken lauthals und voller Verzweiflung hinausschrie. „Was der Raikage mit mir machen wird...? Wahrscheinlich wird er mich sofort von allen Missionen sperren und dazu noch zum Akademiedienst schicken! Die Kinder dort werden mich auslachen und schonungslos auf mir rumhacken, sodass ich in Depressionen verfalle und dann.....“ Energisch schüttelte er seinen Kopf, um seinen Gedankengang zu unterbrechen, „Wenn ich es aber in der Zeit schaffe oder sogar noch früher, wird er zu mir sagen: 'Du bist ein tadelloser Shinobi, Omoi. Dich werde ich mit Sicherheit als meinen Nachfolger nominieren.'. Doch diese Strecke ist viel zu lang, als dass man sie in zwei Tagen schaffen könnte! Ich könnte Kumogakure allerdings auch in Zweieinhalb erreichen, womit er mir vielleicht sogar einen Tag frei gibt!“ Seine Miene war zielgerichtet und stoisch nach seinen Ausrufen. Er hielt sein schnelles, ausgeglichenes Tempo, während er an den Bäumen und Wiesen vorbeirauschte. Er erklomm Plateaus, überquerte Bäche bis hin zu einem breiten Fluss und hievte sich an einem Felsvorsprung hoch. Dort blieb er eine kurze Zeit lang stehen und schaute Richtung Westen. „Puh, ich habe ganz schön aufgeholt. Vermutlich schaffe ich es ja doch noch rechtzeitig!“ Stolz stemmte er eine Hand an seine Hüfte, während er betont seine Augen schloss und den Lutscherstiel aus seinem Mund nahm. Daraufhin öffnete er seine Augen, biss auf den nächsten Lutscher und grinste zuversichtlich in die Ferne. „Das wird ein Spaziergang!... Hm?“ Ein störendes Blinken brannte sich förmlich in sein Sichtfeld und ergatterte somit seine Aufmerksamkeit, wodurch er mit zugekniffenen Augen versuchte, die Quelle unten im Dickicht ausfindig zu machen. Wie er bereits vermutet hatte, handelte es sich dabei um reflektierte Sonnenstrahlen, jedoch hielt dies plötzlich für einen langen Zeitraum an. Anders als Angriffe, wo gegebenenfalls Kunais oder andere Waffen kurz vorher aufblitzten, bevor sie geworfen wurden, schien dieses Objekt still zu liegen. Die Neugier übermannte ihn, sodass er den Gedanken an einen hinterhältigen Angriff zunächst nur wenig Beachtung schenkte und geschickt von dem Vorsprung runter sprang. Er landete direkt auf einem dicken Zweig und untersuchte hockend die Umgebung. Das Glänzen hatte er dabei im Fokus und sprang von Ast zu Ast zu diesem hin. Vom nächsten weit verzweigten Baum aus konnte er es nun deutlich erkennen, jedoch drängte sich etwas anderes in den Vordergrund seiner Gedanken. Überrascht sah er hinunter und bewegte sich zuerst nicht. Auf dem Boden lag nicht nur ein seltsames Objekt, sondern auch eine Person nicht weit entfernt davon. Mit dem Rücken zu ihm gelegen, konnte er jedoch schnell ein Mädchen – ungefähr seines Alters – durch die Statur und den langen, braunen Haaren erkennen. Ihre Haltung war jedoch fragwürdig. Sie lag auf der Seite, die Beine jeweils willkürlich ein wenig angewinkelt, ebenso wie ihre Arme. Ihre Haare lagen wie in einem halboffenen Fächer von ihrem Kopf ab auf dem Boden und ihr Rücken war gerade und durchgestreckt. Endlich überwand er den kleinen Schock und eilte zu ihr. Besorgt und ein wenig stürmisch rüttelte er an ihrer Schulter, nachdem er sie sich näher angesehen hatte. Ihre Kleidung war heile, höchstens durch das Gras ein wenig grün an den prägnantesten Stellen. Ebenso schien sie kaum Verletzungen aufzuweisen, was doch recht merkwürdig war unter der Annahme, dass sie zuvor womöglich in einem Kampf verwickelt gewesen sein könnte. Sie fing an, sich zu regen, als würde sie aus einem schönen Traum gerissen werden. Wie ein Kopfschütteln kniff sie ihre Augen verärgert zusammen und drückte ihr Gesicht weiter ins Gras hinein, wobei sie unverständliche Worte vor sich hin murrte. Langsam flatterten ihre Lider auf und benommen tastete sie ein wenig den Boden ab, als würde sie gar etwas Spezielles erfühlen wollen. Nachdem sie jedoch nichts spüren konnte, klärte sie ihren Blick und zwang sich selbst zur Konzentration. Verwirrt und ein wenig aufgebracht hob sie ihren Kopf, um sich die Umgebung besser anschauen zu können, ehe sie etwas am Rande ihres Blickfeldes wahrnahm: Eine Hand, allerdings nicht ihre Eigene. „Hei! Daijobudesuka?!“ Zeitgleich mit dieser Aussage drehte sie sich erschrocken auf den Rücken und starrte so auf direktem Wege in das Gesicht des ihr unbekannten jungen Mannes. Ihr Brustkorb hob und senkte sich rasch bis sie sich allmählich beruhigte und ihren Kloß im Hals hinunter schluckte. In derselben Zeit tat Omoi beinahe das Gleiche, nur dass seine Augen ihr Gesicht zu inspizieren und sich mehr und mehr zu schließen schienen. Sein Mund jedoch blieb ein wenig offen, während er immer noch gebeugt über sie auf Knien hockte. Abwegige Gedanken vernebelten auf einmal seinen Kopf, als hätten ihre Meerblauen Augen ihn in ihren Bann gezogen, selbst wenn diese mehr verängstigt als verträumt zurück stachen. „Ähm.. Wie bitte?“, fragte sie verwirrt nach und hob verunsichert eine Augenbraue hoch. Nun erwachte er aus seinen Träumereien und blinzelte ebenso verwirrt zurück, wobei er seinen Kopf schräg legte. „Nandesuka?“ Dieses Mal blinzelte sie mehrfach aus Verwirrung und beide sahen sich ratlos an. Vorsichtig setzte er sich hin, sodass sie das Gleiche tun konnte. Sie mied seinen Blick, der sie gänzlich musterte und fixierte sich in Gedanken auf den Grasflecken unmittelbar vor ihr. Sie dachte scharf nach; An die letzte Tätigkeit, die sie gemacht hatte und dazu noch über die gut überschaubaren japanischen Begriffe, die sie kannte. Jedoch war sie sich nicht sicher, ob er erstens überhaupt Japanisch sprach oder doch vielleicht eine andere Sprache und zweitens ob sie die Wörter auch richtig aussprechen konnte. Langsam hob sie ihren Kopf und versuchte den Jungen vor ihr anzusehen, wich dabei doch dem Blickkontakt aus. Ihre Hände knetete sie nervös, während sie verunsicherte Blicke zu ihm warf. „Kon'nichiwa.“, sprach sie gedämpft und befürchtete dabei das Schlimmste. Ein fragender Laut kam von seiner Seite, wobei er den Kopf erneut zur Seite legte und ein wenig überrascht zu sein schien. „...Hei.“, grüßte er unsicher zurück, zog seine Beine zu einem Schneidersitz an und ließ locker seinen Oberkörper hängen. Sein Augenmerk konnte er nicht von ihrem Antlitz lösen, zu sehr weckte sie seine Neugier und sein Interesse. „Hmm.. Anata no namae wa nanidesu? Nin'i no namae suru hitsuyō ga arimasu. Kagiri, kore ga nai yoideshou, sore o wasurete shimatta. Hoka ni dono yō ni mitsukeru koto ga dekiru ga modotte anata no kazokudesu ka?!“ Für sie aus urplötzlichen, unbekannten Gründen raufte sich ihr Gegenüber die Haare und schien am Rande der Verzweiflung zu stehen, dabei beobachtete sie ihn erschrocken über diesen rasanten Ausbruch und wagte es nicht, ihn dabei zu unterbrechen. Schließlich konnte sie kein einziges Wort davon verstehen und ihn erst recht nicht mit Solchen beruhigen bei ihrem geringen Wortschatz. „Shikashi, osoraku kanojo wa kazoku o motanai. Tabun kanojo wa minashigodeari kanojo wa sore kara koko no kokatsu kara hōkai suru mae ni kibishī fuyu to natsu no tatakai wa tsukareru, o kaishite kanojo no jinsei o motte ita! Ā, do no yō ni hidoi!“ Wieder fing er mit einem Murmeln an und endete in lauten, unverständlichen Ausrufen, wobei ihm anscheinend Tränen die Wangen hinunter flossen. Sie selbst konnte sich keinen Reim darauf machen, was er da nun von sich gab. Für sie ergaben diese willkürlichen Worte keinerlei Sinn, gerade weil sie diese nicht kannte und verstehen konnte. „Hey, hey.“ Sie kniete sich vor ihm hin und machte beruhigende Armbewegungen, was tatsächlich zu funktionieren schien, „Also, ähm.. komm erst mal runter, ja? Ich hab keine Ahnung, was du da gerade gesagt hast und auch nicht, wieso du auf einmal so emotional berührt bist. Mir geht es gut, mach dir keine Sorgen.“ Deutlich war sein Gesichtsausdruck zu verstehen, da er geradezu vor Unverständnis leuchtete. Überfordert schloss sie ihre Augen und seufzte einmal tief durch. Ein Gedanke schoss ihr ins Großhirn und erinnerte sie sofort an die bekannte Stelle in ihrem Lieblingskinderfilm. Sie drückte ihre Faust fest gegen die Brust und sagte: „Mina.“ Danach zeigte sie auf ihn und setzte einen neugierigen, amüsierten Blick auf. Zögerlich zeigte er ebenfalls auf sich selbst und runzelte irritiert die Stirn. Er schien ihre Gestik noch nicht ganz durchschaut zu haben, sodass sie es wiederholte. Jedoch stupste sie ihn nun an seine Brust und grinste ihm entgegen. Aus einem Impuls heraus riss er verwundert seine Augen auf, als sie ihm so nahe kam und realisierte erst Momente später, was von ihm verlangt wurde. „Ā! Watashinonamaeha omoidesu.“ Verstehend nickte er ihr eifrig zu und sah danach förmlich ein großes Fragezeichen in ihrem Gesicht. Allmählich verstand er nun, dass sie ihn kaum verstehen konnte, woraufhin er sich verlegen am Kopf kratzte und nervös auflachte. „Gomen'nasai.“, entschuldigte er sich und grinste unsicher zurück. Jedoch schien sie dieses Mal aufzuhorchen bei seiner Aussage und blinzelte erstaunt. Rasch schüttelte sie den Kopf, gab dabei ein ablehnendes Geräusch von sich und schmunzelte aufmunternd. Seine Verwunderung war kaum zu übersehen, ebenso wie seine gedankliche Abwesenheit. „Äh.. Daijo.. budes ka?