Ruhelose von Salix ================================================================================ Kapitel 2: Es kommt noch schlimmer ---------------------------------- Er wurde von einem harten Stoß, der ihn aus dem Bett beförderte, geweckt. Nur um zu verfolgen wie sein Schlafzimmerschrank auf das Bett krachte. Rufus zuckte zusammen und riss den Arm vors Gesicht. Was zur Hölle war das schon wieder? Etwas Kaltes landete auf ihm gerade als Holzsplitter umherflogen und die Zimmerpflanzen vom Fenstersims rutschten. Dann versperrte ihm grauer Stoff die Sicht. „Bleib liegen!“ Die Stimme kam ihm bekannt vor, aber nicht so bekannt, dass er sie sofort einordnen konnte. Um ihn herum ging das Krachen und Splittern weiter. Zitternd blieb Rufus liegen, dass erschien ihm das Sinnvollste. „Verzieh dich, du kriegst ihn nicht! Hab ein wenig Geduld. Wenn er soweit ist, klärt sich alles,“ schnauzte die Stimme irgendjemanden oder eher irgendetwas an. Das Fenster flog auf, wobei auch noch der letzte Blumentopf zu Boden ging. Eisiger Wind wehte Regen hinein. Rufus wurde von einer kalten Hand aufgeholfen. „Fürs Erste bist du sicher,“ teilte ihm der junge schwarzhaarige Mann mit. „Wer zum Teufel bist du und was zur Hölle geht hier eigentlich vor?“ Rufus schrie den jungen Mann regelrecht an. „Peregrin Silberblatt. Und derzeit schiebe ich gerade als Schutzgeist Dauerschicht, obwohl davon nie was in meinem Vertrag stand. Na gut, ich hab auch keinen Vertrag als Schutzgeist, aber irgendwie muss ich ja meine Chancen erhöhen aus diesem ganzen Mist wieder raus zu kommen.“ „Und ich heiße Legolas! Hör auf mich zu veralbern!“ „Tue ich gar nicht. Ich wurde wirklich auf den Namen Peregrin Silberblatt getauft. Sieh auf meinem Grabstein nach, wenn du willst.“ „Geister gibt es nicht.“ „Ach, und was bin ich dann, eine Halluzination? Schon mal dein Zimmer angeguckt, dass war eine eindeutige Poltergeistaktivität!“ „Geht das auch auf dein Konto?“ „Nein, sonst hätte ich mir jawohl kaum die Mühe gemacht dich von der Lampe und dem Schrank wegzuziehen. Eure kleine Spielerei heute Abend war sehr erfolgreich, nur dummerweise habt ihr mich da mit reingezogen und DU bist meine beste Chance aus der Angelegenheit wieder raus zu kommen.“ „Jetzt hör mal zu du nerviges Schreckgespenst, ich hab...“ Rufus Handy klingelte. Beide blickten zu dem vibrierenden Gerät, dessen Display aufleuchtete. „Scheiße!“ Rufus wollte sich auf das Handy zu bewegen. „Pass auf die Scherben auf.“ „Dann mach Licht an!“ „Wenn ich könnte! Alles, was ich berühren kann, bist du.“ „Wozu bist du dann gut?“ „Geistiger Beistand?“ „Schnauze!“ Behutsam tastete Rufus sich vor, bis er nach dem Handy greifen konnte. „Ja?“ „Gott sei Dank, dass du da bist!“ Die junge Frau am Telefon klang aufgelöst. „Jaqueline? Was ist los?“ „Ich dachte schon dir sei auch was zugestoßen.“ „Auch etwas?“ „Stina, Martin und Thomas, sie, sie... oh Gott, ich weiß nicht, was ich machen soll!“ „Ganz ruhig, was ist mit den Dreien?“ „Sie wachen nicht auf und... und die ganze Wohnung ist verwüstet. Ihr habt doch keine Drogen genommen oder so was?“ „Bei einem Rollenspielabend? Nein, haben wir nicht. Nur ein wenig getrunken. Und Stinas blöde Seance abgehalten, wie sie es für ihren Chara schon seit Wochen geplant hatte. Mehr nicht.“ „Aber was soll ich denn jetzt tun?“ „Hast du schon versucht sie zu wecken?“ „Ja und nichts hilft.“ „Ruf den Notarzt. Ich komme zu euch. Ich zieh mich eben an und bin gleich da. Mit dem Fahrrad schaff ich es in zehn Minuten. Ich hab den Schlüssel, falls sie wollen, dass du mitfährst.“ „Und wenn es Einbrecher waren?“ „Kümmer’ dich erst um die Drei. Das geht vor.“ „In Ordnung. Und du kommst wirklich.