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Eine Meerjungfrau küsst man nicht

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Endlich habe ich es geschafft das 5te Kapi fertig zu stellen. Es geht weiter drunter und drüber bei Berthold und Reiner :D Ich hoffe, dass es euch gefällt. Komplett anzeigen

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Ein ungebetener Gast

Mit pulsierenden Schädel erwacht Berthold aus einem tiefen Schlaf.

Dem lauten gekrächzte vor seinem Schlafzimmerfenster, so wie das ebenso nervige

Sonnenlicht zu urteilen, welches durch die Fenster blendet, ist anzunehmen, dass es bereits nach Zwölf ist.

Berthold blinzelt kurz auf, eh er merkt wie alles vor seinen Augen verschwimmt. Grummelnd drückt er seine Lieder wieder zu und windet seinen Körper unter der Bettdecke.

Mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen schmatzt er leise verschlafen und atmet tief durch die Nase ein und aus.

Er schiebt seinen Körper weiter gegen den warmen Pol, welcher hinter ihm zu liegen scheint.

Als ein Grummeln hinter sich ertönt, schlagen Bertholds Augen sofort auf. Sein Atem stockt.

Panisch wendet er sein Gesicht leicht zur Matratze, merkt so, dass sein Kopf nicht wie üblich auf seinem gewohnten, weichen Kopfkissen liegt sondern auf einem Arm. Nicht sein Arm. Ein fremder Arm.

Und als sei diese Erkenntnis nicht schon schlimm genug, so bemerkt er, dass es ein ziemlich muskulöser Arm ist. Auch die Tonlage des Grummelns klang nicht gerade zierlich weiblich.

/Oh Nein!/, denkt er sich erschrocken und verzieht nach und nach unwohl die Miene.

Vielleicht war das Ganze ja auch ein großes Missverständnis?

Nicht im Geringsten. Er spürt durch das aneinander reiben seiner Beine, das Fehlen seiner Boxershorts.

Er holt tief Luft.

/Okay Berthold, was hast du angestellt? Wie konnte das hier passieren? Du wirst mit einem Kater, auf einem ziemlich männlich wirkenden Arm liegend, wach und noch dazu nackt-komplett nackt! Und wenn dies hier hinter mir jetzt kein Mannsweib ist, gehe ich sehr stark davon aus, dass es ein Kerl ist/

Bertholds Gesicht dreht sich cm um cm auf dem kräftigen Oberarm herum, darauf bedacht die fremde Person hinter sich nicht zu wecken.

Seine grünen Augen schielen regelrecht herum, um in das fremde Gesicht hinter sich sehen zu können. Dier Erkenntnis, dass wirklich ein Mann hinter ihm lag, lässt ihn kurz aufwimmern. Vergleichbar mit einem Meerschweinchen. Durch das Wimmern des Dunkelhaarigen wird der Fremde unruhiger.

/Ach du Scheiße!/, schallt es in Bertholds Kopf nieder. Er bekommt das Gefühl, sein Herz würde gleich vor Aufregung aus seinem Brustkorb springen.

/Ein Mann! Da liegt ein Mann in meinem Bett! Ein, vermutlich, nackter, anderer, Mann!/Das Bedürfnis sich selbst eine zu verpassen wächst in dem Dunkelhaarigen mit jeder weiteren Sekunde.

Er kann sich immer noch nicht erinnern wie es dazu kommen konnte. Auch nicht wie es zu diesem Mann kam.

Zugegeben, wenn er sich das Gesicht seines Gegenüber anschaut und am Hals abwärts ihn mustert, muss er zugeben: „nicht schlecht“. Das war eine Tatsache die sich nicht verleugnen lässt. Der fremde Mann ist ein reines Muskelpaket. Kurz Blondhaarig, mit einer markanten Nase, gut definierten Wangenknochen und hübsch geformten, schmalen Lippen. Sein Körper besteht aus breiten Schultern, straffen Armen, einem breiten Kreuz und einer durchtrainierten Brust. Bis knapp unter die ersten Bauchmuskeln kann Berthold kein Mangel erkennen. Und wenn es unter den Bauchmuskeln so Makellos weiter gehen würde, könnte jede Frau sagen „guter Fang für eine Nacht“. Aber nicht er. Er würde sowas nie sangen und wird dies auch jetzt nicht tun.

In seinen Gedanken vertieft, merkt Berthold nicht wie der Mann seine Augen öffnen und zu grinsen beginnt.

Erst als die tiefe Stimme im Raum ertönt, sein Ohr erreicht, realisiert Berthold das sein One night stand erwacht ist. Sagen wir eher das „vielleicht“ One night stand. So genau war dies ja noch gar nicht geklärt, nicht? Nur das zwei Männer nackt in einem Bett liegen, heißt ja nicht gleich, dass sie es gemacht haben-oder? Zugegeben, es sah doch sehr danach aus.

„Oh, guten Morgen, Honey! Na, wie geht’s uns denn?“, grinsend streichelt der Fremde Berthold mit der Hand, dem Arm, auf dem er bis vor einigen Moment noch friedlich schlief, ein paar wirre Haare aus dem Gesicht.

Fast schon hysterisch stemmt sich der Dunkelhaarige auf mit seinem nackten Oberkörper und haut die Hand seines Gegenübers weg von sich.

„Was fällt dir ein?“, Berthold schnauft aus, schaut wütend auf den blonden Mann runter und sucht mit beiden Händen nach mehr Bettdecke um seine nackte Brust wieder zu bedecken.

Dabei starrt er in die Gold leuchtenden Augen des Blonden, welcher ihn verwirrt anschaut. Scheinbar hat dieser mit einer etwas milderen Reaktion gehofft. Ohne es zu merken, hat Berthold bereits alles an Bettdecke an sich gerissen und entblößt den gesamten Körper seines Gegenübers, welcher auf seiner Matratze liegt.

„Pass auf, du-ähm…“, er pausiert kurz, holt tief Luft. Bertholds Stimme klang nicht gerade standfest, hat eher ein unsicheres Zittern im Unterton. Das immer breiter werdende Grinsen im Gesicht des Fremden macht es ihm unmöglich passende Worte zu finden um dieses Missverständnis aufzuklären.

Dabei löst sich sein Blick von Antlitz des anderen, springt etwas wild auf dessen nackten, durchtrainierten Oberkörper umher, eh er flüchtig, wenn auch natürlich ungewollt unter die Gürtellinie des anderen wandert.

Der Satz endet in einem lauten: „GOTT!“, wie von einer Tarantel gestochen stürz der Dunkelhaarige rücklings mit Decke und einigen Kopfkissen aus dem Bett.

Mit einem lauten >Rummmms<, landet der Leib auf dem Zimmerboden.

Sein Gegenüber blickt zwar kurz verwirrt, dann aber grinst er geschmeichelt und dreht sich zur Bettkannte mit seinem Oberkörper.

„Naja „Gott“, also so wurde ich wirklich noch nicht genannt- “Reiner“ reicht völlig“, erklärt der Blonde und stützt sein Kinn in seine rechte Innenhand und schaut grinsend zu Boden auf den Haufen aus Bettzeug, wo irgendwo der Dunkelhaarige drunter begraben sein muss.

„Oder Liebling, Schatz, oder- nein, Gott klingt doch recht annehmbar!“, stellt der Fremde in seinem weiteren Reden fest und nickt zustimmend zu sich.

Da trifft ihn, vom Boden aus, ein exzellent gezieltes Kopfkissen den Blonden mitten ins Gesicht.

Ein gelassenes „Au“, folgt als Kommentar, als das Kissen wieder zu Boden geht.

Bertholds Stimme erklingt unter der Decke.

„Was zur Hölle…“, langsam schiebt Berthold die schützende Bettdecke von sich. Zumindest so weit, dass er wieder freie Sicht auf die Dinge, nein, das DING in seinem Bett hat.

„-bist du!?“, er starrt den Fremden an. Auffällig. Ohne Scheu, direkt unter seine Gürtellinie. Und nein, er starrte da nicht etwa auf das Gemächt des Mannes. Denn genau das war es, was fehlte.

Es existierte da kein Organ wie seines. Um genau zu sein existierte abwärts der Hüfte des fremden nichts, was Berthold besaß. Keine Männlichkeit oder Behaarung, nicht mal Beine. Geschwiege denn Füße oder Zehen.

Ab den ausgeprägten Hüftknochen wurde aus seinem angehenden One night stand ein Fisch. Berthold war sich ganz sicher, dass diese Wahrnehmungsstörung durch den Kater kommen muss.

/Berthold, Schluss mit dem Alkohol! Eine andere Erklärung gibt es doch gar nicht?! Das da in deinem Bett ist gar nicht wirklich da!/, versucht er sich zu beruhigen.

Allerdingt fällt ihm das schwer, da diese Halluzination weiter mit ihm kommuniziert.

Der Blonde hat den entsetzten Blick des Anderen verfolgt und merkte nun selbst, was den anderen an seinem Erscheinungsbild wohl so aus dem Konzept bringt.

Gespielt setzt er sich auf, starrt seine, wohl bemerkt, nicht vorhandenen, Beine an und legt spielerisch schockiert beide Hände an die Wangen.

„Oh nein! Nicht doch! Das ist mir jetzt aber unangenehm! Mich so gehen zu lassen- und das gleich nach dem ersten Mal!“, er versucht dabei einen recht weiblichen, verschüchterten Tonfall zu imitieren, damit es so wirkt als sei er peinlich berührt. Allerdings merkt Berthold schnell, dass dies nur sarkastisch gespielt wird.

Ihre Blicke treffen sich wieder.

„Was?“, ruft Berthold nur aus. Das einzige was er wirklich vernommen hat war die Aussage „nach dem ersten Mal“. /Erstes Mal? Welches Erstes Mal!?/

„Was, was?!“, fragt ihn der Blonde trocken in einem gelassenen Tonfall.

Berthold wendet den Blick immer von dem Gesicht des Fremden zu dessen Unterleib hin und her.

„Du sagtest „erstes Mal““, meint Berthold etwas leise und zögernd. Seine Hände krallen sich dabei angespannt in die Bettdecke über seinem Schoß.

Sein gegenüber legt den Kopf leicht schief.

,,Ja, unserm Mal“, er wartet einen Moment, bis er sich sicher sein kann, dass diese Aussage den Dunkelhaarigen erreicht hat. Allerdings schaut dieser immer noch fragend und entsetzt, wie ein Reh im Scheinwerferlicht, drein.

„Sag nicht, du kannst dich nicht daran erinnern?“, übertrieben gespielt, legt der muskulöse eine Hand auf seine Herzseite und verzieht das Gesicht so gequält, als sei er nun zu tiefst getroffen.

Bei Berthold klingeln alle Alarmglocken auf einmal.

Seine Mundwinkel verziehen sich ganz weit nach unten, die Augen wandern immer schneller auf dem Leib des Mannes vor ihm hin und her. Er hätte sich doch erinnert?! DARAN auf jeden Fall. Die Schmerzen in seinem Schädel werden zunehmend mehr. Wie kam er denn an so ein DING? Und wie bitte hatte er ‚ein erstes Mal‘ DAMIT!? Sein Blick fixiert die Flosse.

/Ein Alptraum/, schießt es ihm durch den Kopf. Das alles kann nur ein Alptraum sein und mit aller Wahrscheinlichkeit träumt er diesen noch immer.

„Ich habe nie im Leben mit einem Fisch geschlafen! Das muss ein Irrtum sein!“, schreit er fast schon dem anderen entgegen und dieser setzt eine ernste Miene auf. Er sucht den Augenkontakt zu dem Dunkelhaarigen am Boden.

„Du hast Recht“, fängt er an.

Die Aussage hilft dabei den Blick des Dunkelhaarigen wieder hoch zu richten, ab von seiner unteren Hälfte. Nun sehen ihn zwei große, grüne Augen wieder an. Er wirkt etwas erleichtert durch seine Aussage, vermutlich hofft Berthold zu hören, dass alles nur ein schlechter Witz sei. Aber die Freude hält nicht wirklich lange an.

„Das ist ein Irrtum… denn-“, der Fremde holt tief Luft, schmunzelt etwas in sich hinein, eh seine Lippen ein freches Grinsen formen „…-denn der Fisch, hat dich gefickt!“, schadenfreudig zeigt der Blonde dabei auf Berthold runter, welchem nun jegliche Farbe aus dem Gesicht entweicht.

Nicht nur das einem bei der Wortwahl des Anderen schlecht werden kann, nein, die Bedeutung hinter dieser Aussage ist wohl das Schlimmste für den Braunhaarigen. Mit einem Mal ist alles an Fragen aus seinem Kopf weg, wie leergefegt.

/Sex…mit einem Fisch…gehabt…/ Berthold weiß nichts dazu zu sagen. Schweigend schaut er nur den Anderen an, welcher sich mit einem leisen stöhnen im Bett rumdreht und auf der gegenüberliegenden Bettseite über die Bettkante rollt. Es gibt einen leichten >Rumms< auf den Boden.

„Naja, mach dir nichts draus Honey, für alles gibt es doch ein „erstes Mal“, nicht? Und ich kann versichern, ich habe dich sehr zufrieden gestellt, die letzte Nacht. Du…ähm“, die noch immer nicht identifizierte gestallt zieht sich mit den starken Oberarmen über den hellen Parkettboden ums Bett herum zu Berthold rüber.

Erst als das Gesicht des Fremden und seine Arme hinter der letzten Bettkante hervor stechen, reagiert der Dunkelhaarige, dass der Fremde gar nicht mehr vor ihm auf dem Bett liegt.

Berthold japst ängstlich auf, als er das „Etwas“ auf ihn zu krakseln kommen sieht und zieht vor Angst nicht nur die Beine an sich rann, sondern die Bettdecke gleich mit.

Der Blonde grinst „Ganz cool, ich will dich nicht fressen. Ich würde jetzt nur unheimlich gern dein Bad nutzten. Und ähm, ich habe dein Namen vergessen. Wie war er noch gleich?“, etwas entschuldigend kratzt sich das Wesen an der Nase.

Schlagartig zischt der Angesprochene seinen Namen heraus: „Berthold“.

Sein Gegenüber schnalzt leicht mit der Zunge: „Ähm, Gesundheit?“, Stille herrscht zwischen den beiden.

Der Blonde merkt einige Augenblicke darauf, dass dieser Ausruf wohl wirklich kein Nieser gewesen ist.

Er pustet kurz die Wangen auf, um dann darauf die Luft laut entweichen zu lassen: „Aso, das ist dein Name… Mein Beileid“, er lächelt verständnisvoll dem Anderen zu, doch dieser schaut weiter nur verängstigt zurück. Erneut entsteht, für einen kurzen Moment, eine peinliche Stille zwischen den Beiden.

„Alles klar, ich bräuchte dann mal das Bad. Ist es hier auf dem Flur?“, er deutet hinter sich auf die halb offene Schlafzimmertür.

Berthold nickt hastig: „ja, den Flur rauf und die erste Tür links auf der anderen Flurseite“, haspelt er vor sich hin und deutet mit zitternder Hand raus aus dem Schlafzimmer.

Der Blonde wendet kurz den Kopf, nickt dann verstanden und robbt herum, Richtung Schlafzimmertür.

Mit leichten keuchen verlässt der Fremde den Raum und zieht sich weiter über den Holzboden im Flur.

Zurück bleibt der Dunkelhaarige, welcher wie erstarrt in seiner Position auf dem Boden verharrt.

/Nie wieder Alkohol/, ermahnt sich Berthold selbst und schüttelt mit zusammengekniffenen Augen den Kopf.

Er atmet einige Male tief ein und aus, eh er seine rechte Hand aus dem Laken entkrampft und die Beine wieder streckt.

Die angespannte Körperhaltung sinkt in sich zusammen und die Schultern fallen runter. Ein letztes zittern geht ihm durch Mark und Knochen, eh er sich dazu animiert wieder aufzustehen.

„Welch ein verrückter Traum, also ehrlich, ich muss ja komplett betrunken gewesen sein um mir jetzt sowas einzubilden“, leise kichernd schüttelt Berthold wieder fassungslos den Kopf über die Situation. Da hat er wirklich für einen Moment geglaubt, da sei eine Meerjungfrau in Form eines Mannes in seinem Bett und fragt ihn anschließend nach dem Weg ins Bad. Verrückt.

Berthold schaut an sich runter: „so, erst mal was anziehen und dann mache ich mir erst mal ein Kaffee“, beschließt er und steigt über die Bettdecke und Kissen, die noch immer auf dem Boden liegen.

Mit einigen schnellen Griffen befördert er diese wieder zu ihren rechtmäßigen Platz, dem Bett.

Dann folgt er seinem Plan, sich was anzuziehen. Vor der Kleiderkommode angekommen, fällt ihm die Entscheidung mit einem Mal schwieriger als sonst.

Grund dafür sind seine wieder aufkommenden Kopfschmerzen.

„Mist“, flucht er leise und greift nach einer dunkelblauen Shorts und nach einem schlicht grauen, schlabbrigen Shirt.

Gerade als er dies über den Kopf zieht, seinen Kopf durch des Ausgang drückt, erreicht ihm das Geräusch von fließenden Wasser.

Und wenn ihm nicht alles irrte, kam es direkt aus Richtung Badezimmer. Sein linkes Augenlied fängt an zu zucken. Langsam dreht sich sein Kopf zur Schlafzimmertür und starrt sie an.

/Das bildest du dir nur ein Bert, da ist nichts/, redet er sich gedanklich ein, um nicht die Fassung zu verlieren. Allerdings hält diese nicht lange, als auch noch eine tiefe Stimme aus dem Badezimmer ertönt, welche die Titelmusik des Filmklassikers „Der weiße Hai“, summt.

Bertholds Nackenhaare stellen sich auf. Rasch schlüpft er mit den Armen durch die Ärmel und zerrt sich das Shirt runter.

/Oh nein, nein, nein, NEIN!/, er hechtet zur Schlafzimmertür und springt mit einem Satz in den Flur.

Nun konnte er die Stimme noch besser hören und noch dazu ein eigenartiges quietschen, als würde etwas über den Badewannenrand rutschen. Wohl eher rein rutschen. Es Rumst und platscht.

Der Dunkelhaarige hält sich die Hand vor Mund um nicht laut aufzuqieken vor Schreck.

Die Erkenntnis, dass doch wer Fremdes da ist und so eben wirklich sein Bad nutzt, zerstört seine noch zuvor mühevolle Einrede, es sei alles nur ein Traum.

Ganz langsam schleicht Berthold nun Barfuß durch den Flur, hin zur offen stehenden Badezimmertür.

Der fremde scheint ihn nicht bemerkt zu haben, da dieser immer noch am Summen ist.

Da steht er nun einen Moment am Türrahmen, lauscht der Stimme und den platschenden Geräuschen aus dem Bad.

Letzten Endes siegt seine Neugier über seine Angst, die ihn bis eben noch an den Boden fesselte. Er lehnt seinen Körper leicht vor, so dass er in den Raum schauen und einen Blick erhaschen kann. Er hat genauen Blick auf das unmenschliche Organ des Fremden, das über den Wannenrand liegt, da scheinbar die Größe der Wanne nicht ausreichend ist. Mit den starken Oberarmen, stützt sich der Blonde auf beiden Wannenrändern ab und legt genießerisch den Kopf in den Nacken.

Wieder sah er diesen Mann. Wieder in dieser verzerrten Gestalt einer Meerjungfrau.

Bertholds Miene verzieht sich erneut wehleidig.

/Das kann doch nicht wahr sein!/, er verpasst sich leicht eine Ohrfeige, zischt dabei: „ Aua“, doch das Wesen vor ihm in seiner Badewanne verschwand einfach nicht.

„Hey Honey! Ich habe dich gar nicht gefragt, wie du geschlafen hast. Gut geträumt?“, freundlich grinsend schaut der Blonde sein Gegenüber an.

Berthold schmunzelt etwas, starrt auf den Unterleib des Mannes vor ihm in der Wanne und murmelt was von: „Das tu ich wohl immer noch“.