“ Schüchtern stotterte sie dies, in der Hoffnung, es korrekt ausgesprochen zu haben. Es hatte immerhin den gewünschten Effekt erzielt und ihn in die Realität zurückgebracht. Erneut kratzte er sich am Kopf und lachte verlegen, wobei sein Gesicht an Röte zuzunehmen schien. Sie hingegen kicherte leise und machte mit der Hand eine beschwichtigende Bewegung. Somit hielt er schlussendlich auch die Faust gegen seine Brust und sprach: „Omoi.“ Fragend wiederholte sie den Namen, damit sie ihn auch richtig verstanden hatte, was er erheitert abnickte. Auf Anhieb schenkten sich die Beiden ein breites, strahlendes Lächeln und schienen die Welt um sich herum für einen kurzen Augenblick vergessen zu haben. Auf einmal drang jedoch ein dumpfes, seltsames Geräusch an ihrer beider Ohren, woraufhin sie die Umgebung neugierig absuchten. Schon gleich fiel deren Blick auf das schwarze, rechteckige Etwas, was Omoi als die Reflektionsquelle von eben erkannte. Mina schien hingegen den Atem angehalten zu haben und kroch schnell zu diesem Gerät, was vibrierend auf dem Boden lag. Skeptisch kroch er ebenfalls zu ihr und beäugte interessiert das Objekt in ihren Händen. Sie drehte es mehrere Male um, untersuchte es eingehend und seufzte erleichtert auf gefolgt von einem Strahlen auf ihren Lippen. Dies entlockte ihm einen fragenden Gesichtsausdruck mitsamt eines verwirrten Lautes, wobei er beinahe etwas sagen wollte, jedoch schnell an das Problem zurückdachte und den Mund wieder schloss. Sie bemerkte seine unausgesprochene Frage, grinste ihn an und kramte etwas aus ihrer Jeanshosentasche raus. Ein weißes langes Kabel mit zwei Ohrsteckern befand sich nun vor Omoi´s Nase und wurde von ihr in den Eingang des Gerätes gesteckt. Daraufhin hielt sie ihm einen Ohrstöpsel hin und steckte sich währenddessen selber einen ins Ohr. Kurz zögerte er, nahm ihn jedoch in die Hand und tat dasselbe wie seine Sitznachbarin. Der Bildschirm des Geräts leuchtete auf und ein seltsames Muster zeichnete sich darauf ab. Er streckte seinen Kopf näher zu dem Gerät, um diese merkwürdigen Zeichen deutlicher zu erkennen und kniff dabei angestrengt die Augen zusammen. Sie hingegen musste bei diesem Anblick schmunzeln, wohl wissend, dass er die Schrift ihrer Kultur weder lesen noch zu irgendeiner Sprache zuordnen konnte. Allerdings beließ sie es dabei – da eine Erklärung wohl keinerlei Sinn ergeben hätte – und tippte auf dem Display einige Male an verschiedenen Stellen, ehe der Weißhaarige überrascht aufhorchte. Es spielte Musik in seinem Hörorgan, welche er zuvor noch nie gehört hatte. Die Klänge und Rhythmen waren ihm vollkommen fremd, jedoch überaus faszinierend. In seinen Augenwinkeln bemerkte er, wie Mina mit dem Kopf dazu wippte und ihre Arme ein wenig zum Takt bewegte. Sie schien nun so glücklich damit zu sein, als wäre dies Alles, was sie je brauchte. Weich schmunzelte er und ließ sich allmählich auf die Musik ein. Sie hörten sich zusammen einige Lieder an, während sie beieinander saßen und manches Mal zeigte sie ihm auch eine Choreographie oder eine traditionelle Tanzart wie den Walzer oder Salsa, die er nach einigem Üben ganz gut verinnerlichen konnte. Deren ungehaltenes und zwangloses Lachen hallte zu allen Seiten ebenso wie das freudestrahlende Grinsen, das sie auf ihren Lippen trugen. Mal hier und da rutschten den beiden aus Reflex Wörter aus ihren Sprachen heraus, woraufhin sie sich zuerst unschlüssig ansahen, dann aber in Gelächter verfielen und gar nicht mehr damit aufhören konnten. Ihm kamen bereits die Tränen und er wischte sie mit einem keuchenden Lachen weg, während er sich den schmerzenden Bauch hielt. Sie versuchte ihr Lachen unter Kontrolle zu bringen, was nur bedingt klappte und hielt sich ebenfalls den Bauch. Nach einer langen Zeit konnten sie schließlich ihr Gekicher einstellen und atmeten tief ein und aus. Mit sanften Mienen sahen sie sich an und mussten hin und wieder schmunzeln, geradeso als würden sie in schönen Erinnerungen schwelgen. Die Entfernung zwischen ihnen betrug nur einen halben Meter, sodass sie schwer die ganze Person vor ihnen in Blick nehmen konnten. Jedoch schien dies kein großes Problem darzustellen; Ihre Augen tasteten sich ausschließlich über das Gesicht des Anderen hinweg, doch meist verblieben sie bei den Augenpartien. Ihre Seelenspiegel waren ein wenig zu, was den verträumten Ausdruck jedoch sehr intensivierte und da sie einfach regungslos zueinander standen, schienen beide gedankenverloren in ihre eigenen Welten versunken zu sein. Doch prompt wurden sie aus ihren Traumwelten hinausgeworfen, als ein lautes Magengrummeln zu vernehmen war. Ihrer beider Augenmerk richtete sich auf Omois Bauch, den er sich ein wenig peinlich berührt hielt. Jedoch knurrte kurz danach auch Minas Magen nach Essen, womit sie sich ebenfalls den Bauch streichelte und verlegen grinste. Dies erwiderte er amüsiert und hielt ihr seine Hand hin, auf die sie dann verwundert starrte. Seine andere Hand deutete über seine Schulter hinweg nach hinten, was sie als Geste für den Aufbruch verstand und somit ihre Hand in Seine legte. Beide schmunzelten sich kurz an, ehe sie sich auf den Weg machten. Die Zeit schien an beiden wie in Zeitlupe vorbeizugehen, da sie relativ langsam über den Waldweg spazierten und sich bei allem – selbst wenn sie sich ständig anlächelten – eine gefühlte Ewigkeit dafür nahmen. Für die Zwei war es jedoch eine wunderbare Ewigkeit, die sie viel zu schnell verlassen mussten; Ein kleiner Schuppen, der in einen Laden umgebaut wurde, hatte sich in ihr Blickfeld geschlichen und sie somit voneinander abgelenkt. Hand in Hand gingen sie zu dem Imbissstand und warteten auf die Bedienung. Derweil glitt Minas Blick über den gesamten Bau. Dieser schien so klein zu sein, dass in einem Zimmer bestimmt ein Bett – wenn es denn überhaupt eins wie in ihrer Welt war – und ein Klo stehen musste, was sie sich nicht gerade appetitlich vorstellte und das Gesicht kurz verzog. Die ganzen Schriftzeichen auf der Tafel oder auf den Plakaten beäugte sie interessiert, auch wenn sie diese überhaupt nicht entziffern konnte. Doch zusammen mit der Sprache und der Schrift kannte sie sich genauso wenig mit dem üblichen Gerichten aus Japan oder dieser Welt aus und hoffte, dass Omoi einen ganz guten Geschmack besaß. Dieser wartete ein wenig ungeduldig vor dem Tresen, hatte eine Hand an seine Hüfte gestemmt und seufzte manchmal leise auf. Er wollte ungern so unhöflich in den Laden hineinrufen, da dies bei seiner Begleitung wohl keinen guten Eindruck machen würde – selbst wenn sie vermutlich keins seiner Worte verstehen konnte – und versuchte somit ruhig zu bleiben. Allmählich tippelten behäbige Schritte durch die kleine Hütte, ehe eine kleine ältere Frau mit einem eingefallenen Gesicht und strengen Dutt über den Tresen lugte und beide mit einem warmen Blick überflog. „Och, was kann ich denn für euch zwei Jünglinge tun?“ Ihre Stimme war kratzig, jedoch beherbergte sie einen herzigen Ton. Erleichtert seufzte er auf und meinte: „Zweimal An-Dangos bitte.“ Dazu streckte er zwei Finger in die Höhe, um dies zu verdeutlichen. Die alte Dame nickte und machte sich langsam ans Zubereiten. Währenddessen hatte das Mädchen dem Gespräch gelauscht und beide ein wenig überfordert angesehen, was Omoi nun bemerkte und ihr ein zuversichtliches Grinsen mitsamt eines nach oben gestreckten Daumens schenkte, was sie mit einem unsicheren Nicken quittierte. Sie setzten sich zusammen auf die hohe Holz-Veranda und warteten. Ihre Hände lagen immer noch ineinander, jedoch schienen sie es bisher nicht zu bemerken. Sie starrten einfach Löcher in die Luft, erkundeten mit ihren Blicken die Umgebung und ließen die Sekunden an sich vorbeiziehen. Schnell wurde es ihnen überdrüssig und sie agierten ein wenig hibbelig und nervös. Ein Gespräch konnten sie schlecht führen, weshalb die Lage dann doch recht unangenehm war. Aus dem Reflex heraus bewegten sie sich ein bisschen und bemerkten dadurch schnell ihre Hände. Überrascht schauten sie auf diese und blieben zunächst regungslos, wobei beide einen leichten Rotschimmer im Gesicht trugen. Doch rasch sahen sie zueinander auf, wurden noch röter und nahmen schnell ihre Hände wieder zu sich, wobei sie dann verlegen wegguckten. Passend dazu kam die alte Dame zu ihnen und stellte die Gerichte hinter den beiden ab, die sich inzwischen zu ihr umgedreht hatten. „Ich hoffe, es schmeckt euch beiden Täubchen.“ Sie drehte sich um und trat träumerisch in die Hütte, während sie laut vor sich hin murmelte: „Ach ja, die junge Liebe. Ich kann mich noch gut an meinen damaligen Liebsten erinnern. Er war adrett, hilfsbereit und hatte ein Lächeln zum Dahinschmelzen! Och, wie unvergesslich schön es damals gewesen ist, als wir uns die Dangos geteilt hatten..