“ „Klar. Ruf den Notarzt. Ich mach mich jetzt auf den Weg.“ „Rufus,...“ „Ja?“ „Danke.“ „Da nicht für. Bis gleich.“ „Bis gleich.“ Rufus legte auf. „Fuck! Fuck, fuck, fuck!“ “Sicher das es klug ist dorthin zu fahren? Es ist hinter dir her. Denn bei den Anderen ist es gescheitert.“ „Halt die Schnauze. Jaqueline braucht mich! Wenn meine Freunde mich brauchen, helfe ich ihnen, kapiert?“ Peregrin nickte nur. Rufus knipste das Licht an, musterte seufzend die Bescherung und zog ein paar Klamotten unter dem Schrank hervor. Er schüttelte sie aus, bevor er hineinschlüpfte. Um den Zustand seines Schlafzimmers konnte er sich jetzt nicht kümmern, jetzt waren seine Freunde wichtiger! Keine Minute später hievte er sein Fahrrad aus dem Keller auf den Gehweg. Kurz überlegte er noch, ob er eine Regenhose anziehen sollte, da es immer noch goss, aber das hätte ihn wertvolle Zeit gekostet. Jetzt galt e schnell zu Jaqueline zu kommen. Rufus schwang sich auf das Rad und fuhr los. „Uha, sag mal muss dass sein!“ Rufus schauderte, ob der eisigen Hände, die seine Schultern gepackt hielten. „Ja, anders kann ich schlecht mitkommen und ich lass dich nicht allein dahin!“ „Dann halt dich woanders fest, du bist eiskalt.“ „Wie oft soll ich noch wiederholen, dass ich nur dich berühren kann. Ich sinke durch das Fahrrad durch, wenn ich mich nicht an dir festhalte.“ „Hat dir eigentlich schon mal jemand gesagt, dass du nervtötend bist?“ „Was erwartest du, ich bin ein Geist!“ Weil es ziemlich anstrengend war sich mit Peregrin zu streiten und gleichzeitig einen Geschwindigkeitsrekord auf dem Fahrrad brechen zu wollen, hörte Rufus auf mit Peregrin zu diskutieren. Er schaffte die Strecke tatsächlich in zehn Minuten. Außer Puste und mit klatschnassen Jeans hielt er vor dem Haus, indem sich Jaquelines und Stinas WG befand. Schon als er in die Straße eingebogen war hatte er die Blaulichter gesehen. Kaum berührten seine Füße den Boden, da hing Jaqueline auch schon an ihm. „Rufus!“ Er spürte wie sie vor Tränen bebte. Sanitäter luden gerade den leblosen Thomas auf einer Trage in einen Krankenwagen. „Sch, sch. Ist ja gut,“ versuchte Rufus sich daran die aufgelöste Freundin zu beruhigen. „Ich, was habt ihr nur getan,“ stammelte sie vorwurfsvoll. „Nichts anderes als sonst auch, wirklich!“ „Entschuldigen Sie, wir müssen hier mal durch.“ Rufus blickte auf und bemerkte, dass sie der nächsten Trage mit Stina drauf im Weg waren. „Ja, klar... ähm...Jaqueline...“, stotterte er. Sie löste sich von ihm, so dass es ihm möglich war sein Fahrrad aus dem Weg zum Gartenzaun zu schieben, wo er es auch gleich anschloss. „Frau Ganz, es wäre wohl besser, wenn Sie uns begleiten würden oder nachkommen,“ wandte sich ein Sanitäter an Jaqueline, die unter Tränen nickte. „I-ich such nur schnell mein Adressbuch, da sind die Telefonnummern von Stinas Eltern drin und ich glaube auch von Thomas’. Rufus könntest du auf die Wohnung achten, falls da jemand anruft...“ „Klar.“ Ein Beamter trat zu ihnen. „Es tut mir Leid aber Sie können nicht in die Wohnung solange die Kollegen nicht dort fertig sind.“ Rufus musterte den Polizisten. „Warum?“ „Da die Ursachen noch nicht geklärt sind, wird noch nach Hinweisen gesucht.“ Seufzend strich sich Rufus durch das nasse Haar. „Da könnte ich eventuell behilflich sein, weil ich den Abend mit den dreien verbracht habe.“ „Frau Ganz...“ „Hier,“ Jaqueline drückte ihm die Wohnungsschlüssel in die Hand, „pass einfach auf die Wohnung auf, wenn du reingelassen wirst. Ich melde mich später.“ „Ist gut, und Jaqueline, nimm ein Taxi, okay?