Die Äußerung wird nicht weiter von dem muskulösen Etwas kommentiert.

„komm, ich rücke noch etwas zur Seite und mache dir Platz“, grinst ihm nun der Blondhaarige entgegen und versucht etwas angestrengt seinen Fischleib in der Wanne weiter zur Seite zu rücken um Platz für den Dunkelhaarigen zu schaffen.

Berthold zuckt auf.

Wieder hat dieses Wesen zu ihm gesprochen. Und wieder löst es nur Verwirrung im schmerzenden Kopf des Dunkelhaarigen aus.

Und während der Fremde immer noch versucht sich hin und her zu winden in der Wanne um Platz zu schaffen, ertönt ein störender Quietschton, den Bertholds Kopfschmerzen weiter reizt.

Er winkt hastig mit seiner Hand ab: „schon gut! Lass gut sein, ich wollte nicht in die Wanne“

„Naja, dann kuscheln wir eben später wieder im Bett miteinander“, beschließt der Blondhaarige und rückt sich gemütlicher in der Wanne zurecht. Seine Schwanzflosse wippt leicht von rechts nach links, zieht den Blick von Berthold magisch auf sich.

„Gefällt sie dir?“, fragt das Wesen neckisch und starrt den Dunkelhaarigen an.

Berthold schluckt hart.

„Also ich finde das nicht witzig. Was bist du und was hast du in meiner Wohnung zu suchen?“, Berthold geht einen Schritt weiter ins Bad um sich seinen ungebetenen Gast besser anschauen zu können.

„Redet man so mit seinem Liebhaber? Du könntest ruhig ma dankbarer sein, nachdem ich dich nach Hause gebracht, ausgezogen und es dir ordentlich besorgt habe“, schnaufend verschränk der Fremde gespielt beleidigt die Arme vor der Brust.

Sein Gegenüber schien nicht sonderlich viel Dankbarkeit übrig zu haben.

„Liebhaber? Was? Nein, nein, da siehst du etwas falsch. Ich bin nicht-“, ihm wird das Wort abgeschnitten.

„Schwul?!“, fragt der Blonde genervt.

Berthold nickt streng: „ Ganz recht, das bin ich nicht!“

Der Blonde lacht kurz auf.

„Das sah letzte Nacht aber ganz anders aus“, kommt der Einwand aus der Wanne. Es lässt Berthold fassungslos auflachen. Er schüttelt leicht grinsend nur den Kopf über die Äußerung des anderen und wendet den Blick ab.

„Schwachsinn“, murrt er erst leise, reibt sich übers Gesicht und schaut dann wieder rüber zum Fremden.

„Nur zu deiner Information, ich habe eine Freundin!“, patzt Berthold hervor und Grinst triumphierend. Nun wird wohl dem anderen nichts mehr einfallen, etwas dagegen zu sagen.

„Das sah aber auch letzte Nacht anders aus“, kommentiert der Blonde trocken und grinst breiter.

„Unsinn! Ich habe eine Freundin und die ist definitiv weiblich!“, verteidigt sich der Dunkelhaarige erneut und verschränkt die Arme vor der Brust.

„Mein Glückwunsch! Hat sie denn auch Brüste?“

Die Frage verwirrt sein Gegenüber sichtlich. Er stottert leicht vor sich hin, eh er die passende Antwort findet: „ Natürlich hat sie die!“.

„ Größer als meine?!“, erfragt der ungebetene Gast und drückt seine durchtrainierte, breite Brust zusammen. Passend dazu legt er einen gekonnten Dackelblick auf, wodurch Berthold automatisch seinen Blick zur Brust des Fremden wandern lässt.

Nervös stottert er lauter: „Nein…-Ja! Ach, keine Ahnung- das ist doch auch total unwichtig!“, er läuft knallrot an. Das folgende Lachen des Blonden sorgt nur dafür, dass der Rotschimmer eine Spur dunkler wird.

„ Hör auf zu lachen!“, mahnt er den Anderen, aber dieser schüttelt lachend nur den Kopf, „ Geht nicht, dein Gesichtsausdruck- zu gut! Ahaha, du solltest dich mal sehen!“.

Berthold wird wütend. Seine Hände ballen sich zu Fäusten und seine Körperhaltung wirkt unter Spannung.

„ „Ha-Ha“, sehr lustig. Jetzt reicht‘s- raus! Geh raus aus meiner Wanne und anschließend aus meiner Wohnung!“, er schiebt die Badezimmertür weiter auf und deutet mit seiner linken Hand raus auf den Flur.

Der Fremde verstummt, schaut ihn strafend an: „Laufen is nicht“, zischt er und wackelt aufdringlich mit seiner Schwanzflosse in der Wanne rum.

Das Wasser plätschert dabei über den Wannenrand, bildet auf den Fliesen kleine Pfützen.

Immer noch geladen, rauft sich Berthold die Haare, dreht sich einmal um sich selbst und überlegt kurz.

„Dann eben so…“, er geht zur Wanne und umgreift mit beiden Händen wagemutig die dünnste Stelle der Schwanzflosse, den Schwanzkiel, und zieht mit aller Kraft. Allerdings bewegt sich das "Etwas" in der Wanne keinen Millimeter.

In dem Moment fragt er sich nicht, was genau er da gerade in den Händen hällt. Ob das nun echt oder unecht ist.

Der Blonde schaut ihm amüsiert zu, legt beide Hände hinter den Kopf und lehnt sich entspannt zurück.

Nach einer Weile gibt er dem Dunkelhaarigen zu verstehen, dass seine Bemühungen für umsonst sind. Er wird sich hier keinen Millimeter aus der Wanne bewegen, komme was wolle.

„Lass gut sein Honey, das wird langsam langweilig“.

Der andere entgegnet ihm daraufhin schnippisch: „ Ich heiße Berthold!“

„Wie auch immer“, zischt der Blonde zurück und stellt das laufende Wasser ab.

Nach wenigen Minuten lässt Berthold sich ergeben nach hinten auf den Hintern fallen. Er schnauft außer Atem.Das hat er sich irgendwie einfacher vorgestellt. Er war nicht gerade das, was man als stark bezeichnen würde. Er war zwar sportlich aber auch schmächtig. Mit seinen 1,92m und schmalen Statur wirkt er eher wie ein Strich in der Landschaft, als sein Gegenüber in der Wanne.

„Na warte“, grinst Berthold breit und springt auf. Er rennt den Flur rauf, verschwindet aus dem Blickfeld des Blonden für eine Weile. Dieser schaut ihm neugierig aber auch unsicher hinterher.

„Was hat der vor?“, murmelt er zu sich selbst, eh er die ersten eigenwilligen Geräusche aus der Wohnung vernimmt. Es klingt als würde jemand ordentlich Möbelrücken spielen. Ein knallen, knarzen, scheppern und zu guter Letzt ein gelber Tennisball, der verdächtig den Flur entlangrollt.

Der Blonde verzieht die Augenbrauen skeptisch nach oben, folgt einem Moment lang den Ball mit seinen Augen.

Dann ertönt ein schroffes rollen über den Flurboden.

Der Lange kommt überraschend lässig auf einem Skateboard vor der Badezimmertür zum Vorschein.

Der Fremde staunt erst nicht schlecht, dann aber versteht er den Plan des Dunkelhaarigen und verzieht die Mine störrisch.

Berthold steigt ab, verschränkt kurz die Arme vor der Brust eh er mit dem linken Fuß das Board hoch, zu sich in die Arme, kickt.

Der Fremde schüttelt den Kopf.

„Nein!“, trotzig quetscht das Muskelpaket sich tiefer in die viel zu enge Wanne.

„Doch!“, Berthold legt ihm das Board vor die Wanne und schaut ihn auffordernd an.

„Das kannst du knicken!“, nörgelt der Blonde aus der Wanne und schaut Berthold nur trotzig an.

„Wenn du jetzt nicht freiwillig abhaust, rufe ich die Polizei. Deine Wahl.“, siegessicher grinst der Lange und pfeift leise vor sich hin.

Er hört, wie das „Etwas“ in der Wanne unzufrieden zu murren und knurren beginnt.

„Na Fein! Dann rolle ich eben davon. Ich krüppel mich hier raus und rufe draußen ein Taxi!“, er hievt seinen Oberkörper über den Wannenrand und schieb sich das Board zurecht. Wehleidig keuchend zieht sich das Wesen aus der Wanne. Millimeter um Millimeter.

„Und ich dachte diese Nacht hätte dir mehr bedeutet. So kann man sich in einen Menschen irren. Abgeschoben wie ein Stück Unrat, ich bin enttäuscht!“, er schaut rauf zu dem Hochgewachsenen und versucht ihn mit seinem gekonnten Dackelblick zu erweichen.

Dieser jedoch starrt ihn nur kühl an: „Wird’s dann bald?“, fragt er genervt und geht voran in den Flur.

Mit einem dumpfen >Platsch<, landet das Wesen mit seinem gesamten Gewicht auf dem Board. Mit einem ächzenden Geräusch gibt das Holz unter dem Gewicht des Mannes nach und biegt die Räder nach außen.

Er schiebt sich raus auf den Flur zu Berthold und schaut ihn aus seinen goldenen Augen traurig an.

„ Du wolltest also doch nur meinen menschlichen Körper! Noch nie habe ich mich SO ausgenutzt gefühlt! Ich habe dir sogar meinen Arm zum kuscheln gegeben und was tust du? Schmeißt mich einfach raus, auf dass ich geschnappt und aufgeschnitten werde und irgendwo in Japan als Sushi auf dem Teller eines alten japanischen Opas lande!“, jammernd rollt Reiner ein Stück in Richtung Ausgang.

Der Angesprochene nickt leicht, presst etwas die Lippen aufeinander, eh er erwidert: „Dann pass gut auf dich auf“

Der Blonde wird zornig.

„ Was ist nur falsch mit dir?! Du hast die letzte Nacht so einen vernünftigen Eindruck auf mich gemacht. Du warst so nett und charmant!“, brüllt er ihn an.

Bertholds linkes Augenlied zuckt leicht.

„Ich war betrunken!“, verteidigt er sich lauthals und verschränkt die Arme streng vor der Brust.

„ Man sagt, gerade dann zeigen Menschen ihr wahres Gesicht!“

„Sagt wer?“, hinterfragt darauf hin Berthold.

„Na ich!“, nölt der Blonde zurück und starrt ihn wieder an.

/Das wird mir hier langsam zu dumm!/, denkt der Dunkelhaarige sich angespannt und kaut leicht auf der Unterlippe rum.

„Für was hältst du dich eigentlich?“, schnauzt Berthold das „Etwas“ auf dem Flurboden an.

„Was Besseres! Ihr Menschen seid doch alle gleich. Sei wenigstens so kulant und ruf für mich den Tierschutz für bedrohte Arten an!“, nun wendet sich der Blondschopf von Berthold ab und rollt den letzten Rest des Flures runter zur Eingangstür.

„Und was soll ich denen sagen?“, erfragt der Wohnungsbesitzer verwirrt.

„ Die Wahrheit!“

„Oh, soll ich sagen, ich habe eine Meerjungfrau mit nach Hause genommen, sie in meinem Bett schlafen lassen und habe jetzt ein Problem damit sie wieder los zu werden?! Das werden sie mir nie im Leben glauben!“, Der Lange kommt ins Stocken. /Eine Meerjungfrau in meiner Wohnung/, es fällt ihm wie Schuppen von den Augen.

Er starrt „die Meerjungfrau“ mit offenem Mund wortlos an.

„Wenn dann eine Nicht-Mehr-Jungfrau! Und am Rande bemerkt heißt das Meermann! MANN!“, Die Worte scheinen sein Gegenüber nicht zu erreichen. Er starrt ihn immer noch an wie ein Auto.

„Hallo?“, der Flossenträger winkt mit seiner Hand, um die Aufmerksamkeit des Anderen wieder zu erlangen.

Aber es kommt nichts, so beschließt er endgültig zu verschwinden. Er zieht sich gerade an der Haustür hoch um den Griff zu erreichen, da stoppt ihn die Stimme des Mannes hinter ihm.

,,Warte!“

Frühstück in der Badewanne

Berthold schaut eindringlich in die Augen der „Meerjungfrau“.

„Wie lange?“, fragt er und sein strenger Blick wird weich. Er deutet kurz auf den Unterleib des Fremden.

Mit ernsten Blick antwortet der Flossenträger: „Eine Woche“.

„Und was dann?“, fragt Berthold neugierig nach.

„Dann bekomme ich wieder Beine und spaziere hier raus, ohne dass du je gemerkt hast, dass ich da gewesen bin“, Der Lange steht überlegend im Flur. Er grübelt lang.

„Na was denn nun? Ja, oder nein? Ich will dich ja nicht hetzen, aber ich trockne hier langsam aus!“, nörgelt der Blonde erneut rum und rollt auf dem Bord leicht auf der Stelle vor und zurück.

„Du musst mir versprechen, keine Schwierigkeiten zu bereiten!“, mahnt Berthold bestimmend, worauf hin sein Gegenüber leicht die Augen verdreht.

„ Ja, Ja, ich werde mich benehmen…“, säuselt er vor sich hin. Diese Aussage ist dem Dunkelhaarigen nicht genug.

„Schwör es! Hoch und heilig!“, besteht er und die „Meerjungfrau“ säufst genervt aus.

Waren sie nun im Kindergarten gelandet?

„Ja Mama! Nicht-Mehr-Jungfrauen-Ehrenwort! Du wirst gar nicht merken, dass ich da bin!“, anschließend freundlich grinsend, rollt er vorsichtig weiter auf Berthold wieder zu.

Dieser stemmt eine Hand in die Hüfte, mit der anderen streicht er sich den zotteligen Pony auf dem Gesicht.

Er schaut runter zu dem Mannfisch, Fischmann und erwidert zögernd mit einem Lächeln das Grinsen des anderen.

„Abgemacht a-“, eh er weiter reden kann, saust das Fischwesen auf seinem Skateboard an ihm vorbei.

Unerwartet schnell und dynamisch, nebenbei bemerkt. Ganz anders als zu Anfang.

Perplex bleibt Berthold im Flur stehen, löst sich aus der Starre erst, als er erneut das laute Plätschern des Wassers in seiner Badewanne vernimmt.

/Auf was habe ich mich da nur eingelassen?/, jammert er Innerlich und folgt dem Fischwesen ins Bad zurück, wo die „Meerjungfrau“ wieder gemütlich in der Wanne liegt und sich hin und her räkelt.

„Ey! Mach’s dir nicht zu gemütlich, du weißt-“, wieder wird er vom anderen Unterbrochen: „Ich weiß, dass ist nur für vorrübergehend-jaja“

„Exakt! Und damit das klar ist, ich tu das nur-“, und wieder plappert der Blonde ihm in den Satz.

„Aus reinster Nächstenliebe und weil ich gut im Bett bin!“, grinst die „Meerjungfrau“ selbstverliebt und drückt stolz die Brust nach vorne.

Berthold schaut wenig amüsiert.

„Das stimmt so nicht, und das weißt du ganz genau!“, verbessert er die Aussage des Blonden, der leicht schmollend die Unterlippe nach vorne zieht.

„Nicht? Gut, dann muss ich eben damit leben das du es nicht aus Nächstenliebe sondern nur gemacht hast, weil ich gut im Bett bin“, zufrieden grinst der Mann Berthold an.

Er verdreht daraufhin nur die Augen.

„Wie auch immer. Wir sollten jetzt noch ein Paar Hausregeln durchgehen…“, Berthold stoppt in seiner Rede, als er merkt wie der Andere ihm gar nicht zuhört und viel lieber Blubberblasen mit seinem Mund ins Wannenwasser pustet.

„Was zur Hölle soll das? Hörst du mir überhaupt zu?“, mahnt er den Fremden und zieht die Augenbraun wütend zusammen.

Der Angesprochene schaut verlegen rauf: „Nö“, gibt er ehrlich zu und grinst wieder breit.

Sein Gegenüber wendet sich auf dem Absatz herum und grummelt was von: „ ich brauche jetzt einen Kaffee“

Die „Meerjungfrau“ spitzt die Ohren: „Hey! Warte! Ich will auch und ich habe Hunger, bring mir was mit!“, fordert er in einem knötternden Unterton, so dass Berthold nicht wirklich nein sagen kann und es einfach mit einem: „Ja, ja“, zur Kenntnis nimmt.

Schleppend gelangt Berthold in die Küche. Ruhe umgibt ihn. Er streckt sich wohlig seufzend und schaut zur Wanduhr in der Küche. /Schon 15 Uhr?! Wie gut, dass Heute Samstag ist/, leicht aufgemuntert begibt er sich weiter zur Kaffeemaschine und schmeißt sie an.

Während die Maschine aufheizt, denkt er angesträngter über den gestrigen Abend nach. Er war öfter schon trinken und noch nie hatte er es erlebt, am nächsten Tag einen kompletten Filmriss zu haben.

/Das kann doch gar nicht sein/, das intensivere nachgrübeln siebt die Kopfschmerzen nur unnötig wieder in den Vordergrund zurück.

Er läuft etwas in der Küche auf und ab, schaut rüber ins Wohnzimmer. Die Küche und das Wohnzimmer trennte eigentlich nichts, sie waren ein großer Raum. Für eine leichte Aufteilung sorgt eine lange Arbeitsplatte in Form einer Bar, die den Rest der Küche hinter sich umrahmt. Die Fliesen der Küche endet perfekt mit der langen Arbeitsplatte und geht in den Wohnzimmerholzboden über.

Im Wohnzimmer steht eine schwarze Wohnlandschaft, ein großer Flachbildfernseher, angeschlossen an zwei Spielekonsolen und einem DVD-Player, Dahinter befand sich ein großes Bücherregal. An den freien Wänden kleben Fotos, oder Postkarten mit „lustigen“ Parolen und Sprüchen, wie: „Leben: coole Grafik-scheiß Handlung“ oder „No risk-No fun!“.

Berthold schlendert zum Bücherregal rüber und überfliegt die Titel. Eines scheint ihm gerade recht zu sein: „Tiere- Die Große Enzyklopädie“, der Dunkelhaarige lächelt leicht nickend und greift nach dem Buch. Das wird ihm sicher etwas weiterhelfen mit seinem „Gast“ in seiner Badewanne.

Sogleich blättert er umher, sucht das Kapitel über Fische und Meeressäuger.

Nebenbei stellt er zwei Kaffeetassen unter die Maschine und lässt sie starten.

„Ah, hier ist es, sehr gut“, wispert er erfreut, schiebt das Buch offengeschlagen auf die Arbeitsfläche zu seiner rechten und kümmert sich weiter darum was passendes zum Frühstück zu organisieren.

Ein Blick in den Kühlschrank lässt zu wünschen übrig. Er hat vergessen einzukaufen.

/Auch das noch/, keuchend legt er den Kopf in den Nacken, eh er nach einigen Resten im Kühlschrank greift.

Darunter eine halbe Wassermelone, Käse am Stück und ein Gurkenglas. /Wann habe ich den Kühlschrank so leergefuttert?/, unzufrieden nimmt Berthold die magere Ausbeute, packt sie auch auf die Arbeitsfläche.

Die Kaffeemaschine piept im rechten Moment auf. Der Lange streckt sich nach beiden fertigen Tassen und schiebt sie zu den erbeuteten Lebensmitteln.

Wie gewohnt holt er die Milche aus dem Kühlschrank und gießt etwas davon in seinen Kaffee. Nachdenklich schaut er auch auf die andere Tasse. Er weiß nicht wie sein „Gast“ seinen Kaffee trinkt, drum bleibt ihm keine andere Wahl als nachzuhaken: „Ey! ...“, er überlegt angesträngt. /Der Name, er hatte doch einen Namen, nicht?/ Der war nicht hängen geblieben.