“ Ein sehnsüchtiges Seufzen kam noch von ihr, ehe sie im Häuschen verschwand. Omois Einwände hatte sie dabei gekonnt überhört, womit sie ihn rot angelaufen zurückgelassen hatte und er von Mina fragend angesehen wurde. Nervös hielt er eine Hand im Nacken und lachte dabei flach, was seine Lage eigentlich noch mehr verschlimmerte. Dies wusste er selbst, stellte somit sein Lachen ein, ließ seinen Arm baumeln und schaute geschlagen auf seinen Teller, der immer noch seitlich hinter ihm stand. Sie hingegen musste auf einmal schmunzeln und legte ihren Teller auf ihren Schoß ab. Danach beugte sie sich mit ihrem Oberkörper leicht zu ihm hin und umfasste den Holzstiel an seinem Mund, was ihn nicht nur verwunderte, sondern ebenso überrumpelte und er dabei zusah, wie sie den längst aufgegessenen Lutscher herauszog. Sein Mund blieb fassungslos offen, als er nun seinen Fokus auf ihr Gesicht wechselte, was ihm angenehm lieblich entgegen funkelte. So wie sie erhielt er erneut einen rosa Schimmer auf den Wangen und konnte sich gar nicht mehr von ihrem Anblick lösen. Sie jedoch musste nun bei seiner Geistesabwesenheit anfangen zu kichern und nahm dabei seinen Teller in die Hand, um ihn unter seine Nase zu halten. Augenblicklich schreckte er mit seinem Kopf zurück und besah sich kurz das Essen. „Itadakimasu!“, gab sie bekannt, was ihn sogleich erstaunt als auch fröhlich stimmte, er ihr den Teller abnahm und ihr das Gleiche wünschte, ehe er sich die süßen Klöße schmecken ließ. Sie biss ebenfalls in ihr Essen und war sichtlich erfreut über diesen Geschmack, den sie sogleich mit einem genießerischen Laut demonstrierte. Freundlich lächelte er ihr mit kauenden Mund zu und musste oft während des Essens zu ihr hinüber linsen. Diese Gestik schien sie nicht zu bemerken und sie aß gemütlich weiter, bis sie fertig war. Er schluckte noch hastig den letzten Rest hinunter, als er bemerkte, dass er noch bei der Hälfte war und sie bereits zu Ende gegessen hatte und grinste ihr - seine Peinlichkeit überspielend – zu. Sie erwiderte es wie immer heiter und erhob sich. Daraufhin hielt sie ihm die Hand hin und grinste breit, während er zunächst fragend aufsah, dann jedoch ihre Hand ergriff und aufstand. Schnell legte er das Geld auf den Tresen, verabschiedete sich kurz und spazierte mit Mina weiter entlang der Allee. Stets lächelnd schlenderten sie Hand in Hand nebeneinander her. Allmählich schien es sie nicht mehr zu stören Händchen zu halten, selbst wenn weiterhin ein markanter Rosaton auf ihren Wangen thronte und ein Schwung Nervosität in der Luft verblieb. Dabei war das Händchenhalten so definiert, dass sie nur zaghaft die Finger des anderen sanft mit ihren eigenen Fingern umschlossen hielten. Manches Mal fing einer der beiden an, dem anderen verschmitzte und beinahe anhimmelnde Blicke zuzuwerfen, doch sobald der Andere ebenfalls zu ihm sah, reagierten beide überrascht, drehten ihren Kopf weg und schauten mit roten Gesichtern zu Boden oder in der Gegend umher. Dies passierte einige Male, ehe Minas Aufmerksamkeit von etwas Beschaulicherem eingefangen wurde. Ihr Mund klappte langsam auf, während ihre Augen noch größer wurden und durch das Sonnenlicht vermehrt funkelten. Ihre Schritte wurden langsamer, schwerfällig, was Omoi ab da an eine fragende Reaktion abverlangte. Schnell verzog sie ihren offenen Mund in ein formschönes Grinsen und zeigte begeistert nach vorne, wobei ihr ein kleines Kichern entkam. Er folgte mit seinen Augen der gezeigten Richtung, kniff angestrengt diese zusammen und hielt sich als Lichtschutz die andere Hand an die Augenbrauen, um diese anscheinend wunderschöne Sache in der Ferne zu erkennen. Jedoch verursachte die langsam untergehende Sonne nur ein goldenes, fast blendendes Licht an der Stelle, die Mina wohl zu meinen schien, weswegen er ein wenig ratlos gekrümmt dort stand. Doch bevor er sich wieder an sie richten konnte, lief sie bereits auf das grelle, großflächige Land zu und zog ihn zum Mitlaufen animierend mit, wodurch er dann locker neben ihr joggte und die beiden dem Ziel näher kamen. Bei ihrem Eintreffen blieben beide demütigst stehen und dieses Mal öffnete auch Omoi seinen Mund vor Erstaunen. Direkt vor ihren Füßen erstreckte sich ein malerischer Teppich aus weißen Blumensorten und gedeihenden Wildgräsern, die voll und ganz dank der Sonne in orangenen Tönen zum Leuchten gebracht wurden. Knapp über den Pflanzen flogen atmosphärisch ansprechend kleine weiße Pollen – vermutlich von Pusteblumen – spielerisch durch die Lüfte und verlieh dem Gesamtbild eine geradezu magische Idylle. Der leichte Wind begrüßte die zwei Neuankömmlinge und umspielte dabei ihre Haare, während er ihre Gesichter angenehm kühlte. „Wow..“ - „Sugoi...“ Beide ließen ihre Überwältigung in diesen Wörtern mit einfließen, sodass dieser Hauch von Begriffen von der sanften Brise davongetragen wurde. Diese große Blumenwiese war ein wunderschönes Naturspektakel, da wohl keiner der Beiden jemals so eine Wiese sehen oder wertschätzen konnte wie in diesem Moment. Zögerlich taten sie einige kleine Schritte nach vorne, spürten mit ihren Händen das hohe, sanft schwingende Gras und erkundeten mit erfüllten Blicken die Blumenwiese. Es dauerte seine Zeit, bis sie sich allmählich an dem atemberaubenden Anblick satt gesehen hatten und nun ins Hier und Jetzt zurückkamen. So standen sie nun auf der Wiese inmitten einzigartig blühender Pflanzen und schienen tatsächlich nicht zu wissen, was sie als Nächstes machen könnten. Mit dem Zeigefinger und dem Daumen stützte er sein Kinn, während er nach einer Idee suchte. Wenn sie schon etwas so Schönes gefunden hatten, sollten sie es auch nicht gleich wieder verlassen. Deshalb müsste es hier doch eine Möglichkeit zum Zeitvertreib geben, außer sich faul ins Gras zu legen – wovon sie vermutlich nicht gerade angetan wäre. Fieberhaft kramte er in zahlreichen Möglichkeiten nach einer Lösung des Problems, womit er seine Gesichtszüge immer mehr anspannte. Doch abrupt wurde er aus seinen Überlegungen gerissen, als die Braunhaarige ihn an den Oberarm tippte und ihm ein verspieltes Grinsen knapp über seine Schulter zukommen ließ. Verblüfft blinzelte er sie an und gab einen fragenden Laut von sich, doch da rannte sie schon los – quer über die Wiese. Reflexartig sah er ihr hinterher, bis sie in einiger Entfernung stehen blieb, sich zu ihm umdrehte und breit grinste. Während ihres Laufs hatten sich viele Blütenblätter von den Blüten gelöst und wurden vom Wind und ihrem Windschatten nach oben hinter ihr her gewirbelt, sodass es aussah, als würde sie aus diesen schneeweiß leuchtenden Blumen bestehen. Ihre Haare glänzten durch die Sonne wie Kupfer und Gold, während die strahlenden Blüten um sie herum Mina zusätzlich beschienen wie im Scheinwerferlicht. Omois Augen reflektierten diese Szene auf der Netzhaut, als hätte es sich eingebrannt. Sein gesamter Ausdruck wurde weich, träumend und sinnlich, wobei sich sein Mund langsam öffnete, er die Arme sacht sinken ließ und sein Rücken an Spannung abnahm. „Omoi!“ Mühsam blinzelte er einmal, klärte seinen Blick und fixierte sich auf die Person vor sich, wobei er in seiner jetzigen Haltung verblieb. Mina signalisierte ihm mit dem 'Zu sich winken', dass er zu ihr kommen sollte. Träge legte er den Kopf ein wenig schief und ging – wie auf weichen, schwerelosen Federn getragen - zu ihr. Doch sobald er den Abstand stark verringert hatte, lief sie erneut von ihm weg. Erst dann schreckte er aus seiner Trance auf und realisierte, was von ihm gefordert wurde. Ihr süßes Kichern drang in sein Ohr und er verstand dies als Ansporn. Selbstbewusst schmunzelte er, da er als Shinobi ohnehin schneller war als sie und sprintete sogleich auf sie zu. Sie quiekte erst auf und lief dann weiter von ihm weg. Beide lachten bei ihrem Spiel, wobei sie permanent Harken schlug und Omoi sein Tempo bewusst drosselte, damit sie länger etwas davon hatten. Erst nach einigen Minuten hatte er sie endlich gepackt und schlang seine Arme um ihre Taille, um sie am Davonlaufen zu hindern. Triumphierend lachte er und hob sie hoch, womit sie während ihres fröhlichen Gelächters kurz aufquiekte. Einmal drehte er sich mit ihr im Kreis, ließ sie danach runter, tippte sie dann anschließend an die Schulter und joggte von ihr weg mit einem siegessicheren Lächeln auf den Lippen. Schauspielerisch gab sie ein empörtes Jaulen von sich, ehe sie ihm hinterher rannte und beide verfielen daraufhin in ein erneutes herzhaftes Lachen. Sie jagte ihn mehrmals über die Wiese, bis sie keuchend stehen blieb und sich mit ihren Händen auf den Knien abstützte. Schwer rang sie nach Luft und ließ ihren Kopf unten, dennoch hielt sie einen ihrer Zeigefinger hoch – als Zeichen der kurzen Pause. Omoi hatte schon längst aufgehört zu rennen und griff sich nun entschuldigend in den Nacken. Womöglich sollte er ihr auch mal eine Chance auf den Sieg geben und er beschloss, sich nun langsamer fortzubewegen. Kurz darauf richtete sich Mina auf und blitzte ihm mit einem entschlossenen Ausdruck in den Augen entgegen. Er verstand rasch und flüchtete gemächlicher davon. Doch wie aus dem Nichts riss ihn etwas gen Boden und sein Gesicht begrüßte das Gras. Auf seinem Rücken lag die Braunhaarige und gab ein freches „Hehe.