Apfelkuchen von Dekowolke (Fenders) ================================================================================ Kapitel 1: Apfelkuchen ---------------------- Es gab vieles, was Fenris noch immer nicht an der Dunkelstadt und seinen Bewohnern verstand. Etwa wie diese den penetranten Geruch aushielten oder den Dreck, der den Boden schon seit Jahren ersetzt hatte. Noch weniger verstand er, warum ihre persönliche Abscheulichkeit seine Klinik dort führte. Unter dem Einfluss Hawkes hätte dieser schon lange eine Klinik in der Ober- oder zumindest Unterstadt errichten können. Selbst die Kirche würde seine Magie doch mit Kusshand annehmen! ...Wäre da nicht das kleine Problem mit dessen Besessenheit...   Mit einem leisen Seufzen schüttelte der Elf den Kopf und verlagerte sein Gewicht auf die Zehenspitzen. Je weniger Fuß den "Boden" berührte,  desto besser und außerdem lenkte ihn dies davon ab, weiter über den Magier nachzudenken. Schlimm genug schon, dass er sich überhaupt auf den Weg machte und den Magier aufsuchte. Aber Hawke hatte ihm eindeutig zu verstehen gegeben, dass sie ihn persönlich zur Klinik tragen würde, sollte er die nervige Verletzung am Bein nicht behandeln lassen. Dabei halfen die Heiltränke genauso gut. Es dauerte nur länger.   Trotzdem war er nun hier und schlich sich auf Zehenspitzen in der Dunkelheit zur Klinik. Wie nicht anders zu erwarten hatte die Abscheulichkeit die Laterne bereits gelöscht und sich zur Ruhe gelegt. Ein kleiner Hauch von Schadenfreude zeigte sich auf den Gesichtszügen des Elfen während er daran dachte, den Magier aus dem Schlaf zu reißen. Doch diese verschwand recht schnell wieder, als ein vollkommen untypischer - zumindest untypisch für die Dunkelstadt - Geruch aus der Klinik zu vernehmen war. Es roch vertraut und doch völlig neu, weswegen Fenris für den Moment stehen blieb und überlegte. Erst als er ein lautes Scheppern gefolgt von leisem Fluchen hörte, erwachte er aus seiner Starre und er klopfte an der breiten Holztűre.   Für einen Moment war alles still, dann hörte er schnelle Schritte und im nächsten Moment öffnete sich die Türe ein Spalt, so dass sich Fenris mit den bernsteinfarbenen Augen des Magiers konfrontiert sah. Kurz musterten sich die beiden Rivalen, dann trat Anders zurück und ließ den Elfen eintreten, während er selbst in die Mitte der Klinik trat. Dort brannte ein kleines Feuer und daneben stand ein kleiner Schemel, auf dem etwas zu liegen schien. Was genau, blieb dem Elfen jedoch verborgen, den der Magier versperrte ihm den Blick darauf, doch den Duft des Etwas konnte er nicht verbergen.   Um nicht weiter darüber nachzudenken begann Fenris stattdessen den Heiler zu mustern. Wie üblich trug er die Stiefel zusammen mit seiner Hose und dem Schal. Doch den Schulterschutz und auch den Mantel hatte er abgelegt so dass er lediglich ein einfaches Leinenhemd trug. Und dieses war sogar noch weiß! Vielleicht ein Geschenk von Hawke? Wundern würde es den Krieger jedenfalls nicht.   "Setzt Euch auf eine der Liegen dort. Ich muss nur noch etwas auswischen, dann werde ich mir die Verletzung ansehen", bemerkte der Heiler und auch wenn Fenris der Aufforderung schweigend Folge leistete, sah er ihn doch überrascht an. Woher wusste dieser-   "Seht mich nicht so an! Ich brauche keine Magie um zu wissen, warum Ihr hier seid. Schließlich ist es ja nicht so, als würdet Ihr jemals für etwa anderes kommen", unterbrach der Magier seine Gedanken und sofort bildete sich eine tiefe Furche auf der Stirn des Kriegers. Woher wusste die Abscheulichkeit wie er ihn ansah? Dieser hatte doch nicht einmal zu ihm gesehen!   