Er liebt mich, er liebt mich nicht von Hoellenhund ([Secret Love]) ================================================================================ Kapitel 19: ------------ »Was ist denn mit dir los?«, fragte Ishida, einen leicht schelmischen Ausdruck auf dem Gesicht, als Takeda am nächsten Morgen noch vor dem Klingeln seines Weckers aus dem Bett sprang. »Hast du etwa doch noch den Frühsport für dich entdeckt?« »Ganz und gar nicht«, gab Takeda zurück und zog ein frisches Hemd aus dem Schrank. Er wollte Hirakawa noch vor dem Schulbeginn abfangen; die ganze Nacht über hatte er an nichts anderes denken können. Er musste ihn einfach sehen, sich vergewissern, dass die Verbundenheit, die er gestern Abend zwischen ihnen gespürt hatte, kein Traum gewesen war. »Man, dein Handgelenk sieht ganz schön übel aus«, fuhr Ishida fort und zog die Augenbrauen hoch. »Tut auch ganz schön übel weh«, gab Takeda leichthin zurück, ohne sein Gelenk auch nur eines Blickes zu würdigen. Es hatte über Nacht eine besorgniserregende grüne Farbe angenommen und war an der Stelle, an der Hirakawas Bambusschwert es getroffen hatte, stark angeschwollen. Aber das war für Takeda nicht mehr als eine unbedeutende Nebensächlichkeit. »Geh damit am besten zum Sanitätsraum. Nicht, dass das noch gebrochen ist.« »Quatsch, das ist nur ’ne leichte Prellung.« »Leicht würde ich das nicht nennen. Aber mach was du willst, auf den guten Rat des weisen Ishida hörst du ja sowieso nicht«, meinte Ishida mit einem Hauch von gespielter Kränkung in der Stimme, die Takeda zum Lachen brachte. »Ich werde schon noch genug Gelegenheit haben, auf den guten Rat des weisen Ishida zu hören.« Ishidas darauffolgende Kissenattacke traf nur noch die Tür, die hinter Takeda ins Schloss fiel. Wie er erwartet hatte, fand er Hirakawa in der Bibliothek. »Guten Morgen«, sagte er mit gedämpfter Stimme, obwohl die Bibliothek so früh am Tag noch fast zur Gänze leer war. Irritiert hob Hirakawa den Kopf. »Was machst du denn hier? Wohl kaum lernen, oder? Ich hab dich seit Schulbeginn noch nie hier gesehen.« Plötzlich kam sich Takeda faul und undankbar vor. Man hatte ihm nicht nur die Möglichkeit gegeben, hier zur Schule zu gehen, man hatte ihm obendrein auch noch einen Platz in der A-Klasse zugewiesen. Er hätte sich wahrlich mehr Mühe geben können, den Erwartungen, die damit zusammenhingen, gerecht zu werden. »Der Stoff ist ganz schön heftig«, antwortete er schließlich und kam sich ziemlich blöd dabei vor. »Ich geb dir Nachhilfe, wenn du willst«, schlug Hirakawa vor, ohne Takeda anzusehen, stand auf und klemmte sich seine Bücher unter den Arm. »Lass uns draußen weiter reden.« Seite an Seite machten sie sich auf den Weg zum Ausgang. Als sie an der Ausleihe vorbei kamen, lächelte die Bibliothekarin ihnen zu. »Tschüss Rika«, verabschiedete sich Hirakawa im Gehen von ihr und Takeda meinte, ein merkwürdig zufriedenes Glitzern in ihren Augen zu sehen, ehe er gemeinsam mit Hirakawa auf den Hof hinaus trat. »Wie geht es eigentlich deinem Handgelenk?«, wollte Hirakawa wissen, während er Takeda in Richtung einer nahen Bank lotste. Bis zum Unterrichtsbeginn war noch eine gute halbe Stunde Zeit. »Ganz gut«, gab Takeda zurück. Keine Lüge, nur eine kleine Übertreibung. Das letzte was er wollte, war Hirakawa ein schlechtes Gewissen einzureden. Schließlich hatte er wegen ihm bereits genug Schwierigkeiten. »Was willst du jetzt eigentlich unternehmen? Wegen dem Kendô-Club, meine ich.« »Kuroi hat Recht, ich habe einen schwachen Charakter.