“ von sich, während sie ihr Kinn auf ihrer Hand abstützte und ihr Ellbogen sich in den Rücken von Omoi eingrub. Doch in recht kurzer Zeit krabbelte sie von ihm runter und legte sich neben ihn auf den Rücken. Flüchtig warf er ihr einen Blick zu und drehte sich dann ebenso in Rückenlage. Zusätzlich verschränkte er noch seine Arme hinter seinem Kopf und seufzte genießend, wobei ein fröhliches Lächeln seinen Mund umspielte. Sie hingegen knetete ein wenig ihre Hände, die auf ihrem Bauch ruhten und grinste belustigt zum Himmel hinauf. Seine Gedanken schweiften zusammen mit den winzigen Pollen in andere Sphären, doch wurden sie je von einer kleinen, orangenen Blume aufgefangen, bevor sie aus der Welt gleiten konnten. Diese Blüte beugte sich durch den Wind förmlich über ihn, womit er seine Augen rasch auf diese fixierte und den Stängel vorsichtig mit zwei Fingern umgriff. Ein wenig drehte er die Blume hin und her und betrachtete sie von allen Seiten. Da schien in ihm auf einmal eine Idee aufzusteigen, sodass er die Pflanze an dieser Stelle abriss und sich leicht zu Mina wandte. Ihre Augen waren geschlossen und anscheinend summte sie leise eine Melodie vor sich hin, wobei sie ihren Kopf unmerklich dazu bewegte. Omoi überlegte kurz, steckte sich einen neuen Lutscher in den Mund und bewegte ihn mit der Zunge, ehe er sich zu ihr auf die Seite legte, sich mit dem Ellenbogen stützte und ihr die Blume mit einer fließenden Bewegung ins Haar schob. Seinen Kopf hatte er auf die Hand des stützenden Arms gebettet und grinste von da aus, nachdem sich Mina blinzelnd über diese Tat gewundert hatte. Nun setzte sie sich auf und betrachtete kurz aus dem Augenwinkel die orangene Chrysantheme, indem sie ihr Haar an der Stelle drehte. „Kawaii.“, säuselte er verspielt und grinste sie mit rosaroten Wangen an. Geschmeichelt von seinem Kommentar rötete sich auch ihr Teint im Gesicht, als sie sich mit einem „Arigatō.“ bei ihm bedankte. Er lachte amüsiert auf und strahlte sie weiter an. Nach nicht allzu vielen Stunden trat allmählich die Dämmerung heran und rasch wurde sie vom Kumo-Shinobi bemerkt. Die ganze Zeit über hatten sie weiter im Gras gelegen, sich gegenseitig die Natur um ihnen herum gezeigt und zum Ende hin Musik gehört über ihr dunkles, leichtes Metallgerät. Doch nun brach bald die Nacht herein, die Temperaturen würden fallen und sie würden frieren, wenn sie kein Feuer anzündeten. Trotzdem wollte er auf dieser stark bewachsenen Wiese voller schöner Flora sehr ungern ein Lagerfeuer machen, weshalb er nun aufstand, sie auf die Beine zog und mit ihr Hand in Hand in den Wald ging. Relativ schnell hatten sie eine kleine Lichtung gefunden und nachdem er ihr gedeutet hatte, hier auf ihn zu warten, sammelte er in der Nähe das Feuerholz zusammen. Als er wiederkam, hatte die Braunhaarige bereits einen mittelgroßen Kreis aus handgroßen Steinen bereitgelegt und schmunzelte ihm zu. Ebenfalls mit einem Schmunzeln auf den Zügen stellte er sich ihr gegenüber, kniete sich hin und baute den Holzkegel auf, um ihn kurz danach anzuzünden. Mit etwas Pusten und Zufächern wuchs das Feuer zu einer Wärmequelle heran, was die beiden sichtlich vertragen konnten. Das herzige Knistern des zerfallenden Holzes wurde je von einem endogenen Grummeln überspielt, wobei der Betroffene sich peinlich berührt den Bauch rieb und sich zeitgleich am Hinterkopf kratzte. Sie schien sich darüber zu amüsieren, selbst wenn sie ebenfalls ein wenig Hunger verspürte. Bei dem ganzen Spaß vorhin hatten sie ganz das Essen außer Acht gelassen, jedoch wurde es überraschend schnell dunkel, weshalb sie jetzt schlecht etwas Essbares auftreiben konnten. Eigentlich wollte Omoi sie nur nicht alleine lassen in einer dunklen Nacht. Aufgrund dieser Umstände mussten sie nun mit ihren rebellierenden Mägen auskommen, was kein wirklich großes Drama darstellte. Ein wenig blieben sie dort sitzen und starrten wie benommen ins Feuer. Hin und wieder gähnten sie müde auf und versuchten noch ein klein wenig länger die Augen aufzubehalten. Amüsiert musste Omoi schmunzeln, als er Mina kurz sitzend Dösen sah und dachte darüber nach, wo genau er sich hinlegen sollte zum Schlafen. Er wählte den Baum hinter sich, rutschte an diesen heran und lehnte seinen Rücken an den Stamm. Mit einer Handbewegung winkte er Mina zu sich, die auf allen Vieren zu ihm kroch und sich neben ihn setzte. Beide beobachteten weiterhin die flackernde Gestalt des Feuers, ehe es leicht anfing zu regnen. Mit der Zeit nahm der Niederschlag an Intensität zu und auch die Temperaturen wurden kühler. Instinktiv lehnte sie sich an seinen Körper und bettete ihren Kopf an seine Brust, während er automatisch den Arm um sie legte. Ihnen war klar, dass diese Nacht kalt werden würde und keiner von beiden hatte eine Decke oder ähnliches parat, weswegen sie auf die Körperwärme des anderen bauen mussten. Nicht, dass diese Tatsache für schlechte Stimmung sorgen würde. Beider Gesichtszüge waren weich, verträumt und jede einzelne Sekunde genießend, alsbald würden sie in diesem Moment mehr füreinander schwärmen als jemals zuvor. Mit der Zeit wurden ihre Lider flattrig und der Herz- und Atemrhythmus beruhigte sich langsam, als sie allmählich in den süßen Schlaf voller schöner Träume übergingen. „Omoi..“ Nach einer Ewigkeit in einem kurzen traumlosen Zustand hallte im Kopf vom Weißhaarigen die Stimme einer Frau. „Omoi..?“ Die Stimme war leise, gedämpft und doch vermochte er sie beinahe zuordnen zu können. „OMOI!“ Mit plötzlichen Schmerzen in seinem Kopf riss er die Augen auf und hielt sich jaulend die qualvolle Stelle, wobei der Holzstiel aus seinem Mund flog. Als er dann seinen Blick hob, blieb ihm die Frage nach dem Warum im Hals stecken. Angesäuerte, gelbe Iriden und das grelle Sonnenlicht der aufgehenden Junisonne stachen ihm entgegen sowie das rote, struppige Haar und der Vorbau von der Frau, die weiter weg stand. „Karui? Samui?“ - „Sag mal, Omoi? Was soll das Ganze hier eigentlich?! Wir haben uns Sorgen gemacht, während du hier mit deiner Prinzessin rumkuschelst!“ Rasch giftete sie nun die Braunhaarige an, die währenddessen eingeschüchtert den Kopf im Nacken gelegt hatte, „Wer bist du überhaupt?! Und was zur Hölle trei-!“ - „Karui!“ Auf einmal donnerte ihr Name von Seiten des Jungen direkt in ihr Gesicht, womit sie sofort aufgehört hatte zu sprechen. Überrumpelt und verwundert wandte sich die Rothaarige wieder ihrem Kollegen zu, der sie mit Zornesfalten empfing. „Lass sie in Ruhe. Sie kann unsere Sprache nicht verstehen geschweige denn sprechen und was zwischen uns passiert ist, geht dich nichts an. Ich habe sie lediglich beschützt und auf sie aufgepasst.“, stellte er mit einer Ernsthaftigkeit klar, sodass sein Gegenüber verdattert blinzeln musste, „Und ich werde auch weiterhin bei Mina bleiben, bis ich weiß, von wo sie herkommt.“ Triumphierend musste er grinsen bei dem Gesichtsausdruck seines Teammitglieds und legte zur Betonung seines Versprechens einen Arm um Mina und zog sie vorsichtig näher an sich. Sie hingegen verfolgte das Geschehen mehr als verunsichert und wusste nicht genau, was sie von den beiden Frauen halten sollte. Diese rothaarige Karui war ihr nicht sehr sympathisch, was wohl auf Gegenseitigkeit beruhte und die Blonde, die weiter entfernt das Treiben beobachtete, wirkte auch nicht sehr nett oder zumindest hilfsbereit. Mina selbst hatte an dem heutigen Morgen einen großen Schreck bekommen, als sie so schroff von Karui geweckt wurde. Auch fand sie, dass der Schlag auf Omois Kopf nicht hätte sein müssen, selbst wenn sie anscheinend vor Wut überkochte. Sie war ihr einfach zu temperamentvoll und gewalttätig. Immerhin vermittelte Omoi ihr die nötige Sicherheit, um weiterhin bei ihnen zu bleiben. „Wie auch immer..“, murmelte Karui und drehte sich von den beiden weg, „Der Raikage hat uns geschickt, um nach dir zu suchen.“ - „Was? Ich hab doch noch einen Tag Zeit!“, protestierte der Angesprochene sofort. „Er hat seine Meinung geändert. Du sollst unverzüglich zurück kommen.“ Unverständlich starrte er sie an. „Und was ist der Grund dafür?