Mit einem stillen Seufzer verwarf Fenris den Gedanken und machte sich lieber daran, Anders weiter zu beobachten. Der Blick auf den Schemel blieb ihm verwehrt, doch dafür könnte er nun sehen, warum der Magier zuvor so geflucht hatte. Auf dem Boden lagen Scherben und ein weißer Fleck ließ nur erahnen, was einmal in der Schüssel gewesen war. Sobald die Scherben aufgelesen und der Fleck beseitigt war, wandte sich Anders ihm wieder zu. Ein wenig widerwillig zog sich Fenris die Leggins soweit herunter, so dass die Wunde an seinem Oberschenkel zu sehen war.   "Die Wunde scheint nicht allzu tief zu sein. Wahrscheinlich von einem Dolch?", fragte der Heiler mit teilnahmsloser Routine und ging dabei vor ihm in die Hocke um sich die Wunde genauer anzusehen. Zu seiner Erleichterung verzichtete Anders jedoch darauf, ihn zu berühren und Magie zu wirken. Stattdessen sah die Abscheulichkeit auf und sobald Fenris nickte, richtete er sich auf und ging zu einem Regal. Sofort nutzte der Elf die Gelegenheit und sah zu dem Schemel nur um gleich darauf überrascht die Augen zu weiten.   "Ein Apfelkuchen... Eine Patientin hat mir heute Äpfel gegeben und ich fand sie zu schade um sie so zu essen", bemerkte Anders und brachte Fenris dazu zusammen zu zucken. Bevor dieser jedoch etwas sagen konnte, reichte ihm der Magier einen Tiegel aus Porzellan in dem eine leicht grünlichen Salbe ihr Dasein fristete. Der Krieger kannte die Salbe und trug sie ohne zu fragen großzügig auf seiner Wunde auf. Anschließend reichte ihm Anders noch eine Bandage und ließ ihn sich selbst weiter verarzten. Sehr zu seiner Freude wohl gemerkt. Als Fenris schließlich fertig war und die Leggins hoch zog, richtete er erneut sein Augenmerk auf den Kuchen am Feuer.   "Es ist genug da... Wenn Ihr wollt... " Der Magier ließ seine Worte ins Leere laufen und wandte sich gleichzeitig von Fenris ab, so dass dieser genug Zeit hatte ihn überrascht und gleichzeitig misstrauisch zu mustern. Er wusste nicht was er davon halten sollte und ob das nicht nur ein Versuch war ihn aus den Weg zu räumen. Andererseits hatte der Duft des Kuchens etwas verführerisches und außerdem würde Hawke die Abscheulichkeit sicher umbringen, sollte er es wagen ihm etwas anzutun.   "Habt Ihr Magie verwendet?"   Diesmal war es an Anders überrascht zu schauen, doch Fenris hielt eine ernste Miene aufrecht und legte die Hände in den Schoss. Scheinbar wartete der Magier auf etwas, aber als Fenris weiterhin schwieg, schüttelte er langsam den Kopf. Gut, mehr musste er erst einmal nicht wissen. Magie verdarb einfach alles, auch einen Kuchen.   "Also?" Fast meinte Fenris etwas Erwartungsvolles in der Stimme der Abscheulichkeit zu hören, doch das war sicher nur Einbildung. Warum sollte sich der Magier darüber freuen mit ihm zusammen etwas zu essen? Und sei es nur so etwas Banales wie ein Kuchen? Und doch begann die Abscheulichkeit zu lächeln als Fenris langsam nickte.   Kurz darauf verschwand Anders hinter einer Türe die zu seinem privaten Raum führte und kam mit einem Messer zurück. Ohne weiter auf Fenris zu achten ging er damit zum Kuchen und begann ihn in vier Teile zu schneiden. Der Geruch würde sogar noch etwas intensiver und bevor sich der Elf versah, kniete er neben dem Magier am Feuer und sah gebannt auf den Kuchen. Ein leises Lachen war vom Menschen zu hören, ehe er Fenris vorsichtig ein Stück reichte.   