Zu faul weiter über den richtigen Namen nachzudenken, ruft er: „Meerjungfrau!? Wie willst du deinen Kaffee?“

Aus dem Badezimmer kommt ein entnervtes: „Reiner! Und es heißt Mann! Meermann!“, Bertholds Augen tänzeln leicht verdreht hin und her, /Ist ja gut/, denkt er sich und wiederholt für Reiner seine Frage noch mal: „Reiner, wie willst du deinen Kaffee?“

„Jetzt will ich keinen mehr!“, ruft es auf dem Bad, merklich eingeschnappt.

Berthold haut leicht mit der flachen Hand auf die Arbeitsplatte. /Das kann doch jetzt nicht sein Ernst sein, oder?/

„Wie nein? Eben wolltest du noch einen!“, meckert Berthold zurück.

„Das war vor 10 Minuten! Jetzt will ich was anderes!“

Ein Moment liegt Stille in der Wohnung. Berthold schnauft einige Male aus, eh er Reiner fragt, was er nun stattdessen haben will.

„Ich will ein Glas stilles Wasser!“, nörgelt die Stimme.

Berthold dreht sich geschwind zum Geschirrschrank und sucht ein Großes Trinkglas raus. Gerade als er das Glas unter den Wasserhahn der Spüle hält, ertönt wieder die Tiefe Stimme Reiners.

„Und nicht aus dem Wasserhahn!“

Wieder beginnt ein Augenlid bei Berthold leicht zu zucken. Ganz sicher würde er jetzt nicht für die Diva in der Wanne frisches Quellbrunnwasser holen.

Er antwortet darauf nicht, stellt das volle Glas zu den beiden Kaffeetassen und dem rausgesuchten Essen.

Um alles mit einem mal rüber ins Bad zu bekommen, kramt er aus einem Schrank ein Tablett hervor und stapelt alles passend drauf. Das Buch inklusive.

In der Zeit wo Berthold auf sich warten lässt, spielt der Blondhaarige in der Wanne mit den herumstehenden Shampoodosen Schiffe versenken.

Bei seiner Spielerei merkt er erst, dass er beobachtet wird, als Berthold im Türrahmen steht und ihn leicht verwundert anstarrt.

„Was denn? Mir war halt langweilig“, verteidigt sich der muskulöse Mann und stellt die Dosen wieder an ihren rechtmäßigen Platz.

Nach einer kurzen, peinlichen Stille, räuspert Berthold sich und betritt das Bad. Er stellt das Tablett auf die Fliesen vor der Badewanne.

„So, hier hast du dein Wasser“, er reicht es Reiner über den Wannenrand, welcher es freudig entgegen nimmt.

Berthold schaut ihn schweigend aber gespannt dabei zu, wie er einen großen Schluck von nimmt.

Genüsslich schmatzt Reiner nach dem Schluck und lobt die Qualität des gewählten Wassers: „Köstlich, genau so muss ein sauberes, frisches Wasser schmecken“, Bertholds hustet gespielt um reiner in seiner Rede zu unterbrechen und beichtet ihm trocken: „ist aus der Leitung“

Sofort würgt Reiner übertrieben und stellt das halbvolle Wasserglas wieder weg.

„Hast du vor mich umzubringen?!“, schnauzt er den Dunkelhaarigen an, doch dieser schaut unbeeindruckt zurück. Kurzens Schweigen herrscht im Raum während beide Männer sich ernst anstarren.

„So viel zum Thema: „köstlich““, er grinst kurz eh er dem Blonden den zweiten Kaffee als alternative hinhält.

Etwas zögernd nimmt er ihn an, schaut peinlich berührt runter auf das halbvolle Wasserglas, und nimmt einen kleinen Schluck vom Kaffee.

Keinen Moment später, steht auch dieser angebrochen neben dem Wasserglas.

Unkommentiert wendet er sich dem Essbaren auf dem Tablett zu, was von Berthold bewacht wird.

„Hunger“, Reiners Hände strecken sich nach dem Teller aus.

Einverstanden nickt der Wohnungsbesitzer, schiebt das Buch und seinen Kaffee vom Tablett runter und reicht es im Anschluss dem Blonden.

Er beobachtet Reiner dabei wie er neugierig die Auswahl auf dem Tablett begutachtet und von der Melone kostet.

„Ähm, und woher kommst du?“, wirft Berthold in den Raum und erlangt sofort die Aufmerksamkeit des Meermannes. Sie schauen einander wieder an. Reiner kann in Bertholds Augen Unsicherheit, aber auch Neugierde lesen. Warum auch immer, doch diese Mischung gefällt dem Blonden sehr. Vielleicht, weil Berthold dann immer versucht ernst und stark zu wirken.

„Uh, höre ich da Interesse?!“, grinst Reiner erfreut und mopst sich wieder ein kleines Stück aus der Melone.

„Es ist doch wohl verständlich, dass ich über dich was wissen will, wenn ich dich schon hier eine Woche sitzen habe“, erklärt der Dunkelhaarige in einem ruhigen Tonfall, zieht sich das Buch auf dem Schoß und schlägt es auf.

„Also wird das jetzt ein Verhör?“, grummelt der Flossenträger und fixiert wieder die Melone.

„Nein! Natürlich nicht. Ich kann dir auch was über mich erzählen“, bietet ihm der Dunkelhaarige an, blättert im Buch umher. /So, wo haben wir das Kapitel über Meeresbewohner?/

„Okay, dann sag mir Mal, woher du kommst“, fragt Reiner schmatzend.

„Deutschland“, Antwortet Berthold knapp ohne den Blick aufzurichten.

„Und was verschlägt dich hier her?“, hakt der Blonde weiter nach.

„Ich mache hier „Work and Travel““.

„Ah. Cool. So wie du arbeitest, würde ich gerne Urlaub machen“, kichert Reiner leise und fummelt aus der Melone neu entdeckte Kerne raus.

Die sind wahrlich ungenießbar für ihn.

Bertholds Kopf schüttelt sich nur leicht. Er wird jetzt besser nicht auf diese Provokation eingehen, denn sonst ist diese Kommunikation schneller vorbei als gewollt.

Im Inhaltsverzeichnis des Buches sucht er weiter nach dem passenden Kapitel. /Insektenfresser? Nein. Halbaffen? Würde eigentlich auch zutreffen/ Er verschluckt das leise auflachen und sucht weiter in den Kategorien. /Fleischfresser? Vermutlich./, er schaut unauffällig rauf zu Reiner und beobachtet ihn dabei, wie er die Melonenkerne aussortiert. /Vielleicht aber auch ein Vegetarier?/, Bertholds Blick wandert wieder zu Reiner. Dieses Mal sieht er, wie Reiner sich an den Käse „vergeht“.

/Oder doch eher ein Allesfresser?/, so wird er vermutlich nicht weiter kommen. Er wendet den Blick von Reiners Essverhalten auf sein Anhängsel. Vielleicht ist aber das des Rätsels Lösung.

/Fischartig auf jeden Fall! Ha, das ist es!/, erfreut über seine Idee, sucht er unter Säugetiere die Kategorie: „Wale und Delfine“.

„Okay Mr. Work and Travel, was hast du schon alles „ertravelt“?“

/welch eigenwillige Worterschaffung/, denkt Berthold sich und schmunzelt leicht. Er weiß nicht so recht, was er seinem gegenüber sagen soll, denn eigentlich hat er bisher nicht viel erlebt.

„Ich habe auf den Weg zur Arbeit mal den riesen Basar in der Innenstadt gesehen und am Wasser war ich auch, also ich habe es mir angeschaut, drin war ich nicht.“, erzählt Berthold zögerlich.

„ Ah, dann bist du sicher noch nicht lange hier, hm?“, das nächste Käsestück verschwindet im Mund des Blonden.

„Vier Monate“, kommt es ehrlich vom Dunkelhaarigen und Reiner verschluckt sich.

„Was!? Vier Monate und du hast bis jetzt nur das Wasser beglotzt?“, fassungslos schaut er Berthold an. /Das kann doch nicht sein Ernst sein? So ein Sesselpupser? Scheiße ist der langweilig!/, denkt der Blonde sich und wartet auf die Erklärung des Anderen.

„Und den Basar gesehen!“, ergänzt Berthold Reiners Aussage. „Aber ja, im Grunde hast du Recht. Ich bin zu sehr mit Arbeit und Schule beschäftigt, als großartig raus zu kommen“

/oh, ein kleiner Streber…wie langweilig!/ Bestätigt sich Reiners Gedankengang und er nickt nur verstehend.

„So, und nun beantworte mir meine Frage! Woher kommst du?“, wirft Berthold hastig ein, um das Thema von sich wieder umzulenken. Er mag es nicht sonderlich aus dem Nähkästchen zu plaudern und schon gar nicht mit einem Fremden.

„Aus dem Wasser“, grinst Reiner.

„Aha. Und ich dachte aus einem Reagenzglas“, murmelt Berthold sarkastisch. Es entsteht wieder eine unangenehme Stille.

„Was soll das denn bitte heißen?“, schnauft Reiner angespannt.

„Das soll heißen, dass sowas wie du, nicht „normal“ ist“, erklärt Berthold leicht gereizt.

Reiner lacht einen kurzen Moment auf: „Ist das so? Also ich mag meine Einzigartigkeit!“

„Individualität“, verbessert Berthold den Blonden schnippisch. Wenn er etwas nicht leiden kann, dann wenn Leute Komplett sinnlose Sätze von sich geben die ebenso klingen wie die Person ist, nämlich hohl!

Natürlich entging Reiner diese „Verbesserung“ in seinem Wortschatz nicht. Denn wenn er etwas nicht leiden kann, und davon gibt es einiges, gehörte das verbessern seiner Sätze, dazu!

„Oh tschuldige, Spießer, ich wusste nicht, dass das hier ein Wettstreit in grammatikalisch richtigen Sätzen ist!“

„Ist es ja auch nicht“, meint Berthold leicht verwirrt über die Äußerung von Reiner.

„Gut, dann hör auf mich zu verbessern!“, schnauzt der Blonde daraufhin Berthold wieder an.

Der Dunkelhaarige drückt sich mit dem Rücken enger gegen die Badezimmerwand hinter sich. Er gab zu, dass in der tiefen Stimme des Blonden etwas ist, was ihn zusammenzucken lässt. Zwar nicht sonderlich bedrohlich aber einschüchternd.

Na vielleicht ist das auch unhöflich von ihm gewesen. Wer will schon gerne in einer Kommunikation verbessert werden?

„Verstehe, tschuldige“, wispert Berthold kleinlaut und sein Gegenüber löst die strengen Falten auf seiner Stirn wieder.

/Doch recht empfindlich/, Stellt Berthold fest und schmunzelt leicht.

„Heißt das dann, dass deine Eltern auch-“, Reiner unterbricht ihn.

„Kann sein, ich kenne sie nicht“, er schaut betroffen auf das gut geleerte Tablett und nimmt sich noch ein Stück aus der Melone.

Berthold schaut ihn verwirrt an.

„Du weißt also nicht, ob deine Mutter der Fisch war, oder dein Vater?“, es entsteht eine merkwürdige Atmosphäre im Raum. Berthold schaut immer noch neugierig zu Reiner, der wie erstarrt auf das Tablett blickt.

Bertholds Nackenhaare stellen sich unweigerlich auf. Er meint zu glauben, dass dies sicher der wunde Punkt des Blonden ist, denn warum sollte er sonst so reagieren?

„Das geht dich nichts an und es würde nichts an der Tatsache ändern das ich bin, was ich bin, wenn du es wüsstest.“, zischt Reiner heraus, meidet dabei den Blickkontakt zu Berthold.

Der Lange nickt schweigend. Da hat sein Gegenüber Recht, es würde nichts an dem hier und jetzt ändern.

Er wendet sich dem Buch wieder zu und schaut sich die verschiedenen Walarten an.

/Orca? Buckelwal? Beluga? Nein. Passt alles nicht./ Berthold merkt schnell, dass dies nicht auf die Form des Anhängsels von Reiner passt. Die Form war eine ganz andere.

Während die Schwanzflosse, auch Flunke genannt, der Wale waagerecht geformt ist, steht die von Reiner senkrecht. In dem Buch gibt es keine Abbildung die eine Übereinstimmung aufweist, nicht mal bei den fleischfressenden Walen.

Noch dazu sehen die Wale alle irgendwie blaugrau aus. Reiners Unterleib schimmerte aber beige-kupfern. Zumindest soweit er es erkennen kann. Die Flunke ist es auf jeden Fall. /Wenn das kein Wal ist, dann doch ein Fisch!/

„Was ist mit deinen Eltern? Wo sind sie?“, reißt ihn Reiner aus den Gedanken.

„Vermutlich in Deutschland, oder sie reisen um die Welt. Ich habe keine Ahnung, wir haben seit längerem kein Kontakt mehr gehabt“, erklärt Berthold mit einem belegten Unterton.

„Dann sitzen wir wohl im selben Boot!?“, stellt der Blonde fest und rückt sich in der Wanne zurecht.

Berthold schaut ihn schweigend an. /Das stimmt wohl/. Er betrachtet Reiners Gesicht. Das Thema war wohl wirklich ein Tritt ins Fettnäpfchen.

„Was liest du da eigentlich?“, fragt der muskulöse Mann nach einer Weile und schielt auf das Buch runter auf Bertholds Schoß.

„Das ist ein Tier-Lexikon. Ich schaue gerade nach möglichen Artverwandten“

„“möglichen Artverwandten“?“, wiederholt Reiner fragend.

„Ja. Ich muss ja schließlich irgendwie erfahren, was du bist“, Berthold blättert in das Kapitel der Fische.

„Ich habe es dir doch bereits gesagt?! Ich bin ein Meermann! Darüber findest du höchstens was in der Märchenabteilung für kleine Kinder und Spinner“

Berthold steht auf, packt sich das Buch und schaut zu Reiner runter.

„Genau das ist es ja! Sowas wie du, ist ein Märchen, eine Erfindung, ein Mythos! Du dürftest eigentlich gar nicht real sein! Und trotzdem habe ich dich hier in meiner Wanne liegen“

Reiner hört ihm aufmerksam zu, nickt dabei immer wieder leicht den Kopf. Und als sein gegenüber fertig ist, pustet er in einem Bohrmaschinenton die Luft aus dem Mund: „Krasser Scheiß, hm?“, bestätigt er mitfühlend und beobachtet wie sich die Gesichtszüge von Berthold leicht hilflos formen.

/Das ist ja niedlich/, denkt Reiner sich und zieht ein Mundwinkel hoch zu ein einem frechen Grinsen.

„“Krasser Scheiß“? Das ist alles, was du dazu zu sagen hast? Dir ist doch wohl klar, dass diese Situation ganz schön belastend für mich ist?!“, schimpft der Dunkelhaarige und deutet mit seinem rechten Zeigfinger abermals auf seine flache Brust.

Reiner seufzt aus.

„Du machst aber auch einen davon. Entspann dich mal!“, Reiner kratzt sich mit dem kleinen Finger in der Ohrmuschel.

„Wie soll ich mich da entspannen können?“

„Mach’s wie ich!“, der Blonde streckt sich in der Wanne, kurz drauf hin steigt eine Reihe Blubberblasen an die Wasseroberfläche, untermal von einem donnernden Grollen.

„Bah, du bist eklig! Und das bringt mich nicht weiter.“

/Da lässt er einfach so ungeniert einen fahren in meiner Anwesenheit!/, Berthold steckt die Nase wieder ins Buch zurück.

„Gut, dann lass dich in deiner weiteren Recherche nicht stören“, Reiner zuckt unbekümmert mit den Schultern, nimmt die Melone nun ganz in die Hand und beißt großherzig davon ab. Genüsslich gibt er mit vollem Mund ein: „Hmmm!“, von sich.

Berthold blättert derzeit wirr durch die Fischkartei des Buches, geht dabei etwas am Wannenrand auf und ab.

„Stör vielleicht? Nein, vergiss es, der kommt hier nicht vor. Ein Barsch? Nein, da passt die Flosse nicht“, Das Kapitel neigt sich dem Ende und Berthold hat nichts gefunden was dem Aussehen untenrum von Reiner ähnelt.

Er atmet tief ein. /Vielleicht doch unter „Affenartige?“ /Er läuft noch mal auf und ab, Blättert die letzte Seite um und erreicht das Kapitel: „Haifische“. Direkt das Titelbild macht Berthold stutzig. Auf der Abbildung sieht man den typischen weißen Hai, wie er komplett aus dem Wasser springt, dabei eine hilflose Robbe im Maul hält.

Der Blick fixiert die Schwanzflossenform des Hais. Misstrauisch blättert er um. Eine perfekte Auflistung mehrerer Haiarten und ihrem Aussehen erscheint.

Berthold vergräbt das Gesicht tiefer im Buch. Jeder Hai wird genauestens mit seinen Blicken studiert und verglichen mit Reiners Unterleib.

Auffällig sind das dunkelbraune Streifenmuster entlang der Flossenunterseite und die sehr dünne Endspitze.

/Walhai, Sandhai, Bullenhai, Tigerhai, Weißer Hai, Lachshai…/, nun wandert Bertholds Blick immer schneller über sein Buchrand zu Reiners Flosse, und zurück. Diesem scheint es nicht zu stören, war dieser gerade damit beschäftigt sich den letzten Rest Melonenschale und Käse gleichzeitig in den Mund zu stopfen.

Dabei schwenkt seine Flunke stürmischer hin und her. Berthold steht mit dem Rücken zu Reiners Gesicht. Er wird blass um die Nase rum.

Das Schwenken hypnotisiert ihn für einen Moment, dann wispert er heiser vor Schock.

„Tigerhai…“, nach Luft schnappend überfliegt er einige Fakten über diesen Hai im Buch.

/Tigerhai sind Einzelgänger. Sie ernähren sich von Aas, Fisch und Unrat, ein typischer Allesfresser. Sie sind sehr neugierig, gelten neben dem Weißen Hai und dem Bullenhai als, der für Menschen, gefährlichste Hai. Spitzen Prädator! Dämmerungs- und Nachtaktiv! Zähne extra bestückt mit kleinen Widerharken, die das rausreißen von Stücken aus der Beute erleichtern/ Berthold wankt auf den Beinen hin und her, ihm wurde schlecht und er bekommt Angst. Er spürt sie über seinen Rücken laufen, wie ein kalter Schauer.

Er umkrallt das Buch fester, nimmt all seinen Mut zusammen, dreht sich auf dem Absatz herum zu Reiner und schreit ihm entsetzt entgegen: „Du bist ein HAI! Ein Tigerhai!?“, dabei streckt er dem anderen das Buch mit der offenen Seite als Beweis entgegen.

Der Blonde, der in dem Moment nicht mit diesem „Überfall“ gerechnet hat, lässt vor Schreck das leere Tablett zu Boden gehen, zuckt erschrocken in der Wanne in sich zusammen und schaut den Dunkelhaarigen schweigend mit dicken „Hamsterbacken“ verschüchtert an.

Schweigen im Raum.

Reiner löst nach einer Zeit zuerst den Blick und schaut leicht peinlich berührt im Raum umher, kaut dabei hastig die Nahrung in seinen Wangen.

Berthold beobachtet das mit offenen Mund sprachlos. Zugegeben, gefährlich aussehen, ist was anderes aber trotzdem ist sich Berthold verdammt sicher! Dieser Mann, nein, dieses Wesen, ist ein Hai! Ein Tigerhai!

Immer noch sprachlos schauen sich beide nur an. Der Eine, weil er immer noch den Mund randvoll hat, der andere, weil er nicht genau weiß, was er zu diesem Anblick, dieser Situation sagen soll.

„Hai…welch Überraschung! Das erklärt einiges“, nuschelt Reiner mit vollem Mund und winkt mit seiner linken Hand zögerlich Berthold zu.

Bertholds Blick neigt sich langsam runter zum Tablett, welches wie geleckt leer auf dem nassen Fliesen liegt.

/Das….das ganze Essen/, als sei Berthold gerade nicht schon entrüstet genug, so muss er feststellen, dass das Frühstück, ihr Frühstück, SEIN Frühstück, weg ist- Spurlos! Nicht mal ein Rest vom Rest ist geblieben! Sogar die Melonenschale ist verschwunden.

Ein Gedanke jagt ihm blitzartig durch den Kopf: / Allesfresser/.