“ Die Antwort auf seine Frage war nur ein stures Schulterzucken von Karui und Samuis Aussage, dass sie darüber nichts wussten. Lediglich ein geschafftes Seufzen gab er von sich, ehe er aufstand und Mina seine Hand hinhielt. Mit einem zuversichtlichen Grinsen und einer Handbewegung, die für den Aufbruch stand, brachte er sie dazu, ihre Hand in seine zu legen, sich zu erheben und mit den Dreien auf eine – für sie unbekannte - Reise aufzubrechen. Sie wurde durch Täler und Schluchten, über Hügel und Wiesen geführt, während sie ununterbrochen Omois Hand hielt und von den anderen Frauen selten aus den Augen gelassen wurde. Schon bald erreichten die Vier eine steinige, kahle Landschaft, die sie schnell durchquerten. Sie hatten es offensichtlich sehr eilig und machten keine einzige Pause. Minas Gesichtsausdruck zeichnete ihre Erschöpfung ab, ebenso wie ihr keuchender Atem. Omoi beobachtete sie sorgend und drückte ein wenig ihre Hand, um ihr aufmunternd zu zulächeln. Sie nickte schlicht und hielt weiter durch. Schon bald ragte aus der Ferne die hohe Felsenlandschaft auf, die nur so mit Bungalows geschmückt war. Es sah überwältigend aus, wie die Wolken an den steinernen Spitzen hingen als wären sie Zuckerwatte am Stiel. Staunend betrachtete sie die kleine Stadt, durch die sie geführt wurde. Manches Mal wurde sie von den Leuten neugierig und skeptisch beäugt, worauf sie mit großem Unbehagen reagierte. Doch was ihr mehr Bammel bereitete war der große Palast hoch oben auf einem der großen Felsen, den sie geradewegs ansteuerten. Mina wusste zwar nicht genau, wen sie dort treffen würden, doch musste er von einem höheren Rang sein als ihre Begleiter und genau das machte sie nervös. Am Fuße der gigantischen Felsspitze waren zwei Wachen vor einem Tor stationiert. Sie trugen eine ähnliche Rüstung wie Omoi und starrten stur geradeaus, während die Rothaarige die schweren Tore aufdrückte. Es schienen schwere Eisentore zu sein, sodass sie den kleinen, mit Fackeln beleuchteten Tunnel zum Erschüttern brachten, nachdem sie gegen die Wände gekracht waren. Ängstlich zog das verunsicherte Mädchen ihren Kopf ein, der von winzigen Steinen und Staub befallen wurde, die sich von der steinernen Decke gelöst hatten. Der gesamte Gang wirkte bedrohlich in seinen gräulich-rot flackernden Farben und der kühlen, schweren Luft. Beschwerlich aber rasch schritten sie die anschließenden Wendeltreppen hinauf und kamen schlussendlich in einen schwarz-steinernen Flur mit rot-weiß-schwarzen Symbolen und Flaggen an den Wänden, der Decke und auf dem Boden. Mina bewegte sich bedacht, beunruhigt von dem, was am Ende des Ganges sein würde. Die Rothaarige sagte etwas zu Omoi in einem gereizten Ton, er hingegen wirkte beschwichtigend und schaute nun zurück zu der Braunhaarigen an seiner Hand, die mit der Zeit hinter seiner Schulter Schutz gesucht hatte. Zärtlich drückte er ihre Hand und zog sie weiter zu sich, während er sie sanft anlächelte und einen Schritt nach vorne machte. Im Hintergrund besah sich die blonde Frau diese eigenartige Kommunikation, Karui hingegen trat energisch und wütend die Tür auf, sodass sie sofort von einem tiefen, bedrohlichen Brüllen von den Füßen gerissen wurde. Samui wirkte nur unangenehm berührt, während Omoi und vor allem Mina sich heftig erschreckten und zusammenzuckten. Ergebend und jammernd betete Karui den großen, grimmigen Mann am Tisch an, der mit seinen wutentbrannten Augen und fletschenden Zähnen wie ein gefährliches Raubtier aussah. Sein unverständliches Knurren und Grollen sprach ebenso dafür. Doch nach einem kurzen Moment stellte er es ein und schien das fremde Mädchen wahrgenommen zu haben. Unfreundlich winkte er die Ankömmlinge herein und beobachtete scharf die Unbekannte, die unter seinem ungemütlichen Blick zu schrumpfen drohte. Schon bald begann er erneut zu sprechen mit einer so schroffen Stimme, sodass es Mina und den anderen förmlich einen Schauer durchs Rückenmark jagte. Sie selbst verstand - wie von sich selbst erwartet - kein einziges Wort, doch konnte sie sich vorstellen, dass er sehr verärgert über sie alle war. Für eine Ewigkeit lang wütete er mit seinen Worten in diesem Raum, derweil traute sich keiner der Anwesenden, ihn auch nur durch Gesten zu unterbrechen. Doch plötzlich donnerte seine Faust auf den massiven Tisch und Omois Name wurde aufgerufen. Erschrocken und panisch beantwortete Omoi die Fragen des Mannes, der keinesfalls zufrieden damit schien. Er zog ungläubig die Augenbrauen zusammen und verschränkte die Arme, wodurch die großen, goldenen Platten, die vielleicht als überdimensionale Armringe dienen sollten, einen dumpfen Klang von sich gaben. Alsbald Omoi aufhörte zu sprechen und der große Mann die Arme wieder entfesselte, gaben seine Armplatten helle Klimper-Töne von sich, die das Trommelfell unangenehm reizten. Somit erhob sich der blonde und braungebrannte Mann aus seinem protzigen Stuhl und ging einige Schritte auf die Jugendlichen zu. Bei jedem mächtigen Geräusch seiner Füße und jeder Überwindung eines Zentimeters wuchs die Anspannung im Körper der Braunhaarigen an. Wie ein Richter und Henker zugleich blieb er hinabblickend stehen und schien sein Urteil zu verkünden. Sie wagte es zaghaft, einen Blick zu Omoi zu werfen. Seine Pupillen hatten sich kurz zusammengezogen und wieder geweitet. Offenbar verhieß dieses Urteil nichts Gutes, wodurch sich Minas Magen gefühlt fünfmal umdrehte und sich ein gewaltiger Kloß in ihrem Hals bildete, den sie versuchte runter zu schlucken. Omois Antwort war nur ein gehauchtes „Hai.“ und ein gehorchendes Nicken, wobei er seinen Kopf jedoch hängen ließ und mit einer Mischung aus Trauer, Schock, Verzweiflung und Wut zu Boden starrte. Auf Befehl des hochrangigen Mannes verließen sie den Raum, nachdem Mina Omois Hand genommen und ihm signalisiert hatte, dass sie bei ihm war. Mit einer aufgeheiterten Miene hatte sich der Weißhaarige wieder normal aufgerichtet und ihr dankend zugelächelt, bevor sie schließlich gingen. Im Hintergrund konnte man nur kurzzeitig Karuis simuliertes Erbrechen hören, bis sie sich endlich von den beiden abwendete. Sie schien die ganze Zeit zu meckern und hob nur obligatorisch ihre Hand zum Abschied, als sie genauso wie die Blondine von dannen zog. Damit waren die beiden alleine, doch dauerte es ein bisschen, bis sich die unbeschwerte Atmosphäre zwischen ihnen erneut bildete. Sein besorgtes Gesicht wich nur schwer und auch seine Versuche, aufmunternd zu lächeln, erbrachten nicht die gewünschten Resultate. Beunruhigt von dem, was auf sie warten könnte, wechselte ihr betroffener Blick von Omoi zum Boden und wieder zurück. Es schien ernst zu sein, so ernst, dass selbst Omoi erschüttert war. Als wäre ihm gerade eine Ablenkung eingefallen, machte er sie auf sich aufmerksam und deutete mit dem Daumen über seine Schulter hinweg, wie er es immer machte, wenn er sie irgendwo mit hinnehmen wollte. Sie verstand sofort, nickte zaghaft und ließ sich von ihm behutsam durch die seltsame Stadt führen. An hochgelegenen Gebäuden und kahlen Felsen vorbei bewegten sie sich zielgerichtet auf ein weißes Gebäude zu, das im Gegensatz zu den anderen auf dem ebenen Boden gebaut worden war. Erleichtert darüber, dass sie wohl keine lange Treppe wiederholt hinaufsteigen musste, seufzte sie innerlich auf und ging einen Schritt schneller. Omoi war die ganze Zeit über still gewesen. Das Schweigen war nicht erdrückend für sie, schließlich redeten sie sonst auch nicht miteinander, doch konnte sie ihm ansehen, dass ihn etwas bedrückte und vermutlich handelte es sich um den Beschluss von vorhin. Sie vermochte es sich nicht auszumalen, was der furchterregende Mann entschieden hatte. Sie wusste nur, dass es nichts Schönes war. Als sie schließlich am späten Morgen vorm Krankenhaus standen, öffnete Omoi die Tür und hielt sie für seine Begleitung auf. Der sterile und bittere Geruch eines Krankenhauses schlug ihnen entgegen, doch schien Mina überrascht zu sein. Anscheinend kannte sie so eine helle Krankenhaus-Einrichtung, wo an jedem Fleckchen mindestens ein Hinweisschild angebracht war, der auf penible Hygiene aufmerksam machte. Im nächsten Moment sah sie an sich runter und zog eine Augenbraue hoch, womit sie anschließend Omoi irritiert anschaute. Ihm war ihre Geste klar, weshalb er grinsen musste. Wenn man den Blick grob über sie schweifen ließ, hatte sie kaum Kratzer oder andere äußerliche Wunden. Dennoch wollten Omoi und auch der Raikage auf Nummer sicher gehen, wobei der Raikage es nur befohlen hatte, damit sie auf unbekannte Krankheiten untersucht und eine neue potenzielle Epidemie verhindert würde. Nachdem er sie also an der Rezeption angemeldet hatte, geleitete er die Braunhaarige ins ausgewiesene Untersuchungszimmer. Der Raum war – wie der Rest des Krankenhauses – mit weißen Fliesen an den Wänden und einem schimmernden, grünlichen Boden versehen. Die Fenster waren groß und von weißen Gardinen verhangen, wodurch die Beleuchtung ein ebenso steriles Weiß annahm, ganz so wie im gesamten Gebäude. Das weiße Bett, der hölzerne Tisch, die zwei braunen Stühle und die hellen Nachtschränkchen füllten den relativ kleinen Raum genug, damit kein Rollstuhl jemals das Fenster erreichen könnte ohne die Verschiebung von Bett und Tisch. Omoi setzte Mina nun auf das Bett, schnappte sich dann einen Stuhl und pflanzte sich vor sie hin. Verwirrt sah sie ihn an, als er ihren Arm vorsichtig anhob und nach irgendwelchen Verletzungen suchte. Auf eine Art und Weise fühlte er sich unwohl oder vielmehr schuldig, da er sie nicht schon früher untersucht hatte, aber zu seiner Verteidigung musste er sagen, dass er abgelenkt worden war. Sehr sogar. Beim Gedanken daran, wie ihre erste Begegnung verlaufen war, überkam ihn ein träumendes Schmunzeln. Auch wenn er sich nicht erklären konnte, wie und warum gerade sie – ein Mädchen, dass kein bisschen in diese Umgebung passte – in seiner Welt so urplötzlich aufgetaucht war, kam es ihm so vor, als würde er tatsächlich träumen und dafür war er ihr dankbar. Besonders ihm stand sooft die Frage im Bewusstsein, ob er jemals seine Träume leben könnte. Zwar hatte er noch nie von einem plötzlich auftauchenden Mädchen geträumt, doch schienen ihm diese vergangenen Stunden geradezu einen lebenswerten Traum beschert zu haben. Es war noch nicht einmal ein Tag her, seitdem er sie aufgefunden hatte und doch konnte er sich nicht mehr freiwillig vom Gedanken lösen, sie weiterhin an seiner Seite zu haben. Vielleicht war es nicht unbedingt ihr Wunsch, wahrscheinlich wollte sie wieder in ihre Heimat zurück, das konnte er gut verstehen, doch die Zeit mit ihr würde er niemals gehen lassen. Dieses Gefühl, dass etwas Warmes sein Herz umschleierte, die Sinne berauschte, die Augen nur ein glänzendes Farben-Kunstwerk in der Umgebung wahrnahmen und sein Körper sich wie von der Erde losgelöst leicht fühlte, hatte er nie vor zu vergessen. In seinen Gedanken vertieft umwickelte er so zärtlich wie noch nie Minas kleine Schrammen mit einer Bandage und achtete darauf, ihr selbst dabei keine Schmerzen zuzuführen. Beim Durchforsten seiner Erinnerungen kam ihr erstes Gespräch wieder zurück ins Gedächtnis. Zurückblickend darauf war es amüsant, wie ratlos und peinlich sie gewesen waren. Immer wieder hallte sein Name durch seinen Kopf und zwar so, wie Mina es damals gesagt hatte – vorsichtig und verwundert. Er konnte davon nicht genug kriegen. Ihm kam es mit den vergehenden Momenten so vor, als würde sein Name in seinem Kopf immer lauter werden, ehe er abrupt zwei warme Berührungen an seinen Wangen feststellte. „Omoi?