Das Stück lag warm auf seiner Handfläche und der Duft nahm ihn völlig für sich ein. Vorsichtig setzte er es jedoch auf seinem Oberschenkel ab und zog sich die Handschuhe aus, bevor er es erneut in die Hand nahm. Ein Blick zu Anders zeigte ihm, dass auch dieser ein Stück auf der Hand hielt und auf ihn wartete. Ein gereiztes Kommentar behielt er jedoch für sich. Stattdessen widmete er sich erneut seinem Stück zu und zupfte vorsichtig ein Stück ab, welches er sich kurz darauf in den Mund schob. Auch Anders aß nun etwas von dem Kuchen und beobachtete ihn dabei lächelnd. Fenris war nur schon zu sehr mit dem Kuchen beschäftigt.   Er konnte den Apfel schmecken, den süßen Teig und sogar etwas Zimt, wobei er sich fragte, wo Anders all das her hatte. Zumal der Magier stets Geschenke jeder Art abzulehnen schien. Weiter dachte er jedoch nicht, denn schon reichte ihm der Heiler ein weiteres Stück.   "Ich hatte auch Sahne gemacht, aber die ist mir leider aus der Hand gefallen. Entschuldigt also, sollte der Kuchen zu trocken sein", bemerkte der Blonde und entlockt Fenris einen weiteren überraschten Blick. Ganz davon abgesehen, dass solche ruhigen Momente zwischen ihnen selten waren, hatte er den Magier selten so sehr lächeln sehen. Aber er wusste nicht, was er sagen sollte, weswegen er einfach auch das zweite Stück aß.   "Lehrt man Euch im Zirkel etwa auch das Backen?" Der Kuchen hatte ein zufriedenes Gefühl in ihm ausgelöst und als Anders ihm sogar noch ein drittes Stück reichte, hob er verwundert die Brauen, nahm es jedoch dankbar an. Er meinte sich daran zu erinnern, schon einmal einen solchen Kuchen gegessen zu haben. Damals, als seine Haare noch schwarz gewesen waren.   "Nein, meine Mutter hat es mir beigebracht. Bis ich zwölf war haben wir jedes Jahr zu meinem Geburtstag einen Kuchen gebacken." Noch immer lächelte der Magier, doch nun war sein Blick ins Feuer gerichtet, während Fenris' Verstand zu arbeiten begann. Kurz darauf traf ihn die Erkenntnis und verwirrt sah er Anders an.   "Warum seid Ihr nicht bei Hawke? Sie würde sich freuen und mit Euch feiern", fragte der Krieger schließlich und legte seine Stirn in tiefe Falten. Doch die Abscheulichkeit schüttelte lediglich den Kopf und starrte weiterhin in die Flammen des Feuers. Das Lächeln verblasste kaum merklich und sein Blick ging in die Ferne.   "Was hätte ich denn groß zu feiern? Noch ein Jahr, das mich ein Stück näher an mein Ende bringt. Außerdem ist Hawke sicher nicht lange allein sobald Isabela dazu kommt, wird der Abend weniger angenehm für mich werden. Zumal Hawke nicht die Person ist, mit der ich gerne meinen Geburtstag feiern möchte." Die letzten Worte hatte der Heiler mit einem weiteren kleinen Lächeln und einem anschließenden Lachen von sich gegeben.   "Ach? Ihr verbringt diesen Abend also lieber mit einem Elfen, der mit Euch auf Kriegsfuß steht?" Auch der Krieger ließ sich zu einem kleinen Schmunzeln hinreißend, doch sobald Anders kaum merklich nickte, verspürte er den Drang aufzustehen und zu verschwinden. Genau das tat er dann auch und ohne die Abscheulichkeit noch einmal anzusehen, stand er auf und rannte fast schon zurück zu seinem Anwesen. Alles was er jetzt brauchte, war eine Flasche Wein.   Diese fand er auch recht schnell, doch statt sie sofort zu entkorken, zögerte er und sah einfach nur auf das Etikett. Der Gedanke, wie Anders an seinem Geburtstag allein in der Klinik am Feuer saß, wollte ihn nicht loslassen. Nicht, dass es ihn sonderlich interessierte was die Abscheulichkeit tat aber... Er hatte seine Handschuhe vergessen!   