« Mit dieser Antwort hatte Takeda nicht gerechnet. »Und deswegen willst du das jetzt einfach so auf dir sitzen lassen? Kuroi spielt nicht fair!« Ein leises Lächeln umspielte Hirakawas Mundwinkel: »Ich glaube nicht, dass er es schafft, mich wegen so einer Lappalie vom Turnier auszuschließen. Dazu bin ich für unser Team viel zu wichtig. Ohne mich braucht die Seikô eigentlich gar nicht erst gegen die Huan anzutreten. Aber es war wirklich süß, wie du mich verteidigt hast.« »Wie bitte? Also manchmal bist du echt ein Arsch«, fauchte Takeda ihn an, unsicher ob er sauer oder eher peinlich berührt sein sollte. Schließlich entschied er sich für nichts von beidem. »Das Nachhilfeangebot nehme ich übrigens gerne an«, begann er das in der Bibliothek angebrochene Thema fortzusetzen, um seine Gedanken zu ordnen. »Ich verstehe überhaupt nicht, wieso mir der Unterricht eigentlich so schwer fällt. Zumindest die Schulleitung scheint mich ja für besonders begabt zu halten.« Hirakawa gab ein leises Brummen von sich und rieb sich mit der freien Hand über die rechte Augenbraue. »Was?«, wollte Takeda wissen, die Stirn in Falten gelegt. Einige Sekunden lang herrschte Schweigen und als Hirakawa schließlich antwortete, sah er Takeda dabei nicht an. »Ich war im Auswahl-Komitee für die neuen Oberschüler.« Takeda begriff nicht recht: »Ja... Und?« »Ich habe die Aufnahmeprüfung für dich geschrieben. Ich habe die Zettel ausgetauscht. Hab wohl ein bisschen übertrieben.« Die Welt um Takeda begann sich schwindelerregend zu drehen. »Hirakawa, das ist Betrug«, brachte er hervor und suchte den Blick seines Freundes, der ihm jedoch auswich. »Wieso hast du das gemacht?« »Ich hatte Angst, du könntest durchfallen. Ich wollte dich wiedersehen«, gestand Hirakawa schließlich mit leiser, fragiler Stimme, die nicht zu seiner sonst so kühlen und distanzierten Haltung passen mochte. Es schien, als habe er eine Mauer sinken lassen, die er zu seinem Schutz um sich herum aufgebaut hatte, hinter die er niemals jemanden blicken ließ – außer Takeda in diesem Augenblick. Für einige Sekunden schloss Hirakawa die Augen. Dann plötzlich wandte er Takeda den Kopf zu, durchbohrte ihn mit seinem festen Blick: »Es tut mir leid, ich hätte dir mehr vertrauen sollen.« Takedas Herz pochte heftig gegen seine Rippen. Er wusste nicht wieso, aber plötzlich war er so nervös wie nie zuvor in seinem Leben. Hirakawa hatte den Test für ihn manipuliert. Damit hatte er nicht nur den Verlust seines Amtes, sondern auch eine Suspendierung vom Unterricht riskiert. Und das alles nur, um ihn wiederzusehen. Takeda wusste nicht, was er tun, wie er reagieren sollte. Die ganze Situation schien ihm zu groß, er selbst zu klein und unbedeutend, als dass er sie hätte bewältigen können. Er wollte sich ihr entziehen, wollte seine Gedanken, seine Gefühle neu ordnen. »Weißt du, was mich an dir wirklich nervt?« Takedas Worte gehörten nicht mehr ihm. Sie schienen völlig ohne sein Zutun aus ihm heraus zu fließen, ohne, dass er sie halten konnte. Ganz so wie in seinem Traum, wie in seinem Traum... »Dass man bei dir nie weiß, woran man ist«, schloss er. Hirakawas Blick war der eines getretenen Hundes. Du bist ein Idiot, Idiot, Idiot!, fuhr es Takeda durch den Kopf, während sein Herz noch immer so heftig schlug, als habe er gerade einen Marathon hinter sich. Von seinen eigenen Worten beschämt wandte er sich ab und rannte in Richtung der Unterrichtsräume davon. Hirakawa folgte ihm nicht. Aki Takeda, flüsterte eine kleine, aufdringliche Stimme in seinem Kopf, wie kann man nur so blöd sein? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)