“ Aufgeschreckt und überrascht riss er seinen Kopf nach oben, nachdem er vorhin noch Minas Knöchel untersucht hatte. Sie hielt mit ihren warmen und weichen Händen ganz sanft und liebevoll sein Gesicht umrahmt, während ihre angenehm lieblich funkelnden Augen in seine stachen und sie in Beschlag nahmen. Zunächst wurde er rot, verkrampfte sich und schluckte erwartungsvoll, wartete auf das, was sie vorhatte. Doch sofort, nachdem sie es ihm berichtet hatte, lösten sich ihre Hände von seiner Haut, die zusehends kühler wurde, seine Augen weiteten sich und die Luft blieb ihm im Hals stecken beim Wort: „Karui.“ Erschrocken spitzte er seine Ohren und horchte auf, als er tatsächlich die Stimme seiner Teamkollegin im Gang schnattern hörte. Daraufhin sprang er aus seiner Hocke auf, deutete der Braunhaarigen, dass sie hierbleiben sollte und ging – innerlich zitternd und bebend - zur Tür hinaus, die er hinter sich fest verschloss. „Da bist du ja, Omoi! Was tust du eigentlich hier? Immer noch deine Märchenprinzessin umsorgen?“ Der spöttische Ton der Rothaarigen reizte sein Trommelfell sehr, doch schloss er nur angespannt die Augen, um seine Ruhe zu bewahren. Dieses Mal war er wirklich froh darüber, dass Mina seine Sprache kaum verstand. Ansonsten wäre es ihm selbst durch die Tür peinlich geworden, die sie beide trennte. „Du weißt, was Raikage-sama befohlen hat. Wieso sorgst du dich überhaupt so um sie?“ Unverständlich schüttelte Karui den Kopf und stemmte ihre Fäuste an ihre Hüfte. Ihr Gegenüber öffnete wieder die Augen und verschränkte mit einem entschlossenen Blick die Arme. „Du könntest das nicht verstehen, Karui.“, gab er unmissverständlich bekannt und ließ sie perplex drein schauen. „Was redest du da?! Was ist mit dir denn los?!“ Er hatte diese vor Wut überkochende Reaktion bereits erwartet. Schließlich hatte er die schon oft ausgelöst. „Seitdem du auf dieser Mission warst benimmst du dich vollkommen anders als sonst!“ Karui jaulte beinahe schon aus dem Grund, dass sie sein Verhalten nicht verstand. Hatte er sich wirklich so verändert in den paar Stunden? Ihm war es gar nicht aufgefallen, wenn er ehrlich war. „Wie verhalte ich mich denn?“, fragte er ein wenig verwundert und stützte sein Kinn nachdenklich auf seinen Zeigefinger und Daumen, „Ich finde, ich verhalte mich so wie immer.“ „Willst du mich verarschen?! DU warst doch immer der, der alles und jeden angezweifelt hat! Deine abertausenden Szenarien über Weltuntergänge, Existenzverlust und schnulzige Situationen haben auf einmal aufgehört!“ Fragend blinzelte er mehrfach; nicht in der Lage, ihre Argumente zu verstehen. Dies regte die Rothaarige noch mehr auf. „DU BIST GAR NICHT MEHR NACHDENKLICH UND DEPRIMIERT, DU IDIOT!!!“, brüllte sie nun mit erhobener Faust, sodass seine Haare und sein Oberteil zu flattern begannen. Sprachlos von ihrer Aussage öffnete sich sein Mund einen Spalt weit und eine Augenbraue stieg zum Haaransatz hinauf. Fassungslos musterte er Karuis Gesicht und bemerkte keine Reue bei ihr. „Das ist wegen diesem Mädchen passiert, oder? Mina oder wie die nochmal hieß. Hat sie dich in einem Gen-Jutsu gefangen?! Oder hat sie dir irgendwas ins Essen gemischt?! Was auch immer es ist, ich werde der kleinen Ziege schon zeigen, dass sie einen Kumo-nin nicht ungestraft verarschen kann! Platz da, Omoi!“ Ruppig und hart packte sie ihn an seiner linken Schulter, um ihn wegdrücken zu wollen und nahm den Türgriff fest in die Hand, doch kam sie nicht dazu, die Tür zu öffnen. Omoi reagierte blitzschnell und fasste geladen ihre beiden Arme, die er sofort von seiner Schulter und der Tür entfernte, während er seine Teamkollegin rasend vor Wut anstarrte. Man konnte ihr ansehen, dass sie ihr Unwohlsein mit ihrem Ärger überspielte, dennoch setzte sie ihre nächste Meckerei an und wollte gerade loslegen, aber wurde jäh von Omois scharfem Ton unterbrochen. „Karui! Weder du noch irgendwer anders wird ihr jemals etwas antun, klar?! Ich beschütze Mina, auch vor dem Raikage! Und wenn du ihr nur einmal zu nahe kommst, werde ich dich mit allem, was ich habe, aufhalten. Verstanden?!“ Unmerklich schluckte Karui, schloss ihre Augen und riss sich aus seinem eisenharten Griff. Dabei drehte sie ihm den Rücken zu und ging wortlos ein paar Schritte von ihm weg, nur um kurz darauf stehen zu bleiben. „Hast du dich mal reden gehört? Du bist nicht mehr der Omoi, wie ich ihn gekannt habe.“ Mit belegter Stimme sprach sie ihre Gedanken aus, schaute jedoch kein einziges Mal zurück, als sie fortging. Der Schock saß zu tief, als dass sie noch klar genug denken könnte, um mit ihm weiter zu diskutieren. Der junge Mann beobachtete sie mit einem weiterhin erbosten Ausdruck, ehe sie aus seinem Sichtfeld verschwand. Auch bei ihm merkte man keinen Deut der Reue. Unterdessen er den Raum erneut betrat, kuschelte sich Mina beunruhigt in ihre Decke und senkte betrübt ihren Blick. Diese Gesten fielen ihm rasch auf und er konnte sich denken, weshalb sie sich so verhielt. Zwar konnte sie seine Sprache nicht wirklich verstehen, aber ihren Namen schon. Sorge breitete sich in seinem Inneren aus, ehe er zu ihr ans Bett trat. Sie hatte ihre zugedeckten Knie angezogen und presste ihren Mund und ihre Nase dagegen, wodurch nur noch ihre traurigen Augen über die Decke lugten. Trotz der hellen Beleuchtung durch die strahlende Sonne von außen, befand sich im Raum nur die lautlose, erdrückende Kühle, die beiden schwer auf dem Gemüt lag. „Mina?“, versuchte er sie anzusprechen. Doch sah sie nicht auf, sondern klammerte sich weiter an ihre Beine. Ihre braunen Haare, die in dem einfallenden Licht der Vormittagssonne wie Bronze aufleuchteten, säumten ihre Schultern und ihren Nacken, wobei die orangene Chrysantheme ihr über die Zeit weiter runter gerutscht war. Er setzte sich gemächlich neben sie aufs Bett und griff nach der Blume. Vorsichtig steckte er sie ihr wieder hinters Ohr, woraufhin sie nun ihre Augen in die Decke eingrub. Omois Brustkorb hob und senkte sich kräftig, als er ihr allmählich sanft und beruhigend über den Rücken strich. Erst mit einzelnen Fingern, dann mit der ganzen Hand. Ihre Wärme pulsierte durch seine Hand in sein Inneres, was sein Herz zum Klopfen brachte. So schön dieses Gefühl auch war, es reichte nicht für ein ehrliches Schmunzeln. Die triste Stimmung drückte förmlich seine Mundwinkel nach unten, insbesondere wenn er die Kleine vor sich betrachtete. Ihm war bewusst, dass es nichts bringen würde, den Hampelmann zu spielen, um ihr eventuell ein Kichern zu entlocken. Wahrscheinlich hatte sie den Braten gerochen und dass die Auseinandersetzung mit Karui vorhin auf ihrem Auftauchen basierte. Es konnte nicht geleugnet werden, das wusste er, aber er wollte sie nicht so aufgelöst neben sich sitzen sehen. Niedergeschlagen und ein wenig enttäuscht seufzte er innerlich und stoppte in seiner Bewegung. Es brachte nichts, so schnell würde sie wohl nicht aufzumuntern sein. Es gab nur noch einen Weg und das wurde ihm spätestens jetzt klar. Ein wenig enger rückte er zu ihr auf, lehnte sich langsam zu ihr und umschloss sie behutsam mit seinen Armen, während er sie an seine Brust drückte. Seinen Kopf ließ er zunächst auf ihrem Haupt ruhen, ehe sie leicht zu beben anfing. Anders als bei Karui war es aber kein zorniges Beben, sondern eins, was den Tränen nah war. Er hob seinen Kopf an und besah sich ihre schimmernde Haarpracht, die in seinen Augen reflektiert wurden, bis er schließlich liebevoll einen Kuss auf jene hauchte. Nach Möglichkeit versuchte er ruhig auf sie zu wirken, selbst wenn sein Herz dabei nicht mitmachen wollte. Schlussendlich ging ihm aber wahrlich das Herz auf, als Mina sich vollständig aus ihrem Sarkophag befreite und sich an seine Brust schmiegte. Mit einer Glückseligkeit in seinen Seelenspiegeln begutachtete Omoi das warme, bronzene Mädchen von oben und festigte seine Umarmung. Beim Fühlen einer Humidität an seiner weißen Weste und seinem grauen Pullover, reichte seine rechte Hand automatisch an ihren Kopf und streichelte diesen sachte. „Watashi wa itsumo anata no sewa o shimasu..