Berthold klappt das Buch zusammen, schließt die Augen für einen Augenblick um seine Gedanken neu zu sortieren.

„Wo-Ist-Mein-Frühstück?!“, deutlich und scharf betont stellt der Lange Reiner diese Frage, woraufhin der Angesprochene mit einem letzten Schluck den Mund frei bekommt zum Sprechen.

„Also ich weiß nicht, wo deine Portion geblieben ist…“, gespielt suchend, schaut er über den Wannenrand auf die leeren Fliesen.

„Das auf dem Tablett war meine Portion! Du hast sie gefressen!“, schimpft er Reiner an und hebt das leere Tablett vom Boden auf.

Der Blonde ist sich keiner Schuld bewusst. Wiederwillig verschränkt er die Arme vor der muskulösen Brust.

„ Ich hatte Hunger!“, rechtfertigt er sich und zieht eine unzufriedene Schnute.

„Toll, und ich habe noch welchen!“, Berthold grummelt laut.

Reiner kratzt sich mit dem rechten Zeigefinger an der Wange und überlegt einen Moment.

„Du hast Recht, ich könnte auch noch ein Häppchen vertragen“, zufrieden mit seiner Erkenntnis über seinen Hungerzustand, nickt er.

Bei den Worten versteift sich Bertholds Haltung. /Häppchen-Allesfresser/, seine Alarmglocken läuten auf.

„Nein! Nicht mit mir! Du, du musst verschwinden- sofort!“, haspelt er los, legt Buch und Tablett wieder auf die Fliesen und rollt das verbogene Board passend vor die Wanne.

Reiner richtet sich in der Wanne in eine sitzende Position auf, was Berthold zusammenzucken lässt.

„Was? Hey! Warum? Wir haben doch eine Abmachung!?“, weist er Berthold drauf hin, aber dieser lacht nur ängstlich aus: „ Ja, aber die ist nun hinfällig!“

„Wieso? Nur weil ich einen großen Hunger habe?!“, protestiert Reiner schnippisch. Er versteht den plötzlichen Wandel von Berthold nicht.

Dieser nickt nur den Kopf: „ Ganz recht, es geht um deinen Hunger! Ich habe keine Lust als Häppchen hinhalten zu müssen, wenn dich der Heißhunger überkommt! Ich will Leben!“, er deutet mit einer Hand auf das Board um Reiner verstehen zu geben, dass er jetzt aus der Wanne soll.

Reiner verdreht die Augen genervt. /Ein Hai/ Er schaut auf seinen Unterleib, überlegt einen kurzen Augenblick. Immer schon haben die Menschen Angst vor Haien, wie soll es also jetzt anders sein mit ihm?

„Das erklärt einiges... Ist es das, was du jetzt in mir siehst Berthold? Ein Hai?“, er schaut den sichtlich verängstigten Mann eindringlich an.

Dieser nickt nur langsam und stottert was von: „ Das ist ein Fakt, der in diesem Buch steht“.

Reiner schmunzelt.

„Du denkst also ich bin eine hirnlose Fressmaschine, die dich zu jeder Zeit verschlingen kann? Ernsthaft, wenn das stimmen würde, meinst du nicht, ich hätte das schon längst tun können? Davon mal abgesehen, dass ich dich ja schon einmal vernascht habe“, Reiner muss gegen Ende des Satzes wieder frech grinsen.

Er beißt sich leicht auf die Unterlippe und saugt an ihr. Mit der linken Hand stemmt er sich auf den Wannenrand und stützt sein Kinn in die Handfläche. Seine goldenen Augen blitzen neckisch auf.

Mit seiner Schwanzflosse greift er hinter Berthold, was ein leichtes ist, da dieser recht nah an der Wanne steht, und verpasst ihm einen leichten Klapps auf den Hintern.

Berthold gluckst dabei leicht auf. Ungewollt legt sich ein rosa Schimmer auf seine Wangen.

/Warum kann dieser Kerl nicht Mal ernst bleiben?/

„Hör auf damit! Ich, ich weiß nicht mehr was ich denken soll! So kann ich nicht mal denken!“, verzweifelt setzt Berthold sich auf die Badezimmerfliesen und zieht die Beine an.

Sein Kopf fällt wie ein Stein auf seine Knie.

Reiner betrachtet ihn leicht betroffen. /vielleicht war das ganze doch zu viel für einen Tag/, er lehnt sich, so gut wie möglich, rüber zu Berthold und legt ihm seine Hand auf die Schulter. Er kann spüren wie der andere unter dieser Berührung in sich zusammenzuckt.

„Honey, ich habe nicht vor dir weh zu tun! Du solltest nicht immer so viel Zeit mit nachgrübeln verschenken, schließlich sind wir in Hawaii!“

Reiner NEIN!

Nach einer gefühlten Ewigkeit, dank grandioser Überredungskunst von Reiner, beruhigt sich Berthold wieder.

Da sitzen sie beide nun, der eine in der Wanne, der andere davor, und keiner weiß wie es weiter gehen soll.

„Hunger“, murmelt Reiner wieder, lehnt dabei sein Gesicht auf den kühlen Wannenrand.

Berthold seufzt leise: „ ich auch“, er stemmt sich wieder rauf auf seine langen, schlanken Beine.

„Da bleibt mir nichts anderes übrig als einkaufen zu gehen“, er blickt runter zu dem wehleidig schauenden Reiner, wie er seine Wange fest gegen den Rand presst, seine Lippen zu einer Schnute verzieht und treu doof den Blickkontakt sucht.

„Ja doch, ich gehe ja gleich los! Aber bevor ich das tu, müssen wir die Hausregeln durchsprechen!“

Reiner verdreht die Augen und schließt sie: „Regeln, schon wieder Einschränkungen! Ich bin doch kein Hund!“, nölt er den Dunkelhaarigen an und lehnt sich wieder in der Wanne zurück.

„Zwar kein Hund aber ein Fisch! Das bedarf Sonderregelungen“

„Noch schlimmer“, wispert Reiner nicht sonderlich erfreut und verschränkt die Arme vor der Brust.

„Wenn du hier bleiben willst, musst du nach meinen Regeln spielen“, mahnt Berthold Reiner und zieht seine Augenbrauen eng zusammen.

„Jaja, hab’s kapiert“

„Gut, also, du darfst nicht …“, während der Dunkelhaarige seine Liste an Verboten vorträgt, schaut Reiner ihn nachdenklich an.

/Blabla, aha, ja…verstehe. Oh man, der Typ ist so ein Spießer. Ich würde gerne mal wissen welches Weibsbild so anspruchslos ist um sich mit so einem Typen abzufinden…An dem ist gar nichts Weltbewegendes/ Reiner schmunzelt in sich hinein. Ab und zu kam ein bestätigendes: „Ja, ich verstehe“, von ihm, ohne wirklich zu wissen was sein gegenüber gerade brabbelt.

Er fixiert das Gesicht seines Gegenübers, kaut leicht auf seiner Unterlippe rum. /Welch‘ ein Lappen. So eine Bohnenstange von Mann. Na…, eine süße Nase hat er ja!/ Er begutachtet sie eine kleine Weile und stellt dabei fest, dass der Nasenrücken vom Ansatz an eine deutliche Krümmung zur Nasenspitze besitzt.

Der Nasenrücken verläuft glatt und recht schmal zur Nasenspitze, welche rundlich und gerade abschließt.

Insgesamt wirkt die Nase lang aber nicht breit. Sie schmeichelt dem schmalen Gesicht des Dunkelhaarigen.

/Es stimmt wirklich! ‚wie die Nase eines Mannes, so sein Johannes‘/, grinst Reiner breit über beide Ohren, schlecht mit seinem Blick kurz unter Bertholds Gürtellinie und gluckst leise auf.

„…also, kann ich mich auf dich verlassen?!“, ruft ihn dann Bertholds Stimme aus den Gedanken und lenkt seinen Blick wieder rauf.

Reiner schweigt einen Moment nachdenklich. /Shit! Um was ging es? Am besten ist es, wenn ich einfach zustimme- wird schon nicht so wichtig gewesen sein, oder?!/

Ein lässiges Grinsen legt sich auf seine Lippen.

„Natürlich Honey! 100 prozentig kannst du das!“, lügt er überzeugend, worauf hin Bertholds Lippen sich zu einem erleichterten, sparsamen Lächeln formen.

Reiners Blick haftet nun an Bertholds Lippen. /Es würde ihm sicher stehen, wenn er mal richtig Lächeln würde!/

„Gut, dann gehe ich jetzt einkaufen. Ich bin in ein bis zwei Stunden wieder zu Hause“, er dreht sich auf den Fußsohlen herum und geht Richtung Ausgang. Am Türrahmen bleibt er jedoch noch einen Moment lang stehen, wendet den Blick zu Reiner.

„Und nicht vergessen- In der Wanne bleiben“, seine grünen Augen fixieren den Blonden ernst.

Reiner grinst frech: „Für dich mein Herz, aber lass mich nicht so lange warten“, dann formt er einen Lippen zu einem Knutschmund.

Sein ‚Herz‘ verdreht die Augen mit einem leichten Kopfschütteln, eh er die Badezimmertür hinter sich zuzieht und in seinem Zimmer frische Klamotten aus der Kommode raussucht. Nachdem er eine lockere Jeans und ein ärmelloses, dunkles Shirt überzieht, notiert er sich auf einem kleinen Schmierzettel, was alles im Haushalt und besonders im Kühlschrank fehlt.

/So, ich glaube ich habe alles/, stolz betrachtet Berthold seinen zugeschriebenen Zettel. Vorder- und Rückseite. Dann wird der Haustürschlüssel von seinem angestammten Platz am Harken neben der Kommode im Flur genommen. Mit ihm und einem mulmigen Gefühl verlässt er die Wohnung.

Als Berthold nach zwei Stunden wieder die Wohnungstür betritt, überkommt ihm das merkwürdige Gefühl, etwas ist nicht in Ordnung.

Samt der Einkaufstüten in den Armen, zwängt er sich aus den Sandalen und rennt den Flur rauf zum Badezimmer. Die Tür steht auf, aber die Wanne ist leer.

Berthold blickt verwirrt im Raum umher. Das Board ist auch nicht mehr da, ebenso das Tablett, das Buch und die Kaffeetassen.

Seine Lippen formen sich zu einem leichten Lächeln. Für diesen Augenblick lockert der Gedanke /Doch alles nur ein Traum/ seine angespannte Stimmung etwas.

Und dann ist der Moment auch wieder vorbei. Hinter ihm, aus dem Wohnzimmer ertönt ein raues, dunkles Lachen, welches definitiv auf Reiner zurückzuführen ist.

/Dieser-Fisch!/, flucht Berthold wütend werdend und stampft aus dem Badezimmer, den Flur weiter in Richtung Wohnzimmer. /Ich sage ihm die Regeln, er bricht sie! Ich sage: „Geh nicht aus der Wanne, bis ich wieder da bin“ und er macht es einfach!/

„Na der kann was erleben“, zischt Berthold leise, nähert sich der Tür vom Wohnzimmer geschwind, eh er rasant abbremst.

Eine zweite Stimme erklingt, etwas rau aber warm. Der Tonlage nach zu urteilen, eindeutig weiblich.

Berthold wird leichenblass.

/Scheiße, jemand ist hier! Oh nein! Nein!/.

Verunsichert betritt Berthold sein Wohnzimmer. Sogleich wird er freudig vom Blondhaarigen begrüßt.

„Berthold, mein Lieber! Willkommen zurück!“, da sitzt er, unbekümmert grinsend auf seinem Sofa, eingewickelt, ab der Hüfte, in einer seiner Bettdecken. Ihm gegenüber sitzend, auf einem Stuhl, seine Nachbarin Miss Anewa.

Um seine Nachbarin zu umschreiben, reicht Berthold ein Wort: Alt.

Und wenn er eine Aussage bei der Polizei machen müsste, für den Fall, dass sie verschwinden und sie tatsächlich einer vermissen würde, dann würde er noch sagen, dass sie klein ist. Ein laufender Meter! Noch dazu kommt ein typischer Geruch, der alte Menschen immer zu auszeichnet, eine dicke Hornbrille auf ihrer kleinen Stupsnase und auf der linken Wangenseite ein soeben neu entdecktes Lachgrübchen! Die Haare weißgrau und schulterlang zu einem gepflegten Zopf geflochten. Ihre Augen wirken milchig blau und die Falten unter ihren Augen ähneln tiefen Schluchten.

Er konnte noch nie sonderlich gut mit alten Menschen umgehen, sein neuer Mitbewohner scheinbar schon.

Miss Anewa lächelt über beide Ohren zufrieden, während sie Reiner ein Stück Kuchen auf einem kleinen Teller, seinem kleinen Teller, serviert und in mundgerechte Stücke zergabelt.

Berthold kann seinen Augen nicht trauen. Das Bild, was sich ihm da bietet, von seiner alten, sonst so schrecklich verbitterten Nachbarin, wie sie seinen Mitbewohner mit Kuchen füttert.

Er öffnet verdattert den Mund, versucht einen logischen Satz zu formulieren, doch es kommt nur ein stumpfes: „Ähm…“, heraus.

Eh er weiter reden kann, schneidet seine Nachbarin ihm das Wort ab.

„Ach, Herr Fubar! Ich finde das ja wirklich so reizend von Ihnen, dass Sie ihren behinderten Freund völlig kostenlos bei sich wohnen lassen“, lobt die alte Schachtel Berthold und lächelt ihm entgegen.

Jener steht nur wie angewurzelt an Ort und Stelle, bewegt keinen Muskel. Nur das leichte Zucken seines rechten Augenlides ist erkennbar. /Völlig kostenlos!?/, er dreht den Kopf zu Reiner, dem erneut ein Stück Kuchen in den Mund gedrückt wird.

Dieser schaut ihn nur überglücklich an und grinst mit gefüllten Wangen wie ein Honigkuchenpferd. /Das kann doch alles nicht wahr sein/ Berthold kneift einen Moment lang die Augen zu.

Seine Beine beben. Er bekommt das Bedürfnis einfach umzukippen und die ganze Situation mit einer inszenierten Ohnmacht auszublenden.

Dann kichert die Alte wieder: „Hach der Reiner ist schon ein lieber Junge! Er hat mir vorhin beim Reintragen meiner Einkäufe geholfen und das trotz seiner Behinderung!“, überschwänglich kneift sie dem muskulösen Mann in die Wange und pattet ihn dann lobend, wie ein Hund, auf dem Kopf für seine ‚gute Tat‘.

„Ich bin ein ganz lieber Junge!“, wiederholt der Blonde Muskelberg betont selbstverliebt mit seinem vollen Mund, spuckt dabei einige, kleine Kuchenkrümel auf den Wohnzimmerboden- Bertholds Wohnzimmerboden.

Bertholds linker Mundwinkel zuckt gefährlich auf.

/Ich will kotzen…/. In Berthold staut sich Sekunde um Sekunde mehr Wut an. Er weiß nicht, wie lange es noch dauern würde, eh die „Bombe“ in ihm platzt und er auf seinen Mitbewohner losgehen wird.

Inständig versucht Berthold den Blonden gerade mit seinen Blicken zu töten. /Wie kann dieser aufgeblasene Fisch es wagen, hier so mir nichts, dir nichts gedankenlos Kuchen zu fressen mit meiner Nachbarin!?/

Er krallt seine Fingernägel in die vollgepackten Einkaufstüten, die er immer noch aufrecht, wie eine Eins, in seinen Armen hält.

Reiner genießt den Anblick des Dunkelhaarigen in vollen Zügen. Er kann die Wutwellen förmlich auf seiner nackten Haut spüren, die geradewegs von Berthold kommen. Genüsslich nimmt er sie in sich auf und atmet gelassen ein.

Er leckt sich über die Lippen: „Mein Lieber, willst du nicht auch ein Stück von diesem leckeren Kuchen? Dir entgeht was!“, Reiner hält Berthold den Teller, Bertholds Teller, mit dem angefangenen Stück Kuchen hin.

Da ertönt wieder die Stimme von Miss Anewa, völlig begeistert: „Och sieh mal einer an, was für ein Gentleman! So zuvorkommend!“, kichert sie und rutscht vom Stuhl runter-Bertholds Stuhl.

„Herr Fubar, Sie sollten sich Mal ein Beispiel nehmen an ihrem Freund!“, mahnt sie Berthold, mit erhobenen Finger und wendet sich dabei von Reiner mit einem letzten, zuckersüßen, ekelerregenden Lächeln, ab und watschelt zu ihm hin.

„Sie können sich glücklich schätzen einen solchen Freund zu haben, der sie mit aller liebe so gut wie nur möglich versucht zu unterstützen!“, dabei sticht sie mit einem ihrer spitzgefeilten Fingernägel gegen Bertholds Bauch.

Berthold gibt ein entnervtes: „Ja Miss“

„Und hören Sie endlich auf so ein Spießer zu sein, Herr Fubar!“, kritisiert die Alte weiter und Berthold beißt sich fest auf die Unterlippe.

„Ja, Miss“, zischt er „ergeben“.

„Guten Tag!“, zischt die Alte dann zum Abschied, als sie an Berthold vorbei wankt.

„Auf wiedersehn Miss Anewa, danke für Ihren Besuch“, säuselt Berthold angesträngt freundlich.

Reiner hingegen musste sich bereits die Hand vorn Mund drücken um nicht lauthals loszulachen. Alles in ihm krampft sich zusammen, seine Schultern zucken unbeherrscht. Eigentlich wollte er Bertholds Laune nicht noch weiter in den Keller reißen, doch- zu spät.

Sein Mitbewohner stampft geladen durch das Wohnzimmer, um die Arbeitsfläche und schmettert die Einkaufstüten darauf.

Reiner zuckt daraufhin etwas zusammen. /Holla, ist der sauer!/, denkt er sich und wendet den Kopf ganz, ganz langsam rum zur Küche.

Sogleich erdolcht ihn der Starre, wütende Blick des Dunkelhaarigen.

Reiner versucht es mit einem lässigen Grinsen, hebt seinen Teller hoch, über den Sofarand, und deutet mit dem Zeigefinger auf den krüppeligen Rest Kuchen.

„Kuchen?“, fragt er zaghaft, und die Bombe in Berthold explodiert.

„Was fällt dir ein diese alte Schachtel einzuladen!? Hast du sie noch alle!? Du kannst doch keine dir völlig fremde Person in meine Wohnung einladen!“, mit groben Handgriffen holt er die Lebensmittel aus den Tüten und sortiert sie während seines Wutanfalls, in seiner Küche, ein.

Reiner hört ihm aufmerksam zu, während er nebenbei ein weiteres Stück Kuchen verdrückt.

„Hör auf diesen Kuchen zu futtern! Ich rede mit dir! Pass gefälligst auf!“

„Aber er ist lecker!“, schimpft er zurück und stopft sich weiter mit ihm zu.

Berthold knallt den Kühlschrank zu, läuft hastig zu Reiner ans Sofa und reißt ihm den Teller, seinen Teller, aus der Hand. Somit war der Kuchen nicht mehr länger in Reiners Gewalt.

„So, nun pass gut auf! Deinetwegen habe ich diese alte Schachtel wieder an den Hacken! Und als sei das nicht schon schlimm genug, werde ich zum Gespräch der gesamten Nachbarschaft! Ich höre sie schon sagen: „Der liebe Herr Fubar ist ja so sozial! Er lässt sogar seinen „behinderten“ Freund bei sich wohnen!““, gegen Ende verliert Berthold die komplette Fassung und läuft rot an vor Zorn.

Er wollte nie auffallen, nie in weiteren Kontakt mit den Leuten um sich rum kommen.

Er weiß nicht damit umzugehen, es fühlt sich an als würde man seine Privatsphäre mit Füßen treten.

„Ich verstehe nicht was daran so schlimm sein soll?! Macht dich das nicht zum Helden?“, fragt Reiner in einem ruhigen, gelassenen Tonfall. Er hält es nicht für nötig gegen Bertholds laute Stimme anzuschreien.