“ Jaqueline nickte und ging zum letzten der Krankenwagen, um sich zu erkunden, in welches Krankenhaus ihre Freunde gebracht würden. „Steiner,“ stellte der Beamte sich vor und gab Rufus die Hand. „Wie meinten Sie das, Sie hätten den Abend mit den drei Opfern verbracht?“ Rufus schluckte. Er schüttelte kurz den Kopf, weil das alles so viel auf einmal war. „Rufus Binder. Ähm, nun ja, wir hatten einen Rollenspielabend. Tabeltop, falls Sie schon mal davon gehört haben. Man denkt sich einen Charakter aus und spielt mit anderen zusammen um einen Tisch mit Würfeln und so was.“ „Und Sie haben die Wohnung wann verlassen?“ „So um halb eins. Ich musste eine halbe Stund auf den Nachtbus um ein Uhr drei warten.“ „Zeugen?“ Rufus schüttelte den Kopf. „Hier ist nicht die Gegend für Partygänger, aber ein Kollege von Ihnen kann bezeugen, dass ich um etwa halb zwei Zuhause war, weil er gerufen wurde, da eine der Straßenlaternen im meiner Straße heruntergekracht ist und mich fast getroffen hätte. Eine Nachbarin hat dann die Polizei verständigt. Davon müsste es irgendwo ein Protokoll geben. Mir hat man nur gesagt, man würde mir mitteilen, wann ich wegen meiner Aussage dazu aufs Revier kommen solle.“ „Den Namen des Kollegen, wissen Sie den noch?“ „Schmidt, Schmidts irgendsowas.“ „Nun, das werden wir herausfinden. Das scheint ja eine unruhige Nacht für Sie zu sein. Sie haben während dem... Rollenspiel nichts ungewöhnliches getan?“ „Falls Sie Drogen meinen, nein. Keiner von uns hat Drogen genommen. Martin hat zwischendurch auf dem Balkon eine Zigarette geraucht, weil Stina und Jaqueline es nicht mögen, wenn jemand in der Wohnung raucht. Und wir haben zusammen Kirschwein getrunken, etwa zwei Flaschen, schätze ich. Thomas hatte ein Bier. Also wirklich nichts, was zu einem Koma führen könnte, zumindest nicht solange ich dabei war.“ „Aha, und die Kerzen, der schwarze Samt, die Erde im Beutelchen und die Papierzettelchen mit den Buchstaben drauf, wozu war das.“ Rufus sah kurz zum Himmel auf. Er wusste, dass sich seine Wangen rot gefärbt hatten. „Gott, ist das peinlich! Wir haben eine Seance nachgespielt, weil Stinas Charakter in dem Rollenspiel das konnte und sie es unbedingt machen wollte. Na ja und das alles war dafür da, um die richtige Atmosphäre aufkommen zulassen.“ „Na, wenn Sie das sagen. Noch irgendetwas, dass Sie uns mitteilen wollen?“ Rufus schüttelte den Kopf. „Und wie sieht’s aus?“ Herr Steiner wandte sich zwei Beamten zu, die gerade aus dem Haus kamen. „Nichts Auffälliges, bis auf das Ambiente und das Chaos. Die Scherben stammen von ein oder zwei Weinflaschen, einer Bierflasche, Saftflaschen und Trinkgläsern. Keine Menge, die beunruhigend wäre. Kein Hinweis auf irgendwelche Drogen. Ein paar Zigarettestummel einer handelsüblichen Marke im Aschenbecher auf dem Balkon. Was sagen die Sanis?“ „Keine Alkoholvergiftung, keine Anzeichen für Drogen. Passt alles mit dem zusammen, was mir der junge Mann hier gerade erzählt hat.“ „Na schön, dann fahren wir jetzt.“ „Kann man in die Wohnung?“, erkundigte sich Herr Steiner „Ja, es sollte aber besser möglichst nichts verändert werden, je nachdem wie es den Verletzten geht, könnte es noch zu weiteren Untersuchungen kommen.“ „Tja, Herr Binder, dann dürften Sie hoch oder wollen Sie lieber ins Krankenhaus.“ Rufus starrte zu der Wohnung hoch, es hörte sich nicht gut an, was die Beamten sagten und er fürchtete, er war ihnen irgendwie verdächtig erschienen, obwohl er ja gar nichts getan hatte. Vielleicht wäre es besser nicht in die Wohnung zu gehen. „In welche Klinik wurden meine Freunde denn gebracht?“ „Rot-Kreuz-Klinik.“ „Danke.