*2“, murmelte er schmunzelnd daher und gab ihr einen weiteren Kuss auf ihren Kopf. Danach umschlang er sie beschützend mit seinen Armen und schloss genießend die Augen, während er sich in ihre Haare hinein wuschelte. Je mehr Zeit verging, desto größer wurde das Gefühl, als würde er durch ihre Wärme sanft dahinschmelzen. Es war für ihn unglaublich, wie aus einer Mission zur Informationsbeschaffung so eine wunderschöne und perfekte Situation entstehen konnte. Dieses Mal dankte er dem Raikage in Gedanken und seufzte schwelgend vor sich hin. Bald darauf hatte sie sich endlich beruhigt und wischte sich mit der Hand die letzten Tränen aus den Augen. Er hatte es bereits wahrgenommen und seinen Kopf angehoben, damit sie das Gleiche tun konnte. Mit wunderbar klaren und leuchtenden Augen blickte sie zu ihm hinauf und lächelte leicht. „Arigatō, Omoi.“ Überaus dankbar war sie ihm natürlich. Er schien ja der einzige zu sein, der ihr helfen wollte und auch der einzige, mit dem sie ihre Sorgen vergessen konnte. Stets war er warm, nicht nur sein Körper sondern auch seine Gesten, und vermittelte ihr ein Gefühl von Sicherheit und etwas, was sie noch nie zuvor so intensiv wahrgenommen hatte. Vermutlich war es noch zu früh, um sich Letzterem hinzugeben. Insbesondere dann, wenn sie noch nicht einmal wusste, was ihr bevorstand. Doch konnte sie kaum genug davon bekommen und verlor sich jedes Mal in seine betonten dunklen Augen, seinem hellen weichen Haar und seinen gefühlsbetonten Gesichtsausdrücken. Es war schon fast zum Schwärmen und Verrückt werden zugleich. Nachdem der Arzt zu ihnen gekommen war und sie untersucht hatte, ließ er die beiden nach einem kurzen Gespräch mit Omoi wieder alleine. Sie war sich ganz sicher, dass sie weder krank noch ernsthaft verletzt war, weshalb sie das alles nicht so ganz verstand. Aber Widerstand würde nur noch mehr Probleme herbeiführen, was sie gar nicht gebrauchen konnte. „Mina?“ Bei der plötzlichen Erwähnung ihres Namens und dem Streicheln an ihrer Schulter schreckte sie auf und guckte aufmerksam zum Jungen. Diesem schien ein Gedankenblitz gekommen zu sein, da er mit einem breiten und fröhlichen Grinsen mit dem einen Daumen über seine Schulter hinweg zeigte und ihr seine andere Hand hinhielt. Kurz überlegte sie, was er denn wieder vorhatte, doch bei den Erinnerungen der letzten Ausflüge mit ihm wurde ihre Sorge schnell davon geschwemmt. Lächelnd nahm sie seine Hand, stand vom Bett auf und folgte ihm zum größten Fenster, dass er öffnete. Bevor sie ihn überhaupt fragend ansehen konnte, legte er jeweils einen Arm an ihren Rücken und um ihre Kniehöhlen, nur damit er sie im nächsten Moment auf seine Arme hieven konnte. Mehr als überrascht krallte sie sich förmlich an seinen Nacken, in der Angst, hinunterzufallen. Minas Wangen fingen an zu glühen, als Omois Gesicht ihr so nah war, genauso wie ihr Herz damit begann, Saltos zu schlagen. Sobald er ihr in ihre groß gewordenen Augen blickte, verschwand sofort das laute Pochen in ihrem Körper und alles schien für einen langen Moment ruhig zu sein. Es war, als wäre ihr Herz beim Anblick seines herzerweichenden Schmunzelns stehengeblieben. Widerspenstig schien sich Omoi von dieser Augenweide lösen zu wollen und schaffte es verkrampft, seinen Kopf in Richtung Fenster zu drehen und mit einem kräftigen Satz hinaus zu springen. Überrumpelt und verängstigt heftete sie sich an seinen grauen Pullover, während sie ihr Gesicht gegen seine Schulter presste. Ihre Haare flogen hin und wieder wild über seine Schulter, wenn er zum nächsten Sprung von einem Hausdach aus ansetzte. Doch beruhigte sich die Braunhaarige bald und spähte über ihn hinweg nach hinten, nur um das Dorf von einer hohen Perspektive aus betrachten zu können. Erstaunte Geräusche verließen ihren Mund, als sie sich weiter umsah. Mit jedem seiner kraftvollen Sprünge flogen sie mehrere Meter hoch und weit, etwas was sie zuvor noch nie gesehen hatte. Wegen ihrem aufgeweckten Verhalten musste Omoi sich ein Lachen verkneifen und grinste umso mehr. Immer wieder drehte sie sich nach vorne und zu den Seiten, um sich dieses Spektakel anzusehen. Nach einigen Minuten erreichten sie bereits das Umland des Dorfes und zwar die Küstenregion. Die frische Brise wehte den salzigen Geruch des Meeres um ihre Nasen, während sich die Blätter der vereinzelten Bäume auf den Felsen, die steil aus dem Wasser emporragten, dem kleinen Lüftchen beugten. An diesen dunkelbraunen Kluften sprang er hin und her über das wellenreiche Gewässer hinweg und kam schlussendlich auf einem der gigantischen Spitzen zum Stehen. Die Windböen waren in dieser Höhe sehr stark, sodass Mina ihre Haare nicht ansatzweise bändigen konnte und deren Kleider umher gezerrt wurden. Umsichtig setzte er ihre Füße wieder auf den Boden und half ihr beim Aufstehen, ehe er sie dabei beobachtete, wie die Umgebung sie in Staunen versetzte. Einen faszinierten und vorsichtigen Schritt tat sie nach vorne und trat an die Schwelle zum metertiefen Abgrund, um die zerschellenden Wellen da unten einfangen zu können. Um sie herum war es sehr laut durch die starke Luftströmung, das Kreischen der Möwen und das Zerbersten der rohen Wassermassen an den Bergen. Doch das Pfeifen an ihren Ohren störte sie nicht. Auf einmal traf ein starker Windstoß auf die beiden, wodurch sie zur Stabilisierung einen Seitenschritt machen musste, der gefährlich nah am Abgrund stattfand. Sofort klingelten Omois Alarmglocken und er packte sie so schnell wie möglich mit beiden Händen an ihre Taille. Erleichtert seufzte er und schlang unbewusst seine Arme um ihren Bauch, nur um sie an sich zu drücken. Im gleichen Moment spannte das Mädchen erschrocken ihren Magen an und zog scharf die Luft ein, als seine breite Brust ihren Rücken berührte und seine Arme sie in seine wärmende Umarmung einbetteten. Anscheinend hatte er sich davor einen Lutscher gegönnt, da er mit einem Stiel in seinem Mundwinkel seitlich zu ihr runter lächelte, während beide die Röte im Gesicht trugen. Ein wenig unwohl war ihr dennoch, da ihr rasendes Herz förmlich zu explodieren drohte und sie – dank der Realisierung ihrer Gefühle – kaum den Mut aufbringen konnte, ihn länger als zwei Sekunden anzusehen. So standen sie da eng aneinander auf der Spitze einer steilen Insel und bewegten sich keinen Zentimeter von der Stelle, unterdessen rauschte der Ozean in Minas Inneren mit einer solchen Wucht umher, dass sich ihre Muskulatur straffte, um dem Druck standhalten zu können. Die leidenschaftlichen Gefühle und ihre Bedenken tobten in ihren Gedanken herum und verschlossen ihren Ausdruck. Es war seltsam geworden. Vor noch gar nicht allzu langer Zeit hatte sie nicht darüber nachgedacht, was als Nächstes passieren könnte. Sie hatte sich einfach auf Omoi verlassen und mit ihm in den Tag hinein gelebt. Der Spaß am gestrigen Tage war mit keinem Erlebnis zuvor vergleichbar und die Zuneigung, die sie zu ihm und er wahrscheinlich auch zu ihr aufgebaut hatte, ging weit über das hinaus, was sie kannte. Ihre als große Liebe angepriesene, vergangene Beziehung vor einem dreiviertel Jahr schien diesem einen Tag mit Omoi, dessen Sprache sie noch nicht einmal anwenden konnte, keinesfalls das Wasser reichen zu können. Diese Tatsache war geradezu bizarr und aufmunternd zugleich und dies verunsicherte Mina. Rasant wurde ihr klar, dass es nicht gut war, sich zu viele Gedanken über die gesamte Situation zu machen. Denn nun kam das Heimweh in ihr hoch und die ganzen Zweifel, von denen sie überzeugt war, dass man sich bereits wesentlich früher darüber hätte Gedanken machen sollen, versperrten ihre sorglosen und glücklichen Erinnerungen der letzten Stunden. Als suspekt empfand sie daran ebenso, dass sich ihre Laune von überglücklich zu traurig gewandelt hatte, obwohl Dinge geschehen waren, die sie zum glücklichsten Mädchen der Welt gemacht hatten. Allein die Überlegung, dass sie offenbar nicht mehr in der Lage war, diese wunderschönen Momente wertzuschätzen, brachte ihr eine am Boden zerstörte Empfindung. Unwissend ließ sie geschlagen den Kopf hängen und starrte mit verschleierter Sicht hinunter auf das Meer. Jedoch weckte ein Impuls an ihrem Hinterkopf ihren Geist auf und ließ sie umdrehen. Dort begegneten ihr die glänzenden Iriden und das ermutigende Lächeln ihres Felsens in der Brandung. Wie eingefroren stand sie an ihn lehnend und hing mit ihrem Augenmerk an seinem weichgezeichneten Gesicht. Sie hielt still – beinahe als wäre sie in Trance – als er sich nach vorne beugte und einen wohltuenden, geringen Druck auf ihrer Stirn ausübte. Dieser Kontakt kam den von zwei unterschiedlichen Polen gleich, durch den die Wärme in ihrem gesamten Körper von oben nach unten transportiert wurde. Dadurch wurden ihre taub gewordenen Sinne aufs Neue belebt und endlich bildete sich ein feines Schmunzeln auf ihren Zügen. Sie besaß nun wieder die Auffassung, dass sie mit ihm alles durchstehen oder vergessen konnte