Vor Wut beben Bertholds Hände, die den Teller fest halten.

„Du versteht gar nichts! Ich habe dir gesagt, du sollst dich nicht rühren, nicht laut sein, nichts anfassen und vor allem, dich nicht aus der Wanne rühren! Nicht mal daran denken es zu tun!“

Bei Reiner geht ein Licht auf /Ah, das also war es, was er gesagt hatte!...und ich dachte wirklich einen Moment, es wäre wichtig gewesen, pff/

Und die Standpauke des Dunkelhaarigen geht weiter. Reiners Gedanken driften, zu seinem Pech, erneut ab: /Vielleicht sollte ich ihm wirklich besser zuhören. So wie er sich aufregt, scheint es ihm ja wichtig zu sein. Meckert wie eine Frau/

„Hörst du mir überhaupt zu, wenn ich dich anbrülle?!“, keift Berthold Reiner an, welcher erschrocken aus den Gedanken gerissen wird.

Er lächelt sanft und kichert leise: „Nö“, der Blick des Dunkelhaarigen verfinstert sich.

Gereizt bis zum Anschlag darüber, dass sein Gegenüber so verdammt renitent ist, reißt ihm der Geduldsfaden.

Keine Sekunde später drückt er den Teller mit dem Rest des Kuchens gegen Reiners Gesicht.

Berthold verharrt in der Pose, drückt den Teller immer noch gegen Reiners Visage.

Stille im Raum.

Bertholds wutverzerrter Blick löst sich schlagartig, als er realisiert, was er im Rausch seines Zorns gemacht hat.

Reiners Schultern beben.

/Oh Gott, was habe ich gemacht? Warum konnte ich mich nicht kontrollieren?/

Berthold schaudert es vor dem Ausdruck in Reiners Gesicht, welcher noch immer vom Teller verdeckt wird.

Am liebsten wollte Berthold jetzt im Boden versinken. Er hat ganz klar vergessen, dass dieser Mann, vor ihm, immer noch ein Menschenfresser ist und sein Vorsatz, ihn nicht fressen zu wollen, sich jeder Zeit wieder ändern kann!

Mit einem wehleidigen Gesichtsausdruck nimmt er vorsichtig den Teller aus Reiners Gesicht. Überraschenderweise grinst ihm dieser breit entgegen. Allerdings nicht wirklich belustigt oder freundlich, nein, eher wütend. Es lässt Berthold erzittern.

Er schluckt hart, hält den Teller schützend vor seine Brust während er Reiner dabei beobachtet, wie er sich über seine eigene Wange mit einem Finger fährt und mit diesem etwas Kuchenmatsch auf ihn schabt. Dann steckt er sich den Finger langsam, dabei Berthold fixiert, in den Mund.

Übertrieben langsam zieht er seinen Finger zurück aus dem Mund und schmatzt kurz.

„Geht’s jetzt wieder?“, fragt er mit ruhiger Stimme und setzt sein typisches, freches Grinsen auf.

/Unheimlich, definitiv!/, geht es Berthold durch den Kopf eh er die Frage des Blonden verinnerlicht.

Er löst sich aus seiner Starre, legt den Teller auf seinen Wohnzimmertisch ab und erwidert schnippisch: „Nein! Ich bin immer noch erregt!“

Da spitzt Reiner die Ohren. Erfreut grinsend, leckt er sich langsam über die Oberlippe.

„Erregt?!“, /Na Hallo! Das klingt doch mal nach einer vernünftigen Lösung!/, der Blonde streichelt sich selbst neckisch über die nackte Brust, hinab zu seinen Bauchmuskeln. Dann beginnt Gottseidank die Bettdecke um seine Hüfte…

Berthold hebt mahnend den Finger / Was erlaubt der sich wieder?/ wendet sich schweigend von Reiner ab und verlässt das Wohnzimmer.

Reiner schaut ihm fragend nach. /Wie, kein Sex?!/, das versteht er jetzt nicht. Er dachte immer, dass nach einem Streit der typische Versöhnungssex folgt. Wo also bleibt er jetzt?

„Ey! Okay, dann eben jetzt kein Sex aber was ist mit dem Essen!?“, jammert er dem Langen nach, dieser wendet sich im Flur schweigend zu ihm um und knallt mit wutverzerrter Mine die Wohnzimmertür zu.

Reiner wischt sich über die Wange und leckt an seiner Handinnenfläche den Kuchenmatsch ab.

„Okay, dann frage ich dich später noch Mal!“, ruft er ihm hinterher, eh die nächste Tür zuknallt.

Berthold steht mit dem Rücken angelehnt an seiner geschlossenen Zimmertür. Mit einigen tiefen Atemzügen versucht er sich zu entspannen.

Nachdenklich streicht er sich den Pony aus dem Gesicht. „Unfassbar dieser Kerl“, er schaut auf seinen Zimmerboden, entdeckt dort die ‚Hüllen‘ des Blonden. Die Kleider wurden einfach übereinander geschmissen, wie Müll. Berthold seufzt wieder genervt.

Er lässt sich mit einem lauten Stöhnen auf sein Bett fallen. Angestrengt fragt er sich, wie er diese Woche nur überstehen soll. Berthold zieht sich übers Bett auf seine Schlafseite, kramt in seiner Nachtischschublade nach seinem Exemplar von ‚Per Anhalter durch die Galaxis‘ eingewickelt in das Klappentext Papiercover von ‚Anatomie nach Grey‘. / Das wird mich sicher ablenken. Von diesem Schmarotzer Fisch werde ich mich nicht nerven lassen. Es wird nur eine Woche. Eine lange Woche/, denkt der dunkelhaarige junge Mann als er es sich gemütlich macht und das Buch am Lesezeichen aufschlägt. Schneller als gedacht, zieht der Roman Berthold in den Bann und lässt ihn für lange Zeit den Stress und den ‚Auslöser‘ vergessen.

Bis es an seiner Zimmertür, nach vergangenen zwei Stunden, klopft. Berthold spickt über den Buchrand hinweg zu seiner Tür.

Lustlos zu antworten darauf, lässt er das Buch aufgeschlagen auf sein Gesicht fallen./Nicht jetzt/

Und da Berthold keine Antwort von sich gibt, interpretiert Reiner das Schweigen als eine Einladung ins Zimmer.

Die Zimmertür schiebt sich langsam und leise auf, kaum merklich. Im Flur ist es dunkel.

Hinter dem Türrahmen hervor schauend, begrüßt Reiner den Dunkelhaarigen.

„Hey“, kommt es fast schon kleinlaut von ihm.

Berthold schaut zu Reiner, stellt fest, dass dieser sich von den Kuchenresten im Gesicht befreit hat.

Mit einem leichten Grummeln stemmt er das Buch wieder auf und blättert um.

Reiner robbt sich weiter um die Ecke, schaut rauf zum Bett und betrachtet den Langen.

„Ähm, bist du immer noch sauer?!“, fragt er, fast schon zaghaft. Der Angesprochene nickt schweigend, immer noch auf sein Buch starrend.

Reiner schnauft leise. Irgendwie hat er sich das ganze anders vorgestellt. /Wie kann der nur so lange sauer sein? Das muss doch langweilig werden!/

Reiner grübelt etwas nach.

„Okay“, gibt er von sich, robbt aus dem Türrahmen zurück, so dass er für Berthold nicht mehr sichtbar ist. Aus dem Augenwinkel blinzelt der Dunkelhaarig verwundert. /Ernsthaft? Er lässt mich in Ruhe?/ Das kann er kaum glauben. Irgendwas sagt ihm, dass da noch was kommen wird.

Aus dem Flur ertönt es dann: „Und wie ist es jetzt?“, die Stimme klingt fast schon weinerlich. Berthold zieht die Luft scharf ein.

/Was soll denn jetzt die Nummer?/, er legt das Buch auf seinen Bauch.

„Reiner!“, ruft er ihm wiederwillig zu sich.

Der Blondschopf taucht langsam wieder im Türrahmen auf, funkelt ihn treu doof mit seinen goldenen Augen an.

„Ja? Bist du immer noch böse auf mich?“, er versucht es mit einem charmanten Lächeln.

Berthold dreht den Kopf in Richtung des Flossenträgers.

„Nein“, erwidert er trocken, woraufhin reiner freudig ein Stück weiter ins Zimmer gekraxelt kommt.

„Wirklich?!“

„Nein“, Berthold dreht den Kopf wieder von ihm und wendet sich dem Buch erneut zu.

Reiners Begeisterung lässt schlagartig nach.

„Uncool!“, Kommentiert er das Verhalten von Berthold und lehnt sich mit dem Rücken gegen den Türrahmen.

Beide Schweigen eine Weile, wobei Reiner nicht ganz lautlos bleiben kann. Immer wieder versucht er Berthold Aufmerksamkeit zu bekommen, indem er lautes Seufzen, Murren oder Pfeifen von sich gibt. Lange geht Berthold nicht auf diese Provokation ein, doch dann reißt sein Geduldsfaden.

„Wozu gibst du dir eigentlich die Mühe? Das zieht nicht bei mir“, erklärt er dem Blonden angespannt.

Reiner lacht leise auf: „Ha, aber du sprichst doch jetzt mit mir!“

Berthold holt tief Luft. /Das ist doch kindisch!/ er gibt nach, legt das Buch zurück in sein Nachtschränkchen und setzt sich im Schneidersitz aufs Bett.

„Was willst du?“, fragt er ergeben. Berthold war noch nie gut darin lange wütend auf jemand anderen zu sein. Er entfernte sich für gewöhnlich von den Dingen, die ihn in irgendeiner Form eingrenzen oder behindern. Direkte Konfrontation gibt es bei ihm nicht, und wenn doch, so endete es immer so, dass er nachgab und versucht die Wogen einigermaßen zu glätten, ein neutrales Verhältnis zu schaffen.

„ Ich hab Hunger.“, brummt Reiner vor sich hin, während er mit einem trotzigem Blick Berthold ansieht. „ Wenn ich dir was zu Essen mache, dann lässt du mich in Ruhe?“, fragt der junge Mann mit einem resignierten Seufzer.

„Na das kommt ganz auf den Nachtisch an“, funkelt Reiner lüstern mit seinen goldenen Augen Berthold an, welcher ihn nur trocken und wenig begeistert anstarrt.

Mit einem Rück schwingt er seine Beine aus dem Bett und geht an Reiner mit einem schroffen: „Komm“, vorbei.

Die Augen des Blonden beginnen zu funkeln vor Freude, während er denkt:/ Na also, warum nicht gleich so./ Auf dem Weg zur Küche bemerkte Berthold das auch wieder aufgeräumt wurde. Keine Kuchenreste lagen rum, Geschirr weggeräumt, sogar der Tisch wurde abgewischt. Ein Lob bekommt der Fischmensch leider nicht. / Warum nicht gleich so/, denkt sich der Lange als er mit einem erleichterten Lächeln in die Küche geht und im Kühlschrank nach einem passenden Abendessen schaut.

In der Zeit robbt sich der Blonde zur Couch und macht es sich darauf bequem. Selbstverständlich nutzt er dazu auch wieder Bertholds Bettdecke um sich zu wärmen.

Entspannt grinsend, windet sich Reiner in die gemütlich weichen Polster.

Da mahnt ihn wieder der Dunkelhaarige: „Glaub ja nicht, dass du auf meiner Couch schlafen darfst! Es reicht schon, dass mein Bett nach Fisch stinkt!“.

Reiner stöhnt genervt auf: „Nicht nur das Bett. Du riechst auch nicht gerade nach ‚Frühlingsmorgen‘“

Berthold holt aus dem Gefrierschrank eine Fertigpackung hervor, dabei bemerkt er einen strengen Fischgeruch an sich der ihm den ganzen Tag noch nicht aufgefallen ist. /Und so war ich einkaufen, wie peinlich./, denkt sich Berthold. Berthold heizt den Herd hoch, stellt eine Wokpfanne bereit und reißt die Packung über ihr auf. Es ist ein Gemüse Nudel Gericht mit Garnelen. ‚Lecker‘.

Mahlzeit gebraten und auf einem Teller angerichtet. Zwar kein Festmahl, aber es sollte den Hunger des Meermannes stillen.

Reiner liegt schon mit dem Oberkörper nach oben gestreckt auf der Couch und schnüffelt in der Luft. „Essen!“, murmelt der Blonde und Berthold stellt das Gericht vor seine markante Nase. „ Hier, iss mal, ich gehe duschen.“, spricht der Lange, macht auf dem Absatz kehrt und geht Richtung Badezimmer. Reiner welcher sich grade an der Mahlzeit labt, verfolgt mit seinem Blick den Dunkelhaarigen bis dieser in Bad verschwindet.

/ Duschen?! Duschen!! Da muss ich gleich mal Mäuschen spielen./, mit einem frechen Grinsen im Gesicht schlingt er das herzlos zubereitete Essen hastig runter, ohne auch nur Notiz von dem Geschmack zu nehmen.

Nach dem der Teller leer und jeder Krümel aufgeleckt ist, schreitet der Jäger zur tat.

Seinen Artverwandten gleich lässt er sich zu Boden fallen und pirscht sich langsam auf die Badezimmertür zu. Seine unwissende ‚Beute‘ entledigt sich der Zeit seiner Kleidung und betritt die Dusche. Und da Berthold nie in seinem Haus die Tür schließen musste, hat Reiner leichtes Spiel in das Bad zu schleichen. Das Geräusch der prasselnden Wassers erleichtert es Berthold nicht seinen Verfolger zu hören, welcher bereits die Tür aufgeschoben hat und sich mitten im Badezimmer befindet.

In Reiners Kopf spielt bereits seine Lieblingsmelodie, die Titelmusik zu ‚Der Weiße Hai‘. Er kriecht über die Fliesen zum Wannenrand hin, zieht sich lautlos über ihn und taucht ebenso geräuschlos ins Wasser ein. Mit einem spannenden Blick fixiert Reiner seine ‚Beute‘ hinter der milchigen Duschwand.

Er verfolgt jede Bewegung des Dunkelhaarigen genau. Wie er seine Arme wäscht, wie er mit den Händen über seinen Nacken zu seinen schmalen Schultern streicht, weiter über seinen Torso hin zu seinen langen Beinen. Dabei muss sich der Dunkelhaarige vorne über beugen, wodurch sein Hinterteil sich etwas gegen das Milchglas drückt.

/Dat Ass/, denkt sich Reiner und leckt wieder über seine Oberlippe.

Er stützt seine muskulösen Oberarme über den Wannenrand ab, legt entspannt seinen Kopf auf ihnen ab und genießt weiter die ‚Show‘.

Seine Schwanzflosse neigt sich angeregt in der Luft hin und her.

Leider bleibt der Anblick nicht für lang. Berthold richtet sich schnell wieder auf und wendet sich dem waschen seiner Haare zu.

/Wie schade!/, bedauert Reiner und seufzt lautlos.

Nach wenigen Minuten hat seine ‚Beute‘ auch dies erledigt, schaltet das Wasser ab und streicht mit einem entspannten Stöhnen sein Nasses Haar nach hinten.

Reiner kann sich den Gesichtsausdruck des Dunkelhaarigen dabei bildlich vorstellen. Vermutlich lächelt er sogar entspannt, atmet tief ein, während vereinzelte Wassertropfen über seine ausgefallende, niedliche Nase laufen…

Berthold stößt die Milchglastür auf. Das Geräusch reißt Reiner aus seiner Vorstellung zurück in die Realität, welche zugegeben auch gar nicht so viel schlechter ist!

Nun steht der Dunkelhaarige, wie Gott ihn schuf, nackt vor ihm.

Schweigen.

Berthold starrt entsetzt Reiner an, welcher geradezu begeistert sein bestes Stück mustert.

„Hm, so klein hatte ich ihn gar nicht in Erinnerung mehr“, kichert er und wandert mit seinem Blick rauf zu Bertholds Gesicht, welches nun feuerrot vor Scham anläuft.

Er greift nach dem erstbesten Handtuch und hält es sich schützend vor die Lenden.

„Hast du sie noch alle!? Schon mal was von Privatsphäre gehört?!“, keift er den Blonden an, welcher amüsiert auflacht.

„Was denn? Sagtest du nicht, ich soll in der Wanne bleiben?“, fragt Reiner unschuldig und taucht bis zur Nasenspitze Unterwasser.

Der Dunkelhaarige wickelt sich hastig das schmale Handtuch um die Hüften.

„Du hättest ruhig wo anders warten können, bis ich fertig bin!“, wirft er dem Blonden vor. Dieser gibt unverständliche Blubbergeräusche von sich, eh er wieder auftaucht und über den Rand schielt zu Berthold.

„Du meinst im Bett?“, kichert Reiner belustigt und verschränkt gelassen die Hände vor seiner breiten Brust.

„Ja, Nein! Was weiß ich?! Ist jetzt auch egal, ich gehe schlafen! Nacht!“, knurrt Berthold immer noch sichtlich peinlich berührt.

Zuletzt, eh er das Licht im Bad ausknippst, vernimmt er Reiners Stimme, die ihn auffordert: „Hey! Und was ist mit meinem Gutenachtkuss?“, er streckt dem Dunkelhaarigen seine Arme entgegen, als erwartet er eine innige Umarmung zum Abschied.

Zischend zieht der Lange die Tür hinter sich zu und verschwindet in seinem Zimmer.

/Boha, kann das noch schlimmer werden?!/, verärgert über den Zwischenfall, sucht Berthold in seiner Kleiderkommode nach einer frischen Shorts und einem lockeren Shirt zum schlafen.

Im Anschluss knipst er das Licht aus, lässt sich erschöpft auf sein Bett fallen und kuschelt sich in seine Bettdecke ein. Wenige Minuten darauf fällt er in einen tiefen, traumlosen Schlaf ohne einen weiteren Gedanken noch an Reiner zu verschwenden.

Am nächsten Morgen erwacht er, räkelt sich im Bett und öffnet verschlafen die Augen.

Sein Blick wandert trüb durch den Raum, hin zur anderen Bettseite.

„Reiner NEIN!“

Ein Hai ist kein Goldfisch

„Guten Morgen, Honey!", entgegnet der blonde Meermann Berthold und zieht sich die Bettdecke ein Stück über seine Hüfte.

Unter einen "guten Morgen" versteht der Lange aber was anderes. Da liegt der Fisch wieder in seinem Bett, als sei dies selbstverständlich.

„Was hast du hier zu suchen?!", murrt Berthold noch halb verschlafen und blinzelt in Reiners Grinsen.

„Na was wohl? Schlafen?", Reiner zuckt mit den Schultern.

„Warum tust du dies nicht in der Wanne, wie jeder normale Fisch es auch tun würde?!", nörgelt der Dunkelhaarige und dreht sich gähnend, samt Bettdecke wieder rum, weg von Reiner.

Der Blonde zieht ein schmollendes Gesicht, robbt sich näher an Bertholds Rücken ran und bedient sich wieder an der Bettdecke.

„In der Wanne!? Das kann doch nicht dein Ernst sein? Die ist verdammt ungemütlich!“

Es kommt kein Protest. Vielleicht liegt es daran, das der Lange noch im Halbschlaf liegt und zu müde ist um Reiner aus seinem Bett schnauzen zu können oder aber, Berthold gefällt doch die Nähe des Meermannes in seinem Bett.

Für Reiner liegt es klar auf der Hand! Es kann nur daran liegen, dass Berthold auf ihn scharf ist.

Ohne weiter zu zögern gleitet eine Hand unter die Decke von Berthold. Er streichelt ihm leicht über die Hüfte, robbt sich noch ein wenig weiter an ihn ran, bis seine Nase in der dunklen Mähne von ihm versinkt. Daran könnte er sich gewöhnen. Er seufzt entspannt und atmet tief den Duft von Bertholds Haaren ein.

/Hmm, riecht das gut!/, stellt der Haimensch fest und wühlt mit seiner Nase weiter im Schopf von Berthold umher.

Seine Schwanzflosse, welche kaum noch von der Bettdecke zugedeckt ist, schmiegt sich wärmesuchend an das Gesäß des Dunkelhaarigen.