Fluchend stürmte der Krieger wieder zurück und pochte erneut an der Tür der Klinik. Erst jetzt bemerkte Fenris, dass er die Flasche mitgenommen hatte. Kurz darauf flog die Tür aber schon auf und er sah sich direkt mit seinen Handschuhen konfrontiert. Scheinbar hatte Anders nur darauf gewartet, dass er sich die Handschuhe holen kam und wieder verschwand. Stattdessen entschied sich der Elf um, schob die Abscheulichkeit zur Seite und trat erneut in die Klinik um sich wieder ans Feuer zu setzen.   "Keine Fragen, setzt Euch einfach nur hin und trinkt mit mir", murrte Fenris sofort und nach kurzem Zögern folgte der Magier seinen Anweisungen. Rasch entkorkte er die Flasche, nahm einen großen Schluck und reichte die Flasche an Anders weiter. Ohne Zögern trank auch er etwas von dem Wein und gab die Flasche wieder zurück. Als sie schließlich leer über den Boden rollte, hatte keiner von ihnen ein Wort gewechselt. Fenris war es nur recht so,  Worte zwischen ihm und dem Heiler hatten bisher fast immer zu Streit geführt.   "Fenris." Genervt schloss der Krieger die Augen, da hatte er sich wohl zu früh gefreut, nicht wahr? "Ihr solltet jetzt besser gehen..."   Überrumpelt öffnete er die Augen wieder und sah zu dem Menschen, welcher einfach nur ins Feuer starrte. Sicher, er hatte auch schon daran gedacht zu gehen aber praktisch rausgeworfen zu werden weckte den Trotz in ihm und er ließ sich zurück auf den Rücken fallen. Sofort sah Anders zu ihm wobei sein Blick ein wenig verschleiert wirkte. War der Magier etwa schon betrunken? Hielt der denn gar nichts aus?   "Nein." Schon immer hatte der Elf so etwas zu einem Magier sagen wollen. Aber als Sklave hätte es seinen Tod oder zumindest Schmerzen bedeutet. Jetzt spürte er jedoch nur eine Art tiefe  Befriedigung dabei und er schloss zufrieden die Augen für einen Moment. Ein Geräusch ließ ihn die Augen jedoch wieder öffnen und sofort sah er sich mit dem Augen der Abscheulichkeit konfrontiert. Augenblicklich spannte sich sein Körper an, erwartete die schmerzhafte Magie des Magisters- nein, Anders war kein Magister, er war zu schwach dafür. Und wenn Fenris wollte konnte er dessen kűmmerliches Leben sofort beenden. Dort er tat es nicht und blieb einfach abwartend liegen.   Selbst als der Heiler immer näher kam, zwang er seinen Körper zur Ruhe. Schließlich konnte der Elf sogar dessen Atem auf seiner Wange spüren, während seine eigene Atmung immer flacher und langsamer wurde. Es wäre so einfach, er müsste nur seine Hand ausstrecken und sie durch dessen Brust stoßen. Binnen weniger Sekunden würde er das Herz am Schlagen hindern und eine weitere Bedrohung würde aus seiner Welt verschwunden sein. Stattdessen lag er jedoch da und betrachtete die Wimpern, die viel zu lang schienen, die Augen, die gebrochen und doch gerade voller Wärme waren.   Bevor er sich versah, hatte Fenris eine Hand gehoben und an die Wange des Menschen gelegt. Vorsichtig fuhr er mit dem Daumen über dessen Lippen und als diese sich leicht unter der Berührung öffneten, schluckte der Krieger hart. Langsam beugte er sich etwas hoch, hielt jedoch wenige Millimeter vor den Lippen des Heiler inne.   "Ich sollte gehen." Seine Stimme klang ungewöhnlich rau in seinen Ohren und sein Hals begann auszutrocknen und zu schmerzen. Fenris sah die Enttäuschung in den Augen der Abscheulichkeit aufblitzen, doch dann nickte dieser und lehnte sich zurück, gab Fenris die Möglichkeit, sich erneut aufzusetzen. Rasch nahm er seine Handschuhe und verschwand erneut in die Dunkelheit. Er wusste, dass es falsch war und doch stand er in der nächsten Nacht erneut mit einer Flasche Wein vor der Klinik. Hosted by Animexx e.V. 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