und bekam allmählich weiche Knie unter seinem fantastischen Hauch. Alsbald er aufhörte und sich zurücklehnte, besah er sich die Auswirkungen seiner Tat mit einer hingebungsvollen Mimik, die sich in den feuchten Seelenspiegeln des Mädchens abzeichnete. Sie war heilfroh und so bewegt von seiner Aufmunterung, dass ihr Tränen des Glücks die Wangen hinunterrollten und sie sich mit Schwung an seinen Hals warf, um mit einer Hand seinen Nacken zu umschmeicheln und sich voller Liebe an ihn zu schmiegen. Es war ihm mehr als willkommen. Herzlichkeit und Glück sprangen ihm förmlich um den Hals, was ihn mit Liebe nur so ausfüllte. Seine Umarmung wurde merklich inniger; so viele Emotionen steckte er da hinein, als wären sie seine einzige Rettung vor dem reizenden und verführerischen Zergehen durch ihre Herzenswärme, die ihn fabelhaft, erfüllt und absolut himmlisch empfinden ließ. Wenn er wirklich dahinschmelzen würde, könnte er sie doch nicht mehr so herrlich im Arm halten, womit sich ihm sogleich die Härchen bei dieser Grüblerei aufstellten. Das wäre ganz und gar schrecklich! Bislang konnte ihn noch nie etwas so unwahrscheinlich glücklich machen wie die Nähe von Mina zu spüren und dies würde er sich niemals nehmen lassen. Nach einiger Zeit löste die Braunhaarige ihre Schlinge, sank zurück auf ihre Fußsohlen und wanderte mit ihren Händen zu seiner Brust. Er hielt sie weiterhin fest in seinen Armen und betrachtete träumend die bezaubernde Gestalt vor sich. Süßlich strahlten ihm die dunkelblauen Spinelle entgegen, die tief in sein Herz schienen und es wohltuend erweichten. Es pulsierte sinnlich und unmerklich und ließ sein Blut wie warme Sonnenstrahlen durch seine Adern fließen. Jede noch so kleine Berührung von ihr nahm er aufs Empfindlichste wahr, was ein wahres Regungs-Intervall über seine Haut schickte, das sie zum Kribbeln und die Härchen zum Aufstellen brachte. Während er und die nahe Umgebung um ihn als Sammelpunkt der Wärme fungierten, spürte er weder den kalten Wind noch nahm er die tobenden Geräusche in sich auf, als würde eine märchenhafte Sphäre sie beide vor der Außenwelt abschirmen. Es war wahrlich wie eine eigene Welt, in die sie eingetaucht waren. Obwohl ihre Haare wie wild herumtanzten, trug es nur dazu bei, dass sich ihr Portrait vor ihm himmlische Ideale erreichte, besonders als die Sonne ihr das Licht schenkte. Omois onyxfarbene Sehorgane wirkten beinahe überfordert bei der unbeschreiblichen Blendung, die von seinem Gegenüber ausging. Aus seiner Sicht wurde Mina so hell erstrahlt, dass sie einem niedlichen und bildschönen Engel gleich kam, dessen bronzenes Haar sich sanft in der Luft wellte. Einige ihrer Strähnen fanden bei dem Seitenwind ebenso den Weg in ihr Gesicht und strichen unbeugsam über ihre Züge, wodurch sie ihre Augen ein wenig schließen und mehrfach blinzeln musste. Der unterbrochene Blickkontakt sorgte dafür, dass Omois Hand sich von ihrem Rücken losriss, vorsichtig die randalierenden Strähnen mit den Fingern einfing und sie zärtlich hinter ihr linkes Ohr schob. Absichtlich streichelte er ihr dabei über die reine, zarte Wange, was sie sichtlich zu genießen schien. Danach öffnete sie ihre Augen zur Gänze und schmachtete ihn liebevoll und verloren von unten hinau(s/f)/herau(s/f), an, sodass ihm für den Moment die Luft wegblieb und in seiner Bewegung stoppte. Leicht lächelte er mit weichen Augen und legte seine große Hand hingebungsvoll an ihre Wange, an welche sie sich unweigerlich anschmiegte. Anders als sonst drangen keine Wörter in seine Gedanken, sondern nun waren es Bilder, Erinnerungen an die vergangene, kurze Zeit mit ihr, die sich vor seinem inneren Auge abspielten. Ihr immerwährendes, glückliches Lächeln tauchte ihn seither in andere Welten mit ein. Ihr süßes Kichern und wohlklingendes Lachen brachten seine Welt zum Stillstand und ihre marineblauen Tore zu ihrer lieblichen Seele überschütteten ihn mit unzähligen Lichtern, die ihm bei Berührung ein unfassbar gutes und abhängig machendes Rauschen durch seinen Körper jagte. Gefühlvoll beäugte er seine Schönheit vor sich und war bereit, alles mit sich machen zu lassen. Zahm wie ein Kuscheltier ließ er sich über seine Wange streichen und beugte seinen Kopf genießend dagegen. Doch war diese Wohltat schnell vorbei, da sich ihre zarten Finger bereits an dem Holzstiel aus seinem Mund zu schaffen machten und er langsam hinausgezogen wurde. Erheitert schnaufte er, während sein Mund einen Spalt weit offen blieb und sein Ausdruck noch wesentlich weicher wurde als zuvor. Sein Augenmerk haftete er schließlich an ihre liebenswerten Lippen, wobei er sich ihrem Gesicht immer mehr näherte. Verträumt beobachtete sie seine näher kommenden Lippen und regte ihren Kopf nach oben – ihm entgegenkommend. Beide hielten ihre unkontrollierbare Atmung zurück und die innere Anspannung wurde immer größer, je näher sie sich kamen. Ihre Augen schlossen sie, um den darauffolgenden abgöttischen und langersehnten Kuss genießen zu können. Doch warteten sie vergeblich auf dieses einzigartige Erlebnis. Nur ein Augenblick zuvor explodierte eine blendend helle zweite Haut um Mina herum und schleuderte den Shinobi zu Boden. Sofort nach dem Entnebeln seiner Sinne, schrie er verzweifelt und verängstigt ihren Namen. Zweimal, dreimal, viermal aus vollen Lungen, doch bekam er keine Antwort. Verkrampft klammerte er sich an seinen letzten Hoffnungsschimmer, als er die Umgebung absuchte. Schlimmes ahnend sah er hinunter zum Meer und seine Augen rissen voller Schock und Verzweiflung auf. Das war der wahrscheinlichste Ort und Omoi wusste prompt, was er tun musste, womit er zum Sprung ansetzte. Jedoch hielt ihn ein bestimmter Griff an seiner Schulter zurück. „Omoi, sie ist nicht mehr hier.“ Die Stimme war ihm bekannt, doch hätte er sich diese nie so ernsthaft sprechend vorgestellt. „Darui-sama.“, wisperte der Chunin leise, unfähig sich zu bewegen oder mehr zu sagen. „Tut mir leid.“ Die Last auf seiner Schulter verschwand, jedoch senkte er seinen schwer gewordenen Kopf und starrte verletzt und fassungslos zu Boden. Im Inneren fühlte er sich wie leergefegt, als hätte etwas Grausames all seine Gefühle und Gedanken hinaus gerissen. Unbewusst bildeten sich Tränen in seinen Augen, die er nicht bemerkte. Er stand gänzlich unter Schock, registrierte nichts mehr um sich herum oder was sein Körper tat. „Karui hatte von deinem merkwürdigem Verhalten erzählt, da beschloss ich, euch zu folgen. Ich kann dir mit Sicherheit bestätigen, dass sie nicht hinuntergefallen ist. Sie schien vielmehr teleportiert worden zu sein. Doch war es ungewöhnlich.“ Darui bemerkte, dass Omoi dies nur am Rande mitbekam und legte ein wenig den Kopf schief, „Ihr wart tatsächlich ineinander verliebt..“, stellte er nach seiner Erkenntnis fest. Alsbald dieses Wort fiel, presste sich Omois Herz qualvoll zusammen und Schmerzen zogen sich über seinen Körper. Er fing an, am ganzen Leib zu zittern, während sich die plötzlich auftauchende Emotion der Trauer in ihm ausbreitete und sein Tränenvergießen verschlimmerte. Eine Weile blieb es still, nur sein leises, herzzereißendes Schluchzen konnte man hören, zugleich verharrten beide an Ort und Stelle, wo der Wind unangenehm an ihnen zerrte. „Wieso..?“ Sein Hauch wurde von seinem Vorgesetzten bemerkt, der daraufhin seine Ohren spitzte, „Wieso musste das passieren? Wieso musste dieser Traum nur enden?“ Gegen Ende schniefte er entrüstet auf und brach gänzlich unter seiner Traurigkeit zusammen. Instinktiv hielt er seinen Ärmel an seine weinenden Augen und schluchzte lauter. Allerdings war er nicht der Einzige, der bitterlich weinte, sei es nur in einer anderen Welt. Einige Minuten lang schwieg Darui und besah sich seinen endlos niedergeschlagenen Kameraden lautlos, ehe er antwortete. „Realität ist das, was nicht verschwindet, wenn man aufhört, daran zu glauben. Es stimmt zwar, dass man seine Träume leben sollte, doch ist die Realität unausweichlich. Sie gehörte nicht hierhin und das weißt du. Früher oder später wäre es zum Abschied gekommen.“ Langsam schritt der Ältere neben Omoi und blickte auf ihn hinunter, „Willst du, dass sie glücklich wird? Dann solltest du sie auch ziehen lassen.“ Diese harschen Worte brachten Omois Tränen zum Stoppen. Mühsam senkte sich Omois Arm und offenbarte seinen aufgelösten Gesichtsausdruck. Als würde seine Welt in Scherben liegen und sein Herz ausbluten, verblieb er leblos an seinem Fleck und schaute emotionslos aufs aufleuchtende Meer. Er konnte Daruis Worte nicht widerlegen und wusste, dass es sinnlos war, ihr hinterher zu jagen. Dennoch hatte er das Gefühl, als könnte nur sie seine Scherben wieder zusammenfügen und ihn somit erneut glücklich machen. Insgeheim schwor er sich nun, irgendwie einen Weg zu finden, wieder bei ihr sein zu können und nichts sehnlicheres wünschte sich das Mädchen zusammengekauert auf ihrem Bett in ihrem Schlafzimmer in einer anderen, fremden Welt. Aber um diesen einen Gedanken konnten beide nicht umhin kommen und dieser würde sie lebenslang begleiten: War es wirklich nur ein Traum oder die Realität? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)