Da schlagen die Lieder des Langen auf.

Auf einen Schlag scheint Berthold hellwach zu sein. /Diese Hand...Er liegt wieder in meinem Bett!/, saust es ihm durch den Kopf und er grummelt kaum hörbar in sein Kopfkissen.

Und kaum steigert er sich in die Tatsache hinein, dass Reiner wieder Mal in seinem Bett liegt, da bemerkt er etwas anders an seiner Kehrseite.

Fragend zieht sich eine Augenbraue in die Höhe. Er blinzelt verwundert.

„Reiner?!",zischt er fragend.

Der Angesprochene schnurrt ein gelassenes: "Hm?", hatte nicht bemerkt, dass der Geruch des anderen eine recht unpassende Körperreaktion ausgelöst hat.

„Was ist DAS da, an meinem Hintern?“, Berthold Stimme klingt angespannt. Wenn er ehrlich sein soll, so will er gar nicht wissen was DAS an seinem Hinterteil ist.

Reiner grinst in Bertholds Haare. Seine Hand, welche bis eben Berthold Hüfte streichelte, umfasst den Hüftknochen und zieht ihn daran näher an sein Haifischbecken.

„Du kennst die Beiden doch vom letzten mal.", säuselt der Tigerhai lüstern.

/Die Beiden???/, saust es durch Bertholds Kopf und fährt bei Reiners Berührung aus der Bettdecke. " Das ist ja ekelig!" faucht der Dunkelhaarige ihn, nun hellwach, an und strampelt sich hastig aus dem Bett. Als würde Ungeziefer über seinen Körper kriechen, schüttelt er sich angewidert und versucht das Gefühl ab zu streifen. „Hey, nun zier dich nicht so. Ist doch was ganz natürliches Berthold. Und letztes Mal hattest du auch Spaß daran.", meint Reiner gelassen und setzt sich so gut wie möglich im Bett auf.

"Ich empfinde das alles andere als natürlich! Jedenfalls bei dir!", und damit verlässt Berthold leise fluchend sein Zimmer, lässt Reiner unbefriedigt allein im Bett zurück.

„‘Du kennst sie‘“, äfft Berthold angespannt nach, zupft sich sein Schlafshirt und seine Shorts zurecht.

„ SO betrunken kann man gar nicht sein, dass man sowas vergisst!“, schimpft er weiter in den Raum und schmeißt sich mit einem jammernden Ausruf aufs Sofa.

Während er auf dem Sofa versucht das eben erlebte in die Schublade ‚für immer verdrängen‘ abzuschieben, sitzt der Fischmann weiter alleine im Bett mit seinem ‚Problem‘.

Grübelnd hebt er die Bettdecke an: „Und was machen wir jetzt?“, er atmet stark ein und erschöpft aus. Die Stimmung ist zerstört. Er lehnt sich zurück in die Kopfkissen und schaut an die Zimmerdecke.

/‘Alles andere als natürlich‘/ gehen ihm die Worte des Dunkelhaarigen durch den Sinn. Für einen Augenblick scheint es so, als würde es ihn wirklich treffen, doch dann ziehen sich seine Mundwinkel wieder rauf: „Der weiß doch gar nicht, was gut ist“ /Aber das wird sich noch ändern, mein Lieber/

Reiner ist sich sicher, früher oder später wird er den ‚Spießer‘ windend und nach „mehr“ stöhnend, unter sich haben. Und dieses Mal dann bei klarem Verstand, so dass dieser sich auch Tage danach genauestens daran erinnern würde.

Doch für den jetzigen Stand der Dinge ist es wohl unklug weiter über sowas nachzudenken. Reiner rollt sich zur Bettkante.

/Alleine im Bett ist es doch langweilig/, er stemmt sich mit beiden Händen auf den Paketboden ab und zieht seinen Unterleib während er eine Hand vor die andere setzt aus dem Bett raus. Es gibt dabei einen kleinen Rums durch das aufprallende Gewicht der Flosse.

/So, und wo ist er nun hin geflüchtet?/, Reiner kriecht los, raus aus dem Zimmer in den Flur.

Im Wohnzimmer wird er dann fündig.

Berthold liegt immer noch auf dem Sofa, mit dem Gesicht ins Polster gedrückt.

Er betrachtet den anderen schweigend. Mit seinen Augen wandert er von Bertholds dunklem Schopf über seinen Rücken, hin zu den nackten Beinen.

Wieder schaltet sich in Reiners Kopf die Melodie vom ‚Weißen Hai‘ ein.

Im Schleichmodus kriecht er zum Lehnenende, an welchem Bertholds Füße liegen und stemmt sich rauf.

Kaum merklich, lehnt er sich über Bertholds regungslosen Körper, darauf bedacht ihn nicht unter seinem Gewicht vollends zu begraben.

Erst als er Bertholds Nacken erreicht hat, senkt er sich auf seinem Körper. Neckend leckt er dem Langen über ein Stück freie Haut im Nacken.

„Hey Honey, Schmollst du?!“, wispert er in den dunklen Schopf.

Berthold, welcher bis eben noch entspannt auf dem Sofa vor sich hin döste, wendet sich blitzartig dem Blonden zu.

Er hat gar nicht bemerkt, wie der Haimann sich zu ihm aufs Sofa ‚gesellt‘ hat. Wütend funkelt er ihn aus seinen grünen Augen an.

„Du schon wieder! Was willst du?!“, zischt er.

Reiner grinst breit: „Ich will essen!“, er beugt sich runter zu Bertholds Shirt und nimmt, betont langsam, etwas Stoff zwischen die Zähne. Bertholds Gesicht färbt sich leicht rosa.

Ihre Blicke treffen sich, als Reiner den Stoff mit seinen Zähen weiter hochzieht. Seine goldenen Augen funkeln lüstern auf, was dem Dunkelhaarigen erneut einen kalten Schauer über den Rücken jagt. Berthold hebt langsam seine Arme. Schweigend umfasst er mit seinen Händen Reiners kräftige Schultern.

Dieser gibt ein zufriedenes Murren von sich und schwenkt angeregt mit seiner Schwanzflosse hin und her. /Ja, trau dich- Fass mich an/, geht es dem Blonden durch den Sinn, während er das Shirt frei lässt und Bertholds Gesicht gefährlich nahe kommt.

Genau in dem Augenblick Schubst der Lange Reiner von sich runter auf dem Boden.

„I-Ich mach dir was zu essen.“, nuschelt der Schlanke leicht stockend, mit immer noch geröteten Wangen und steigt über den verwirrten Mann am Boden hinweg, in die Küche.

Reiner grummelt leise vor sich hin. /Was war das denn?/, er rollt sich mit einem leisen Stöhnen auf den Bauch und sucht im Wohnzimmer nach dem Skateboard.

In der Zeit sucht Berthold einiges für ein Frühstück raus. Eier, Speck und Toastbrot.

Gerade zieht er aus einer Schublade eine passende Pfanne hervor, als das Geräusch des Skateboards im Raum ertönt. Bertholds Blick wendet sich von seinem Handeln ab, stellt die Pfanne auf die Herdplatten ab.

/Wo ist er denn jetzt schon wieder? Den kann man keine Sekunde aus den Augen lassen!/, unsicher sucht er mit seinem Blick nach dem Blonden.

Dieser späht bereits um die Thekenecke zu Berthold in die Küche und mustert ihn schweigend.

Seine Augen fixieren das schmale Hinterteil des Langen. /Es wird schwer, da ran zu kommen/, stellt er in seiner jetzigen Lage fest. Berthold traut ihm immer noch nicht richtig übern Weg. Und er sieht es dem Langen an, er will ihn loswerden. Reiners Mundwinkel verziehen sich zu einer grimmigen Grimasse. Er hätte nie gedacht, dass es Menschen gibt, die so voller Misstrauen sind. /Vielleicht sollte ich mich mehr ansträngen/

„Hey, Honey! Hier unten!“, ruft er Berthold und dieser wendet sogleich seinen suchenden Blick in seine Richtung.

„Was machst du da?“, fragt der Dunkelhaarige.

„Glotzen.“

Beide starren sich einen Moment schweigend an. Scheinbar weiß keiner genau, was nun auf eine derart ehrliche Aussage zu erwidern ist.

Dann dreht der Lange sein Gesicht wieder zur Arbeitsplatte und öffnet den Eierkarton: „Ah, dann glotz wo anders hin“.

„Aber wo anders habe ich nicht so eine schöne Aussicht“, wiederwillig rollt der Blonde gelangweilt auf dem Board vor und zurück.

„Hör endlich auf damit. Mach dich lieber mal nützlich und deck den Tisch“, er wuselt in einer der vielen Schubladen rum, sammelt zwei Messer und Gabeln raus und hält Reiner diese runter vor die Nase.

„Da, deck den Tisch.“

Reiner nimmt zögernd das komische ‚Werkzeug‘ in die rechte Hand.

„Ich soll den Tisch decken?!“, Der Blonde kann sich das Lachen nicht verkneifen und fährt sich lässig mit der linken, freien Hand durchs kurze blonde Haar. Berthold verdreht die Augen. / Wie kann man nur so unreif sein?!/, seufzend stellt er sich wieder an den Herd.

Als das Frühstück fertig angerichtet auf zwei Tellern von Berthold zum Wohnzimmertisch getragen wird, muss er feststellen, dass Reiner keine Ahnung vom Tischdecken hat. Das Besteck liegt kreuz und quer auf der Tischdecke verteilt. Auch die Servierten, die er ihm nachträglich gab, wurden komisch zusammengeknüllt und auf der Tischplatte ‚dekoriert‘.

Berthold atmet tief ein und aus. Etwas zornig über Reiners Unfähigkeit, stellt er die Teller ab und setzt sich schnaufend aufs Sofa.

Reiner derzeit rollt auf dem Board umher, imitiert dabei ein rasendes Auto.

„Komm essen“, fordert der Dunkelhaarige Reiner auf, welcher schneller als gedacht angerollt kommt.

Immer noch mit der Brust auf dem Board liegend, blickt er rauf zum Sofa in Richtung Berthold, so als würde er auf eine Erlaubnis warten, den freien Platz neben ihm in Beschlag zu nehmen.

„Ja, setz dich“, gibt Berthold nach und fischt nach einer Gabel auf dem Tisch für sein Essen.

Glücklich über die erhaltene Erlaubnis das Sofa zu besetzen, zieht sich der Haimann auf die Polster und versinkt sogleich mit seinem Gewicht darin. Halb liegend im Sofa, die Schwanzflosse weit über das Ende des Sofas gestreckt, reckt Reiner sich nach dem gefüllten Teller- nur dem Teller.

Wie ein Wilder schaufelt er sich mit Hilfe seiner Hände das Ei mit Schinken und zwei Toastscheiben in den Schlund.

Berthold, der gerade mit seiner Gabel ein Häppchen Ei und Speck zu seinem Mund führt, betrachtet das Geschehen stockend. Von Tischmanieren keine Spur.

Reiner schlingt und würgt, schmatzt zuletzt völlig begeistert.

Wie ein Hund leckt er im Anschluss den Teller ungeniert sauber. Seine Augen funkeln so glücklich, dass es Berthold ein zartes Lächeln aufs Gesicht zaubert. /Ich habe noch nie jemanden gesehen der so glücklich beim Essen ist/.

Reiner stoppt in seiner Handlung, als er bemerkt wie er von Berthold beobachtet wird. Seine Zunge berührt immer noch das Geschirr, sucht die letzten paar Krümel vom Teller auf.

„Was ist?“, schmatzt er hervor.

Berthold zuckt nichts wissend mit den Schultern und steckt sich seinen Happen Essen in den Mund.

„Nichts“, schmatzt er zurück.

Eine Weile wird geschwiegen.

„Sag mal, warum hast du jetzt keine Beine?“, fragt Berthold neugierig und blickt unauffällig auf den getigerten Unterleib Reiners.

Dieser blickt zum Grünäugigen rüber. Er fixiert ihn ernst: „Das liegt an dieser rothaarigen Schlampe! Sie war mir zuvor gekommen!“

Berthold versteht nur ‚Bahnhof‘. Mit verwirrtem Blick stellt er seinen Teller auf seinem Schoß ab.

„Rothaarige… Bitte was?“

„Na die rothaarige Schlampe, die auch unbedingt Beine haben wollte! Da kam sie so zur Meerhexe und machte klimper klimper mit den Augen, wiggle wiggle mit der Schwanzflosse und schon hat sie den Zaubertrank bekommen. Und mir? Mir blieb nur der popelige Rest!“

Erklärt der Blonde wild gestikulierend mit Händen und Flosse.

Berthold versucht der Story mit verwirrter Miene zu folgen und zu verstehen: „Ist das nicht ‚Die kleine Meerjungfrau‘?“

Reiner schaut ihn mit großen Augen verwundert an: „Du kennst sie!?“

Der Lange schaut ihn perplex an. /Ernsthaft? ‚Die kleine Meerjungfrau‘!?/

Zögernd antwortet er dem Haimann: „Ja…ja ich kenn ‚Arielle‘, sie ist eine fiktive Märchenfigur wie-“, er kommt ins Stocken.

Reiner schaut ihn erwartungsvoll an. Irgendwas in Berthold sagt ihm, er sollte seinen Satz jetzt nicht so beenden wie geplant. Immerhin wirkt das Wesen neben ihm alles andere als fiktiv.

„-wie auch immer“, winkt er mit einem dezenten Lächeln ab.

Reiner gibt sich damit zufrieden, fragt kleinlaut ob er den Teller von Berthold bekommen darf um auch dort die letzten Reste aufzulecken.

Nachgebend, reicht er dem Blonden seinen Teller rüber mit den Essensresten.

Wieder schlingt dieser es runter.

„Boah, das schmeckt voll gut!“, jubelt der Flossenträger, woraufhin Berthold nur fragend die Augenbrauen hochzieht: „Hast du noch nie Ei mit Speck gegessen?“

Reiner schüttelt zögernd den Kopf, leckt dann wieder am Geschirr rum.

„Wo kommst du nur her, dass du das nicht kennst?“

„Aus dem Meer?“, erwidert der Blonde sarkastisch,

°Du willst mir also weiß machen, du bist wie aus dem Nichts einfach im großen, weiten Meer aufgetaucht und bekommst nach Lust und Laune, auf Grund eines Zaubertrankes, Beine?“

Reiner kratzt sich überlegend am ‚Hinterteil‘: „Nicht glaubwürdig genug?“

Bertholds Blick wirkt misstrauisch: „Mäßig.“

„Nun, ich könnte dir auch eine andere Geschichte erzählen?“

„Du könntest mir auch einfach die Wahrheit erzählen“, wirft der Dunkelhaarige als weitere Option ein.

Reiner überlegt angestrengt.

„Na gut! Wie du willst, ich erzähle dir die Wahrheit! Aber sie ist nichts für schwache Nerven!“, beginnt der Haimann mit dramatischen Unterton.

„Komm zum Punkt“, kommentiert es Berthold trocken.

„Jaja! Eine ‚Gemeinorganisation‘ nahm mich gefangen und führte illegale Genexperimente mit mir durch!“

Der Lange unterbricht Reiner in seiner Erzählung: „ ‚Gemeinorganisation‘? Meinst du nicht ‚Geheimorganisation‘?“

Der Blondhaarige knurrt leise: „Das habe ich doch gesagt! Jetzt unterbrich mich nicht und hör zu!“

Nach einer endlos scheinenden Liste von Aufzählungen was dem Blonden angeblich alles in den Fängen dieser Geheimorganisation angetan wurde, konnte Berthold nur noch eines fragen: „Und wie hieß diese Organisation?“
 

„‘Seaworld‘“


 

Bertholds Augenlied zuckt angespannt. /Ernsthaft? Für wie dumm hält der mich?/ Er weiß nicht ob Reiner wirklich versucht ihn nur hinters Licht zu führen, oder all den Unsinn glaubt und tatsächlich ernst meint.

„‘Seaworld‘, aha“, bestätigt er noch mal und Reiner nickt ernst: „Alles Verbrecher!“, wispert dieser düster.

Berthold steht auf und stapelt die Teller und das Besteck aufeinander.

„Alles klar, gut, dann bedanke ich mich recht herzlich für die Aufklärung. Also, wenn ich ehrlich sein soll, war die Story mit der Meerhexe um einiges glaubhafter.“

Er wendet sich von Reiner ab und begibt sich in die Küche. Der Blonde schaut ihm grinsend nach.

„Und wenn ich dir sage, dass ich ‚Batman‘ bin?", schmunzelt der blonde Hai.

„Eher ‚Aquaman‘.", seufzt der Dunkelhaarige resignierend.

„Denk dran Honey, an allem was man sagt, ist auch was dran“, trällert er vergnügt und kuschelt sich in die Polster.

Der Dunkelhaarige verdreht schweigend die Augen /Na klar, wer’s glaubt/.

„Du bist noch nicht bereit für meine Geschichte. Ich muss dir dafür vertrauen. Du würdest ja auch nicht jedem Fremden vertrauen und ihn bei dir wohnen lassen oder?", meint Reiner und kratzt sich an der Brust. Bertholds Miene versteinert und er sieht den Haimann perplex an. „ABER DAS MACHE ICH DOCH SCHON.", knurrt er dann laut.

„Oh, ach ja. Naja selbst Schuld. Ich würde das nicht tun.", murmelt der Blonde.

Der Lange stellt sich mit hastigen Schritten wieder vor Reiner auf und greift sich 'fassungslos' mit einer Hand ins Haar: "Ich kann's nicht glauben! Hast du überhaupt einen Funken Anstand?!"

„Was ist Anstand?", fragt Reiner leicht abwesend und betrachtet intensiv die zornigen Gesichtszüge des Dunkelhaarigen. Jetzt legt er erst richtig los.

„Genau das ist das Problem, also...", weiteres erreicht Reiner nicht mehr. Er schaut Berthold nachdenklich an. /Wow, wie niedlich er aussehen kann, wenn er sich aufregt. Ich sollte ihm jetzt zuhören, nicht? Warum tu ich es nicht? Eine gute Frage/ Reiners Aufmerksamkeit verliert sich in seiner eigenen, kleinen Welt.

Obwohl er weiß, das der Dunkelhaarige ihn gerade annölt, klingt es in seinem Kopf so: /Bla Bla, ich finde dich ja eigentlich mega heiß Reiner aber irgendwie bin ich gerade voll sauer auf dich und nicht in Stimmung. Bla bla. Naja, bestimmt kannst du das wieder gut machen!?/

„Unbedingt!", kommentiert Reiner seinen Gedankengang laut und Berthold stoppt in seiner Predigt über Verhalten und Anstand.

„Du hast mir wieder nicht zugehört, stimmt‘s?", fragt Berthold auf einmal ganz ruhig.

Reiner sieht zu den Dunkelhaarigen hoch und fragt sich, woher er das nur weiß.

"Deine Augen. Sie werden glasig wenn du grade in Gedanken bist.", murmelt Berthold, so als hätte er Reiners Gedanken gelesen.

„Ah, du siehst dir also gerne meine Augen an?", Reiner beginnt selbstsicher zu lächeln, streckt sich mit seinem Oberkörper weit über die Lehne hin zu Berthold und klimpert verspielt mit seinen Augenliedern.

„Das, also, jetzt hör doch mal auf damit...Also das ist nicht so...also ich,...ach vergiss es. Mit dir kann man einfach nicht vernünftig reden.", stammelt Berthold wieder etwas verlegen.

Der muskulöse Mann gibt sich zufrieden mit dem Ausgang der ‚Diskussion‘. Er bettet sich wieder aufs Sofa und fixiert Berthold, wie er grummelnd aus dem Raum schlendert. /Das kann noch sehr amüsant werden/, er leckt sich genüsslich grinsend über die Lippen.

Nachdem Berthold in sein Zimmer zurückgekehrt ist, macht er sich murrend dran die Bettbezüge abzuziehen, welche eindeutig nach Fisch gammeln. Berthold fragt sich, wie oft er wohl nächste Woche die Bettwäsche wechseln müsste, oder ob er nachdem Reiner weg ist, einfach alle Möbel verbrennen soll.