“ Rufus trat zu seinem Fahrrad und schloss es auf. Besser nicht jetzt fahren. Er wusste nicht einmal, wie viel Promille er durch den Kirschwein intus hatte. Und laufen täte ihm gut, trotz Regen. Er schob das Fahrrad neben sich her solange er die Straße entlang ging. Erst als er am See angekommen war, der die schnellste Verbindung zum Krankenhaus von seinem Standort aus darstellte, blieb er stehen. Er schrieb Jaqueline eine SMS und hoffte sie könnte sie empfangen. Keine Minute später vibrierte sein Handy. „Ja?“ „Was heißt das, du gehst nicht in die Wohnung?“ „Ist besser, die wollen die später vielleicht noch genauer untersuchen. Ich komme zur Klinik und bring dir deine Schlüssel. Wie steht es?“ „Sie sagen mir nichts. Ich hab nur Thomas Eltern erreicht.“ „Okay, versuch es weiter bei Stinas Eltern, wenn es geht. Ich bin bald da.“ „Ist gut. Bis gleich.“ „Bis gleich.“ Rufus legte auf. „Das ist doch alles ein Scheiß!“ „Nein, Pech. Reines Pech, das eure Seance funktioniert hat.“ „Ich brauch keine nervigen Hallus!“ „Ich bin keine Halluzination.“ „Ach und warum warst du dann so still, als ich mit den Bullen geredet habe?“ „Hätte ich die Situation noch schwieriger für dich machen sollen, in dem ich dich ablenke und die glauben du bist auf Drogen, weil du in die Luft stierst und mit dir selbst zu reden scheinst?“ „Hau einfach ab.“ „Kann ich nicht. Ich häng in dem Ganzen mit drin. Und nur zur Info, ich kann dir helfen es zu lösen.“ „Ja, klar doch. Ein Geist kann mir dabei helfen, wenn meine Freunde aus ungeklärter Ursache im Koma liegen!“ „Ich kenne die Ursache.“ „Erzähl keinen Blödsinn!“ „Es ist kein Blödsinn, auch wenn es sich für dich wahrscheinlich wie der Plot einer Fantasystory anhören wird.“ „Halt einfach die Klappe!“ Rufus schob sein Rad noch immer, obwohl er schon längst hätte aufsteigen können. „Werd ich...weg da!“ Er erhielt mal wieder einen harten Stoß von Peregrin, welcher ihn samt Rad auf die Wiese neben dem Weg beförderte und fast die Böschung runter in den See. „Au, verdammt!“ Rufus befreite sich aus dem Knäuel aus Rad, Peregrin und sich selbst. Durch den Sturz war er noch nasser als zuvor geworden, da der Boden voller Feuchtigkeit war. Achtsam kletterte er mit Rad die Böschung hinauf. Oben angekommen, entdeckte er eine der Straßenlaternen, die quer auf dem Weg lag. „Nicht schon wieder! Warum ständig die Lampen?“ „Poltergeistaktivitäten verbrauchen Energie, die wir nicht haben, um sie zu erlangen und materielle Gegenstände zu bewegen müssen wir aus irgendetwas Energie ziehen, darum die Lampe.“ „Aber...“ „Ich schätze, deine Stromrechnung für heute Nacht ist auch in die Höhe geschnellt. Du hattest Glück, dass dein Handy nicht kaputt gegangen ist.“ „Aber...“ „Glaub es mir endlich. Das Ganze hier passiert wegen euer Seance und nur du kannst helfen es zu beenden!“ „Warum ich?“ „Weil du ein Spökenkieker bist.“ „Bitte?“ „Ein Geisterseher. Du kannst mich sehen. Deine Freunde konnten das nicht. Und dieses Talent wirst du brauchen um alles wieder gerade zu biegen. Junge du hast es sogar im Namen!“ „Was?“ „Binder.“ „Drehst du jetzt völlig ab, der hat doch nur irgendetwas mit Besenbinden oder einem ähnlichen Beruf von früher zu tun.“ „Genau, Banner, Binder. Geistbinder.“ „Was ein Quatsch.“ „Komm mit und ich zeig es dir.“ Peregrin wies auf das verschlossene Tor des Friedhofes, der an den See angrenzte. Rufus war gar nicht aufgefallen, dass er schon soweit gekommen war. „Du erwartest ernsthaft von mir, dass ich JETZT auf den Friedhof mit dir gehe.“ Peregrin nickte. „Du willst doch deinen Freunden helfen.“ „Jaqueline wartet auf mich.“ 8i]„Je mehr Zeit du verschwendest, desto unwahrscheinlicher wird es, dass deine Freunde wieder aufwachen.“ „Sagt die Illusion.“ „Ich hab dir heute Nacht dreimal das Leben gerettet, so langsam solltest du mal Vertrauen zu mir fassen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)