Wenn Reiner sich weiter, ungeachtet dessen, dass es gegen die Regeln verstoße, immer zu Berthold ins Bett legen würde, dann müsste er wohl jeden Tag Wäsche waschen.

Das könnte zum Problem werden, auch weiß der Lange nicht, wie schlimm diese Geruchsbelästigung von draußen wahr zu nehmen ist.

Seine Nachbarn könnten ja die schlimmsten Vermutungen als Gerüchte verbreiten und hinterher hätte er das Gesundheitsamt und Greenpeace am Hals wegen Verdacht auf Walmordes, oder Fischdiebstahl, oder schlimmer noch wegen Verdacht auf Beherbergung einer gesuchten Meerjungfrau, nein Mann, eines Meermanns.

Es schauderte Berthold und erst jetzt merkt er, dass er seine Arbeit kurz unterbrochen hat. Er zieht den Rest des Bezuges ab und holt frische Bettwäsche aus dem großen Schrank in seinem Zimmer. Nach dem Beziehen des Bettes, knüddelt er die stinkende Wäsche, samt Reiners rumliegenden Kleidungsteilen zusammen und bringt sie ins Badezimmer.

Dort, versteckt hinter der Dusche steht eine kleine Waschmaschine und ein Trockner, welcher aber selten von Berthold genutzt wird, da das Wetter zur jetzigen Jahreszeit warm genug ist um die Wäsche draußen Luft zu trocknen.

Die Klappe der Waschmaschine fällt zu, der Waschgang ist eingestellt. Laut beginnt sie zu rotieren.

Das merkwürdige, dem Blonden unbekannte Geräusch, zieht ihn wie magisch an.

Neugierig schleicht er ins Bad, erschreckt mit seinem lauten: „Was ist das?!“, den Dunkelhaarigen.

Er hält sich vor Schreck die Hand auf die Herzseite: „Erschreck mich nicht so!“, beschwert Berthold sich und holt einmal tief Luft.

„Das ist eine Waschmaschine, kennst du das nicht?“, Berthold zieht fragend die Augenbrauen hoch.

Reiner schüttelt unwissend den Kopf, starrt dann durch das Rundglas in die Maschine und verfolgt gebannt mit seinem Blick die Wäschestücke: „Boah, da ist ja meine Hose drin! Und da, da ist mein Hemd und das ist meine…oh, ich habe mich schon gefragt wo ich sie ausgezogen habe“, er verfolgt mit seinem Finger seine entdeckte Unterhose zwischen den restlichen Kleidungsstücken.

Berthold klatscht sich leicht seine linke Handfläche ins Gesicht.

/Das kann doch nicht wahr sein! Der Typ kennt nicht mal eine Waschmaschine/, denkt er sich und wischt sich mit seiner Hand übers Gesicht.

„Kein Wunder das du so stinkst! Eine Waschmaschine dient dazu, die Klamotten, welche man trägt wieder sauber zu machen.“, erklärt er dem Blonden, welcher ihn nur grinsend anschaut: „Wie gut, dass du davon so viel Ahnung hast Honey! Habe schon gehört, dass die Frauen fitter im Haushalt sind als die Männer“, er streckt dem anderen kurz die Zunge raus.

Berthold schnauft, greift nach der erstbesten Waschpulverpackung und zieht sie Reiner übern Kopf.

„Aua! Was soll das denn? Man bist du empfindlich“, Reiner reibt sich die getroffene Stelle am Kopf, dann grinst er wieder breit und ergänzt noch zusätzlich: „Wie eine Frau“, kichert er und erntet einen zweiten Hieb mit der Waschpulverpackung.

/Kleine Zicke…/, denkt Reiner sich schweigend und reibt sich nun über den gesamten Kopf.

Und der Dunkelhaarige verlässt schweigend das Bad, muss sich dabei an den breiten Fischleib vorbeidrängen.

Eine Weile ist das ‚Wäscheprogramm’ so interessant, dass der muskulöse Meermann sich nicht fragt wo ‚seine kleine Zicke‘ abgeblieben ist.

Das gibt Berthold einen Moment der Ruhe im Wohnzimmer, wo er die zweite Bettdecke hinterm Sofa aufgabelt.

Er muss nicht mal die Nase an den Stoff halten um den Geruch des Anderen zu vernehmen.

„Na toll…Ach was soll’s?“, er faltet die Decke auf und legt sie akkurat auf die Sofalehne zurück, eh er ihr folgt und sich in gesamter länge auf dem Sofa breit macht.

Natürlich bleibt es nicht bei der Ruhe.

Reiners Aufforderung ist deutlich: „Mach was, mir ist langweilig!“

Berthold weiß genau, wenn er diese Woche, diesen Tag, so wie jeden weiteren überstehen will, muss er dafür sorgen, dass Reiner eine Beschäftigung bekommt. Und zwar eine die Reiner so einnimmt, dass er selbst seine geliebte Privatsphäre wieder bekommt, wenn auch nur für ein paar Stunden am Tag.

„Warum robbst du dann nicht einfach in die Wanne und schwimmst da ein paar Runden im Kreis?“, wirft der Lange als Idee ein, woraufhin er einen düsteren Blick von Reiner zugeworfen bekommt.

Beleidigt stemmt er sich auf, verschränkt die Arme vor der Brust und zischt: „Ich bin kein Goldfisch!“

/Oh Mann, das kann schwieriger werden als gedacht/

...Es verspricht noch ein langer, ansträngender Sonntag zu werden.

Und der Haifisch der hat Zähne

Da Bertholds Idee, Reiner ein paar Runden in der Badewanne schwimmen zu lassen, nicht in Betracht gezogen wurde vom Blonden, hatte er ihn bis spät abends an der Backe und das wortwörtlich. Zuerst haben sie sich beide über Essen unterhalten, wodurch Reiner wieder Hunger bekam und er aufspringen musste um was für den Haimann zu kochen. Dann wurde Reiner gegen Abend immer anhänglicher und versuchte sich mit Berthold zusammen aufs Sofa zu quetschen, was darin endete, dass beide auf dem Boden landeten und Berthold sich nur wieder künstlich aufregte, so Reiners Ansicht nach.

Und das Ende vom Lied? Berthold verbannte Reiner wieder in die Wanne und beschloss ins Bett zu gehen - Alleine. Reiner schmollte lange vor sich hin im erkalteten Wannenwasser, grübelte etwas über seine Situation nach und schlich sich nach einigen Stunden wieder aus dem Bad. Schließlich hatte Berthold ihm ja nicht gesagt für wie lange er in der Wanne bleiben sollte, so machte er es sich für den Rest der Nacht auf dem Sofa wieder bequem, welches, zu seinem Wohlwollen, leicht nach dem Dunkelhaarigen roch. Der Geruch gab ihm immerhin das Gefühl nicht ganz allein zu sein, wodurch er eine recht ruhige Nacht mit einem leichten Schlaf hatte.

Berthold bekam nichts davon mit, er schlief wie ein Stein, bis zu dem Moment wo in der Früh ein lauter Knall durch seine Wohnung schallt.

Der Dunkelhaarige erwacht aus seiner Bauchlage, reißt erschreckt die Augenlieder auf, krallt seine Finger angespannt in sein Kissen und japst auf.

/Was- war-… Das?!/, schießt es ihm durch den Kopf und er reckt seinen Rücken hoch. Keine Minute später beantwortet sich seine Frage von selbst. Im Flur ertönt das Lachen des Haimannes.

„Reiner“, grummelt Berthold mit verschlafener Stimme und lässt den Kopf zurück ins Kissen plumpsen.

Berthold wuschelt dich durch sein dunkles Haar. Er überlegt, wie spät es wohl sei. / ist denn heute nicht Montag?/, er dreht sich hastig auf den Rücken.

/Moment! Wenn heute Montag ist, dann würde es bedeuten ich muss zur Arbeit. Und das wiederum würde bedeuten, dass ich aufstehen muss und zwar dann, wenn der Wecker klingelt!/, Durch Berthold geht ein Adrenalinschub. Klingen? Da gab es kein Klingeln oder hat er es vielleicht einfach nur verschlafen? Oder der Wecker hat gar nicht geklingelt. Unmöglich? Bertholds Kopf dreht sich zu seiner geschlossenen Zimmertür. /Unsinn, das Klingeln habe ich noch nie überhört/ Der Wecker steht nicht Grundlos seit drei Monaten im Wohnzimmerschrank. Berthold hat das ausgeprägte Talent zu verschlafen und drückte immer den Alam weg.

Es viel ihm immer schwer wach zu werden, so stellte er eines Tages den Wecker ins Wohnzimmer, so dass er gezwungen sein müsste jeden Morgen aufzustehen um das nervige Geklingel abzustellen.

So wie heute, eigentlich.

Er glaubt auch nicht, dass er vor dem Klingen wach würde. Das würde ja an einem Wunder grenzen.

Der Dunkelhaarige kramt müde stöhnend nach seinem Handy, was irgendwo unter den Kopfkissen verschwunden ist und blickt auf den Bildschirm. „Nach Sieben“, grinst er Gedanken abwesend, kratzt sich am Hals und gähnt. Dann schaut er wieder auf sein Handybildschirm und schnappt erschrocken nach Luft: „Nach SIEBEN!“, ruft er erschrocken und zieht die Bettdecke zur Seite, schwingt die Beine aus dem Bett und flucht leise: „Mist, Mist, Mist! Ich komme zu spät!“, genervt kramt der Dunkelhaarige in seinen Schränken nach annehmbarer Kleidung für die Arbeit.

Als er sich eine kurze Hose aus dem Kleiderschrank fischt, kommt ihm ein anderer Gedanke: /Was mache ich mit Reiner?/ Er wirft genervt stöhnend den Kopf in den Nacken und rennt mit den gefundenen Klamotten aus dem Zimmer.

Im Flur angekommen rennt er zum Bad, klopf an die geschlossene Tür.

„Reiner? Ich muss ins Bad, komm da raus….“, Berthold lauscht an der Holztür, doch kein Geräusch erklingt.

Er grummelt leise, eh er kräftiger an der Tür klopft: „Reiner! Ich weiß das du wach bist, ich habe es-„, während seiner Ansprache blinzelt er ins offene Wohnzimmer, wo er auf dem hellen Fußboden einen merkwürdigen Gegenstand erblickt, der durch das einstrahlende Morgenlicht auffällig, anziehend funkelt.

Bertholds Nackenhaare stellen sich erschrocken auf. /Das ist doch nicht etwa…/ Mit offenen Mund stoppt er das laute klopfen an der Tür und geht schnurstracks ins Wohnzimmer. Mit jedem Schritt, den er auf den merkwürdigen, funkelnden Haufen zugeht, wird sein: „Nein, nein….nein….NEIN!“, lauter.

Dann steht er direkt vor dem Haufen, dem Haufen Schrott, der einst sein Wecker war.

Sein Brustkorb hebt und senkt sich schnell, seine Hände um krallen die Kleidungsstücke fest. Zielgerichtet richtet er seinen zornigen Blick auf das Sofa, auf dem seelenruhig der Blonde schläft. /Mein Sofa! Meine Decke! MEIN WECKER!/, streng ruft er den Namen des Schuldigen, welcher sich nur grummelnd rumdreht und weiter schläft, was Berthold nur noch weiter provoziert.

Mit einem Ruck zieht der wütende Wohnungsbesitzer dem Haimann die Bettdecke von der Flosse runter.

„Reiner! Was fällt dir eigentlich ein!?“, faucht er ihn an, mit der Bettdecke in den Armen hantierend.

Reiner blinzelt verschlafen und wendet sich in die Rückenlage: „Um ehrlich zu sein, fällt mir gerade Nichts ein warum du wieder wie eine Furie rumnölst - und das um die Uhrzeit“, er kratzt sich unbekümmert auf der Brust.

„Nichts?! Ist das hier etwa ‚Nichts‘“, Berthold deutet mit seinen grünen Augen runter auf den Haufen Schrott, welcher einst sein Wecker war.

Reiner setzt sich etwas mühselig auf um dem Blick des Anderen folgen zu können.

Dann scheint dieser sich zu erinnern: „Ach so das! Ja, ich habe es erfolgreich vernichtet!“, stolz grinsend drückt der Blonde seine muskulöse Brust heraus und lässt seine Augenbrauen hoch und runter springen, sich sicher, dass der Dunkelhaarige nun angetan sein würde von seiner Manneskraft und seinem Heldentum.

Wenig beeindruckt atmet Berthold tief ein: „Das sehe ich, die Frage ist nur: WARUM!?“, schimpft er Reiner ein.

„Na weil das Teil heute früh anfing laut zu werden! So laut, dass es sicher die ganze Nachbarschaft geweckt hätte! Ich kann doch nicht zulassen das du aus deinem Schönheitsschlaf gerissen wirst“, erklärt der Haimann und verzieht fragend das Gesicht. Er versteht nicht, wieso Berthold so außer sich war, schließlich hat er doch dafür gesorgt, dass er weiter friedlich schlafen konnte?!

„‘Wecken‘, ist der Inbegriff eines WECKERS! Wozu sollte er sonst klingeln!?“

„Ja, das habe ich mich heute früh auch gefragt“, direkt nach dieser Aussage, landet die zusammen geknuddelte Bettdecke aus den Armen des Dunkelhaarigen in seinem Gesicht.

„Ich habe jetzt nicht die Zeit weiter mit dir zu diskutieren! Ich komme eh schon zu spät“, zischt Berthold und zerrt sich das Shirt über den Kopf. Die Dusche bleibt dann wohl diesen Morgen aus.

„Wohin zu spät?“, fragt der Blonde, während er sein Gesicht aus der Bettdecke frei wuselt.

„Zur Arbeit! Und das alles wegen deiner ach so heldenhaften Aktion!“, schimpft er weiter und zwängt sich die Cargo Shorts über seine Shorts.

„Gern geschehen. Du kannst dich gerne später dafür erkenntlich zeigen“

Berthold verdreht die Augen: „Stell dieses Mal nichts an! Das heißt -„ er wird von Reiner unterbrochen: „-Langweilen! Jaja, toll!“, wie ein beleidigtes Kind verschränkt der Blonde die trainierten Arme vor der Brust und wendet den Blick ab von Berthold.

Berthold rennt im Wohnzimmer umher und sucht seine restlichen Sachen für die Arbeit zusammen, schaut dabei aus den Augenwinkeln rüber zum Blonden und meint trocken: „Ja, dem ist dann so. Umso unauffälliger du dich verhältst, desto niedriger ist die Gefahr das du entdeckt wirst“, er wirft sich seinen fertig gepackten Rucksack über die rechte Schulter, marschiert zielstrebig zum Bücherregal im Wohnzimmer und greift nach einem x-beliebiges Buch, welches er dem Blonden auf den Schoß wirft: „Da, bilde dich weiter. Bis später und wehe du stellst was an“. Mit diesen Worten verlässt der Dunkelhaarige das Wohnzimmer und nach Reiners: „Werde dich auch vermissen“, die Wohnung.

Umso weiter Berthold die Wohnung hinter sich lässt, desto größer wird die Befürchtung, dass der Haimann genau in diesem Augenblick wieder was anstellt.

Doch nicht ganz, dieser saß nach wie vor auf dem Sofa mit dem Buch auf dem Schoß und mustert dieses fraglich von allen Seiten.

Dann blättert er es auf und überfliegt die Seiten. Ein Grinsen bildet sich auf seinen schmalen Lippen und er Lacht kurz auf, wobei er die Seitens schneller umblättert: „Haha, ich kann nicht Lesen“, weiter lachend wirft er das nutzlose Ding über seine Schulter nach hinten, was zu seinem Pech eine Vase erwischt und von ihrem Standort runter auf den Boden reißt. Das Klirren der zerbrochenen Vase schallt einmal in der Wohnung nieder.

Reiner zuckt leicht zusammen, beißt sich dabei betroffen auf die Unterlippe und begutachtet den Schaden schweigend.

„Ups“, zischt er und wischt sich über sein Gesicht. /Hat “Honey“ nicht gewollt, dass ich nichts anstelle?/

Reiner überlegt: „Also genau genommen ist das ja nicht meine Schuld gewesen…das war das Buch!“

Nun kann der Blonde mit reinen gewissen wieder strahlen wie ein Sonnenschein.

„Dann suche ich mir mal was zur Beschäftigung“

Während der Blonde mit Begeisterung die Wohnung des Dunkelhaarigen durchstöbert, steht dieser vor seinem Chef und entschuldigt sich für sein zu spät kommen. Leider war sein Chef nicht wirklich verständnisvoll.

Lauthals macht er Berthold klar, dass Arbeit kein Kindergarten sei und dass jeder Arbeitgeber viel Wert auf Pünktlichkeit lege. Nicht zu vergessen, dass er Berthold noch mal klar macht, dass er ersetzbar sei wie jeder andere seiner Mitarbeiter und sich genau überlegen sollte ob er den Job behalten will oder nicht.

Nach der Predigt war die Laune des Dunkelhaarigen auf null gefallen. /Und das ist alles seine Schuld!/, denkt er sich wütend und bindet sich eine blaue Arbeitsschürze um.
 

Nach vergangenen drei Stunden, liegt der Haimann auf dem Bauch gedreht wieder gelangweilt auf dem Sofa. Zuvor rollte er ziellos im Wohnzimmer auf dem Skateboard umher, schnappte sich alle Bücher in greifbarer Nähe aus den Regalen und verstreute sie in der Wohnung. Keines davon hatte ihn angesprochen. Nicht mal nette Farbbilder waren drin, nur ein Haufen kleiner Buchstaben oder Zahlen, die er nicht verstand.

Und so landete er wieder auf dem Sofa. Er säufst gelangweilt aus: „Wie lange dauert denn so ne Arbeit? Ob er mich vergessen hat?“
 

Der Dunkelhaarige legt erschöpft seine Schürze beiseite und massiert sich etwas den Nacken.

/Ob das Haus noch Steht?/, fragt er sich und kramt seine Sachen zusammen für den Heimweg. Mit einem leisen: „Bis Morgen“, welches nicht erwidert wird von den Kollegen, verlässt er seine Arbeitsstelle und begibt sich zur Straßenbahn.

Vor dem Eingang seiner Wohnung angekommen, atmet er einmal tief ein und aus. Es freut ihn sogar etwas, zu sehen, dass das Haus noch steht. Eh er den Hausschlüssel ins Schloss Steckt lauscht er mit dem Ohr an der Tür. Nicht mal ein „Piep“ war zu vernehmen. Hat sich der Unruhestifter nun wirklich einmal an die Ansage von ihm gehalten?

Berthold schließt hastig auf. Im Flur ist es dunkel. Mit einem: „Hallo?“, lässt er seinen Rucksack von den Schultern gleiten und schleudert ihn in eine Ecke.

/Warum antwortet er nicht? Ist er vielleicht wieder weg?/, diese Frage beantwortet sich in dem Moment, wo er näher zum Wohnzimmer schreitet, die Tür aufdrückt und ihm das Chaos des Jahrhunderts willkommen heißt.

/Nein, natürlich nicht, es wäre ja auch zu schön gewesen!/, knurrt die Stimme in seinem Kopf.

Mit feuchten Augen betrachtet er das Zimmer, welches nun einer Müllhalde gleicht. In den Regalen stand kaum noch ein Buch so einsortiert wie zuvor, Taschentücher aus dem Spender sind auf nasse Flächen auf dem Fußboden verteilt, manche Bücher komisch übereinander gestapelt oder verdreht im Regal, als sollte es „Kunst“ darstellen, die Sofakissen und die Polster vom Gestell gezogen, auf dem Boden verteilt.

Die Beine des Wohnzimmertisches regelrecht angefressen.

Nicht identifizierbare Flecken an den Wänden und auf dem teuren Parkett, der Kühlschrank zerkratzt und eine Spur an Essensresten, die sich von der Küche, über den Parkett erstreckt und schließlich beim Sofa endet, da wo auch der Schuldige liegt.

/na großartig! Wie es scheint, hat er den Kühlschrank gefunden/

Berthold geht auf den Haimann zu, welcher wieder seelenruhig am Schlafen ist.

Bedacht nicht mit seinen Schuhen in irgendwelche Essensreste zu treten, erreicht er das Sofa, oder besser gesagt, die Polster auf dem teuren Fußboden.

„Reiner“, zischt Berthold und stupst mit seinem Schuh gegen das Ende der Sandfarbenen Flosse. Einmal, zweimal, dann schreckt Reiner erschrocken zusammen und starrt ihn an.

Einen Augenblick herrscht ein eigenartiges Schweigen zwischen den beiden.

Reiner versucht es mit einem Lächeln, was aber von seinem Gegenüber nicht erwidert wird. Irgendwas sagt ihm, dass seine dunkelhaarige Schönheit verstimmt ist, aber doch wohl nicht wegen ihm?

„Reiner…“, zischt es zwischen den Lippen der Schönheit hervor.

Dieser klimpert freudig mit den Augen: „ja, Honey?“

Nach Beherrschung ringend, bringt er die Frage nur stockend heraus „Was-hast-du-mit-meiner-Wohnung angestellt!?“,

„Hab’s hübsch gemacht, gefällt es dir?“

Für eine Sekunde zuckt Bertholds linkes Augenlied verdattert, eh er laut und deutlich knurrt und aus schnauft.

Reiner legt die Stirn fraglich in Falten:/ Er rastet ja förmlich aus vor Freude/, geht ihm durch den Kopf und mit einem kurzen auflachen säuselt er was von: „Ach Honey, ein einfaches „Gefällt mir“, hätte gereicht. So impulsiv!“, er kichert vergnügt.

Bertholds Augen verengen sich finster. In einem sarkastischen Unterton lacht er Reiner entgegen, umfasst mit beiden Händen den Schwanzkiel: „Oh ich werde dir zeigen wie impulsiv ich sein kann!“, mit aller Kraft die er aufbringen kann, zerrt er Reiner vom Polster und versucht in aus dem Wohnzimmer zu schleifen.

Auf dem Parkettboden angekommen, fällt Berthold es einfacher den Meermann zu ziehen. Dieser sucht panisch nach halt auf dem Boden, umklammert zu guter Letzt den Türrahmen als er diesen fast passiert.

„Ich hoffe stark, dass du jetzt nur vorhast mich ins Schlafzimmer zu zerren!?“, unsicher lacht der Haimann und krallt sich fester in den Rahmen als Berthold weiter energisch an seiner Flosse zerrt.

„Das würde dir wohl so passen, hm?!“

„Ja, schon….“, gibt Reiner ehrlich zu, zieht sich wieder ein Stück rauf mit seinen muskulösen Armen, was Berthold nach vorne stolpern lässt.

Wer hätte gedacht, dass das so schwierig sein würde?

Wütend darüber, dass der Meermann so viel stärker als er selbst zu sein scheint, lehnt sich der Dunkelhaarige mit seinem gesamten Gewicht nach hinten um Reiner am Weiterkommen zu hindern.

„Nichts da! Du kommst jetzt raus, lass los!“

„Nein!“, jammert der Blonde.

„Doch!“, Bertholds Zerren bleibt unerbittlich und führt schließlich dazu, dass Reiner den Halt verliert, mit den Händen auf dem Parkett wegrutscht und der Länge nach Berthold mit sich zu Boden reißt.

Ein schmerzendes Keuchen entkommt dem Langen, während Reiner über ihm nur schmunzelt: „Ich wusste gar nicht, dass ich SO umwerfend bin“.

Berthold grummelt und versucht Reiners Flosse von seiner Hüfte zu schieben: „Runter von mir, du zerquetscht mich!“

Reiners Unterkiefer klappt verwundert runter: „Du glaubst ich bin fett?! Ich habe doch nur schwere Gräten!“, mosernd windet Reiner sich weiter auf Bertholds Leib umher, wodurch dem Unterliegenden ein weiteres Keuchen entweicht.

„Wie konnten es nur andere so lange mit dir aushalten?“, zischt Berthold und windet seine Beine unter dem Gewicht ein paarmal umher, eh ihn seine Kraft verlässt. Seine Arme fallen ergeben zu Boden.

Er schließt einen Moment die Augen um seine Gedanken zu sammeln.

Sein gesamter Tag war einfach nur eine Katastrophe und nun kommt noch dieses DING dazu, was alles noch schlimmer macht. /Warum nur passiert sowas auch immer mir?/, jammert seine innere Stimme vor sich hin.

Wage bemerkt er dabei, wie sich der Haimann auf ihm weiter umher schlängelt. Erst als er den warmen Atem auf seinem Gesicht vernimmt, öffnet er ruckartig die Lider.

Reiner schaut ihn mit einem breiten Grinsen im Gesicht an: „Weißt du Honey, du solltest nicht alles immer so über dramatisieren und Mal ne Runde entspannen.“

Unberührt schaut ihn Berthold aus seinen grünen Augen ernst an: „Erzähl du mir nichts von „Entspannung“!“, er windet sich wieder unter dem Blonden, bis dieser sich wortlos von ihm runter bewegt.

Berthold stemmt sich rasch wieder auf seine Beine, wendet sich mit wütender Miene zu reiner um:

„Du hast auch leicht Reden, platzt einfach so in mein Leben rein und verbreitest innerhalb von zwei Tagen ein totales Chaos und hast keine Sorgen! Ich habe einen Job, ich muss lernen für die Uni und… ach, was versuche ich überhaupt dir das zu erklären, du hast von all den Dingen eh keine Ahnung“, merklich entnervt, geht der Dunkelhaarige dabei zurück ins Wohnzimmer und setzt sich seufzend auf eines der am Boden liegenden Polster. Nachdenklich fällt sein Kopf auf seine angezogenen Knie herab.

Reiner zieht sich mit seinen Armen schweigend vom Flur ins Wohnzimmer, beobachtet nachdenklich den Anderen eine Weile, eh sein Blick durch das verwüstete Wohnzimmer wandert.

/Es sieht schon anders aus als heute Morgen…/, denkt sich der Blonde und reibt sich betroffen den Nacken.

Allerdings war er noch nie der Typ, welcher leicht Einsicht zeigen konnte, schon gar nicht, wenn er sich keiner Schuld bewusst war.

Nur jetzt weiß er, dass er den anderen irgendwie bei Laune halten muss.

„Also wenn ich frustriert bin, esse ich“, schlägt Reiner vor und bewegt sich auf Berthold zu, welcher immer noch regungslos in seiner Haltung verharrt.

Und auch als Reiner vor ihm ankommt, kommt keine Antwort.

/Och nicht doch, werde ich jetzt mir Schweigen gestraft?/, Er grummelt kaum hörbar.

Warum ist dieser Mensch auch so kompliziert? Sogar die Frauen, die er vor Berthold kennengelernt hatte, waren, laut seiner Ansicht, um einiges Umgänglicher.

Der Haimann stupst Berthold leicht gegen die Knie und lächelt frech: „Na komm schon! Ein Happen in Ehren kann niemand verwehren!“, auffordernd schwingt seine Haifischflosse, aber wieder kommt nichts von seinem Gegenüber.

Sein Grinsen verfliegt etwas, doch ans Aufgeben ist nicht zu denken.

Wieder stupst er ihn an: „ Ich weiß ja nicht wie’s dir geht, aber ich habe einen tierischen Hunger!“, erklingt es fast schon euphorisch.

Wieder keine Reaktion.

Reiner zieht schnaufend die Luft ein. Er rüttelt leicht an Bertholds Schulter, robbt sich neben ihn hin und zieht mit seinen beiden Zeigefingen seine Mundwinkel weit auseinander.

„Schau mal Honey!“, lispelt Reiner und verzieht sein Gesicht immer weiter in eine Grimasse, die den Anderen belustigen soll.

Aber auch darauf springt jener nicht an, würdigt ihm nicht mal eines Blickes.

Zu schade, denn sonst hätte Berthold einen wunderbaren Ausblick auf adrett angeordnete, spitze Haizähne bekommen, welche Reiner ihm stolz präsentiert. Wenn auch unwissend, dass jene wohlmöglich seinem Gegenüber in Todesangst versetzten könnte.

So langsam gehen ihm die Ideen aus.

Seufzend begutachtet er immer noch den schweigenden Mann vor sich. Das aalglatte, dunkle Haar, welches durch die geneigte Kopfhaltung über die Knie fällt und somit die Haut im Nacken frei legt.

Reiner schnalzt entzückt mit der Zunge.

„Na also von mir aus kann ich auch auf den Hauptgang verzichten und komme direkt zum Nachtisch“, kichert er leicht verträumt und tänzelt mit zwei Fingern über die freie Haut im Nacken von Berthold umher.

Nun endlich bekommt er die erhoffte Aufmerksamkeit zurück. Berthold fasst sich schützend mit einer Hand in den Nacken und wendet sein Gesicht empört zu Reiner:

„Du kannst es einfach nicht sein lassen, hm?“, fragt er den Blonden trocken, woraufhin der andere kopfschüttelnd zu grinsen beginnt: „Nein, bei dir kann ich mich einfach nicht zurück halten“.

Berthold gibt einen wieder willigen Laut von sich, wendet sich erneut weg von Reiner, was ihm direkt das Grinsen vergehen lässt. /Nein, schau mich wieder an!/, denkt er sich erschrocken.

Er stuppst ihn abermals an: „Essen?“, fragt er.

Schweigen.

„Du warst auch mal gesprächiger…“, mault er den Langen entgegen, worauf dieser sich tatsächlich wieder zu ihm wendet und genervt fragt: „Warum zum Donnerwetter ist es dir so verdammt wichtig, dass ich mit dir Rede?“

Reiners Gesichtszüge erkalten. Er richtet sich so gut wie möglich mit seinem Oberkörper gerade vor Berthold auf und fängt gekonnt den Blick des anderen ein.

Nach einem Augenblick der Stille antwortet Reiner ihm klar und ehrlich:

„Weil ich sonst das Gefühl bekomme nicht existent zu sein“

Sprachlos öffnen sich die Lippen von Berthold, doch kein Wort gleitet über sie.

Mit so einer Antwort von Reiner, hat er jetzt als letztes gerechnet. Es klang so verdammt tiefsinnig und erwachsen?

Ja, verdammt untypisch zu dem sonstigen Verhalten seines Gastes.

Bertholds Blick wird nachdenklich und zum ersten Mal, seid dem er Reiner hier hat, fragt er sich, ob dieser je mit echten Menschen Kontakt hatte, wie nun mit ihm.

„Bist du für andere Menschen nicht existent genug, auch wenn sie nicht mit dir ständig Reden?“

Diese Frage trifft den Blonden wie ein ungebremster Schlag in die Magengrube.

Mit einem gekünstelten Lächeln dreht er sich leicht von Berthold weg.

„So existent wie man sich als eine Märchenfigur zwischen Menschen nun fühlt“

Gekonnt wurde der Schlag an den Langen zurückgegeben. Angespanntes Schweigen erfüllt den Raum.

Berthold erinnert sich daran, dass er Reiner ebenso als eine Märchenfigur abgetan hat mit dem Vorwurf gar nicht real sein zu dürfen.

Ein mulmiges Gefühl macht sich in seinem Magen breit. Dezent betrachtet er Reiners Haifischflosse.

/Das war wohl möglich wirklich nicht gerade Taktvoll von mir/ geht es ihm durch den Kopf, doch er ist sich nicht sicher, wie er sich dafür entschuldigen soll bei ihm.

„Was hast du eben noch gesagt? Du isst wenn du frustriert bist? Ich sollte dir dann jetzt mal was zu essen machen, hm?“, er ersucht den Blick des Haimannes, welcher erst neugierig den Kopf zu ihm schwenkt als er das Wort „Essen“ vernimmt.

Und auf Mal scheint die Stimmung im Raum wieder wie zuvor zu sein.

Einverstanden nickt der Blondhaarige Berthold zu, welcher erleichtert ausatmet und sich aufrafft.

Und wenn er jetzt nicht aufgestanden wäre, so hätte er wohl noch für eine ganze Weile lang vergessen, dass er eigentlich dabei war Reiner vor die Tür zu setzten. Das Chaos im Raum versetzt dem Dunkelhaarigen tiefe Falten auf der Stirn.

„Ich denke ein wenig mehr Ordnung könnte dem Raum gut tun“, wispert der Meermann hinter Berthold altklug, was ihn dazu verleitet das nächst beste Sofakissen vom Boden zu angeln und Reiner ins Gesicht zu schmeißen: „Dann fang mal besser gleich damit an während ich koche, sonst gibt es nichts für dich!“, ermahnt er ihn und begibt sich zur Küche.

Dort angekommen, geht er in die Hocke und versucht oberflächlich die Essenssachen vom Boden, welche Reiner wohl aus dem Kühl- und Vorratsschrank geangelt hat, aufzusammeln.

Dabei hebt er eine merkwürdig demolierte Konservendose auf und betrachtet sie genauer, als er hinter der Theke wieder auftaucht.

Schweigend zieht Berthold aus dem Metall einen Zahn…einen Haifischzahn und fragt sich beunruhigt, ob es nun wirklich eine kluge Entscheidung ist Reiner bei sich zu lassen, denn wie jeder weiß: ‚Der Haifisch der hat Zähne‘.



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Kommentare zu dieser Fanfic (8)

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Von:  TheLoneWolf
2016-04-07T16:44:00+00:00 07.04.2016 18:44
Wieder ein tolles Kapi <3
Besonders die Stelle mit dem Kaffee und dem Wasser hat mir gefallen.
Cool ist auch, dass dein Meermann nicht ganz gewöhnlich, sondern ein halber Hai ist. Das sieht bestimmt interessant auch.

❄Du hast dich über den Kommentar gefreut? Dann schau doch mal hier vorbei!❄
Antwort von:  FelinaColibra
07.04.2016 18:58
Das freut mich aber! Ja ich fand das dann doch zu unpassend einem muskulösen Mann eine typische Flosse zu geben. Hai passt besser :) Tigerhai!! :D Hoffe du hast auch noch spaß bei den nächsten Kapis
Von:  TheLoneWolf
2016-02-28T15:39:47+00:00 28.02.2016 16:39
Das ist ja schon mal ein echt spannender Auftakt mit nem riesigen Cliffhanger am Ende. Bin gespannt, wie es weitergeht. Was mit der Freundin ist und wie es überhaupt zu dieser ganzen Situation kam.
Dein Schreibstil hat echt was. Ich musste an vielen Stellen schmunzeln. Der arme Berthold.
Coole Idee auch das mit dem Skateboard!
Von:  THawk
2015-11-21T03:57:19+00:00 21.11.2015 04:57
Eine wunderbare Fortsetzung dieser Geschichte. Spannend wie immer und extrem witzig. Das Reiner auch etwas tiefsinniges sagen kann hätte ich nie gedacht.
Von:  Rengoku
2015-09-03T17:51:13+00:00 03.09.2015 19:51
Hab deine Fanfic zufällig wiedergesehen und wollte mich für deine Mühe bedanken. Man findet selten gute AOT Fanfic, dann noch so ein spezielles Pair. Hab mich echt gefreud, als ich auch noch sah das Meerjungfrauen ( Meermannhhaie ;3). Wirklich schade das die letzten Monate nichts mehr gekommen ist.
Die FF hat mir ein paar schöne Minuten beschert^^ danke dafür
Lg Ren
Antwort von:  FelinaColibra
07.09.2015 02:14
Hey Ren,
vielen Dank für dein Kommi zu meiner FF. Es stimmt, das nächste Kapitel lässt auf sich warten. Sobald mein Reallife-Stress nachgelassen hat, werde ich versuchen wieder weiter zu schreiben. Also ich habe nicht vor es einfach unfertig zu lassen :D
Von:  THawk
2015-03-30T20:31:23+00:00 30.03.2015 22:31
Wunderbare Story!
Ich bin ja kein Fan von Yaoi. Aber die Idee und die Wortgefechte, sind einmalig.^^
Ich freu mich die FF gefunden zu haben und werde gespannt jedes Kapitel verschlingen. Immerhin habe ich gleich die ersten beiden ohne Pause gelesen. Ich sehe das wie AomaSade, so viele Fragen und ich brenne auf Antworten. Ist er der einzige ist da meine größte Frage!
Von: AomaSade
2015-03-20T17:16:41+00:00 20.03.2015 18:16
Hallo Felina,

noch kein weiterer Kommentar? Also das hat deine FF nicht verdient. Ich bin nach wie vor begeistert. Auch dein zweites Kapitel gefällt mir super. Die Wortgefechte unterhalten sehr. Deine Geschichte sprudelt nur so vor Ideenreichtum - ich sage nur Tigerhai! Verwirrt hast du mich auch ein wenig, da ich nicht genau herauslesen konnte, wo deine Geschichte spielt. Aber dieses Rätsel hast du ja am Kapitelende gelöst. Bleiben nur noch viele andere. Studiert Berthold auf Hawaii oder was macht er dort? Wie haben sich die beiden genau kennengelernt? War Bertold wirklich nur betrunken? Gibt es noch mehr Meermänner oder ist Reiner ein Einzelexemplar? Warum hat Reiner mal Beine und dann wieder nicht? Was hat es mit der Wochenfrist auf sich? Sind Tigerhai-Meermänner "Allesfresser"? Oder was will Reiner wirklich von Berthold? So viele Fragen, die du sicher im Laufe der Geschichte beantworten wirst. Ich bin so gespannt auf deine nächsten Kapitel. Bitte schreibe schnell weiter.

Liebe Grüße
AomaSade
Antwort von:  FelinaColibra
20.03.2015 22:30
Schön, wieder von dir lesen zu dürfen!! Es freut mich dass du so viel Spass and er Geschichte hast! Ich arbeite bereits am dritten Kapitel und versuche den Spannungsfaden zu halten. Ich möchte noch nichts vorwegnehmen :) Darum hoffe ich, auch im dritten Teil wieder von dir ein Feedback zu bekommen.
Von: AomaSade
2015-03-15T16:59:33+00:00 15.03.2015 17:59
Hallo FelinaColibra,

schräg, verrückt, niedlich. Mir gefällt deine FF super. Sie unterhält wunderbar. Ich muss immer noch schmunzeln über die Reaktionen der beiden Hauptcharaktere. Und das Thema "Meerjungmann" ist auch eher selten. Bitte schreibe rasch weiter.

Liebe Grüße
AomaSade
Antwort von:  FelinaColibra
15.03.2015 18:22
Hallo AomaSade,
es freut mich sehr zu lesen, dass die FF, trotz ihres seltsamen Themas, dein Interesse nach einer Fortsetzung geweckt hat! Um ehrlich zu sein, kann ich dir gar nicht sagen, wie genau das ganze zur Stande kam :D Ich wollte einfach mal was komplett "Neues" versuchen mit den SNK Charaktern. Ich würde mich sehr darüber freuen wieder von dir zu lesen, sobald das zweite kapittel fertig ist :3

lieben Gruß
Felina C.
Antwort von: AomaSade
15.04.2015 23:11
Hallo Felina,
ich werde gleich Kapitel 3 lesen und auch wieder einen Kommentar verfassen.
Aber noch einmal zum Thema deiner FF: Ich meinte schon, dass das Thema selten wie einzigartig, kostbar, wertvoll, erlesen, ungewöhnlich ist - eben wie deine Geschichte selbst. Seltsam setze ich mit kurios, befremdlich, bizarr, merkwürdig gleich und das trifft nun überhaupt nicht zu. Bitte werte deine schöne Geschichte nicht selber ab, indem du sie als seltsam bezeichnest.
Liebe Grüße
AomaSade
Antwort von:  FelinaColibra
16.04.2015 18:25
Ich würde mich sehr über ein neues Kommi von dir freuen! Hatte schon Sorge, dass dir das dritte Kapitel nicht zugesagt hatte. Viel Spaß beim Lesen der beiden Kapitel (3 und 4) :)


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